Abrechnung mit den Freiern

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lust4fun
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Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von lust4fun »

"Ich ekelte mich vor Euch und euren Fantasien"

Eine dänische ehemalige Sexworkerin rechnet in einem offenen Brief mit ihren Freiern und der Prostitution ab.

Es braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, dass dieser Text die Runde machen wird und die Autorin zur Kronzeugin gegen Prostitution erhoben wird.

Die Welt, 13.1.14

http://www.welt.de/vermischtes/article1 ... 1198385464

(Original: 3.1.14, http://tanjarahm.dk/14-til-dig-der-kober-sex/)

***********

Lieber Sex-Käufer,

falls Du glaubst, dass ich jemals Lust auf Dich hatte, liegst Du schrecklich falsch. Nicht ein einziges Mal bin ich mit Lust zu meinem Job gegangen. Das Einzige, das mich beschäftigt hat, war, schnelles Geld zu verdienen. Verwechsle das nicht mit leicht, denn leicht war das nicht. Aber schnell, ja. Weil ich viele Tricks lernte, wie Du so schnell wie möglich kommst – sodass ich Dich, auf mir, unter mir oder hinter mir, so schnell wie möglich wieder loswerden konnte.

Nein, auch während des Sex empfand ich keine Lust. Ich war nur gut darin, Dir das vorzuspielen, weil ich das viele Jahre lang umsonst üben konnte. Tatsächlich kann man das auch als Multitasking bezeichnen, denn während Du da lagst, waren meine Gedanken an einem anderen Ort. Ein Ort, an dem ich mich nicht darum kümmern musste, dass ich es Dir erlaubt hatte, meine Selbstachtung aus mir herauszusaugen.

Wenn Du geglaubt hast, dass Du mir einen Gefallen getan hast, weil Du mich für eine halbe oder ganze Stunde bezahlt hast, irrst Du Dich. Ich wollte Dich nämlich nur schnell rein und schnell wieder raus haben.

Wenn Du geglaubt hast, Du wärst ein Heiliger, weil du mich fragtest, was so ein niedliches Mädchen wie ich denn da mache, dann hast Du Deinen Heiligenschein verloren, als Du mich kurz darauf gebeten hast, mich auf den Rücken zu legen – um dann durch Deine Berührungen meinen Körper mit blauen Flecken zu markieren, als sei es Dein Revier. Ich habe es vorgezogen, wenn Du Dich flach hinlegtest und mich meinen Job machen ließt.

Wenn Du geglaubt hast, Du könntest bei mir Deine Männlichkeit stärken, indem Du versuchtest, mir einen Orgasmus zu bescheren, dann solltest Du wissen, dass ich Dir den Höhepunkt goldmedaillenreif vorgespielt habe. Ich habe ihn so gut gefälscht, dass die Telefonistin am Empfang vor Lachen fast vom Sofa fiel, wenn ich aus dem Laden ging. Womit hattest Du denn gerechnet?

Ich hatte nur Verachtung für Dich übrig

Du warst vielleicht Nummer drei, Nummer fünf oder Nummer acht an diesem Tag. Glaubtest Du wirklich, dass ich mental oder physisch angetörnt werden kann von einem Mann, den ich mir nicht selbst ausgesucht habe? O nein. Mein Unterleib brannte. Von Gleitcreme und Kondomen.

Und ich war müde. So müde, dass ich mich zwingen musste, die Augen offen zu halten, während mein Gestöhne routiniert ablief.

Falls Du geglaubt hast, dass Du für ein freundliches Schwätzchen oder für Loyalität bezahlt hast, dann musst Du umdenken. Deine Verteidigungsreden waren mir gleichgültig. Ob nun Deine Frau eine Beckenringlockerung hatte und Du ja nicht ohne Sex auskommen konntest oder Du andere dämliche Erklärung für Deinen Besuch bei mir und die Tatsache hattest, dass Du mich für Sex bezahlt hast. Wenn Du geglaubt hast, dass ich dafür Verständnis hatte, dann log ich. Ich hatte nur Verachtung für Dich übrig. Gleichzeitig hast Du etwas in mir zerstört, du hast nämlich Zweifel in mir gesät.

