Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.2013

Wo melde ich meinen Beruf an, mit welcher Steuerlast muss ich rechnen, womit ist zu rechnen, wenn ich die Anmeldung verabsäume, ... Fragen über Fragen. Hier sollen sie Antworten finden.
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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Vergleichbares Urteil für Österreich

viewtopic.php?p=136526#136526

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@all

Und angesichts des FUNGARDEN-Urteils stellt sich mir die Frage, ob daraus irgendwelche, gleichwohl SW-freundliche, Regulierungsmaßnahmen jenseits von Verbot, Kundenbestrafung und Konzessionierung abgeleitet werden können und wenn ja welche?


Kasharius grüßt

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Marc of Frankfurt
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Recht und Wirtschaft = Strafrecht oder Wirtschaftsrecht?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Jetzt wissen wir auch, dass das Colosseum-Urteil in Augsburg schon vor Jahren dieselbe Richtung bereits eingeschlagen hatte

www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=137175#137175


Auch erinnere ich mich inzwischen wieder, dass eine Betreiberin einer Wohnung in Bayern mit so einem Verfahren am Hals, bei der Fachtagung Prostitution, damals Dortmund, aufgetreten war...

Und wir wissen aus der Maischbergersendung von Schewe-Gerigk von dem Bayerischen Ministererlass das ProstG nicht umzusetzen. (Analog wie die Kondomzwangsprostitutions-Verordnung in Bayern das IfSG hintertreiben soll.)

Da gibt es also eine ganze Rechtsprechungstradition, ein "Sonderstrafrecht Bordellbetriebe" was noch weiter erforscht d.h. ins "Hellfeld zu überführen" ist.





Lieber Kasharius, ob das Colosseum-Urteil auch im Netz ist, ob du es finden kannst? Oder die 2 Pussy Club Urteile? Ulli hat gerade interssantes aus den Akten berichtet: dass Sexworker dort 3.000 Euro pro Monat bekamen im Gegensatz zu 100 Euro Monatsverdienst in der Heimat...

Solange wir keine Finanzkalkulation "Sexarbeitsstätte mit abhängig beschäftigten Sexworkern" kennen oder selbst mal durchrechnen, so wie wir das auch bei Flatrate-Betrieben machen können, sehe ich die Debatte nicht sich fortentwickeln.

Es ist schade, dass die Betriebsangaben im Fungarden-Urteilstext zu marginal d.h. unvollständig sind und die vmtl. ausführlichere wirtschaftlich-steuerliche Gesamtrechnung in den Beweisakten vor uns und der Öffentlichkeit versteckt bleibt. Die im Urteil zitierten ausgesuchten Zahlen kann man daher auch als manipulative Propaganda bezeichnen. Das ist so wie eine Veröffentlichung über ein Naturgesetz, wo mangels Angaben keiner die Experimente nachmachen d.h. die "wissenschaftliche Behauptung", das Urteil der Wissenschaftler nicht nachprüfen kann.

So wie das das Ende von Wissenschaftlichkeit bedeutet, haben wir es hier mit dem Ende von Überprüfbarkeit im Wirtschaftsrecht zu tun. Ein schwer zu ertragender Zustand.

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Marc

ich werde versuchen die Urteilezu recherchieren. Die genauen Spruchkörper, Daten und/oder Aktenzeichen wären hilfreich.

Kasharius grüßt

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Arum
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Re: Recht und Wirtschaft = Strafrecht oder Wirtschaftsrecht?

Beitrag von Arum »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:Oder die 2 Pussy Club Urteile? Ulli hat gerade interssantes aus den Akten berichtet: dass Sexworker dort 3.000 Euro pro Monat bekamen im Gegensatz zu 100 Euro Monatsverdienst in der Heimat...
100 Euro Monatsverdienst in Rumänien wäre im Durchschnitt vielleicht etwas zu niedrig angesetzt, aber immerhin, mehr als 250 Euro in Schnitt dürfte das nicht sein.

Des weiteren, ich habe es wohl schon mal erwähnt, damals 2009 traf ich eine Rumänin in einem Saunaclub, die sich gerade entschieden hatte, zurückzukehren zum Pussy Club, wo sie eigentlich tätig war. Dort wäre der Verdienst wesentlich höher gewesen als in diesem (sehr gut besuchten) Saunaclub. Und immer noch arbeitet sie, laut Webseite, in einem (anderen) Flatrate.

