Die Ehre

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friederike
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Beitrag von friederike »

Liebe @nicole,

wieder einmal hast Du es genau gesagt!

@essentiell,

ich finde schon, dass wir hier angeregt und durchaus auch einmal kontrovers diskutieren können, und ich habe Deine Beiträge nicht als arrogant empfunden. Die intellektuelle Ebene in diesem Forum ist eindrucksvoll, finde jedenfalls ich, wer das bestreiten wollte, müsste sich einmal zum Quervergleich durch das Geschnatter in der "EMMA" durcharbeiten.        

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essentiell hat geschrieben:Da es hier die Plauderecke ist: "Gibt es eine Hurenehre / Sexarbeiterehre?" Wenn ja: wie kam es dazu? Wenn nein: Hat dieser Berufsstand überhaupt kein moralisches System?
Eine Hurenehre gibt es sehr wohl, meine ich sagen zu können. Guten erotischen Genuss bieten zu wollen ist ein ehrliches Handwerk - und da haben wir etymologisch unsere "Ehre" schon wieder vor uns.

Liebe Grüße,
Friederike

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konkret
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Beitrag von konkret »

Was @essentiell geschrieben hat, hätte auch von @konkret kommen können. :-)

Hurenehre? Und ob ich die habe! Ehrliche Arbeit, verantwortungsbewusst für sich selbst und die Kundschaft, was Gesundheitsbewusstsein und fairen Geschäftssinn mit einschließt. Ich trage damit meinen Teil dazu bei, dass das Bild, das viele von Sexarbeit(er_innen) haben, zunehmend Abstand zur kriminellen Schmuddelecke gewinnt.

Ehre ist das, was mich nach moralischen [meinetwegen auch gesellschaftlichen (wenn sie denn den moralischen entsprechen)] Maßstäben auszeichnet. Moralisch ist, was niemandem schadet. Fertig, aus.

mayats
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RE: Die Ehre

Beitrag von mayats »

"ehre" in english "honor" for me has no sense at all.....
1st of all remember people often don't say and don't share its real feeling and thought...so.....
really it has no sense.....totally out of my concepts or perception.

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Asfaloth
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RE: Die Ehre

Beitrag von Asfaloth »

Der Begriff "Ehre" hat für mich eine etwas nicht ganz so positive Konnotation. ich verbinde damit enie Art rücksichtslosem falschen Stolz, der keine Kompromisse zulässt und den ich auch irgendwo mit einem hang zur Gewalt assoziere.

Der sog. "Ehrenmord", der den Stolz der Familie sichert, ist nicht so weit entfernt.

Ich würde in dem hier diskutierten Kontext eher den Begriff "Würde" anwenden... Würde und Respekt, die auf beide Geschlechter, beide Parteien des "Business" angewendet werden
kann und auf die beide Anspruch haben.

geht es um die eigene Persönlichkeit, so rede ich lieber von persönlicher Integrität, die mein Handeln steuern sollte.

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TV Janey
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Beitrag von TV Janey »

Prostitution ist ein Geschäft wie jedes andere auch. Also ein belangloses Erotikgeschäft wo Kunden reingehen und wieder rausgehen. Und nun ?

Mit Ehre hat dieses Geschäft überhaupt nichts zu tun auch wenn man noch viel darüber schreibt.

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friederike
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RE: Die Ehre

Beitrag von friederike »

Interessante Diskussion!

@Asfaloth hat recht auf den Missbrauch des Begriffs der Ehre hinzuweisen im Sinne von Geltungssucht, Rangstreben, Rauflust oder Aggression, häufig auch im Sinne einer Überkompensation von Minderwertigkeitskomplexen.

In der autoritären ständisch-spießbürgerlichen Gesellschaft ist die Hure das Musterbeispiel für Ehrlosigkeit. Die Hure steht im Rang ganz unten und wird ausgestoßen, sie hat keine "Ehre". Das ist auch ein Missbrauch des Ehrbegriffs.

Die heutigen Feministinnen erklären, dass die Prostituierte ihre eigene Menschenwürde verletzt und damit sogar die übergeordnete Menschenwürde des gesamten weiblichen Geschlechts beschädigt. Das ist ein Missbrauch des Begriffs der Würde.

@TV Janey meint, Prostitution sei ein "belangloses Erotikgeschäft wo Kunden reingehen und wieder rausgehen", das mit Ehre "überhaupt nichts zu tun" hat. Das müsste man erst einmal verstehen, was er hiermit meint.

Aber ich meine, Prostitution ist ein ehrlicher Beruf, der ehrlich ausgeführt werden soll, wie es @konkret beschreibt. Damit ist der Beruf nicht nur ehrlich sondern auch ehrbar. Er ist für mich ein Bestandteil meiner Persönlichkeit und meiner Menschenwürde, die sich in meiner freien Entscheidung über die Gestaltung meines Lebens niederschlägt. Ich bin stolz auf meine Entscheidung und bin stolz darauf, eine Hure zu sein.

Auch die Prostitution hat ein Berufsethos - @konkret hat es beschrieben. Der Begriff der "Dirnenzucht", den es früher gab, hat damit nur am Rande zu tun - die Hure sollte eine gute Dienstleistung bieten, aber Dirnenzucht meinte eben vor allem, dass sie fleißig ist, keinen Kunden ablehnt und die Erlöse nicht "bunkert".

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nicole6
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Beitrag von nicole6 »

Wörter beinhalten immer Gruppen von verschiedenen Elementen.
Das ist notwendig, sonst bräuchte man für jedes Element im
Universum ein separates Wort. Das ist also nichts besonderes.

Problematisch wird es, wenn man gegensätzliche Objekte in
ein Wort packt. Dann wird das Wort zur Bezeichnung von
allgemeinen Objekten.
Beispiele: "Ding", "Sache", "Tun", "Material", usw.
Die Worte werden dann sinnentleert.
Darunter fallen heute Worte wie "Liebe", "gut", "Frieden",
und natürlich auch "Ehre".

Die Diskussion hier belegt genau das, was ich anfangs schrieb,
dass "Ehre" ein sinnloses Wort ist wie "Ding", wo jeder seine
persönlichen Inhalte rein packt (Eitelkeit, Hochmut, Gewissenhaftigkeit,
Überheblichkeit, Machtwahn, Berufsethos, Mord, Erpressung, usw).
Das ist zwar legitim, aber hilft nicht bei Diskussionen, bei dem
die Teilnehmer verstehen sollen, was der andere meint!
Wenn jeder seinen persönliche Portion Senf auf ein Wort drauf patscht,
dann mag es einem selbst zwar schmecken, aber da Geschmäcker
bekanntlich verschieden sind, werden die Diskussionen
leer und unfruchtbar!

Nicole