Zweifel, dass alle Männer so zynisch und untreu sind wie Du. Wenn Du mein Aussehen gelobst hast, meinen Körper oder meine sexuellen Fähigkeiten, hättest Du genauso gut auf mich spucken können. Du hast nicht den Menschen dahinter gesehen. Du hast nur das gesehen, was Deiner Illusion der geilen Frau mit der nicht zu stoppenden Sex-Lust entspricht.

Die Dinge, die ich hören wollte, hast Du einfach nicht gesagt. Im Gegenteil: Du hast nur das gesagt, was Du selbst hören wolltest. Dinge, die Deine Vorstellungen bestätigten und die bewirkten, dass Du der Frage aus dem Weg gehen konntest, wie ich im Alter von 20 Jahren dort gelandet war. Das war Dir völlig egal. Denn Du hattest nur ein Ziel: Deine Macht zu beweisen, indem Du mich bezahlst und meinen Körper benutzt, wie es Dir gerade gefällt.

Wenn plötzlich ein wenig Blut am Kondom klebte, lag es nicht nur an meiner Menstruation, die gerade eingesetzt hatte. Es lag daran, dass mein Körper eine Maschine war, die nicht einfach abgeschaltet werden konnte, nur weil ich so etwas wie einen Zyklus habe.

Darum habe ich einen Naturschwamm in meinen Unterleib eingesetzt, damit ich mich weiter aufs Laken legen konnte. O nein, ich ging nicht nach Hause, nachdem Du nach Hause gegangen bist. Ich habe weitergearbeitet und dem nächsten Kunde genau die gleiche Geschichte erzählt. Und Ihr wart alle zusammen so von Eurer eigenen Geilheit besessen, dass Ihr Euch auch nicht von einem kleinen Tropfen Blut stoppen ließt.

Du warst drohend und grob

Wenn Ihr mit verschiedenen Hilfsmitteln, mit Unterwäsche oder Sexspielzeug gekommen seid und erotische Rollenspiele spielen wolltet, hat die Maschine in mir übernommen. Ich ekelte mich vor Euch und vor Euren teilweise kranken Fantasien. Das habe ich auch getan, wenn Ihr über Euer ganzes Gesicht gegrinst und behauptet habt, dass ich wie eine 17-Jährige aussehe. Dass Ihr weit über 50, 60 oder 70 Jahre alt wart, hat es nicht besser gemacht.

Wenn Du in regelmäßigen Abständen versucht hast, meine Grenzen zu überschreiten, indem Du mich geküsst oder Finger in mich gesteckt oder das Kondom ausgezogen hast – selbst wenn Du ganz genau wusstest, dass das nicht erlaubt war –, hast Du meine Fähigkeit getestet, mich zu wehren. Und Du hast es ausgenutzt, wenn ich nicht deutlich genug war oder viel zu nachsichtig. Das hast du auf eine kranke Weise ausgenutzt, wenn Du beim nächsten Mal ausprobiert hast, wie viel Macht Du hattest und wie weit Du meine Grenzen überschreiten konntest.

Wenn ich dann endlich Nein gesagt und Dir klargemacht hatte, dass Du nicht wiederkommen solltest, wenn Du meine Grenzen nicht akzeptierst, dann hast Du Deine Ehre wiederhergestellt, indem Du mich in meiner Rolle als Prostituierte erniedrigt hast. Du hast von oben herab mit mir gesprochen, warst drohend und grob.

Wenn Du Sex kaufst, sagt es sehr viel über Dich aus, Deine Ansichten über Menschen und über Deine Sexualität. In meinen Augen ist es ein ziemlich großes Zeichen von Schwäche, selbst wenn Du es mit einer kranken Form von Macht und Status verwechselst. Du glaubst, Du hast ein Recht dazu. Die Prostituierten sind ja ohnehin da. Aber weiß Du was?

Die Prostituierten sind nur da, weil Männer wie Du einem gesunden und respektvollen Verhältnis zwischen Männern und Frauen im Weg stehen. Die Prostituierten existieren nur, weil Männer wie Du sich berechtigt fühlen, ihre sexuellen Bedürfnisse in den Körperöffnungen anderer Menschen zu befriedigen.

