Appell FÜR Prostitution

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Melanie_NRW
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Appell FÜR Prostitution

Beitrag von Melanie_NRW »

Hier nun also unser Aufruf:

http://www.sexwork-deutschland.de/Prost ... ution.html

Bitte teilen, verlinken und natürlich unterzeichnen!

Appell FÜR Prostitution -
für die Stärkung der Rechte und
für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
von Menschen in der Sexarbeit

Dienstag, 29. Oktober 2013

Prostitution ist keine Sklaverei. Prostitution ist eine berufliche Tätigkeit, bei der sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden. Ein solches Geschäft beruht auf Freiwilligkeit. Gibt es keine Einwilligung zu sexuellen Handlungen, so handelt es sich nicht um Prostitution. Denn Sex gegen den Willen der Beteiligten ist Vergewaltigung. Das ist auch dann ein Straftatbestand, wenn dabei Geld den Besitzer wechselt.

Prostitution ist nicht gleich Menschenhandel. Nicht nur deutsche Frauen, sondern auch Migrant_innen sind überwiegend freiwillig und selbstbestimmt in der Sexarbeit tätig. Prostituierte, egal welcher Herkunft, pauschal zu Opfern zu erklären, ist ein Akt der Diskriminierung.

Obwohl Prostitution im Volksmund als das älteste Gewerbe der Welt gilt, ist sie in den wenigsten Ländern als Arbeit anerkannt. Im Gegenteil, Sexarbeiter_innen werden in den meisten Teilen der Erde verfolgt, geächtet und von der Gesellschaft ausgeschlossen. Deshalb fordern Sexar-beiter_innen weltweit die Entkriminalisierung der Prostitution und ihre berufliche Anerkennung.

Diesen Gedanken verfolgte auch die Bundesrepublik mit der Einführung des Prostitutionsgesetzes im Jahre 2002. Durch die rechtliche Anerkennung hat sich die Situation für Sexarbeiter_innen in Deutschland verbessert. Sie können ihren Lohn einklagen und haben die Möglichkeit, sich zu versichern. Außerdem ist die Schaffung angenehmer Arbeitsbedingungen und -räum-lichkeiten nicht mehr als "Förderung der Prostitution" strafbar. An den Rechten der Polizei, Prostitutionsstätten jederzeit zu betreten, hat das Gesetz nichts geändert. Die Zahl der Razzien hat seitdem zugenommen.

Zwar hat das Prostitutionsgesetz Schwächen und eine Reform wäre notwendig. Das Hauptproblem ist jedoch nicht das Gesetz selbst, sondern der fehlende Wille zu seiner Umsetzung in den einzelnen Bundesländern.

Entgegen vieler Behauptungen ist das Prostitutionsgesetz nicht für den Menschenhandel in Deutschland verantwortlich. Wie aus dem Lagebericht "Menschenhandel" des BKAs hervorgeht, hat die Zahl der identifizierten Opfer seit seiner Einführung sogar abgenommen. Auch in Neuseeland, wo Prostitution seit 2003 als Arbeit anerkannt ist, ist keine Zunahme des Menschenhandels zu verzeichnen.
Zu den Faktoren, die Menschenhandel begünstigen, zählen globale Ungleichheiten, restriktive Migrationsgesetze sowie die Rechtlosigkeit der Betroffenen. Eine erfolgreiche Bekämpfung von Menschenhandel erfordert umfassende strukturelle Reformen auf globaler Ebene und einen menschenrechtsbasierten Ansatz.

Eine Kriminalisierung der Kund_innen, die erotische Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ist zur Lösung dieser Probleme ungeeignet. Das sogenannte "Schwedische Modell" hat zwar die sichtbare Straßen-prostitution verdrängt, aber weder die Prostitution an sich, noch den Menschenhandel nachweislich reduziert. Die Arbeitsbedingungen haben sich indes extrem verschlechtert. Dänemark und Schottland lehnen die Einführung des „Schwedischen Modells“ bereits ab.


Darum fordern wir:

- Beteiligung von Sexarbeiter_innen an politischen Prozessen,
die sich mit dem Thema Prostitution befassen.

- Keine Ausweitung der Polizeibefugnisse und keine staatliche
Überwachung oder Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten.

- Keine Kriminalisierung der Kund_innen, weder nach dem
Schwedischen, noch nach einem anderen Modell.

- Aufklärung statt Zwang und Verbot, staatlich geförderte
Weiterbildungsangebote für Sexarbeiter_innen.

