
Länderberichte ÖSTERREICH:
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:
Frauen als Massenware
Flatrate-Bordelle: SPÖ will sie verbieten
Die SPÖ will sogenannte Flatrate-Bordelle österreichweit verbieten. Möglich wäre das mit einer bundesweiten Regelung der Prostitutionsgesetze. Bisher fehlen entsprechende strafrechtliche Regelungen.
Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Brunner will ein Ende der "Flatrate-Betriebe". Sie sind in ihren Augen "menschenverachtende Einrichtungen, in denen Frauen als billige Massenware behandelt werden". "Dass in Österreich wahrscheinlich demnächst zwei solcher Betriebe eröffnet werden sollen, empört mich. Diese Entwicklung müssen wir verhindern", so Brunner.
SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek steht laut der Tageszeitung "Österreich" ebenfalls hinter dieser Forderung. Unterstützung kommt auch von den Grünen. "Ich sehe das sehr kritisch, finde es sehr gefährlich und habe große Zweifel, dass die Frauen in diesem System gerecht bezahlt werden", so Frauensprecherin Berivan Aslan.
Die beiden Flatrate-Puffs sollen - kein Witz - am 1. April aufsperren.
http://www.heute.at/news/politik/art23660,998667
Richtig spannend.... Der einzige Grund, warum Flatrate bisher in AT nicht möglich war ist, dass der/die BetreiberIn nicht "den Lohn" der SexarbeiterIn kassieren durfte (Zuhälterei) - da jedoch jetzt das Finanzamt davon ausgeht, dass von dem/der BetreiberIn "Lohnsteuer" anfällt obwohl der/die BetreiberIn absolut keine Zahlung an die SexarbeiterIn leistet, sondern der/die KundIn, so frage ich mich, ob da nicht ein gewisser Widerspruch vorliegt....
Ist der/die BetreiberIn "ChefIn", so kann eigentlich gegen das Flatratebordell nichts sprechen - völlig wertfrei, ob man das Modell als in Ordnung betrachtet, oder nicht.....
Auf alle Fälle gibt es noch einen Punkt, den man nicht vergessen darf.... In wie weit reicht der/die ExpertInnenschaft der "fordernden PolitikerInnen"? Ist es nicht viel mehr die Art und Weise, wie Politik mit SexarbeiterInnen umgeht - und in Folge Finanzamt oder auch Exekutive mit Sonderrechten ausstattet, welche vorrangig Menschenverachtend ist?
Aber das zieht sich ja in Österreich wie ein roter Faden durch
christian
Flatrate-Bordelle: SPÖ will sie verbieten
Die SPÖ will sogenannte Flatrate-Bordelle österreichweit verbieten. Möglich wäre das mit einer bundesweiten Regelung der Prostitutionsgesetze. Bisher fehlen entsprechende strafrechtliche Regelungen.
Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Brunner will ein Ende der "Flatrate-Betriebe". Sie sind in ihren Augen "menschenverachtende Einrichtungen, in denen Frauen als billige Massenware behandelt werden". "Dass in Österreich wahrscheinlich demnächst zwei solcher Betriebe eröffnet werden sollen, empört mich. Diese Entwicklung müssen wir verhindern", so Brunner.
SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek steht laut der Tageszeitung "Österreich" ebenfalls hinter dieser Forderung. Unterstützung kommt auch von den Grünen. "Ich sehe das sehr kritisch, finde es sehr gefährlich und habe große Zweifel, dass die Frauen in diesem System gerecht bezahlt werden", so Frauensprecherin Berivan Aslan.
Die beiden Flatrate-Puffs sollen - kein Witz - am 1. April aufsperren.
http://www.heute.at/news/politik/art23660,998667
Richtig spannend.... Der einzige Grund, warum Flatrate bisher in AT nicht möglich war ist, dass der/die BetreiberIn nicht "den Lohn" der SexarbeiterIn kassieren durfte (Zuhälterei) - da jedoch jetzt das Finanzamt davon ausgeht, dass von dem/der BetreiberIn "Lohnsteuer" anfällt obwohl der/die BetreiberIn absolut keine Zahlung an die SexarbeiterIn leistet, sondern der/die KundIn, so frage ich mich, ob da nicht ein gewisser Widerspruch vorliegt....
Ist der/die BetreiberIn "ChefIn", so kann eigentlich gegen das Flatratebordell nichts sprechen - völlig wertfrei, ob man das Modell als in Ordnung betrachtet, oder nicht.....
Auf alle Fälle gibt es noch einen Punkt, den man nicht vergessen darf.... In wie weit reicht der/die ExpertInnenschaft der "fordernden PolitikerInnen"? Ist es nicht viel mehr die Art und Weise, wie Politik mit SexarbeiterInnen umgeht - und in Folge Finanzamt oder auch Exekutive mit Sonderrechten ausstattet, welche vorrangig Menschenverachtend ist?
Aber das zieht sich ja in Österreich wie ein roter Faden durch
christian
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Re: RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Gleiches gilt doch auch für Deutschland? Offenbar glauben jetzt an beiden Seiten der Grenze Politiker, dass Flatrate gleichbedeutend ist mit Flatrate für z.B. Handyabonnements. Stimmt aber meines Erachtens nicht. Es würde mich nicht wundern, wenn eine Flatrate-SW im Schnitt täglich sogar mehr verdient als manch eine in einem Saunaclub. Nur dieses eine Wort schreckt die Politiker anscheinend so sehr ab, dass sie meinen, sie könnten auf genaue Sachkenntnisse verzichten, anders als in so vielen anderen ihrer Entscheidungsbereichen (na ja, so hoffe ich wenigstens malZwerg hat geschrieben:Auf alle Fälle gibt es noch einen Punkt, den man nicht vergessen darf.... In wie weit reicht der/die ExpertInnenschaft der "fordernden PolitikerInnen"? Ist es nicht viel mehr die Art und Weise, wie Politik mit SexarbeiterInnen umgeht - und in Folge Finanzamt oder auch Exekutive mit Sonderrechten ausstattet, welche vorrangig Menschenverachtend ist?
Aber das zieht sich ja in Österreich wie ein roter Faden durch

Letztendlich deutet die Haltung der Politk der Prostitution immer wieder daraufhin, wie sie eigentlich der Normalbevölkerung gegenübersteht. Hier wird einfach darüber hinweggetäuscht, dass man Flatrate in jedem anderen wirtschaftlichen Bereich als menschenverachtend einstuft, das ist dann aber gut so. Prostitution wird oft nur dazu benutzt, um die Normalbevölkerung abzulenken von der eigentlichen Verachtung der Politik ihr gegenüber.
Guten Abend, schöne Unbekannte!
Joachim Ringelnatz
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:
@Zwerg
"so frage ich mich, ob da nicht ein gewisser Widerspruch vorliegt.... "
Sarkasmus an:
Nein, das alles hat Methode und folgt der Logik:
a) Etablierung von Willkür,
b) Schaffung kaffkaesker Settings, die es vermögen, psychotische Episoden und Erkrankungen bei den Betroffenen auszulösen,
c) als Folge der Nachweis, dass die Behauptung pathologische psychische Zustände seien bei SW und Pro SW Aktiven überproportional verbreitet, empirisch belegbar ist,
d) die Absicherung der Aussagen des Mary Honeball Berichtes: Sexarbeit ist Gewalt und erzeugt Gewalt, verstößt insofern gegen die Menschenwürde, damit gegen die Grund- und Menschenrechte und ist daher abzuschaffen
Sarkasmus aus
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Herzliche Grüße
Klaus
"so frage ich mich, ob da nicht ein gewisser Widerspruch vorliegt.... "
Sarkasmus an:
Nein, das alles hat Methode und folgt der Logik:
a) Etablierung von Willkür,
b) Schaffung kaffkaesker Settings, die es vermögen, psychotische Episoden und Erkrankungen bei den Betroffenen auszulösen,
c) als Folge der Nachweis, dass die Behauptung pathologische psychische Zustände seien bei SW und Pro SW Aktiven überproportional verbreitet, empirisch belegbar ist,
d) die Absicherung der Aussagen des Mary Honeball Berichtes: Sexarbeit ist Gewalt und erzeugt Gewalt, verstößt insofern gegen die Menschenwürde, damit gegen die Grund- und Menschenrechte und ist daher abzuschaffen
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:
Wien – Konzessionierung einer Prostitutionsstätte
weitere Infos dazu:
http://voice4sexworkers.com/2014/05/19/ ... onsstatte/
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1.12.2014
VfGH sichert Bleiberecht dank Prostitution
Der Verfassungsgerichtshof hält dem ehemaligen Asylgerichtshof vor, die Grundrechte einer Nigerianerin missachtet zu haben: Dieser wies ihren Asylantrag ab und wies sie aus, obwohl sie jahrelang erlaubter Arbeit nachging.
Wien. Prostitution ist eine der wenigen Tätigkeiten, denen Asylwerber in Österreich nachgehen dürfen. Weil dem so ist, muss der Staat es respektieren, wenn eine geflüchtete Frau ihr nachgeht und sich solcherart bis zur Entscheidung über ihr rechtliches Schicksal beruflich integriert. Das wird durch eine aktuelle Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) deutlich, mit der die Ausweisung einer Nigerianerin untersagt wurde.
Die Frau hat acht Jahre lang auf eine endgültige Entscheidung über ihren Asylantrag gewartet und währenddessen erlaubtermaßen als Prostituierte gearbeitet. Der Asylgerichtshof (jetzt: Bundesverwaltungsgericht) sprach ihr nicht bloß das Recht auf internationalen Schutz ab, sondern verwies sie auch des Landes. Laut VfGH ist die Ausweisung verfassungswidrig: Sie verletzt die Frau im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens; bei richtiger Abwägung der Interessen der Frau mit jenen der Öffentlichkeit darf sie bleiben.