Du musst ein frustrierter Mann sein

Die Prostituierten sind nur da, weil Du und Deine Gleichgesinnten behaupten, dass Eure Sexualität es fordert, ständig Zugang zu Sex zu haben, wann immer es Euch passt. Prostituierte gibt es nur, weil Ihr ein frauenverachtendes Weltbild habt und Ihr mehr an Euren sexuellen Bedürfnissen interessiert seid als an dem Verhältnis, in dem diese sexuellen Ausschweifungen stattfinden.

Wenn Du Sex kaufst, heißt das, dass Du den Kern Deiner eigenen Sexualität nicht gefunden hast. Ich finde, das ist schade für Dich. Wirklich. Dass Du so mittelmäßig bist zu glauben, Sexualität handelt davon, einen Orgasmus in einer fremden Scheide zu bekommen. Und wenn keine in Reichweite ist, ist sie doch nicht weiter weg als der Weg mit dem Auto in eine Straße, in der eine Frau auf die wartet, die Du dafür bezahlst, Dich in einer Plastikhülle in eine ihrer Körperöffnungen entleeren zu dürfen. Du musst ein verschmähter und frustrierter Mann sein.

Ein Mann, der es nicht schafft, tiefe und nahe Beziehungen herzustellen, in denen Verbundenheit mehr zählt als ein Höhepunkt. Ein Mann, der seinen Gefühlen nur durch einen Orgasmus freien Lauf lassen kann. Der es nicht schafft, über seine Gefühle zu sprechen, sondern sie lieber in seine Geschlechtsteile drückt, aus denen sie dann abfließen können. Gleichzeitig muss Deine Männlichkeit auf einem ziemlich niedrigen Stand sein. Ein maskuliner Mann würde sich niemals selbst erniedrigen und für Sex bezahlen.

Was Deine Menschlichkeit angeht, so glaube ich an das Beste, auch in Dir. Ich weiß, dass tief in Dir drin auch ein Gewissen schlummert. Dass Du Dich im Stillen schon gefragt hast, ob das, was Du machst, ethisch und moralisch in Ordnung ist.

Ich weiß auch, dass Du Dein Handeln verteidigt und gerechtfertigt hast, indem Du mich gut behandelt hast, lieb und zuverlässig warst, nie gemein oder etwa meine Grenzen überschritten hast. Aber weißt Du was? Das nennt man Ablehnung von Verantwortung.

Lass uns rufen, dass Sex keine Ware ist

Du weigerst Dich, die Realitäten zu sehen. Du redest Dir ein, dass die, die Du kaufst, keine Handelsware sind. Dass diese Frauen nicht zur Prostitution gezwungen sind. Vielleicht denkst Du tatsächlich, das Du mir einen Gefallen tust oder mir eine Atempause verschaffst, wenn Du über Wind und Wetter plauderst oder mich ein bisschen massierst, bevor Du meinen Unterleib penetrierst. Aber das war kein Gefallen. Was Du getan hast, hat meinen Verdacht erhärtet, dass ich nichts mehr wert bin. Dass ich nur eine Maschine bin, die es verdient hat, dass andere meine Sexualität ausbeuten.

Ich habe viele Erfahrungen über Prostitution gesammelt. Das versetzt mich in die Lage, Dir diesen Brief zu schreiben. Aber es ist auch ein Brief, den ich lieber nie geschrieben hätte. Es sind Erfahrungen, die ich lieber nie gemacht hätte. Selbst wenn ausgerechnet Du glaubst, ein netter Kunde gewesen zu sein. Es gibt keine lieben Kunden. Es gibt nur Kunden, die das negative Selbstbild von Frauen verstärken.

Willst Du Dich nicht für mich interessieren und mich als den Menschen sehen, der ich bin, jenseits von meinem Äußeren? Lass uns einen Neuanfang machen für die Zukunft: Lass uns zusammen mit unseren Freunden, unseren Freundinnen, unseren Arbeitskollegen, unseren Chefs, unseren Politikern und nicht zuletzt den Prostituierten im Chor rufen: Sex ist Privatsache. Es gehört zum Privatleben.

