Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
Es sieht so aus das der Wahnsinn kein Ende findet - Gerüchte (!Bitte beachten: Es sind lediglich Gerüchte!) besagen, dass der Termin der Änderungen nunmehr auf September verschoben werden könnte...... Ob es stimmt, oder nicht, wissen wir natürlich nicht - genauso wenig wie es die Leute wissen, die es eigentlich was angeht - die SexarbeiterInnen!
Die Vorgehensweise des österreichischen Finanzministeriums ist nicht wirklich nachvollziehbar - erscheint willkürlich - und kann nicht im Sinne einer Steuerklarheit positiv bewertet werden! Hier ist die Frage nach der Verantwortung für diese Standuptragedy bereits dringlich zu sehen!
Man beachte: Unabhängig davon, wie die Geschichte jetzt ausgeht - die illegale Vorgehensweise (Abzugssteuer durch BetreiberInnen von SexarbeiterInnen eingehoben) wird einfach fortgesetzt. Wie wenn es da nicht schon Erkenntnisse gegeben hätte, das diese Vorgehensweise nicht dem gesetzlichen Rahmen entspricht!
Die Vorgehensweise des österreichischen Finanzministeriums ist nicht wirklich nachvollziehbar - erscheint willkürlich - und kann nicht im Sinne einer Steuerklarheit positiv bewertet werden! Hier ist die Frage nach der Verantwortung für diese Standuptragedy bereits dringlich zu sehen!
Man beachte: Unabhängig davon, wie die Geschichte jetzt ausgeht - die illegale Vorgehensweise (Abzugssteuer durch BetreiberInnen von SexarbeiterInnen eingehoben) wird einfach fortgesetzt. Wie wenn es da nicht schon Erkenntnisse gegeben hätte, das diese Vorgehensweise nicht dem gesetzlichen Rahmen entspricht!
-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Heftige Kritik an Bordell-Steuer
Finanzministerium schafft Fakten und wischt Einwände der Club-Betreiber vom Tisch.
ollen Prostituierte Steuern wie jeder andere Berufstätige zahlen? Ja. Da sind sich Bundesregierung und Bordellbetreiber einig. Damit endet aber der Gleichklang. Denn bei der Art und Weise, wie die Abgaben entrichtet werden, gehen die Meinungen auseinander. Bis zuletzt wurde um eine Lösung gerungen, jetzt hat der Bund Fakten geschaffen: Ein umstrittener Erlass, der die Liebesdienerinnen mehrheitlich als unselbstständig Beschäftigte einstuft, tritt mit 1. Juli in Kraft. Die Bordellbetreiber fürchten erhöhte Abgaben und schäumen. Aus Niederösterreich kommt Kritik.
Wie berichtet, galt bisher bei Sexdienstleisterinnen in Bordellen, Saunaclubs oder Massagesalons ein Abzugssteuermodell. Von ihren Einnahmen mussten die Liebesdienerinnen einen Teil an die Betreiber der Etablissements abgeben. Die leiteten das Geld ans Finanzamt weiter. "Wir führen für jedes Mädchen eine Pauschale von 300 Euro ab, die so genannte beschränkte Einkommenssteuer", erklärte eine Bordellchefin aus dem Waldviertel im KURIER. Ansonsten seien die Mädchen selbstständig tätig, würden ihren Lohn selbst kassieren.
Da es in manchen Betrieben zu Unregelmäßigkeiten kam, will das Finanzministerium nun einheitlich besteuern. Im Erlass heißt es: "[...] sind daher ab 1. Juli 2014 bisherige pauschale Abzugssteuermodelle nicht mehr anzuwenden. Die Steuererhebung hat [...] nach den tatsächlichen Verhältnissen – nichtselbstständig oder selbstständig – zu erfolgen."
Elisabeth Kaufmann-Bruckberger… Landesrätin Kaufmann-Bruckberger - Foto: /Franz Hagl
Genau da ortet die in NÖ für Prostitutionsfragen zuständige Landesrätin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger viele Probleme. Prostituierte seien eben nicht beim Bordell angestellt, sondern müssten ihre Zimmer dort mieten. "Die Damen arbeiten auch nie ausschließlich in einem bestimmten Bordell. Sie sind meist in mehreren Betrieben tätig oder auch privat und auf Veranstaltungen tätig. Das macht die steuerliche Erfassung schwierig." Liebesdienerinnen hätten auch keine fixen Arbeitszeiten. "Und die tatsächlichen Einnahmen der Damen im Zimmer sind nie genau eruierbar."
Zuhälterei
Da ist das Ministerium anderer Ansicht: Betreiber müssten über die Umsätze ihres Betriebs Bescheid wissen. Daraus ergebe sich zwingend, "dass [...] auch jene Beträge bekannt sind, die der Sexdienstleisterin oder dem Sexdienstleister verbleiben".
Auch ein zweites Argument gegen die Lohnsteuerpflicht schmettert das Ministerium ab. Bordellchefs wie Christoph Lielacher – er betreibt mit dem Wiener "Funpalast" Österreichs größtes Bordell – geben zu bedenken, dass sich jemand, der Prostituierte im Angestelltenverhältnis beschäftigt, dem Verbrechen der Zuhälterei (§216 Strafgesetzbuch) strafbar macht. "Ich spiele sicher nicht für die Finanz den Zuhälter", ließ Lielacher im KURIER verlauten.
Das Ministerium wischt diesen Einwand unter Berufung auf Höchstgerichtsurteile vom Tisch und schreibt im Erlass: "Im Bereich der Prostitution sind für die Begründung eines steuerlichen Arbeitsverhältnisses nicht Weisungen des Bordellbetreibers an die Prostituierten in der Intensität gefordert, dass dadurch Strafhandlungen (zB § 216 StGB) gesetzt werden müssten."
Landesrätin Kaufmann-Bruckberger sieht im vorliegenden Erlass "eine wirtschaftliche Bedrohung aller Betriebe" und sie fürchtet damit verbunden "ein Abwandern der Prostituierten in die Illegalität". Damit sei das System der polizeilichen Registrierungen und der verpflichtenden Gesundenuntersuchungen gefährdet. "Ich habe den zuständigen Staatssekretär Jochen Danninger um einen Gesprächstermin ersucht, um die Bedenken diskutieren zu können", sagt Kaufmann-Bruckberger.
Im Finanzministerium ist man überzeugt, mit dem Erlass Rechtssicherheit und Transparenz für die Steuerpflichtigen zu erreichen. "In Fällen, wo es objektiv tatsächlich nicht möglich ist, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sind sie realitätsnah zu schätzen", erläutert Ministeriumssprecherin Daniela Kinz.
http://kurier.at/chronik/niederoesterre ... 70.547.524
---------------------
Der Wahnsinn bekommt schön langsam Methode.....
Es fällt scheinbar Niemand auf, dass die Jenigen um deren Steuern es letztendlich geht (die SexarbeiterInnen) überhaupt noch nicht gehört wurden..... Auch den Medien ist dieser Umstand augenscheinlich egal
Finanzministerium schafft Fakten und wischt Einwände der Club-Betreiber vom Tisch.
ollen Prostituierte Steuern wie jeder andere Berufstätige zahlen? Ja. Da sind sich Bundesregierung und Bordellbetreiber einig. Damit endet aber der Gleichklang. Denn bei der Art und Weise, wie die Abgaben entrichtet werden, gehen die Meinungen auseinander. Bis zuletzt wurde um eine Lösung gerungen, jetzt hat der Bund Fakten geschaffen: Ein umstrittener Erlass, der die Liebesdienerinnen mehrheitlich als unselbstständig Beschäftigte einstuft, tritt mit 1. Juli in Kraft. Die Bordellbetreiber fürchten erhöhte Abgaben und schäumen. Aus Niederösterreich kommt Kritik.
Wie berichtet, galt bisher bei Sexdienstleisterinnen in Bordellen, Saunaclubs oder Massagesalons ein Abzugssteuermodell. Von ihren Einnahmen mussten die Liebesdienerinnen einen Teil an die Betreiber der Etablissements abgeben. Die leiteten das Geld ans Finanzamt weiter. "Wir führen für jedes Mädchen eine Pauschale von 300 Euro ab, die so genannte beschränkte Einkommenssteuer", erklärte eine Bordellchefin aus dem Waldviertel im KURIER. Ansonsten seien die Mädchen selbstständig tätig, würden ihren Lohn selbst kassieren.
Da es in manchen Betrieben zu Unregelmäßigkeiten kam, will das Finanzministerium nun einheitlich besteuern. Im Erlass heißt es: "[...] sind daher ab 1. Juli 2014 bisherige pauschale Abzugssteuermodelle nicht mehr anzuwenden. Die Steuererhebung hat [...] nach den tatsächlichen Verhältnissen – nichtselbstständig oder selbstständig – zu erfolgen."
Elisabeth Kaufmann-Bruckberger… Landesrätin Kaufmann-Bruckberger - Foto: /Franz Hagl
Genau da ortet die in NÖ für Prostitutionsfragen zuständige Landesrätin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger viele Probleme. Prostituierte seien eben nicht beim Bordell angestellt, sondern müssten ihre Zimmer dort mieten. "Die Damen arbeiten auch nie ausschließlich in einem bestimmten Bordell. Sie sind meist in mehreren Betrieben tätig oder auch privat und auf Veranstaltungen tätig. Das macht die steuerliche Erfassung schwierig." Liebesdienerinnen hätten auch keine fixen Arbeitszeiten. "Und die tatsächlichen Einnahmen der Damen im Zimmer sind nie genau eruierbar."
Zuhälterei
Da ist das Ministerium anderer Ansicht: Betreiber müssten über die Umsätze ihres Betriebs Bescheid wissen. Daraus ergebe sich zwingend, "dass [...] auch jene Beträge bekannt sind, die der Sexdienstleisterin oder dem Sexdienstleister verbleiben".
Auch ein zweites Argument gegen die Lohnsteuerpflicht schmettert das Ministerium ab. Bordellchefs wie Christoph Lielacher – er betreibt mit dem Wiener "Funpalast" Österreichs größtes Bordell – geben zu bedenken, dass sich jemand, der Prostituierte im Angestelltenverhältnis beschäftigt, dem Verbrechen der Zuhälterei (§216 Strafgesetzbuch) strafbar macht. "Ich spiele sicher nicht für die Finanz den Zuhälter", ließ Lielacher im KURIER verlauten.
Das Ministerium wischt diesen Einwand unter Berufung auf Höchstgerichtsurteile vom Tisch und schreibt im Erlass: "Im Bereich der Prostitution sind für die Begründung eines steuerlichen Arbeitsverhältnisses nicht Weisungen des Bordellbetreibers an die Prostituierten in der Intensität gefordert, dass dadurch Strafhandlungen (zB § 216 StGB) gesetzt werden müssten."
Landesrätin Kaufmann-Bruckberger sieht im vorliegenden Erlass "eine wirtschaftliche Bedrohung aller Betriebe" und sie fürchtet damit verbunden "ein Abwandern der Prostituierten in die Illegalität". Damit sei das System der polizeilichen Registrierungen und der verpflichtenden Gesundenuntersuchungen gefährdet. "Ich habe den zuständigen Staatssekretär Jochen Danninger um einen Gesprächstermin ersucht, um die Bedenken diskutieren zu können", sagt Kaufmann-Bruckberger.
Im Finanzministerium ist man überzeugt, mit dem Erlass Rechtssicherheit und Transparenz für die Steuerpflichtigen zu erreichen. "In Fällen, wo es objektiv tatsächlich nicht möglich ist, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sind sie realitätsnah zu schätzen", erläutert Ministeriumssprecherin Daniela Kinz.
http://kurier.at/chronik/niederoesterre ... 70.547.524
---------------------
Der Wahnsinn bekommt schön langsam Methode.....
Es fällt scheinbar Niemand auf, dass die Jenigen um deren Steuern es letztendlich geht (die SexarbeiterInnen) überhaupt noch nicht gehört wurden..... Auch den Medien ist dieser Umstand augenscheinlich egal
-
- Admina
- Beiträge: 7434
- Registriert: 07.09.2009, 04:52
- Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
- Ich bin: Keine Angabe
Ist sehe da schon System dahinter. Und wie ich bereits in Wien auf der Veranstaltung gesagt habe.
Ehrlicher wäre ein direktes Verbot der Prostitution, dann wüssten Alle wo sie dran wären, als ein systematisches Verhinderung der Prostitutionsbranche, wo der Staat abkassiert ohne Gegenleistung. Ein Wirtschaftszweig was nur Pflichten und kaum Rechte hat wird keine legalen Zukunft haben.
Ehrlicher wäre ein direktes Verbot der Prostitution, dann wüssten Alle wo sie dran wären, als ein systematisches Verhinderung der Prostitutionsbranche, wo der Staat abkassiert ohne Gegenleistung. Ein Wirtschaftszweig was nur Pflichten und kaum Rechte hat wird keine legalen Zukunft haben.
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
*****
Fakten und Infos über Prostitution
*****
Fakten und Infos über Prostitution
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 135
- Registriert: 21.11.2012, 10:36
- Ich bin: Keine Angabe
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Hier zwei Beiträge aus Salzburg. Erstaunlich, dass SexarbeiterInnen im Vorfeld nicht in diese Diskussion einbezogen werden.
[U]Aus für Selbstständige Prostituierte[/U]
Ab Juli wird die Besteuerung von Prostituierten vereinheitlicht. Salzburger Bordellbertreiber und auch die Prostituierten selbst befürchten, dass eine verpflichtende Anstellung kommen wird. Sie bangen um ihr Geschäft und um die legale Prostitution.
Ein Erlass des Finanzministeriums sorgt zurzeit für erhebliche Unruhe in der Salzburger Sexbranche. Pauschale Versteuerung ist ab Juli nicht mehr möglich, die Steuerlast wird im Einzelfall berechnet. Und da dürfte für viele Frauen in Klubs und Bordellen mit fixen Arbeitszeiten Lohnsteuer fällig sein.
Richard Schweiger ist Manager der Babylon-Klubs in Wien, Klagenfurt und am Salzburger Walserberg. 160 Frauen, die bisher selbständig in seinen Häusern gearbeitet haben, muss er nun ab Juli anstellen.
Keine Frauen - kein Bordell
Für Schweiger bedeutet der Erlass des Finanzministeriums das Ende der legalen und kontrollierten Prostitution: „Es wird dann jede Frau sofort ihre Koffer packen und sagen, dass sie das nicht bezahlen kann. Wenn eine Frau 3.000 Euro verdient hat und ihr dann abzüglich der Lohnsteuer nur mehr 1.500 Euro übrig bleiben, wird sie ihre Dienste für dieses Geld nicht weiterhin anbieten wollen. Die Frauen gehen dann lieber auf die Straße und die Bordelle können zusperren.“
Protest im Internet
Richard Schweiger ist aktiv geworden - mehr als 1.000 Prostituierte unterstützen seinen Protest im Internet gegen die neue Steuerregelung. Das Finanzministerium will sich zu dieser Kritik nicht äußern. Es müsse lediglich eine vom Höchstgericht vorgeschriebene Steuerregelung umgesetzt werden, sagt Daniela Kinz, die Sprecherin des Finanzministeriums.
http://salzburg.orf.at/news/stories/2651631/
[U]Prostituierte: Kritik an neuen Regeln[/U]
Der Kritik an der neuen Steuerregelung für Prostituierte schließen sich auch Salzburger Sozialhelfer an. Ab Juli müssen viele Sex-Arbeiterinnen in Bordellen mit fixen Arbeitszeiten angestellt werden - ein „Abgleiten in die Illegalität“ sei die Folge.
Durch die höhere Besteuerung dürften viele Prostituierte in die Illegalität gedrängt werden, lautet die Befürchtung. 300 bis 500 Euro pro Monat pauschale Steuer liefern die meisten Salzburger Prostituierten derzeit beim Finanzamt ab, sagt Christine Nagl, Beraterin im Projekt „Pia“ des Salzburger Sozialvereins „Frau und Arbeit“.
„Viele werden in die Illegalität abgleiten“
Ab Juli muss jeder Einzelfall extra berechnet werden. Dann dürfte für viele Sexarbeiterinnen mit fixen Arbeitszeiten eine viel höhere Lohnsteuer fällig sein - aber nicht nur das, befürchtet Christine Nagl. „Ich fürchte auch, dass diese Neuregelung die ohnehin schon sehr beschränkte Zahl an legalen Arbeitsplätzen und die Möglichkeiten noch mehr eingeschränkt werden. Dann müssten wohl noch viel mehr Prostituierte in die Illegalität abgleiten würden und auf der Straße, in Wohnungen, Hotels oder Begleitagenturen arbeiten.“
Dies hätte alle bekannten Nachteilen wie fehlende soziale Absicherung oder keine ärztlichen Kontrollen zur Folge, warnt Sozialberaterin Christine Nagl. „Sexarbeit kann nur auf selbständiger Basis erfolgen.“
Finanzministerium beruft sich auf Höchstgericht
Wie viele von den 500 bis 650 Salzburger Prostituierten von der höheren Besteuerung betroffen sind, wagt Nagl nicht abzuschätzen. Das Finanzministerium vermutet jedoch, dass bereits jetzt ein Großteil der Prostituierten Lohnsteuer bezahlt. Grundsätzlich sei die neue Steuerregelung eine Vorschrift des Höchstgerichtes, heißt es aus dem Finanzministerium.
