Einladung Prostitutionstage in Frankfurt von Dona Carmen

Wenn ihr etwas über Events erfahrt, die für eure KollegInnen von Interesse sein könnten - Hier rein damit!
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annainga
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RE: Einladung - Prostitutionstage in Frankfurt von Dona Carm

Beitrag von annainga »

es handelt sich um dasselbe seminar wie hier.

viewtopic.php?p=120367#120367

vlt könnte man den termin durch einen neuen beitrag nach oben holen?

lieben gruß, annainga

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fraences
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RE: Einladung Prostitutionstage in Frankfurt von Dona Carmen

Beitrag von fraences »

Die Älteste macht in Fetische

"Es war nicht beabsichtigt, die Prostitution mit anderen Berufen gleichzusetzen. "


Im Frankfurter Bahnhofsviertel arbeiten täglich 600 Prostituierte. Ein Gespräch mit Juanita Henning über Motive, Herkunft und Wohnort der Frauen anlässlich der ersten Prostitutionstage vom 16. bis 18. November.

Frau Henning, das Prostitutionsgesetz ist seit zehn Jahren in Kraft. Was hat sich dadurch verändert?

Dass das Gesetz verabschiedet wurde, ist an sich ein Erfolg für Frauen gewesen, die mehr Rechte für Prostituierte gefordert haben. Aber der Inhalt dieses Gesetzes ist absolut misslungen.


Haben Sie sich zu viel davon versprochen?


Es war schon ein Bruch mit der Vergangenheit, weil man gesehen hat, die Frauen brauchen Rechte. Aber das Gesetz bedeutet auch eine Fortsetzung der Diskriminierung. Den Prostituierten wird darin das Recht auf Leistungsverpflichtung abgesprochen. Das ist eine Entmündigung. Prostituierte werden so auf eine Stufe mit eingeschränkt geschäftsfähigen Personen gestellt. Zudem wollte man vorrangig das vermeintlich kriminelle Umfeld bekämpfen. Es war nicht beabsichtigt, die Prostitution mit anderen Berufen gleichzusetzen.

Was für Veränderungen hat es in Frankfurt gegeben?

Keine. So wurden zum Beispiel den Frauen unrechtmäßig in den Häusern Platzverweise erteilt, nur weil sie keine Gewerbescheine vorlegten. Dabei ist Prostitution nicht als Gewerbe anerkannt. Heute werden Prostituierte von der Steuerfahndung einer rechtswidrigen Sonderbesteuerung unterworfen.

Wie viele arbeiten im Bahnhofsviertel?

Ich habe die letzte Zählung 2006 gemacht. Damals waren es pro Tag ungefähr 900 Frauen. Jetzt sind es ein Drittel weniger.

Woran liegt das?

An der Wirtschaftskrise. Die macht nicht vor den Bordellen halt. Die Motive, warum Frauen in der Prostitution arbeiten, sind ökonomische. Die Frauen wollen Geld verdienen. Nur bei der Prostitution wird die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, in Zwang umgedeutet. Wenn jemand einem anderen Beruf nachgeht, spricht niemand von Zwang.

Wie sind die Arbeitsbedingungen in den Frankfurter Bordellen?

Die Frauen können ein Zimmer mieten. Die kosten zwischen 90 und 140 Euro am Tag. Sie können selbst entscheiden, welche Freier sie nehmen.

Welche Nationalitäten sind in der Prostitution vertreten?

Die überwiegende Mehrheit stammt noch immer aus Lateinamerika.

Wie verständigen Sie sich?


Viele leben hier mittlerweile viele Jahre und können sich ausreichend verständigen. Dann haben wir noch Bulgarinnen und Rumäninnen. Die sind sprachlich sehr gewandt.

Wo wohnen diese Frauen?

Das ist unterschiedlich. Einige wohnen in den Häusern, andere in Privatwohnungen mit ihren Familien zusammen oder mit Freunden, anderen Frauen oder auch mit ihren Kindern.

Kann man als Prostituierte alt werden?

Ja. Die älteste Frau ist, glaube ich, 74. Sie arbeitet professionell mit Fetischen. Und verdient damit gut. Aber die Frauen brauchen nicht nur Geld, sie brauchen vor allem Rechte. Prostitution muss endlich als freier Beruf anerkannt werden. Auch die Sperrgebietsverordnung, die die Prostitution nur in wenigen städtischen Gebieten zulässt, sollte aufgehoben werden. Das kann man anders regeln.

Was steht außer einem Rückblick auf das Gesetz auf dem Programm der Prostitutionstage?

Es geht vor allem um die geplante Konzessionierung von Bordellen. Das ist ursprünglich eine Forderung vom Bundeskriminalamt. Den Prostituierten dient sie überhaupt nicht. Sie würde bedeuten, dass die Polizei jederzeit ohne Durchsuchungsbefehl ein Bordell betreten kann. Das geht in Richtung Polizeistaat. Bislang braucht die Polizei für jede Razzia eine Begründung und eine richterliche Verfügung. Es geht uns zudem darum, das nach wie vor bestehende Sonderstrafrecht zu Prostitution abzuschaffen und eine vollständige Legalisierung zu erreichen.

http://www.fr-online.de/frankfurt/prost ... 04236.html

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Zusammenfassung von Dona Carmen1.Prostitutionstage Frankfurt

Beitrag von fraences »

1. Frankfurter Prostitutionstage erfolgreich

Vom 16.- 18. November 2012 fanden die „ 1. Frankfurter ProstitutionsTage“ statt. Aus Sicht von Doña Carmen e.V. als Initiatorin der Tagung ziehen wir eine positive Bilanz. Warum? Weil die zentralen politischen Fragen im Mittelpunkt der Debatten standen, weil auf gleicher Augenhöhe mit den anwesenden Sexarbeiter/innen diskutiert wurde und die Tagung von einer Kultur der solidarischen Auseinandersetzung geprägt war.

Gleichwohl kann eine solche Tagung nur ein erster Anstoß sein im Hinblick auf die Anerkennung der Rechte von Sexarbeiter/innen hierzulande. Ermutigend ist, dass auf der Tagung ein Treffen von Sexarbeiter/innen und engagierten Aktivisten/innen für das Frühjahr 2013 verabredet wurde. Außerdem wurde beschlossen, dass Doña Carmen e.V. gemeinsam mit den Sexarbeiter/innen im Herbst 2013 die „2. Frankfurter Prostitutionstage“ ausrichten wird.