Des Mordes verdächtigt
Die Frau reiste am 17.Juli 2004 illegal nach Österreich ein und beantragte noch am selben Tag Asyl: Sie gab an, dass in Nigeria ihr Freund sich eines Nachts Medikamente aus der Apotheke geholt habe und nach deren Einnahme nicht wieder aufgewacht sei. Ihre Nachbarn und die Eltern ihres Freundes verdächtigten sie deshalb, diesen ermordet zu haben. Da zudem der Vater ihres Freundes ein einflussreicher Politiker gewesen sei, habe sie Angst gehabt, verfolgt zu werden, und sei allein geflüchtet.
Einen Monat später erhielt die Frau die polizeiliche Bewilligung, "freiwillig der Prostitution nachzugehen" - neben Saisonnier oder Erntehelfer eine der wenigen Bereiche, in denen der Arbeitsmarkt Asylwerbern offen steht. Im Juni 2005 fiel die erste Entscheidung gegen die Schwarzafrikanerin: Ihre Angaben seien vage, allgemein und unglaubwürdig, fand das Bundesasylamt; und selbst wenn man ihr glauben würde, liege "keine unmittelbare oder mittelbare staatliche Verfolgung aus asylrelevanten Gründen" (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, politische Gesinnung) vor. Das Bundesasylamt wies deshalb den Asylantrag ab - und die Frau aus.
Eine Berufung an den Bundesasylsenat, eine ergänzende Einvernahme vor diesem und zwei mündliche Verhandlungen vor dem Asylgerichtshof brachten die Frau, die mittlerweile gut Deutsch spricht, keinen Deut weiter: Im September 2012, also acht Jahre nach dem Asylantrag, verneinte der Asylgerichtshof ein Recht auf Asyl. Und bejahte die Ausweisung.
Doch gegen diese schreitet jetzt der VfGH ein. Dabei erinnert das Höchstgericht daran, dass es Sache des Staats wäre zu verhindern, dass für ein im Grunde einfaches Verfahren acht Jahre verstreichen. Da aber genau das passiert sei, habe die Frau darauf hoffen dürfen, am Ende doch Asyl zu erhalten. "Noch schwerer" wiegt für den VfGH jedoch die widersprüchliche Haltung des Asylgerichtshofs: Einerseits betone er, wie wichtig es bei der Frage der Ausweisung sei, ob ein Fremder einer legalen Beschäftigung nachgegangen sei. "Diese war angesichts der behördlichen Bewilligung der Prostitution nicht nur legal, sondern trug zudem auch zur (weitgehenden) Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin bei", so der VfGH (U2377/2012). "Weitgehend" deshalb, weil die Caritas die Frau mit 290 Euro monatlich unterstützt.
Nach dem VfGH-Erkenntnis berücksichtigte der Asylgerichtshof die berufliche Integration zu wenig bei der Abwägung der Interessen der Frau gegenüber jenen der Öffentlichkeit. Damit verletzte er sie in ihrem Recht auf Achtung des Privatlebens (Artikel 8 EMRK).
Aufenthaltsberechtigung plus?
Das Bundesverwaltungsgericht, das zu Jahresbeginn die Agenden des Asylgerichtshofs übernommen hat, muss nun über den Status der Frau entscheiden. Denkbar wäre etwa eine "Aufenthaltsberechtigung plus", die unter anderem der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dienen soll. Sie berechtigt auch zu unselbstständigen Tätigkeiten, sofern dafür keine inländischen oder sonstigen EWR-Bürger zur Verfügung stehen.
http://diepresse.com/home/recht/rechtal ... e/index.do
VfGH sichert Bleiberecht dank Prostitution
Der Verfassungsgerichtshof hält dem ehemaligen Asylgerichtshof vor, die Grundrechte einer Nigerianerin missachtet zu haben: Dieser wies ihren Asylantrag ab und wies sie aus, obwohl sie jahrelang erlaubter Arbeit nachging.
Wien. Prostitution ist eine der wenigen Tätigkeiten, denen Asylwerber in Österreich nachgehen dürfen. Weil dem so ist, muss der Staat es respektieren, wenn eine geflüchtete Frau ihr nachgeht und sich solcherart bis zur Entscheidung über ihr rechtliches Schicksal beruflich integriert. Das wird durch eine aktuelle Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) deutlich, mit der die Ausweisung einer Nigerianerin untersagt wurde.
Die Frau hat acht Jahre lang auf eine endgültige Entscheidung über ihren Asylantrag gewartet und währenddessen erlaubtermaßen als Prostituierte gearbeitet. Der Asylgerichtshof (jetzt: Bundesverwaltungsgericht) sprach ihr nicht bloß das Recht auf internationalen Schutz ab, sondern verwies sie auch des Landes. Laut VfGH ist die Ausweisung verfassungswidrig: Sie verletzt die Frau im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens; bei richtiger Abwägung der Interessen der Frau mit jenen der Öffentlichkeit darf sie bleiben.
Des Mordes verdächtigt
Die Frau reiste am 17.Juli 2004 illegal nach Österreich ein und beantragte noch am selben Tag Asyl: Sie gab an, dass in Nigeria ihr Freund sich eines Nachts Medikamente aus der Apotheke geholt habe und nach deren Einnahme nicht wieder aufgewacht sei. Ihre Nachbarn und die Eltern ihres Freundes verdächtigten sie deshalb, diesen ermordet zu haben. Da zudem der Vater ihres Freundes ein einflussreicher Politiker gewesen sei, habe sie Angst gehabt, verfolgt zu werden, und sei allein geflüchtet.
Einen Monat später erhielt die Frau die polizeiliche Bewilligung, "freiwillig der Prostitution nachzugehen" - neben Saisonnier oder Erntehelfer eine der wenigen Bereiche, in denen der Arbeitsmarkt Asylwerbern offen steht. Im Juni 2005 fiel die erste Entscheidung gegen die Schwarzafrikanerin: Ihre Angaben seien vage, allgemein und unglaubwürdig, fand das Bundesasylamt; und selbst wenn man ihr glauben würde, liege "keine unmittelbare oder mittelbare staatliche Verfolgung aus asylrelevanten Gründen" (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, politische Gesinnung) vor. Das Bundesasylamt wies deshalb den Asylantrag ab - und die Frau aus.
Eine Berufung an den Bundesasylsenat, eine ergänzende Einvernahme vor diesem und zwei mündliche Verhandlungen vor dem Asylgerichtshof brachten die Frau, die mittlerweile gut Deutsch spricht, keinen Deut weiter: Im September 2012, also acht Jahre nach dem Asylantrag, verneinte der Asylgerichtshof ein Recht auf Asyl. Und bejahte die Ausweisung.
Doch gegen diese schreitet jetzt der VfGH ein. Dabei erinnert das Höchstgericht daran, dass es Sache des Staats wäre zu verhindern, dass für ein im Grunde einfaches Verfahren acht Jahre verstreichen. Da aber genau das passiert sei, habe die Frau darauf hoffen dürfen, am Ende doch Asyl zu erhalten. "Noch schwerer" wiegt für den VfGH jedoch die widersprüchliche Haltung des Asylgerichtshofs: Einerseits betone er, wie wichtig es bei der Frage der Ausweisung sei, ob ein Fremder einer legalen Beschäftigung nachgegangen sei. "Diese war angesichts der behördlichen Bewilligung der Prostitution nicht nur legal, sondern trug zudem auch zur (weitgehenden) Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin bei", so der VfGH (U2377/2012). "Weitgehend" deshalb, weil die Caritas die Frau mit 290 Euro monatlich unterstützt.
Nach dem VfGH-Erkenntnis berücksichtigte der Asylgerichtshof die berufliche Integration zu wenig bei der Abwägung der Interessen der Frau gegenüber jenen der Öffentlichkeit. Damit verletzte er sie in ihrem Recht auf Achtung des Privatlebens (Artikel 8 EMRK).
Aufenthaltsberechtigung plus?
Das Bundesverwaltungsgericht, das zu Jahresbeginn die Agenden des Asylgerichtshofs übernommen hat, muss nun über den Status der Frau entscheiden. Denkbar wäre etwa eine "Aufenthaltsberechtigung plus", die unter anderem der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dienen soll. Sie berechtigt auch zu unselbstständigen Tätigkeiten, sofern dafür keine inländischen oder sonstigen EWR-Bürger zur Verfügung stehen.
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1.12.2014
Prostitutionsverbot: Expertinnen bezweifeln Sinnhaftigkeit
Das schwedische Verbot der Prostitution soll "exportiert" werden. Eine österreichische Expertengruppe bezweifelt allerdings den positiven Effekt
Wien - Ideologisch gesprochen ist es recht simpel: Prostitution ist per se Gewalt an der Frau. Nur ein Verbot kann Frauenhandel und Ausbeutung stoppen. Wer für Sex bezahlt, muss dafür bestraft werden. Dann sinkt auch die Nachfrage. Oder, so lautet die andere Sichtweise: Alle Frauen in der Sexarbeit arbeiten selbstbestimmt und glücklich. Es ist ein Job wie jeder andere und darf daher nicht streng reguliert werden.
So etwa lauten die Positionen von erklärten Feministinnen, Bordellbetreibern und einzelnen Politikern in Europa. Die Welt ist in dieser umstrittenen Frage eine schwarz-weiße.
Der Ursprung dieser Grundsatzdiskussion liegt in Schweden, wo Freier seit 1999 bestraft werden. Feministische Thinktanks und politische Bewegungen investieren viel Geld und Ressourcen, den Verbotsgedanken nach Europa zu tragen. Mit Erfolg: Im Februar verabschiedete eine Mehrheit des Frauenausschusses im Europaparlament eine entsprechende Resolution - nicht bindend, aber richtungsweisend.
Diskussion in Frankreich und Deutschland
In vielen Ländern, darunter Deutschland und Frankreich, wird in diese Richtung diskutiert.
Umso überraschender ist das Positionspapier der Arbeitsgruppe "Länderkompetenzen Prostitution" (AG LKP) aus Österreich, das dem Standard vorliegt: Angebot und Nachfrage würden durch ein Verbot nicht verschwinden. Vielmehr würde das Rotlichtgeschäft in der Folge in den Untergrund abwandern, wo dann der Schutz der Frauen kaum mehr gewährleistet werden könne.