Was in Sachen Flatrate/Pauschlaclub auch oft nicht betrachtet wird: Ich kann mir denken, dass diese Frau in jenem Saunaclub aus kundenmässig ästhetischer Sicht eher gutes Mittelmass war (war mir übrigens vollends egal war). In jenem Haus eben gehen sehr hübsche Frauen herum. Im Flatrate dahingegen sind die Standards der äusserlichen Erscheinung niedriger gestellt. Sie bieten Frauen, die vielleicht nicht so sehjr gewissen männlichen Träumen entsprechen, die Chance auch gutes Geld zu verdienen, und wie es den Anschein hat, deutlich mehr als in einem Saunaclub mit gutem Ruf.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Marc of Frankfurt
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Pussy Club Urteile

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Daten und/oder Aktenzeichen wären hilfreich

Pussy Club Urteile

BGH: keine Revision 06.06.2013

2. Urteil 05.04.2012
1. Urteil 23.07.2010
beide LG Stuttgart

Aktenzeichen leider unbekannt

Linkübersicht www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=61384#61384



"Zwar habe man wohl massive Drohungen gegenüber den Prostituierten,
aber KEINEN Fall körperlicher Gewalt nachweisen können,
das "übermäßige Profitstreben der Angeklagten
auf Kosten der finanziellen Belange, der Gesundheit und nicht zuletzt der WÜRDE der Opfer
"
durchziehe jedoch das gesamte Tatgeschehen."

[Zitat aus dem Urteil von Stuttgarter Zeitung 5. 4. 2012]

Wenn das die Essenz des 2. Prozesses ist, dann zeigt das doch nur auf welch dünnem Eis, d.h. überwiegend moralischer Verurteilung das Urteil beruht.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 11.12.2013, 15:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Kasharius »

@Marc

danke ich forsche nach und aüssere mich dann.

Kasharius grüßt

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Kasharius
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RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.20

Beitrag von Kasharius »

@Marc
@all

bedauerlicherweise scheint das Urteil des LG Stuttgart im Wortlaut nicht veröffentlicht vorzuliegen. Ich stelle hier die offizielle Presseerklärung des Landgerichts Stuttgart hier ein:

http://www.landgericht-stuttgart.de/pb/ ... GE=1195716

Urteil gegen Hauptangeklagte im sogenannten "PussyClub"-Verfahren
Datum: 05.04.2012

Kurzbeschreibung:

Die 10. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart hat heute zwei 35- und 38-jährige Männer wegen gemeinschaftlichen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, Zuhälterei sowie Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu Freiheitsstrafen von 8 Jahren und 6 Monaten bzw. 5 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Dabei berücksichtigte die Kammer auch, dass der ältere der Angeklagten wegen eines Teils des Tatkomplexes bereits zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten verurteilt wurde und diese bereits verbüßt hat. Beide Angeklagte bleiben nach dem Beschluss der Kammer weiter in Untersuchungshaft.

Die Kammer sah es als erwiesen an, dass die zwei Angeklagten auf der Grundlage einer Ende 2004 gefassten Bandenabrede sich dazu entschlossen, junge Frauen aus Rumänien nach Deutschland zu bringen, um sie dort in Bordellen für sich arbeiten zu lassen und von den Einnahmen zu profitieren. Die betroffenen Frauen, von denen zwei erst 16 Jahre alt waren, wurden zum Teil unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und hier unter Ausnutzung ihrer Hilflosigkeit zur Prostitution gebracht. Während die Angeklagten zu Beginn ihrer Tätigkeit noch überwiegend selbst vor Ort waren und unmittelbaren Kontakt zu den Frauen hatten, steuerten sie die Anwerbung und den Einsatz der Frauen später immer mehr aus dem Hintergrund. Einer der Angeklagten befand sich ab Ende 2006 bis zu seiner Verhaftung in Spanien, der andere Angeklagte beging die Taten sogar aus dem offenen Vollzug, in dem er sich seit Mitte 2009 befand.

Mehrere der über ganz Deutschland verstreuten und von den Angeklagten kontrollierten Bordelle wurden als sogenannte „Flatrate Bordelle“ betrieben, unter anderem auch der „PussyClub“ in Fellbach. Gegen Bezahlung eines einmaligen, an der Rezeption zu entrichtenden Entgelts in Höhe von 70 bis 100 Euro hatten die Prostituierten den Kunden in beliebiger Weise und Häufigkeit sexuell zur Verfügung zu stehen. Dabei betrugen die Arbeitszeiten der Prostituierten bis zu 14 Stunden täglich an sechs Tagen in der Woche, wobei die Frauen auch bei Krankheit oder Menstruation zu arbeiten hatten. Bei einem Tageslohn von 150 Euro und geschätzten 30 bis 40 Sexualkontakten errechnete sich für die Prostituierten hier ein Entgelt je Kontakt unter 5 Euro.

Der Kammervorsitzende Dr. Belling führte hierzu aus: „Das übermäßige Profitstreben der Angeklagten auf Kosten der finanziellen Belange, der Gesundheit und nicht zuletzt der Würde der Opfer durchzieht das ganze Tatgeschehen“.