- Kampagnen gegen Stigmatisierung und für einen respektvollen
Umgang mit Prostituierten.

-Bleiberechte, Entschädigungen und umfassende Unterstützung für Betroffene von Menschenhandel.

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lust4fun
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RE: Appell FÜR Prostitution

Beitrag von lust4fun »

Gut!

Habt ihr vor, diesen Text als Mail an die Emma-Unterzeichner zu schicken?

Ich frage, weil es bei "Promis" ziemlich schwierig ist, Adressen zu finden, die von Personen selbst beachtet werden. Lohnt sich die weitere Suche noch?

Ich fänd's gut. Eine Mail mit nettem kleinem Anschreiben mit Bezug auf die Aktion, dann dieser Text - vielleicht ähnlich formatiert wie auf der Website (Lesbarkeit und Wiedererkennen).

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Beitrag von fraences »

Hab gestern versucht die emailadressen der EMMA-Unterzeichner zu googeln. Ist nicht einfach. Marc hat einige reingesetzt, die restlichen bekommt man nicht raus.
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Melanie_NRW
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RE: Appell FÜR Prostitution

Beitrag von Melanie_NRW »

Wäre übrigens schön, wenn jemand dies in eine andere Sprache übersetzen könnte.

Englisch haben wir bereits.

Schön wäre zb noch:

polnisch
rumänisch
bulgarisch
russisch
französisch
...

Klaus Fricke
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RE: Appell FÜR Prostitution

Beitrag von Klaus Fricke »

Hallo Melanie,

Rumänisch ist schon in Arbeit

Grüße
Klaus

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Beitrag von lemon »

Appell wurde in Travail du sexe/Sex Work Online Paper erwähnt. :)

http://paper.li/nnepton/1332687771?edit ... bscription
Always forgive your enemies; nothing annoys them so much. - Oscar Wilde

Bild

http://researchprojectgermany.wordpress.com

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Beitrag von ehemaliger_User »

Bei vielen der Erstunterzeichner gibt es doch auch Verlags- oder Agenturadressen.

Z.B.:
Ringsgwandl@web.de

Macht es überhaupt Sinn, mache der Unterzeichner_innen überhaupt zu kontaktieren? Maria Furtwängler oder Lea Ackermann machen keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen Prostitution.

Bei mehr kritischen Köpfen wie Ringsgwandel oder Niedecken stelle ich mir allerdings auch die Frage, ob die Damen und Herren wussten, wie sie da unterschrieben haben.
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

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Marc of Frankfurt
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Appell PROstitution

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hier noch ein Poster-Entwurf


Appell PROstitution





__
Diskussion hier viewtopic.php?p=135923#135923

Übrigens die email-Adressen der Prostitutionsgegner sammeln wir weiterhin, also tragt sie in die Tabelle ein, wenn ihr sie habt ..., wer Zeit hat gehe doch mal auf Web-Suche ... Danke

Hier der EMMA-Appell Prostitution Abschaffen viewtopic.php?p=135860#135860
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 05.11.2013, 17:10, insgesamt 2-mal geändert.

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Beitrag von ehemaliger User »

Wg. Entwurf, bitte beachten, dass alle abgebildeten Personen der Veröffentlichung in dieser Form und zu diesem Zwecke zustimmen müssen. Der Umstand, dass diese Bilder woanders von den Personen selbst eingestellt worden sind, heisst nicht, dass sie sich des "Rechts am eigenen Bild" aus §22 KUG entledigt haben.

In Strenge ist ohne Zustimmung jeder Person bereits der (hier veröffentlichte) Entwurf kritisch zu sehen.

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Melanie_NRW
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RE: Appell FÜR Prostitution

Beitrag von Melanie_NRW »

Auf englisch hier

http://researchprojectkorea.wordpress.c ... stitution/

oder als PDF siehe Anhang...

ups.. jetzt ist das dreimal und ich bin zu blöd das zu ändern... sorry :( edit by ehemaliger_User - dann mach ich mal das für Dich. Und hat mit Blödheit nix zu tun wenn die Schaltflächen so gut versteckt sind!
Dateianhänge
Appeal FOR Prostitution.pdf
(185.12 KiB) 327-mal heruntergeladen

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Melanie_NRW
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RE: Appell FÜR Prostitution

Beitrag von Melanie_NRW »

Und die spanische Version:


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RE: Appell FÜR Prostitution

Beitrag von Melanie_NRW »

Ok, rumänisch ist dank Klaus nun auch Online


Fehlt uns noch Bulgarisch und vllt polnisch und russisch.

