Stern - Warum Männer in den Puff gehen
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Tatsächlich gilt vor Gericht regelmässig eine Zustimmung für erteilt wenn eine, auch nur kleine, Gegenleistung erbracht wird. Das gilt jedoch nicht wenn der Portraitierte nachweisen kann, dass er über den Zweck der Aufnahme getäuscht wurde. Frau Flitner ist eine bekannte Fotokünstlerin deren Werke bisweilen auch in Zeitschriften erscheinen. Wenn sie also erklärt hat die Bilder würden für eine Kunstausstellung verwendet und sie bietet sie anschliessend dem Stern oder der Bild Zeitung an dann ist das nicht rechtens.
Frau Flitner macht seit sehr vielen Jahren erfolgreich Portraitfotos und es wäre daher ungewöhnlich, wenn sie kein model release hat unterschreiben lassen. Also ein Formular in dem der Portraitierte seine Einwilligung für die Veröffentlichung gibt. Es ist sinnvoll in einem solchen Formular auch das Kleingedruckte zu lesen.
Falls es tatsächlich zu einer Täuschung gekommen ist besteht das Problem darin, dass die Betroffenen keine Genugtuung dadurch erfahren können, dass irgendwer für die Tat bestraft wird. Es ist normalerweise nur eine zivilrechtliche Klage möglich. Das heisst der Betroffene muss einen Schaden, der ihm entstanden ist, nachweisen. Leider lassen sich peinliche Blicke oder dumme Witze mit denen man konfrontiert wird schlecht in Geld beziffern. Besser angerechnet werden können Schäden wie Scheidungskosten, Verlust des Arbeitsplatzes, oder Verdienstausfälle. Die Anerkennung solcher Kosten vor Gericht ist jedoch schwierig und die erstrittenen Beträge sind für die Betroffenen meist enttäuschend.
Mir gefällt die Geschichte. Sie macht auf mich einen realistischen und ehrlichen Eindruck.
Journalisten müssen manchmal auch mit Tricks arbeiten. Den Mächtigen auf die Füsse treten. In diesem Falle geht es jedoch nicht um diejenigen, die die Macht haben, die sich gut wehren können. Sondern um die Verletzlichen. Schade, wenn bei dieser Geschichte tatsächlich mit üblen Tricks gearbeitet werden musste.
Frau Flitner macht seit sehr vielen Jahren erfolgreich Portraitfotos und es wäre daher ungewöhnlich, wenn sie kein model release hat unterschreiben lassen. Also ein Formular in dem der Portraitierte seine Einwilligung für die Veröffentlichung gibt. Es ist sinnvoll in einem solchen Formular auch das Kleingedruckte zu lesen.
Falls es tatsächlich zu einer Täuschung gekommen ist besteht das Problem darin, dass die Betroffenen keine Genugtuung dadurch erfahren können, dass irgendwer für die Tat bestraft wird. Es ist normalerweise nur eine zivilrechtliche Klage möglich. Das heisst der Betroffene muss einen Schaden, der ihm entstanden ist, nachweisen. Leider lassen sich peinliche Blicke oder dumme Witze mit denen man konfrontiert wird schlecht in Geld beziffern. Besser angerechnet werden können Schäden wie Scheidungskosten, Verlust des Arbeitsplatzes, oder Verdienstausfälle. Die Anerkennung solcher Kosten vor Gericht ist jedoch schwierig und die erstrittenen Beträge sind für die Betroffenen meist enttäuschend.
Mir gefällt die Geschichte. Sie macht auf mich einen realistischen und ehrlichen Eindruck.
Journalisten müssen manchmal auch mit Tricks arbeiten. Den Mächtigen auf die Füsse treten. In diesem Falle geht es jedoch nicht um diejenigen, die die Macht haben, die sich gut wehren können. Sondern um die Verletzlichen. Schade, wenn bei dieser Geschichte tatsächlich mit üblen Tricks gearbeitet werden musste.
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So ist es im Wesentlichen. Wobei die Beweispflicht für eine Täuschung bei der abgelichtete Person läge.
Wichtiger dürfte der Unterlassungsanspruch (auch zivilrechtlich) sein. Heisst, dass ab beispielsweise Zustellung einer einstweiligen Verfügung der Verfügungsgegner die Bilder nicht mehr verbreiten/verlöffentlichen darf. Also auch löschen muss, beispielsweise in seinen elektronischen Medien.
Aber wie gesagt, nur dann sinnvoll, wenn weder etwas erhalten wurde, noch eine (beweisbare) Vereinbarung getroffen wurde.
Wichtiger dürfte der Unterlassungsanspruch (auch zivilrechtlich) sein. Heisst, dass ab beispielsweise Zustellung einer einstweiligen Verfügung der Verfügungsgegner die Bilder nicht mehr verbreiten/verlöffentlichen darf. Also auch löschen muss, beispielsweise in seinen elektronischen Medien.
Aber wie gesagt, nur dann sinnvoll, wenn weder etwas erhalten wurde, noch eine (beweisbare) Vereinbarung getroffen wurde.
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Skandal im Paradies
Das wirft ein sehr schlechtes Licht auf Betrieb und Prostitution.ehemaliger_User hat geschrieben:Günther hat nicht mal mitbekommen, dass die Bilder im Stern und in der Emma veröffentlicht werden. Er hat gedacht, die Aufnahmen und die Befragung würde fürs "Paradise" gemacht weil das "date" vom Pressesprecher eingefädelt wurde.
1.) Prostitution: Es bestätigt einmal mehr dass im Bordell die Leute besonderen Gefahren ausgesetzt sind, weil sie anscheinend nicht so klar denken können, wie außerhalb zu erwarten ist. Dieser Fall legitimiert somit, dass man die Leute vor sich selbst und vor den Gefahren in der Prostitution schützen muß. Also genau das was die Prostitutionsgegner predigen z.B. mit verschärften Verboten und insgesamt einer Strategie der Prostitutions-Eindämmung vorzugehen (vgl. USA: "End Demand"). Das ist öffentlich gerade wieder poppulär und wird in der Legislative gerade umgesetzt. Zu den Gefahren muß man demnach die sog. Begleitkriminalität zählen, was in diesem Fall beachtenswerterweise bedeutet von Medienvertretern "abgezockt" oder "getäuscht" werden zu können. (Allerdings kann ich bisher noch nicht glauben, dass bei so einer heiklen fotojournalistischen Arbeit, die erfahrene und renommierte Fotographin Flitner sich nicht juristisch abgesichert und nichts unterschreiben lassen hat?)
2.) Betrieb: Der Fall des ungewünschten Outings zeigt ferner, dass die Aufklärungs- und Führsorgepflicht des Unternehmers, Betreibers und Gastgeber nicht erfüllt wurden. Die Vermittlung durch den Wirtschafter Beretin zur Fotographin hat den Prostitutionskunden augenscheinlich ins mediale Messer laufen lassen, was jetzt möglicherweise sein bisheriges Leben ruiniert. Etwas, was sonst oftmals nur Sexworker mit Medienvertretern erleben müssen und weswegen wir hier im Forum so viele Infos, Checklisten und Musterverträge bereithalten (strukturelle Prävention). Wenn man diese grobe Vermittlungs- und Gastgeber-Panne als Eigenschaft des Managements oder Betriebs wertet, zu was für einem vernichtenden Urteil kann man dann nur kommen, was die Betreuung der Sexarbeiterinnen und vielfach Migrantinnen im Paradise betrifft? Erstaunlich, dass dieser zentrale Aspekt noch nicht aufgegriffen oder gar medial ausgeschlachtet wurde. Für mich ist nichts naheliegender als die Folgerung und Frage: "Wenn der Freier schon nicht geschützt ist, wie leicht werden dann erst die Sexworker unter die Räder kommen?".
Ob der Fotographin beim Fotoshooting auch das Wasser im Munde zusammen gelaufen ist wie seinerzeit Alice Schwarzer?
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 092#131092
Ursache dieses Führsorge-Versagens im Paradise ist der Umgang mit Prostitution, der womöglich zu leichtfertig ist, weil er zu sehr nur geschäftlich gesehen wird. Zweifelos sind die Leistungen vom Paradise grandios, wie sie erfolgreich ihre Prostitutions-Oasen betreiben, aber sie sind eben noch nicht perfekt wie man an diesem Skandal deutlich merkt, weil das dahinterstehende Bewußtsein zu geschäftlich die Prostitution nur nutzt oder sogar "ausnutzt"(?), aber es dennoch eine unreflektierte, internalisierte Einstellung gegen Prostitution gibt! Diese letzliche innere Verurteilung zeigte sich bisher bereits mehrmals, immer dann wenn der Inhaber Rudloff dieselbe unakzeptabel schlechte Antwort auf die Frage gibt, ob seine Töchter bei ihm als Sexworker arbeiten könnten und er bis heute offensichtlich nicht die "Musterantworten" der Sexworker Aktivisten und Menschenrechte-Advokaten z.B. aus Indien kennt... Müste ihm mal ein engagierter Prostitutionskunde stecken.
Das sehen die Prostitutionsgegner und Feministen vmtl. genau anders. Sie verorten die Macht und Ausbeuterqualitäten beim Prostitutionskunden... und genau das bloszustellen lese ich als Intention in dieser zweifelos geschickten FotokampagneVeraguas hat geschrieben:In diesem Falle geht es jedoch nicht um diejenigen, die die Macht haben, die sich gut wehren können. Sondern um die Verletzlichen. Schade, wenn bei dieser Geschichte tatsächlich mit üblen Tricks gearbeitet werden musste.
www.bit.ly/prostitutions-debatte
Aber ich gebe Veraguas recht. Prostitutionsfeindlichkeit ist auch ein Klassenkampf so wie der Drogenkrieg letztlich ein Rassenkrieg ist ( www.arte.tv/guide/de/041187-000/drogen- ... ster-krieg ). Es geht mehrheitlich um das Vergnügen des kleinen Mannes und um die Verdienstmöglichkeiten der alleinselbständigen Sexworker zu kontrollieren, auch wenn sich die Medien manchmal wie diebisch freuen, wenn ein AG, Formel-1- oder IWF-Chef ... wegen "Prostitutionsverfehlung" öffentlich vorgeführt werden können...
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Na ja, auch wenn das "Date" vom Pressesprecher des Bordells eingestielt wurde, dass das nicht fürs private Fotoalbum war, kann sich eigentlich der benebelste Mensch denken. Liegt vielleicht auch daran, dass ich die Wendung, wonach Männer mit dem Schwanz denken, nicht wirklich nachvollziehen kann.
Ansonsten sehe ich es im Kern wie Marc, Besucher dieses Etablissements müssen dann damit rechnen auf die eine oder andere Weise "ausgebeutet" zu werden. Was dann auch durchaus Raum für die Vermutung läßt, sie sogar wahrscheinlich erscheinen läßt, dass dies mit den dort arbeitenden Frauen auf die eine oder andere Weise ebenfalls passiert.
Aber auch trotz der Anmerkungen von ehemaliger_User befremdet mich der ganze Vorgang. Wie blöd muss ein Bordellbetreiber denn sein, seine Kunden so bloss zu stellen bzw. daran mit zu wirken. Ich würde eigentlich jetzt erwarten, dass die Kunden alle einen Riesenbogen um den Laden machen. Aber vielleicht ist auch das viel zu wenig mit dem Schwanz gedacht ....
Ansonsten sehe ich es im Kern wie Marc, Besucher dieses Etablissements müssen dann damit rechnen auf die eine oder andere Weise "ausgebeutet" zu werden. Was dann auch durchaus Raum für die Vermutung läßt, sie sogar wahrscheinlich erscheinen läßt, dass dies mit den dort arbeitenden Frauen auf die eine oder andere Weise ebenfalls passiert.