Ein Verbot, so der Tenor, verstärke die Stigmatisierung und würde nichts an den wahren Gründen für Prostitution - Armut - verbessern.
Das Gremium, bestehend aus 30 Experten der Polizei, Beratungsstellen, Frauen- und Rechtsabteilungen, der Kinder- und Jugendanwaltschaft, dem Wissenschafts- und Gesundheitsbereich, untersteht dem Frauenministerium. Warum folgt Österreich nicht den Argumenten Schwedens?
Zweifel an Zahlen
"Die Zahlen, mit denen die Anhänger der schwedischen Bewegung für ein Verbot werben, entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage", erklärt Marie-Theres Pranter, die Leiterin der Arbeitsgruppe. In vielen Berichten ist etwa die Rede davon, dass 85 Prozent der Prostituierten missbraucht wurden, oder dass die Zahl der Freier seit dem Verbot stark zurückgegangen sei.
Wie diese Zahlen zustande kommen, weiß eigentlich niemand. Sie werden weitgehend unkritisch übernommen. "Uns kommt die sachliche Grundlage abhanden, die Diskussion wird von Moralvorstellungen geleitet", sagt Prantner. Eine Regulierung von Prostitution sei eher dafür geeignet, Menschenhandel und Ausbeutung zu bekämpfen, ist die einhellige Meinung der Arbeitsgruppe.
Das "Killerargument"
Dass sexuelle Dienstleitung per se Gewalt an Frauen darstelle, sei das Killerargument schwedische Politiker, die kaum eine Debatte darüber zulassen. "Von einem feministischen Standpunkt aus ist es leicht, sich für ein Verbot auszusprechen und sich damit gut zu fühlen. Den Sexarbeiterinnen hilft aber kein Wunschdenken, sondern sie brauchen Angebote, wie sie finanziell überleben können - und die sind in einem Verbot nicht enthalten."
Christine Nagl von der Salzburger Beratungsstelle Pia sitzt ebenfalls in der Arbeitsgruppe und bekräftigt die Entscheidung der Arbeitsgruppe. "Die Frauen immer als Opfer darzustellen ist ein Hohn. Wir sollten über die prekären Lebenswelten von Alleinerzieherinnen, Geschiedenen und Pensionisten sprechen - über Armut. Das ist der Grund, warum die meisten Frauen in der Sexarbeit tätig sind. Ein Verbot überlagert die wesentlichen Probleme, mit denen sich die Politik nicht beschäftigen will."
Ein Prostitutionsverbot würde nur die Stigmatisierung verstärken und nichts an den wahren Gründen für Prostitution verbessern, wird in dem Positionspapier der Arbeitsgruppe betont.
http://derstandard.at/2000008808131/Pro ... haftigkeit
Prostitutionsverbot: Expertinnen bezweifeln Sinnhaftigkeit
Das schwedische Verbot der Prostitution soll "exportiert" werden. Eine österreichische Expertengruppe bezweifelt allerdings den positiven Effekt
Wien - Ideologisch gesprochen ist es recht simpel: Prostitution ist per se Gewalt an der Frau. Nur ein Verbot kann Frauenhandel und Ausbeutung stoppen. Wer für Sex bezahlt, muss dafür bestraft werden. Dann sinkt auch die Nachfrage. Oder, so lautet die andere Sichtweise: Alle Frauen in der Sexarbeit arbeiten selbstbestimmt und glücklich. Es ist ein Job wie jeder andere und darf daher nicht streng reguliert werden.
So etwa lauten die Positionen von erklärten Feministinnen, Bordellbetreibern und einzelnen Politikern in Europa. Die Welt ist in dieser umstrittenen Frage eine schwarz-weiße.
Der Ursprung dieser Grundsatzdiskussion liegt in Schweden, wo Freier seit 1999 bestraft werden. Feministische Thinktanks und politische Bewegungen investieren viel Geld und Ressourcen, den Verbotsgedanken nach Europa zu tragen. Mit Erfolg: Im Februar verabschiedete eine Mehrheit des Frauenausschusses im Europaparlament eine entsprechende Resolution - nicht bindend, aber richtungsweisend.
Diskussion in Frankreich und Deutschland
In vielen Ländern, darunter Deutschland und Frankreich, wird in diese Richtung diskutiert.
Umso überraschender ist das Positionspapier der Arbeitsgruppe "Länderkompetenzen Prostitution" (AG LKP) aus Österreich, das dem Standard vorliegt: Angebot und Nachfrage würden durch ein Verbot nicht verschwinden. Vielmehr würde das Rotlichtgeschäft in der Folge in den Untergrund abwandern, wo dann der Schutz der Frauen kaum mehr gewährleistet werden könne.
Ein Verbot, so der Tenor, verstärke die Stigmatisierung und würde nichts an den wahren Gründen für Prostitution - Armut - verbessern.
Das Gremium, bestehend aus 30 Experten der Polizei, Beratungsstellen, Frauen- und Rechtsabteilungen, der Kinder- und Jugendanwaltschaft, dem Wissenschafts- und Gesundheitsbereich, untersteht dem Frauenministerium. Warum folgt Österreich nicht den Argumenten Schwedens?
Zweifel an Zahlen
"Die Zahlen, mit denen die Anhänger der schwedischen Bewegung für ein Verbot werben, entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage", erklärt Marie-Theres Pranter, die Leiterin der Arbeitsgruppe. In vielen Berichten ist etwa die Rede davon, dass 85 Prozent der Prostituierten missbraucht wurden, oder dass die Zahl der Freier seit dem Verbot stark zurückgegangen sei.
Wie diese Zahlen zustande kommen, weiß eigentlich niemand. Sie werden weitgehend unkritisch übernommen. "Uns kommt die sachliche Grundlage abhanden, die Diskussion wird von Moralvorstellungen geleitet", sagt Prantner. Eine Regulierung von Prostitution sei eher dafür geeignet, Menschenhandel und Ausbeutung zu bekämpfen, ist die einhellige Meinung der Arbeitsgruppe.
Das "Killerargument"
Dass sexuelle Dienstleitung per se Gewalt an Frauen darstelle, sei das Killerargument schwedische Politiker, die kaum eine Debatte darüber zulassen. "Von einem feministischen Standpunkt aus ist es leicht, sich für ein Verbot auszusprechen und sich damit gut zu fühlen. Den Sexarbeiterinnen hilft aber kein Wunschdenken, sondern sie brauchen Angebote, wie sie finanziell überleben können - und die sind in einem Verbot nicht enthalten."
Christine Nagl von der Salzburger Beratungsstelle Pia sitzt ebenfalls in der Arbeitsgruppe und bekräftigt die Entscheidung der Arbeitsgruppe. "Die Frauen immer als Opfer darzustellen ist ein Hohn. Wir sollten über die prekären Lebenswelten von Alleinerzieherinnen, Geschiedenen und Pensionisten sprechen - über Armut. Das ist der Grund, warum die meisten Frauen in der Sexarbeit tätig sind. Ein Verbot überlagert die wesentlichen Probleme, mit denen sich die Politik nicht beschäftigen will."
Ein Prostitutionsverbot würde nur die Stigmatisierung verstärken und nichts an den wahren Gründen für Prostitution verbessern, wird in dem Positionspapier der Arbeitsgruppe betont.
http://derstandard.at/2000008808131/Pro ... haftigkeit
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1.12.2014
"Erhält sich selbst"
VfGH untersagt Ausweisung einer Prostituierten
Weil sie durch legale Prostitution sowie monatlich 290 Euro Unterstützung durch eine soziale Einrichtung in Österreich "selbsterhaltungsfähig" sei, hat der Verfassungsgerichtshof die Ausweisung einer Nigerianerin untersagt. Zuvor hatte das Bundesverwaltungsgericht der Asylwerberin das Bleiberecht in Österreich abgesprochen. Der VfGH hält die Ausweisung aber für verfassungswidrig - auch, weil dadurch die Grundrechte der Nigerianerin verletzt würden.
Die Nigerianerin kam einem Bericht der "Presse" zufolge im Juli 2004 nach Österreich und stellte umgehend einen Asylantrag. Sie war eigenen Angaben zufolge aus ihrer Heimat geflüchtet, nachdem ihr Lebensgefährte Medikamente eingenommen hatte, einschlief und starb. Nachbarn und die Eltern des Mannes verdächtigten sie deshalb, ihn ermordet zu haben, weshalb sie aus Angst allein die Flucht ergriff.
Asylantrag 2005 abgewiesen - Berufungsurteil 2012
Einen Monat nachdem die Frau in Österreich angekommen war, erhielt sie die polizeiliche Bewilligung, der Prostitution nachgehen zu dürfen. Im Juni 2005 wies das Bundesasylamt, dessen Agenden inzwischen das Bundesverwaltungsgericht übernommen hat, den Asylantrag ab, weil es die Angaben der Nigerianerin für unglaubwürdig hielt. In der Begründung hieß es damals außerdem, dass "keine unmittelbare oder mittelbare staatliche Verfolgung aus asylrelevanten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, politische Gesinnung, Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen) vorliege.
Die Frau legte dagegen Berufung ein. Im September 2012 wurde nach einem behördlichen Spießrutenlauf das Recht auf Asyl erneut verneint und die Ausweisung bejaht.
VfGH: "Verfahren zu lang, Selbsterhaltung gegeben"
Genau dagegen ist der VfGH nun eingeschritten. Es sei Aufgabe des Staates, zu verhindern, dass in einem grundsätzlich einfachen Verfahren acht Jahre verstreichen dürfen. Der VfGH bemängelte auch die Haltung des Asylgerichtshofs, der betonte, dass es bezüglich der Ausweisung wichtig sei, dass Fremde in Österreich keiner illegalen Beschäftigung nachgehen.
Aufgrund der polizeilichen Prostitutionsbewilligung sei die Beschäftigung nämlich legal gewesen und habe außerdem zur "weitgehenden Selbsterhaltungsfähigkeit" der Asylwerberin beigetragen. Weitgehend deshalb, weil die Frau von einer sozialen Einrichtung mit 290 Euro pro Monat unterstützt wird.
Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Status der Frau
Der Verfassungsgerichtshof ist der Ansicht, dass der Asylgerichtshof die berufliche Integration zu wenig berücksichtigt habe. Das Bundesverwaltungsgericht muss nun über den Status der Frau entscheiden. Möglich wäre laut "Presse" die Verleihung einer "Aufenthaltsberechtigung plus", die es der Frau erlauben würde, auch unselbstständige Tätigkeiten zu verrichten.
http://www.krone.at/Oesterreich/VfGH_un ... ory-429618
"Erhält sich selbst"
VfGH untersagt Ausweisung einer Prostituierten
Weil sie durch legale Prostitution sowie monatlich 290 Euro Unterstützung durch eine soziale Einrichtung in Österreich "selbsterhaltungsfähig" sei, hat der Verfassungsgerichtshof die Ausweisung einer Nigerianerin untersagt. Zuvor hatte das Bundesverwaltungsgericht der Asylwerberin das Bleiberecht in Österreich abgesprochen. Der VfGH hält die Ausweisung aber für verfassungswidrig - auch, weil dadurch die Grundrechte der Nigerianerin verletzt würden.
Die Nigerianerin kam einem Bericht der "Presse" zufolge im Juli 2004 nach Österreich und stellte umgehend einen Asylantrag. Sie war eigenen Angaben zufolge aus ihrer Heimat geflüchtet, nachdem ihr Lebensgefährte Medikamente eingenommen hatte, einschlief und starb. Nachbarn und die Eltern des Mannes verdächtigten sie deshalb, ihn ermordet zu haben, weshalb sie aus Angst allein die Flucht ergriff.
Asylantrag 2005 abgewiesen - Berufungsurteil 2012
Einen Monat nachdem die Frau in Österreich angekommen war, erhielt sie die polizeiliche Bewilligung, der Prostitution nachgehen zu dürfen. Im Juni 2005 wies das Bundesasylamt, dessen Agenden inzwischen das Bundesverwaltungsgericht übernommen hat, den Asylantrag ab, weil es die Angaben der Nigerianerin für unglaubwürdig hielt. In der Begründung hieß es damals außerdem, dass "keine unmittelbare oder mittelbare staatliche Verfolgung aus asylrelevanten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, politische Gesinnung, Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen) vorliege.
Die Frau legte dagegen Berufung ein. Im September 2012 wurde nach einem behördlichen Spießrutenlauf das Recht auf Asyl erneut verneint und die Ausweisung bejaht.
VfGH: "Verfahren zu lang, Selbsterhaltung gegeben"
Genau dagegen ist der VfGH nun eingeschritten. Es sei Aufgabe des Staates, zu verhindern, dass in einem grundsätzlich einfachen Verfahren acht Jahre verstreichen dürfen. Der VfGH bemängelte auch die Haltung des Asylgerichtshofs, der betonte, dass es bezüglich der Ausweisung wichtig sei, dass Fremde in Österreich keiner illegalen Beschäftigung nachgehen.
Aufgrund der polizeilichen Prostitutionsbewilligung sei die Beschäftigung nämlich legal gewesen und habe außerdem zur "weitgehenden Selbsterhaltungsfähigkeit" der Asylwerberin beigetragen. Weitgehend deshalb, weil die Frau von einer sozialen Einrichtung mit 290 Euro pro Monat unterstützt wird.
Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Status der Frau
Der Verfassungsgerichtshof ist der Ansicht, dass der Asylgerichtshof die berufliche Integration zu wenig berücksichtigt habe. Das Bundesverwaltungsgericht muss nun über den Status der Frau entscheiden. Möglich wäre laut "Presse" die Verleihung einer "Aufenthaltsberechtigung plus", die es der Frau erlauben würde, auch unselbstständige Tätigkeiten zu verrichten.
http://www.krone.at/Oesterreich/VfGH_un ... ory-429618
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
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16.12.2014
JUSTIZ UND KRIMINALITÄT
OGH fällte Grundsatzurteil zu Menschenhandel und Prostitution
Wer Frauen unter Druck setzt oder einschüchtert, um sie zur Prostitution zu zwingen, begeht neben dem Delikt des Menschenhandels auch schwere Nötigung. Dies stellte der Oberste Gerichtshof in einem Grundsatzurteil klar.
Wien - Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat am Dienstag in öffentlicher Verhandlung festgestellt, dass es als eigener Tatbestand zu werten ist, wenn Frauen unter Druck gesetzt und eingeschüchtert werden, um sie zur Ausübung der Prostitution zu zwingen. Ein entsprechendes Verhalten geht nicht im Tatbestand des Menschenhandels auf, sondern ist darüber hinaus zusätzlich als schwere Nötigung zu qualifizieren.
Die Staatsanwaltschaft Wien hatte gegen ein Urteil des Wiener Straflandesgerichts vom vergangenen März Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben, mit dem eine Bulgarin wegen grenzüberschreitenden Prostitutionshandels und Menschenhandels zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden war. Die Frau hatte im Jänner 2013 gemeinsam mit einem Landsmann eine Verwandte mit dem Auto von Bulgarien nach Wien gebracht, indem sie ihr vormachte, sie könne hier als Altenpflegerin arbeiten.
In der Bundeshauptstadt angelangt, landete die junge Frau in einem Quartier im 15. Wiener Gemeindebezirk, wo sie von ihrer älteren Verwandten gezwungen wurde, der Prostitution nachzugehen. Als sie sich zunächst weigerte, zog sie die Täterin an den Haaren, schüttelte sie, stieß sie gegen die Türe und drohte ihr mit dem "Verkauf" an andere Zuhälter. Zudem bekam die junge Frau nichts zu essen und zu trinken.
Dass die Täterin in erster Instanz nicht zusätzlich wegen schwerer Nötigung schuldig gesprochen wurde, bemängelte neben der Anklagebehörde auch die Generalprokuratur, die der Nichtigkeitsbeschwerde beitrat. Ein Berufungssenat des OGH (Vorsitz: Thomas Philipp) gab dieser nun statt. Die Angeklagte wurde zusätzlich wegen schwerer Nötigung verurteilt, die Strafe auf dreieinhalb Jahre angehoben.
http://www.tt.com/panorama/9393558-91/o ... tution.csp
JUSTIZ UND KRIMINALITÄT
OGH fällte Grundsatzurteil zu Menschenhandel und Prostitution
Wer Frauen unter Druck setzt oder einschüchtert, um sie zur Prostitution zu zwingen, begeht neben dem Delikt des Menschenhandels auch schwere Nötigung. Dies stellte der Oberste Gerichtshof in einem Grundsatzurteil klar.
Wien - Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat am Dienstag in öffentlicher Verhandlung festgestellt, dass es als eigener Tatbestand zu werten ist, wenn Frauen unter Druck gesetzt und eingeschüchtert werden, um sie zur Ausübung der Prostitution zu zwingen. Ein entsprechendes Verhalten geht nicht im Tatbestand des Menschenhandels auf, sondern ist darüber hinaus zusätzlich als schwere Nötigung zu qualifizieren.
Die Staatsanwaltschaft Wien hatte gegen ein Urteil des Wiener Straflandesgerichts vom vergangenen März Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben, mit dem eine Bulgarin wegen grenzüberschreitenden Prostitutionshandels und Menschenhandels zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden war. Die Frau hatte im Jänner 2013 gemeinsam mit einem Landsmann eine Verwandte mit dem Auto von Bulgarien nach Wien gebracht, indem sie ihr vormachte, sie könne hier als Altenpflegerin arbeiten.
In der Bundeshauptstadt angelangt, landete die junge Frau in einem Quartier im 15. Wiener Gemeindebezirk, wo sie von ihrer älteren Verwandten gezwungen wurde, der Prostitution nachzugehen. Als sie sich zunächst weigerte, zog sie die Täterin an den Haaren, schüttelte sie, stieß sie gegen die Türe und drohte ihr mit dem "Verkauf" an andere Zuhälter. Zudem bekam die junge Frau nichts zu essen und zu trinken.
Dass die Täterin in erster Instanz nicht zusätzlich wegen schwerer Nötigung schuldig gesprochen wurde, bemängelte neben der Anklagebehörde auch die Generalprokuratur, die der Nichtigkeitsbeschwerde beitrat. Ein Berufungssenat des OGH (Vorsitz: Thomas Philipp) gab dieser nun statt. Die Angeklagte wurde zusätzlich wegen schwerer Nötigung verurteilt, die Strafe auf dreieinhalb Jahre angehoben.
http://www.tt.com/panorama/9393558-91/o ... tution.csp
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27.1.2015
Streit um EU-Recht
Österreich: Gemeinde will Prostituierte nicht wählen lassen
Große Aufregung in der kleinen österreichischen Gemeinde Hohenthurn. Dort stehen 30 Prostituierte aus dem EU-Ausland im Verzeichnis für die Gemeinderatswahl. Noch.
Wien - Hohenthurn im Bundesland Kärnten. In der kleinen Gemeinde tobt eine heftige Auseinandersetzung um das Wahlrecht von Prostituierten. Der Hintergrund: 711 Wahlberechtigte stehen im Verzeichnis für die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl - darunter auch 30 Liebesarbeiterinnen aus dem ortsansässigen Bordell. Die Damen sind zwar Ausländerinnen, stammen aber aus EU-Staaten. Und daher dürfen sie laut europäischem Recht an lokalen Wahlen teilnehmen, sofern sie ihren Lebensmittelpunkt in Hohenthurn haben.
Doch genau das stößt ausgerechnet der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) sauer auf, wie die "Kleine Zeitung" am Dienstag berichtet. Demnach befürchtet der Vorsitzende der Ortspartei, Thomas Galle, eine "massive Verschiebung der tatsächlichen politischen Verhältnisse, sollten diese Personen wirklich wählen". Und Galle fügt hinzu: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Damen wissen, was sie da tun. Sie wissen ja gar nichts von der Gemeinde."