Gibts denn hier niemanden der eine Person kennt, die dies übersetzen könnte?

:(

Klaus Fricke
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RE: Appell FÜR Prostitution

Beitrag von Klaus Fricke »

Hallo Melanie,

sehr, sehr wichtig wäre auch Ungarisch. Nachdem in Ungarn die Straßensexarbeit wohl im vergangenen Jahr fast vollständig zum Erliegen gebracht wurde (siehe: IRIS 2012, DIE SITUATION VON UNGARISCHEN STRASSENPROSTITUIERTEN IN UNGARISCHEN STÄDTEN UND IN ZÜRICH) beobachte ich in der Region Bremen, dass eine Vielzahl von Frauen aus Ungarn zu uns gekommen sind.

Der Weser-Kurier (viewtopic.php?p=135246, Beitrag 82) hatte berichtet, dass in Bremerhaven erhebliche Beschwerden wegen dieses Ansturms von Bewohnern des dortigen Straßenstrichs kamen und auch im dortigen Viertel, der Lessingstraße viele Frauen aus HU sind. Die Lessingstraße hat sich scheinbar auf diese Kolleginnen "spezialisiert". Es gibt eine in ungarisch verfasste Seite auf der die Lessingstraße für sich wirbt. (Link stelle ich ein, wenn gewünscht)

Die Berichte, die aus Bremerhaven kommen, zeigen, dass die SW aus HU dort und wohl auch sonst an vielen Stellen in D unter besonders prekären Bedingungen arbeiten. Also eine Übersetzung ins Ungarische fände ich für die Arbeit (hier in unserer Region) grandios.

Klaus

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Marc of Frankfurt
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Appell PROstitution

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hier ein schnellgemachter werbeclip aus dem guten interview:

mit ungewolltem "disco effekt"

[youtube][/youtube]





Tipps für bessere Videos
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=131132#131132

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RE: Appell FÜR Prostitution

Beitrag von fraences »