Lass uns rufen, dass Sex keine Ware ist, aber dass es großes menschliches Leid gibt, wenn es wie eine solche angesehen wird. Lass uns in die Welt rufen, dass Geld und Sex nicht zusammengehören, sondern dass Sex unter ganz anderen Gesichtspunkten stattfinden sollte. Dann gewinnst Du meinen Respekt wieder, und ich werde Dich als den Menschen ansehen, der Du bist – und nicht als Sexkunden, der sich von einer Illusion leiten lässt.

Herzliche Grüße, Tanja Rahm

Die Autorin, geboren 1977, lebt als Therapeutin und Autorin in Køge, südlich von Kopenhagen. Sie arbeitete von 1997 bis 2000 als Prostituierte. Der Text erschien zuerst auf ihrem Blog (tanjarahm.dk) und wurde anschließend von der norwegischen Zeitung "Aftenposten" veröffentlicht.

Übersetzung aus dem Norwegischen: Per Hinrichs

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malin
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Beitrag von malin »

Oje, das ist ein wirklich schlimmes Beispiel dafür was in einem Menschen passieren kann, wenn er in einem für sich falschen Beruf verharrt.

So eine innere Brandrede die geprägt ist von Ekel und Abscheu könnte ich mir auch wunderbar bei z.B. Ärzten oder Altenpflegern vorstellen, sofern sich diese Arbeit mit der Zeit als nicht für sie geeignet herausstellt, sie aber trotzdem warum auch immer weiterarbeiten.

Bloss möchte es zu diesem Thema vermutlich niemand hören.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

Angelique
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Beitrag von Angelique »

Ich frag mich halt auch, wenn das ganze gar sooo schrecklich war, warum hat sie es dann 3 Jahre lang gemacht?
Wenn man merkt, das ein Beruf der falsche ist und einem gar nicht gefällt, dann muss doch nach 2, 3 Wochen klar sein, dass es das nicht ist und man sucht sich was anderes.
3 Jahre einen Job machen und dann sowas schreiben..naja, ich weiß nicht...

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RitaD
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RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von RitaD »

So vieles kommt mir in dem Brief, mehr als nur bekannt vor.
Aber ekel, habe ich dabei nie empfunden.

Es gab Freier die meinten, du bist so schön und lieb, schade um dich.
Da sagte ich, wenn du denkst, das es schade um mich ist, legst du mir das Geld auf den Tisch und rührst mich nicht an.
Das hat dann doch keiner getan.
:003

CK
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RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von CK »

Vermutlich hat sie eben das Geld gebraucht. Im Leben muss man je nach persönlicher/finanzieller Situation vorübergehend auch vielleicht mal Jobs machen, die man weniger mag oder sogar hasst. Zumal je nach Lage des Arbeitsmarktes.

Desweiteren wissen wir alle, dass es leider auch unangenehme Kunden gibt, die sich daneben benehmen (nach "unsafe" fragen, geizig sind, die Damen verächtlich behandeln, Grenzen missachten, nicht sauber sind oder gar krank udgl). Diese nerven wohl ungemein.

Zudem scheint sie aber auch mit der Trennung von Sex und Liebe und der Kommerzialisierung von Sex (als reine Dienstleistung und Triebbefriedigung) aus moralischen Gründen selber nicht klar zu kommen. Dadurch nimmt sie alle Kunden, sogar die vielen netten, als "eklig" wahr (und der Selbstekel kommt dann auch auf). Da diese Kunden ihr zeigen, dass wir nicht die treuen "weissen Ritter" sind, die frau sich im eigenen Privatleben wünscht, schürt dann weiter die Wut, weil sie wegen ihnen den Glauben an Treue und monogame Beziehung verliert.

Wenn sie dann nur des Geldes wegen gar noch Praktiken anbietet, die sie hässlich findet, ist die Katastrofe endgültig perfekt.