Aber auch trotz der Anmerkungen von ehemaliger_User befremdet mich der ganze Vorgang. Wie blöd muss ein Bordellbetreiber denn sein, seine Kunden so bloss zu stellen bzw. daran mit zu wirken. Ich würde eigentlich jetzt erwarten, dass die Kunden alle einen Riesenbogen um den Laden machen. Aber vielleicht ist auch das viel zu wenig mit dem Schwanz gedacht ....
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Dekonstruktion von Foto und Statistik
Detektivarbeit Bildbearbeitung (Danke Tanja für den Link)
http://www.freiercafe.com/showpost.php? ... ostcount=8
"16.124 haben innerhalb der letzten 36 Stunden" die Freier-Flitner-Fotoserie über Freier im Bordell Paradise angesehen behauptet die Fotographin auf FB, jedoch bis heute nur
82 comments, 100 likes und 132 shares des 1. Postings vom 26. Juni bis heute (16 Tage), wie passt das zusammen?
Seitdem wir dort übrigens mitkommentieren, gibt es kaum noch neue überschwänliche Unterstützer_innen-Kommentare in den 2 Folgepostings. Ähnliches beobachten wir auf der Emma FB-Seite oder anderen feministischen oder prostitutionsfeindlichen Seiten. Manche wissen sich nur zu helfen, indem sie uns ganz bannen, was mir schon so oft passiert ist.
Mehr Zahlen & Medienanalyse unserer Bewegung und Institutionen
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 477#133477
http://www.freiercafe.com/showpost.php? ... ostcount=8
"16.124 haben innerhalb der letzten 36 Stunden" die Freier-Flitner-Fotoserie über Freier im Bordell Paradise angesehen behauptet die Fotographin auf FB, jedoch bis heute nur
82 comments, 100 likes und 132 shares des 1. Postings vom 26. Juni bis heute (16 Tage), wie passt das zusammen?
Seitdem wir dort übrigens mitkommentieren, gibt es kaum noch neue überschwänliche Unterstützer_innen-Kommentare in den 2 Folgepostings. Ähnliches beobachten wir auf der Emma FB-Seite oder anderen feministischen oder prostitutionsfeindlichen Seiten. Manche wissen sich nur zu helfen, indem sie uns ganz bannen, was mir schon so oft passiert ist.
Mehr Zahlen & Medienanalyse unserer Bewegung und Institutionen
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 477#133477
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EMMA/Alices Veranstaltung Berlin
Die Fotos werden jetzt überlebensgroß aufgeblasen präsentiert, was vermutlich die Unappetitlichkeit der Jungs und Kerle ins unermeßliche steigern soll, wenn es bisher noch nicht alle verstanden haben was Flitner aussagen wollte.
Hier eine Präsentation in Berlin
viewtopic.php?p=136512#136512
Mich wundert, dass bisher immer noch keine Kopie der Einverständnis-Freigabe-Abtretungserklärung der fotographierten Herren aufgetraucht ist und wir nichts über juristische Schritter erfahren.
Immer wenn ich fotographiert oder interviewed werde habe ich mir schriftlich versichern lassen jede Zweitverwertung separat schriftlich per Anfrage vorzulegen und genehmigen zu lassen.
Medienkompetenz Sexwork (Checklisten am ende des 1. Postings)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=943
Aber auch Jura-Professoren fallen auf die Trix der Prostitutionsgegner herein wie diese Filmproduktion beweist www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=136435#136435
Hier eine Präsentation in Berlin
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Mich wundert, dass bisher immer noch keine Kopie der Einverständnis-Freigabe-Abtretungserklärung der fotographierten Herren aufgetraucht ist und wir nichts über juristische Schritter erfahren.
Immer wenn ich fotographiert oder interviewed werde habe ich mir schriftlich versichern lassen jede Zweitverwertung separat schriftlich per Anfrage vorzulegen und genehmigen zu lassen.
Medienkompetenz Sexwork (Checklisten am ende des 1. Postings)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=943
Aber auch Jura-Professoren fallen auf die Trix der Prostitutionsgegner herein wie diese Filmproduktion beweist www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=136435#136435
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Zumindest bei Günter ist das nicht der Fall, der hat einfach unterschrieben, ohne den Vertrag zu lesen. Er war tatsächlich der Meinung, sein Gesicht würde unkenntlich gemacht. Keiner hätte ihn darauf hingewiesen, auf was er sich einlässt. Weder der Pressesprecher des Paradise, noch Frau Flitner.
Die Betreiber des Paradise haben offensichtlich nicht recherchiert, was Frau Flitner bezweckte, die haben nur "kostenlose Werbung für unser Haus" gesehen.
Dieses Vorgehen ist absolut unter der Gürtellinie!
Wehe, ein Bordellbetreiber würde so mit Sexarbeiterinnen umspringen!
Die Betreiber des Paradise haben offensichtlich nicht recherchiert, was Frau Flitner bezweckte, die haben nur "kostenlose Werbung für unser Haus" gesehen.
Dieses Vorgehen ist absolut unter der Gürtellinie!
Wehe, ein Bordellbetreiber würde so mit Sexarbeiterinnen umspringen!
Auf Wunsch des Users umgenannter Account
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Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
Lust & Liebe: Vier Freier aus der Region erzählen, warum sie in den Puff gehen
Nachgefragt
Aschaffenburg Montag, 03.06.2019 - 00:00 Uhr
Im Aschaffenburger Bordell Dolce Vita.
Foto: Harald Schreiber
Besuch im Aschaffenburger Dolce Vita. Fotos von Puff-Mutti Eva Bonin und ihre Damen.
Foto: Harald Schreiber
Es ist angeblich das älteste Gewerbe der Welt. Typischerweise zahlen Männer Frauen Geld, um mit ihnen Sex zu haben. Aber wer sind diese Männer? Vier Freier erzählen.
Etwa 1,2 Millionen Männer gehen hierzulande jeden Tag (!) zu Prostituierten. Jeder vierte deutsche Mann geht einmal im Leben zu einer Sexarbeiterin; jeder fünfte geht regelmäßig. Der typische Freier ist 30 bis 40 Jahre alt und in einer festen Beziehung.
Diese Zahlen liefert Psychologin Sandra Konrad in ihrem Buch »Das beherrschte Geschlecht«.
Laut Konrad gibt es zahlreiche Gründe, warum jemand zu Prostituierten geht: sexuelle Lust, Neugierde, Druck Gleichaltriger; um Krisen zu bewältigen; manche fasziniert die Subkultur; andere finden Geld-gegen-Sex besser als One-Night-Stands; einige finden keine Frau für Gelegenheitssex; andere leben bei Prostituierten frauenfeindliche Neigungen aus, indem sie zum Beispiel Frauen beim Sex erniedrigen.
Porno = Theorie, Puff = Praxis
Im Gespräch mit unserer Redaktion betont Konrad: »Männer gehen zu Prostituierten, weil sie es können - weil es legal ist und dadurch legitim erscheint.«
Prostituierte berichten laut Konrad, dass Männer Dinge ausprobieren wollen, die sie im Netz gesehen haben. Im 21. Jahrhundert gelte: Porno ist die Theorie - Prostitution ist die Praxis. Sie zitiert eine Prostituierte: »Im Prinzip lässt man sich gegen Geld vergewaltigen.«
Veronika Schreck
»Mein erstes Mal: Bei einer Prostituierten in Frankfurt«
»Du fährst«, sagten meine Freunde zu mir. Damals war ich 18 Jahre alt und wusste nicht, wohin es ging. Das wurde mir erst klar, als wir schon dort waren: im Frankfurter Rotlichtviertel.
Kaum dort angekommen, waren meine drei Kumpels verschwunden. Zuvor hatten wir nur abgemacht, wann wir uns in unserer Stammkneipe treffen würden. Was lag da näher, als sich selbst mal umzuschauen? Das war meine erste Erfahrung mit käuflichem Sex - und mit Sex an sich.
Denn: An diesem Tag in Frankfurt hatte ich mein erstes Mal. Mit einer ganz lieben Asiatin, Anfang 30. Die hat mir Landei gleich ein ordentliches Programm aufgefahren.
Seit diesem Tag war ich häufiger im Bordell. Alle vier bis sechs Wochen fuhren wir als Gruppe nach Frankfurt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, alleine hin zu fahren. So lange, bis ich feste Beziehungen hatte.
Drei Jahre lang war ich zwischendurch wieder Single. Da habe ich dann ziemlich Gas gegeben. Es ging drum, dass man mal wieder eine Frau im Bett hat. Fertig aus.
Für mich kam der Puff-Besuch nie in Frage, wenn ich eine Partnerin hatte. Aber für viele meiner Begleiter war eine Frau oder Freundin kein Hindernis, zu einer Sexarbeiterin zu gehen.
Einen bestimmten Typ habe ich nicht. Beim Beuteschema bin ich wahnsinnig flexibel. Mir ist egal, ob 1,60 oder 1,80, ob 20 oder 40. Aufdringlichkeit turnt mich ab. Ich habe die Erfahrung gemacht: Deutsche Prostituierte zocken einen ab. Da kostet es viel und es steckt nichts dahinter.
Alleine schon, wenn ich sehe, wer da vor mir drin war, ist für mich aber klar: Alles mit Gummi.
Männlich, 46, Kreis Main-Spessart
»Du gehst hin und nimmst dir, was du willst«
»Nicht Frauen ansprechen, essen gehen oder diskutieren, sondern einfach mal das primitive Schwein raushängen lassen - das reizt mich an käuflichem Sex.
Mit 18 Jahren war ich das erste Mal in einem Saunaclub, mit einem Kumpel zusammen. Das war schon eher gehoben. Es gab Bademäntel, Essen und einen Swimmingpool. Einfach ein nettes Ambiente. Nur rein, raus und wieder weg - das ist nichts für mich. Ich will schon erstmal reden. Für mich war das aber nicht die erste Erfahrung mit Frauen. Das erste Mal sollte schon normal sein. Das finde ich wichtig.
Bei meinem zweiten Besuch in dem Darmstädter Saunaclub habe ich einen Fehler gemacht. Ich wollte den Eintritt richtig nutzen und bin nach dem ersten Sex weiter dort geblieben. Ich bin im Pool geschwommen und habe an der Bar getrunken, bis ich wieder einen hoch gekriegt habe. Dann war ich insgesamt vier Stunden dort und dadurch habe ich viel zu viel Geld ausgegeben. Denn neben dem Eintritt muss jede der Damen bezahlt werden. Und das beste Material sitzt an der Bar. Die musst du ansprechen und ihnen dann noch was zu trinken ausgeben. Da kam schnell einiges zusammen.
Diesen Fehler habe ich nicht mehr gemacht, dafür aber einen anderen. Bei meinem dritten Puff-Besuch habe ich mich fast verliebt. Sie war blond, extrem hübsch, hat echt gebildet gewirkt und sie konnte auch richtig was. Danach sind wir wieder runter gegangen. Ich habe sie bezahlt und habe gefragt, ob wir uns mal so treffen wollen. Das hat sie aber direkt abgeblockt und nur gesagt, dass sie jeden Mittwoch hier sei.
Ich bin nie in einen Club oder ein Bordell gegangen, weil ich es nötig gehabt hätte. Ich wollte einfach mit einer Gruppe Jungs einen coolen Abend verbringen. Und mir gefällt das Gefühl: Du gehst hin und nimmst dir, was du willst. Dieses Auswählen, das ist gut.
Beim vierten und bisher letzten Mal war ich in der Frankfurter Taunusstraße. Dann bin ich zu einer hin und habe gefragt, was sie kostet: 30 Euro. Also gut. Aber dann wollte sie nur runterholen. Wir haben diskutiert und dann bin ich gegangen. Darauf hatte ich keinen Bock.