Keine Prostitution ist auch keine Lösung. Ein Aufruf zum Streit!
von Kersten Artus |
linkefrauen-logo Unter frauenpolitisch Aktiven ist ein hochemotional geführter Streit entbrannt. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt: Kann und soll Prostitution verboten werden? Kann und soll sie abgeschafft werden? Wie verhalten sich linke Frauen zu dem Appell der konservativen Medienmanagerin Alice Schwarzer und dem der ? Gibt es tolerierbare Ausbeutung?
Die Grenzen bei den Argumenten der beiden “Lager” sind fließend, denn linke Feministinnen umtreibt allesamt das gleich Motiv in ihren Beweggründen: Wir wollen, dass die Missachtung von Frauen aufhört. Wir wollen Respekt und Anerkennung, und dass Frauen die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben, wie die Männer. Wir wollen, dass das patriarchale Gesellschaftssystem mit seinen Unterdrückungsmechanismen durchbrochen und überwunden wird.
Warum entzweien wir uns beim Umgang mit der Prostitution?
Emilja Mitrovic fordert in ihrem Interview in der taz vom 9./10. November 2013 Aufklärungsarbeit. Und mir scheint, dass mangelndes Wissen plus einem kräftigen Schuss Sexualfeindlichkeit und Unterdrückung eigenen Lustempfindens die Hauptursachen des Konflikts ist.
Ich möchte daher mal das “Pferd von hinten aufrollen”, um den Streit um Sexarbeit zu erklären.
Zum einen:
Diese Gesellschaft ist durch eine Jahrtausende lang durchgehende Sexualfeindlichkeit geprägt. Was zwischen den Beinen und im Unterleib passiert, war ewig ein Tabu. Geschlechtsverkehr war nur in Zusammenhang mit der Fortpflanzung “erlaubt”. Insbesondere Frauen wurde ein Lustempfinden sogar völlig abgesprochen, noch viel zu oft wird es bis heute sogar brutal durch die Genitalbeschneidung ausgemerzt. Und bis heute ist in der katholischen Kirche der Umgang mit Familienplanung (Verhütungsmittel, Abtreibung), Homosexualität oder den sexuellen Bedürfnissen Geistlicher gedanklich und faktisch tabuisiert und sanktioniert.
Zum anderen:
Seit einigen Jahrzehnten erleben wir eine starke Romantisierung der Ehe. Was einst eine rein wirtschaftliche Angelegenheit war, wurde vor unter anderem durch Weltromane wie Romeo und Julia und Hollywood-Filme mit dem Attribut “Liebe” versehen, aber auch durch eine totale Kommerzialisierung verkitscht. Der Hochzeitmarkt ist ein Milliardenmarkt! Einen vergleichbaren Einfluss auf gesellschaftliche Rituale hatte sonst wohl nur noch der Coca-Cola-Weihnachtsmann. Das romantisierte Bild der Ehe ging einher mit dem Bewusstsein, dass Sex nur in Verbindung mit Liebe etwas Positives und Erlaubtes ist. Und erst mit der Pille, liberaleren Abtreibungsregelungen, den Befreiungskämpfen der Frauen- und Homosexuellenbewegung öffneten sich neue Fenster für akzeptierte Partnerschaften. Aber leider gab es auch Rückschritte in der sexuellen Revolution.
Immer noch ein Tabu
Als ersten großen Rückschritt empfand ich die PorNO-Kampagne der Antilinken Alice Schwarzer aus dem Jahr 1987. Mit der Unterstellung, pornografische Darstellungen könnten zu mehr Gewalt verleiten, griff Schwarzer tief in die Kiste der zwar gut klingenden, aber nicht bewiesenen Behauptungen. Eine Methode, der sich sich in ihrer Kampagnenkunst immer wieder bediente. Und sie bediente das sexualfeindliche Klischee, dass Sex ohne Liebe nicht erlaubt ist. So ist es auch kein Wunder, wie gut Alice Schwarzer zur Springer-Postille BILD passt und zur ihrer Werbefigur und Kolumnistin wurde. Zur strategischen Partnerschaft zwischen Schwarzer und Springer hatte ich bereits in 2010 gebloggt. Einen weiteren Blogbeitrag hatte ich Ende 2012 veröffentlicht, nachdem das TV-Publikum Alice Schwarzer in der Talkshow “Jauch” ertragen musste.
Sex ohne Liebe – das werden die allermeisten linken Frauen in Ordnung finden. Aber Sex gegen Geld? Da hören die Gemeinsamkeiten auf. Und die Behauptungen und Mythen über Sexarbeit, Prostiuierte und Bordelle schießen ins Kraut. Alles wir vermixt mit dem eingene Sexualbedürfnissen, der eigenen Lust, aber auch eigenen Grenzerfahrungen, individueller sexueller Aufklärung und natürlich auch persönlichen Gewalterfahrungen. Daher ist es geboten, sachlich, solidarisch und mit Respekt mit einander zu diskutieren.
Dass das schwer ist, weiß ich. Ich habe selbst Häusliche Gewalt erlebt und jedes Mal, wenn darüber in der politischen Arena, in der Bürgerschaft oder im Ausschuss, debattiert wird, kommen mir die Bilder meiner Kindheit und Jugend vor Augen. Wenn eine Frau mir von erlebter häuslicher Gewalt berichtet, weine ich mit ihr. Es ist schwer, dann sachlich zu bleiben.
Der zweite große Rückschritt bildete die homophobe Hetzkampagne gegen an HIV/Aids-Erkrankte. Darunter hatten vor allem die Homosexuellen, aber auch heterosexuelle Frauen und Männer, die sich infizierten, zu leiden. Die Stigmatisierung der Krankheit und ihrer Opfer konnte nur schwer überwunden werden. Heute sind wir zum Glück große Schritte vorangekommen – zumindest in der Bundesrepublik Deutschland. Hier findet sich ein Blogbeitrag zu dem Thema von mir. Hier ist ein weiterer.
(K)eine Arbeit wie jede andere
Die anhaltende ökonomische Unselbstständigkeit von Frauen trägt einen großen Anteil daran, dass die Prostitution als Alternative zu anderer Arbeit gewählt wird. Und warum wesentlich mehr Frauen als Männer in der Sexarbeit tätig sind. Hartz IV hat die Situation noch verschlechtert. Der Arbeitsmarkt steht Frauen nur begrenzt offen. Dennoch glaube ich, selbst bei gleichen Voraussetzungen würde es weiterhin Prostitution geben. Allerdings würden die kriminellen und frauenverachtenden Randerscheinungen rund um das Geschäft mit der Sexarbeit eingedämmt und beendet werden.
Die aktuellen Appelle
Die beiden Appelle, die jetzt veröffentlicht wurden, einer für und einer gegen Prostitution, haben eine wichtige Debatte unter uns linken Frauen entfacht. Wir haben zu lange geschwiegen darüber, was Sexarbeit bedeutet. Wir haben uns nicht daran beteiligt, die Klischee des Boulevards zu entzauebrn, uns sachkundig zu machen. Wir beschäftigten uns mit Finanzmärkten, mit dem Euro, mit Kriegen, mit erneuerbarer Energie – aber nicht mit Sexarbeit. Das muss ein Ende haben. Ich fordere alle Linken auf, sich endlich einem der letzten großen Tabus dieser Gesellschaft zu stellen und sich sachkundig zu machen.
Ist es eine Lösung, Prostitution – mittel- oder langfristig – abzuschaffen? Ich denke, man kann sie gar nicht abschaffen. Zum einen gibt es das Bedürfnis nach käuflichem Sex (bei Männern wie bei Frauen übrigens), zum anderen bedeutet die Forderung nach einer Abschaffung ein Infragestellen, dass Sex neben dem Liebes- und Zeugungsakt auch eine reine Dienstleistung sein kann. Deswegen geht in diesem Falle auch die absolutistische Forderung ins Leere, den Kapitalismus abzuschaffen.
Ist es eine Lösung, Freier zu bestrafen? Das Model Schweden und das Kontaktanbahnungsverbot in St. Georg zeigen: Prostitution findet trotzdem statt, nur nicht mehr so offen. DIE LINKE Hamburg hat sich daher immer gegen das repressive Modell des SPD-Senats ausgesprochen.
Oft wird behauptet, alle Prostituierten hätten Missbrauchserfahrungen, könnten ihren Job nur unter Drogen ausüben und würden lieber heute als Morgen aussteigen. Ich finde dazu nur keine belastbaren Zahlen und seriöse, mehrfach bestätigte Studien. Auf den Seiten der Bunderegierung kann man dazu einiges nachlesen. Wer anderes behauptet, muss es beweisen!
Ich unterstütze den Appell für Prostitution als Erstunterzeichnerin (30. Stelle), weil ich seit Jahren politisch zum Thema Sexarbeit wirke. Ich habe mit Prostituierten gesprochen, mit Sozialarbeiterinnen und habe mich kritisch und selbstkritisch den vielen Mythen angenommen, die es rund um das Thema Prostitution gibt. Ich kann sagen: Ich habe mich in vielen Punkte korrigieren müssen – und ich weiß heute: Es gibt kaum ein gesellschaftliches Feld, in dem so viel gelogen und behauptet wird, um die eigenen Sichtweisen zu bestätigen. SexarbeiterInnen erheben zudem selbst erst seit kurzem ihre Stimme. Dass ihnen von vielen linken Frauen die Glaubwürdigkeit abgesprochen wird, ist beschämend. Dürfen Opfer keine Stimme haben?
Ich möchte allen Männern, die Frauen misshandeln und sich an ihnen bereichern, das Handwerk legen. Ich kämpfe gegen Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, ich kämpfe gegen Vergewaltigung, gegen häusliche und sexuelle Gewalt. Das alles lässt aber nicht mit einem Verbot der Prostituion bekämpfen. Auch wenn es schwer fällt, zu akzeptieren.

