Der Mann Moses und die monotheistische Religion

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nicole6
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Der Mann Moses und die monotheistische Religion

Beitrag von nicole6 »

Der Mann Moses und die monotheistische Religion-
von Sigmund Freud, Reclam Verlag, Stuttgart, 2010 (1939), 216 Seiten.

Auf das Buch kam ich durch einen Hinweis von Jan Assmann, in dem von mir hier
zuletzt rezensierten Buch. Wenn auch die psychologischen Theorien Freuds nie
haltbar waren, da die von einem Mann erstellt wurden, der das Patriarchat als
"naturgegeben" erachtete, ist der größte Teil dieses Werkes gut recherchiert.
Auf Abwegen kommt Freud, wenn er versucht Hintergründe zu erörtern, und seine
Verdrängungstheorie und den Vater- bzw. Ödipuskomplex herzieht.

Ich werde hier nicht das Buch als ganzes vorstellen, sondern nur das Kapitel, das
Sex innerhalb der Familie betrifft, weil dies unmittelbar im Interesse des Forums sein kann.

In groben Zügen:
Freud analysiert die Präsentation des Patriarchen und Völkermörders Moses, indem er die Bibel
her nimmt, und sie mit historischen Daten vergleicht. Dabei weist er auf offensichtliche
grobe innere logische Widersprüche in der Bibel selbst hin, welche die Männer bei der
Erfindung des Mythos unbeachtet liesen.

Eine der zentralen Fragen dabei ist, welchem Volk gehörte die Figur Moses eigentlich an?
Nimmt man die Bibel als Grundlage, dann müsste er eigentlich Jude gewesen sein.
Wie kann das aber sein, wenn Moses in "seinem" Volk die Beschneidung des Penis
eingeführt und zwangsweise vorgeschrieben hat? Die Beschneidung gab es in jener
Zeit NUR bei den Ägyptern! Es ist völlig unglaubhaft, dass ein Volk, das aus einen Land
flieht, in dem es im Sklavenzustand lebte, ausgerechnet die sehr typische Gewohnheit
übernimmt, welche den Unterdrückungsstaat kennzeichnete!

Man könnte das auch damit vergleichen, dass die Juden, die aus dem Nazi-Deutschland
flohen, danach "als Erinnerung" immer mit dem nazikreuz herumlaufen, und den
"HeilHitler"-Gruß pflegen würden.

Mittels historischer Quellen zeigt Freud, dass es in Ägypten eine sehr kurze Periode gab,
in welcher der Pharao Ikhnaton die bis dahin bestehende Vielfalt an Göttinnen und Götter
per Dekret abschaffte, und einen Mono-Gott zwangsweise einführte. Er hatte damit aber
keinen Erfolg, und nach seinem Tod wurde versucht, jede Erinnerung an diesen sehr
gewalttätigen und kriminell agierenden Pharao auszulöschen. In den Ostgebieten des
Reiches gab es einen ägyptischen Verwalter, der nach dem Tod Ikhnatons weiter nach
Osten zog, wobei mit ihm Teile des Volkes mit zogen.

Freud vermutet, dass dieser ägyptische Verwalter die Personen
Moses sein könnte, der im Nachhinein, von den Männern welche
die Schriften der Bibel erfanden und aufschrieben, als Jude
deklariert wurde. Freud führt dabei mehrere weitere Quellen an.

Die Bibelschriften wurden auch in den Jahrhunderten danach
immer wieder umgeschrieben, damit die Inhalte dem jeweiligen
Herrschaftsanspruch der Männer genügten.

Es gibt dabei noch einen sehr schlüssigen Hinweis darauf, dass Moses ein Ägypter war,
und das betrifft den sogenannten 'Inzest'. Nicht nur in Ägypten, auch in sehr vielen
weiteren Kulturen war Sex innerhalb der Herrscherfamilie nicht nur erlaubt, sondern im Gegenteil,
ein Privileg der Herrschenden und Götter. Um sich vom Volk abzugrenzen, wurde Sex
innerhalb der Familie dem "normalen Volk" verboten.
Im Mittelalter gab es nur heiraten innerhalb des Adels, und die Heiraten zwischen Reichen
und Superreichen finden auch heute noch innerhalb ihrer extrem kleinen Schicht der
Bevölkerung statt!

Freud: "Warum sollte es Z.B. ein so besonderes schweres Verbrechen sein, Inzest
mit Tochter oder Schwester zu begehen, so viel ärger als jeder andere Sexualverkehr?"