Für mich gibt es beim käuflichen Sex zwei Grenzen: immer mit Gummi und nie, wenn ich in einer Beziehung ist. Aus moralischen Gründen. Ich schau mal einer hinterher, weil eine Beziehung ist ja nicht immer wie in der ersten Woche. Aber ich würde nie was machen.
Die Prostituierten müssen für mich Deutsch reden können. Aber ob sie freiwillig dort sind, das interessiert mich nicht. Da bin ich kalt.
Männlich, 22, Kreis-Darmstadt-Dieburg
»Ich finde es schön, wenn man vorher mal mit denen spricht«
»Man hat ja diverse menschliche Bedürfnisse und wenn man nicht gerade ne Freundin hat oder sonst jemanden trifft, bekommt man eben dann doch mal Lust. Ich habe mir lange gedacht: Das mache ich nicht. Ein Tabuthema war das Rotlichtmilieu für mich aber nie. Wenn ich es meiner Mama erzählen würde, wäre sie bestimmt geschockt. Aber irgendwann wäre sicher Verständnis da. Hoffe ich.
Und unter meinen Kameraden ist das Thema sowieso weit verbreitet. Für mich hat auch das Geld eine Rolle gespielt. Das war mir dann einfach zu viel. Im Alter von 26 Jahren bin ich dann eben doch mal mitgefahren; der Druck war zu groß, weil schon lange nichts mehr gelaufen war. Da habe ich mir gedacht: Ist mir jetzt egal. Bisschen Erleichterung. Seither war ich vier Mal bei Prostituierten, gerne auch im Saunaclub.
Einmal bin ich alleine gefahren, weil meine Kameraden dann doch nicht wollten. Aber sonst waren wir immer zu zweit, zu dritt. Dann sind wir in einem Saunaclub, sitzen da, trinken ein Bierchen, schwätzen. Dann sieht man eine und entscheidet sich. Der gibt man dann meistens noch einen aus und geht mit ihr aufs Zimmer. Dann kommt man wieder und schwätzt weiter. Und nach zwei, drei Stunden hat man keine Lust mehr und dann fährt man wieder. Viel über den Akt an sich reden wir aber nicht. Manchmal erzählt man schon was, wenn was Witziges passiert ist. Dann redet man da schon mal drüber.
Ein Saunaclub kommt für mich eher in Frage als der Straßenstrich. Ich will schon gerne ein bisschen Atmosphäre, mich wohlfühlen, abschalten. Im Saunaclub ist der Gummi auch Pflicht. Die machen's immer mit. Ist ja auch Gesetz.
Einen bestimmten Typ habe ich nicht, aber ich stehe auf große Brüste und das Gesicht muss mich ansprechen - und die Frau soll Deutsch verstehen und sprechen. Ich finde es schön, wenn man vorher mal mit denen spricht. Damit es nicht so ist: Ich gehe dahin, um meinen Druck abzubauen und dann geh ich wieder. Sondern ich geh auch mal hin, um mit denen zu schwätzen. Das sind ja auch Persönlichkeiten. Die haben ja auch was zu erzählen. Und es gibt ja bestimmt Menschen, die die einfach als Lustobjekt sehen. Das ist jetzt bei mir nicht der Fall.
Darüber ob die Frauen freiwillig dort arbeiten, habe ich eher weniger nachgedacht. Aber im letzten Club, in dem ich war, hat es sich schon frei angefühlt. Bei zwei Frauen habe ich bisher das Gefühl gehabt, dass sie es des Geldes wegen machen. Bei einer hatte ich den Eindruck, dass sie Spaß hatte.
Wenn ich eine Beziehung hätte, käme ein Puff-Besuch für mich nicht Frage. Dann würde ich auch treu bleiben wollen, auch wenn die Versuchung groß wäre. Wenn ich doch schwach werden sollte, wäre das dann scheiße, glaube ich.«
Männlich, 28, Kreis Aschaffenburg
»Wenn du Sex haben willst, sagt halt niemand Nein«
»Eigentlich merkt man gar keinen Unterschied, wenn man zu einer Prostituierten geht. Als ich 23 Jahre alt war, hatte ich nur mein erstes Mal erlebt. Dann ging ich das erste Mal in ein Bordell - und besuchte das gleiche Haus immer wieder, zehn Mal insgesamt. Dann traf ich meine Freundin.
Der Unterschied im Vergleich zum Sex mit anderen Frauen? In dem Moment, wenn du Sex haben willst, sagt halt niemand Nein. Freunde hatten mir von dem Bordell erzählt. Ich bin ein paar Mal vorbeigefahren und hab es mir angeguckt. Irgendwann habe ich das dann ausgecheckt. Ich bin dann immer alleine ins Puff gegangen.
Für mich war das ein gutes Erlebnis. Immer wenn ich halt mal Lust hatte, bin ich im Jahr danach in das Bordell gefahren. Ich hab dann immer wieder dieselbe genommen, wenn sie da war. Wenn nicht, gab's auch andere Optionen.
Einen bestimmten Typ habe ich nicht, aber sie sollte schon ein bisschen nett sein, gepflegt und möglichst wenig Make-up tragen, Hauptsache natürlich. Ob ich versucht habe, meine Favoritin auch mal außerhalb des Bordells zu treffen? Ne, ne, ne. Ich sage nicht, dass ich nicht daran gedacht hätte, aber ne. Das war nur so ne kurze Fantasie.
Wenn ich in einer Beziehung bin, gehe ich aber nicht zu Prostituierten. Das finde ich moralisch nicht ok. Ich kann die Leute nicht beurteilen, die das machen, aber meine Moral wäre das nicht.
Ob die Frauen freiwillig im Bordell sind, hat für mich eigentlich keine Rolle gespielt, solange sie leidenschaftlich dabei war. Ich habe nicht gemerkt, dass eine der Frauen unfreiwillig dort gearbeitet hat. Mit einer Prostituierten habe ich mich deshalb auch unterhalten. Sie hat erzählt, dass sie sich mit dieser Arbeit ihr Studium finanziert.
Mit oder ohne Gummi ist für mich keine Frage. Die Fantasie wäre ohne, aber man kann ja nie wissen, also lieber mit. Die Kondompflicht hat auch bei den Frauen hohe Priorität. Es hat schon ein paar Momente gegeben, in denen ich darüber nachgedacht habe, es ohne Kondom zu machen. Getan habe ich es aber nie.
Männlich, 32, Kreis Aschaffenburg
https://www.main-echo.de/sonderthemen/l ... 67,6713337
Nachgefragt
Aschaffenburg Montag, 03.06.2019 - 00:00 Uhr
Im Aschaffenburger Bordell Dolce Vita.
Foto: Harald Schreiber
Besuch im Aschaffenburger Dolce Vita. Fotos von Puff-Mutti Eva Bonin und ihre Damen.
Foto: Harald Schreiber
Es ist angeblich das älteste Gewerbe der Welt. Typischerweise zahlen Männer Frauen Geld, um mit ihnen Sex zu haben. Aber wer sind diese Männer? Vier Freier erzählen.
Etwa 1,2 Millionen Männer gehen hierzulande jeden Tag (!) zu Prostituierten. Jeder vierte deutsche Mann geht einmal im Leben zu einer Sexarbeiterin; jeder fünfte geht regelmäßig. Der typische Freier ist 30 bis 40 Jahre alt und in einer festen Beziehung.
Diese Zahlen liefert Psychologin Sandra Konrad in ihrem Buch »Das beherrschte Geschlecht«.
Laut Konrad gibt es zahlreiche Gründe, warum jemand zu Prostituierten geht: sexuelle Lust, Neugierde, Druck Gleichaltriger; um Krisen zu bewältigen; manche fasziniert die Subkultur; andere finden Geld-gegen-Sex besser als One-Night-Stands; einige finden keine Frau für Gelegenheitssex; andere leben bei Prostituierten frauenfeindliche Neigungen aus, indem sie zum Beispiel Frauen beim Sex erniedrigen.
Porno = Theorie, Puff = Praxis
Im Gespräch mit unserer Redaktion betont Konrad: »Männer gehen zu Prostituierten, weil sie es können - weil es legal ist und dadurch legitim erscheint.«
Prostituierte berichten laut Konrad, dass Männer Dinge ausprobieren wollen, die sie im Netz gesehen haben. Im 21. Jahrhundert gelte: Porno ist die Theorie - Prostitution ist die Praxis. Sie zitiert eine Prostituierte: »Im Prinzip lässt man sich gegen Geld vergewaltigen.«
Veronika Schreck
»Mein erstes Mal: Bei einer Prostituierten in Frankfurt«
»Du fährst«, sagten meine Freunde zu mir. Damals war ich 18 Jahre alt und wusste nicht, wohin es ging. Das wurde mir erst klar, als wir schon dort waren: im Frankfurter Rotlichtviertel.
Kaum dort angekommen, waren meine drei Kumpels verschwunden. Zuvor hatten wir nur abgemacht, wann wir uns in unserer Stammkneipe treffen würden. Was lag da näher, als sich selbst mal umzuschauen? Das war meine erste Erfahrung mit käuflichem Sex - und mit Sex an sich.
Denn: An diesem Tag in Frankfurt hatte ich mein erstes Mal. Mit einer ganz lieben Asiatin, Anfang 30. Die hat mir Landei gleich ein ordentliches Programm aufgefahren.
Seit diesem Tag war ich häufiger im Bordell. Alle vier bis sechs Wochen fuhren wir als Gruppe nach Frankfurt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, alleine hin zu fahren. So lange, bis ich feste Beziehungen hatte.
Drei Jahre lang war ich zwischendurch wieder Single. Da habe ich dann ziemlich Gas gegeben. Es ging drum, dass man mal wieder eine Frau im Bett hat. Fertig aus.
Für mich kam der Puff-Besuch nie in Frage, wenn ich eine Partnerin hatte. Aber für viele meiner Begleiter war eine Frau oder Freundin kein Hindernis, zu einer Sexarbeiterin zu gehen.
Einen bestimmten Typ habe ich nicht. Beim Beuteschema bin ich wahnsinnig flexibel. Mir ist egal, ob 1,60 oder 1,80, ob 20 oder 40. Aufdringlichkeit turnt mich ab. Ich habe die Erfahrung gemacht: Deutsche Prostituierte zocken einen ab. Da kostet es viel und es steckt nichts dahinter.
Alleine schon, wenn ich sehe, wer da vor mir drin war, ist für mich aber klar: Alles mit Gummi.
Männlich, 46, Kreis Main-Spessart
»Du gehst hin und nimmst dir, was du willst«
»Nicht Frauen ansprechen, essen gehen oder diskutieren, sondern einfach mal das primitive Schwein raushängen lassen - das reizt mich an käuflichem Sex.
Mit 18 Jahren war ich das erste Mal in einem Saunaclub, mit einem Kumpel zusammen. Das war schon eher gehoben. Es gab Bademäntel, Essen und einen Swimmingpool. Einfach ein nettes Ambiente. Nur rein, raus und wieder weg - das ist nichts für mich. Ich will schon erstmal reden. Für mich war das aber nicht die erste Erfahrung mit Frauen. Das erste Mal sollte schon normal sein. Das finde ich wichtig.
Bei meinem zweiten Besuch in dem Darmstädter Saunaclub habe ich einen Fehler gemacht. Ich wollte den Eintritt richtig nutzen und bin nach dem ersten Sex weiter dort geblieben. Ich bin im Pool geschwommen und habe an der Bar getrunken, bis ich wieder einen hoch gekriegt habe. Dann war ich insgesamt vier Stunden dort und dadurch habe ich viel zu viel Geld ausgegeben. Denn neben dem Eintritt muss jede der Damen bezahlt werden. Und das beste Material sitzt an der Bar. Die musst du ansprechen und ihnen dann noch was zu trinken ausgeben. Da kam schnell einiges zusammen.