Dass sie aussteigen konnte, ist sehr gut für sie. Sie sollte aber nicht den Fehler machen ihre Empfindungen auf Andere zu projezieren und diese, gar noch mit Staatsgewalt, "retten" zu wollen, was sie leider tut indem sie das "nordic model" propagiert.
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CK
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Re: RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von CK »

RitaD hat geschrieben: Es gab Freier die meinten, du bist so schön und lieb, schade um dich. Da sagte ich, wenn du denkst, das es schade um mich ist, legst du mir das Geld auf den Tisch und rührst mich nicht an.
Das hat dann doch keiner getan.
:003
:003 :003 :003

Was für Deppen! So Sprüche wie "schade um Dich" würde ich nie bringen.

Wir leben halt nicht in einem Glücksbärchiland. Rechnungen müssen von uns allen bezahlt werden und dafür muss etwas getan werden und jeder wählt aus, was ihm dafür, je nach konkreter Situation und Bedürfnissen, am besten erscheint.

Wenn eine Frau mir- wie vor einigen Wochen- erzählt, sie arbeite im Paysex für ihr Kind, nötigt mir das Respekt ab. Leid tut mir da gar nix, ich bin froh, dass wir eine schöne Zeit zusammen haben und sie nachher Geld hat um etwas mit dem Kind zu unternehmen. Verschenken tue ich aber nix.

Ausser vor kurzem. Das war aber keine professionnelle SexarbeiterIn. Ich hatte beim Onlinedating eine Frau kennengelernt, die urplötzlich durch einen Unfall in der Familie dringend Geld gebraucht hat. Sie hat in regelrechter Verzweiflung mir dann sogar- mehr oder weniger explizit- Sex für Geld angeboten. Das habe ich dann klar abgelehnt und ihr ein paar hundert Euro als Spende geschickt. Ich finde sie halt sehr toll und bin wirklich an ihr interessiert. Das ist also ein ganz anderer Kontext.
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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

Ist jetzt sicher sehr, sehr naiv, aber könnte das nicht auch ein provozierender politischer Fake sein, der das Gegenteil meint, von dem was sie schreibt...? So geballt abwertend zu argumentieren kommt mir ein bischen spanisch vor...

Kennt den jemand diese Dame näher...?

Kasharius grüßt stirnrunzelnd

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Snickerman
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Beitrag von Snickerman »

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Kasharius hat geschrieben:Ist jetzt sicher sehr, sehr naiv, aber könnte das nicht auch ein provozierender politischer Fake sein, der das Gegenteil meint, von dem was sie schreibt...? So geballt abwertend zu argumentieren kommt mir ein bischen spanisch vor...

Kennt den jemand diese Dame näher...?

Kasharius grüßt stirnrunzelnd
Das zwar nicht, aber so eine Ansammlung von allem, was von Abolitionisten als Argument vorgebracht wird,
verbunden mit einer derart massiven Herabwürdigung des Mannes an sich, wobei sie sich manchmal widerspricht...
Abgesehen davon fühle ich mich -so wie jeder verantwortungsvolle Freier- angegriffen und beleidigt.
So dumm und gefühllos, wie man(n) da dargestellt wird, sind wir nicht! Wir leben nicht im Glücksbärchiland und glauben, wir seien die tollsten Hechte. Manchmal habe ich von den Damen auch Geschichten erzählt bekommen, da habe ich dann nur genickt und meinen Teil dazu gedacht...
Das ist die klassische Story für diejenigen, die gar nichts mit diesem Business zu tun haben, um Vorurteile zu bestätigen, mehr nicht.

Edit: Ich komme auf der "WELT"-Seite nicht in die Kommentarfunktion? Anyone else?
Habe da nämlich noch eine Anmerkung zu ihrem Spruch:
"Ein maskuliner Mann würde sich niemals selbst erniedrigen und für Sex bezahlen."
DIESE Männer kenne ich! Das sind sie, die eine Frau anlügen und sie nur zum Po**** abschleppen und anschließend herumprahlen:
"ICH musste noch nie eine dafür bezahlen! Was kann ich denn dafür, dass die so doof sind zu glauben, ich wollte mehr als ne schnelle Nummer?"