Wir werden uns bemühen, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Wir danken auf diesem Wege allen, die zum Zustandekommen der „1. Frankfurter Prostitutionstage“ beigetragen haben sowie denjenigen, die durch ihre Teilnahme ihr Interesse an die Anliegen der Sexarbeiter/innen bekundet haben. All jene, die an der Tagung nicht teilnehmen konnten, verweisen wir auf anhängende Dokumente: auf den zusammenfassenden Bericht zu den „1. Frankfurter Prostitutionstagen“, auf die dort verabschiedete Resolution sowie auf den Redebeitrag von Doña Carmen.
weiter lesen:http: www.donacarmen.de/?p=329
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2. Frankfurter ProstitutionsTage 22. – 24. November 2013

Beitrag von fraences »

Doña Carmen lädt ein:

2. Frankfurter ProstitutionsTage
22. – 24. November 2013




Ohne und gegen die Sexarbeiter/innen hat die Bundesregierung im Sommer dieses Jahres eine ‚gewerberechtliche Reglementierung‘ von Prostitution beschlossen.

Was politisch als ‚Gleichbehandlung‘ und Schaffung ‚verbesserter Rahmenbedingungen‘ verkauft wird, erweist sich – bei Licht betrachtet – als erheblicher Eingriff in das allen Sexarbeiter/innen zustehende Recht auf ungehinderte Berufsausübung:

♦ statt mehr Rechte für Sexarbeiter/innen gibt es jetzt unter dem Vorwand des Schutzes noch mehr behördliche und polizeiliche Kontrollbefugnisse;

♦ statt weniger rechtliche Diskriminierung erleben wir eine systematische Ausweitung
von Rechtlosstellung und Stigmatisierung: Erneut verschiebt sich der Fokus der Wahrnehmung von der selbstbestimmten zur schutzbedürftigen Sexarbeit.

Interessiert inszenierte mediale Kampagnen verzerren die Realität von Sexarbeit in der Prostitution. Die mühsam erkämpfte Politik der Anerkennung von Prostitution scheint einer gezielt betriebenen Politik der Ablehnung und Ausgrenzung von Sexarbeit zu weichen. Prostitutionsgegner/innen sitzen in den Startlöchern: Ihnen geht die repressive Wende in der Prostitutionspolitik und der Abbau von Rechten der Sexarbeiter/innen noch nicht weit genug!

Dagegen gilt es sich zu wappnen, dagegen setzen wir uns zur Wehr.

Die 2. Frankfurter Prostitutionstage bieten erneut ein Forum der Auseinander-setzung und des Austausches, wie das Recht auf freie, ungehinderte Berufsausübung von Frauen und Männern in der Prostitution gestärkt werden kann. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen und aufgefordert, sich an diesen Beratungen zu beteiligen.

Gefördert durch: Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt

2. Frankfurter ProstitutionsTage

- P R O G R A M M -

Freitag, 22.11.2013
Beginn: 14:00 Uhr

14:00
Begrüßung Doña Carmen e.V.

14:10 – 15:20 Uhr
Fraencis, Sexarbeiterin, Frankfurt
Ein Schritt vorwärts, zwei zurück – „Gewerberechtliche Reglementierung“ von Prostitution zwischen ‚Anerkennung‘ und erneuter ‚Ausgrenzung‘
Vortrag & Diskussion

15:20 – 15:30 Uhr Pause

15:30 – 17:00 Uhr
RA Till Günther, Anwalt für Straf- und Verwaltungsrecht, Pfinztal
Was bedeutet die gewerberechtliche Regulierung von Prostitution für Betreiber/innen von Prostitutionsstätten und für Sexarbeiter/innen?
Vortrag & Diskussion

17:00 – 17:10 Uhr Pause

17:10 – 19:00 Uhr
Dr. Sabine Schiffer, Leiterin des Instituts für Medienverantwortung, Nürnberg
Medien und Vorurteile – Am Beispiel der Berichterstattung über osteuropäische Prostitutionsmigrantinnen
Vortrag & Diskussion

Moderation: Prof. Dr. Ellen Bareis, Ludwigshafen
Tagungsort: Haus Gutleut, Rottweiler Straße 32, 60327 Frankfurt/Main

Samstag, 23.11.2013

Beginn: 10:00 Uhr

10:00 – 11:20 Uhr
Prof. Dr. Sabine Gless, Basel (angefragt)
Neue deutsche Prostitutionsreglementierung
– Vorwärts ins 19. Jahrhundert?

Vortrag & Diskussion

11:20 – 11:30 Uhr Pause

11:30 – 13.00 Uhr
Prof. Dr. Rebecca Pates, Leipzig
Gewerberechtliche Überwachung und Konzessionierung
– ein geeignetes Mittel der Prostitutionspolitik?

Vortrag & Diskussion

Mittagspause 13:00 – 14:00 Uhr

14:00 – 15.20 Uhr
Dr. Kay-Uwe Rhein, Stadtoberrechtsrat, Mönchengladbach
Plädoyer für die Freiberuflichkeit sexueller Dienstleistungen im Baurecht
Vortrag & Diskussion

15:20 – 15:30 Uhr Pause

15:30 – 16:50 Uhr
Dr. Ina Hunecke, Strafrechtswissenschaftlerin, Kiel
Schlagzeilenjournalismus als Gefahr für die legalisierte Prostitution?
Vortrag & Diskussion

16:50 – 17:00 Uhr Pause

17:00 – 19.00 Uhr
Prof. Dr. Volkmar Sigusch, Sexualwissenschaftler, Frankfurt
Keine Ächtung von Prostitution!
Vortrag & Diskussion

Moderation: Jenny Künkel, Wiss. Mitarbeiterin Universität Frankfurt
Tagungsort: Haus Gutleut, Rottweiler Straße 32, 60327 Frankfurt/Main



Sonntag, 24.11.2013

Beginn: 10:00 Uhr

10:00 – 11:00 Uhr
Juanita Rosina Henning, Doña Carmen e. V., Frankfurt
Gewerberechtliche Reglementierung in Deutschland – Neue Herausforderungen für eine Politik der Anerkennung von Prostitution

11:00 – 11:10 Uhr Pause

11:10 – 12:30 Uhr
Morgane Merteuil,
Generalsekretärin der französischen Sexarbeiter-Gewerkschaft STRASS, Paris

Die aktuelle Prostitutionspolitik in Frankreich und der Kampf der Sexarbeiter/innen

12:30 – 12:40 Uhr Pause

12:40 – 14.00 Uhr
Jacqueline Suter, Xenia, Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe, Bern
Prostitution mit ‚Businessplan‘
– Zur Situation der Sexarbeiter/innen in der Schweiz


14:00 – 14:10 Uhr Pause

14:10 Uhr – 14:30 Uhr
Abschlussrunde

Tagungsende: voraussichtlich 14:30 Uhr
ab 14:30 Uhr Kleiner Umtrunk in den Räumlichkeiten von Doña Carmen e.V.