Was Sex in der Familie angeht:
"Soweit drängt sich uns eher die Einsicht auf, dass der Inzest
- in diesem Falle zwischen Bruder und Schwester - ein Vorrecht
war, das gewöhnlichen Sterblichen entzogen,
aber den die Götter vertretenden Königen vorbehalten war". (Seite 148)

Wenn undemokratische Herrscher Sex innerhalb der Unterthanenfamilie nicht mehr
bestrafen würden, dann würden sich normale Leute auf die Stufe der Göttinnen
und Götter stellen, die aus sich eraus, alles geschaffen haben sollen. Damit würde der
Unterschied zwischen dem Herrscher und dem Volk verschwinden,m und der
Schmarotzersystatus der Reichen im Lande würde zusammen brechen.

tomek
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Beitrag von tomek »

Hi Nicole,
weil du das erwähnst, laut Bibel gab es die Beschneidung schon bei den Juden, bevor sie nach Ägypten kamen. Abraham hatte das mal eingeführt. Freud meint Widersprüche in der Bibel zu entdecken? Ich finde keine.
Naja, wollte ich nur angemerkt haben, schönen Tag,
Tomek

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nicole6
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Beitrag von nicole6 »

Tomek,

Was in der Bibek steht ist KEINE wissenschaftlishe Abhandlung,
sondern eine Erfindung der Männer aus machtpolitischen Gründen.
"Abraham" ist so wenig eine historische Figur wie Zeus, Jupiter,
Ragnarök, Siebenpapagei, oder sonst welche Götter.
Die Bibel wörtlich zu nehmen ist infantil, wie auch der
gesamte christkliche Glaube auf infantile Gemüter zugeschnitten ist.

Für eine geistig reife Person ist es lächerlich, dass ein männlicher
Obergott mit einem Menschen einen Ringwettkampf macht,
und der Obergott verliert dann auch noch gegen den Mann!

Oder, dass ein männlicher Schöpfergott von seiner Schöpfung,
hier in Mann, wegen seiner rachsüchtigen Gewalt und dem Jähzorn
getadelt wird, weil der Gott wieder einmal einen Genozid plant.
Und der Gott nimmt den Rat des Mannes an, und organisiert
keinen Massenmord an seiner Schöpfung!

Eine ähnliche infantile Darstellung von Männergöttern findet man
in der Schöpfungsgeschichte der Mayas, dem Popol Vuh.

Von dem , was heute "die Bibel" genannt wird, gibt es mehrere
Hunderte Versionen. Deshalb begann 1962 zuerst die katholische
Kirche eine Revision, der sich 1972 die evangelische Kirche anschloss,
und 1979 brachten sie eine "korrigierte" Version der Bibel heraus,
die nun als "Einheitsbibel" auf dem Markt ist. Doch schon in den
Jahrhunderte zuvor haben Päpste nach Belieben die Bibel umgeschrieben,
Kapitel gestrichen und selbst welche dazu erfunden.
Es gibt nur einen Bereich, der mit diesen Fälschungen und
Manipulationen vergleichbar ist: die offizielle Geschichte der
Wissenschaft!

Wenn jemand behauptet, Abraham habe dieses oder jenes getan
und gesagt, ist das auf dem gleichen Niveau, wie wenn jemand sagt,
dass Zeus, Wotan oder Krishna dieses oder jenes getan und gesagt habe!
Ich kann auch "beweisen", dass Mickey Maus in Entenhausen wohnt!
Schriften dazu gibt es zuhauf!
Wenn es jemanden interessiet wie Religionen entstehen, dann
gibt es dazu gegenwärtig ein gutes Objekt: die Elvis-Presley-Religion!
Diese läuft gegenwärtig die gleichen Stadien durch, wie frühere
Religionserfinder vorgegangen sind!

Nicole

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Asfaloth
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Beitrag von Asfaloth »

Ich finde, Religion ist eine sehr persönliche Angelegenheit und sollte es am besten auch bleiben...

Jedes geschriebene Wort, egal, ob Bibel, Talmud, Koran oder was auch immer, ist Menschenwerk, die Wahrheit findet jeder in sich selbst und die kann bei jedem anders aussehen.

Deshalb hüte man sich vor den Predigern und den Missionaren, denn auch der Atheismus ist eine Art Religion.

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Beitrag von nicole6 »

Asfaloth;
>>..Ich finde, Religion ist eine sehr persönliche Angelegenheit..<<
Genau das ist NICHT der Fall!
Semiotisch bezeichnet 'Religion' ein Massenphänomen!
Was du meinst, ist wahrscheinlich 'Religiosität', und die ist
angeboren, also persönlich.
Es ist ja so, dass die Bildung von Religionen nur deswegen
möglich sind, weil es persönliche biologische Religiosität gibt!

Eine Analogie:
'Feste' gibt es deshalb, weil es den biologisch angeborenen
Hunger, und den biologisch angeboren Hang zur Gruppenbildung
gibt.

Es gibt nirgends in der Welt ein Land, in dem 'Atheismus' eine
Religion ist! Dazu müsste 'Atheismus' eine soziale Institution
werden, und keine persönliche Überzeugung.
Das gleiche gilt für 'Agnostizismus'.

Die Auseinandersetzung mit Religionen ist KEINE persönliche
Angelegenheit, solange die Religionsvertreter und deren
Institutionen sich so massiv ins persönliche Leben einmischen,
was im BESONDEREN die Sexarbeit betrifft!

Nicole