Link:
Aus für Selbstständige Prostituierte (salzburg.ORF.at; 8.6.14)
http://salzburg.orf.at/news/stories/2651836/
[U]Aus für Selbstständige Prostituierte[/U]
Ab Juli wird die Besteuerung von Prostituierten vereinheitlicht. Salzburger Bordellbertreiber und auch die Prostituierten selbst befürchten, dass eine verpflichtende Anstellung kommen wird. Sie bangen um ihr Geschäft und um die legale Prostitution.
Ein Erlass des Finanzministeriums sorgt zurzeit für erhebliche Unruhe in der Salzburger Sexbranche. Pauschale Versteuerung ist ab Juli nicht mehr möglich, die Steuerlast wird im Einzelfall berechnet. Und da dürfte für viele Frauen in Klubs und Bordellen mit fixen Arbeitszeiten Lohnsteuer fällig sein.
Richard Schweiger ist Manager der Babylon-Klubs in Wien, Klagenfurt und am Salzburger Walserberg. 160 Frauen, die bisher selbständig in seinen Häusern gearbeitet haben, muss er nun ab Juli anstellen.
Keine Frauen - kein Bordell
Für Schweiger bedeutet der Erlass des Finanzministeriums das Ende der legalen und kontrollierten Prostitution: „Es wird dann jede Frau sofort ihre Koffer packen und sagen, dass sie das nicht bezahlen kann. Wenn eine Frau 3.000 Euro verdient hat und ihr dann abzüglich der Lohnsteuer nur mehr 1.500 Euro übrig bleiben, wird sie ihre Dienste für dieses Geld nicht weiterhin anbieten wollen. Die Frauen gehen dann lieber auf die Straße und die Bordelle können zusperren.“
Protest im Internet
Richard Schweiger ist aktiv geworden - mehr als 1.000 Prostituierte unterstützen seinen Protest im Internet gegen die neue Steuerregelung. Das Finanzministerium will sich zu dieser Kritik nicht äußern. Es müsse lediglich eine vom Höchstgericht vorgeschriebene Steuerregelung umgesetzt werden, sagt Daniela Kinz, die Sprecherin des Finanzministeriums.
http://salzburg.orf.at/news/stories/2651631/
[U]Prostituierte: Kritik an neuen Regeln[/U]
Der Kritik an der neuen Steuerregelung für Prostituierte schließen sich auch Salzburger Sozialhelfer an. Ab Juli müssen viele Sex-Arbeiterinnen in Bordellen mit fixen Arbeitszeiten angestellt werden - ein „Abgleiten in die Illegalität“ sei die Folge.
Durch die höhere Besteuerung dürften viele Prostituierte in die Illegalität gedrängt werden, lautet die Befürchtung. 300 bis 500 Euro pro Monat pauschale Steuer liefern die meisten Salzburger Prostituierten derzeit beim Finanzamt ab, sagt Christine Nagl, Beraterin im Projekt „Pia“ des Salzburger Sozialvereins „Frau und Arbeit“.
„Viele werden in die Illegalität abgleiten“
Ab Juli muss jeder Einzelfall extra berechnet werden. Dann dürfte für viele Sexarbeiterinnen mit fixen Arbeitszeiten eine viel höhere Lohnsteuer fällig sein - aber nicht nur das, befürchtet Christine Nagl. „Ich fürchte auch, dass diese Neuregelung die ohnehin schon sehr beschränkte Zahl an legalen Arbeitsplätzen und die Möglichkeiten noch mehr eingeschränkt werden. Dann müssten wohl noch viel mehr Prostituierte in die Illegalität abgleiten würden und auf der Straße, in Wohnungen, Hotels oder Begleitagenturen arbeiten.“
Dies hätte alle bekannten Nachteilen wie fehlende soziale Absicherung oder keine ärztlichen Kontrollen zur Folge, warnt Sozialberaterin Christine Nagl. „Sexarbeit kann nur auf selbständiger Basis erfolgen.“
Finanzministerium beruft sich auf Höchstgericht
Wie viele von den 500 bis 650 Salzburger Prostituierten von der höheren Besteuerung betroffen sind, wagt Nagl nicht abzuschätzen. Das Finanzministerium vermutet jedoch, dass bereits jetzt ein Großteil der Prostituierten Lohnsteuer bezahlt. Grundsätzlich sei die neue Steuerregelung eine Vorschrift des Höchstgerichtes, heißt es aus dem Finanzministerium.
Link:
Aus für Selbstständige Prostituierte (salzburg.ORF.at; 8.6.14)
http://salzburg.orf.at/news/stories/2651836/
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 135
- Registriert: 21.11.2012, 10:36
- Ich bin: Keine Angabe
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Hier noch etwas aus der Tiroler Tageszeitung.
Besteuerung von Prostitution - Kritik von Beratungsstellen
Wien (APA) - Die Beratungsstellen für Sexarbeiter und die Plattform sexworker.at haben am Mittwoch Kritik am Begutachtungsentwurf des Finanzministeriums für die Vereinheitlichung der Besteuerung von Prostitution geübt. Die Besteuerungspraxis sei „ein aktuelles Beispiel dafür, wie die gesellschaftliche und gesetzliche Doppelmoral sich in der Reglementierung von Sexarbeit manifestiert“.
Die Plattform sexworker.at und die Vereine LEFÖ (Wien), maiz (Linz), SXA-Info (Graz), PiA (Salzburg) und iBUS (Innsbruck) forderten die Entscheidungsträger auf, „einen politischen Ansatz zu verfolgen, der Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen nicht nur in die Pflichten nimmt, sondern ihnen auch tatsächliche Rechte zugesteht und rechtlichen Schutz garantiert“. Neben einer Entkriminalisierung des Bereichs Sexarbeit müsse eine Entstigmatisierung und eine gleichzeitige Beteiligung und Einbindung in politische Entscheidungsprozesse dieser im Zentrum stehen.
„Wir befürchten, dass sich durch die Regelung die bereits beschränkte Anzahl an legalen Arbeitsplätzen sowie die Vielfalt der Arbeitsorte und Wahlmöglichkeiten für Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen noch weiter reduzieren wird und Sexdienstleister und Sexdienstleisterinnen vermehrt im illegalisierten und unsichtbaren Bereich arbeiten müssen“, hieß es in der Stellungnahme. Zudem sei eine schlichte steuerrechtliche Anpassung an ein Dienstverhältnis ohne einhergehende arbeitsrechtliche Veränderungen, welche die rechtliche Gleichstellung und Anerkennung von Sexarbeit mit anderen Berufen ermöglicht, nicht zielführend. „Den politischen Verantwortlichen geht es nicht um eine Verbesserung der Situation von Sexdienstleistern und Sexdienstleisterinnen, sondern ausschließlich um die Besteuerung ihres Verdienstes“, hieß es.
Eine verantwortungsvolle Politik, die eine tatsächliche Gleichstellung sowie eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeitern anstrebe, müsse diese in ihrer Selbstbestimmung stärken und dürfe nicht ermöglichen, dass „die Selbstständigkeit von Sexarbeitern durch finanzamtliche Praxen, Willkür von Behörden und Betreibern gefährdet und korrumpiert werden kann“, erklärten die Vereine. Den Sexdienstleistern würden so „wieder Pflichten aufgezwungen, ohne dass Rechte damit einhergehen“. Es brauche eine arbeitsrechtliche Gleichstellung, die Kompetenzen einräume, um sich gegen Ausbeutung und Gewalt zu wehren.
28.05.2014
http://www.tt.com/home/8452336-91/beste ... tellen.csp
Besteuerung von Prostitution - Kritik von Beratungsstellen
Wien (APA) - Die Beratungsstellen für Sexarbeiter und die Plattform sexworker.at haben am Mittwoch Kritik am Begutachtungsentwurf des Finanzministeriums für die Vereinheitlichung der Besteuerung von Prostitution geübt. Die Besteuerungspraxis sei „ein aktuelles Beispiel dafür, wie die gesellschaftliche und gesetzliche Doppelmoral sich in der Reglementierung von Sexarbeit manifestiert“.
Die Plattform sexworker.at und die Vereine LEFÖ (Wien), maiz (Linz), SXA-Info (Graz), PiA (Salzburg) und iBUS (Innsbruck) forderten die Entscheidungsträger auf, „einen politischen Ansatz zu verfolgen, der Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen nicht nur in die Pflichten nimmt, sondern ihnen auch tatsächliche Rechte zugesteht und rechtlichen Schutz garantiert“. Neben einer Entkriminalisierung des Bereichs Sexarbeit müsse eine Entstigmatisierung und eine gleichzeitige Beteiligung und Einbindung in politische Entscheidungsprozesse dieser im Zentrum stehen.
„Wir befürchten, dass sich durch die Regelung die bereits beschränkte Anzahl an legalen Arbeitsplätzen sowie die Vielfalt der Arbeitsorte und Wahlmöglichkeiten für Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen noch weiter reduzieren wird und Sexdienstleister und Sexdienstleisterinnen vermehrt im illegalisierten und unsichtbaren Bereich arbeiten müssen“, hieß es in der Stellungnahme. Zudem sei eine schlichte steuerrechtliche Anpassung an ein Dienstverhältnis ohne einhergehende arbeitsrechtliche Veränderungen, welche die rechtliche Gleichstellung und Anerkennung von Sexarbeit mit anderen Berufen ermöglicht, nicht zielführend. „Den politischen Verantwortlichen geht es nicht um eine Verbesserung der Situation von Sexdienstleistern und Sexdienstleisterinnen, sondern ausschließlich um die Besteuerung ihres Verdienstes“, hieß es.
Eine verantwortungsvolle Politik, die eine tatsächliche Gleichstellung sowie eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeitern anstrebe, müsse diese in ihrer Selbstbestimmung stärken und dürfe nicht ermöglichen, dass „die Selbstständigkeit von Sexarbeitern durch finanzamtliche Praxen, Willkür von Behörden und Betreibern gefährdet und korrumpiert werden kann“, erklärten die Vereine. Den Sexdienstleistern würden so „wieder Pflichten aufgezwungen, ohne dass Rechte damit einhergehen“. Es brauche eine arbeitsrechtliche Gleichstellung, die Kompetenzen einräume, um sich gegen Ausbeutung und Gewalt zu wehren.
28.05.2014
http://www.tt.com/home/8452336-91/beste ... tellen.csp
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 135
- Registriert: 21.11.2012, 10:36
- Ich bin: Keine Angabe
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Man beachte die Gleichstellung von SexarbeiterInnen und Bauern und Bäurinnen!
[U]SP-Dornauer fordert Aufhebung der Pauschalierung bei Prostituierten und Bauern[/U]
Georg Dornauer: 'Das Steuersystem sollte alle gleich behandeln!'
Georg Dornauer: "Das Steuersystem sollte alle gleich behandeln!" (Foto: SPÖ)
Dass der „Fiskus jetzt Sexsteuer einheben“ will, macht den SP-Agrarsprecher LA Georg Dornauer aus Sellrain nachdenklich. Bei Prosituierten und SexarbeiterInnen soll die steuerliche Pauschalierung aufgehoben und die Veranlagung aller Einkünfte eingeführt werden.
„Daran wäre an sich nicht viel auszusetzen. Bemerkenswert ist allerdings, dass man sich eine ohnedies unterprivilegierte Berufsgruppe aussucht, die am Rande der Gesellschaft steht und – speziell in Tirol – mit übertriebenen Berufsverboten und übertriebenen Verwaltungstrafen verfolgt wird. Es sind Menschen, zum Großteil Frauen, die von den angeblichen Monatsverdiensten bis zu 10.000,- Euro nicht allzu viel haben, zumal bekannt ist, dass ihnen das Geld von ihren Hintermännern oftmals sehr rasch wieder abgenommen wird“, so LA Dornauer.
Gleichstellung
Das Steuersystem müsste alle gleich behandeln, findet der Landtagsabgeordnete:
„Allerdings stellt sich dann schon die Frage, warum die Steuerprivilegien der Bauern vom Fiskus nicht mit derselben Konsequenz in Frage gestellt und abgeschafft werden. Die AK kritisierte bereit mehrfach die Pauschalierung in der Landwirtschaft als „nicht mehr zeitgemäß“. Die Pauschalierung kommt nicht nur den kleinen Nebenerwerbsbauern zugute, vielmehr profitieren auch Großbetriebe mit bis zu 114 Hektar davon“, weiß Dornauer.
„Dazu kommen noch andere Privilegien in der Landwirtschaft“, erinnert Dornauer.
„In diesem Sinne: gleiches Steuerrecht für alle - die Pauschalierung in der Landwirtschaft gehört endlich abgeschafft!“, so der SPÖ-Politiker.
http://www.meinbezirk.at/axams/politik/ ... 72346.html
[U]SP-Dornauer fordert Aufhebung der Pauschalierung bei Prostituierten und Bauern[/U]
Georg Dornauer: 'Das Steuersystem sollte alle gleich behandeln!'
Georg Dornauer: "Das Steuersystem sollte alle gleich behandeln!" (Foto: SPÖ)
Dass der „Fiskus jetzt Sexsteuer einheben“ will, macht den SP-Agrarsprecher LA Georg Dornauer aus Sellrain nachdenklich. Bei Prosituierten und SexarbeiterInnen soll die steuerliche Pauschalierung aufgehoben und die Veranlagung aller Einkünfte eingeführt werden.
„Daran wäre an sich nicht viel auszusetzen. Bemerkenswert ist allerdings, dass man sich eine ohnedies unterprivilegierte Berufsgruppe aussucht, die am Rande der Gesellschaft steht und – speziell in Tirol – mit übertriebenen Berufsverboten und übertriebenen Verwaltungstrafen verfolgt wird. Es sind Menschen, zum Großteil Frauen, die von den angeblichen Monatsverdiensten bis zu 10.000,- Euro nicht allzu viel haben, zumal bekannt ist, dass ihnen das Geld von ihren Hintermännern oftmals sehr rasch wieder abgenommen wird“, so LA Dornauer.
Gleichstellung
Das Steuersystem müsste alle gleich behandeln, findet der Landtagsabgeordnete:
„Allerdings stellt sich dann schon die Frage, warum die Steuerprivilegien der Bauern vom Fiskus nicht mit derselben Konsequenz in Frage gestellt und abgeschafft werden. Die AK kritisierte bereit mehrfach die Pauschalierung in der Landwirtschaft als „nicht mehr zeitgemäß“. Die Pauschalierung kommt nicht nur den kleinen Nebenerwerbsbauern zugute, vielmehr profitieren auch Großbetriebe mit bis zu 114 Hektar davon“, weiß Dornauer.
„Dazu kommen noch andere Privilegien in der Landwirtschaft“, erinnert Dornauer.
„In diesem Sinne: gleiches Steuerrecht für alle - die Pauschalierung in der Landwirtschaft gehört endlich abgeschafft!“, so der SPÖ-Politiker.
http://www.meinbezirk.at/axams/politik/ ... 72346.html
-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Erlass des BMF vom 18.06.2014, BMF-010203/0243-VI/B/2014 gültig ab 01.07.2014
Ertragsteuerliche Beurteilung von Sexdienstleistungen
Der Erlass zur Besteuerung von Sexdienstleistungen stellt einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988, in der jeweils geltenden Fassung dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird, und ist ab 1. Juli 2014 anzuwenden. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können aus diesem Erlass nicht abgeleitet werden. Bei Erledigungen haben Zitierungen mit Hinweisen auf diesen Erlass zu unterbleiben.
1. Bisherige Vorgangsweise
Die derzeitige Praxis der Finanzämter ist nicht einheitlich und umfasst insbesondere die Erhebung einer Abzugssteuer in unterschiedlichem Ausmaß auf der Grundlage von § 99 EStG 1988 (Steuerabzug von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften).
Der Unabhängige Finanzsenat hat unter anderem in der Entscheidung vom 2.9.2013, RV/0341-W/10, im Ergebnis festgestellt, dass eine Einzelfallbeurteilung zu erfolgen hat und eine Versteuerung aus Vereinfachungsgründen nach § 99 EStG 1988 dem Gesetz fremd ist.
Zur Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sind daher ab 1. Juli 2014 bisherige pauschale Abzugssteuermodelle nicht mehr anzuwenden. Die Steuererhebung hat nunmehr grundsätzlich nach den im jeweiligen Fall vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen zu erfolgen. Danach ist zu beurteilen, ob nichtselbständige Einkünfte (§ 25 EStG 1988) oder selbständige (gewerbliche) Einkünfte (§ 23 EStG 1988) vorliegen.