Moderation: Klaus Walter, Radiomoderator, DJ und Journalist, Frankfurt (angefragt)
Tagungsort: Haus Gutleut, Rottweiler Straße 32, 60327 Frankfurt/Main

Gefördert durch: Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt





2. Frankfurter ProstitutionsTage

− O R G A N I S A T O R I S C H E S -

Anlaufstelle

Doña Carmen e.V.
Elbestraße 41
60329 Frankfurt
Tel.: 069 7675 2880
Fax: 069 7675 0882
Email:donacarmen@t-online.de

Ansprechpartner & Kontakt:
Die 2. Frankfurter ProstitutionsTage werden organisiert von Doña Carmen e.V.,
Verein für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten.

Anmeldung:
Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich. Wir bitten um frühzeitige Anmeldung.
Anmeldungen über Doña Carmen e.V.; Anmeldeschluss ist der 15. November 2013.

Teilnahmegebühr:
Als Beitrag zur Deckung der Unkosten erheben wir eine Teilnahmegebühr von
20.00 Euro. Der Betrag ist auf folgendes Konto zu überweisen:

Doña Carmen e.V.
Frankfurter Sparkasse 1822
Konto 466 166
BLZ 500 502 01
Stichwort „ProstitutionsTage“
oder „Tagung November“

Bitte geben Sie bei der Überweisung unbedingt ihren (Künstler-)Namen an, damit
eine Zuordnung von Person und Zahlung möglich ist.

Übernachtungsmöglichkeiten:
Doña Carmen versucht bei der Vermittlung von Übernachtungsmöglichkeiten
behilflich zu sein.



2. Frankfurter ProstitutionsTage

- A N M E L D U N G -

Bitte füllen Sie das Anmeldeformular vollständig und leserlich aus.
Rücksendung bis spätestens zum 15. November 2013 an:

Email: donacarmen@t-online.de
Post: Doña Carmen e.V., Elbestr. 41, 60329 Frankfurt
Fax: 069 76 75 0882

___________________________________________________________________
Name, Vorname / Künstlername

___________________________________________________________________
Organisation / Sonstiges / Privat

___________________________________________________________________
Wie sollen wir Ihre Anmeldung bestätigen? Via Mail, Fax oder Post?

Ihre Anmeldung wird verbindlich durch Überweisung der Teilnahmegebühr von 20,00
Euro (pro Person). Bitte geben Sie bei der Überweisung Ihren (Künstler-)Namen an,
so dass es uns möglich ist, die Teilnahmegebühr Ihrer Anmeldung zuzuordnen.
Überweisen Sie den Betrag bis spätestens zum 15.11.2013 auf folgendes Konto:

Doña Carmen e.V.
Frankfurter Sparkasse von 1822
Konto 466 166
BLZ 500 502 01
Stichwort „ProstitutionsTage“
oder „Tagung November“

Gefördert durch Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt
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Beitrag von Kasharius »

Mann o Mann,

ihr kommt ja aus dem Treffen gar nicht raus...

Eine interessante Veranstaltung jagt die selbe - NÖTIG IST ES JA.

Allen viel Erfolg

Kasharius grüßt

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fraences
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RE: 2. Frankfurter ProstitutionsTage 22. – 24. November 201

Beitrag von fraences »

edit, da falsch gesetzt
Zuletzt geändert von fraences am 02.10.2013, 23:29, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag von Doris67 »

Was die 2. Prostitutionstage in Frankfurt angeht, stört mich, daß von elf Vorträgen nur zwei von Sexarbeiterinnen gehalten werden. Wir benötigen sicherlich erhellende Beiträge von einigen Außenstehenden zu speziellen Fragen, aber ich finde, daß in diesem Fall das Wort in der ersten Person der Sexarbeiter/-innen etwas zu kurz kommt.
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Beitrag von fraences »

@Doris

Da hast Du recht, wobei die Referenten alle Pro-Prostitution sind.

Besonders interessant finde ich den Vortrag vom RA Till Günter über Gewerberecht.

Denn das wird , sollte Prostitution im Gewerberecht eingeordnet werden, wird es zu gravierende Veränderung in der Branche kommen.

Wir werden Zeiten wieder haben, wie vor dem ProSTG als es Förderung der Prostitution hatten.
Und es zielt mit der Gesetzesvorlage ab, auf kasernierte Staatsbordellen. Und davon denke habt ihr in Frankreich genug an schlechten Erfahrung mit gehabt.

Deshalb verstehe ich, das STRASS Bordelle ablehnt.

Liebe Grüße, Fraences
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Beitrag von Doris67 »

Fraences: Schon klar, daß die Referenten uns wohlgesonnen sind und daß einige ihrer Vorträge hochspeziell, interessant und wichtig sind. Aber wie gesagt, etwas mehr eigenes Wort der Huren fände ich gut. Daß man etwas weniger _über_ uns spräche und uns mehr selbst zu Wort kommen ließe.
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Beitrag von Doris67 »

Und was Bordelle angeht, so ist der STRASS sogar gegen jegliche Reglementierung überhaupt von Sexarbeit, denn davon haben wir die Nase noch gestrichen voll in Frankreich. Slogans wie "Reglementierung ja, Überwachung nein" können wir nicht unterschreiben. Wir fordern "Weder Bosse noch Zuhälter, freie Sexarbeit", d.h. Selbstorganisation.
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Beitrag von fraences »

Selbstorganisation ist der beste Weg.

Leider ist der Trend ( nicht nur in Deutschland,die eh ein starken Hang zu perfektionistischen Reglementierung hat) in ganz Europa für jede Branche im Gange.

George Orwell lässt grüßen.:)
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Beitrag von Doris67 »

Fraences: George Orwell war ein naiver Optimist...
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Beitrag von Sissi_Salzburg »

Hut ab ein tolles Programm ! Würde gerne kommmen aber bring es zeitlich nicht unter Sissy Liebe Grüsse an euch beide :058 :058 :058

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RE: 2. Frankfurter ProstitutionsTage 22. – 24. November 201

Beitrag von fraences »

EINLADUNG

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

von Freitag, 22. Nov. 2013, bis Sonntag, 24. Nov. 2013, finden in Frankfurt / Main die von Doña Carmen e.V. einberufenen