Diesen Fehler habe ich nicht mehr gemacht, dafür aber einen anderen. Bei meinem dritten Puff-Besuch habe ich mich fast verliebt. Sie war blond, extrem hübsch, hat echt gebildet gewirkt und sie konnte auch richtig was. Danach sind wir wieder runter gegangen. Ich habe sie bezahlt und habe gefragt, ob wir uns mal so treffen wollen. Das hat sie aber direkt abgeblockt und nur gesagt, dass sie jeden Mittwoch hier sei.
Ich bin nie in einen Club oder ein Bordell gegangen, weil ich es nötig gehabt hätte. Ich wollte einfach mit einer Gruppe Jungs einen coolen Abend verbringen. Und mir gefällt das Gefühl: Du gehst hin und nimmst dir, was du willst. Dieses Auswählen, das ist gut.
Beim vierten und bisher letzten Mal war ich in der Frankfurter Taunusstraße. Dann bin ich zu einer hin und habe gefragt, was sie kostet: 30 Euro. Also gut. Aber dann wollte sie nur runterholen. Wir haben diskutiert und dann bin ich gegangen. Darauf hatte ich keinen Bock.
Für mich gibt es beim käuflichen Sex zwei Grenzen: immer mit Gummi und nie, wenn ich in einer Beziehung ist. Aus moralischen Gründen. Ich schau mal einer hinterher, weil eine Beziehung ist ja nicht immer wie in der ersten Woche. Aber ich würde nie was machen.
Die Prostituierten müssen für mich Deutsch reden können. Aber ob sie freiwillig dort sind, das interessiert mich nicht. Da bin ich kalt.
Männlich, 22, Kreis-Darmstadt-Dieburg
»Ich finde es schön, wenn man vorher mal mit denen spricht«
»Man hat ja diverse menschliche Bedürfnisse und wenn man nicht gerade ne Freundin hat oder sonst jemanden trifft, bekommt man eben dann doch mal Lust. Ich habe mir lange gedacht: Das mache ich nicht. Ein Tabuthema war das Rotlichtmilieu für mich aber nie. Wenn ich es meiner Mama erzählen würde, wäre sie bestimmt geschockt. Aber irgendwann wäre sicher Verständnis da. Hoffe ich.
Und unter meinen Kameraden ist das Thema sowieso weit verbreitet. Für mich hat auch das Geld eine Rolle gespielt. Das war mir dann einfach zu viel. Im Alter von 26 Jahren bin ich dann eben doch mal mitgefahren; der Druck war zu groß, weil schon lange nichts mehr gelaufen war. Da habe ich mir gedacht: Ist mir jetzt egal. Bisschen Erleichterung. Seither war ich vier Mal bei Prostituierten, gerne auch im Saunaclub.
Einmal bin ich alleine gefahren, weil meine Kameraden dann doch nicht wollten. Aber sonst waren wir immer zu zweit, zu dritt. Dann sind wir in einem Saunaclub, sitzen da, trinken ein Bierchen, schwätzen. Dann sieht man eine und entscheidet sich. Der gibt man dann meistens noch einen aus und geht mit ihr aufs Zimmer. Dann kommt man wieder und schwätzt weiter. Und nach zwei, drei Stunden hat man keine Lust mehr und dann fährt man wieder. Viel über den Akt an sich reden wir aber nicht. Manchmal erzählt man schon was, wenn was Witziges passiert ist. Dann redet man da schon mal drüber.
Ein Saunaclub kommt für mich eher in Frage als der Straßenstrich. Ich will schon gerne ein bisschen Atmosphäre, mich wohlfühlen, abschalten. Im Saunaclub ist der Gummi auch Pflicht. Die machen's immer mit. Ist ja auch Gesetz.
Einen bestimmten Typ habe ich nicht, aber ich stehe auf große Brüste und das Gesicht muss mich ansprechen - und die Frau soll Deutsch verstehen und sprechen. Ich finde es schön, wenn man vorher mal mit denen spricht. Damit es nicht so ist: Ich gehe dahin, um meinen Druck abzubauen und dann geh ich wieder. Sondern ich geh auch mal hin, um mit denen zu schwätzen. Das sind ja auch Persönlichkeiten. Die haben ja auch was zu erzählen. Und es gibt ja bestimmt Menschen, die die einfach als Lustobjekt sehen. Das ist jetzt bei mir nicht der Fall.
Darüber ob die Frauen freiwillig dort arbeiten, habe ich eher weniger nachgedacht. Aber im letzten Club, in dem ich war, hat es sich schon frei angefühlt. Bei zwei Frauen habe ich bisher das Gefühl gehabt, dass sie es des Geldes wegen machen. Bei einer hatte ich den Eindruck, dass sie Spaß hatte.
Wenn ich eine Beziehung hätte, käme ein Puff-Besuch für mich nicht Frage. Dann würde ich auch treu bleiben wollen, auch wenn die Versuchung groß wäre. Wenn ich doch schwach werden sollte, wäre das dann scheiße, glaube ich.«
Männlich, 28, Kreis Aschaffenburg
»Wenn du Sex haben willst, sagt halt niemand Nein«
»Eigentlich merkt man gar keinen Unterschied, wenn man zu einer Prostituierten geht. Als ich 23 Jahre alt war, hatte ich nur mein erstes Mal erlebt. Dann ging ich das erste Mal in ein Bordell - und besuchte das gleiche Haus immer wieder, zehn Mal insgesamt. Dann traf ich meine Freundin.
Der Unterschied im Vergleich zum Sex mit anderen Frauen? In dem Moment, wenn du Sex haben willst, sagt halt niemand Nein. Freunde hatten mir von dem Bordell erzählt. Ich bin ein paar Mal vorbeigefahren und hab es mir angeguckt. Irgendwann habe ich das dann ausgecheckt. Ich bin dann immer alleine ins Puff gegangen.
Für mich war das ein gutes Erlebnis. Immer wenn ich halt mal Lust hatte, bin ich im Jahr danach in das Bordell gefahren. Ich hab dann immer wieder dieselbe genommen, wenn sie da war. Wenn nicht, gab's auch andere Optionen.
Einen bestimmten Typ habe ich nicht, aber sie sollte schon ein bisschen nett sein, gepflegt und möglichst wenig Make-up tragen, Hauptsache natürlich. Ob ich versucht habe, meine Favoritin auch mal außerhalb des Bordells zu treffen? Ne, ne, ne. Ich sage nicht, dass ich nicht daran gedacht hätte, aber ne. Das war nur so ne kurze Fantasie.
Wenn ich in einer Beziehung bin, gehe ich aber nicht zu Prostituierten. Das finde ich moralisch nicht ok. Ich kann die Leute nicht beurteilen, die das machen, aber meine Moral wäre das nicht.
Ob die Frauen freiwillig im Bordell sind, hat für mich eigentlich keine Rolle gespielt, solange sie leidenschaftlich dabei war. Ich habe nicht gemerkt, dass eine der Frauen unfreiwillig dort gearbeitet hat. Mit einer Prostituierten habe ich mich deshalb auch unterhalten. Sie hat erzählt, dass sie sich mit dieser Arbeit ihr Studium finanziert.
Mit oder ohne Gummi ist für mich keine Frage. Die Fantasie wäre ohne, aber man kann ja nie wissen, also lieber mit. Die Kondompflicht hat auch bei den Frauen hohe Priorität. Es hat schon ein paar Momente gegeben, in denen ich darüber nachgedacht habe, es ohne Kondom zu machen. Getan habe ich es aber nie.
Männlich, 32, Kreis Aschaffenburg
https://www.main-echo.de/sonderthemen/l ... 67,6713337
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Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
Danke@deernhh
für den informativen Beitrag.
Grüße U.M.
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Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
Ja, aber die Abolis werden nach der Lektüre schäumen...(zwinker)
Kasharius grüßt
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Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
Danke für diesen informativen und aufschlussreichen Beitrag. Ich denke, da spielt auch noch ein weiterer Faktor mit rein, nämlich der generelle höhere Testosteronspiegel und die damit einhergehende Notwendigkeit der Triebbefriedigung.
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Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
… oder Frauen
Wenn ich an den Gesichtsausdruck des einen Flügels der Feministinnen oder der Abolis beim lesen dieses aufgeklärten Artikel denke, zaubert es mir ein leichtes Grinsen ins Gesicht
Für Sex zahlen?
06. Juni 2019 09:24; Akt: 07.06.2019 12:58
Ich, Feministin, war mit einem Callboy im Bett
von 20 Minuten - Für Sex bezahlen als Feministin – darf man das? Ich habe den Versuch gemacht und einen Callboy gebucht.
Für Sex zahlen, das klingt anrüchig, schmutzig, nach etwas, das verzweifelte Menschen tun – ganz sicher nicht ich.
Zuerst ist es nichts als reine Neugier, die mich auf der Seite surfen lässt. Für Sex zu bezahlen, das klingt zunächst anrüchig, schmutzig, nach etwas, das verzweifelte Menschen tun, die keine oder keinen rumkriegen. Auf jeden Fall etwas, das nur Männer machen – ganz sicher nicht ich.
Trainierte Oberkörper, tiefe Blicke, attraktive Männer im Anzug oder in Jeans: Rund zehn Callboys präsentieren sich mit teils freizügigen Bildern auf der Plattform. Detailliert beschreiben sie, was ihre Kundinnen erwarten dürfen. Auch wenn gemeinsame Nachtessen oder Massagen zum Angebot gehören – dass Sex im Zentrum steht, ist kein Geheimnis.
Eine Reise buchen – oder einen Callboy
Doch der Gedanke lässt mich nicht mehr los. Warum soll ich mir als emanzipierte Frau nicht einfach einen Lover mit der gleichen Selbstverständlichkeit kaufen, wie ich im Internet ein Kleid bestelle oder eine Reise buche?
Als Frau für Sex zu bezahlen: Ist das nicht vielleicht sogar ein weiterer Schritt Richtung Gleichberechtigung, wo Männer dasselbe doch seit jeher tun?
Ist es nicht vielleicht sogar ein weiterer Schritt in Richtung Gleichberechtigung, wo Männer dasselbe doch seit jeher tun? Dazu kommt: Die Callboys sollen ihren Service gemäss eigenen Angaben nicht aus existenzieller Not anbieten, sondern aus Freude an Leidenschaft, Dating, Sex und einem gut bezahlten Nebenerwerb. Weil sie, anders als Callgirls, Escorts oder Prostituierte, ihren Kundinnen in der Regel körperlich überlegen sind, ist das Risiko für Übergriffe viel kleiner.
Ich erkundige mich bei der Agentur Swiss Callboys und erfahre, wie das Geschäft läuft. Interessierte Männer müssen sich von der Agentur prüfen lassen, danach dürfen sie gegen eine Jahresgebühr ein Profil auf der Seite anlegen, Fotos hochladen und mit einem mehr oder weniger charmanten Text um Kundinnen werben.
Zum Beispiel:
«Marc, der Traum so mancher schlaflosen Nacht …
Er verbindet Romantik mit Rock ’n’ Roll, vom Badboy zum smarten Loverboy, Leidenschaft in ihrer reinsten Form. Mit seiner offenen und fröhlichen Art wird er auch dich innert Sekunden verzaubern. Dich mit seinen zärtlichen, fordernden Berührungen entführen in eine Welt voller Magie, in der es keine Grenzen gibt.»
Die Kommunikation und Abrechnung mit den Frauen erledigen die Callboys selbst, die Agentur erhält keinen Anteil am Business. Wenn sich die Callboys von einer Frau nicht angesprochen fühlen, können sie ein Treffen jederzeit ablehnen oder abbrechen. Nur Schweizer Bürger dürfen auf der Seite werben – Zwangsprostitution, brutale Zuhälter oder internationaler Menschenhandel sind damit fast ausgeschlossen. Übrigens: Schon mal bemerkt, dass das Wort «Männerhandel» im allgemeinen Wortschatz nicht existiert?