2. Begriff der Sexdienstleistung
Unter einer Sexdienstleistung ist - in Anlehnung an die meisten landesgesetzlichen Vorschriften - jedenfalls die "Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper oder die Vornahme sexueller Handlungen" zu verstehen (vgl. § 2 des oberösterreichischen Sexualdienstleistungsgesetzes, LGBl. Nr. 80/2012; zum gleich definierten Begriff "Prostitution" siehe § 2 des Wiener Prostitutionsgesetzes 2011, LGBl. Nr. 24/2011, § 1 des Salzburger Landessicherheitsgesetzes, LGBl. Nr. 57/2009, § 2 des Steiermärkischen Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 16/1998, § 2 des Kärntner Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1990, § 2 des niederösterreichischen Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 89/84 und § 14 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes, LGBl. Nr. 60/1976, jeweils in der geltenden Fassung).
Darüber hinaus ist unter einer Sexdienstleistung jeder Kontakt gegen Entgelt zu verstehen, der mit der Absicht unternommen wird, sexuell zu erregen (zB Telefonsex).
3. Ausübung einer Sexdienstleistung im Rahmen einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit
3.1. Abgabenrechtliche Grundsätze
Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist gemäß § 21 BAO in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
3.2. Eigenständige Beurteilung des "steuerrechtlichen Dienstverhältnisses"
Voraussetzung für das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 ist ein bestehendes oder früheres Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 1 und 2 EStG 1988. Die gesetzliche Definition des Dienstverhältnisses ist eine eigenständige des Steuerrechts. Sie ist weder dem bürgerlichen Recht, noch dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen.
Eine Bindungswirkung durch das Steuerrecht besteht nur im Verhältnis zur Sozialversicherung, und zwar insoweit, als gemäß § 4 Abs. 2 ASVG als Dienstnehmer jedenfalls auch derjenige gilt, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist; von dieser Bindungswirkung gibt es einige wenige Ausnahmen, die von ihrem Inhalt her bei Sexdienstleistungen nicht in Frage kommen können.
Für steuerliche Zwecke kommt es jedenfalls ausschließlich darauf an, ob ein Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 vorliegt. Die ausgeübte Tätigkeit muss dem im Steuerrecht beschriebenen Tatbestand entsprechen (vgl. VwGH 22.1.1986, 84/13/0015). Maßgebend sind im Zweifel nicht die vertraglichen Abmachungen, sondern stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, also die objektiven Umstände (vgl. VwGH 25.10.1994, 90/14/0184). Unbeachtlich ist, ob ein Dienstverhältnis schriftlich, mündlich, durch konkludente Handlungen oder überhaupt nicht durch übereinstimmende Willenserklärung zu Stande kam.
Liegt ein Dienstverhältnis im steuerlichen Sinn vor, ist es unerheblich, ob auch ein zivilrechtlicher Arbeitsvertrag vorliegt. Anders als im Steuerrecht entsteht im Zivilrecht gemäß § 1151 ABGB ein Arbeitsvertrag dann, wenn sich jemand auf eine gewisse Zeit zur Arbeitsleistung für einen anderen verpflichtet. Aus dem durch Artikel 8 EMRK garantierten Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ergibt sich, dass die Sexdienstleisterin/der Sexdienstleister zu keinem Zeitpunkt zur sexuellen Hingabe verpflichtet ist. Da ein Arbeitsvertrag von seinem Wesen her darauf hinausläuft, die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer zur Erbringung von Leistungen zu verpflichten und diesbezügliche Weisungen zu erteilen, kann für die Erbringung von sexuellen Dienstleistungen im Kernbereich, zu denen man sich im Hinblick auf Artikel 8 EMRK gerade nicht verpflichten kann, kein zivilrechtliches Arbeitsverhältnis begründet werden.
Soweit Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage ergangen ist, ob das Erbringen von Sexdienstleistungen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darstellt, können die Ausführungen dieser Erkenntnisse auf die ertragsteuerliche Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit angewendet werden; dieser Rechtsbereich stellt ebenso wie das Einkommensteuerrecht auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit ab, und es kommt nicht auf die zivilrechtliche Betrachtung an, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam (VwGH 24.4.2014, 2013/09/0041).
3.3. Weisungsgebundenheit und betriebliche Eingliederung
Steuerlich sind gemäß § 47 Abs. 1 und 2 EStG 1988 für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwei Kriterien maßgeblich, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers (vgl. VwGH 25.10.1994, 90/14/0184).
3.3.1. Weisungsgebundenheit
Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (VwGH 20.12.2000, 99/13/0223).
Für die Erlangung der steuerlichen Arbeitnehmereigenschaft wird somit nicht eine uneingeschränkte Weisungsgebundenheit vorausgesetzt, sondern es ist die bloße Tatsache maßgeblich, dass Weisungen erteilt werden bzw. ein Weisungsverhältnis als solches besteht. Im Bereich der Sexdienstleistungen sind für die Begründung eines steuerlichen Dienstverhältnisses nicht Weisungen der Betreiberin/des Betreibers an die Sexdienstleisterin/den Sexdienstleister in der Intensität gefordert, dass dadurch Strafhandlungen (zB § 216 StGB, Zuhälterei) gesetzt werden müssten (vgl. UFS 1.12.2011, RV/0458-G/09, bzw. darin enthaltener Hinweis auf UFS 18.12.2007, RV/0089-W/05). Eine Pflicht des Arbeitnehmers, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen, wird in dieser Branche daher nur in jenem Ausmaß vorausgesetzt, als dies rechtlich zulässig ist. Im Kernbereich der Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleister wären Weisungen jedenfalls sittenwidrig im rechtlichen Sinne bzw. verboten und rechtlich unzulässig (vgl. UFSG 1.12.2011, RV/0458-G/09). Werden derartige Weisungen (zB Vorgabe bestimmter Sexdienstleistungen) trotzdem erteilt, liegt umso mehr ein steuerliches Dienstverhältnis vor.
Je stärker Weisungsmöglichkeiten rechtlich jedoch eingeschränkt sind, desto mehr tritt in steuerlicher Hinsicht die Weisungsgebundenheit als Abgrenzungskriterium in den Hintergrund. Als entscheidendes Kriterium verbleibt in einem solchen Fall vor allem die Eingliederung des Arbeitnehmers in die Organisation des Arbeitgeberbetriebes (vgl. UFS 1.12.2011, RV/0458-G/09).
3.3.2. Eingliederung in den geschäftlichen Organismus
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus ist im Sinne einer Abhängigkeit vom Auftraggeber zu verstehen (vgl. VwGH 21.12.1993, 90/14/0103). Sie zeigt sich beispielsweise in der Vorgabe von Arbeitszeit und Arbeitsort durch den Auftraggeber sowie in der unmittelbaren Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. VwGH 15.9.1999, 97/13/0164). Aus landesgesetzlich geregelten Rahmenbedingungen (zB Öffnungszeiten oder Hausordnungen), die insbesondere ordnungs- oder gesundheitspolitische Zielsetzungen verfolgen, kann kein Rückschluss auf das Vorliegen einer derartigen Eingliederung gezogen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. UFS 18.1.2010, RV/0459-G/09, mit weiteren Nachweisen) besteht bei einer Bar oder einem Nachtklub mit angeschlossenen Separees die Leistung des Nachtklubbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separeebesuch. Von der Betreiberin/Vom Betreiber eines solchen Lokals wird allgemein erwartet, dass er zu diesem Zweck Sexdienstleistungen offeriert, indem Sexdienstleisterinnen bzw. Sexdienstleister mit den Nachtklubbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die Wünsche der Gäste zu erfüllen.
Der UFS hat in seiner Entscheidung vom 1.12.2011, RV/0458-G/09, erneut auf das Erkenntnis des VwGH 15.9.1999, 97/13/0164, Bezug genommen; die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich ua. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers.
Gemessen an dieser Judikatur werden Sexdienstleistungen dann selbständig erbracht, wenn vor allem das Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus in der "gelebten Wirklichkeit" nicht erfüllt wird.
3.4. Einzelfallbeurteilung
Die Beurteilung der Erbringung von Sexdienstleistungen als selbständig oder nichtselbständig allein nach Maßgabe typischer Erscheinungsformen ist nicht sachgerecht. Dies insbesondere deshalb, weil die konkreten Verhältnisse im selben Betrieb in verschiedenen Jahren und/oder bei verschiedenen Personen unterschiedlich sein können. Bei den gängigsten Erscheinungsformen (Bordell, Laufhaus) können daher Sexdienstleistungen sowohl selbständig als auch nichtselbständig erbracht werden.
Es ist somit unerlässlich, für den jeweils vorliegenden Sachverhalt eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen. Für diese Beurteilung sind die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der Entscheidungspraxis des Bundesfinanzgerichtes bzw. Unabhängigen Finanzsenates entscheidungsrelevanten Kriterien heranzuziehen, die im folgenden Punkt 3.5. ausführlicher dargestellt werden und anhand derer die Beurteilung im Einzelfall erleichtert werden soll.
3.5. Übersicht über die Judikatur
Die folgende Tabelle enthält eine Reihe von höchstgerichtlichen Erkenntnissen und UFS-Entscheidungen, bei denen die Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleister einmal als selbständig, ansonsten als unselbständig bzw. arbeitnehmerähnlich beurteilt wurde.
Die umfangreiche Rechtsprechung zur Frage der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft kann für die ertragsteuerliche Beurteilung der (Nicht-)Selbständigkeit der Betätigung nicht herangezogen werden, da der umsatzsteuerliche Unternehmerbegriff nicht mit der ertragsteuerlichen Selbständigkeit übereinstimmt.
Angeführt werden die den Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte und die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des UFS mit Begründung.
3.5.1. Verwaltungsgerichtshof
VwGH vom 24.4.2014, 2013/09/0041, unter Hinweis auf VwGH vom 25.3.2010, 2009/09/0310
Sachverhalt
Elemente, die für eine unselbständige Beschäftigung sprechen:
Das von der Sexdienstleisterin, welche die Tür aufmacht, kassierte "Eintrittsgeld" und die Organisation der Abrechnung zeigt eine gewisse Einordnung in die Betriebsorganisation und einen Nutzen für den Betreiber nicht nur aus der Vermietung von Zimmern, sondern darüber hinaus indirekt aus der Tätigkeit der Ausübung der Sexdienstleistung.
Die Weisung zu Antritt der Sexdienstleistungstätigkeit, zum Amtsarzt zu gehen, ist eine persönliche Weisung.
Die Betreiberin führte die Anmeldung bei der Gemeinde, die Einreichung der Einkommensteuererklärungen und die Zahlungen an das Finanzamt durch.
Elemente, die für die Differenzierung zwischen unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit neutral sind:
Die Zurverfügungstellung einer privaten Wohnmöglichkeit deutet an sich auf eine unselbständige Tätigkeit. Dies wird aber kompensiert dadurch, dass die Sexdienstleisterin dafür einen durchaus nicht unerheblichen Monatsbetrag und die Betriebskosten zu zahlen hatte (im konkreten Fall 10 €/Tag).
Der Ehemann der Betreiberin fungierte als Hausmeister, er erledigte kleine Reparaturen; sonst gab es keine Hausangestellten.
Die Veranlagung zur Einkommensteuer ist grundsätzlich ohne Aussagekraft.
Dass die Betreiberin die Sexdienstleisterinnen teils zum Amtsarzt hinführte, ist angesichts des Vorbringens, dass die Sexdienstleisterinnen teils auch selbständig zum Amtsarzt fuhren und es keine diesbezüglichen Anordnungen bzw. eine Organisation gab, im Sinne einer Hilfestellung anzusehen.
Elemente, die auf Selbständigkeit der Sexdienstleisterinnen und damit auf reine Zimmermiete (in der Form eines sogenannten "Stundenhotels") deuten:
Es gab keine von der Betreiberin bestimmten Öffnungszeiten im Haus X und keine Anwesenheitspflicht der Sexdienstleisterinnen.
Die Dauer der Tätigkeit war nicht vorbestimmt.
Es existierte keine Aufzeichnungspflicht über Gäste, Eintrittsgeld und Getränkenachkauf; die Betreiberin verließ sich auf die Angaben der Sexdienstleisterinnen.
Das Entgelt wurde durch die Sexdienstleisterinnen eigenständig bestimmt. Die fix an die Betreiberin abzuliefernden 30 € waren als Miete für das Zimmer anzusehen.
Es gab keine regelmäßigen (Kontroll-)Besuche der Betreiberin im Haus.
Es gab keinen Barbetrieb noch Tanzdarbietungen in einem Klubraum oder dergleichen.
Beurteilung
Bei der Abgrenzung zwischen selb- und unselbständiger Tätigkeit ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Im vorliegenden Sachverhalt sprechen gewichtige Argumente für eine selbständige Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen (zu § 2 AuslBG).
VwGH vom 31.7.2009, 2008/09/0086
Sachverhalt
Strittig war die Qualifikation der ausländischen Sexdienstleisterinnen als Beschäftigte iSd § 2 AuslBG. Vier ausländische Sexdienstleisterinnen wurden in einem Nachtlokal ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen beschäftigt. Die Beschäftigung erfolgte in der Form, dass die Damen am Getränkeumsatz beteiligt waren, ihnen die Zimmer für die Ausübung der Sexdienstleistung zur Verfügung gestellt wurden und sie lediglich pro Zimmerstunde einen bestimmten Betrag an die Beschwerdeführerin abzuführen hatten; die Preisgestaltung war von den Sexdienstleisterinnen aber nicht beeinflussbar, sondern es existierte eine einheitliche und abgestimmte Preisregelung. Die Einhaltung der wöchentlichen Gesundheitskontrollen wurde vom Lebensgefährten der Beschwerdeführerin kontrolliert, ebenso sind die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen von diesem abgewickelt worden. Die Sexdienstleisterinnen hatten Hausordnungen zu unterfertigen.
Beurteilung
Die Animiertätigkeit von Ausländerinnen unter Beteiligung am Umsatz bei allenfalls gleichzeitig auszuübender Sexdienstleistung ist aufgrund der wirtschaftlichen Gestaltung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu beurteilen. Angesichts der planmäßigen Eingliederung in die Betriebsorganisation der Beschwerdeführerin ist die Tätigkeit der Animierdamen dem Unternehmen der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit kommt es besonders auf die wirtschaftliche Verknüpfung der Tätigkeit mit dem Bar- oder Bordellbetrieb, in dem die Sexdienstleisterinnen tätig werden, an. Eine andere rechtliche Qualifikation mag in Fällen denkbar sein, in denen die Sexdienstleisterinnen nicht an derartige Etablissements gebunden sind.
VwGH vom 9.10.2006, 2005/09/0086
Sachverhalt
Sechs Ausländerinnen wurden als Animierdamen und Sexdienstleisterinnen in einer Nachtclub GmbH unter Beteiligung am Getränkeumsatz beschäftigt; bezüglich der Einnahmen aus den Sexdienstleistungen hatten sie einen bestimmten prozentuellen Anteil an die Geschäftsführerin des Nachtclubs abzuliefern. Die Sexdienstleistung wurde in den von der GmbH zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten ausgeübt; darüber hinaus wurde den Sexdienstleisterinnen eine Wohnmöglichkeit gegen Entgelt in diesen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Die Anwesenheit der Animierdamen war an die Öffnungszeiten der Bar gekoppelt und der Betrieb der Bar von der Anwesenheit der Damen abhängig gewesen. Die Arbeitszeit wurde von der Geschäftsführerin der GmbH festgelegt, die Art der Leistungserbringung - nämlich Anlockung von Kunden und Animation zur Getränkekonsumation und zur Ausübung der Sexdienstleistung - war unbestritten. Der abzuliefernde Teil der Einnahmen aus den Sexdienstleistungen war abhängig von der zeitlichen Beanspruchung. Der wirtschaftliche Nutzen aus der Tätigkeit lag bei der GmbH. Es bestand zwar keine Anwesenheitspflicht einzelner bestimmter Sexdienstleisterinnen, aber eine Anwesenheitspflicht von Sexdienstleisterinnen generell. Die Erwerbsmöglichkeiten der Sexdienstleisterinnen waren umgekehrt auf die Öffnungszeiten der Bar beschränkt gewesen.
Beurteilung
Die Animiertätigkeit von Ausländerinnen unter Beteiligung am Umsatz bei allenfalls gleichzeitig auszuübender Sexdienstleistung ist aufgrund der wirtschaftlichen Gestaltung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu beurteilen (§ 2 AuslBG). Angesichts der planmäßigen Eingliederung in die Betriebsorganisation der Nachtclub GmbH ist die Tätigkeit der Animierdamen dem Unternehmen der GmbH zuzurechnen. Der Charakter von Zahlungen als Entgelt wird nicht dadurch beseitigt, dass Teile dieses Entgelts unmittelbar durch Dritte geleistet würden (mit Hinweis auf § 35 Abs. 1 ASVG, Dienstgebereigenschaft trotz Entgeltleistung Dritter).