Die Kammer sah es zudem als erwiesen an, dass die in den Bordellen tätigen Prostituierten nicht selbstständig arbeiteten, sondern tatsächlich als Arbeitnehmerinnen beschäftigt waren. Die Angeklagten, die in den Bordellen zwar formelle Geschäftsführer einsetzten, faktisch aber selbst die Bordellbetriebe leiteten und den Prostituierten konkrete Weisungen in Bezug auf Arbeitszeit und -ort erteilten, hatten daher als Arbeitgeber die Pflicht, die Prostituierten bei der Sozialversicherung anzumelden und für diese Beiträge zu entrichten. Die Kammer stellte fest, dass die Angeklagten insgesamt fast 1,8 Millionen Euro an Sozialabgaben zu Unrecht nicht abführten und die Sozialversicherung in dieser Höhe schädigten.

Die heutigen beiden Urteile sind die letzten in einem sehr aufwändigen und umfangreichen Verfahren, das sich zu Beginn gegen insgesamt neun Männer im Alter zwischen 28 und 41 Jahren und eine Frau im Alter von 24 richtete. Im Laufe des Verfahrens wurden bislang acht der Angeklagten als untergeordnete Bandenmitglieder zu Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und sechs Monaten und vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Verfahren gegen die 24-jährige Frau wurde gegen eine Geldauflage eingestellt. Die Beweisaufnahme der Kammer erstreckte sich dabei über insgesamt 72 Verhandlungstage, in denen über 40 Zeugen und Sachverständige vernommen wurden. Viele der Menschenhandelsopfer mussten im Ausland geladen werden, eine Zeugin stand unter Zeugenschutz, eine weitere Zeugin wurde im Rahmen einer Videovernehmung vernommen. Zudem hatte die Kammer über eine Vielzahl von Beweisanträgen zu entscheiden und sah sich nach Abschluss ihres Beweisprogramms dazu veranlasst, den Beteiligten eine Frist für die Stellung von Beweisanträgen zu setzen, um eine Verzögerung des Verfahrens zu verhindern.

Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5. April 2012 - 10 KLs 211 Js 62034/09


Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
@Marc hat bereits darauf hingewiesen, daß die Entscheidung mittlerweile doch rechtskräftig geworden ist.

Kasharius grüßt

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

Noch ein Nachtrag: Es stellt sich mir hier wieder die Frage, ob die in den Entscheidungen mitgeteilten Sachverhalte (unterstell sie träfen zu!) gewerberechtliche Kontrollmaßnahmen zum Schutz der hier betroffenen SW´s erfodern und fals ja welche? Jedenfalls sollte das nach meiner persönlichen Meinung eher diskutiert werden, als die kruden Äusserungen von Frau Schwarzer.


Kasharius grüßt

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Prostitutionseindämmung?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Konkurs wg. Sozialabgaben-Nachforderungen bei den 3 Rethelstraßen-Bordellen in Düsseldorf in Höhe von 7,5 Mio Euro.

www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=137657#137657

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Arum
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Re: RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.

Beitrag von Arum »

          Bild
Kasharius hat geschrieben: Dabei betrugen die Arbeitszeiten der Prostituierten bis zu 14 Stunden täglich an sechs Tagen in der Woche, wobei die Frauen auch bei Krankheit oder Menstruation zu arbeiten hatten. Bei einem Tageslohn von 150 Euro und geschätzten 30 bis 40 Sexualkontakten errechnete sich für die Prostituierten hier ein Entgelt je Kontakt unter 5 Euro.
Ohne nun jetzt die Verurteilten heiligsprechen zu wollen, kommt es mir schon seit längerem vor, sie seien vom eigenen Erfolg überwältigt gewesen. Ich sage das vor allem, weil diese 30 bis 40 Kontakte (wenn diese Zahl stimmt) erst dann zustande kamen, als der Laden richtig lief, als (wenn ich mich recht entsinne) zu jenem Moment einziger Flatrate überhaupt. Anfänglich nämlich war der Gästeanteil noch recht überschaubar, so habe ich selber das eine Mal festgestellt, als ich das Wuppertaler PC besucht habe. Ich glaube nicht, dass diese Betreiber sich auch nur vorstellen hätten können, welche Wellen ihr Konzept schlagen würde, und so hatten sie sich auch keine einschränkenden Massnahmen ausgedacht, um die Frauen zu schützen (ausreichende Erholungspausen usw.). Umso mehr auch wo sie nicht selber in Deutschland wohnten, sich nicht wirklich über die finanziellen Verhältnisse hier im Klaren waren. So wurden sie in Windeseile vom eigenen Erfolg überrumpelt, und lief es da völlig aus dem Ruder, mindestens wo es geht um arbeiten müssen trotz Krankheit.