2. Frankfurter ProstitutionsTage
statt.

Alle Interessierten sind hiermit recht herzlich eingeladen, an den ProstitutionsTagen teilzunehmen und dort zu diskutieren und zu beraten, wie das Recht auf ungehinderte Berufsausübung von Frauen und Männern in der Prostitution gestärkt werden kann.
Anlass und Hintergrund der Tagung ist die Besorgnis über eine bevorstehende „gewerberechtliche Reglementierung“ von Prostitution. Binnen kürzester Zeit wurden 2013 allein drei Gesetzentwürfe dazu vorgelegt. Ob vom Bundesland Bremen, von der schwarz-gelben Bundesregierung oder der Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen – der gemeinsame Kern all dieser Initiativen sind jederzeitige, verdachtsunabhängige und anlasslose Kontrollen gegenüber Sexarbeiter/innen
in der Prostitution. Wieder geht es um mehr Kontrollbefugnisse für Polizei und Behörden, statt um mehr Rechte für Sexarbeiter/innen!
Damit nimmt eine repressive Wende in der bundesdeutschen Prostitutionspolitik Konturen an. Darüber wollen wir diskutieren. Die 2. Frankfurter Prostitutionstage bieten ein Forum der Auseinandersetzung über diese Entwicklung. Referenten/innen der 2. Frankfurter ProstitutionsTage sind:
Fraences, Sexarbeiterin, Frankfurt
RA Till Günther, Anwalt für Straf- und Verwaltungsrecht, Pfinztal
Dr. Sabine Schiffer, Leiterin des Instituts für Medienverantwortung, Erlangen
Prof. Dr. Sabine Gless, Basel
Prof. Dr. Rebecca Pates, Leipzig
Dr. Kay-Uwe Rhein, Stadtoberrechtsrat, Mönchengladbach
Dr. Ina Hunecke, Strafrechtswissenschaftlerin, Kiel
Prof. Dr. Volkmar Sigusch, Sexualwissenschaftler, Frankfurt
Juanita Rosina Henning, Doña Carmen e. V., Frankfurt
Morgane Merteuil, Generalsekretärin der Sexarbeiter-Gewerkschaft STRASS, Paris
Jacqueline Suter, Xenia, Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe, Bern

Die Initiatoren der 2. Frankfurter ProstitutionsTage würden sich freuen, wenn Sie an der Tagung teilnehmen würden und ihre Erfahrungen und Sichtweisen in die Diskussionen einfließen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Juanita Henning
(Doña Carmen e.V.)
PS.
Das Programm der 2. Frankfurter ProstitutionsTage und Infos zur Anmeldung finden Sie auf der Website www.donacarmen.de bzw. unter dem Link:
http://www.donacarmen.de/?p=413#more-413
Bitte unterstützen Sie unsere Tagung durch Verbreitung dieser Einladung an alle Interessierten.
Vielen Dank!
Das Team von Dona Carmen e.V.
--
DONA CARMEN E.V.
Elbestr. 41
60329 Frankfurt/Main
Tel: 069-76752880
Fax: 069-76750882

www.donacarmen.de

SPENDENKONTO
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Frankfurter Sparkasse
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BLZ: 500 502 01
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2. Frankfurter Prostitutionstag – eine kurze Zusammenfassung

Beitrag von fraences »

„2. Frankfurter Prostitutionstage“ – eine kurze Zusammenfassung
Publiziert am Dezember 3, 2013
Vom 22. bis 24. November 2013 fanden in Frankfurt die von Doña Carmen e.V. ausgerichteten 2. Frankfurter Prostitutionstage statt. An den diesjährigen Prostitutionstagen nahmen über 100 Gäste teil. Gegenüber dem Vorjahr hatte sich die Zahl der Anmeldungen mehr als verdoppelt, was auf ein reges Interesse an den Themen der Tagung schließen lässt.

Unter den Gästen waren erneut aktive Sexarbeiter/innen, aber auch Betreiber/innen von Prostitutionsetablissements und Escortservices, Wissenschaftler/innen, Rechtsanwälte, engagierte Aktivisten/innen und interessierte Zeitgenossen. Vor dem Hintergrund informativer Inputs ergaben sich zahlreiche Gelegenheiten zu sachlich-konstruktiver Diskussion. Moderiert wurden die Debatten in bewährter Weise wie auch im Vorjahr von Jenny Künkel, Prof. Dr. Ellen Bareis und Klaus Walter. Bei allen Unterschieden in den Sichtweisen auf Prostitution zeichneten sich die diesjährigen Prostitutionstage – wie auch die Tagung im Vorjahr – durch eine parteilich-solidarische Haltung gegenüber den Sexarbeiter/innen aus. Sie war damit ein wohltuendes Kontrastprogramm zum prostitutionsfeindlichen Klima durch die Festlegungen der im Entstehen begriffenen großen Koalition von CDU/SPD mit ihren Plänen zu Konzessionierung, Freierbestrafung und Strafrechtsverschärfung sowie zu der von Alice Schwarzer losgetretenen Hetzkampagne gegen Prostitution.

Dass die Debatten auf den 2. Frankfurter Prostitutionstagen in die aktuelle gesellschaftspolitische Gesamtsituation eingebunden waren, erwies gleich die erste Stellungnahme von RA Thomas Kieseritzky (Frankfurt). Er berichtete darüber, dass der von Doña Carmen beantragte Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Alice Schwarzers Publikation zu Prostitution vom Frankfurter Landgericht abgeschmettert worden sei. Das Gericht befand, dass Schwarzer trotz nachweislich festgestellter Unwahrheiten weiterhin berechtigt sei, in der ersten Auflage diese Unwahrheiten weiter zu verbreiten. Erst in der zweiten Auflage müsse sie die Verbreitung der gerichtlich festgestellten Unwahrheiten unterlassen.

Die Tagungsteilnehmer ließen sich durch dieses wenig erfreuliche Tendenz-Urteil des Frankfurter Landgerichts allerdings nicht das Interesse an der inhaltlichen Auseinandersetzung nehmen.

1. Tag

Den ersten Tag eröffnete die Sexarbeiterin Fraences (Frankfurt/Main). In ihrem Beitrag setze sie sich mit der bevorstehenden gewerberechtliche Reglementierung von Prostitution auseinander und erläuterte anhand der bereits vorliegenden Papiere bzw. Gesetzentwürfe, was konkret auf die Sexarbeiter/Innen zukommt, wenn die Konzessionierung von Prostitutionsstätten in die Tat umgesetzt würde. Fraences lehnte die Konzessionierung von Prostitutionsstätten ab, da sie nicht zu besseren und sicheren Arbeitsbedingungen für Sexarbeiterinnen, sondern nur zu ihrer lückenlosen Kontrolle führen werde. Dabei warnte sie vor einem Arrangement mit der Politik der Konzessionierung: „So wenig es in bisschen schwanger gibt, so wenig gibt es ein bisschen Konzessionierung, wo die Überwacher und die Kontrollierten gleichermaßen profitierten.“