VwGH vom 29.5.2006, 2004/09/0043
Sachverhalt
Strittig war die Beschäftigung von zwei ausländischen Animierdamen in einem Barbetrieb iSd § 2 AuslBG. Im zu beurteilenden Sachverhalt konnten die Animierdamen laut eigenen Aussagen und den Aussagen einer Zeugin selbständig agieren, mussten dem Betreiber jedoch einen prozentuellen Anteil ihrer Einnahmen abtreten. Für die Erbringung der Sexdienstleistungen wurden Zimmer im an die Bar angrenzenden Haus benutzt, welches von der Bar aus zugänglich war und ebenfalls dem Betreiber gehörte; in diesen Zimmern bewahrten die Damen auch ihre persönlichen Sachen auf. Die Zimmer wurden den Gästen der Bar für Sexdienstleistungen zur Verfügung gestellt, den Schlüssel händigte die Barfrau aus, die Tarife und Konsumation waren vorgeschrieben, die Kontrolle der Damen erfolgte durch Personal des Betreibers (Eintragung in Listen), die Reinigung der Zimmer wurde durch Reinigungspersonal der Bar vorgenommen. Die Entgeltzahlungen erfolgten allerdings unmittelbar an die Damen, die von ihren Einnahmen Prozente abzuliefern hatten.
Beurteilung
In organisatorischer Hinsicht war eine Einbindung in den Barbetrieb gegeben (Listeneintragung, Aufsicht, Aufenthalt in der Bar in berufstypischer Kleidung, wohnen in angrenzendem Gebäude). Rechtlich bedeutsam ist, dass der Beschwerdeführer mit den Damen keine Unentgeltlichkeit hinsichtlich der Animiertätigkeit vereinbart hatte und dies auch nicht erkennbar gewesen sei, die Damen daher jedenfalls Anspruch auf angemessenes Entgelt hätten. Die Animiertätigkeit von Ausländerinnen - allenfalls unter gleichzeitiger Ausübung der Sexdienstleistung - unter Beteiligung am Umsatz ist aufgrund der wirtschaftlichen Gestaltung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu qualifizieren.
VwGH vom 4.4.2001, 99/09/0156
Sachverhalt
Strittig war, ob es sich bei den in einem Nachtclub beschäftigten Ausländerinnen um Beschäftigte iSd § 2 AuslBG handelte oder um selbständig Tätige. Konkret ging es um 4 Ausländerinnen, die in einem Nachtclub als Tänzerinnen und Sexdienstleisterinnen tätig waren und in der Form entlohnt wurden, als sie sowohl am Getränke- als auch am Sexdienstleistungsumsatz prozentuell beteiligt waren. Die Abrechnung der Leistungen erfolgte durch den Betreiber des Nachtclubs. Die Arbeitszeiten waren durch die Öffnungszeiten des Nachtklubs vorgegeben.
Beurteilung
Die Tätigkeit ist aufgrund der wirtschaftlichen Gestaltung des abgeschlossenen Vertrages und den daraus resultierenden ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, wie sie für Arbeitnehmer bestehen, als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren; auf die Bezeichnung, unter der die Frauen aufgetreten sind - Tänzerin, Animierdame oder Sexdienstleisterin - kommt es daher nicht mehr entscheidend an.
3.5.2. UFS-Entscheidungen
RV/0458-G/09 vom 1.12.2011
Sachverhalt
Strittig war, ob hinsichtlich der im Betrieb der Berufungswerberin tätigen Sexdienstleisterinnen ein steuerliches Dienstverhältnis vorlag oder ob diese selbständig tätig waren.
Das Finanzamt hat das Vorliegen eines Dienstverhältnisses insbesondere deswegen angenommen, weil eine klare Eingliederung der Sexdienstleisterinnen in den betrieblichen Organismus der Berufungswerberin aus folgenden Gründen gegeben war:
alle Sexdienstleisterinnen mussten die vorliegende Hausordnung unterschriftlich zur Kenntnis nehmen;
Vorgabe der Arbeitszeiten aufgrund der Öffnungszeiten der Bar;
die Leistungen der Sexdienstleisterinnen fanden in den Räumlichkeiten der Bar statt;
die Sexdienstleisterinnen waren angehalten, die Kunden zum Getränkekonsum zu animieren (Trinkprozente);
die Entgeltzahlungen für die Sexdienstleistungen erfolgten beim Kellner oder Geschäftsführer der Bar;
die Zahlungen wurden dem Bankkonto des Betreibers gutgeschrieben;
die Zahlungen an die Sexdienstleisterinnen erfolgten jeweils am 1. oder 15. eines Monats.
Darüber hinaus waren nach Ansicht des Finanzamtes auch die Kriterien der Weisungsgebundenheit in Bezug auf die Bestimmung von Zeit und Ort gegeben. Die Weisungsgebundenheit für den Personenkreis der Sexdienstleisterinnen war insgesamt eingeschränkt, als den Sexdienstleisterinnen die freie Auswahl von Kunden und die Bestimmung der Art der Dienstleistung oblag, was aber der Annahme eines Dienstverhältnisses nicht entgegenstünde.
Beurteilung
Der UFS entschied, dass die für die Berufungswerberin tätigen Sexdienstleisterinnen in einem (einkommensteuerrechtlichen) Dienstverhältnis zur Berufungswerberin standen. Dies wurde wie folgt begründet:
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 zum Dienstverhältnis sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien, wie insbesondere das Fehlen eines Unternehmerrisikos, Bedacht zu nehmen.
Weisungsgebundenheit:
Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Dabei wird eine Pflicht des Arbeitnehmers, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen, nur in jenem Ausmaß vorausgesetzt, als dies rechtlich zulässig ist. Je stärker Weisungsmöglichkeiten rechtlich eingeschränkt sind (vgl etwa Art. 87 Abs. 1 und 2 B-VG), desto mehr tritt die Weisungsgebundenheit als Abgrenzungskriterium in den Hintergrund und umso mehr verbleibt insbesondere die Eingliederung des Arbeitnehmers in die Organisation des Arbeitgebers als entscheidendes Kriterium. Im vorliegenden Fall wären Weisungen im Kernbereich der Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen sittenwidrig im rechtlichen Sinne bzw. verboten und rechtlich unzulässig gewesen. Der Frage einer allfälligen diesbezüglichen Weisungsgebundenheit der Sexdienstleisterinnen kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu.
Eingliederung:
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 15.9.1999, 97/13/0164).
Weiterer Rechtszug:
Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hat der VfGH mit der Begründung abgelehnt, dass § 47 EStG 1988 für den Bereich des Steuerrechts einen eigenständigen Dienstnehmerbegriff festlegt (VfGH 28.2.2012, B 75/12). Der in weiterer Folge damit befasste VwGH hat die Behandlung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG abgelehnt (VwGH 24.10.2013, 2012/15/0070) und damit das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit implizit bestätigt, weil der UFS im angefochtenen Bescheid nicht von der Rechtsprechung des VwGH in Bezug auf Weisungsunterworfenheit, Unternehmerrisiko und Eingliederung in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers abgewichen ist.
RV/0089-W/05 vom 18.12.2007
Sachverhalt
Die Berufungswerberin betrieb eine Bar mit angeschlossenen Separees; für die in der Bar beschäftigten Animierdamen galt im Wesentlichen Folgendes:
Der Ort ihrer Tätigkeit - nämlich die Separees - wurde ihnen von ihrer Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt.
Die Anbahnung zur Erbringung der Sexdienstleistungen erfolgte in der Bar.
Die Arbeitszeiten waren durch die Öffnungszeiten der Bar vorgegeben.
Die Kunden rekrutierten sich aus dem Kundenkreis der Bar.
Das Entgelt wurde durch die Steuerpflichtige bzw einen Vertreter dieser vereinnahmt; am Getränkeumsatz waren die Damen prozentuell beteiligt. Die Preisverhandlungen betreffend Sexdienstleistungen wurden über eine Barfrau/einen Barmann geführt, es erfolgte durch die Kunden keine extra Bezahlung an die Damen.
Die Unterkunft für die Damen wurde bei Bedarf von der Steuerpflichtigen gestellt.
Eine Beteiligung am Getränkeumsatz in Form von Trinkprozenten hat nichts mit der Beurteilung der Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen als selbständig oder nichtselbständig zu tun, da die Vereinnahmung des Entgelts für die Sexdienstleistungen grundsätzlich durch die Sexdienstleisterinnen selbst erfolgt sei.
Beurteilung
Bei einer Bar mit angeschlossenen Separees besteht die Leistung des Betreibers nach der Kundenerwartung darin, dem Kunden die Gelegenheit zum Erhalt einer Sexdienstleistung zu verschaffen. Dabei ist die Konsumation von Getränken bei derartigen Betrieben regelmäßig Teil der Hauptleistung, um dem Betreiber entsprechend höhere Einnahmen zu sichern. Eine Aufteilung des vom Kunden erbrachten Entgelts auf mehrere Leistungen ist demgegenüber ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um voneinander unabhängige selbständige Leistungen handelt. Die von der Berufungswerberin vertretene Auffassung, dass sie nur die Separees an die Kunden vermietet hätte, ist auch deswegen unzutreffend, weil die Leistungskomponenten "Mädchen" und "Zimmer" im gegebenen Zusammenhang nicht geteilt werden können (so auch VwGH 20.12.2000, 98/13/0047).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind bei der Unterscheidung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit wesentliche Merkmale einerseits das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses, andererseits das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit, d.h. die Verpflichtung einer natürlichen Person als Arbeitnehmer, bei ihrer Tätigkeit die Weisungen eines anderen - des Arbeitgebers - zu befolgen, sowie die organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers. Die Sexdienstleisterinnen haben ihre Tätigkeit in den Betriebsräumlichkeiten (Separees) der Berufungswerberin ausgeübt, sodass nach Auffassung der Berufungsbehörde eine Eingliederung in den Betrieb der Berufungswerberin vorliegt. Die Berufungswerberin hat den Sexdienstleisterinnen "die Bedingungen der Prostitution vorgeschrieben" (näheres siehe Urteilsausfertigung), sodass auch das Merkmal der (persönlichen) Weisungsgebundenheit vorliegt. Eine Umsatzbeteiligung ist zwar nicht typisch für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses, schließt ein solches aber nicht aus. Da im gegenständlichen Fall sämtliche Merkmale eines Dienstverhältnisses vorliegen (Weisungsgebundenheit, organisatorische Eingliederung), steht die Umsatzbeteiligung dieser Beurteilung nicht entgegen.
4. Bemessungsgrundlage bei Vorliegen einer nichtselbständigen Tätigkeit
4.1. Allgemeines
Gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81 EStG 1988) des Arbeitgebers besteht. Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten.
Als Arbeitslohn gelten Einnahmen, die einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Dienstverhältnisses in Form von Geld oder geldwerten Vorteilen zufließen. Zu den geldwerten Vorteilen zählen gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 beispielsweise Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge. Die Bewertung der geldwerten Vorteile hat mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes zu erfolgen. Für bestimmte Sachbezüge regelt die Verordnung BGBl. II Nr. 416/2001 eine bundeseinheitliche Bewertung.
Gemäß Lohnkontenverordnung 2006, BGBl. II Nr. 256/2005 idgF, sind vom Arbeitgeber fortlaufend insbesondere der gezahlte Arbeitslohn (einschließlich sonstiger Bezüge und Vorteile im Sinne des § 25 EStG 1988) ohne jeden Abzug unter Angabe des Zahltages und des Lohnzahlungszeitraumes in das Lohnkonto einzutragen.
Mangelt es an derartigen ordnungsgemäßen Aufzeichnungen und ist es objektiv nicht möglich, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen, besteht die Berechtigung (Verpflichtung), diese zu schätzen (vgl. VwGH 4.12.2003, 2003/16/0148). Ziel der Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen (VwGH 2.7.2002, 2002/14/0003), wobei wie bei jeder Schätzung gewisse Ungenauigkeiten bestehen (VwGH 9.12.2004, 2000/14/0166), welche jedoch derjenige, der zur Schätzung Anlass gibt, hinnehmen muss (VwGH 30.9.1998, 97/13/0033; 19.3.2002, 98/14/0026; 27.8.2002, 96/14/0111; siehe auch Ritz, BAO, § 184 Tz 3).
Der Arbeitgeber haftet gemäß § 82 EStG 1988 für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Die Haftung des Arbeitgebers betrifft im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 grundsätzlich nicht jene Lohnzahlungen, die nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern von dritter Seite geleistet werden (vgl. VwGH 16.1.1991, 89/13/0166). Derartiger Arbeitslohn von dritter Seite ist im Wege der Veranlagung zu erfassen. Die Haftung des Arbeitgebers kann dann gegeben sein, wenn sich die Leistung des Dritten als "Verkürzung des Zahlungsweges" darstellt, wenn also die Zahlung des Dritten eine Schuld des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer tilgt, sie also ihren Ursprung im Arbeitsverhältnis hatte und wirtschaftlich dem Arbeitgeber zurechenbar ist (vgl. VwGH 24.10.2012, 2008/13/0106).
4.2. Nichtselbständige Einkünfte von Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleistern
Wie bereits oben erwähnt, zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Bezüge und sonstigen Vorteile aus dem Dienstverhältnis. Für die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug ist bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses davon auszugehen, dass der Arbeitgeber weiß, welche Beträge aus dem Dienstverhältnis zugeflossen sind.
Ist die Bemessungsgrundlage nicht anderweitig feststellbar, kann aus den umsatzsteuerlichen Leistungsentgelten der Betreiberin/des Betreibers der die Sexdienstleistungen anbietenden Einrichtung abgeleitet werden, welche Beträge dem Lohnsteuerabzug unterliegen.
Mit der Frage der wirtschaftlichen Zurechenbarkeit der Leistungen aus umsatzsteuerlicher Sicht sowie deren Ermittlung gegebenenfalls im Schätzungswege haben sich in der Vergangenheit der Verwaltungsgerichtshof sowie der Unabhängige Finanzsenat in einer Vielzahl an Entscheidungen auseinandergesetzt. Demnach sind die Leistungen jenem Unternehmer zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt. Entscheidend dafür, ob der Unternehmer im eigenen oder im fremden Namen tätig wird, ist sein Auftreten nach außen (vgl. VwGH 25.1.2006, 2002/13/0199, mit Verweis auf VwGH 15.1.1990, 87/15/0157; 31.1.2001, 97/13/0066). Dem Unternehmer sind bei Tätigwerden im eigenen Namen daher auch Leistungen zuzurechnen, die er durch Arbeitnehmer, Organwalter oder Stellvertreter erbringen lässt (vgl. VwGH 22.11.2006, 2003/15/0143; 18.12.1996, 95/15/0149 - siehe UFSW vom 7.2.2011, RV/2048-W/09).
Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass eine Zurechnung der von den Endkundinnen bzw. Endkunden gezahlten Entgelte an die Betreiberinnen bzw. Betreiber von Etablissements, Escort Services etc. vorzunehmen ist, wenn diese dem Kunden gegenüber als Leistungserbringer auftreten (vgl. VwGH 22.9.2005, 2003/14/0002).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in diversen Erkenntnissen - so auch im Erkenntnis vom 19.4.2007, 2004/15/0037 - zum Ausdruck brachte, besteht bei einer Bar oder einem Nachtclub mit angeschlossenen Separees die Leistung des Nachtclubbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separeebesuch. Vom Bewerber eines solchen Lokals wird allgemein angenommen, dass er zu diesem Zweck "Sexdienstleistungen offeriert", indem Sexdienstleisterinnen bzw. Sexdienstleister mit den Nachtclubbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die Wünsche der Gäste zu erfüllen. Bei einer solchen Fallkonstellation durfte die belangte Behörde daher unbedenklich davon ausgehen, dass der Nachtclubbetreiber hinsichtlich sämtlicher in dem Nachtclub erbrachten Leistungen wirtschaftlich deren Erbringer ist und dass er das Entgelt für sämtliche im Nachtclub angebotenen Leistungen vereinnahmt hat.
Erfasst nun eine Betreiberin oder ein Betreiber im Sinne der Judikatur ohnehin sämtliche Leistungsentgelte als Umsatz, ergibt sich daraus zwingend, dass dieser oder diesem auch jene Beträge bekannt sind, die der Sexdienstleisterin oder dem Sexdienstleister verbleiben. Sind im Sinne der obigen Ausführungen die Merkmale einer nichtselbständigen Tätigkeit erfüllt, bilden diese Beträge die Ausgangsbasis für den Lohnsteuerabzug, sofern die Bemessungsgrundlage nicht anderweitig feststellbar ist.