Küssen, Tantra, Sadomaso
Ich fasse mir ein Herz und klicke mich erneut durch die Fotogalerie. Dass ich einen dieser Callboys vielleicht bald treffen und berühren werde, scheint mir surreal. Gemeinsam mit Freundinnen beurteile ich das «Angebot»: Der eine hat ein süsses Lächeln, der andere einen unmöglichen Bart, der Dritte eine Brust, an die ich mich am liebsten sofort werfen würde.
Ob Küssen, Rollenspiele, Tantra, Cunnilingus oder Sadomaso – in einer Art Checkliste fassen die Männer zusammen, wozu sie bereit sind.
Doch das Aussehen ist nicht alles, auch das Angebot der «Boys» variiert. Ob Küssen, Rollenspiele, Tantra, Cunnilingus oder Sadomaso – in einer Art Checkliste fassen die Männer zusammen, wozu sie bereit sind und wo ihre Grenzen liegen. Ausserdem geben sie Auskunft über Körpergrösse und Gewicht, Augen- und Haarfarbe, Hobbys und Lieblingsessen, Alter und Wohnort.
Mein Callboy ist mehr als zehn Jahre jünger
Meine Wahl fällt auf Ray. Sein spitzbübisches Lachen gefällt mir genauso wie die gemeinsamen Interessen Reisen, Lesen und Musik. Dass er nicht aus «meiner» Stadt kommt und ich ihm nach unserem Date nicht ständig über den Weg laufen werde, beruhigt mich. Erst später bemerke ich, dass er mit seinen 23 Jahren mehr als zehn Jahre jünger ist als ich. Es ist mir peinlich, denn weder stehe ich auf junge Typen, noch will ich mir vorwerfen lassen, mir seine Jugend zu erkaufen. Weil alles andere passt, schicke ich ihm dennoch ein kurzes Mail.
Hallo Ray
Deine Fotos sind wunderschön!
Darf ich dich auf einen Drink einladen?
Höchstens 24 Stunden dauere es, bis die Callboys eine Nachricht beantworten würden, verspricht die Agentur. Immer wieder checke ich meinen Nachrichten – nichts. Nach zwei Tagen endlich Antwort. Ray entschuldigt sich, er sei im Ausland gewesen. Gerne wolle er mich kennen lernen. Aufgeregt schlage ich ein Datum und eine Bar vor. Zuerst etwas trinken, sage ich mir. Falls es nicht passt, kann ich es immer noch beenden.
Einen, der «es» nur wegen Geld macht, will ich nicht
Tagelang kreisen meine Gedanken um das Treffen. Was ziehe ich an, was erzähle ich über mich, was will ich von ihm wissen? Was mache ich, wenn das Gespräch stockt, wenn er mir nicht gefällt – oder ich ihm nicht? Die Vorstellung, dass sich ein Mann nur auf mich einlässt, weil er für das Treffen Geld erhält, finde ich abstossend. Dass ich mir einen Liebhaber mit Geld gefügig mache, gibt mir keinen Kick, so wie ich das aus Berichten von Freiern kenne. Ich nehme mir vor, das Date abzubrechen, wenn ich bei ihm kein echtes Interesse oder keine Lust spüre. Und ich merke: Sexarbeit, wenn man es denn so nennen möchte, ist für mich nur so lange vertretbar, wie es die Anbieterinnen und Anbieter aus freien Stücken tun, und nur unter Bedingungen, in denen sie ihre Arbeit ohne Risiko für ihre Sicherheit oder Gesundheit ausüben können. Mit allem anderen möchte ich nichts zu tun haben.
Wer zahlt, befiehlt
Und doch: Als Kundin bin ich Königin. Ich ringe zwar etwas mit mir, doch einen Tag vor unserem Date schreibe ich Ray ein Mail.
Betreff: Ein Wunsch.
Lieber Ray
Ich bin ziemlich aufgeregt. Ich hatte noch nie ein solches Treffen ... Hoffentlich kannst du mir meine Unsicherheit nehmen?
Du hast mich wegen Kleidervorlieben gefragt. Eigentlich bin ich recht offen. Aber was ich nicht so mag, sind zerrissene Jeans und stark bedruckte Shirts.
Ein paar Stunden später seine Antwort:
Wir haben keinen Stress, alles easy. Ich freue mich sehr, dich persönlich kennen lernen zu dürfen und mehr über dich zu erfahren.
Und selbstverständlich werde ich in einem gepflegten Outfit erscheinen :)
Seine Schüchternheit ist hinreissend
Etwas zu früh bin ich am nächsten Tag in der Bar. Ich trage ein schwarz-weisses Kleid, Strümpfe und Pumps. Die Haare offen. Geschminkt bin ich wie immer, vielleicht eine Spur sorgfältiger. Um meine Anspannung zu lösen, bestelle ich ein Cüpli.
Mir fällt auf, wie Ray zwischendurch seine Hände knetet. Ist er auch nervös? Seine Schüchternheit finde ich hinreissend.
Kaum habe ich den ersten Schluck getrunken, steht er plötzlich da. Ich habe ihn nicht kommen sehen, bin einen Moment überrascht – aber nicht negativ. Ray trägt ein schwarzes Hemd, dunkelblaue Hose, Lederschuhe. Er sieht älter aus als 23 Jahre und ist sehr attraktiv. Er lächelt mich an. Wir umarmen uns, kommen ins Gespräch.
Ich hatte erwartet, dass Ray als Flirtprofi sofort in die Vollen geht. Für ihn geht es bei diesem Gespräch schliesslich um «deal or no deal»: Wenn er mich nicht «rumkriegt», erhält er nur die Reisespesen vergütet. Doch Ray ist sehr anständig, zurückhaltend fast. An einem Pfefferminztee nippend, erzählt von seiner Kindheit auf Jamaica und seinem Job als Personal Trainer in einem Fitnesscenter. Mir fällt auf, wie er zwischendurch seine Hände knetet. Ist er etwa auch nervös? Seine Schüchternheit finde ich hinreissend.
«Ich werde für mein Hobby bezahlt»
Auf meine Frage hin erzählt er, dass er seit vier Monaten als Callboy arbeite und im Schnitt ein bis zwei Dates pro Woche habe. «Dieser Job reizt mich, schon seit ich ein Teenager war. Ich verwöhne gerne Frauen, habe gerne Dates. Nun werde ich dafür sogar bezahlt.»
Die Kundinnen seien jünger, als er im Vorfeld angenommen habe. Sogar eine 22-Jährige sei darunter gewesen. Durchaus attraktive Frauen, die vielleicht sehr schüchtern seien, Angst vor Verletzungen hätten oder sich aufgrund ihrer beruflichen Position nicht auf unverbindliche Abenteuer einlassen könnten. Ich fühle mich plötzlich alt. Ray winkt sofort ab. «Das ist kein Problem, wirklich. Wenn ich ehrlich bin, mein Geschmack, so im Privaten … da beginnt es erst ab 30. Wirklich! Die Themen, über die man mit Gleichaltrigen spricht, die sind oft langweilig.»
Findet er mich überhaupt anziehend?
Vier Frauen trifft Ray regelmässig: «Bei meinen Stammkundinnen wird das Verhältnis schon etwas näher. Aber ich trenne strikt zwischen privat und beruflich und würde auch nie eine Kundin nach Hause nehmen.»
Kurz überlege ich, ob er mich vielleicht nicht genug anziehend findet. Da spüre ich seinen Blick auf mir.
Ein einziges Mal habe er einer Frau absagen müssen. «Ich wusste, sie und ich – das geht einfach nicht. Ich habe es ihr schonend mitgeteilt und wir haben uns wieder verabschiedet.» Kurz überlege ich, ob er mich vielleicht auch nicht genug anziehend findet. Da spüre ich seinen Blick auf mir. «Bei dir ist es anders. Bei dir dachte ich schon beim Reinkommen: wow!» Wir schauen uns an und beschliessen zu gehen. Ich bestelle die Rechnung. Dass die Kundin die Getränke übernimmt, gehört zu den Regeln.
Sein Bizeps, sein Sixpack: Das ist einfach hot!
Zu Fuss laufen wir zu mir. Zu Hause angekommen, kehrt die Nervosität zurück. Ich bin zwar die Gastgeberin, aber er ist der Dienstleister. Wer macht den ersten Schritt?
Ich hätte statt Spitzenwäsche auch den ausgeleiertesten BH anziehen können. Er schaut ohnehin nicht hin.
In diesem Moment fragt Ray, ob ich eine Massage möchte. Natürlich! Ich setze mich aufs Bett und ziehe mich aus, während er das Massageöl aus seiner Tasche holt. Innerlich grinse ich. Ich hätte statt Spitzenwäsche auch den ausgeleiertesten BH anziehen können, er schaut ohnehin nicht hin. Ich schon: Bevor er zu mir kommt, zieht er sein Hemd aus. Seine Brustmuskeln, sein Bizeps, sein Sixpack – ich finde mich selbst in diesem Moment etwas gar einfach gestrickt, aber hey: Das ist einfach hot!
Ray sagt mehrmals, wie schön er mich finde. Kurz denke ich, dass das zum Konzept gehört, dass er das allen Frauen sagt.
Die Massage fühlt sich zuerst fast an wie bei einem Physiotherapeuten. Ray knetet meine Muskeln und kommentiert meine Verspannungen. Ich spüre seine kräftigen Hände und geniesse die Berührungen, die immer mehr in ein Streicheln übergehen. Von Unsicherheit keine Spur mehr. Nun will auch ich ihn spüren und streicheln. Er fühlt sich gut an. Wir küssen uns und schlüpfen unter die Decke. Ray sagt mehrmals, wie schön er mich finde, wie weich meine Haut sei, wie sehr ich ihm gefalle. Kurz denke ich, dass das zum Konzept gehört, dass er das allen Frauen sagt. Kurz stört mich das ein bisschen. Dann gelingt es mir, mich fallen zu lassen.
Er ist länger geblieben als abgemacht
Später ist es wie aufwachen aus einem Traum. Ein romantischer Traum mit einem erfahrenen, plötzlich gar nicht mehr so fremden Mann. Der jetzt allerdings auch ein Geschäftsmann ist. Während ich in seinen Armen liege, wirft er einen Blick auf die Uhr. Er ist länger geblieben als abgemacht. Muss ich das nun zahlen? Hätte ich Stopp sagen und die Zeit im Auge behalten müssen? Wir bleiben beim vereinbarten Betrag, den ich ihm bar aushändige.
Noch kurz kuscheln, dann steht er ohne Hast auf, kleidet sich an. Ich begleite ihn zur Tür. Zum Abschied eine Umarmung, ein Kuss. Ich bin 550 Franken ärmer. Und eine spezielle Erfahrung reicher.
Wie Feministinnen über Prostitution denken
Für die einen bedeutet Prostitution Ausbeutung: Frauen, die ihren Körper verkaufen, tun dies nicht aus freien Stücken, sondern weil sie keine Wahlfreiheit haben. Sei es aus existenzieller Not oder weil sie Opfer von Unterdrückung oder Zwangsarbeit sind. Sie betrachten das Sexgewerbe als brutales Business, dominiert von Menschenhändlern, Zuhältern und Freiern.
Für die anderen ist Sexarbeit ein Beruf wie jeder andere: Vertreter dieser Haltung fordern statt dem moralischen Mahnfinger gesellschaftliche Akzeptanz und sichere Rahmenbedinungen für «das älteste Gewerbe der Welt». Entsprechend reden sie nicht von Prostitution, sondern von «Sexarbeit», die Betroffenen die Möglichkeit gibt, selbstbestimmt und freiwillig einer Tätigkeit nachzugehen, die ihnen ein gutes Einkommen ermöglichen kann.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story ... t-24820095

Wenn ich an den Gesichtsausdruck des einen Flügels der Feministinnen oder der Abolis beim lesen dieses aufgeklärten Artikel denke, zaubert es mir ein leichtes Grinsen ins Gesicht

Für Sex zahlen?