Anders sieht dies Bürgermeister Florian Tschinderle von der konservativen Volkspartei (ÖVP): "Es gibt ein Gesetz." Es sei eine Diskriminierung, jemandem, der in dem Gewerbe tätig ist, kein Wahlrecht zuzugestehen.
In den kommenden Tagen soll die Gemeindewahlbehörde entscheiden, ob die Prostituierten wählen dürfen oder nicht.
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inh ... 5d2c2.html
Streit um EU-Recht
Österreich: Gemeinde will Prostituierte nicht wählen lassen
Große Aufregung in der kleinen österreichischen Gemeinde Hohenthurn. Dort stehen 30 Prostituierte aus dem EU-Ausland im Verzeichnis für die Gemeinderatswahl. Noch.
Wien - Hohenthurn im Bundesland Kärnten. In der kleinen Gemeinde tobt eine heftige Auseinandersetzung um das Wahlrecht von Prostituierten. Der Hintergrund: 711 Wahlberechtigte stehen im Verzeichnis für die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl - darunter auch 30 Liebesarbeiterinnen aus dem ortsansässigen Bordell. Die Damen sind zwar Ausländerinnen, stammen aber aus EU-Staaten. Und daher dürfen sie laut europäischem Recht an lokalen Wahlen teilnehmen, sofern sie ihren Lebensmittelpunkt in Hohenthurn haben.
Doch genau das stößt ausgerechnet der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) sauer auf, wie die "Kleine Zeitung" am Dienstag berichtet. Demnach befürchtet der Vorsitzende der Ortspartei, Thomas Galle, eine "massive Verschiebung der tatsächlichen politischen Verhältnisse, sollten diese Personen wirklich wählen". Und Galle fügt hinzu: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Damen wissen, was sie da tun. Sie wissen ja gar nichts von der Gemeinde."
Anders sieht dies Bürgermeister Florian Tschinderle von der konservativen Volkspartei (ÖVP): "Es gibt ein Gesetz." Es sei eine Diskriminierung, jemandem, der in dem Gewerbe tätig ist, kein Wahlrecht zuzugestehen.
In den kommenden Tagen soll die Gemeindewahlbehörde entscheiden, ob die Prostituierten wählen dürfen oder nicht.
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:
Helga Amesberger studierte Soziologie, Ethnologie und Politikwissenschaft in Wien. Seit 1993 ist sie Mitarbeiterin am Institut für Konfliktforschung in Wien (IFK). Ende 2014 erschien ihre Studie "Sexarbeit in Österreich. Ein Politikfeld zwischen Pragmatismus, Moralisierung und Resistenz". An diese Studie - Interviews mit 82 Sexarbeiterinnen - knüpft ein Interview durch den Standard (Wien) an.
"Debatte über Sexarbeit ist eine moralische"
http://diestandard.at/2000014361447/Soz ... moralische
Eine Anmerkung möchte ich mir nicht verkneifen: Die gesellschaftliche Debatte über Sexarbeit mag eine moralische sein. Bei den Soziologen ist es teilweise eine utilitaristische - und ich bin mir nicht so sicher, ob das gut ist. Amesberger wird gefragt: "Was spricht dagegen, zumindest Freier zu bestrafen?" Und sie antwortet - gut wissenschaftlich - damit, dass eine Freierbestrafung letztendlich nur den Sexarbeiterinnen schaden würde. So sehr ich sachlich zustimme, ich persönlich störe mich an diesem üblichen Argumentationsmuster. Die Festlegung eines Verbots/einer Bestrafung steht immer in einer Spannung zu Grund- und Freiheitsrechten. Ich meine, wenn man von utilitaristischen Nützlichkeiten redet, sollte man auch den (grund-)rechtlichen Kontext erwähnen. Hier in dem konkreten Fall könnte man sonst folgern (- man "hört" schon diese Erwiderung -), dass, falls eine Freierbestrafung für die Sexarbeiterinnen keine negativen Folgen hätte, bzw. für eine andere Gruppe von Sexarbeiterinnen eben doch irgendwie "hilfreich" wäre, ein allgemeines Verbot durchaus legitim wäre. Es bräuchte dann lediglich eine moralische Mehrheit dafür (siehe Schweden!). Nein, die Debatte braucht auch die moralisch-sozialphilosophische Ebene, die über Nützlichkeiten hinausgeht.
"Debatte über Sexarbeit ist eine moralische"
http://diestandard.at/2000014361447/Soz ... moralische
Eine Anmerkung möchte ich mir nicht verkneifen: Die gesellschaftliche Debatte über Sexarbeit mag eine moralische sein. Bei den Soziologen ist es teilweise eine utilitaristische - und ich bin mir nicht so sicher, ob das gut ist. Amesberger wird gefragt: "Was spricht dagegen, zumindest Freier zu bestrafen?" Und sie antwortet - gut wissenschaftlich - damit, dass eine Freierbestrafung letztendlich nur den Sexarbeiterinnen schaden würde. So sehr ich sachlich zustimme, ich persönlich störe mich an diesem üblichen Argumentationsmuster. Die Festlegung eines Verbots/einer Bestrafung steht immer in einer Spannung zu Grund- und Freiheitsrechten. Ich meine, wenn man von utilitaristischen Nützlichkeiten redet, sollte man auch den (grund-)rechtlichen Kontext erwähnen. Hier in dem konkreten Fall könnte man sonst folgern (- man "hört" schon diese Erwiderung -), dass, falls eine Freierbestrafung für die Sexarbeiterinnen keine negativen Folgen hätte, bzw. für eine andere Gruppe von Sexarbeiterinnen eben doch irgendwie "hilfreich" wäre, ein allgemeines Verbot durchaus legitim wäre. Es bräuchte dann lediglich eine moralische Mehrheit dafür (siehe Schweden!). Nein, die Debatte braucht auch die moralisch-sozialphilosophische Ebene, die über Nützlichkeiten hinausgeht.
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:
@lust4fun
"Die Festlegung eines Verbots/einer Bestrafung steht immer in einer Spannung zu Grund- und Freiheitsrechten. Ich meine, wenn man von utilitaristischen Nützlichkeiten redet, sollte man auch den (grund-)rechtlichen Kontext erwähnen. Hier in dem konkreten Fall könnte man sonst folgern (- man "hört" schon diese Erwiderung -), dass, falls eine Freierbestrafung für die Sexarbeiterinnen keine negativen Folgen hätte, bzw. für eine andere Gruppe von Sexarbeiterinnen eben doch irgendwie "hilfreich" wäre, ein allgemeines Verbot durchaus legitim wäre. Es bräuchte dann lediglich eine moralische Mehrheit dafür (siehe Schweden!). Nein, die Debatte braucht auch die moralisch-sozialphilosophische Ebene, die über Nützlichkeiten hinausgeht."
Die Frage der Freierbestrafung nur unter dem Horizont der Nützlichkeit für Sexarbeitende zu entscheiden greift selbstverständlich zu kurz. Denn natürlich hat jeder Mensch s p ä t e s t e n s mit der Volljährigkeit das Recht sein Sexualleben so zu gestalten, wie es diesem Menschen lieb ist, solange Einvernehmlichkeit berücksichtigt wird und alle Beteilgten -ich benutz hier mal den Begriff aus anderem Zusammenhang- "einsichtsfähig" sind.
Es gibt zwar kein Recht auf Sex mit Dritten, es gibt aber das Recht des Menschen, sich sein Glück, auch sein sexuelles, zu suchen und es ist zuvorderste Aufgabe aller staatlichen Gewalt die Suche des Menschen nach diesem individuellen Glück nicht nur unbehelligt zu lassen sondern gegenüber Repression durch Dritte zu schützen. Die Definition dessen was dieses Glück sein könnte, ist eine individuelle. Die Zulässigkeit der Entscheidung des einen konkreten Menschen das Glück als Kunde von Sexarbeit und die Entscheidung des anderen konkreten Menschen das Glück als Sexarbeitende zu suchen und die Möglichkeit der freien Begegnung dieser Suchenden sind menschenrechtlich essentiell, selbst wenn dies Ereignis ein Unikat sein sollte und bleiben würde.
Frau Ammersberger bestätigt diese Sichtweise in dem Interview, so denke ich, mit der Antwort auf die Frage
"Wo fängt denn die Ausbeutung in der Prostitution an?
Ich würde sie dort ansetzen, wo die Person selbst eine Grenzverletzung sieht."
Eine Mehrheitsmoral in die Form einer strafrechtlichen Richtschnur für individuellen Verhaltens zu gießen, ist ein Rückfall in die Inquisition, Nordkorea, ersatzreligiöse Gleichschaltung. Mit dem kantschen Verantwortungssubjekt hat diese Gleichschaltung, die den Schwed*INNEN mehrheitlich ein gutes Ruhekissen zu sein scheint, nichts zu tun. Sie ist ein Schritt in Richtung Barbarei. Die zumal strafbewehrte Verordnung einer Mehrheitsmoral ist inkompatibel mit dem, was die Würde des Menschen ausmacht, ist Negation der BRD-Verfassung und das Ende des Menschenrechtes. Insofern stehen Schweden und die Mehrheit seiner Wählenden für mich mit ihrem Sexkaufverbot ausserhalb des Rahmens, den das Zeitalter der Aufklärung, die Erklärung der Menschenrechte und das Grundgesetz gesetzt haben. In dieser Frage stehen sie für mich in einer Reihe mit den historischen Ereignissen der Inquisition und Gleichschaltung.
@Aoife in diesem Sinne
„Jeder Versuch als sogenannte Autorität die Intimsphäre der Menschen zu regeln ist menschenrechtswidrig, gleichgültig ob als "Begründung" jetzt die Bibel, die Notwendigkeit angeblichen Menschenhandel zu bekämpfen, oder die in Aussicht gestellten Vorteile einer gewerberechtlichen Regelung in's Feld geführt werden." http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 496#138496
Ich denke Frau Amersberger -die Wahrscheinlichkeit, dass sie in diesem Forum mitliest oder über dieses informiert wird, ist hoch- würde zustimmen.