Bundesministerium für Finanzen, 18. Juni 2014
https://findok.bmf.gv.at/findok?executi ... a15f1b4a07
--------------------
Ertragsteuerliche Beurteilung von Sexdienstleistungen
Der Erlass zur Besteuerung von Sexdienstleistungen stellt einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988, in der jeweils geltenden Fassung dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird, und ist ab 1. Juli 2014 anzuwenden. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können aus diesem Erlass nicht abgeleitet werden. Bei Erledigungen haben Zitierungen mit Hinweisen auf diesen Erlass zu unterbleiben.
1. Bisherige Vorgangsweise
Die derzeitige Praxis der Finanzämter ist nicht einheitlich und umfasst insbesondere die Erhebung einer Abzugssteuer in unterschiedlichem Ausmaß auf der Grundlage von § 99 EStG 1988 (Steuerabzug von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften).
Der Unabhängige Finanzsenat hat unter anderem in der Entscheidung vom 2.9.2013, RV/0341-W/10, im Ergebnis festgestellt, dass eine Einzelfallbeurteilung zu erfolgen hat und eine Versteuerung aus Vereinfachungsgründen nach § 99 EStG 1988 dem Gesetz fremd ist.
Zur Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sind daher ab 1. Juli 2014 bisherige pauschale Abzugssteuermodelle nicht mehr anzuwenden. Die Steuererhebung hat nunmehr grundsätzlich nach den im jeweiligen Fall vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen zu erfolgen. Danach ist zu beurteilen, ob nichtselbständige Einkünfte (§ 25 EStG 1988) oder selbständige (gewerbliche) Einkünfte (§ 23 EStG 1988) vorliegen.
2. Begriff der Sexdienstleistung
Unter einer Sexdienstleistung ist - in Anlehnung an die meisten landesgesetzlichen Vorschriften - jedenfalls die "Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper oder die Vornahme sexueller Handlungen" zu verstehen (vgl. § 2 des oberösterreichischen Sexualdienstleistungsgesetzes, LGBl. Nr. 80/2012; zum gleich definierten Begriff "Prostitution" siehe § 2 des Wiener Prostitutionsgesetzes 2011, LGBl. Nr. 24/2011, § 1 des Salzburger Landessicherheitsgesetzes, LGBl. Nr. 57/2009, § 2 des Steiermärkischen Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 16/1998, § 2 des Kärntner Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1990, § 2 des niederösterreichischen Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 89/84 und § 14 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes, LGBl. Nr. 60/1976, jeweils in der geltenden Fassung).
Darüber hinaus ist unter einer Sexdienstleistung jeder Kontakt gegen Entgelt zu verstehen, der mit der Absicht unternommen wird, sexuell zu erregen (zB Telefonsex).
3. Ausübung einer Sexdienstleistung im Rahmen einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit
3.1. Abgabenrechtliche Grundsätze
Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist gemäß § 21 BAO in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
3.2. Eigenständige Beurteilung des "steuerrechtlichen Dienstverhältnisses"
Voraussetzung für das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 ist ein bestehendes oder früheres Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 1 und 2 EStG 1988. Die gesetzliche Definition des Dienstverhältnisses ist eine eigenständige des Steuerrechts. Sie ist weder dem bürgerlichen Recht, noch dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen.
Eine Bindungswirkung durch das Steuerrecht besteht nur im Verhältnis zur Sozialversicherung, und zwar insoweit, als gemäß § 4 Abs. 2 ASVG als Dienstnehmer jedenfalls auch derjenige gilt, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist; von dieser Bindungswirkung gibt es einige wenige Ausnahmen, die von ihrem Inhalt her bei Sexdienstleistungen nicht in Frage kommen können.
Für steuerliche Zwecke kommt es jedenfalls ausschließlich darauf an, ob ein Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 vorliegt. Die ausgeübte Tätigkeit muss dem im Steuerrecht beschriebenen Tatbestand entsprechen (vgl. VwGH 22.1.1986, 84/13/0015). Maßgebend sind im Zweifel nicht die vertraglichen Abmachungen, sondern stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, also die objektiven Umstände (vgl. VwGH 25.10.1994, 90/14/0184). Unbeachtlich ist, ob ein Dienstverhältnis schriftlich, mündlich, durch konkludente Handlungen oder überhaupt nicht durch übereinstimmende Willenserklärung zu Stande kam.
Liegt ein Dienstverhältnis im steuerlichen Sinn vor, ist es unerheblich, ob auch ein zivilrechtlicher Arbeitsvertrag vorliegt. Anders als im Steuerrecht entsteht im Zivilrecht gemäß § 1151 ABGB ein Arbeitsvertrag dann, wenn sich jemand auf eine gewisse Zeit zur Arbeitsleistung für einen anderen verpflichtet. Aus dem durch Artikel 8 EMRK garantierten Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ergibt sich, dass die Sexdienstleisterin/der Sexdienstleister zu keinem Zeitpunkt zur sexuellen Hingabe verpflichtet ist. Da ein Arbeitsvertrag von seinem Wesen her darauf hinausläuft, die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer zur Erbringung von Leistungen zu verpflichten und diesbezügliche Weisungen zu erteilen, kann für die Erbringung von sexuellen Dienstleistungen im Kernbereich, zu denen man sich im Hinblick auf Artikel 8 EMRK gerade nicht verpflichten kann, kein zivilrechtliches Arbeitsverhältnis begründet werden.
Soweit Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage ergangen ist, ob das Erbringen von Sexdienstleistungen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darstellt, können die Ausführungen dieser Erkenntnisse auf die ertragsteuerliche Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit angewendet werden; dieser Rechtsbereich stellt ebenso wie das Einkommensteuerrecht auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit ab, und es kommt nicht auf die zivilrechtliche Betrachtung an, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam (VwGH 24.4.2014, 2013/09/0041).
3.3. Weisungsgebundenheit und betriebliche Eingliederung
Steuerlich sind gemäß § 47 Abs. 1 und 2 EStG 1988 für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwei Kriterien maßgeblich, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers (vgl. VwGH 25.10.1994, 90/14/0184).
3.3.1. Weisungsgebundenheit
Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (VwGH 20.12.2000, 99/13/0223).
Für die Erlangung der steuerlichen Arbeitnehmereigenschaft wird somit nicht eine uneingeschränkte Weisungsgebundenheit vorausgesetzt, sondern es ist die bloße Tatsache maßgeblich, dass Weisungen erteilt werden bzw. ein Weisungsverhältnis als solches besteht. Im Bereich der Sexdienstleistungen sind für die Begründung eines steuerlichen Dienstverhältnisses nicht Weisungen der Betreiberin/des Betreibers an die Sexdienstleisterin/den Sexdienstleister in der Intensität gefordert, dass dadurch Strafhandlungen (zB § 216 StGB, Zuhälterei) gesetzt werden müssten (vgl. UFS 1.12.2011, RV/0458-G/09, bzw. darin enthaltener Hinweis auf UFS 18.12.2007, RV/0089-W/05). Eine Pflicht des Arbeitnehmers, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen, wird in dieser Branche daher nur in jenem Ausmaß vorausgesetzt, als dies rechtlich zulässig ist. Im Kernbereich der Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleister wären Weisungen jedenfalls sittenwidrig im rechtlichen Sinne bzw. verboten und rechtlich unzulässig (vgl. UFSG 1.12.2011, RV/0458-G/09). Werden derartige Weisungen (zB Vorgabe bestimmter Sexdienstleistungen) trotzdem erteilt, liegt umso mehr ein steuerliches Dienstverhältnis vor.
Je stärker Weisungsmöglichkeiten rechtlich jedoch eingeschränkt sind, desto mehr tritt in steuerlicher Hinsicht die Weisungsgebundenheit als Abgrenzungskriterium in den Hintergrund. Als entscheidendes Kriterium verbleibt in einem solchen Fall vor allem die Eingliederung des Arbeitnehmers in die Organisation des Arbeitgeberbetriebes (vgl. UFS 1.12.2011, RV/0458-G/09).
3.3.2. Eingliederung in den geschäftlichen Organismus
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus ist im Sinne einer Abhängigkeit vom Auftraggeber zu verstehen (vgl. VwGH 21.12.1993, 90/14/0103). Sie zeigt sich beispielsweise in der Vorgabe von Arbeitszeit und Arbeitsort durch den Auftraggeber sowie in der unmittelbaren Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. VwGH 15.9.1999, 97/13/0164). Aus landesgesetzlich geregelten Rahmenbedingungen (zB Öffnungszeiten oder Hausordnungen), die insbesondere ordnungs- oder gesundheitspolitische Zielsetzungen verfolgen, kann kein Rückschluss auf das Vorliegen einer derartigen Eingliederung gezogen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. UFS 18.1.2010, RV/0459-G/09, mit weiteren Nachweisen) besteht bei einer Bar oder einem Nachtklub mit angeschlossenen Separees die Leistung des Nachtklubbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separeebesuch. Von der Betreiberin/Vom Betreiber eines solchen Lokals wird allgemein erwartet, dass er zu diesem Zweck Sexdienstleistungen offeriert, indem Sexdienstleisterinnen bzw. Sexdienstleister mit den Nachtklubbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die Wünsche der Gäste zu erfüllen.
Der UFS hat in seiner Entscheidung vom 1.12.2011, RV/0458-G/09, erneut auf das Erkenntnis des VwGH 15.9.1999, 97/13/0164, Bezug genommen; die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich ua. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers.
Gemessen an dieser Judikatur werden Sexdienstleistungen dann selbständig erbracht, wenn vor allem das Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus in der "gelebten Wirklichkeit" nicht erfüllt wird.
3.4. Einzelfallbeurteilung
Die Beurteilung der Erbringung von Sexdienstleistungen als selbständig oder nichtselbständig allein nach Maßgabe typischer Erscheinungsformen ist nicht sachgerecht. Dies insbesondere deshalb, weil die konkreten Verhältnisse im selben Betrieb in verschiedenen Jahren und/oder bei verschiedenen Personen unterschiedlich sein können. Bei den gängigsten Erscheinungsformen (Bordell, Laufhaus) können daher Sexdienstleistungen sowohl selbständig als auch nichtselbständig erbracht werden.
Es ist somit unerlässlich, für den jeweils vorliegenden Sachverhalt eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen. Für diese Beurteilung sind die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der Entscheidungspraxis des Bundesfinanzgerichtes bzw. Unabhängigen Finanzsenates entscheidungsrelevanten Kriterien heranzuziehen, die im folgenden Punkt 3.5. ausführlicher dargestellt werden und anhand derer die Beurteilung im Einzelfall erleichtert werden soll.
3.5. Übersicht über die Judikatur
Die folgende Tabelle enthält eine Reihe von höchstgerichtlichen Erkenntnissen und UFS-Entscheidungen, bei denen die Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleister einmal als selbständig, ansonsten als unselbständig bzw. arbeitnehmerähnlich beurteilt wurde.
Die umfangreiche Rechtsprechung zur Frage der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft kann für die ertragsteuerliche Beurteilung der (Nicht-)Selbständigkeit der Betätigung nicht herangezogen werden, da der umsatzsteuerliche Unternehmerbegriff nicht mit der ertragsteuerlichen Selbständigkeit übereinstimmt.
Angeführt werden die den Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte und die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des UFS mit Begründung.
3.5.1. Verwaltungsgerichtshof
VwGH vom 24.4.2014, 2013/09/0041, unter Hinweis auf VwGH vom 25.3.2010, 2009/09/0310
Sachverhalt
Elemente, die für eine unselbständige Beschäftigung sprechen:
Das von der Sexdienstleisterin, welche die Tür aufmacht, kassierte "Eintrittsgeld" und die Organisation der Abrechnung zeigt eine gewisse Einordnung in die Betriebsorganisation und einen Nutzen für den Betreiber nicht nur aus der Vermietung von Zimmern, sondern darüber hinaus indirekt aus der Tätigkeit der Ausübung der Sexdienstleistung.
Die Weisung zu Antritt der Sexdienstleistungstätigkeit, zum Amtsarzt zu gehen, ist eine persönliche Weisung.
Die Betreiberin führte die Anmeldung bei der Gemeinde, die Einreichung der Einkommensteuererklärungen und die Zahlungen an das Finanzamt durch.
Elemente, die für die Differenzierung zwischen unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit neutral sind:
Die Zurverfügungstellung einer privaten Wohnmöglichkeit deutet an sich auf eine unselbständige Tätigkeit. Dies wird aber kompensiert dadurch, dass die Sexdienstleisterin dafür einen durchaus nicht unerheblichen Monatsbetrag und die Betriebskosten zu zahlen hatte (im konkreten Fall 10 €/Tag).
Der Ehemann der Betreiberin fungierte als Hausmeister, er erledigte kleine Reparaturen; sonst gab es keine Hausangestellten.
Die Veranlagung zur Einkommensteuer ist grundsätzlich ohne Aussagekraft.
Dass die Betreiberin die Sexdienstleisterinnen teils zum Amtsarzt hinführte, ist angesichts des Vorbringens, dass die Sexdienstleisterinnen teils auch selbständig zum Amtsarzt fuhren und es keine diesbezüglichen Anordnungen bzw. eine Organisation gab, im Sinne einer Hilfestellung anzusehen.
Elemente, die auf Selbständigkeit der Sexdienstleisterinnen und damit auf reine Zimmermiete (in der Form eines sogenannten "Stundenhotels") deuten:
Es gab keine von der Betreiberin bestimmten Öffnungszeiten im Haus X und keine Anwesenheitspflicht der Sexdienstleisterinnen.
Die Dauer der Tätigkeit war nicht vorbestimmt.
Es existierte keine Aufzeichnungspflicht über Gäste, Eintrittsgeld und Getränkenachkauf; die Betreiberin verließ sich auf die Angaben der Sexdienstleisterinnen.
Das Entgelt wurde durch die Sexdienstleisterinnen eigenständig bestimmt. Die fix an die Betreiberin abzuliefernden 30 € waren als Miete für das Zimmer anzusehen.
Es gab keine regelmäßigen (Kontroll-)Besuche der Betreiberin im Haus.
Es gab keinen Barbetrieb noch Tanzdarbietungen in einem Klubraum oder dergleichen.
Beurteilung
Bei der Abgrenzung zwischen selb- und unselbständiger Tätigkeit ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Im vorliegenden Sachverhalt sprechen gewichtige Argumente für eine selbständige Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen (zu § 2 AuslBG).
VwGH vom 31.7.2009, 2008/09/0086
Sachverhalt
Strittig war die Qualifikation der ausländischen Sexdienstleisterinnen als Beschäftigte iSd § 2 AuslBG. Vier ausländische Sexdienstleisterinnen wurden in einem Nachtlokal ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen beschäftigt. Die Beschäftigung erfolgte in der Form, dass die Damen am Getränkeumsatz beteiligt waren, ihnen die Zimmer für die Ausübung der Sexdienstleistung zur Verfügung gestellt wurden und sie lediglich pro Zimmerstunde einen bestimmten Betrag an die Beschwerdeführerin abzuführen hatten; die Preisgestaltung war von den Sexdienstleisterinnen aber nicht beeinflussbar, sondern es existierte eine einheitliche und abgestimmte Preisregelung. Die Einhaltung der wöchentlichen Gesundheitskontrollen wurde vom Lebensgefährten der Beschwerdeführerin kontrolliert, ebenso sind die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen von diesem abgewickelt worden. Die Sexdienstleisterinnen hatten Hausordnungen zu unterfertigen.
Beurteilung
Die Animiertätigkeit von Ausländerinnen unter Beteiligung am Umsatz bei allenfalls gleichzeitig auszuübender Sexdienstleistung ist aufgrund der wirtschaftlichen Gestaltung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu beurteilen. Angesichts der planmäßigen Eingliederung in die Betriebsorganisation der Beschwerdeführerin ist die Tätigkeit der Animierdamen dem Unternehmen der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit kommt es besonders auf die wirtschaftliche Verknüpfung der Tätigkeit mit dem Bar- oder Bordellbetrieb, in dem die Sexdienstleisterinnen tätig werden, an. Eine andere rechtliche Qualifikation mag in Fällen denkbar sein, in denen die Sexdienstleisterinnen nicht an derartige Etablissements gebunden sind.
VwGH vom 9.10.2006, 2005/09/0086
Sachverhalt
Sechs Ausländerinnen wurden als Animierdamen und Sexdienstleisterinnen in einer Nachtclub GmbH unter Beteiligung am Getränkeumsatz beschäftigt; bezüglich der Einnahmen aus den Sexdienstleistungen hatten sie einen bestimmten prozentuellen Anteil an die Geschäftsführerin des Nachtclubs abzuliefern. Die Sexdienstleistung wurde in den von der GmbH zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten ausgeübt; darüber hinaus wurde den Sexdienstleisterinnen eine Wohnmöglichkeit gegen Entgelt in diesen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Die Anwesenheit der Animierdamen war an die Öffnungszeiten der Bar gekoppelt und der Betrieb der Bar von der Anwesenheit der Damen abhängig gewesen. Die Arbeitszeit wurde von der Geschäftsführerin der GmbH festgelegt, die Art der Leistungserbringung - nämlich Anlockung von Kunden und Animation zur Getränkekonsumation und zur Ausübung der Sexdienstleistung - war unbestritten. Der abzuliefernde Teil der Einnahmen aus den Sexdienstleistungen war abhängig von der zeitlichen Beanspruchung. Der wirtschaftliche Nutzen aus der Tätigkeit lag bei der GmbH. Es bestand zwar keine Anwesenheitspflicht einzelner bestimmter Sexdienstleisterinnen, aber eine Anwesenheitspflicht von Sexdienstleisterinnen generell. Die Erwerbsmöglichkeiten der Sexdienstleisterinnen waren umgekehrt auf die Öffnungszeiten der Bar beschränkt gewesen.