RA Till Günther (Pfinztal) griff die Forderung von Fraences auf, die Politik müsse auf gleicher Augenhöhe mit den Sexarbeiterinnen verhandeln. In seinem Beitrag wies er darauf hin, dass man nach dem Scheitern des CDU-Gesetzentwurfs sowie des Grünen-Änderungsantrags gesetzestechnisch momentan bei Null stehe und jetzt der Zeitpunkt sei, neue Forderungen zu erheben. Trotz seiner Kritik am CDU-Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag der Grünen, die „keine Freunde der Prostitution“ seien, brach RA Günther eine Lanze für das Gewerberecht und brachte die Möglichkeit einer Regelung jenseits von Konzessionierung und Anzeigepflicht nach § 14 Gewerbeordnung ins Spiel. Nachdem man sich 12 Jahre lang nicht wirklich Gedanken gemacht habe, betrete man nun „echtes Neuland“. Dabei müsse man den Besonderheiten der Prostitution Rechnung tragen. Auch die Frage der Freiberuflichkeit sei zu erwägen. Die logische Folge der Annahmen von Freiberuflichkeit sei die Einrichtung von Sexarbeitskammern, die dem Leitgedanken der Selbstverwaltung entsprechen. Doch auch verkammerte Berufe – so die Diskussion – seien nicht automatisch ein „gelobtes Land“, da auch sie einschränkende Regelungen mit sich brächten. Entscheidend, so Günther, sei aber der immer noch fehlende „gesellschaftliche Konsens“ in Sachen Prostitution.

Im anschließenden Beitrag von Dr. Sabine Schiffer, Leiterin des Instituts für Medienverantwortung (Erlangen), wurde anhand der Berichterstattung zur Schließung des Dortmunder Straßenstrichs dargelegt, wie Medien die Sichtweise auf Prostitution und Sexarbeiterinnen konstruieren. Es handele sich nicht um ein Komplott, so Schiffer, sondern um eine interessierte Konstruktion, für die einige Journalisten keine Mühe scheuen würden, Sexarbeiterinnen gezielt aus einer problematischen Perspektive heraus darzustellen. Dr. Sabine Schiffer verwies auf Parallelen zur Herausbildung von Klischees und verfestigten Vorurteilen, wie sie seit Jahren im Migrations-Diskurs zu beobachten seien. Die Referentin problematisierte den Interesse geleiteten Umgang von Medien mit Minderheiten und gab in der anschließenden Diskussion Anregungen für einen selbstbewussteren und zielorientierten Umgang von Sexarbeiterinnen mit Medien.

2. Tag

Zu Beginn des zweiten Tages nahm Prof. Sabine Gless, Rechtswissenschaftlerin an der Universität Basel, die Anwesenden mit auf eine Zeitreise. Ausgehend vom Beginn der Konzessionierung von Prostitution in Deutschland (1794 in Preußen), zeigte Gless – anknüpfend an Sabine Schiffer – auf, dass Prostituierte schon immer eine „markierte Gruppe“ gewesen seien. Sie seien immer eine „Institution“ gewesen, nicht obwohl, sondern weil Prostitution nie als Beruf anerkannt worden sei. Obwohl die konzessionierten Huren eine Ausnahme von Strafrecht waren, besaßen sie doch nie bürgerliche Rechte und wurden insbesondere am Ende des 19. Jahrhunderts vor dem Hintergrund eines sich immer stärker herausbildenden bürgerlichen Frauenbilds als „Kontrollmädchen“ wieder zurück ins Strafrecht verwiesen. Der Abolitionismus einer Bertha Pappenheim sei gleichsam eine Art Vorläufer der Ansichten von Alice Schwarzer, sofern sie seinerzeit den Prostituierten die Befähigung zu freien Beschlüssen absprach und erstmals die Opferperspektive in den Vordergrund rückte. Eine Wende brachte erst die Mobilisierung der Unterschichten nach dem 1. Weltkrieg, die 1927 in eine gesundheitliche Reglementierung mündete. Sie brachte für die Frauen mehr Schutz und Rechtssicherheit, nicht aber einen Verzicht auf strafrechtliche Reglementierung.

Im Anschluss an Sabine Gless befasste sich Prof. Rebecca Pates (Universität Leipzig) ausgehend von der Frage „Warum nehmen sich Leute das Recht, sich ins Privatleben anderer Menschen einzumischen?“ mit den unterschiedlich ausgeprägten Sichtweisen von Gewerbeämtern, Polizei, Juristen und Sozialwissenschaftlern auf die gegenwärtig im Mittelpunkt stehende Frage einer gewerberechtlichen Konzessionierung von Prostitution.

Während die Perspektive der Gewerbeämter die angebliche Kriminogenität der Prostitution fokussiert und sie sich daher für unzuständig erklären, würden die Polizeiapparate unter der Leitlinien der „Transparenz“ Zuständigkeiten beanspruchen. Das „Dortmunder Modell“ habe aber gezeigt, dass es hier – auch unter dem Ausnutzung von Denunziation – um einen stärkeren Informationsfluss in Richtung Polizei gehe, um das Gewerbe besser kontrollieren und die Spreu vom Weizen trennen zu können. Eine Konzessionierung samt Zuverlässigkeitsprüfungen und Auflagen sei eine sehr schwere Hürde für das Prostitutionsgewerbe und ein Indiz dafür, dass man die Zahl de Bordelle stark zurückfahren wolle.
In den Sozialwissenschaften beobachtet Rebecca Pates insbesondere bei den „feministischen Moralunternehmerinnen“ eine zunehmende Moralisierung der Debatte, die eine Ausgrenzung von Migrantinnen sowie einen international wirkenden Trend zur Unsichtbarmachung von Prostitution befördere. „Menschenhandel“ sei gegenwärtig ein geradezu „popkulturelles Phänomen“. Insbesondere die Kombination von Prostitution und Menschenhandel mache Sex wieder moralisierbar und sei ein Indiz dafür, dass gesellschaftlich erreichte Liberalität wieder rückgängig gemacht werden solle. Dies sei in der gesamten europäischen Debatte zu verzeichnen, die Pates als gefährlich einstufte und wogegen man massiv aktiv werden müsse.
Insbesondere mit dem „Schwedischen Modell“ würden die moralischen Unternehmerinnen die Diskussion kapern und Aufreger-Debatten führen. Rebecca Pates stelle diese Entwicklung in den Zusammenhang einer verstärkten Neo-Liberalisierung von Ökonomie und Politik im gegenwärtigen Europa und verwies als Alternative auf die aktuelle Gesetzgebung in Neuseeland, die allerdings noch evaluiert werde.

Dr. Kay-Uwe Rhein, Stadtrechtsdirektor in Mönchengladbach, setzte am Nachmittag des zweiten Tages die Debatte über die Perspektiven der Verrechtlichung von Prostitution fort. Er beleuchtete die aktuelle baurechtliche Einordnung von Prostitution und verwies dabei insbesondere auf den Münchner Kommentar zum BGB von Armbrüster (2012) sowie auf die die jüngste Berliner Laufhaus-Entscheidung vom 12.09.2013.

