Internationales: Griechenland(krise)

Alles, was sonst nirgendwo reinpaßt - hier paßt es garantiert rein...
Klaus Fricke
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Klaus Fricke »

@kasharius
ich erlebe diese jungen Menschen als sehr aufgeweckt, informiert, solidarisch und keineswegs als dogmatisch

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friederike
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von friederike »

In #20 empfehlenswert: Paul Krugman in der New York Times fordert den Grexit.

Chaotisch dagegen der Artikel von Münchau im Spiegel online.

Danke, @Klaus.

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Klaus

ja, ich denke hierin liegt wahrscheinlich ein großer Unterschied zur sog. 68ziger Generation die ja wohl zum Großteil nach der Wahl Willy Brandts zum Bundeskanzler 1969 und dem besonnenen Wirken Gustav Heinemanns, des sozialdemokratischen Bundespräsidenten (s. seine Ansprache nach den Osterunruhen) wohl befriedet wurden...!?

Und hier das vielleicht neuste zur Krise in Griechenland

http://www.tagesschau.de/wirtschaft/gri ... e-111.html

Und als Reminiszens an die 68ziger ein altes, aber erschreckend aktuelles Interwiev mit Rudi Dutschke. Die Reihe mit Günter Gaus, dem späteren Leiter der ständigen BRD-Vertretung in Ostberlin, gehört für mich zu den besten politischen Gesprächsreihen...



Kasharius grüßt ganz undogmatisch

Klaus Fricke
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Klaus Fricke »


!!!
Mein Griechenland – eine Reise ins Innere von Syriza

Robert Misik
http://misik.at/2015/06/mein-griechenla ... on-syriza/

Das was Misik in seiner äusserst lesenswerten Reportage episodisch anhand der Erzählung von konkreten Ereignissen und realen Personen aus dem Zentrum des politischen Griechenlands berichtet, es mcht mich, der ich keinen Zugang zu diesen, zudem deutsch sprechenden "neuen Eliten" habe, hungrig. Als kleines Touristlein am Rande des Geschehens mit, das sollte bedacht werden, unzureichenden griechisch Kenntnissen: Herr Misik: großartig, ich kann aus meinem Alltag hier in GR Ihre Worte, Ihre Beschreibung eines politisch intellektuellen Aufbruchs linker Couleur aus ganzem Herzen bestätigen. Noch ein Wort: Eine klare solidarische Positionierung mit dieser Bewegung nicht kleiner Teile der griechischen Bevölkerung, die in der und durch die Syriza repräsendiert werden, gegen dass, was George Monbiot (s.u.) als: "Greece is the latest battleground in the financial elite’s war on democracy" beschreibt, es ist eine Chance, die ich nicht verpassen möchte. Und ihr wisst, ich kommentiere hier, da es mir wichtig ist, dass niemand später behaupten kann, er hätte davon nichts gewusst oder wissen können.

Herr Misik, Hut ab, Ihre Reportage ist Wert und ich beteilige mich gerne daran, Ihre nächste Recherche zu finanzieren.


!!!
Greece is the latest battleground in the financial elite’s war on democracy
George Monbiot in the guardian
http://www.theguardian.com/commentisfre ... liberalism

"Jetzt ist der Zeitpunkt, die gescheiterte Sparpolitik zu überdenken"
Von Heiner Flassbeck, Thomas Piketty, Jeffrey D. Sachs, Dani Rodrik, Simon Wren-Lewis, veröffentlicht auf:
Deutsch
http://www.tagesspiegel.de/politik/offe ... 21886.html
Griechisch
http://www.euro2day.gr/specials/opinion ... -ston.html
Englisch
http://www.thenation.com/article/auster ... la-merkel/

Der gescheiterte Europäer - Zum Rücktritt von Yanis Varoufakis
Steffan Meyer in the european
http://www.theeuropean.de/steffen-d-mey ... varoufakis

Klaus Fricke
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Klaus Fricke »

@ Kasharius
Ein sehr interessantes Interview mit Rudi Dutschke

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Klaus

siehst Du darin Parallelen zu heute...

Kasharius grüßt

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friederike
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von friederike »

Das Interview mit Rudi Dutschke fand ich auch recht gut.