Beurteilung
Die Animiertätigkeit von Ausländerinnen unter Beteiligung am Umsatz bei allenfalls gleichzeitig auszuübender Sexdienstleistung ist aufgrund der wirtschaftlichen Gestaltung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu beurteilen (§ 2 AuslBG). Angesichts der planmäßigen Eingliederung in die Betriebsorganisation der Nachtclub GmbH ist die Tätigkeit der Animierdamen dem Unternehmen der GmbH zuzurechnen. Der Charakter von Zahlungen als Entgelt wird nicht dadurch beseitigt, dass Teile dieses Entgelts unmittelbar durch Dritte geleistet würden (mit Hinweis auf § 35 Abs. 1 ASVG, Dienstgebereigenschaft trotz Entgeltleistung Dritter).
VwGH vom 29.5.2006, 2004/09/0043
Sachverhalt
Strittig war die Beschäftigung von zwei ausländischen Animierdamen in einem Barbetrieb iSd § 2 AuslBG. Im zu beurteilenden Sachverhalt konnten die Animierdamen laut eigenen Aussagen und den Aussagen einer Zeugin selbständig agieren, mussten dem Betreiber jedoch einen prozentuellen Anteil ihrer Einnahmen abtreten. Für die Erbringung der Sexdienstleistungen wurden Zimmer im an die Bar angrenzenden Haus benutzt, welches von der Bar aus zugänglich war und ebenfalls dem Betreiber gehörte; in diesen Zimmern bewahrten die Damen auch ihre persönlichen Sachen auf. Die Zimmer wurden den Gästen der Bar für Sexdienstleistungen zur Verfügung gestellt, den Schlüssel händigte die Barfrau aus, die Tarife und Konsumation waren vorgeschrieben, die Kontrolle der Damen erfolgte durch Personal des Betreibers (Eintragung in Listen), die Reinigung der Zimmer wurde durch Reinigungspersonal der Bar vorgenommen. Die Entgeltzahlungen erfolgten allerdings unmittelbar an die Damen, die von ihren Einnahmen Prozente abzuliefern hatten.
Beurteilung
In organisatorischer Hinsicht war eine Einbindung in den Barbetrieb gegeben (Listeneintragung, Aufsicht, Aufenthalt in der Bar in berufstypischer Kleidung, wohnen in angrenzendem Gebäude). Rechtlich bedeutsam ist, dass der Beschwerdeführer mit den Damen keine Unentgeltlichkeit hinsichtlich der Animiertätigkeit vereinbart hatte und dies auch nicht erkennbar gewesen sei, die Damen daher jedenfalls Anspruch auf angemessenes Entgelt hätten. Die Animiertätigkeit von Ausländerinnen - allenfalls unter gleichzeitiger Ausübung der Sexdienstleistung - unter Beteiligung am Umsatz ist aufgrund der wirtschaftlichen Gestaltung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu qualifizieren.
VwGH vom 4.4.2001, 99/09/0156
Sachverhalt
Strittig war, ob es sich bei den in einem Nachtclub beschäftigten Ausländerinnen um Beschäftigte iSd § 2 AuslBG handelte oder um selbständig Tätige. Konkret ging es um 4 Ausländerinnen, die in einem Nachtclub als Tänzerinnen und Sexdienstleisterinnen tätig waren und in der Form entlohnt wurden, als sie sowohl am Getränke- als auch am Sexdienstleistungsumsatz prozentuell beteiligt waren. Die Abrechnung der Leistungen erfolgte durch den Betreiber des Nachtclubs. Die Arbeitszeiten waren durch die Öffnungszeiten des Nachtklubs vorgegeben.
Beurteilung
Die Tätigkeit ist aufgrund der wirtschaftlichen Gestaltung des abgeschlossenen Vertrages und den daraus resultierenden ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, wie sie für Arbeitnehmer bestehen, als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren; auf die Bezeichnung, unter der die Frauen aufgetreten sind - Tänzerin, Animierdame oder Sexdienstleisterin - kommt es daher nicht mehr entscheidend an.
3.5.2. UFS-Entscheidungen
RV/0458-G/09 vom 1.12.2011
Sachverhalt
Strittig war, ob hinsichtlich der im Betrieb der Berufungswerberin tätigen Sexdienstleisterinnen ein steuerliches Dienstverhältnis vorlag oder ob diese selbständig tätig waren.
Das Finanzamt hat das Vorliegen eines Dienstverhältnisses insbesondere deswegen angenommen, weil eine klare Eingliederung der Sexdienstleisterinnen in den betrieblichen Organismus der Berufungswerberin aus folgenden Gründen gegeben war:
alle Sexdienstleisterinnen mussten die vorliegende Hausordnung unterschriftlich zur Kenntnis nehmen;
Vorgabe der Arbeitszeiten aufgrund der Öffnungszeiten der Bar;
die Leistungen der Sexdienstleisterinnen fanden in den Räumlichkeiten der Bar statt;
die Sexdienstleisterinnen waren angehalten, die Kunden zum Getränkekonsum zu animieren (Trinkprozente);
die Entgeltzahlungen für die Sexdienstleistungen erfolgten beim Kellner oder Geschäftsführer der Bar;
die Zahlungen wurden dem Bankkonto des Betreibers gutgeschrieben;
die Zahlungen an die Sexdienstleisterinnen erfolgten jeweils am 1. oder 15. eines Monats.
Darüber hinaus waren nach Ansicht des Finanzamtes auch die Kriterien der Weisungsgebundenheit in Bezug auf die Bestimmung von Zeit und Ort gegeben. Die Weisungsgebundenheit für den Personenkreis der Sexdienstleisterinnen war insgesamt eingeschränkt, als den Sexdienstleisterinnen die freie Auswahl von Kunden und die Bestimmung der Art der Dienstleistung oblag, was aber der Annahme eines Dienstverhältnisses nicht entgegenstünde.
Beurteilung
Der UFS entschied, dass die für die Berufungswerberin tätigen Sexdienstleisterinnen in einem (einkommensteuerrechtlichen) Dienstverhältnis zur Berufungswerberin standen. Dies wurde wie folgt begründet:
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 zum Dienstverhältnis sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien, wie insbesondere das Fehlen eines Unternehmerrisikos, Bedacht zu nehmen.
Weisungsgebundenheit:
Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Dabei wird eine Pflicht des Arbeitnehmers, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen, nur in jenem Ausmaß vorausgesetzt, als dies rechtlich zulässig ist. Je stärker Weisungsmöglichkeiten rechtlich eingeschränkt sind (vgl etwa Art. 87 Abs. 1 und 2 B-VG), desto mehr tritt die Weisungsgebundenheit als Abgrenzungskriterium in den Hintergrund und umso mehr verbleibt insbesondere die Eingliederung des Arbeitnehmers in die Organisation des Arbeitgebers als entscheidendes Kriterium. Im vorliegenden Fall wären Weisungen im Kernbereich der Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen sittenwidrig im rechtlichen Sinne bzw. verboten und rechtlich unzulässig gewesen. Der Frage einer allfälligen diesbezüglichen Weisungsgebundenheit der Sexdienstleisterinnen kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu.
Eingliederung:
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 15.9.1999, 97/13/0164).
Weiterer Rechtszug:
Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hat der VfGH mit der Begründung abgelehnt, dass § 47 EStG 1988 für den Bereich des Steuerrechts einen eigenständigen Dienstnehmerbegriff festlegt (VfGH 28.2.2012, B 75/12). Der in weiterer Folge damit befasste VwGH hat die Behandlung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG abgelehnt (VwGH 24.10.2013, 2012/15/0070) und damit das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit implizit bestätigt, weil der UFS im angefochtenen Bescheid nicht von der Rechtsprechung des VwGH in Bezug auf Weisungsunterworfenheit, Unternehmerrisiko und Eingliederung in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers abgewichen ist.
RV/0089-W/05 vom 18.12.2007
Sachverhalt
Die Berufungswerberin betrieb eine Bar mit angeschlossenen Separees; für die in der Bar beschäftigten Animierdamen galt im Wesentlichen Folgendes:
Der Ort ihrer Tätigkeit - nämlich die Separees - wurde ihnen von ihrer Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt.
Die Anbahnung zur Erbringung der Sexdienstleistungen erfolgte in der Bar.
Die Arbeitszeiten waren durch die Öffnungszeiten der Bar vorgegeben.
Die Kunden rekrutierten sich aus dem Kundenkreis der Bar.
Das Entgelt wurde durch die Steuerpflichtige bzw einen Vertreter dieser vereinnahmt; am Getränkeumsatz waren die Damen prozentuell beteiligt. Die Preisverhandlungen betreffend Sexdienstleistungen wurden über eine Barfrau/einen Barmann geführt, es erfolgte durch die Kunden keine extra Bezahlung an die Damen.
Die Unterkunft für die Damen wurde bei Bedarf von der Steuerpflichtigen gestellt.
Eine Beteiligung am Getränkeumsatz in Form von Trinkprozenten hat nichts mit der Beurteilung der Tätigkeit der Sexdienstleisterinnen als selbständig oder nichtselbständig zu tun, da die Vereinnahmung des Entgelts für die Sexdienstleistungen grundsätzlich durch die Sexdienstleisterinnen selbst erfolgt sei.
Beurteilung
Bei einer Bar mit angeschlossenen Separees besteht die Leistung des Betreibers nach der Kundenerwartung darin, dem Kunden die Gelegenheit zum Erhalt einer Sexdienstleistung zu verschaffen. Dabei ist die Konsumation von Getränken bei derartigen Betrieben regelmäßig Teil der Hauptleistung, um dem Betreiber entsprechend höhere Einnahmen zu sichern. Eine Aufteilung des vom Kunden erbrachten Entgelts auf mehrere Leistungen ist demgegenüber ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um voneinander unabhängige selbständige Leistungen handelt. Die von der Berufungswerberin vertretene Auffassung, dass sie nur die Separees an die Kunden vermietet hätte, ist auch deswegen unzutreffend, weil die Leistungskomponenten "Mädchen" und "Zimmer" im gegebenen Zusammenhang nicht geteilt werden können (so auch VwGH 20.12.2000, 98/13/0047).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind bei der Unterscheidung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit wesentliche Merkmale einerseits das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses, andererseits das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit, d.h. die Verpflichtung einer natürlichen Person als Arbeitnehmer, bei ihrer Tätigkeit die Weisungen eines anderen - des Arbeitgebers - zu befolgen, sowie die organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers. Die Sexdienstleisterinnen haben ihre Tätigkeit in den Betriebsräumlichkeiten (Separees) der Berufungswerberin ausgeübt, sodass nach Auffassung der Berufungsbehörde eine Eingliederung in den Betrieb der Berufungswerberin vorliegt. Die Berufungswerberin hat den Sexdienstleisterinnen "die Bedingungen der Prostitution vorgeschrieben" (näheres siehe Urteilsausfertigung), sodass auch das Merkmal der (persönlichen) Weisungsgebundenheit vorliegt. Eine Umsatzbeteiligung ist zwar nicht typisch für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses, schließt ein solches aber nicht aus. Da im gegenständlichen Fall sämtliche Merkmale eines Dienstverhältnisses vorliegen (Weisungsgebundenheit, organisatorische Eingliederung), steht die Umsatzbeteiligung dieser Beurteilung nicht entgegen.
4. Bemessungsgrundlage bei Vorliegen einer nichtselbständigen Tätigkeit
4.1. Allgemeines
Gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81 EStG 1988) des Arbeitgebers besteht. Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten.
Als Arbeitslohn gelten Einnahmen, die einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Dienstverhältnisses in Form von Geld oder geldwerten Vorteilen zufließen. Zu den geldwerten Vorteilen zählen gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 beispielsweise Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge. Die Bewertung der geldwerten Vorteile hat mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes zu erfolgen. Für bestimmte Sachbezüge regelt die Verordnung BGBl. II Nr. 416/2001 eine bundeseinheitliche Bewertung.
Gemäß Lohnkontenverordnung 2006, BGBl. II Nr. 256/2005 idgF, sind vom Arbeitgeber fortlaufend insbesondere der gezahlte Arbeitslohn (einschließlich sonstiger Bezüge und Vorteile im Sinne des § 25 EStG 1988) ohne jeden Abzug unter Angabe des Zahltages und des Lohnzahlungszeitraumes in das Lohnkonto einzutragen.
Mangelt es an derartigen ordnungsgemäßen Aufzeichnungen und ist es objektiv nicht möglich, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen, besteht die Berechtigung (Verpflichtung), diese zu schätzen (vgl. VwGH 4.12.2003, 2003/16/0148). Ziel der Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen (VwGH 2.7.2002, 2002/14/0003), wobei wie bei jeder Schätzung gewisse Ungenauigkeiten bestehen (VwGH 9.12.2004, 2000/14/0166), welche jedoch derjenige, der zur Schätzung Anlass gibt, hinnehmen muss (VwGH 30.9.1998, 97/13/0033; 19.3.2002, 98/14/0026; 27.8.2002, 96/14/0111; siehe auch Ritz, BAO, § 184 Tz 3).
Der Arbeitgeber haftet gemäß § 82 EStG 1988 für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Die Haftung des Arbeitgebers betrifft im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 grundsätzlich nicht jene Lohnzahlungen, die nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern von dritter Seite geleistet werden (vgl. VwGH 16.1.1991, 89/13/0166). Derartiger Arbeitslohn von dritter Seite ist im Wege der Veranlagung zu erfassen. Die Haftung des Arbeitgebers kann dann gegeben sein, wenn sich die Leistung des Dritten als "Verkürzung des Zahlungsweges" darstellt, wenn also die Zahlung des Dritten eine Schuld des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer tilgt, sie also ihren Ursprung im Arbeitsverhältnis hatte und wirtschaftlich dem Arbeitgeber zurechenbar ist (vgl. VwGH 24.10.2012, 2008/13/0106).
4.2. Nichtselbständige Einkünfte von Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleistern
Wie bereits oben erwähnt, zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Bezüge und sonstigen Vorteile aus dem Dienstverhältnis. Für die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug ist bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses davon auszugehen, dass der Arbeitgeber weiß, welche Beträge aus dem Dienstverhältnis zugeflossen sind.
Ist die Bemessungsgrundlage nicht anderweitig feststellbar, kann aus den umsatzsteuerlichen Leistungsentgelten der Betreiberin/des Betreibers der die Sexdienstleistungen anbietenden Einrichtung abgeleitet werden, welche Beträge dem Lohnsteuerabzug unterliegen.
Mit der Frage der wirtschaftlichen Zurechenbarkeit der Leistungen aus umsatzsteuerlicher Sicht sowie deren Ermittlung gegebenenfalls im Schätzungswege haben sich in der Vergangenheit der Verwaltungsgerichtshof sowie der Unabhängige Finanzsenat in einer Vielzahl an Entscheidungen auseinandergesetzt. Demnach sind die Leistungen jenem Unternehmer zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt. Entscheidend dafür, ob der Unternehmer im eigenen oder im fremden Namen tätig wird, ist sein Auftreten nach außen (vgl. VwGH 25.1.2006, 2002/13/0199, mit Verweis auf VwGH 15.1.1990, 87/15/0157; 31.1.2001, 97/13/0066). Dem Unternehmer sind bei Tätigwerden im eigenen Namen daher auch Leistungen zuzurechnen, die er durch Arbeitnehmer, Organwalter oder Stellvertreter erbringen lässt (vgl. VwGH 22.11.2006, 2003/15/0143; 18.12.1996, 95/15/0149 - siehe UFSW vom 7.2.2011, RV/2048-W/09).
Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass eine Zurechnung der von den Endkundinnen bzw. Endkunden gezahlten Entgelte an die Betreiberinnen bzw. Betreiber von Etablissements, Escort Services etc. vorzunehmen ist, wenn diese dem Kunden gegenüber als Leistungserbringer auftreten (vgl. VwGH 22.9.2005, 2003/14/0002).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in diversen Erkenntnissen - so auch im Erkenntnis vom 19.4.2007, 2004/15/0037 - zum Ausdruck brachte, besteht bei einer Bar oder einem Nachtclub mit angeschlossenen Separees die Leistung des Nachtclubbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separeebesuch. Vom Bewerber eines solchen Lokals wird allgemein angenommen, dass er zu diesem Zweck "Sexdienstleistungen offeriert", indem Sexdienstleisterinnen bzw. Sexdienstleister mit den Nachtclubbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die Wünsche der Gäste zu erfüllen. Bei einer solchen Fallkonstellation durfte die belangte Behörde daher unbedenklich davon ausgehen, dass der Nachtclubbetreiber hinsichtlich sämtlicher in dem Nachtclub erbrachten Leistungen wirtschaftlich deren Erbringer ist und dass er das Entgelt für sämtliche im Nachtclub angebotenen Leistungen vereinnahmt hat.
