
konkret hat geschrieben:
Du schreibst:
"Es macht mich fertig zu sehen was mich wirklich glücklich macht und trotzdem bin ich auch romantisch veranlagt was Partnerschaft angeht usw.
Wie kann das denn zusammen gehen? Und geht das denn zusammen?
Oh Gott, was macht man denn da?"
Was du beschreibst ist die Annahme, dass Sexarbeit und romantische Zweierbeziehung (RZB) sich gegenseitig ausschließen. Das ist die Annahme, die viele Menschen haben, die schlecht über Sexarbeit(er_innen) denken. Du hast diese Haltung verinnerlicht, was ich dir nicht vorwerfe, weil du nicht für deine Sozialisation verantwortlich bist. Aber du kannst jetzt etwas daraus machen und es ändern.
Der Punkt ist, an welcher Stelle du dich als promisk betrachtest. Du hast ein Privatleben und eine private Sexualität, und du hast den Job, in dem du sexuelle Dienstleistungen anbietest. Ich möchte dir hier mitteilen, wie es mir geht bzw. wie ich mit dem "Problem" (für mich ist es nämlich kein Problem) umgehe: Ich verstehe mich als monogam. Ich bin in einer Partnerschaft, und ich habe Sex nur mit meinem Partner, und ich wäre auch nicht damit einverstanden, wenn mein Partner mit einer anderen Frau schlafen würde, es sei denn für Geld, aber dafür ist ihm sein Geld zu schade. Ich habe aber nichts dagegen, wenn er privat mit einem Mann was machen würde.
Was ich im P6 mache, ist mein Job. Betrug im Sinne der RZB wäre für mich, wenn ich privat mit einem anderen Mann als meinem Partner ins Bett gehen würde. Es ist auch so, dass ich mit keinem der Männer, die ich bis jetzt im Job getroffen habe, je etwas privat anfangen würde. Und wenn ich mir vorstelle, dass mir jemand, wenn ich privat unterwegs bin, Avancen machen würde, würde ich ihm sagen, zu welchen finanziellen Konditionen ich das machen würde.
Wenn es bei dir jedoch so ist, dass du dich auch privat als promisk verstehst, wäre vielleicht Polyamory etwas für dich. Nach allem, was ich bis jetzt darüber mitbekommen habe, ist die "Szene" auch Sexarbeit gegenüber relativ aufgeschlossen.
Zugegebenermaßen habe ich ziemliches Glück gehabt damit, wie ich meinen Partner kennengelernt habe. Ich habe damals geschaut, ob ich poppen.de für den Job nutzen möchte, hatte mir ein Profil unter meinem Arbeitsnamen angelegt, was aber ein kostenloses Profil war, weil ich ja erst einmal nur gucken wollte. Derjenige, der jetzt mein Partner ist, hat mich angeschrieben, und ich habe ihm nach wenigen Schriftwechseln meine Handynummer gegeben, womit ich kein Problem hatte, weil es ja mein Jobhandy war. Nachdem wir drei Tage hintereinander täglich telefoniert hatten, weil wir uns gegenseitig sympathisch waren, habe ich mich ihm erklärt, und nachdem er einen Tag darüber nachgedacht hat, war es für ihn OK. Wenn das bei uns nicht so gelaufen wäre, würde ich auch nicht wissen, wie und wo ich einen Partner kennenlernen könnte.
Ojeojeoje, was hab ich denn da geschrieben. Mit dem Wissen, das ich seit heute habe, sehe ich, dass das relativer Quatsch ist, was ich da geschrieben habe. Ich bitte somit auch alle, die beim Lesen meines Satzes "Wenn es bei dir jedoch so ist, dass du dich auch privat als promisk verstehst, wäre vielleicht Polyamory etwas für dich." mit den Augen gerollt haben oder sich gekränkt fühlen, um Verzeihung.