"Die Festlegung eines Verbots/einer Bestrafung steht immer in einer Spannung zu Grund- und Freiheitsrechten. Ich meine, wenn man von utilitaristischen Nützlichkeiten redet, sollte man auch den (grund-)rechtlichen Kontext erwähnen. Hier in dem konkreten Fall könnte man sonst folgern (- man "hört" schon diese Erwiderung -), dass, falls eine Freierbestrafung für die Sexarbeiterinnen keine negativen Folgen hätte, bzw. für eine andere Gruppe von Sexarbeiterinnen eben doch irgendwie "hilfreich" wäre, ein allgemeines Verbot durchaus legitim wäre. Es bräuchte dann lediglich eine moralische Mehrheit dafür (siehe Schweden!). Nein, die Debatte braucht auch die moralisch-sozialphilosophische Ebene, die über Nützlichkeiten hinausgeht."
Die Frage der Freierbestrafung nur unter dem Horizont der Nützlichkeit für Sexarbeitende zu entscheiden greift selbstverständlich zu kurz. Denn natürlich hat jeder Mensch s p ä t e s t e n s mit der Volljährigkeit das Recht sein Sexualleben so zu gestalten, wie es diesem Menschen lieb ist, solange Einvernehmlichkeit berücksichtigt wird und alle Beteilgten -ich benutz hier mal den Begriff aus anderem Zusammenhang- "einsichtsfähig" sind.
Es gibt zwar kein Recht auf Sex mit Dritten, es gibt aber das Recht des Menschen, sich sein Glück, auch sein sexuelles, zu suchen und es ist zuvorderste Aufgabe aller staatlichen Gewalt die Suche des Menschen nach diesem individuellen Glück nicht nur unbehelligt zu lassen sondern gegenüber Repression durch Dritte zu schützen. Die Definition dessen was dieses Glück sein könnte, ist eine individuelle. Die Zulässigkeit der Entscheidung des einen konkreten Menschen das Glück als Kunde von Sexarbeit und die Entscheidung des anderen konkreten Menschen das Glück als Sexarbeitende zu suchen und die Möglichkeit der freien Begegnung dieser Suchenden sind menschenrechtlich essentiell, selbst wenn dies Ereignis ein Unikat sein sollte und bleiben würde.
Frau Ammersberger bestätigt diese Sichtweise in dem Interview, so denke ich, mit der Antwort auf die Frage
"Wo fängt denn die Ausbeutung in der Prostitution an?
Ich würde sie dort ansetzen, wo die Person selbst eine Grenzverletzung sieht."
Eine Mehrheitsmoral in die Form einer strafrechtlichen Richtschnur für individuellen Verhaltens zu gießen, ist ein Rückfall in die Inquisition, Nordkorea, ersatzreligiöse Gleichschaltung. Mit dem kantschen Verantwortungssubjekt hat diese Gleichschaltung, die den Schwed*INNEN mehrheitlich ein gutes Ruhekissen zu sein scheint, nichts zu tun. Sie ist ein Schritt in Richtung Barbarei. Die zumal strafbewehrte Verordnung einer Mehrheitsmoral ist inkompatibel mit dem, was die Würde des Menschen ausmacht, ist Negation der BRD-Verfassung und das Ende des Menschenrechtes. Insofern stehen Schweden und die Mehrheit seiner Wählenden für mich mit ihrem Sexkaufverbot ausserhalb des Rahmens, den das Zeitalter der Aufklärung, die Erklärung der Menschenrechte und das Grundgesetz gesetzt haben. In dieser Frage stehen sie für mich in einer Reihe mit den historischen Ereignissen der Inquisition und Gleichschaltung.
@Aoife in diesem Sinne
„Jeder Versuch als sogenannte Autorität die Intimsphäre der Menschen zu regeln ist menschenrechtswidrig, gleichgültig ob als "Begründung" jetzt die Bibel, die Notwendigkeit angeblichen Menschenhandel zu bekämpfen, oder die in Aussicht gestellten Vorteile einer gewerberechtlichen Regelung in's Feld geführt werden." http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 496#138496
Ich denke Frau Amersberger -die Wahrscheinlichkeit, dass sie in diesem Forum mitliest oder über dieses informiert wird, ist hoch- würde zustimmen.
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Re: RE: Länderberichte ÖSTERREICH:
Lieber Klaus,

Hab herzlichen Dank,
l4f

das sehe ich nicht anders. Und ich denke, dass du mich auch so verstanden hast: Mein Unbehagen über die andauernden Verkürzungen und Simplifizierungen in den Debatten. Es fehlt einfach oft die Einbettung des Arguments und die Ausführung, so wie du es hier modellhaft geleistet hast. Ich habe jetzt nur ein schlechtes Gewissen, denn ich weiß, dass die präzise gedankliche und argumentative Ausformulierung Zeit und Energie kostet, die eigentlich nicht du aufwenden musst, sondern für die gerade die Medien eine besondere Verantwortung tragen. Mir ist auch klar, dass die interviewten Fachleute nicht ständig den gesamten Kontext mitformulieren können.Klaus Fricke hat geschrieben:Ich denke Frau Amersberger...würde zustimmen.
Hab herzlichen Dank,
l4f
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Zwischen Rechten und Pflichten
http://derstandard.at/2000016842078/Jur ... on?ref=rssZwischen Rechten und Pflichten
Tanja Traxler
7. Juni 2015, 12:30
Die Juristin Iris Murer untersucht rechtliche Rahmenbedingungen von Prostitution
Im besten Fall dienen Gesetze im Bereich der Prostitution dazu, Opfer vor Ausbeutung und Gewalt zu schützen. Im schlechten Fall erlegen sie den Prostituierten nur zusätzliche Pflichten auf, ohne ihnen Rechte einzuräumen. Das Verhältnis von Rechten und Pflichten für Prostituierte beschäftigt auch Iris Murer in ihrer Forschungsarbeit. Die Universitätsassistentin an der Universität Salzburg im Fachbereich Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht analysiert in ihrer Dissertation Kompetenzen und Grundrechte im Bereich der Prostitution.
Da das Prostitutionswesen in Österreich in weiten Teilen in die Kompetenz der Länder fällt, hat es Murer mit neun verschiedenen Landesgesetzgebungen zu tun. Dabei zeigt sich ein gewisses "Ost-West-Gefälle", sagt die Rechtswissenschafterin: In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland ist die Gesetzgebung liberaler - neben Bordellen ist auch Straßenprostitution erlaubt. In den westlichen Bundesländern ist Prostitution dagegen nur in Bordellen erlaubt. Den Extremfall stellt Vorarlberg dar, wo es zwar möglich wäre, dass Bordelle bewilligt werden, dies bis dato aber noch nicht geschehen ist. "In Vorarlberg ist Prostitution daher nur im Rahmen der Illegalität möglich" , sagt Murer, "de facto besteht dort ein Ausübungsverbot."
Die Methode, die Murer in ihrer kompetenzrechtlichen Analyse verwendet, ist die sogenannte Versteinerungstheorie, bei der die Rechtslage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens berücksichtigt wird. Im Prostitutionswesen geht es dabei um gewerberechtliche Angelegenheiten. "Nach herrschender Auffassung ist hier der 1. Oktober 1925 als Versteinerungszeitpunkt heranzuziehen", sagt Murer. "Ich habe mich daher auch mit Rechtsvorschriften beschäftigt, die noch aus der Monarchie stammen und in die Rechtsordnung der Ersten Republik übergeleitet wurden."
In ihrer grundrechtlichen Analyse ist die Juristin zum Ergebnis gekommen, dass einzelne Vorschriften für Prostitution gegen Grundrechte verstoßen. "Einige Landesgesetze kreieren hier eine gewisse Abhängigkeit der Prostituierten gegenüber Bordellbetreibern", sagt Murer. So ist zum Beispiel in manchen Ländern für die Eröffnung eines Bordells eine sogenannte Bedarfsprüfung notwendig, in der erhoben wird, ob es überhaupt Bedarf an einem Bordell gibt. "Diese Bewilligungen werden zum Teil sehr restriktiv vergeben", sagt Murer, "das führt dazu, dass bestehende Bordelle einen Konkurrenzschutz genießen und Personen, die in der Prostitution tätig sind, mitunter nicht die Möglichkeiten haben, selbst einen kleinen Betrieb zu eröffnen." Insgesamt würden sich durch diese Einschränkungen die Arbeitsbedingungen der Prostituierten verschlechtern.
Kürzlich wurde die 27-Jährige für ihre Dissertation mit dem Theodor-Körner-Förderpreis ausgezeichnet, der neben anderen auch von Wissenschaftsministerium und Verkehrsministerium gesponsert wird. Auf ihr Dissertationsthema ist Murer zufällig gestoßen: Zu Beginn ihres Doktoratsstudiums nahm sie an einer Tagung teil, bei der sie darauf aufmerksam wurde, "wie viele Rechtsfragen im Prostitutionswesen bestehen, die noch nicht bearbeitet worden sind". Die wissenschaftliche Arbeit macht ihr zwar "viel Freude, ich könnte mir aber auch vorstellen, in die Praxis zu gehen". (Tanja Traxler, DER STANDARD,
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Frauenhandel in Ö: Keine Entschädigung für die Opfer
"Keinem einzigen der Opfer wurde Entschädigung zugesprochen. Wir behalten uns eine Berufung vor."
Für viele betroffene Frauen endet mit einem Urteil die Gefahr jedoch noch lange nicht. Bereits vor dem Prozess wurden Opfer und Zeuginnen unter Druck gesetzt und Familienangehörige in China bedroht. Die Täter.innen versuchten im Vorfeld der Verhandlung mit allen Mitteln die Glaubwürdigkeit der Opfer zu untergraben. Jene, die gegen die Täter.innen aussagten, haben nun Angst vor Rache. Probst betont: "Eine Aussage vor Gericht ist eine Lebensentscheidung, die mit großen Gefahren verbunden ist. Frauen sind nicht automatisch in Sicherheit. Darum müssen Betroffenen von Frauenhandel auch nach einem Verfahren alle Angebote des Opferschutzes bekommen."