Hier ist ein Link zum Thema "Lohnstückkosten":
http://www.oekonomenstimme.org/artikel/ ... chwendern/
Der Eingangsaufsatz zeigt erst einmal einige wesentliche Entwicklungen, vor allem die Entwicklung der nominalen Lohnstückkosten. Bis zur Finanzkrise, also bis 2008, sind die Lohnstückkosten in Griechenland auf 150% des Niveaus von 1999 gestiegen (in Deutschland auf 105%). In Griechenland sind gleichzeitig die Preise um 135% gestiegen, so dass die realen Lohnstückkosten nicht so stark gestiegen sind.

Eine Steigerung der Lohnstückkosten bedeutet, dass die Löhne schneller steigen als die Produktivität.

Nicht berücksichtigt wird vom Autor die Entwicklung vor 1999, die bereits durch mangelnde Produktivität gekennzeichnet war. Der Einwand des 4. Kommentars trifft deshalb zu, dass der Autor Ursache und Wirkung verwechselt: der Euro führte zu viel zu niedrigen Zinsen, die wiederum den kreditfinanzierten Konsum überhitzten und zu steigender lokaler Inflation führten. Die Notenbank hätte also normalerweise die Zinsen erhöhen müssen, aber die EZB hat einheitliche Ziele für ganz Europa im Auge gehabt.

Man erkennt, wie komplex die Situation ist, und wieviele Parameter eine Rolle spielen. Deutlich wird, dass das sogenannte Inflationsziel der EZB von 2% längst überprüft und gesenkt werden muss. Deutlich wird vor allem, dass so stark divergierende Volkswirtschaften mit so unterschiedlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen in einer Währungsunion nicht leben können.

Paul Krugman hah ausnahmsweise recht: der grexit muss so schnell wie möglich kommen.

Klaus Fricke
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Klaus Fricke »

@kasharius
Parallelen?
Ich sehe z.B., dass
- es in Deutschland keinen prominenten "radikalen" Linken gibt, der so wie es Dutschke damals war, für eine antiimperialistische/antineoliberale Bewegung spricht. In Griechenland scheint Tsipras aber ein Mensch zu sein, dem das gelingt,

- es im Deutschen Mainstream-Fernsehen (Dazu zähle ich weder den DLF noch Phoenix) kein Sendeformat gibt, das zu Protokoll nimmt, welche zentralen Auffassungen ein solcher "radikal" Links stehender Mensch vertritt, es aber, in Griechenland gelang kurzzeitig den Staatssender "in die Hände des Volkes" zu legen, wenn dies auch, so scheint es, bereits wieder zum Teil rückängig gemacht wurde (so R. Misik, die Verhältnisse stimmig beschreibt)

- Und äusserst beeindruckend fand ich in diesem Interview, dass Dutschke vor ungefähr 45 Jahren die Globalität der entwickelten Kapitalverhältnisse in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellte und diese heute, und da folge ich Frank Schirrmacher und prononcierter George Monbiot, in Ihrem Entstadium den "chinesischen" Weg der Gleichschaltung gefunden haben.

- Mein damaliger Impuls war es, und den sprach Dutschke im Zusammenhang mit den militärischen Auseinandersetzung zwischen "Befreiungsbewegungen" und "der global herrschenden Klasse" an, ein früher "IS Kämpfer" aus dem Abendland zu sein. Seit sehr Langem gebe ich der zentraleren Aussage von Dutschke, der mit langem Atem versehenen (revolutionären?) Aufklärungsarbeit, den Vorzug. Und siehe da Dutschkes 15 / 150 / 4000 haben nicht nur in Griechenland, dort aber aktuell im besonderen Maße, zahlreich Verstärkung gefunden.


@Friederike
Danke für den Link. Ich werde mich ihm mit Freude zuwenden.