06. Juni 2019 09:24; Akt: 07.06.2019 12:58
Ich, Feministin, war mit einem Callboy im Bett
von 20 Minuten - Für Sex bezahlen als Feministin – darf man das? Ich habe den Versuch gemacht und einen Callboy gebucht.
Für Sex zahlen, das klingt anrüchig, schmutzig, nach etwas, das verzweifelte Menschen tun – ganz sicher nicht ich.
Zuerst ist es nichts als reine Neugier, die mich auf der Seite surfen lässt. Für Sex zu bezahlen, das klingt zunächst anrüchig, schmutzig, nach etwas, das verzweifelte Menschen tun, die keine oder keinen rumkriegen. Auf jeden Fall etwas, das nur Männer machen – ganz sicher nicht ich.
Trainierte Oberkörper, tiefe Blicke, attraktive Männer im Anzug oder in Jeans: Rund zehn Callboys präsentieren sich mit teils freizügigen Bildern auf der Plattform. Detailliert beschreiben sie, was ihre Kundinnen erwarten dürfen. Auch wenn gemeinsame Nachtessen oder Massagen zum Angebot gehören – dass Sex im Zentrum steht, ist kein Geheimnis.
Eine Reise buchen – oder einen Callboy
Doch der Gedanke lässt mich nicht mehr los. Warum soll ich mir als emanzipierte Frau nicht einfach einen Lover mit der gleichen Selbstverständlichkeit kaufen, wie ich im Internet ein Kleid bestelle oder eine Reise buche?
Als Frau für Sex zu bezahlen: Ist das nicht vielleicht sogar ein weiterer Schritt Richtung Gleichberechtigung, wo Männer dasselbe doch seit jeher tun?
Ist es nicht vielleicht sogar ein weiterer Schritt in Richtung Gleichberechtigung, wo Männer dasselbe doch seit jeher tun? Dazu kommt: Die Callboys sollen ihren Service gemäss eigenen Angaben nicht aus existenzieller Not anbieten, sondern aus Freude an Leidenschaft, Dating, Sex und einem gut bezahlten Nebenerwerb. Weil sie, anders als Callgirls, Escorts oder Prostituierte, ihren Kundinnen in der Regel körperlich überlegen sind, ist das Risiko für Übergriffe viel kleiner.
Ich erkundige mich bei der Agentur Swiss Callboys und erfahre, wie das Geschäft läuft. Interessierte Männer müssen sich von der Agentur prüfen lassen, danach dürfen sie gegen eine Jahresgebühr ein Profil auf der Seite anlegen, Fotos hochladen und mit einem mehr oder weniger charmanten Text um Kundinnen werben.
Zum Beispiel:
«Marc, der Traum so mancher schlaflosen Nacht …
Er verbindet Romantik mit Rock ’n’ Roll, vom Badboy zum smarten Loverboy, Leidenschaft in ihrer reinsten Form. Mit seiner offenen und fröhlichen Art wird er auch dich innert Sekunden verzaubern. Dich mit seinen zärtlichen, fordernden Berührungen entführen in eine Welt voller Magie, in der es keine Grenzen gibt.»
Die Kommunikation und Abrechnung mit den Frauen erledigen die Callboys selbst, die Agentur erhält keinen Anteil am Business. Wenn sich die Callboys von einer Frau nicht angesprochen fühlen, können sie ein Treffen jederzeit ablehnen oder abbrechen. Nur Schweizer Bürger dürfen auf der Seite werben – Zwangsprostitution, brutale Zuhälter oder internationaler Menschenhandel sind damit fast ausgeschlossen. Übrigens: Schon mal bemerkt, dass das Wort «Männerhandel» im allgemeinen Wortschatz nicht existiert?
Küssen, Tantra, Sadomaso
Ich fasse mir ein Herz und klicke mich erneut durch die Fotogalerie. Dass ich einen dieser Callboys vielleicht bald treffen und berühren werde, scheint mir surreal. Gemeinsam mit Freundinnen beurteile ich das «Angebot»: Der eine hat ein süsses Lächeln, der andere einen unmöglichen Bart, der Dritte eine Brust, an die ich mich am liebsten sofort werfen würde.
Ob Küssen, Rollenspiele, Tantra, Cunnilingus oder Sadomaso – in einer Art Checkliste fassen die Männer zusammen, wozu sie bereit sind.
Doch das Aussehen ist nicht alles, auch das Angebot der «Boys» variiert. Ob Küssen, Rollenspiele, Tantra, Cunnilingus oder Sadomaso – in einer Art Checkliste fassen die Männer zusammen, wozu sie bereit sind und wo ihre Grenzen liegen. Ausserdem geben sie Auskunft über Körpergrösse und Gewicht, Augen- und Haarfarbe, Hobbys und Lieblingsessen, Alter und Wohnort.
Mein Callboy ist mehr als zehn Jahre jünger
Meine Wahl fällt auf Ray. Sein spitzbübisches Lachen gefällt mir genauso wie die gemeinsamen Interessen Reisen, Lesen und Musik. Dass er nicht aus «meiner» Stadt kommt und ich ihm nach unserem Date nicht ständig über den Weg laufen werde, beruhigt mich. Erst später bemerke ich, dass er mit seinen 23 Jahren mehr als zehn Jahre jünger ist als ich. Es ist mir peinlich, denn weder stehe ich auf junge Typen, noch will ich mir vorwerfen lassen, mir seine Jugend zu erkaufen. Weil alles andere passt, schicke ich ihm dennoch ein kurzes Mail.
Hallo Ray
Deine Fotos sind wunderschön!
Darf ich dich auf einen Drink einladen?
Höchstens 24 Stunden dauere es, bis die Callboys eine Nachricht beantworten würden, verspricht die Agentur. Immer wieder checke ich meinen Nachrichten – nichts. Nach zwei Tagen endlich Antwort. Ray entschuldigt sich, er sei im Ausland gewesen. Gerne wolle er mich kennen lernen. Aufgeregt schlage ich ein Datum und eine Bar vor. Zuerst etwas trinken, sage ich mir. Falls es nicht passt, kann ich es immer noch beenden.
Einen, der «es» nur wegen Geld macht, will ich nicht
Tagelang kreisen meine Gedanken um das Treffen. Was ziehe ich an, was erzähle ich über mich, was will ich von ihm wissen? Was mache ich, wenn das Gespräch stockt, wenn er mir nicht gefällt – oder ich ihm nicht? Die Vorstellung, dass sich ein Mann nur auf mich einlässt, weil er für das Treffen Geld erhält, finde ich abstossend. Dass ich mir einen Liebhaber mit Geld gefügig mache, gibt mir keinen Kick, so wie ich das aus Berichten von Freiern kenne. Ich nehme mir vor, das Date abzubrechen, wenn ich bei ihm kein echtes Interesse oder keine Lust spüre. Und ich merke: Sexarbeit, wenn man es denn so nennen möchte, ist für mich nur so lange vertretbar, wie es die Anbieterinnen und Anbieter aus freien Stücken tun, und nur unter Bedingungen, in denen sie ihre Arbeit ohne Risiko für ihre Sicherheit oder Gesundheit ausüben können. Mit allem anderen möchte ich nichts zu tun haben.
Wer zahlt, befiehlt
Und doch: Als Kundin bin ich Königin. Ich ringe zwar etwas mit mir, doch einen Tag vor unserem Date schreibe ich Ray ein Mail.
Betreff: Ein Wunsch.
Lieber Ray
Ich bin ziemlich aufgeregt. Ich hatte noch nie ein solches Treffen ... Hoffentlich kannst du mir meine Unsicherheit nehmen?
Du hast mich wegen Kleidervorlieben gefragt. Eigentlich bin ich recht offen. Aber was ich nicht so mag, sind zerrissene Jeans und stark bedruckte Shirts.
Ein paar Stunden später seine Antwort:
Wir haben keinen Stress, alles easy. Ich freue mich sehr, dich persönlich kennen lernen zu dürfen und mehr über dich zu erfahren.
Und selbstverständlich werde ich in einem gepflegten Outfit erscheinen :)
Seine Schüchternheit ist hinreissend
Etwas zu früh bin ich am nächsten Tag in der Bar. Ich trage ein schwarz-weisses Kleid, Strümpfe und Pumps. Die Haare offen. Geschminkt bin ich wie immer, vielleicht eine Spur sorgfältiger. Um meine Anspannung zu lösen, bestelle ich ein Cüpli.
Mir fällt auf, wie Ray zwischendurch seine Hände knetet. Ist er auch nervös? Seine Schüchternheit finde ich hinreissend.
Kaum habe ich den ersten Schluck getrunken, steht er plötzlich da. Ich habe ihn nicht kommen sehen, bin einen Moment überrascht – aber nicht negativ. Ray trägt ein schwarzes Hemd, dunkelblaue Hose, Lederschuhe. Er sieht älter aus als 23 Jahre und ist sehr attraktiv. Er lächelt mich an. Wir umarmen uns, kommen ins Gespräch.
Ich hatte erwartet, dass Ray als Flirtprofi sofort in die Vollen geht. Für ihn geht es bei diesem Gespräch schliesslich um «deal or no deal»: Wenn er mich nicht «rumkriegt», erhält er nur die Reisespesen vergütet. Doch Ray ist sehr anständig, zurückhaltend fast. An einem Pfefferminztee nippend, erzählt von seiner Kindheit auf Jamaica und seinem Job als Personal Trainer in einem Fitnesscenter. Mir fällt auf, wie er zwischendurch seine Hände knetet. Ist er etwa auch nervös? Seine Schüchternheit finde ich hinreissend.
«Ich werde für mein Hobby bezahlt»
Auf meine Frage hin erzählt er, dass er seit vier Monaten als Callboy arbeite und im Schnitt ein bis zwei Dates pro Woche habe. «Dieser Job reizt mich, schon seit ich ein Teenager war. Ich verwöhne gerne Frauen, habe gerne Dates. Nun werde ich dafür sogar bezahlt.»
Die Kundinnen seien jünger, als er im Vorfeld angenommen habe. Sogar eine 22-Jährige sei darunter gewesen. Durchaus attraktive Frauen, die vielleicht sehr schüchtern seien, Angst vor Verletzungen hätten oder sich aufgrund ihrer beruflichen Position nicht auf unverbindliche Abenteuer einlassen könnten. Ich fühle mich plötzlich alt. Ray winkt sofort ab. «Das ist kein Problem, wirklich. Wenn ich ehrlich bin, mein Geschmack, so im Privaten … da beginnt es erst ab 30. Wirklich! Die Themen, über die man mit Gleichaltrigen spricht, die sind oft langweilig.»
Findet er mich überhaupt anziehend?
Vier Frauen trifft Ray regelmässig: «Bei meinen Stammkundinnen wird das Verhältnis schon etwas näher. Aber ich trenne strikt zwischen privat und beruflich und würde auch nie eine Kundin nach Hause nehmen.»
Kurz überlege ich, ob er mich vielleicht nicht genug anziehend findet. Da spüre ich seinen Blick auf mir.
Ein einziges Mal habe er einer Frau absagen müssen. «Ich wusste, sie und ich – das geht einfach nicht. Ich habe es ihr schonend mitgeteilt und wir haben uns wieder verabschiedet.» Kurz überlege ich, ob er mich vielleicht auch nicht genug anziehend findet. Da spüre ich seinen Blick auf mir. «Bei dir ist es anders. Bei dir dachte ich schon beim Reinkommen: wow!» Wir schauen uns an und beschliessen zu gehen. Ich bestelle die Rechnung. Dass die Kundin die Getränke übernimmt, gehört zu den Regeln.