Andererseits, auch wenn natürlich 5 Euro pro Kontakt sehr schlecht bezahlt ist (ist aber damit zu relativieren, dass jeder Kontakt höchstens eine Viertelstunde dauern durfte, also letztendlich ein Stundenlohn von 20 Euro), erhielten die Frauen bei anscheinend sechstagigen Arbeitswochen und 150 Euro pro Tag, insgesamt also 3600 Euro im Monat.

Zu jenem Zeitpunkt (also 2009) betrug das deutsche Durchschnittsmonatseinkommen 27.728: 12 = 2310,67 Euro (siehe http://de.statista.com/statistik/daten/ ... seit-1960/). Das rumänische wohl irgendwo um die 250 Euro herum....

Da sieht man wieder wie relativ die Idee der Ausbeutung hantiert wird, sobald es um Prostitution geht...
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Beitrag von fraences »

In einem Club in Moers, wo ich in den 90er Jahre gearbeitet habe, erlebte ich folgendes:

Ich war die einizige Deutsche unter den dort arbeitenden Ukrainerinnen und Russen in dem Club. Es war die Zeit, wo über das 3 monatige Touristenvisum viele Migrantinnen aus Russland und aus der Ukraine hier in der Prostitution tätig waren.

Der Abrechnungsmodus war bei einem Stundenservice 300 DM, davon für mich (übliche Abrechnung 50%) 150 DM ausgezahlt.

Bei der abendlichen Abrechnung mit dem Chefin belam ich mit, das die anderen nur 50 DM ausgezahlt bekamen.

Als ich am Feierabend (wir übernachteten in dem Club) die Kolleginnen versuchte, sie auf dieser Ungerechte Auszahlung aufmerksam zu machen, bekam ich folgende Antwort:

"Uns egal, 50DM , viel Geld für uns, viel Rubel, Familie zu Hause haben Hunger, können 14 Tage von diesem Geld leben. Du ruhig, nix sagen, wir zu frieden. Viel Geld!

Als die Razzia kam, wurden die Frauen, da sie nicht mit der Polizei kooperierten und keine Aussagen machten, wurden sie in Abschiebehaft gesteckt und abgeschoben.

Im Laufe des Ermittlungsverfahren stellte sich raus, das der nicht ausgezahlte Lohn, der Differenzbetrag war, was für die Vermittler aus Russland für die Erstellen der Visadokumente und Transportkosten (sie beliefen sich damals auf ca. 10.000 bis 20.000 DM) gingen.

So wie mir die Frauen erzählten, damit haben sie sich die Möglichkeit geschaffen hier freiwillig der Prostitution nach zugehen, praktisch ihren Arbeitsmöglichkeit zu schaffen.

Sie sahen es ganz anders, als die Ermittlungsbehörden es strafrechtlich einstuften.

Liebe Grüße, Fraences
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Beitrag von Kasharius »

Liebe @freances,

danke. Jetzt kann ich Dein Posting im Gästeforum besser einordnen.Opfer ist eben nicht gleich Opfer! Jemand kann sich bewusst für Sexarbeit entscheiden und in "ausbeuterischen" Strukturen landen. Die Antwort ist mehr Empowerment für SW aber sicher kein Verbot der SExarbeit.

Kasharius grüßt und wünscht einen schönen 3. Advent

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Beitrag von fraences »

Danke. Kasharius

Auf das andere Posting wollte ich Dir noch antworten(hab mich dort etwas unverständlich aufgedrückt), kam aber noch nicht dazu.

Wenn der Gesetzgeber Gesetze verabschiedet, das Opfer von Menschenhandel keine Aussagen machen können, sondern das die Verfolgungsbehörden definieren, wer Opfer ist oder nicht anhand von Indizen. So spricht man Menschen, die es aus ihre Perspektive anders sehen, das Recht auf freie Berufsausübung ab.

Betonen möchte ich, das ich gegen Ausbeutung bin, aber auch gegen Gesetze, die Menschen kriminalisieren, bzw uns noch mehr in der Ausübung unsere Arbeit behindern. Davon haben wir schon zu viele.

Ja, Kasharius.Wir brauchen Empowerment!

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RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.20

Beitrag von Jupiter »

Die von Fraences geschilderte Situation wird unter dem Titel "Werkverträge" wieder aufleben, wenn die Betriebe verpflichtet werden, die SW sozialversicherungpflichtig anzumelden. Der Betrieb hat dann eben einen Werkvertrag mit dem "Vermittler", der z. B. in Rumänien sitzt und den das deutsche Arbeitsrecht nicht interessiert.
So läuft das doch jetzt in der Industrie.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Bewertung des Urteils in der Boulevard-Presse

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ich kopiere das nochmal hierhin, weil durch diesen Boulevard-Artikel der Hintergrund zu den obigen Prozessakten ans Tageslicht kommt:


ERMITTLER ÜBERFÜHRTE BORDELL-BOSS
Der Staatsanwalt mit der Al-Capone-Methode


Von MARC HERRIGER

Staatsanwalt Hendrik Timmer hat es mit dem alten Al-Capone-Trick geschafft: Er brachte einen gewieften Rotlicht-König wegen Steuerhinterziehung doch noch in den Knast.