---------------------
Einige der Opfer haben uns vor der Verhandlung kontaktiert und um Rat gebeten, ob sie aussagen sollen, oder nicht....
Wenige Tage nach der Verhandlung wurde einer der Frauen der Bescheid über die Ablehnung ihres Asylantrages übermittelt..... was die Frau in China zu erwarten hat, erfüllt mich mit Sorge.
So kann man nicht mit Opfern von Verbrechen umgehen - so darf man es einfach nicht
Für viele betroffene Frauen endet mit einem Urteil die Gefahr jedoch noch lange nicht. Bereits vor dem Prozess wurden Opfer und Zeuginnen unter Druck gesetzt und Familienangehörige in China bedroht. Die Täter.innen versuchten im Vorfeld der Verhandlung mit allen Mitteln die Glaubwürdigkeit der Opfer zu untergraben. Jene, die gegen die Täter.innen aussagten, haben nun Angst vor Rache. Probst betont: "Eine Aussage vor Gericht ist eine Lebensentscheidung, die mit großen Gefahren verbunden ist. Frauen sind nicht automatisch in Sicherheit. Darum müssen Betroffenen von Frauenhandel auch nach einem Verfahren alle Angebote des Opferschutzes bekommen."
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Einige der Opfer haben uns vor der Verhandlung kontaktiert und um Rat gebeten, ob sie aussagen sollen, oder nicht....
Wenige Tage nach der Verhandlung wurde einer der Frauen der Bescheid über die Ablehnung ihres Asylantrages übermittelt..... was die Frau in China zu erwarten hat, erfüllt mich mit Sorge.
So kann man nicht mit Opfern von Verbrechen umgehen - so darf man es einfach nicht
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Irgendwie spannend, wenn BetreiberInnen Preise vorgeben.... "und wer sich nicht daran hält, fliegt...." Für mich nicht nur "nicht nachvollziehbar", sondern auch "hinterfragenswert"! Ob es dort auch so eine schöne Küche gibt die auch nach Jahren wie neu aussieht? Weil man dort nicht kochen darf? Für die Konzession ist nur wichtig, das sie da ist.... für € 100,- am Tag darf man halt nicht zu viel erwarten. Und das die Konzessionierung wirklich bessere Arbeitsplätze bedeuten könnte hat ohnehin nie wirklich Jemand geglaubt.
https://derstandard.at/2000080623713/Ne ... er-70-Euro
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Also, jetzt mal langsam. Bin gerade kampfeslustig:
5 Stockwerke, 35 Zimmer = 1 Großbordell ??? Staunen !!!
Der Schuppen macht (als Excelformel bequem für Copy und
Paste) gerade mal = 35 * 700 * 52 € im Jahr, das ist eine
schlappe Million plus 274.000 € Kleingeld. Wem die Zahl zu hoch
ist, monatlich macht das Mieteinnahmen (als Excelformel) von
= 35 * 700 * 13 / 3 was 106.166,67 € ausmacht. Sorry, aber
Groß ist da nur die Fantasie der Leute.
Und dann kann ich es mir natürlich nicht verkneifen zu sagen,
Wien hat's. Aber Berlin hat ja auch keinen (neuen) Flughafen.
Wien-Mitte ist halt nicht Berlin-Mitte. Wäre interessant, ob sich
die Mädels aus der Kurfürstenstraße über so einen Palast mit
rotem Teppich freuen könnten. Glaube eher nicht. Weil das
unternehmerische Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben,
einfach größer ist, Fähigkeiten in Sozialer Kompetenz und
Kaufmännischem Rechnen, hin oder her.
In Berlin-Mitte habe ich das 2016 so erlebt:
Kennenlernen auf der Straße, Sichverziehen in 'ne Videokabine,
die gleichzeitig die Stoppuhr ist (Münzeinwurf und dann gibt's
Sex solange der Film läuft - Streitigkeiten ausgeschlossen), oder
ins Stundenhotel, wo der galante Herr 10 Euro für die halbe
Stunde berappt. Kondom kostet 50 Cent, falls jemand ohne
rumläuft. Da ist kein unternehmerisches Risiko, außer dass der
Lippenstift mal ausgeht.
Genau, modern ist der Schuppen auch nicht. Fehlt die Stoppuhr
an der Türreklame, so dass der nächste Herr auch weiß, wie
lange er noch zu warten hat. Grün und Rot für frei und besetzt
ist ja total uncool.
- - - - - - - - - - - - -
Zitat: "Der Nachbar-Kindergarten beschwert sich, die Polizei
beschwichtigt. ...Wiedereinführung der Schutzzonen von
mindestens 150 Metern..."
Da bin ich platt. Da muß man noch genauer hinschauen. Hat das
mit Politik und Filz zu tun? Ein juristischer Gesinnungswandel
wird's wohl nicht sein, oder doch? Aber warum soll es der
Polizei als Zuhälter, die einerseits die Versorgung
sicherstellen, andererseits die Preise hochhalten, und die
unliebsame Konkurrenz, die keine Steuern zahlen, und im
Sperrbezirk wildern will, und von keinen hohen Mieten bedroht
ist, vom Leib halten muß, besser ergehen?
5 Stockwerke, 35 Zimmer = 1 Großbordell ??? Staunen !!!
Der Schuppen macht (als Excelformel bequem für Copy und
Paste) gerade mal = 35 * 700 * 52 € im Jahr, das ist eine
schlappe Million plus 274.000 € Kleingeld. Wem die Zahl zu hoch
ist, monatlich macht das Mieteinnahmen (als Excelformel) von
= 35 * 700 * 13 / 3 was 106.166,67 € ausmacht. Sorry, aber
Groß ist da nur die Fantasie der Leute.
Und dann kann ich es mir natürlich nicht verkneifen zu sagen,
Wien hat's. Aber Berlin hat ja auch keinen (neuen) Flughafen.
Wien-Mitte ist halt nicht Berlin-Mitte. Wäre interessant, ob sich
die Mädels aus der Kurfürstenstraße über so einen Palast mit
rotem Teppich freuen könnten. Glaube eher nicht. Weil das
unternehmerische Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben,
einfach größer ist, Fähigkeiten in Sozialer Kompetenz und
Kaufmännischem Rechnen, hin oder her.
In Berlin-Mitte habe ich das 2016 so erlebt:
Kennenlernen auf der Straße, Sichverziehen in 'ne Videokabine,
die gleichzeitig die Stoppuhr ist (Münzeinwurf und dann gibt's
Sex solange der Film läuft - Streitigkeiten ausgeschlossen), oder
ins Stundenhotel, wo der galante Herr 10 Euro für die halbe
Stunde berappt. Kondom kostet 50 Cent, falls jemand ohne
rumläuft. Da ist kein unternehmerisches Risiko, außer dass der
Lippenstift mal ausgeht.
Genau, modern ist der Schuppen auch nicht. Fehlt die Stoppuhr
an der Türreklame, so dass der nächste Herr auch weiß, wie
lange er noch zu warten hat. Grün und Rot für frei und besetzt
ist ja total uncool.
- - - - - - - - - - - - -
Zitat: "Der Nachbar-Kindergarten beschwert sich, die Polizei
beschwichtigt. ...Wiedereinführung der Schutzzonen von
mindestens 150 Metern..."
Da bin ich platt. Da muß man noch genauer hinschauen. Hat das
mit Politik und Filz zu tun? Ein juristischer Gesinnungswandel
wird's wohl nicht sein, oder doch? Aber warum soll es der
Polizei als Zuhälter, die einerseits die Versorgung
sicherstellen, andererseits die Preise hochhalten, und die
unliebsame Konkurrenz, die keine Steuern zahlen, und im
Sperrbezirk wildern will, und von keinen hohen Mieten bedroht
ist, vom Leib halten muß, besser ergehen?
Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.
-
- wissend
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Re: Länderberichte ÖSTERREICH:
Prostituierte auf Jobsuche: Vom Bordell zum Würstelstand
Das Leben war selten gut zu ihr. Sandra – diesen Namen hat sie sich für die Zeitung selbst ausgesucht – wurde mit 19 Jahren in die Prostitution verkauft. 30 Jahre war die Wienerin in der Branche. „Irgendwie muss man ja Geld verdienen, obwohl mir die Männer am A* gehen. Je höher ihre Position, desto wahnsinniger sind sie“, sagt sie. Sandra lässt sich heute nicht mehr bevormunden. Sie ist eine resolute Frau. Und sie hat einen Job außerhalb des Milieus gefunden. Seit einigen Monaten arbeitet sie in einem Würstelstand.
Der Weg in einen konventionellen Beruf war nicht einfach. Wir treffen Sandra in der Volkshilfe-Einrichtung „Sophie“ – hier bekommen Prostituierte Hilfe. Speziell bei der Jobsuche.
Selbstwille
Sandra ist seit Jahren Stammgast. Hier hat sie Unterstützung gefunden, als sie weg wollte. Als der Punkt erreicht war, an dem sie nicht mehr konnte. „Ein Stalker, ein korrupter Polizist und ein neues Leben. Deshalb“, erklärt sie ihre Gründe. Die Frau mit den blonden, kurzen Haaren hat neu angefangen. Mit viel Selbstwillen, wie sie betont. Sandra strahlt eine gewisse Härte aus – das Leben hat sie geformt.
20.000 Euro. Diesen Schuldenberg hat ihr der letzte Freund hinterlassen. Allein kann sie den mit ihrem Gehalt vom Würstelstand nicht abbauen. Aber Sandra hat Glück. Sie hat einen neuen Lebensgefährten gefunden. Einen, der einen Job hat und ihr hilft. Sie ist stolz darauf. „Er weiß, was ich gemacht hab. Und er weiß, dass ich es nur fürs Geld gemacht habe.“ Auch ihr Chef kennt ihre Geschichte. Nachteile habe ihr das keine gebracht. „Er hat Respekt vor mir“, meint sie.