Sein Bizeps, sein Sixpack: Das ist einfach hot!
Zu Fuss laufen wir zu mir. Zu Hause angekommen, kehrt die Nervosität zurück. Ich bin zwar die Gastgeberin, aber er ist der Dienstleister. Wer macht den ersten Schritt?
Ich hätte statt Spitzenwäsche auch den ausgeleiertesten BH anziehen können. Er schaut ohnehin nicht hin.
In diesem Moment fragt Ray, ob ich eine Massage möchte. Natürlich! Ich setze mich aufs Bett und ziehe mich aus, während er das Massageöl aus seiner Tasche holt. Innerlich grinse ich. Ich hätte statt Spitzenwäsche auch den ausgeleiertesten BH anziehen können, er schaut ohnehin nicht hin. Ich schon: Bevor er zu mir kommt, zieht er sein Hemd aus. Seine Brustmuskeln, sein Bizeps, sein Sixpack – ich finde mich selbst in diesem Moment etwas gar einfach gestrickt, aber hey: Das ist einfach hot!
Ray sagt mehrmals, wie schön er mich finde. Kurz denke ich, dass das zum Konzept gehört, dass er das allen Frauen sagt.
Die Massage fühlt sich zuerst fast an wie bei einem Physiotherapeuten. Ray knetet meine Muskeln und kommentiert meine Verspannungen. Ich spüre seine kräftigen Hände und geniesse die Berührungen, die immer mehr in ein Streicheln übergehen. Von Unsicherheit keine Spur mehr. Nun will auch ich ihn spüren und streicheln. Er fühlt sich gut an. Wir küssen uns und schlüpfen unter die Decke. Ray sagt mehrmals, wie schön er mich finde, wie weich meine Haut sei, wie sehr ich ihm gefalle. Kurz denke ich, dass das zum Konzept gehört, dass er das allen Frauen sagt. Kurz stört mich das ein bisschen. Dann gelingt es mir, mich fallen zu lassen.
Er ist länger geblieben als abgemacht
Später ist es wie aufwachen aus einem Traum. Ein romantischer Traum mit einem erfahrenen, plötzlich gar nicht mehr so fremden Mann. Der jetzt allerdings auch ein Geschäftsmann ist. Während ich in seinen Armen liege, wirft er einen Blick auf die Uhr. Er ist länger geblieben als abgemacht. Muss ich das nun zahlen? Hätte ich Stopp sagen und die Zeit im Auge behalten müssen? Wir bleiben beim vereinbarten Betrag, den ich ihm bar aushändige.
Noch kurz kuscheln, dann steht er ohne Hast auf, kleidet sich an. Ich begleite ihn zur Tür. Zum Abschied eine Umarmung, ein Kuss. Ich bin 550 Franken ärmer. Und eine spezielle Erfahrung reicher.
Wie Feministinnen über Prostitution denken
Für die einen bedeutet Prostitution Ausbeutung: Frauen, die ihren Körper verkaufen, tun dies nicht aus freien Stücken, sondern weil sie keine Wahlfreiheit haben. Sei es aus existenzieller Not oder weil sie Opfer von Unterdrückung oder Zwangsarbeit sind. Sie betrachten das Sexgewerbe als brutales Business, dominiert von Menschenhändlern, Zuhältern und Freiern.
Für die anderen ist Sexarbeit ein Beruf wie jeder andere: Vertreter dieser Haltung fordern statt dem moralischen Mahnfinger gesellschaftliche Akzeptanz und sichere Rahmenbedinungen für «das älteste Gewerbe der Welt». Entsprechend reden sie nicht von Prostitution, sondern von «Sexarbeit», die Betroffenen die Möglichkeit gibt, selbstbestimmt und freiwillig einer Tätigkeit nachzugehen, die ihnen ein gutes Einkommen ermöglichen kann.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story ... t-24820095
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Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
Super! Danke lieber @ Ursa Minor
Kasharius grüßt
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- Ich bin: SexarbeiterIn
Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
NOTIZ
Rotlicht-Report: Warum Männer für Sex bezahlen
Geht es um Prostitution, redet man stets über die Frauen, nicht über die Freier. Warum ist das so? Aus welchen Gründen kaufen Männer Sex? Und wie fühlen sie sich dabei? Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen. Sie zu finden, war nicht leicht.
Regula Freuler und Katharina Bracher
29.01.2020, 13.21 Uhr
Bordell Palladium im Kanton St. Gallen. Palladium ist auch der Name eines Edelmetalls; es ist fast doppelt so teuer wie Gold. (Au 2. 9. 2019)
Annick Ramp / NZZ
Diskussionen über Prostitution sind politisch und moralisch aufgeladen, die Fronten verhärtet: Die einen sehen alle Prostituierten als Opfer, die anderen halten sie für selbstbestimmte Frauen. Letztlich wird darüber gestritten, wie freiwillig jemand eine so risikoreiche Tätigkeit ausübt. Ob es echte wirtschaftliche Alternativen gäbe oder nicht.
Tatsache ist: Es gibt Frauen, die wie Ware gehandelt werden und unter dem Druck stehen, ihren Körper für 20 Franken fremden Männern anzubieten – jede Dritte sogar ohne Kondom. In der Schweiz ist die Prostitution seit Jahrzehnten legal, was aber nicht heisst, dass die Umstände, die dieses Gewerbe für die involvierten Frauen mit sich bringen, nicht gefährlich sind. Prostituierte leiden überdurchschnittlich an Angststörungen und Depressionen. Sie werden überdurchschnittlich oft Opfer von Gewalttaten; das Risiko, bei der Ausübung der Prostitution vergewaltigt oder getötet zu werden, ist hoch.
Dieses Risiko nehmen in der Schweiz vor allem Ausländerinnen in Kauf, viele von ihnen sind in ihrer Heimat arbeitslos oder armutsbetroffen, andere hätten nur einen schlechtbezahlten Job gefunden. Diese Frauen wählten die Prostitution als eine akzeptable, bessere Einkommensquelle. Und schliesslich gibt es noch eine kleine Minderheit von Frauen, die sich nicht aus wirtschaftlicher Not heraus prostituieren, sondern aus Spass, Neugierde oder aus Motiven, die in psychischen Ursachen gründen.
Und die Männer? Es gibt kaum Sozialstudien zu Freiern. Warum sind sie für die Forschung nicht interessant?
Das hat viel mit unseren stereotypen Vorstellungen von Sexualität zu tun. So glaubten immer noch viele Menschen, dass Männer halt ihren Trieben ausgeliefert seien, sagt die Historikerin Sarah Baumann: «Der Gang zur Prostituierten wird stillschweigend als ein Weg toleriert, diesen angeblichen Trieb zu befriedigen.» Frauen hingegen – so das Klischee – brauchten stets Gefühle dazu. Darum werden Prostituierte auch so stark stigmatisiert und moralisch verurteilt. «Dass Frauen ihre Sexualität und ihren Körper gegen Geld zur Verfügung stellen, bewegt und irritiert mehr, als dass Männer Sex kaufen», sagt Baumann. Sie forscht zu Prostitution in der Schweiz von 1950 bis Mitte der 1980er Jahre. Im Interview, das wir mit ihr geführt haben, erfährt man aber ebenso viel über die Situation des Sexmarktes heute.
Was bedeutet es für die Gesellschaft, dass so viele Männer für Sex Geld bezahlen? Was sind deren Motive? Wir haben über mehrere Monate hinweg nach Freiern gesucht, die mit uns über diese Fragen zu sprechen bereit waren. Es war schliesslich nur eine Handvoll. Drei von ihnen kommen in der nächsten «NZZ am Sonntag» zu Wort.
Den meisten Freiern gehe es um Machtausübung, sagt Melissa Farley. Die amerikanische Psychiaterin und Aktivistin forscht seit dreissig Jahren zur Prostitution. Als eine der wenigen ihres Fachs befragt sie für ihre Studien nicht nur Prostituierte, sondern auch Freier. Die meisten hätten keinen Respekt vor den Frauen als Menschen, sondern fühlten sich als Käufer berechtigt, mit ihnen alles zu machen, was sie wollten. Die gesellschaftliche Stigmatisierung der Prostituierten fördere diese Einstellung noch. Welche Verhaltensweisen und gemeinsamen Charakterzüge Melissa Farley bei Sexkäufern fand, lesen Sie am Wochenende im «NZZ am Sonntag Magazin».
https://nzzas.nzz.ch/notizen/rotlicht-r ... ld.1537026
Rotlicht-Report: Warum Männer für Sex bezahlen
Geht es um Prostitution, redet man stets über die Frauen, nicht über die Freier. Warum ist das so? Aus welchen Gründen kaufen Männer Sex? Und wie fühlen sie sich dabei? Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen. Sie zu finden, war nicht leicht.
Regula Freuler und Katharina Bracher
29.01.2020, 13.21 Uhr
Bordell Palladium im Kanton St. Gallen. Palladium ist auch der Name eines Edelmetalls; es ist fast doppelt so teuer wie Gold. (Au 2. 9. 2019)
Annick Ramp / NZZ
Diskussionen über Prostitution sind politisch und moralisch aufgeladen, die Fronten verhärtet: Die einen sehen alle Prostituierten als Opfer, die anderen halten sie für selbstbestimmte Frauen. Letztlich wird darüber gestritten, wie freiwillig jemand eine so risikoreiche Tätigkeit ausübt. Ob es echte wirtschaftliche Alternativen gäbe oder nicht.
Tatsache ist: Es gibt Frauen, die wie Ware gehandelt werden und unter dem Druck stehen, ihren Körper für 20 Franken fremden Männern anzubieten – jede Dritte sogar ohne Kondom. In der Schweiz ist die Prostitution seit Jahrzehnten legal, was aber nicht heisst, dass die Umstände, die dieses Gewerbe für die involvierten Frauen mit sich bringen, nicht gefährlich sind. Prostituierte leiden überdurchschnittlich an Angststörungen und Depressionen. Sie werden überdurchschnittlich oft Opfer von Gewalttaten; das Risiko, bei der Ausübung der Prostitution vergewaltigt oder getötet zu werden, ist hoch.
Dieses Risiko nehmen in der Schweiz vor allem Ausländerinnen in Kauf, viele von ihnen sind in ihrer Heimat arbeitslos oder armutsbetroffen, andere hätten nur einen schlechtbezahlten Job gefunden. Diese Frauen wählten die Prostitution als eine akzeptable, bessere Einkommensquelle. Und schliesslich gibt es noch eine kleine Minderheit von Frauen, die sich nicht aus wirtschaftlicher Not heraus prostituieren, sondern aus Spass, Neugierde oder aus Motiven, die in psychischen Ursachen gründen.
Und die Männer? Es gibt kaum Sozialstudien zu Freiern. Warum sind sie für die Forschung nicht interessant?
Das hat viel mit unseren stereotypen Vorstellungen von Sexualität zu tun. So glaubten immer noch viele Menschen, dass Männer halt ihren Trieben ausgeliefert seien, sagt die Historikerin Sarah Baumann: «Der Gang zur Prostituierten wird stillschweigend als ein Weg toleriert, diesen angeblichen Trieb zu befriedigen.» Frauen hingegen – so das Klischee – brauchten stets Gefühle dazu. Darum werden Prostituierte auch so stark stigmatisiert und moralisch verurteilt. «Dass Frauen ihre Sexualität und ihren Körper gegen Geld zur Verfügung stellen, bewegt und irritiert mehr, als dass Männer Sex kaufen», sagt Baumann. Sie forscht zu Prostitution in der Schweiz von 1950 bis Mitte der 1980er Jahre. Im Interview, das wir mit ihr geführt haben, erfährt man aber ebenso viel über die Situation des Sexmarktes heute.