Dr. Kay-Uwe Rhein betonte, dass er nicht in seiner Funktion als städtischer Beamter, sondern als Privatperson, die sich mit der in Frage stehende Rechtsmaterie wissenschaftlich befasst, zu den Zuhörer/innen spreche. Die praktische Aspekte seiner Anmerkungen führten zu interessierten Rückfragen der anwesenden Sexarbeiter/innen und zeigten, dass der Teufel – wie so häufig – immer auch im Detail stecken kann.

Dr. Ina Hunecke, Strafrechtswissenschaftlerin (Kiel), lenkte die Aufmerksamkeit und die Debatte wieder zurück auf die aktuelle Auseinandersetzung um den von Alice Schwarzer initiierten Appell gegen Prostitution. Sie nahm in ihrem Vortrag über „Schlagzeilenjournalismus“ die aktuelle Auseinandersetzung zum Anlass, um die Frage zu beantworten, wie man durch Skandalisierung Mehrheitsmeinungen schafft. Dr. Ina Hunecke erläuterte die einschlägige Techniken in der Berichterstattung von Medien und forderte, den Spieß umzudrehen und die Medien zu kapern. Schweigen, so Ina Hunecke, sei gegenwärtig der falsche Weg. Sie ermutigte die Sexarbeiterinnen zu einer offensiven Medienarbeit. Dabei ginge es darum, sich nicht wieder in die Schmuddelecke drängen zu lassen, sondern die gegenwärtig stark unter Beschuss stehende Legalität von Prostitution zu behaupten.

Für den leider erkrankten Referenten Prof. Dr. Volkmar Sigusch (Frankfurt/Main), der an dieser Stelle hätte übernehmen sollen, sprachen zum Schluss des zweiten Tages der Bremer Betreiber Klaus Fricke und nach ihm Christian Knappik vom Sexworker-Forum Wien.

Als Betreiber eines kleineren Bremer Etablissements, in dem vor allem rumänische Frauen arbeiteten, ermöglichte Klaus Fricke einen erhellenden Einblick in die Praxis des Umgangs mit dem Prostitutionsgewerbes im Bundesland Bremen. Bremen verfüge zwar über einen Entwurf zu einem eigenständigen Prostitutionsstättengesetz. Dieser Gesetzentwurf sei in den Gremien der Bremer Bürgerschaft jedoch noch nie politisch diskutiert worden. Gleichwohl habe man ihn dazu benutzt, die Entscheidungen des Bundesrats in vergangenen Sommer zu beeinflussen. Die reale Situation der Prostituierten in Bremen sei durch Anwohnerproteste gegen Straßenprostitution und die ständige Schließung von Wohnungsbordellen über das Baurecht geprägt. Gleichzeitig verängstigt die Polizei Frauen in den Etablissements durch permanente Kontrollen. An einem Beispiel in seinem eigenen Etablissement verdeutlichte Klaus Fricke, dass man derartige Schikanen nicht auf sich beruhen lassen muss. So habe er als Betreiber ein Schreiben an die zuständige Polizeidienststelle gerichtet und um eine Stellungnahme zum Vorgehen von kontrollierenden Polizeibeamten berichtet.

Nicht minder konkret waren die Ausführungen von Christian Knappik (Sexworkerforum Wien). In Wien habe man seit nunmehr zwei Jahren eine Konzessionierung von Prostitutionsstätten. Insofern sei Österreich in dieser Frage weiter als Deutschland. Diesbezüglich rief Christian Knappik den Zuhörer/innen eindringlich zu: „Bitte spart euch das!“. Denn die Praxis der Konzessionierung, von der Knappik detailliert berichten konnte, war ein abschreckendes Beispiel dafür, wie die sichtbare Prostitution durch die Schließung von Etablissements und eine Verlagerung des Straßenstrichs an unwirtlich Hauptverkehrsstraßen am Stadtrand aus der Öffentlichkeit verdrängt werden soll. Christian Knappiks Bericht, dass man in der örtlichen Initiative ‚Rotlicht statt Blaulicht‘ erwäge, den bisher traditionellen Wiener Straßenstrich zum Weltkulturerbe erklären zu lassen, brachte zwar einiges Schmunzeln. Doch blieb das Lachen den meisten Zuhörer/innen angesichts der Verhältnisse in Wien, über die berichtet wurde, im Halse stecken Zu diesen Verhältnissen zählt laut Christian Knappik auch, dass Beratungsstellen vor Ort dazu genötigt sind, so genannte „white lists“ bzw. „black lists“ über (nicht) konzessionierte Prostitutionsstätten zu führen. Damit ließen sie sich in die Umsetzung der Konzessionierung einbinden und instrumentalisieren.

3. Tag

Juanita Rosina Henning (Sprecherin Doña Carmen e.V.) ging in ihrem Beitrag davon aus, dass die Lage der Sexarbeiterinnen in Deutschland angesichts der bevorstehenden Gesetzesänderungen als ausgesprochen Ernst eingestuft werden müsse. In den Mittelpunkt ihrer Ausführungen stellte sie den Zusammenhang von Menschenhandels-Ideologie und Befürwortung einer Konzessionierung von Prostitutionsstätten. Es sei unzureichend, so Henning, bei der allenthalben eingeforderten Unterscheidung von Sexarbeit und Menschenhandel stehen zu bleiben. Eine Pro-Prostitutions-Argumentation müsse demgegenüber hervorheben, dass Sexarbeit eine soziale Realität, „Menschenhandel“ dagegen eine rechtliche Konstruktion in politischer Absicht, ein politischer Kampfbegriff sei. Beides sei mitnichten eine gleichwertige soziale Realität. „Menschenhandel“ sei auch keine relevante soziale Realität. In der Unterscheidung beider gehe es darum die Interessen zu benennen, die der ständigen Vermischung von Sexarbeit und Menschenhandel zugrunde liegen: das Interesse an Prostitutionsgegnerschaft, das Interesse an Migrationsabwehr sowie das Interesse an einer staatlich kontrollierten Bevölkerungsentwicklung, die mit nicht-reproduktivem Sex auf Kriegsfuß stehe. Gegenüber der aktuellen Anti-Prostitutions-Politik schlug Juanita Henning die Gründung von „Komitees gegen Konzessionierung und Kontrollwahn in der Prostitution“ vor als Keimzellen einer Bürgerrechtsbewegung für das Recht auf Prostitution.