KLEVE – Ein Staatsanwalt mit Mut und Ideen: Hendrik Timmer (43) aus Kleve hat jetzt einen Bordell-Boss hinter Gitter gebracht. Weil er ihn wegen Menschenhandel kaum belangen konnte, forschte Timmer in den Büchern des Sex-Clubs – und kriegte den Rotlicht-König wegen Steuerhinterziehung dran.

Schon im Chicago der 20er Jahre zeigte sich, dass selbst der bekannteste Gangster-Boss nicht leicht zu verurteilen ist. Selbst Superermittler Eliot Ness (verewigt im Film „Die Unbestechlichen“) konnte Al Capone nicht hinter Gitter bringen. Das schaffte erst das US-Finanzamt. Capone kam wegen Steuerhinterziehung in den Knast.

Eine Inspiration für den Klever Staatsanwalt Hendrik Timmer. Er hat den Emmericher Bordell-Boss Esed D. ebenfalls über die Steuern zu Fall gebracht. Sogar der „Spiegel“ berichtete über den mutigen und kreativen Ansatz des Anklägers vom Niederrhein.
Esed D. betrieb in Emmerich jahrelang einen FKK-Club namens „Fun Garden“. Immer wieder gab es den Verdacht des Menschenhandels – Frauen aus Osteuropa sollen in dem Club zur Prostitution gezwungen worden sein. Doch die verängstigten Opfer weigerten sich fast immer auszusagen.

[ Die Sexworker haben wohl auch recht gut verdient und waren demnach vermutlich auch in großer Zahl oder gar mehrheitlich eher zufrieden?! Anm. ]

„Uns fiel dann auf, dass die Gewerbeanmeldungen, die die Damen beantragt hatten, alle von der Lebensgefährtin von Esed D. unterschrieben waren. Da haben wir uns gefragt, wie es wohl um die Selbstständigkeit der Damen steht“, sagt Timmer zum EXPRESS.

[ Da sind die Sprachschwirigkeiten der Sexworker-Migrantinnen und auch die Behörde teilweise mitschuldig sowas zugelassen zu haben, oder? Jedenfalls hat es der Richter so angemahnt s.o. im Urteilstext. Anm. ]

Bei einer Riesen-Razzia in Emmerich fanden die Ermittler die doppelte Buchführung des Bordell-Chefs.

Dank einer spektakulären Razzia im Club und den Privatwohnungen von Olga G. und Esed D. fanden Timmer und Kollegen die doppelte Buchführung des Clubs – penibel eingetragen in DINA5-Hefte.

Am Ende stand das Urteil: 5 Jahre und 8 Monate für Esed D. wegen Hinterziehung von 41 Millionen Euro!

www.express.de/duesseldorf/ermittler-ue ... 78554.html



Dass die doppelte*) Buchführung in Schulheften (A5) in der Privatwohnung geführt wird, soll hier wohl in Verbindung mit der hohen Millionensumme nach besonders hoher krimineller Energie klingen. Aber die hohe Summe kommt vornehmlich zustande, weil eine Bewertungsumstellung der Sexarbeit im Bordellbetrieb stattgefunden hat. Es wird neuerdings Unselbständigkeit unterstellt, wo früher regelmäßig Alleinselbständigkeit konstruiert wurde von Betreiber- UND Behördenseite, weil abhängige Beschäftigung ja als Zuhälterei und Menschenhandel kriminalisiert waren.

Es ist daher als Interpretation aus der ferne auch möglich zu vermuten, dass es eine "milieutypische" Unwissenheit bezüglich der jetzt neuen richtigen Buchaltungsregeln gegeben haben mag. Denn Sexwork war bis 2002 stets kriminalisiert worden und mußte in einer rechtlichen Grauzone bleiben und somit gab es kaum professionelle Unternehmer und wenige professionellen Arbeiterinnen im Sinne von formaler buchungstechnischer Rechtmäßigkkeit. Es gab ja auch kein Arbeitsrecht der Prostitution! Es gabt ja auch öffenlich sichtbar keine Praxisbeispiele oder Rollenvorbilder für eine erfolgreiche Gewerbeumstellung von ehemals verboten-nur-geduldetem Bordellbetrieb hin zu dann legal-bestens-buchhalterisch-dokumentierten Prostitutionsstätten.