Und nochmal: Wer erniedrigt denn nun wen?
Der Freier die Frau? Oder der Freier sich selber?
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

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Beitrag von Tanja_Regensburg »

Texte, wie den von Frau Rahm gibt es ab und an....

Vor Jahren ging schon mal eine solche "Abrechnung mit Freiern" durch die Foren....

viewtopic.php?t=506&postdays=0&postorder=asc&start=0

oder auch hier

http://www.freiercafe.com/showthread.php?t=6675

Ja, in diesen Texten steckt Wahrheit, allerdings persönliche Wahrheit von Menschen, die die Alternativen zu dieser Arbeit, auf Grund von persönlichen Prioritäten nicht wahrgenommen haben, sondern diesem Job dem geringeren Verdienst in anderen Job vorgezogen haben, oder einfach auch keine andere, für sie gangbare, Alternative gefunden haben.

Das entbindet aber niemanden von seiner persönlichen Verantwortung für das eigene Leben, und dem eigenen Wohl.
Ja, ich gestehe ihr zu sich geekelt zu haben.... zum einen vor Kunden/Männern, zum anderen großen Teil aber vor sich selbst, weil sie ihren eigenen moralischen Prägungen zuwider gehandelt hat.

Menschen wie Frau Rahm machen sich selbst zum Opfer .... um die Eigenverantwortung abgeben zu können, und sich vor sich selbst und anderen abgrenzen zu können, um in der "Gesellschaft" wieder anerkannt zu werden.

Ähnliches Verhalten gibt es oft auch bei ehemaligen Rauchern, die heute millitante Nichtraucher sind.. bei ehemals Übergewichtigen, die heute sportgestählte Körper haben und Übergewichtige verachten, oder bei Paaren, die sich nicht im Guten getrennt haben....

Das ist eine Schutzfunktion, um nicht selbst die Verantwortung zu übernehmen für das was man tut, bzw nicht getan hat.

LG Tanja

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Lucy
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Beitrag von Lucy »

mir tut die dame leid. sie hat so viel ekel und hass in sich. es sagt über sie aus, daß sie sich 3 jahre lang etwas angetan hat, was sie widerwärtig fand. das hat sich vermutlich tief in ihre seele eingebrandt. arme frau.

lg lucy

CK
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RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von CK »

@Tanja_Regensburg: Schön gesagt, sehe ich auch so. :003

@Snickersman: „Glücksbärchiland“ hast aber vorhin von mir geklaut ;) Aber du sprichst einen super Punkt an, den ich auch immer wieder gerne erwähne. Nämlich die Ehrlichkeit von Sex gegen Geld. Niemand wird dabei emotional verletzt, das Geschäft ist klar. Wobei gegen einen ONS auch nichts einzuwenden ist, solange alle daran beteiligten Seiten ihn wollen. Aber was eben nicht geht ist das Vorspielen von Gefühlen (also quasi - moralisch betrachtet- „Betrug, Vorspiegelung falscher Tatsachen u.ä.“) nur um eine Frau ins Bett zu bekommen um sie dann danach wie eine heiße Kartoffel wieder fallen zu lassen.

Es ist in der Tat unmoralisch einen anderen Menschen nur für seine Zwecke zu „benutzen“ oder vielmehr „auszunutzen“. Genau das tut ein Kunde aber nicht. Er handelt im Regelfall einen klaren Deal aus und tauscht im gegenseitigen Einvernehmen Wert gegen Wert. (Freie) Marktwirtschaft eben. Das sog. "Trader Principle":
http://aynrandlexicon.com/lexicon/trader_principle.html

Natürlich gibt es leider immer schwarze Schafe (auf beiden Seiten!), aber im Normalfall ist es so, wie von mir beschrieben. Man kann also sogar sagen, dass wir Kunden i.G. sehr moralisch handeln, da wir nicht- wie die von Dir beschriebene Hanswurst!- Frauen grausam verletzen.
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Emma-Gutversteckt
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RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von Emma-Gutversteckt »

Der Text ist extrem auf "emotional" getrimmt, weil er den Leuten die Augen öffnen soll, aber gerade durch diese wehleidige Emotionalität erreicht sie das komplette Gegenteil, weil es durch die Anfangsaussage mit dem "schnellen Geld" komplett unglaubwürdig wirkt.