Erfasst nun eine Betreiberin oder ein Betreiber im Sinne der Judikatur ohnehin sämtliche Leistungsentgelte als Umsatz, ergibt sich daraus zwingend, dass dieser oder diesem auch jene Beträge bekannt sind, die der Sexdienstleisterin oder dem Sexdienstleister verbleiben. Sind im Sinne der obigen Ausführungen die Merkmale einer nichtselbständigen Tätigkeit erfüllt, bilden diese Beträge die Ausgangsbasis für den Lohnsteuerabzug, sofern die Bemessungsgrundlage nicht anderweitig feststellbar ist.
Bundesministerium für Finanzen, 18. Juni 2014
https://findok.bmf.gv.at/findok?executi ... a15f1b4a07
--------------------
-
- PlatinStern
- Beiträge: 825
- Registriert: 16.06.2011, 21:03
- Wohnort: Bielefeld
- Ich bin: Keine Angabe
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Das ist alles so unglaublich, das die sich ihre Gesetze an den Haaren herbei ziehen... da fehlen mir einfach die Worte. Auch wenn ich gern ein Statement dazu abgeben würde... Ich hoffe inständig das die Behörden irgendwann Vernunft annehmen und sich mit den Sexarbeiterinnen selbst an den Tisch setzen und nicht immer und immer wieder realitätsfern über ihre Köpfe hinweg entscheiden und die legale Ausübung von Sexarbeit verunmöglichen.
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 135
- Registriert: 21.11.2012, 10:36
- Ich bin: Keine Angabe
Re: RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegal

Genau meine Gedanken, vielleicht ist es gut, wenn solche Gedankenanstöße aus dem Ausland kommen! Auf uns hört hier keiner!Melanie_NRW hat geschrieben:Das ist alles so unglaublich, das die sich ihre Gesetze an den Haaren herbei ziehen... da fehlen mir einfach die Worte. Auch wenn ich gern ein Statement dazu abgeben würde... Ich hoffe inständig das die Behörden irgendwann Vernunft annehmen und sich mit den Sexarbeiterinnen selbst an den Tisch setzen und nicht immer und immer wieder realitätsfern über ihre Köpfe hinweg entscheiden und die legale Ausübung von Sexarbeit verunmöglichen.

-
- PlatinStern
- Beiträge: 1127
- Registriert: 20.06.2012, 10:16
- Wohnort: Strasbourg
- Ich bin: SexarbeiterIn
-
- Admina
- Beiträge: 7434
- Registriert: 07.09.2009, 04:52
- Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
- Ich bin: Keine Angabe
Heute sah ich ein Film auf ARTE über die Prohibition des Alkohols mit der Geschichte von Al Capone. Ich sah darin sehr viele Parallellen. Ich teile deiner Meinung Doris überall wird alles so absurd reguliert und völlig realitätsfremd für unsere Branche, das die legale Prostitution verunmöglicht wird.
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
*****
Fakten und Infos über Prostitution
*****
Fakten und Infos über Prostitution
-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
"Staat wird zum größten Zuhälter" Ab 1. Juli sind Prostituierte öfter lohnsteuerpflichtig. Der Plan des Fiskus erntet viel Kritik.
er Fiskus schielt auf das Rotlicht – oder besser gesagt auf die millionenschweren Einnahmen im Gewerbe. Bisher beklagte die Finanz eine uneinheitliche Praxis: In mehreren Bundesländern führten Bordell-Betreiber Pauschalbeträge ab, in Wien galten Prostituierte steuertechnisch als Selbstständige, oder es wurde gar nicht bezahlt. Jetzt schärft die Finanz den Steuervollzug nach. Ab 1. Juli gilt nur mehr die "Einzelfallbeurteilung" – sprich: Prostituierte sind, wenn sie wie Angestellte arbeiten, lohnsteuerpflichtig.
Zwar hat der Fiskus die Betreiber informiert. Auf jene, die die Gebühr beisteuern, nämlich die Sexarbeiterinnen, wurde vergessen.
"Die wissen es noch gar nicht", sagt Christian Knappik. Knappik, der für die Plattform Sexworker.at spricht, ist Teil einer eher seltenen Allianz, die gegen das Vorhaben des Fiskus Sturm läuft: Seite an Seite warnen NGOs wie Lefö, Maiz, SAXA-Info, Pia und IBUS sowie Puff-Betreiber vor den Folgen. Frauen würden, sagt Knappik, "in die Illegalität gedrängt". Genau hier sei die Gefahr von Zwangsprostitution am höchsten, fährt er fort.
Gleichheitsgrundsatz
Eine Info-Kampagne für die Frauen sei geplant, heißt es aus dem Finanzministerium. Dort beruft man sich gebetsmühlenartig auf die heimische Judikatur: Demnach verletzen die derzeit gültigen Pauschalen den Gleichheitsgrundsatz. Denn wer mehr verdiene, müsse auch mehr Steuern bezahlen. Die Sprecherin des Ministeriums kennt die Argumente der Kritiker: Auf Anfrage wird ein Factsheet ausgeschickt. Sinngemäß heißt es darin, dass zwei Punkte für die Lohnsteuerpflicht relevant sind. Entscheidend ist, wie gut Prostituierte in den Betrieb integriert sind und ob sie von ihrem Chef Weisungen erhalten.
Knappik kritisiert, dass damit Weisungen Tür und Tor geöffnet werden: "Das widerspricht dem Wesen der Prostitution, in dem es um sexuelle Selbstbestimmung geht", erklärt er. Würde zukünftig der Freier beim Bordell-Betreiber bezahlen, dann könnten Prostituierte nicht mehr über ihre sexuelle Dienstleistung bestimmen. Eine Ministeriumssprecherin hält entgegen, dass es nur um "rechtlich zulässige Weisungen" gehe, etwa um Arbeitszeiten.
Christoph Lielacher, der in Wien den größten Club Österreichs führt, befürchtet dennoch so wie andere Betreiber, dass er mit dem Strafrecht in Konflikt gerät: Sowohl die Weisungsgebundenheit als auch das Einbehalten von Geld brächte ihn in den Verdacht der Zuhälterei. "Das haben mir Kriminalisten erklärt." Lielacher will den ersten Bescheid beeinspruchen. "Der Staat wird mit dieser Praxis zum größten Zuhälter Europas", sagt er.
Keine neuen Rechte
Arbeitnehmerinnen-Rechte wie etwa ein 13. und 14. Gehalt oder geregelte Arbeitszeiten stehen den Prostituierten trotz der Lohnsteuerpflicht nicht automatisch zu. Die Prostituierten gelten vorerst nur steuerrechtlich als Angestellte, nicht jedoch aus arbeitsrechtlicher Perspektive. Es gehe nur um eine "ertragsteuerliche Sicht", heißt es im Ministerium. Auch das kritisieren NGOs: "Den politisch Verantwortlichen geht es nicht um eine Verbesserung ihrer Situation, sondern nur um die Besteuerung ihres Verdienstes."
http://kurier.at/chronik/oesterreich/se ... 72.584.656

er Fiskus schielt auf das Rotlicht – oder besser gesagt auf die millionenschweren Einnahmen im Gewerbe. Bisher beklagte die Finanz eine uneinheitliche Praxis: In mehreren Bundesländern führten Bordell-Betreiber Pauschalbeträge ab, in Wien galten Prostituierte steuertechnisch als Selbstständige, oder es wurde gar nicht bezahlt. Jetzt schärft die Finanz den Steuervollzug nach. Ab 1. Juli gilt nur mehr die "Einzelfallbeurteilung" – sprich: Prostituierte sind, wenn sie wie Angestellte arbeiten, lohnsteuerpflichtig.
Zwar hat der Fiskus die Betreiber informiert. Auf jene, die die Gebühr beisteuern, nämlich die Sexarbeiterinnen, wurde vergessen.
"Die wissen es noch gar nicht", sagt Christian Knappik. Knappik, der für die Plattform Sexworker.at spricht, ist Teil einer eher seltenen Allianz, die gegen das Vorhaben des Fiskus Sturm läuft: Seite an Seite warnen NGOs wie Lefö, Maiz, SAXA-Info, Pia und IBUS sowie Puff-Betreiber vor den Folgen. Frauen würden, sagt Knappik, "in die Illegalität gedrängt". Genau hier sei die Gefahr von Zwangsprostitution am höchsten, fährt er fort.
Gleichheitsgrundsatz
Eine Info-Kampagne für die Frauen sei geplant, heißt es aus dem Finanzministerium. Dort beruft man sich gebetsmühlenartig auf die heimische Judikatur: Demnach verletzen die derzeit gültigen Pauschalen den Gleichheitsgrundsatz. Denn wer mehr verdiene, müsse auch mehr Steuern bezahlen. Die Sprecherin des Ministeriums kennt die Argumente der Kritiker: Auf Anfrage wird ein Factsheet ausgeschickt. Sinngemäß heißt es darin, dass zwei Punkte für die Lohnsteuerpflicht relevant sind. Entscheidend ist, wie gut Prostituierte in den Betrieb integriert sind und ob sie von ihrem Chef Weisungen erhalten.
Knappik kritisiert, dass damit Weisungen Tür und Tor geöffnet werden: "Das widerspricht dem Wesen der Prostitution, in dem es um sexuelle Selbstbestimmung geht", erklärt er. Würde zukünftig der Freier beim Bordell-Betreiber bezahlen, dann könnten Prostituierte nicht mehr über ihre sexuelle Dienstleistung bestimmen. Eine Ministeriumssprecherin hält entgegen, dass es nur um "rechtlich zulässige Weisungen" gehe, etwa um Arbeitszeiten.
Christoph Lielacher, der in Wien den größten Club Österreichs führt, befürchtet dennoch so wie andere Betreiber, dass er mit dem Strafrecht in Konflikt gerät: Sowohl die Weisungsgebundenheit als auch das Einbehalten von Geld brächte ihn in den Verdacht der Zuhälterei. "Das haben mir Kriminalisten erklärt." Lielacher will den ersten Bescheid beeinspruchen. "Der Staat wird mit dieser Praxis zum größten Zuhälter Europas", sagt er.
Keine neuen Rechte
Arbeitnehmerinnen-Rechte wie etwa ein 13. und 14. Gehalt oder geregelte Arbeitszeiten stehen den Prostituierten trotz der Lohnsteuerpflicht nicht automatisch zu. Die Prostituierten gelten vorerst nur steuerrechtlich als Angestellte, nicht jedoch aus arbeitsrechtlicher Perspektive. Es gehe nur um eine "ertragsteuerliche Sicht", heißt es im Ministerium. Auch das kritisieren NGOs: "Den politisch Verantwortlichen geht es nicht um eine Verbesserung ihrer Situation, sondern nur um die Besteuerung ihres Verdienstes."
http://kurier.at/chronik/oesterreich/se ... 72.584.656

-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
[movie]http://80.108.21.143/sw/servusTV.flv[/movie]
Zuletzt geändert von Zwerg am 01.07.2014, 10:05, insgesamt 1-mal geändert.
-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Man kann sich ob der unqualifizierten Vorschläge die da kommen nur wundern... Obwohl: Das es überhaupt jemals zu diesem Kuhhandel gekommen ist - das SexarbeiterInnen über Jahre hinweg ohne gesetzliche Grundlage (!!) über BetreiberInnen Steuer abführen mussten - war ja auch die Idee von BetreiberInnen und der Finanz willkommen..... Vielleicht sollte man von Seiten des Finanzministeriums dann doch einmal mit den richtigen AnsprechpartnerInnen reden, wenn es um die Steuern von SexarbeiterInnen geht.... mit den SexarbeiterInnen! Oder noch einfacher wäre es, wenn man SexarbeiterInnen genauso sehen würde, wie jeden anderen Selbstständigen im Lande auch! Warum eigentlich nicht???
Zu der Wortmeldung des Betreibers: Aus solchen Wortmeldungen kann man ersehen, dass nicht nur Finanzämter SexarbeiterInnen für unmündig halten. Zusätzlich gilt anzumerken, dass auch er das Prinzip der Einkommensteuer nicht verstanden hat..... Die Einkommensteuer ist eine Steuer die aus dem Einkommen errechnet wird - und somit nicht (!) mit Einheitszahlungen in Einklang zu bringen sind. Wer mehr verdient zahlt mehr - und wer weniger verdient, eben weniger.... Und was das Gesundheitsamt jetzt mit Steuereintreibung zu tun haben soll, ist auch nicht nachvollziehbar.
http://www.heute.at/news/politik/art23660,1035632
Lohnsteuer für Prostituierte
Finanzminister ist jetzt Rotlicht-König
Zornesröte im Rotlicht. Denn seit Dienstag gilt ein Erlass des Finanzministeriums, der streng nach Pfusch riecht: Prostituierte, die wie Angestellte arbeiten, müssen jetzt Lohnsteuer zahlen.
Der Murks der neuen "Einzelfallbeurteilung" ist offensichtlich: Führt ein Bordell-Chef Sexprofis wie Angestellte (Weisungsrecht, Inkasso der Leistung), wird er wegen Zuhälterei angeklagt. Zweitens macht der Zugriff den Finanzminister zwar zum Rotlicht-König, doch arbeitsrechtlich (13. und 14. Gehalt, geregelte Arbeitszeiten) hilft er den Mädchen nicht.
Vor allem aber trifft die Forderung just Frauen in etablierten Betrieben (Bordell, Laufhaus, Sexsauna). Durch die Lohnsteuer werden sie in die Illegalität (Straßen- und Wohnungsstrich) gedrängt. "Ein gefährlicher Effekt und für den Fiskus sinnlos", prognostiziert Christoph Lielacher, der Österreichs größten Sexclub "Funpalast" führt.
Vorschlag des Insiders: "Bei der wöchentlichen Gesundenuntersuchung könnte jedes Mädchen immer 100 Euro Steuern zahlen." Denn das ergibt bei rund 10.000 selbständigen Profis im Land jedenfalls einen zweistelligen Millionenbetrag. Ohne unnötige Prozesse und Beamte.
(© Wolfgang Höllrigl)
----------------------
Zu der Wortmeldung des Betreibers: Aus solchen Wortmeldungen kann man ersehen, dass nicht nur Finanzämter SexarbeiterInnen für unmündig halten. Zusätzlich gilt anzumerken, dass auch er das Prinzip der Einkommensteuer nicht verstanden hat..... Die Einkommensteuer ist eine Steuer die aus dem Einkommen errechnet wird - und somit nicht (!) mit Einheitszahlungen in Einklang zu bringen sind. Wer mehr verdient zahlt mehr - und wer weniger verdient, eben weniger.... Und was das Gesundheitsamt jetzt mit Steuereintreibung zu tun haben soll, ist auch nicht nachvollziehbar.
http://www.heute.at/news/politik/art23660,1035632
Lohnsteuer für Prostituierte
Finanzminister ist jetzt Rotlicht-König
Zornesröte im Rotlicht. Denn seit Dienstag gilt ein Erlass des Finanzministeriums, der streng nach Pfusch riecht: Prostituierte, die wie Angestellte arbeiten, müssen jetzt Lohnsteuer zahlen.
Der Murks der neuen "Einzelfallbeurteilung" ist offensichtlich: Führt ein Bordell-Chef Sexprofis wie Angestellte (Weisungsrecht, Inkasso der Leistung), wird er wegen Zuhälterei angeklagt. Zweitens macht der Zugriff den Finanzminister zwar zum Rotlicht-König, doch arbeitsrechtlich (13. und 14. Gehalt, geregelte Arbeitszeiten) hilft er den Mädchen nicht.
Vor allem aber trifft die Forderung just Frauen in etablierten Betrieben (Bordell, Laufhaus, Sexsauna). Durch die Lohnsteuer werden sie in die Illegalität (Straßen- und Wohnungsstrich) gedrängt. "Ein gefährlicher Effekt und für den Fiskus sinnlos", prognostiziert Christoph Lielacher, der Österreichs größten Sexclub "Funpalast" führt.
Vorschlag des Insiders: "Bei der wöchentlichen Gesundenuntersuchung könnte jedes Mädchen immer 100 Euro Steuern zahlen." Denn das ergibt bei rund 10.000 selbständigen Profis im Land jedenfalls einen zweistelligen Millionenbetrag. Ohne unnötige Prozesse und Beamte.
(© Wolfgang Höllrigl)
----------------------
-
- PlatinStern
- Beiträge: 825
- Registriert: 16.06.2011, 21:03
- Wohnort: Bielefeld
- Ich bin: Keine Angabe
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Hab noch ne tolle Idee...