Das ist vermutlich so, weil die Vorurteile gegen das "Milieu" trotz Legalisierung durch ProstG in 2002 weiter fortbestehen und es im Norden und Süden von Deutschland eine wenn auch unausgesprochene so doch deutliche Politik zur Prostitutionseindämmung gibt. Diese könnte man jetzt durch dieses Urteil auch als bestätigt sehen. Auch durch den Al-Capone-Vergleich der ja aus der Prohibitionszeit entstammt in der wir noch nicht sind aber die Prostitution scheinbar wieder gedrängt werden soll? Schließlich wird Prostitutionsprohibition gerade im Nachbarland Frankreich in Gesetzesform gegossen (Neo-Abolitionismus nach Schwedischem "Modell").

Wegen Bildungsproblemen und fehlender Legalitätskultur haben auch viele Sexworker große Probleme mit Rentenversicherung und Steuern (Ausstiegsprobleme wegen zu geringer Rücklagen wegen zu geringer Freibeträge im Gegensatz zu Fußballern !!!). So jedenfalls jetzt im Nachbarland Niederlande erkannt, wo die Legalisierung bereits 2000 stattfand. Einfach weil viel Wissen fehlt und die Umstellung ins Legale für viele sehr schwer ist, weil die Stigmatisierungen unverändert bestehen geblieben sind. Und jetzt in wirtschaftlich schweren Zeiten verschärfen sie sich sogar noch, so wie z.B. auch Vorurteile gegen Ausländer lauter vorgetragen werden sogar von konservativen Parteipolitikern...

Da scheint viel Scheinheiligkeit am Werk zu sein, oder sehe ich das zu einseitig?




___

*) mit "doppelter Buchführung" (Doppik) scheint in dem Zeitungsartikel auch nicht der steuerrechliche Fachbegriff gemeint zu sein http://de.wikipedia.org/wiki/Doppelte_Buchhaltung im Gegensatz zu einfacher Buchführung oder EÜR für Sexworker, sonder gemeint ist hier vmtl. eine zweite geheime Version von Geschäfts-Aufzeichnungen?! Ob ein wirklicher Krimineller so fahrlässig ist solche Dokumente die ihn überführen können überhaupt anzufertigen?

Bisher haben uns die Medien jedenfalls keine Details aus solchen Prozessakten oder dem Prozessgeschehen mitgeteilt. Auch der Urteilstext selbst ist kaum wirtschaftlich-buchhaltungstechnisch exakt nachvollziehbar im Sinne einer wirtschaftlichen Gesamtrechnung, die das Strafmaß jedoch wesentlich zu bestimmen scheint?!

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RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.20

Beitrag von fraences »

JUSTIZ
Klare Sicht im Saunaclub


Staatsanwalt Hendrik Timmer aus Kleve in seinem Büro an der Ringstraß.

Kleve - Staatsanwalt Hendrik Timmer klagte erfolgreich gegen die Bordellbetreiber des Fun-Gardens. Mit seiner Herangehensweise sorgt er nun deutschlandweit für Furore

Für Hendrik Timmer war es der erste Fall im Rotlichtmilieu. Eigentlich bearbeitet der Klever Staatsanwalt klassische Wirtschaftsdelikte wie die Bekämpfung von Schwarzarbeit, die Hinterziehung von Steuern oder Sozialversicherungsbetrug – und nicht die Machenschaften von Bordellbesitzern, Menschenhändlern und Prostituierten. Hendrik Timmer ist sozusagen „nicht vom Fach“, aber im Grunde genommen hat er sich im Fall „Fun-Garden“ auch eher mit der wirtschaftlichen Kriminalität des Emmericher Saunaclubs beschäftigt – und damit offenbar einen wirksamen Hebel zur Bekämpfung illegaler Prostitution gefunden. Der Fall „Fun-Garden“ erregt zurzeit deutschlandweit Aufmerksamkeit.


Steuerhinterziehung
Hendrik Timmer hat im vergangenen Jahr einen neuen Weg gefunden, die Kriminalität in sogenannten Saunaclubs zu bekämpfen. Nicht nur die menschenverachtende Zwangsprostitution und der Menschenhandel waren seine Ansatzpunkte, sondern auch die Hinterziehung von Steuergeldern und Sozialabgaben. Er machte dies zum Gegenstand seiner Anklage gegen die Betreiber des „Fun-Gardens“. Das Landgericht Kleve folgte seiner Argumentation, dass die Prostituierten nicht selbstständig arbeiteten, sondern in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Arbeitgeber standen. Das Gericht stellte fest, dass die beiden Bordellbetreiber 4,1 Millionen Euro an Steuern hinterzogen und Sozialbeiträge nicht gezahlt hätten und verurteilte sie zu Gefängnisstrafen.