Im Endeffekt sagt sie ja eigentlich nur, dass sie das Geld wollte, den Job gehasst hat und ihre Freier für Idioten hält. Eine derartig klare Aussage wäre zumindest ehrlich und verständlich gewesen. Da hätte sie die Dinge lieber klipp und klar beim Namen nennen und ein paar passende Stories dazu raushauen sollen; das wäre wenigstens noch irgendwie cool gewesen.

Sind jetzt die Männer Schuld daran, dass sie den Job gewählt hat oder daran, dass sie schnelles Geld wollte oder weil sie ihr das Geld gegeben haben oder weil sie für ihr Geld auch etwas bekommen wollten oder sind alle Männer sowieso von Natur aus schlecht und sollten möglichst schnell abgeschafft werden??? Alice lässt grüßen. :012
Liebe Grüße
Emma Gutversteckt

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RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von lust4fun »

In Dänemark bekam Tanja Rahm ein großes Fernsehinterview. Was sie darin äußert, entspricht nach Inhalt und Form sehr genau dem, was A. Schwarzer in Deutschland sagt. Es geht ihr um die Dekonstruktion des Bildes der glücklichen Hure und darum, dass die Gesellschaft käuflichen Sex nicht tolerieren sollte.
Medial interessant ist vielleicht die Wirkungsspirale von gegenseitigen Angriffen der Kontrahenten...

http://www.welt.de/vermischtes/article1 ... nisch.html

Fragender
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Beitrag von Fragender »

Ich bin hin- und hergerissen, wie ich auf die Abrechnung reagieren soll. Doch die Konsequenz ziehen und keinen Sex mehr kaufen, weil evtl. tatsächlich (fast) alle SexarbeiterInnen so denken? Ich bin sicher kein optischer Traumtyp und habe auch nur wenig Erfahrung mit Sex, weswegen ich ihr auch wahrscheinlich keine einmaligen Traumorgasmen bereiten kann. Aber bis vor kurzem habe ich angenommen, dass es ausreicht, wenn ich zu meiner Gastgeberin freundlich bin und körperlich gepflegt daherkomme, damit sie die Zeit mit mir nicht als unerträglich empfindet. Aber dann habe ich woanders einen ähnlichen Text gelesen und nun den oben, weswegen sich mir die Frage stellt, ob alleine die Tatsache, dass ich einer Frau Geld für Sex gebe und nicht besonders sexerfahren bin, von ihr als unerträgliche Unfreundlichkeit empfunden wird. Denn was soll ich dann noch machen, wenn ich sowieso das Arschloch bin, obwohl ich das gar nicht sein möchte und mich auch bemühe, das nicht zu sein? Mir wäre das ja alles völlig gleichgültig, wenn ich selbst Verachtung gegenüber meiner Gastgeberin verspüren würde, aber so ist es nicht und gerade deswegen möchte ich auch nicht von ihr verachtet werden. Obige Abrechnung nährt die Zweifel, dass sie das nicht doch tut.
Zuletzt geändert von Fragender am 23.01.2014, 18:24, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Lady Velvet Steel »

Vielleicht hilft Dir dieser Kommentar, um das alles mal in einem etwas anderem Licht betrachten zu können:

http://sexwork-deutschland.de/blogartik ... hantasien/

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Nymphe
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RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von Nymphe »

*seufz* ... dass irgendwer glauben könnte, dass solche Frauen die Regel sind in der Sexarbeit, bricht mir das Herz. Ja, es gibt Menschen, die sich in diesem Job manchmal oder ständig selbst vergewaltigen, ihre Kunden belügen und emotional die Quittung dafür bekommen. Nein, das ist weder normal noch der Sexarbeit inhärent (noch auf diese Branche beschränkt, übrigens).

Ja, es reicht völlig, Termine einzuhalten oder frühzeitig abzusagen, wenn man welche gemacht hat, frisch geduscht zu erscheinen, ganz normal höflich zu sein, den vereinbarten Betrag zu bezahlen und die (hoffentlich klar kommunizierten) Grenzen der SW zu respektieren, um ein angenehmer und gern gesehener Kunde zu sein. Wer als Dienstleisterin damit ein Problem hat, ist in diesem Job falsch, verdammte Hacke. Echt, das ärgert mich.