Der österreichische Fiskus könnte den Sexarbeiterinnen das hier zwangsimplantieren... dann könnten sie alles genau nachhalten, Statistiken führen und obendrein noch wie in Deutschland eine Vergnügungssteuer verlangen...
Der österreichische Fiskus könnte den Sexarbeiterinnen das hier zwangsimplantieren... dann könnten sie alles genau nachhalten, Statistiken führen und obendrein noch wie in Deutschland eine Vergnügungssteuer verlangen...
-
- PlatinStern
- Beiträge: 1205
- Registriert: 01.09.2008, 18:26
- Ich bin: Keine Angabe
Öhm, habe da jetzt nur ich ein Brett vorm Kopf?
Also das österreichische Finanzministerium möchte von Sexarbeiterinnen Lohnsteuer erheben, also eine prozentuale Abgabe auf ein fiktives Festgehalt das die Frauen wie jeder weiss aber gar nicht bekommen, weil sie selbständig sind und deshalb wenns blöd läuft auch mal Tagelang gar keinen Umsatz machen?
Sie erheben also Lohnsteuer auf einen nicht vorhandenen Lohn in einer nicht vorhandenen Festanstellung...das ist so absurd, da fällt einem nichts mehr zu ein.
Also das österreichische Finanzministerium möchte von Sexarbeiterinnen Lohnsteuer erheben, also eine prozentuale Abgabe auf ein fiktives Festgehalt das die Frauen wie jeder weiss aber gar nicht bekommen, weil sie selbständig sind und deshalb wenns blöd läuft auch mal Tagelang gar keinen Umsatz machen?
Sie erheben also Lohnsteuer auf einen nicht vorhandenen Lohn in einer nicht vorhandenen Festanstellung...das ist so absurd, da fällt einem nichts mehr zu ein.
liebe grüsse malin
eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)
eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)
-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
Es wird immer abstruser.... In Wien geben laut Hörensagen manche Finanzämter die Auskunft an anfragende BetreiberInnen dass "jeder Betrieb für SexarbeiterInnen nunmehr Lohnsteuer abzuführen hätte" - was natürlich wieder absurd ist.
Und in Salzburg scheinen manche BetreiberInnen von Seiten eines Finanzamtes aufgefordert worden sein, einfach wie bisher 300,- Euro monatlich pro SexarbeiterIn zu überweisen..... - auch hierüber kann man nur den Kopf schütteln
Und in Salzburg scheinen manche BetreiberInnen von Seiten eines Finanzamtes aufgefordert worden sein, einfach wie bisher 300,- Euro monatlich pro SexarbeiterIn zu überweisen..... - auch hierüber kann man nur den Kopf schütteln
-
- Nicht mehr aktiv
- Beiträge: 1121
- Registriert: 05.11.2010, 16:16
- Wohnort: Bremen / Sougia - Kreta
- Ich bin: Keine Angabe
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Ich benutze den Begriff ja so gerne:
Rechtsförmiger Terror?
Es ist unglaublich. Habe den Erlass des BMF vom 18.06.2014, BMF-010203/0243-VI/B/2014 gültig ab 01.07.2014 noch nicht angesehen. Ist der logisch und weiterführend? Sichert der die beabsichtigte Praxis ab? Oder besteht Hoffnung, wenn die ersten Steuerbefehle beklagt werden?
Grüße aus
Platia Ammos, Kokkino Nero, Thessalien, Griechenland
Rechtsförmiger Terror?
Es ist unglaublich. Habe den Erlass des BMF vom 18.06.2014, BMF-010203/0243-VI/B/2014 gültig ab 01.07.2014 noch nicht angesehen. Ist der logisch und weiterführend? Sichert der die beabsichtigte Praxis ab? Oder besteht Hoffnung, wenn die ersten Steuerbefehle beklagt werden?
Grüße aus
Platia Ammos, Kokkino Nero, Thessalien, Griechenland
-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
RE: Österreichisches FA zwingt BetreiberInnen in Illegalität
Wann Sex ein Unternehmen ist
Höchstgericht hebt Strafe gegen Bordellbesitzer wegen illegaler Beschäftigung auf. Der Mann hat damit argumentiert, dass die Frauen alle selbst Unternehmerinnen seien.
13.07.2014 | 18:07 | von Philipp Aichinger (Die Presse)
Wien. Die Frage, wie Prostituierte arbeiten, erhält rechtlich immer mehr Relevanz. Nicht nur, weil seit einem Urteil von vor zwei Jahren der Lohn für Sexarbeit gegenüber dem Freier eingeklagt werden kann. Auch das Finanzamt verfolgt das Geschehen mit Interesse: Stufte etwa Wiens Finanz Prostituierte bisher grundsätzlich als Selbstständige ein, wird seit 1.Juli genau geprüft, ob nicht ein Arbeitsverhältnis vorliegt und Lohnsteuer gezahlt werden muss. Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zeigt nun aber, dass Behörden auch nicht zu leichtfertig davon ausgehen dürfen, dass Sexarbeiter im Betrieb eingegliedert sind.
Konkret ging es um die Frage, ob ein Bordellbetreiber in einem Salzburger Skiort zu Recht bestraft wurde, weil er Ausländerinnen illegal beschäftigt haben soll. Die Finanzpolizei hatte 2011 herausgefunden, dass sechs im Bordell angetroffene Frauen (sie stammten aus Serbien, Bulgarien, Rumänien und Nigeria) ohne Beschäftigungsbewilligung aktiv waren. Auch eine andere Erlaubnis, etwa eine Zulassung als besonders qualifizierte Schlüsselarbeitskraft lag bei den Sexarbeiterinnen nicht vor, wie die Bezirkshauptmannschaft juristisch nüchtern festhielt. Gegen den Bordellbesitzer wurden sechs Geldstrafen in Höhe von je 4000 Euro verhängt.
Begründet wurde die Strafe damit, dass die Tätigkeit „als Prostituierte und Animierdame in einem Bordell“ in ähnlicher wirtschaftlicher Abhängigkeit erfolge wie in einem klassischen Arbeitsverhältnis. Der Bordellbetreiber hätte eine Arbeitserlaubnis für die Frauen einholen müssen.
Auch der vom Beschuldigten angerufene Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) Salzburg bestätigte die Strafe. Er stellte fest, dass die Sexarbeiterinnen für ihre private Unterkunft dem Bordellbetreiber acht Euro pro Tag zahlen. In diesen Zimmern dürfe aber keine Prostitution stattfinden, dafür stünden fünf eigens eingerichtete „Arbeitszimmer“ zur Verfügung. Wenn die Frauen diese benutzten, zahlten sie dem Bordellbesitzer 60 Euro pro halber Stunde. Seine Behauptung, dass die Frauen nicht verpflichtet gewesen seien, zu den Öffnungszeiten im Lokal zu sein, wurde als unglaubwürdig verworfen. Es gebe eine Hausordnung mit Verhaltensregeln, und auch Vorschriften, wie man sich an der Bar zu kleiden habe, seien erstellt worden.
Provision und fixe Zeiten?
Prostituierte, die den Bordellbesitzer entlasteten, wurden als unglaubwürdig eingestuft. Hingegen nahm der UVS die Aussage einer nigerianischen Sexarbeiterin ernst: Sie hatte bei der Finanzpolizei erklärt, dass es fixe Preise für alle Frauen gebe und man Anteile an der Getränkeanimation erhalte.
Der Bordellbesitzer ging zum Höchstgericht. Er betonte, dass er nie Weisungen gegeben habe, dass die Frauen keine fixe Arbeitszeit und keinen Arbeitsort hätten. Er allein behalte die Einnahmen aus der Getränkekonsumation der Gäste, im Gegensatz zu anderen Bordellen seien die Frauen daran nicht beteiligt. Die Frauen würden ihm nur Miete für Wohn- und Arbeitsräume zahlen. Zur Sache gehe es zudem auch andernorts: So käme es häufig vor, dass Après-Ski-Gäste zwar das Lokal betreten, aber die Frauen in ihr Hotel mitnehmen. Die Frauen würden das unternehmerische Risiko selbst tragen und keine Arbeitnehmerinnen sein.
Strafe nicht begründet
Tatsächlich hob der VwGH den Strafbescheid auf. Denn die Behörde habe nicht begründet, warum sie meint, dass die Frauen verpflichtet wären, während der Öffnungszeiten im Lokal zu sein. Und die belastende Aussage der Zeugin über Provisionen, die sie bei der Finanzpolizei gemacht hatte, sei in der öffentlichen Verhandlung nicht einmal verlesen worden: ein Verfahrensfehler.
Die übrigen Beweise aber würden – „wenngleich wohl die Attraktivität des vom Beschwerdeführer betriebenen Lokals aus der Anwesenheit der Prostituierten resultiert haben mag“ – nicht reichen, um von einem Arbeitnehmerverhältnis auszugehen, erklärten die Höchstrichter (2013/09/0041). Die Behörde muss nun den Fall neu prüfen.
AUF EINEN BLICK
Ein Bordellbesitzer klagte erfolgreich gegen Strafen wegen illegaler Beschäftigung. Der Mann argumentierte damit, dass die Frauen Selbstständige seien. Er vermiete ihnen nur Zimmer. Der Strafbescheid wurde vom VwGH aufgehoben. Entscheidende Punkte für ein Dienstverhältnis (etwa, dass die Frauen fixe Arbeitszeiten haben) seien von der Behörde nicht bewiesen worden.
http://diepresse.com/home/recht/rechtwi ... nehmen-ist
Höchstgericht hebt Strafe gegen Bordellbesitzer wegen illegaler Beschäftigung auf. Der Mann hat damit argumentiert, dass die Frauen alle selbst Unternehmerinnen seien.
13.07.2014 | 18:07 | von Philipp Aichinger (Die Presse)
Wien. Die Frage, wie Prostituierte arbeiten, erhält rechtlich immer mehr Relevanz. Nicht nur, weil seit einem Urteil von vor zwei Jahren der Lohn für Sexarbeit gegenüber dem Freier eingeklagt werden kann. Auch das Finanzamt verfolgt das Geschehen mit Interesse: Stufte etwa Wiens Finanz Prostituierte bisher grundsätzlich als Selbstständige ein, wird seit 1.Juli genau geprüft, ob nicht ein Arbeitsverhältnis vorliegt und Lohnsteuer gezahlt werden muss. Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zeigt nun aber, dass Behörden auch nicht zu leichtfertig davon ausgehen dürfen, dass Sexarbeiter im Betrieb eingegliedert sind.
Konkret ging es um die Frage, ob ein Bordellbetreiber in einem Salzburger Skiort zu Recht bestraft wurde, weil er Ausländerinnen illegal beschäftigt haben soll. Die Finanzpolizei hatte 2011 herausgefunden, dass sechs im Bordell angetroffene Frauen (sie stammten aus Serbien, Bulgarien, Rumänien und Nigeria) ohne Beschäftigungsbewilligung aktiv waren. Auch eine andere Erlaubnis, etwa eine Zulassung als besonders qualifizierte Schlüsselarbeitskraft lag bei den Sexarbeiterinnen nicht vor, wie die Bezirkshauptmannschaft juristisch nüchtern festhielt. Gegen den Bordellbesitzer wurden sechs Geldstrafen in Höhe von je 4000 Euro verhängt.
Begründet wurde die Strafe damit, dass die Tätigkeit „als Prostituierte und Animierdame in einem Bordell“ in ähnlicher wirtschaftlicher Abhängigkeit erfolge wie in einem klassischen Arbeitsverhältnis. Der Bordellbetreiber hätte eine Arbeitserlaubnis für die Frauen einholen müssen.
Auch der vom Beschuldigten angerufene Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) Salzburg bestätigte die Strafe. Er stellte fest, dass die Sexarbeiterinnen für ihre private Unterkunft dem Bordellbetreiber acht Euro pro Tag zahlen. In diesen Zimmern dürfe aber keine Prostitution stattfinden, dafür stünden fünf eigens eingerichtete „Arbeitszimmer“ zur Verfügung. Wenn die Frauen diese benutzten, zahlten sie dem Bordellbesitzer 60 Euro pro halber Stunde. Seine Behauptung, dass die Frauen nicht verpflichtet gewesen seien, zu den Öffnungszeiten im Lokal zu sein, wurde als unglaubwürdig verworfen. Es gebe eine Hausordnung mit Verhaltensregeln, und auch Vorschriften, wie man sich an der Bar zu kleiden habe, seien erstellt worden.
Provision und fixe Zeiten?
Prostituierte, die den Bordellbesitzer entlasteten, wurden als unglaubwürdig eingestuft. Hingegen nahm der UVS die Aussage einer nigerianischen Sexarbeiterin ernst: Sie hatte bei der Finanzpolizei erklärt, dass es fixe Preise für alle Frauen gebe und man Anteile an der Getränkeanimation erhalte.
Der Bordellbesitzer ging zum Höchstgericht. Er betonte, dass er nie Weisungen gegeben habe, dass die Frauen keine fixe Arbeitszeit und keinen Arbeitsort hätten. Er allein behalte die Einnahmen aus der Getränkekonsumation der Gäste, im Gegensatz zu anderen Bordellen seien die Frauen daran nicht beteiligt. Die Frauen würden ihm nur Miete für Wohn- und Arbeitsräume zahlen. Zur Sache gehe es zudem auch andernorts: So käme es häufig vor, dass Après-Ski-Gäste zwar das Lokal betreten, aber die Frauen in ihr Hotel mitnehmen. Die Frauen würden das unternehmerische Risiko selbst tragen und keine Arbeitnehmerinnen sein.
Strafe nicht begründet
Tatsächlich hob der VwGH den Strafbescheid auf. Denn die Behörde habe nicht begründet, warum sie meint, dass die Frauen verpflichtet wären, während der Öffnungszeiten im Lokal zu sein. Und die belastende Aussage der Zeugin über Provisionen, die sie bei der Finanzpolizei gemacht hatte, sei in der öffentlichen Verhandlung nicht einmal verlesen worden: ein Verfahrensfehler.
Die übrigen Beweise aber würden – „wenngleich wohl die Attraktivität des vom Beschwerdeführer betriebenen Lokals aus der Anwesenheit der Prostituierten resultiert haben mag“ – nicht reichen, um von einem Arbeitnehmerverhältnis auszugehen, erklärten die Höchstrichter (2013/09/0041). Die Behörde muss nun den Fall neu prüfen.
AUF EINEN BLICK
Ein Bordellbesitzer klagte erfolgreich gegen Strafen wegen illegaler Beschäftigung. Der Mann argumentierte damit, dass die Frauen Selbstständige seien. Er vermiete ihnen nur Zimmer. Der Strafbescheid wurde vom VwGH aufgehoben. Entscheidende Punkte für ein Dienstverhältnis (etwa, dass die Frauen fixe Arbeitszeiten haben) seien von der Behörde nicht bewiesen worden.
http://diepresse.com/home/recht/rechtwi ... nehmen-ist
Zuletzt geändert von Zwerg am 14.07.2014, 13:18, insgesamt 1-mal geändert.
-
- Senior Admin
- Beiträge: 18072
- Registriert: 15.06.2006, 19:26
- Wohnort: 1050 Wien
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
Vermehrt tauchen Anfragen von BetreiberInnen aus den Bundesländern auf - immer der gleiche Inhalt: BetreiberInnen sollen (obwohl es hier ein eindeutiges Urteil gibt, welches dies als ungesetzlich deklariert) weiterhin 300,- Euro von den ihr Etablissement nutzenden SexarbeiterInnen einbehalten und abführen....
Einer BetreiberIn, die sich dagegen ausgesprochen hat, da selbstverständlich die SexarbeiterInnen eigenverantwortlich und selbstständig seien, wurde angeblich gesagt, dass sie dann die Erste sein wird, die eine Besuch von der Finanzpolizei haben wird.
Auch von Seiten mancher Versicherungen hört man Erstaunliches.... Denn wenn eine SexarbeiterIn Lohnsteuer abführt, kann sie eigentlich nicht mehr als "selbstständig" gelten und die Frage, wie sie sich denn nunmehr versichern soll, scheint in vielen Fällen ungeklärt. Als SexarbeiterIn "anstellen" geht nicht wirklich....
Einer BetreiberIn, die sich dagegen ausgesprochen hat, da selbstverständlich die SexarbeiterInnen eigenverantwortlich und selbstständig seien, wurde angeblich gesagt, dass sie dann die Erste sein wird, die eine Besuch von der Finanzpolizei haben wird.
Auch von Seiten mancher Versicherungen hört man Erstaunliches.... Denn wenn eine SexarbeiterIn Lohnsteuer abführt, kann sie eigentlich nicht mehr als "selbstständig" gelten und die Frage, wie sie sich denn nunmehr versichern soll, scheint in vielen Fällen ungeklärt. Als SexarbeiterIn "anstellen" geht nicht wirklich....