http://blog.kerstenartus.info/keine-pro ... e-loesung/
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hier hat es der Appell PROstitution erstmals in die BILD-Zeitung geschafft


Natürlich verlinkt die Zeitung ihn nicht. Das wäre ja noch schöner, wenn sie uns tausende BILD-Zeitungsleser weiterleiten würde...


viewtopic.php?p=136301#136301

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Beitrag von Kasharius »

Ich habe den Apell PRO Prostitution mit Klarnamen auch unterzeichnet.

Kasharius grüßt

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Beitrag von Snickerman »

Ich natürlich auch!
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

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Beitrag von Marc of Frankfurt »


Lisa König
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Re: BILD.de

Beitrag von Lisa König »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:Hier hat es der Appell PROstitution erstmals in die BILD-Zeitung geschafft


Natürlich verlinkt die Zeitung ihn nicht. Das wäre ja noch schöner, wenn sie uns tausende BILD-Zeitungsleser weiterleiten würde...


viewtopic.php?p=136301#136301

Schon mehrfach, 3- oder 4mal schrieb' ich in der Bild einen Online-Leserbrief aufgrund des Schwarzer-Appells, kritisch und sehr offen, aber nicht anmaßend. Hatte mich extra dafür bei diesem Käseblatt angemeldet. Aber: keine 5min später war er jedesmal verschwunden, einfach gelöscht.

Da ich leider nicht allzu sehr in dem Thema drin bin: was gibt es für Allianzen zwischen A. Schwarzer und der Bild? Oder interpretiere ich in die gelöschten Beiträge zuviel hinein?