Aber tröste dich, mir geht's manchmal selbst so. Bei all dem Elend, dass wir gerade geballt in den Medien präsentiert bekommen, frage ich mich auch manchmal, ob ich die letzten Jahrzehnte irgendwie blind war, denn mir ist sowas bisher nur extrem vereinzelt untergekommen. Und dann nehme ich auch immer gern die Bestätigung der Kolleginnen: nein, das ist wirklich nicht die Regel.
It is no measure of health to be well adjusted to a profoundly sick society.

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Tanja_Regensburg
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Beitrag von Tanja_Regensburg »

Dieses Verhalten ist wirklich nicht die Regel...

Ich versteh die Aufregung ehrlich gesagt gar nicht und warum vor allem Kunden so verunsichert werden...

Als Kunde macht man nichts falsch, wenn man freundlich und höflich ist, so wie Nymphe schon geschrieben hat.

Es wird immer Anbieterinnen geben, die den Job gern machen, ihn neutral sehen oder aber einfach machen, weil sie das Geld reizt....

LG Tanja

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Jupiter
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RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von Jupiter »

Ich habe in meiner P6-Karriere schon viel Verschiedenes erlebt, ob Straßenstrich und Laufhaus (noch vor ProstG), später Wohnungen und Escort; ja und es hat auch Dinge gegeben, wo ich anfangs mangels Erfahrung etwas falsch gemacht habe. Eins war aber immer, die Dame hat ihre Persönlichkeit gewahrt und praktisch das entscheidende Wort gehabt. Sagte sie zu etwas „Nein“, dann war das auch ein wirkliches „Nein“. Klar versucht man, ggf. über „Umwege“ doch noch zu seinem Weg zu kommen. Betraf das „Nein“ etwas Grundsätzliches, dann blieb es dabei.
Deswegen verstehe ich das Gerede von „unehrenhaft“ oder dem Manne willentlich ausgeliefert überhaupt nicht. Das Gegenteil ist der Fall, gerade in diesem Bereich habe ich so viele durchsetzungsfähige Frauen erlebt.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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RE: Abrechnung mit den Freiern

Beitrag von CK »

Auf den Artikel gab es einige Antworten.

So hat u.a. der notorisch zu verbalen Ausfällen neigende Akif Pirincci auf "eigentümlich frei" zurück gespien:

http://ef-magazin.de/2014/01/14/4839-an ... tanja-rahm

Wie ich bereits auf Facebook anlässlich eines ganz anderen Artikels von ihm schrieb: der Typ ist einfach "underfucked" und nervt.

Weitaus schlimmer gar noch dieser spätpubertäre Unsinn:

http://www.das-maennermagazin.com/blog/ ... uierten-ab

(Diese beiden Artikel bestätigen leider alle Vorurteile von Alice Schwarzer bzgl. Klienten.)

Richtig gut finde ich hingegen diesen Artikel von einem tollen Blog einer tollen Frau:

http://erzaehlmirnix.wordpress.com/2014 ... frau-rahm/

Von ihr stammt bereits folgende Perle:

http://erzaehlmirnix.wordpress.com/2013 ... otherapie/



:001 :001 :001
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Ich bin: engagierter Außenstehende(r)

Beitrag von Kasharius »

Im Nachgang zu Interview des Berliner Rechtsanwalts Dr. Martin Theben in der Welt, es war an diesem Tag wohl der meistgelesene Text hat sich Frau Rahm wohl zu einem Streitgespräch in der Zeitung bereit erklärt; war wohl die Idee des zuständigen Redakteurs. Ich denke aber ein Jurist ist hier nicht der geeignete Protagonist, kann er doch schlecht die ERfahrungen Frau Rahms hinterfragen. Eine engagierte SExarbeiterin erscheint mir da geeigneter als Protagonistin eines solchen Gespräches...?

Was meint ihr...

Kasharius grüßt