Ich habe heute mal nach Polyamory gegooglet, aus Anlass meiner eigenen RZB. Ich muss dazu sagen, dass ich vor zwölf Jahren das erste Mal auf einem Vortrag darüber von Polyamory gehört habe. Das war in anarchistischem Kontext, und so, wie die Referenten das Konzept vorgetragen haben, kam es bei mir so an, als wäre das etwas für Leute, die sich zusammentun, um gesicherten Sex zu haben, weil sie auf dem freien Markt nach objektiven Gesichtspunkten wenig Chancen auf Partnerschaft haben. Armselig, dachte ich, weil das auf Beliebigkeit hinausliefe.
Also habe ich heute gegooglet und die Seite
www.polyamorie.de gefunden. Dort ist sehr einfühlsam erklärt, dass Polyamory eben NICHT Promiskuität ist, sondern mit großer Verantwortung einher geht.
Desweiteren habe ich gelernt, dass Polyamory alle möglichen Formen annehmen kann und dass es eben NICHT bedeutet, dass JEDE_R mehrere Partner_innen hat.
Wichtig sind eben Vereinbarungen, die zwischen den Beteiligten getroffen werden sollen.
In meinem Fall kann ich jetzt sagen, dass ich im Grunde seit mehr als anderthalb Jahren ein polyamores Konzept vertrete und gerne lebe(n möchte).
Ein paar der wichtigsten Auszüge für mich:
Primary, Secondary, Tertiary
Es geht zuerst mal um eine Grundunterscheidung, wie wichtig und zentral ein Partner im Leben eines anderen ist:
Primärbeziehung, engl. Primary, bezeichnet den Partner, mit dem ich zusammenlebe, auf den ich mich maßgeblich beziehe, mit dem ich evtl. verheiratet bin, mit dem ich Kinder habe oder mir vorstellen kann, welche zu bekommen, der Mensch, mit dem ich möglicherweise unter einem Dach lebe, mit dem ich meine Finanzen teile, den ich bei meiner Urlaubsplanung berücksichtige, mit dem ich Weihnachten feiere und den ich meinem Eltern als meinen Partner vorstelle.
Die Sekundärbeziehung, engl. Secondary, meint eine langfristige und wichtige Partnerschaft, die auch über mehrere Jahre oder gar lebenslang bestehen kann, die aber nicht die Bedeutung der Primary-Beziehung hat. Also: mit dem oder der Secondary hat oder plant man in der Regel keine Kinder, teilt keine Finanzen, ist nicht verheiratet, plant nicht sein Jahr und bezieht ihn nicht in wichtige Entscheidungen ein. Aber vielleicht fährt man mit ihm mal in Urlaub, verbringt Wochenenden mit ihr, und sagt ihm Bescheid, wenn man sich neu verliebt hat oder jemand Neues dazunehmen möchte.
Manche Polys sprechen auch von der Tertiärbeziehung, engl. Tertiary. Das ist entweder die Person, mit der man eine kurze, leidenschaftliche Affäre hat, wo aber keine langfristige Basis da ist, oder jemand, mit dem man eher freundschaftlich verbunden ist, und gelegentlich auch sexuell ist, aber recht unverbindlich eben.
Viele halten diese Unterscheidung für überflüssig, der Vollständigkeit halber habe ichs mal hier reingenommen.
Man kann nun die verschiedenen Versuche, Poly zu leben, in drei Kategorien einteilen.
1. Es gibt eine klare Nummer Eins, den Primary-Partner, also das klassische Modell der offenen Zweierbeziehung
2. Es gibt mehrere Primärpartner, also eine gleichberechtigte Dreier-, Vierer- oder Mehrfachbeziehung
3. es gibt keinen Primärpartner, aber mehr als einen Secondary, also das Modell des Poly-Singles
http://www.polyamorie.de/verschiedene-a ... -poly.html
Wenn dein Partner in der Lage ist, dir zuzuhören, einfühlsam auf dich einzugehen und dir bei alledem noch das Gefühl zu vermitteln, geliebt zu werden, kann eine Situation, die Eifersucht enthält, noch zu einer Vertiefung und Verbesserung eurer Liebe führen.
http://www.polyamorie.de/strategien-sil ... ne-57.html