Hendrik Timmer erklärt, dass man im Grunde nachweisen müsse, dass die Prostituierten kein selbstständiges Gewerbe betreiben. Im Fall „Fun-Garden“ konnte man schnell stutzig werden. Die Frauen kamen allesamt aus Osteuropa und sprachen kaum deutsch. Die Gewerbeanmeldung wurde ihnen von der Bordellbetreiberin abgenommen: „Aber wie kann jemand ein Gewerbe betreiben, der sich noch nicht einmal selbstständig anmelden kann“, fragte sich Timmer. Für ihn war es ein Ansatzpunkt, sich den Fall genauer anzusehen.

Detaillierte Aufzeichnungen
Der Staatsanwalt steckte viel Zeit in die Vorbereitung der Ermittlungen. Fast anderthalb Jahre dauerte es von der Einleitung des Verfahrens am 17. November 2010 bis zum Zugriff im März 2012. Die enge Zusammenarbeit mit 4 Ermittlungsbehörden auf Bundes- und Landesebene zahlte sich am Ende aus. Timmer koordinierte die Aktionen von Kleve aus. Bei einer Durchsuchung des Bordells und der Privaträume des Betreiberehepaares wurde viel belastendes Material gefunden. Detaillierte Aufzeichnungen, die zu einer Verurteilung führten.

Hendrik Timmer weiß, dass es in Deutschland mittlerweile viele bordellähnliche Betriebe gibt, die nach dem Saunaclub-Prinzip funktionieren. Vordergründig arbeiten die Frauen selbstständig, sie zahlen Eintritt und Getränke, bezahlen die Übernachtung. Um herauszufinden, ob die Frauen tatsächlich selbstständig arbeiten, gibt es letztlich viele Einzelfaktoren, die zu prüfen sind. Zum Beispiel:
- ob sie ein unternehmerisches Risiko tragen,
- in einen Betriebsablauf integriert oder
- weisungsgebunden sind.
Der Fun-Garden habe zum Beispiel die Werbung für die Frauen übernommen.
In Anzeigen hieß es „Unsere Mädels“. Auch das unternehmerische Risiko war nicht vorhanden – sie mussten lediglich den Eintritt und die Übernachtung zahlen.

Angst und Bedrohung
Das eigentliche moralische und menschliche Drama der Prostituierten, ihre Zwangsarbeit und gewalttätige Unterdrückung, ist für die deutschen Gesetzeshüter nur schwer zu beweisen. Auch Hendrik Timmer hat 12 Fälle von Menschenhandel zur Anklage gebracht, aber nur in „anderthalb Fällen“ gab es deswegen eine Verurteilung. „Wir haben in keinem Fall nachweisen können, dass die Frauen unter einem Vorwand in das Bordell gebracht worden sind“, sagt Timmer, der weiß, dass in der Szene Angst und Bedrohung eine Rolle spielen. Die Aussagen der Prostituierten selbst seien oft widersprüchlich oder aufgrund von Übersetzungsschwierigkeiten schlecht zu verwenden: „Die Klarheit der Zeugenaussagen geht bei Übersetzungen oft verloren“.

Der Fun-Garden in Emmerich hat nach dem Urteil seine Türen geschlossen. Heute heißt der bordellähnliche Betrieb „Sun-Temple“ und wirbt auf der Internetseite mit „Partyabenden der erotischen Art“ und „Wir sind ein reinrassiger Wellness- & Party-Saunaclub und bieten Vergnügen auf höchstem Niveau“. Die 10 leicht bis gar nicht bekleideten „Girls“ werden als Nikki, Ramona und Larissa vorgestellt.

Ist das für einen Staatsanwalt nicht frustrierend? „Es ist ein Kampf gegen Windmühlen“, sagt Timmer kurz und vielsagend.


www.derwesten.de/staedte/nachrichten-au ... 35033.html
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Re: RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.

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fraences hat geschrieben: Die Frauen kamen allesamt aus Osteuropa und sprachen kaum deutsch.


Nein, stimmt nicht. Mindestens die von mir hier schon mal erwähnte Frau war Ausländerin, aber nicht aus Osteuropa, und sie sprach ein gutes Deutsch.


Ist das für einen Staatsanwalt nicht frustrierend? „Es ist ein Kampf gegen Windmühlen“, sagt Timmer kurz und vielsagend.