Im Anschluss an Juanita Henning befasste sich Cornelia Schneider von der Hurengewerkschaft STRASS (Straßburg) mit der aktuellen Situation der Sexarbeiter/innen in Frankreich. Sie vertrat die eigentlich als Referentin vorgesehene Vorsitzende von STRASS, Morgane Merteuil (Paris), die jedoch aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen im Zusammenhang der drohenden Freierbestrafung in Paris unabkömmlich war und sich entschuldigen ließ. Cornelia Schneider berichtete davon, dass es seit der Einführung des Straftatbestands der passiven Anwerbung unter Sarkozy zu rund 120.000 Ausweisungen von Prostitutionsmigrantinnen aus Frankreich gekommen sei. Ein 2006 eingesetzter Thinktank bereitete Regulierungen der Prostitution ähnlich wie in Schweden vor. Im Kontext der Einführung einer Freierbestrafung sind gegenwärtig auch Umerziehungs-Schulungen für von der Polizei erwischte Prostitutionskunden vorgesehen, die Cornelia Schneider als „Idiotentests“ bezeichnete. Diese sollen von den einschlägigen NGOs organisiert werden, die als „Rettungsindustrie“ auch für eine „Resozialisierung“ bzw. für den Ausstieg von Sexarbeiterinnen zuständig sind. Kundenbestrafung, so Cornelia schneider, sei nichts anderes als Hurenbestrafung. Die aktuelle Politik ziele auf eine kollektive Gehirnwäsche, wonach derjenige, der zu einer Sexarbeiterin gehe, ein Vergewaltiger sei. Derartige Thesen sollen künftig ganz offiziell über schulische Lehrpläne im kollektiven Bewusstsein verankert werden. Sollte Frankreich als erstes nicht-skandinavisches Land eine Freierbstrafung einführen, so sei dies symbolisch katastrophal, beurteile Cornelia Schneider die aktuelle rechtliche Lage.

Als nicht minder katastrophal erweist sich die bereits bestehende Situation der Sexarbeiter/innen in der Schweiz, über die Jacqueline Suter von der Beratungsstelle Xenia (Bern) sprach. Seit 2001 würden die offiziell 20.000 Sexarbeiter/innen in der Schweiz neuen Prostitutionsgesetzen und entsprechenden Verordnungen unterworfen. Bislang gäbe es etwa 7 – 8 unterschiedliche Prostitutionsgesetze in den 26 Schweizer Kantonen. Die Frauen in der Sexarbeit hätten in diesem Zusammenhang viele Pflichten, aber kaum Rechte. Jede EU-Sexarbeiterin im Kanton Bern, über den Suter berichtete, müsse nun eine „Betriebsbewilligung“ beantragen und neben dem Nachweis einer Kranken- und Hinterbliebenenversicherung auch einen handschriftlich verfassten Businessplan bei der Migrationsbehörde einreichen. Handschriftlich deshalb, damit kein Zweifel an der möglichen Unabhängigkeit der betreffenden Frau bestehe.

Nach einer Unmenge bürokratischer Formalitäten schließe sich für die Sexarbeiterinnen ein persönliches Interview bei der Migrationsbehörde an, bei der auch ein Polizeipsychiater zugegen sei. Sexarbeiter/innen müssten dort darlegen, welche Sexpraktiken sie anbieten. Sie müssten zudem erklären, ob ihre Mutter von ihrer Tätigkeit wisse. Und zwecks Überprüfung der Angaben müssten sie auch die Telefonnummer ihrer Mutter angeben. Jeder Adresswechsel der Sexarbeiter/innen reiche aus, um mit dem Procedere einer Betriebsbewilligung wieder von vorne zu beginnen. Das ganze Verfahren der Konzessionierung diene angeblich der Opferidentifizierung im Zusammenhang der Bekämpfung des Menschenhandels.
Jacqueline Suter erklärte, sie könne der Absurdität des gesamten Verfahrens nur noch mit ironischer Distanz begegnen. Die behördliche Vorgehensweise sei schikanös und trage in keiner Weise der Mobilität der Sexarbeiterinnen Rechnung.

Trotz der zum Teil deprimierenden Schilderungen aus den verschiedenen europäischen Ländern kam es zu lebhaften Diskussionen und interessierten Nachfragen seitens der Tagungsteilnehmer/innen. Die 2. Frankfurter Prostitutionstage wurden durchweg als informativ und bereichernd empfunden. Bleibt zu hoffen, dass der Input der Tagung in der alltäglichen Realität hilfreich ist.

Auf die Homepage von DonaCarmen nach zu lesen:

Rede von Francisca Funk

Rede von Juanita Henning

VORSCHLAG2.Frankfurter ProstitutionsTage

www.donacarmen.de/?p=442
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Re: 2. Frankfurter Prostitutionstag – eine kurze Zusammenfas

Beitrag von Fragender »

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fraences hat geschrieben:Sexarbeiter/innen müssten dort darlegen, welche Sexpraktiken sie anbieten. Sie müssten zudem erklären, ob ihre Mutter von ihrer Tätigkeit wisse. Und zwecks Überprüfung der Angaben müssten sie auch die Telefonnummer ihrer Mutter angeben.
Wie bitte? Ich glaube, ich spinne. Die drohen tatsächlich damit, das Stigma der Prostitutionsarbeit auszunutzen und den Eltern der Sexarbeiterin von ihrer Tätigkeit zu berichten? Das darf doch wohl nicht wahr sein.

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Re: 2. Frankfurter Prostitutionstag – eine kurze Zusammenfas

Beitrag von Zwerg »

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Fragender hat geschrieben:Wie bitte? Ich glaube, ich spinne. Die drohen tatsächlich damit, das Stigma der Prostitutionsarbeit auszunutzen und den Eltern der Sexarbeiterin von ihrer Tätigkeit zu berichten? Das darf doch wohl nicht wahr sein.
Nach meiner Beobachtungen war es so, dass alle Anwesenden im Saal bei diesem Vortrag ähnlich bestürzt reagiert haben.

Es ist irgendwie ein "Malen nach Zahlen".... Personen die keine Ahnung haben, wie Sexarbeit funktioniert machen Gesetze - und die Jenigen die noch weniger Ahnung haben, setzen sie um. Und somit versucht Jeder "seinem eigenen (verzerrten) Bild, wie eine Prostituierte auszusehen bzw. zu agieren hat" in die Zeichnung einzubringen. Und deshalb entstehen (bei allem zuerkannten guten Willen) Zerrbilder die jeglicher Realität entbehren.

Und dies geschieht ausnahmslos zu Ungunsten von SexarbeiterInnen, aber im Namen Derer, die sich auf die Fahnen schreiben, dass sie etwas Sinnvolles tun wollen.

Hier in Wien ist es nicht einmal so sehr das Gesetz an sich, welches hauptsächlich Probleme verursacht - natürlich ist es das auch, aber: Viel schlimmer sind die Einzelnen, die mit der Umsetzung beauftragt sind - Deren eigene Ideen, die nicht überprüfbar (auch nicht irgendwo nachlesbar) sind, machen es nahezu unmöglich, dass auch nur annähernd genügend Lokale (es sind in Wien mehr als 3 300 SexarbeiterInnen registriert) "legal" betrieben werden können.