Eva van Rahden leitet das Beratungszentrum für Sexarbeiterinnen. Und sie kennt die Stärken der Frauen. „Sie haben Empathie, Menschenkenntnis und auch ein gewisses Verkaufstalent.“ Doch der Job „Prostituierte“ ist im Lebenslauf kein Pluspunkt. „Sexarbeiterinnen werden noch immer extrem stigmatisiert. Deshalb sind wir dann bei der Umschreibung der Tätigkeit sehr kreativ.“
Dennoch sind es meistens niedrig qualifizierte Jobs, in denen sie Fuß fassen können. In der Reinigung, als Küchen- oder Heimhilfe. „Das kann zum Problem werden. Denn wenn sie wenig verdienen, gehen sie eher wieder zurück in die Sexarbeit.“
Magdalena (Name geändert, Anm.) arbeitet aktuell in der Küche eines Pflegeheimes. „Ich habe nicht gerne als Prostituierte gearbeitet“, sagt die 48-Jährige. 20 Jahre lang verdiente sie ihr Geld in Etablissements und auf der Straße. Vier oder fünf Anläufe hat sie benötigt, um dieses Leben hinter sich zu lassen. „Ich habe 40 Lebensläufe verschickt. Und keine einzige Antwort ist gekommen“, erinnert sie sich.
Ein halbes Jahr
In ihrer Heimat Ungarn hat sie Verkäuferin gelernt. Als sie keinen Job fand, ging sie freiwillig in die Prostitution. „Nur für ein halbes Jahr“ – das war der Plan. Doch immer wieder kehrte sie zurück.
In ihrem Umfeld weiß keiner davon. Es darf auch keiner wissen. „Meine Familie ist sehr gläubig.“ Lange hatte sie die Befürchtung, ein Kunde könnte ihr zufällig begegnen und sie in eine unangenehme Situation bringen.
Eine Befürchtung, die nicht von der Hand zu weisen ist. Einrichtungsleiterin Van Rahden kennt einen Fall, in dem ein Kunde eine ehemalige Prostituierte – sie hatte einen Job in einer Bäckerei gefunden – outete. „Die Frau hat ihren Job verloren“, schildert Van Rahden.
Magdalena lebt jetzt ein bescheidenes Leben. „Die Ungewissheit, ob ich genug Geld verdiene und wer die Männer sind, die ist weg“, sagt sie. Sie hat mit ihrem neuen Leben Frieden geschlossen. Wenn sie das Bedürfnis hat, über ihre Vergangenheit zu reden, setzt sie sich in die U-Bahn und fährt in die „Sophie“. Dort kennt sie jeder und der Kaffee ist gratis.
Beratung für Sexarbeiterinnen
Die Einrichtung
„Sophie“, eine Einrichtung der Volkshilfe, unterstützt Sexarbeiterinnen bei der Job- und Wohnungssuche in Wien, NÖ und seit Kurzem auch im Burgenland.
Im Vorjahr wurden 127 Frauen
im Berufscoaching registriert.
Sie stammen zum Großteil aus Ungarn (52) und Rumänien (25). Aber auch Österreicherinnen (sieben) sind darunter.
Motive für Berufswechsel
Der wichtigste Grund für Prostituierte, ihren Beruf zu wechseln,
ist der Wunsch nach einem
geregelten Einkommen und
einem anderen Beruf prinzipiell. Aber auch Unabhängigkeit,
familiäre Veränderungen und die große psychische Belastung sind Auslöser. Frauen, die bereits Berufserfahrung vorweisen können, gelingt der Jobwechsel deutlich häufiger.
Zumeist finden diese Frauen nur weniger gut bezahlte Jobs – als Heimhilfe, Reinigungs- oder Küchenkraft oder im Verkauf. Eine Befragung der Sophie-Klientinnen zeigte: Acht Prozent haben keine Pflichtschule abgeschlossen,
12 Prozent hingegen haben
sogar eine Fachhochschule
oder Universität absolviert.
Kontakt: 01/8975536 www.sophie.or.at
https://kurier.at/chronik/oesterreich/p ... /400145018
Das Leben war selten gut zu ihr. Sandra – diesen Namen hat sie sich für die Zeitung selbst ausgesucht – wurde mit 19 Jahren in die Prostitution verkauft. 30 Jahre war die Wienerin in der Branche. „Irgendwie muss man ja Geld verdienen, obwohl mir die Männer am A* gehen. Je höher ihre Position, desto wahnsinniger sind sie“, sagt sie. Sandra lässt sich heute nicht mehr bevormunden. Sie ist eine resolute Frau. Und sie hat einen Job außerhalb des Milieus gefunden. Seit einigen Monaten arbeitet sie in einem Würstelstand.
Der Weg in einen konventionellen Beruf war nicht einfach. Wir treffen Sandra in der Volkshilfe-Einrichtung „Sophie“ – hier bekommen Prostituierte Hilfe. Speziell bei der Jobsuche.
Selbstwille
Sandra ist seit Jahren Stammgast. Hier hat sie Unterstützung gefunden, als sie weg wollte. Als der Punkt erreicht war, an dem sie nicht mehr konnte. „Ein Stalker, ein korrupter Polizist und ein neues Leben. Deshalb“, erklärt sie ihre Gründe. Die Frau mit den blonden, kurzen Haaren hat neu angefangen. Mit viel Selbstwillen, wie sie betont. Sandra strahlt eine gewisse Härte aus – das Leben hat sie geformt.
20.000 Euro. Diesen Schuldenberg hat ihr der letzte Freund hinterlassen. Allein kann sie den mit ihrem Gehalt vom Würstelstand nicht abbauen. Aber Sandra hat Glück. Sie hat einen neuen Lebensgefährten gefunden. Einen, der einen Job hat und ihr hilft. Sie ist stolz darauf. „Er weiß, was ich gemacht hab. Und er weiß, dass ich es nur fürs Geld gemacht habe.“ Auch ihr Chef kennt ihre Geschichte. Nachteile habe ihr das keine gebracht. „Er hat Respekt vor mir“, meint sie.
Eva van Rahden leitet das Beratungszentrum für Sexarbeiterinnen. Und sie kennt die Stärken der Frauen. „Sie haben Empathie, Menschenkenntnis und auch ein gewisses Verkaufstalent.“ Doch der Job „Prostituierte“ ist im Lebenslauf kein Pluspunkt. „Sexarbeiterinnen werden noch immer extrem stigmatisiert. Deshalb sind wir dann bei der Umschreibung der Tätigkeit sehr kreativ.“
Dennoch sind es meistens niedrig qualifizierte Jobs, in denen sie Fuß fassen können. In der Reinigung, als Küchen- oder Heimhilfe. „Das kann zum Problem werden. Denn wenn sie wenig verdienen, gehen sie eher wieder zurück in die Sexarbeit.“
Magdalena (Name geändert, Anm.) arbeitet aktuell in der Küche eines Pflegeheimes. „Ich habe nicht gerne als Prostituierte gearbeitet“, sagt die 48-Jährige. 20 Jahre lang verdiente sie ihr Geld in Etablissements und auf der Straße. Vier oder fünf Anläufe hat sie benötigt, um dieses Leben hinter sich zu lassen. „Ich habe 40 Lebensläufe verschickt. Und keine einzige Antwort ist gekommen“, erinnert sie sich.
Ein halbes Jahr
In ihrer Heimat Ungarn hat sie Verkäuferin gelernt. Als sie keinen Job fand, ging sie freiwillig in die Prostitution. „Nur für ein halbes Jahr“ – das war der Plan. Doch immer wieder kehrte sie zurück.
In ihrem Umfeld weiß keiner davon. Es darf auch keiner wissen. „Meine Familie ist sehr gläubig.“ Lange hatte sie die Befürchtung, ein Kunde könnte ihr zufällig begegnen und sie in eine unangenehme Situation bringen.
Eine Befürchtung, die nicht von der Hand zu weisen ist. Einrichtungsleiterin Van Rahden kennt einen Fall, in dem ein Kunde eine ehemalige Prostituierte – sie hatte einen Job in einer Bäckerei gefunden – outete. „Die Frau hat ihren Job verloren“, schildert Van Rahden.

Magdalena lebt jetzt ein bescheidenes Leben. „Die Ungewissheit, ob ich genug Geld verdiene und wer die Männer sind, die ist weg“, sagt sie. Sie hat mit ihrem neuen Leben Frieden geschlossen. Wenn sie das Bedürfnis hat, über ihre Vergangenheit zu reden, setzt sie sich in die U-Bahn und fährt in die „Sophie“. Dort kennt sie jeder und der Kaffee ist gratis.
Beratung für Sexarbeiterinnen
Die Einrichtung
„Sophie“, eine Einrichtung der Volkshilfe, unterstützt Sexarbeiterinnen bei der Job- und Wohnungssuche in Wien, NÖ und seit Kurzem auch im Burgenland.
Im Vorjahr wurden 127 Frauen
im Berufscoaching registriert.
Sie stammen zum Großteil aus Ungarn (52) und Rumänien (25). Aber auch Österreicherinnen (sieben) sind darunter.
Motive für Berufswechsel
Der wichtigste Grund für Prostituierte, ihren Beruf zu wechseln,
ist der Wunsch nach einem
geregelten Einkommen und
einem anderen Beruf prinzipiell. Aber auch Unabhängigkeit,
familiäre Veränderungen und die große psychische Belastung sind Auslöser. Frauen, die bereits Berufserfahrung vorweisen können, gelingt der Jobwechsel deutlich häufiger.
Zumeist finden diese Frauen nur weniger gut bezahlte Jobs – als Heimhilfe, Reinigungs- oder Küchenkraft oder im Verkauf. Eine Befragung der Sophie-Klientinnen zeigte: Acht Prozent haben keine Pflichtschule abgeschlossen,
12 Prozent hingegen haben
sogar eine Fachhochschule
oder Universität absolviert.
Kontakt: 01/8975536 www.sophie.or.at
https://kurier.at/chronik/oesterreich/p ... /400145018