Was bedeutet es für die Gesellschaft, dass so viele Männer für Sex Geld bezahlen? Was sind deren Motive? Wir haben über mehrere Monate hinweg nach Freiern gesucht, die mit uns über diese Fragen zu sprechen bereit waren. Es war schliesslich nur eine Handvoll. Drei von ihnen kommen in der nächsten «NZZ am Sonntag» zu Wort.
Den meisten Freiern gehe es um Machtausübung, sagt Melissa Farley. Die amerikanische Psychiaterin und Aktivistin forscht seit dreissig Jahren zur Prostitution. Als eine der wenigen ihres Fachs befragt sie für ihre Studien nicht nur Prostituierte, sondern auch Freier. Die meisten hätten keinen Respekt vor den Frauen als Menschen, sondern fühlten sich als Käufer berechtigt, mit ihnen alles zu machen, was sie wollten. Die gesellschaftliche Stigmatisierung der Prostituierten fördere diese Einstellung noch. Welche Verhaltensweisen und gemeinsamen Charakterzüge Melissa Farley bei Sexkäufern fand, lesen Sie am Wochenende im «NZZ am Sonntag Magazin».
https://nzzas.nzz.ch/notizen/rotlicht-r ... ld.1537026
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Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
betr.:NOTIZ
Rotlicht-Report: Warum Männer für Sex bezahlen...
Siehe auch:
viewtopic.php?p=161199#p161199
Rotlicht-Report: Warum Männer für Sex bezahlen...
Siehe auch:
viewtopic.php?p=161199#p161199
Welches Problem auch immer in der Gesellschaft besteht-
der Staat weiss eine völlig irre Problemlösung die niemandem nützt, aber Arbeitsplätze im Beamtenapparat schafft. H.S.
der Staat weiss eine völlig irre Problemlösung die niemandem nützt, aber Arbeitsplätze im Beamtenapparat schafft. H.S.
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Re: Stern - Warum Männer in den Puff gehen
KOLUMNE
Warum verheiratete Männer zu Prostituierten gehen
Nach der Pandemie könnte der bezahlte Sex wieder viel Geld einbringen. Zumal auch Männer in Beziehungen Lust darauf haben.
Birgit Schmid
19.02.2021, 05.30 Uhr
Der beliebteste Tag, an dem Männer zu Prostituierten gingen, sei der Montag, habe ich gelesen. Der Montagmorgen sei im Bordell deshalb am betriebsamsten, da die Männer das Wochenende mit Frau und Kindern überstanden hätten. So hat es eine Prostituierte gesagt, die in einem Vorort-Motel arbeitet.
Sie kommen und gehen.
Das erinnert mich an eine Prognose über die Zeit nach der Pandemie. Das gesellschaftliche Leben werde explodieren, sagen Soziologen voraus. Nachtklubs, Beizen, Erotik, Sexualität würden an Bedeutung gewinnen nach diesen Monaten der Entbehrung. Der Hunger nach Zerstreuung und Vergnügungen wächst mit jedem Tag.
Wenn es stimmt, was die Prostituierte beobachtet, dann kommt ein ereignisloses Wochenende für ihre Freier einem kleinen Lockdown nah. Die Männer scheinen an den zwei freien Tagen im Kreis ihrer Familie auf etwas verzichten zu müssen, was sie am Montag nachholen. Indem sie einen Grenzgang wagen.
An den Tagen daheim bedrückt diese Männer die Erkenntnis, dass es das gewesen sein könnte. Ferien eignen sich übrigens auch dafür: Sie haben Zeit, über ihr Leben nachzudenken. Es wird ihnen bewusst, was für Möglichkeiten sie für dieses eine Leben aufgegeben haben. Sie fühlen sich gefangen, ohnmächtig, scheintot. Sie wollen etwas erleben.
Neben dem existenziellen gibt es einen ganz profanen Grund: Diese Männer harren meist in langjährigen Beziehungen aus, in denen im Bett nichts mehr läuft. Wer ins Bordell geht, sucht die Triebbefriedigung. Statt dass die Männer Samstagnacht, wenn alle schlafen, nur Pornos schauen, wollen sie wieder einmal einer lebendigen Frau begegnen. Und manchmal mit ihr auch nur über ihre Einsamkeit reden.
Nun kann man sich fragen, warum sich diese Männer nicht eine Geliebte suchen. Sie würden antworten: Weil sie sich auf niemanden einlassen und ihre Ehe nicht gefährden wollen. Die erotische Begegnung soll unverbindlich bleiben. Der Ausflug ins Milieu, mögen sie sich sagen, fühlt sich so auch weniger wie betrügen an.
Das dürften ihre Frauen anders sehen. Obwohl die meisten die Prostituierte als Rivalin wohl ebenfalls der Geliebten vorziehen würden. Die Frauen kommen ins Spiel, wenn man die Gründe, warum verheiratete Männer zu Prostituierten gehen, genauer anschaut. Die britische Soziologin Catherine Hakim vergleicht dazu die Geschlechter. Sie spricht von «male sexual deficit», von einem sexuellen Mangel der Männer.
Unter diesem Mangel leiden demnach nicht nur Männer, die keine Partnerin finden. Sondern auch Ehemänner begründen den Kauf von Sex damit, dass sie in der Beziehung sexuell nicht auf ihre Kosten kommen. Weil ihre Frauen nicht mehr wollen.
Dieser Befund rechtfertigt noch kein Verhalten, noch trägt jemand die Schuld dafür. Hakim stellt bloss fest, Männer hätten den stärkeren Sexualtrieb, der sich mit zunehmendem Alter von dem der Frauen unterscheide. Das mache sich gerade ab dem mittleren Alter bemerkbar. Viele Frauen verlören das Interesse an Sex, während ihre Männer dann eher Affären hätten oder eben zu Prostituierten gingen.
Wie immer wird es Frauen und Männer geben, auf die das nicht zutrifft. Dass ein sexuell unbefriedigender Alltag Männer zum Bordellbesuch veranlasst, bestätigt hingegen auch eine neue schwedische Studie. Jeder zehnte der 6000 befragten Männer hat schon einmal für Sex bezahlt, und dies in einem Land, wo Prostitution seit 1999 verboten ist. In der Schweiz soll es jeder Fünfte sein.
Die meisten der befragten Männer in Schweden sind im Alter ab 45, unter ihnen hat es sowohl weniger Gebildete als auch Akademiker, Ledige wie Verheiratete. Es ist der Typ von nebenan.
Wie man zur Prostitution auch steht: Im Moment läuft da sowieso wenig. Da auch das Rotlichtmilieu im Lockdown ist und Home-Office angesagt bleibt, verlängert sich für die Männer das Wochenende in der familiären Enge. Man kann nur erahnen, was am ersten gelockerten Montag los sein wird. Ende des Triebstaus.
https://www.nzz.ch/gesellschaft/kaeufli ... ld.1602426
Warum verheiratete Männer zu Prostituierten gehen
Nach der Pandemie könnte der bezahlte Sex wieder viel Geld einbringen. Zumal auch Männer in Beziehungen Lust darauf haben.
Birgit Schmid
19.02.2021, 05.30 Uhr
Der beliebteste Tag, an dem Männer zu Prostituierten gingen, sei der Montag, habe ich gelesen. Der Montagmorgen sei im Bordell deshalb am betriebsamsten, da die Männer das Wochenende mit Frau und Kindern überstanden hätten. So hat es eine Prostituierte gesagt, die in einem Vorort-Motel arbeitet.
Sie kommen und gehen.
Das erinnert mich an eine Prognose über die Zeit nach der Pandemie. Das gesellschaftliche Leben werde explodieren, sagen Soziologen voraus. Nachtklubs, Beizen, Erotik, Sexualität würden an Bedeutung gewinnen nach diesen Monaten der Entbehrung. Der Hunger nach Zerstreuung und Vergnügungen wächst mit jedem Tag.
Wenn es stimmt, was die Prostituierte beobachtet, dann kommt ein ereignisloses Wochenende für ihre Freier einem kleinen Lockdown nah. Die Männer scheinen an den zwei freien Tagen im Kreis ihrer Familie auf etwas verzichten zu müssen, was sie am Montag nachholen. Indem sie einen Grenzgang wagen.
An den Tagen daheim bedrückt diese Männer die Erkenntnis, dass es das gewesen sein könnte. Ferien eignen sich übrigens auch dafür: Sie haben Zeit, über ihr Leben nachzudenken. Es wird ihnen bewusst, was für Möglichkeiten sie für dieses eine Leben aufgegeben haben. Sie fühlen sich gefangen, ohnmächtig, scheintot. Sie wollen etwas erleben.
Neben dem existenziellen gibt es einen ganz profanen Grund: Diese Männer harren meist in langjährigen Beziehungen aus, in denen im Bett nichts mehr läuft. Wer ins Bordell geht, sucht die Triebbefriedigung. Statt dass die Männer Samstagnacht, wenn alle schlafen, nur Pornos schauen, wollen sie wieder einmal einer lebendigen Frau begegnen. Und manchmal mit ihr auch nur über ihre Einsamkeit reden.
Nun kann man sich fragen, warum sich diese Männer nicht eine Geliebte suchen. Sie würden antworten: Weil sie sich auf niemanden einlassen und ihre Ehe nicht gefährden wollen. Die erotische Begegnung soll unverbindlich bleiben. Der Ausflug ins Milieu, mögen sie sich sagen, fühlt sich so auch weniger wie betrügen an.
Das dürften ihre Frauen anders sehen. Obwohl die meisten die Prostituierte als Rivalin wohl ebenfalls der Geliebten vorziehen würden. Die Frauen kommen ins Spiel, wenn man die Gründe, warum verheiratete Männer zu Prostituierten gehen, genauer anschaut. Die britische Soziologin Catherine Hakim vergleicht dazu die Geschlechter. Sie spricht von «male sexual deficit», von einem sexuellen Mangel der Männer.
Unter diesem Mangel leiden demnach nicht nur Männer, die keine Partnerin finden. Sondern auch Ehemänner begründen den Kauf von Sex damit, dass sie in der Beziehung sexuell nicht auf ihre Kosten kommen. Weil ihre Frauen nicht mehr wollen.
Dieser Befund rechtfertigt noch kein Verhalten, noch trägt jemand die Schuld dafür. Hakim stellt bloss fest, Männer hätten den stärkeren Sexualtrieb, der sich mit zunehmendem Alter von dem der Frauen unterscheide. Das mache sich gerade ab dem mittleren Alter bemerkbar. Viele Frauen verlören das Interesse an Sex, während ihre Männer dann eher Affären hätten oder eben zu Prostituierten gingen.
Wie immer wird es Frauen und Männer geben, auf die das nicht zutrifft. Dass ein sexuell unbefriedigender Alltag Männer zum Bordellbesuch veranlasst, bestätigt hingegen auch eine neue schwedische Studie. Jeder zehnte der 6000 befragten Männer hat schon einmal für Sex bezahlt, und dies in einem Land, wo Prostitution seit 1999 verboten ist. In der Schweiz soll es jeder Fünfte sein.
Die meisten der befragten Männer in Schweden sind im Alter ab 45, unter ihnen hat es sowohl weniger Gebildete als auch Akademiker, Ledige wie Verheiratete. Es ist der Typ von nebenan.
Wie man zur Prostitution auch steht: Im Moment läuft da sowieso wenig. Da auch das Rotlichtmilieu im Lockdown ist und Home-Office angesagt bleibt, verlängert sich für die Männer das Wochenende in der familiären Enge. Man kann nur erahnen, was am ersten gelockerten Montag los sein wird. Ende des Triebstaus.
https://www.nzz.ch/gesellschaft/kaeufli ... ld.1602426