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Beitrag von fraences »

Und genau von diesen Zeitgeist ist die Gesetzgebung und deren Durchführer von getragen.

Ich glaube nicht ,das aus der Beschränktheit Horizont erkennbar wird. Um Weiter,also eine diferenzierten Überblick zu bekommen ist es klug mindestens einen Schritt zurück zu treten.

Ich habe leider das Gefühl, das derzeit viele politisch, wirtschaftlich und sozialen Verantwortungsträger viel zu sehr mit der Nase an ihrem eigenen Schicksal stricken.

Ich fürchte, die arbeiten an einer Zwangsjacke, damit wir es schön "warm haben.": "Zieht Euch warm an:" :)

Es wird noch ein harter und steiniger Weg. Aber wie die Fachreferentinnen Sabine Schiffer und Ina Hüneke dringend anriet: "Wir müssen Medien und Gesellschaft überzeugen und in unseren Dienst stellen, und gerade dann Standing zeigen, wenn wir am intensivsten angefeindet, angegriffen und stigmatisiert werden.

Liebe Grüße, Fraences
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Beitrag von Kasharius »

@all

eine Anmerkung von mir zu Donna Carmens Reaktion auf das Urteil in Sachen Alice Schwarzer: Ich kann den Ärger subjektiv gut nachvollziehen. Aber objektiv ist es kein "Schandurteil" sondern eine differenzierte Entscheidung bei der ja auch Frau Schwarzer ihr Fett weg bekommt. Ich habe allen Respekt vor der inhaltlichen und aufklärerischen Arbeit von Donna Carmen und finde ihre chronologischen Darstellungen hervorragend. Mich verstört aber die manchmal danndoch sehr drastische Sprache (Lumpenjournalismus, Schandurteil) mit der die Kritik vorgebracht wird. Ich frage bescheiden:

Dient das der Sache?

Und ist "Menschenhandel" im Gegensatz zu Prostitution wirklich keine gesellschaftliche Realität (so verstehe ich die widergegebenen Ausführungen Donna Carmens auf den 2. Frankfurter Prostitutionstagen die ja für sich genommen auch diesmal wieder ein voller ERfolg gewesen sind!)

Kasharius grüßt fragend

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Marc of Frankfurt
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Strategiediskussion Sexworker-Bewegung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

"Menschenhandel" im Gegensatz zu Prostitution wirklich keine gesellschaftliche Realität
Diese Aussage birgt die Gefahr, wenn sie mit zu wenig Kontext transportiert wird oder von einem Multiplikator mit zu wenig Faktenwissen/Argumentationspower übernommen wird, dass man als Mißbrauchs-/Menschenhandelsopfer-Leugner diskreditiert werden kann.

Das ist das Risiko in einer polarisierten, ideologischen Debatte. Wollen wir Positionen scharf herausbilden oder wollen wir Brücken bilden? Wollen wir Falschbeschuldigungen der Prostitution anklagen/abwehren, oder wollen wir über unsere Sexwork-Praxis-Erfahrung aufklären und Unterstützer_innen gewinnen? Beides ist notwendig und dennoch sind es entgegengesetzte Strategien. Scheinbar sitzen wir in der Falle.

Um nicht diskreditiert werden zu können brauchen wir immer beste Quellenangaben. So fehlt mir z.B. die Quelle für 130 Opfer/Jahr in den letzten 13 Jahren - www.bit.ly/bkazahlen oder jetzt auch in www.bit.ly/sexworkatlas >> crime.

Im Vortrags-PDF von Rosina Henning von Dona Carmen sind die Kernargumente und Fakten für ihre drastische Aussage gut aufgelistet:

Menschenhandelsopfer sind keine soziale Realität im Sinne einer realexistierenden gesellschaftlichen Bedrohungslage / Menschenhandel ist ein politisches Konstrukt / ...ein Kampfbegriff der Prostitutionsgegnerschaft (Misoharlotry)
  • Halbierte Opferzahlen seit 1995 auf 642 Opfer pro Jahr in der Prostitution in Deutschland.
  • Gemessen an 200.000-400.000 geschätzten Sexworkern liegen die Opferzahlen im Promille-Bereich.
  • Zahlenmystik und Übertreibung mit PKS (mutmaßliche Opfer/Täter) der polizeilichen Vor-Ermittlung statt gerichtlichen Verurteiltenstatistik (in dubio pro reo). Spekulationen über angeblich riesiges Dunkelfeld reflektieren irrationale in die Debatte projizierten Ängste (ausländischer ausbeuterischer Mann vs. unschuldiges junges Mädchen fordern den strafenden Retter heraus).
  • 18-21jährige Sexworker durch Menschenhandelsparagraph als Opfer definiert betragen 43% in der Opferstatistik
    [In Bayern sind nur 4% der Sexworker 18-21 Jahre alt laut Antwort der Landesregierung auf die Anfrage der Grünen (siehe PDF-Attachment im Posting)]
  • Täter:Opfer-Verhältnis von 1:1 spricht gegen die These von Organisierter Kriminalität.
  • 44.000 Routinekontrollen plus 40 landesweite Großrazzien kontrollieren pro Jahr 50.000 Frauen und somit in 4 Jahren die ganze Prostitutionsbranche.

Strategie-papier und Vortrag von Rosina Henning, Dona Carmen e.V.
2. Frankfurter Prostitutionstage:
http://www.donacarmen.de/wp-content/upl ... enning.pdf



Die nicht gerade kleinen politischen Gegner sind:
  • Traditionelle, christliche Werte der Kirchen wie die Einheit von Sex und Liebe und Fortpflanzungssexualität und Ehe&Familie als gesellschaftlicher Keimzelle der gegens. Versorgungsabsicherung ohne Geldwirtschaft
  • Feministische Projektion von patriarchaler Gewalt auf Prostitution. Frauen verstoßen damit ihre Sexworker-Geschlechtsgenossinnen, um Sexualitätskontrollmacht über die Männer zurückzugewinnen. Damit entsteht die Heilige/Hure-Dichotomie und wird zementiert.
  • EU Migrationskontrolle und Bevölkerungspolitik. Die Staatengemeinschaft ebenso wie der Nationalstaat verstanden als Kollektivinteresse der Großkonzerne und des Finanzkapitals.


Ich bin gespannt, ob die Politik von DC durch focussierende Zuspitzung und anklagende Positionsbildung dazu beiträgt unsere Bewegung zu stärken und zu sammeln und ob das vorgeschlagene „Komitees gegen Konzessionierung und Kontrollwahn in der Prostitution“ zustande kommt:
http://www.donacarmen.de/wp-content/upl ... nsTage.pdf
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 04.12.2013, 18:24, insgesamt 3-mal geändert.