Wieder so einer, der tut als ob er schon mal ein Buch gelesen hat. Kämpfen gegen Windmühlen bedeutet, von Don Quijote her, eben das genaue Gegenteil des hier Gemeinten. Und zwar, dass es das Problem, wogegen angekämpft wird, tatsächlich nicht gibt.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Snickerman
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Beitrag von Snickerman »

Zitat:
"Angst und Bedrohung
Das eigentliche moralische und menschliche Drama der Prostituierten, ihre Zwangsarbeit und gewalttätige Unterdrückung, ist für die deutschen Gesetzeshüter nur schwer zu beweisen. Auch Hendrik Timmer hat zwölf Fälle von Menschenhandel zur Anklage gebracht, aber nur in „anderthalb Fällen“ gab es deswegen eine Verurteilung. „Wir haben in keinem Fall nachweisen können, dass die Frauen unter einem Vorwand in das Bordell gebracht worden sind“, sagt Timmer, der weiß, dass in der Szene Angst und Bedrohung eine Rolle spielen. Die Aussagen der Prostituierten selbst seien oft widersprüchlich oder aufgrund von Übersetzungsschwierigkeiten schlecht zu verwenden: „Die Klarheit der Zeugenaussagen geht bei Übersetzungen oft verloren“."

Propaganda, wie sie plumper kaum vorstellbar sein kann.
Da wird mit üblen Ressentiments gespielt, unterstellt und gejammert- der Staatsanwalt hat die meisten Fälle nicht beweisen können,
schuld sind natürlich nicht die Ermittlungsbehörden!
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Auch das unternehmerische Risiko war nicht vorhanden – sie mussten lediglich den Eintritt und die Übernachtung zahlen.

Wenn eine Sexarbeiterin folgende sexarbeit-typische Leistungen erbringen muß:
- Eintrittkosten im Voraus entrichten
- Übernachtungskosten
- Anwesenheits-Zeit investieren (= Opportunitätskosten)
- auf die eigene Gesundheit acht geben (Kondome bereit halten, regelm. eigenen STI Test organisieren...)
- eigenes Outfit (Puff-Klamotten) und Make-Up
- den ganzen Tag in High-Heels im Show-Performance-Modus agieren (teilweise nackt und unbezahlt)
- den Wettbewerb mit vielen intl. Kolleginnen aushalten bzw. bestehen
- gekonntes Sexworker-Lächeln auflegen
- zunächst manigfaltige unbezahlte Konversationen betreiben (indirektes oder direktes Kobern)
- beste Kenntnisse in "Body Language" haben und anwenden
- Fremdsprachenkenntnisse und internationale Erotik transportieren können
- sich d.h. den eigenen Körper in bestem Zustand und knackig präsentieren (Fitness, körperlich-seelische Gesundheit, SWBO Prävention...)
- Organisation des Reiseplanes, der Visas und gültigen Pässe, Unterbringung der eigenen Kinder...
- Arbeit als Sexworker aufnehmen und es sich zuzutrauen in einer stigmatisierten Branche öffentlich vor die Kundschaft zu treten
- die eigenen Bilder als Sexworker im Internt präsentieren oder dafür freigeben...
- ...


dann soll all das keine unternehmerische Sexarbeittätigkeit sein?

Wenn Sexworkern dann (wg. angeblich nicht ausreichenden Deutschkenntnissen, wg. fehlender weil vom Gewerbeamt nicht persönlich verlangter Unterschrift, wg. fehlendem selbst angemieteten Raum und wg. fehlender für die eigene Person geschalteter Werbeanzeigen) "unternehmerisches Handeln" abgesprochen wird, dann ist das hochgradig paternalistisch, frauenfeindlich und rassistisch den internationalen Sexworkern gegenüber, ihnen ihre Kompetenzen und Rechte absprechend. So zu urteilen und zu berichten ist eine Abwertung und Mißachtung von Sexarbeit durch Schreibtischtäter.

Wenn alles in diese To Do Liste nichts zählt und nichts Wert sein soll, kann es sich nur um offene Prostitutionsfeindlichkeit handeln (Misoharlotry, Whorephobia).

Mit solchen Urteilen werden neue Hürden aufgebaut, die die Sexworker schwächen und verletzlich machen, statt sie zu stärken.

Gestärkt werden Sexworker, wenn das Urteil festgestellt hätte, dass ein Sexworker-Betriebsrat fehlt... dass es keine Mitarbeiterfortbildungen wie etwa Deutschkurse und Versicherungsberatung gab...

Es sind erst solche Urteile, die Sexworker zur Ware und zum Objekt machen und ihnen ihre freie unternehmersiche Entscheidung und unveräußerlichen Rechte absprechen. Das was die Prostitutionsgegner nicht müde werden der Prostitution vorzuwerfen (Körper verkaufen = zur Ware degradiert sein), das wird erst durch solche Vorteile über den Weg von Rechtsurteilen, Gesetze und Medienberichterstattung in die Prostitutionsrealität eingebaut was diese dann strukturell so prekär macht, dass einem der Ruf nach Verboten als einzige Lösung erscheint...


Ein Teufelskreis, der Entsteht weil man nicht mit Sexworkern spricht.

Und auch dafür gibts schon eine Ausrede: „Die Klarheit der Zeugenaussagen geht bei Übersetzungen oft verloren“.


No bad whores - just bad laws !!!