Klaus Fricke
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Klaus Fricke »


Ein guter Plan für ganz Europa
Gabriel Colletis, Jean-Philippe Robé, Robert Salais in Le Monde Diplomatique
http://monde-diplomatique.de/artikel/!5207761

Legarde für Umschuldung
spiegel online vom Mittwoch, 08.07.2015 – 23:27 Uh
http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 42749.html

und mehr auf
Nachdenkseiten - Hinweise des Tages vom 09.07.2015
Punkte 1. bis 12.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=26713

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Beitrag von Kasharius »

@Klaus

würdest Du mir in der Einschätzung den zustimmen, daß nach der Wahl Willy Brandts zum Bundeskanzler und dem Beginn der sozial-liberalen Ära eine gewisse Befriedung der breiten Protestmassen eintratt (die dann mit der Wahl Helmuth Kohls, spätestens wieder endete...!?)? Wäre die Parallele also nicht eher zu Willy Brandt und seiner Programmatik Mehr DEmokratie wagen zu wollen, zu ziehen?

Kasharius grüßt und freut sich auf Antwort

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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Gandalf »

Christian hat hier woanders im forum das gros des Journalismus genau beschrieben:

"Wenn JournalistInnen mit den Behörden sprechen und das Gehörte als "Tatsache" hinnehmen, so bekommt man halt das vermittelt, was die "Behörde" vermittelt haben will".

Genau!
Darum hier noch einige interessante links, die Fakten statt
dem sonst üblichen, leeren gesülze präsentieren!

Beim ganzen Drama um Griechenland haben die meisten einen doch
wichtigen Faktor nicht beachtet:

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten ... ng-der-eu/

Die DWN scheint nach m. e. seit ihrer Übernahme durch die Bonnier
Gruppe nicht mehr die antikapitalistische Bastion zu sein, die sie vorher
darstellten. Ein journalistischer Lichtblick ist manchmal aber doch noch
dabei.

Genauso wie in den Mainshitmedien eine grundlegende Betrachtung des Hintergrundes der griechischen Schulden fehlt:

https://free21.org/de/content/pdf-der-h ... n-schulden

Einen anderern Blickwinkel auf griechische Gegebenheiten ist hier
zu lesen:

http://christoph-hörstel.de/euro-als-abzocker-modell-der-finanzmafia-nie-als-funktionierende-waehrung-geplant/

Unser Alt-Bundesrat Christoph Blocher hat schon 1992 davor gewarnt!

Das geschreibsel der Presstituierten der Mainshitmedien, das nur copy
und paste ist, schenke ich mir schon lange. Da kommt nichts gescheites,
ausser den inhaltlosen Phrasen aus den Pressestuben der Wall Street
Mafia oder den Euroturbos in Brü$$el.

Weitere Erklärungen, warum GR so knietief in der scheisse steckt
lässt sich hier nachlesen:

http://www.alles-schallundrauch.blogspo ... ingen.html

http://www.alles-schallundrauch.blogspo ... t-das.html

Der Faschismus verbreitet sich in Europa, und die Schmierfinken von
Spluegel, Blödzeitung, TA Media oder der NATO-Zeitung
Standard.at giessen noch weiter Öl ins Feuer, statt kritisch hinterfragen-
den journalismus zu betreiben. Für wie blöd halten die uns?!!
2 Dinge scheinen unendlich zu sein, die menschliche Dummheit und das Universum.
Beim letzterem bin ich mir allerdings nicht so sicher.

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friederike
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von friederike »

Tatsächlich sieht die Verteilung der 323 Mrd. Euro Hilfsgelder, die Griechenland seit 2010 erhalten hat, so aus:

40% für die Ablösung der Altgläubiger (vor allem griechische und französische Banken)
30% für die Finanzierung griechischer Konsumausgaben ("Lebensstandard")
30% für die Finanzierung der Kapitalflucht: Abwanderung von griechischem Kapital ins Ausland

http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/p ... -2015.html

Wenn man die Ablösung der privaten und öffentlichen Banken kritisiert muss man bedenken dass ein Kollaps der griechischen Banken dem Land erheblich geschadet hätte. Auch die großen französischen Banken waren übermäßig in Griechenland engagiert - sie hatten leichtsinnig griechische Anleihen gekauft, um von der Risikomarge bei den Zinsen zu profitieren. Der Kollaps dieser Banken hätte die französische Regierung zum Eingreifen gezwungen.

Zweifellos ist das Bild desaströs: praktisch nichts von dem gewaltigen Geldstrom ist in Investitionen geflossen.Auch die Regierung Tsipras hat nichts unternommen, um die Kapitalflucht zu stoppen: weder hat sie Kapitalverkehrskontrollen rechtzeitig eingeführt (erst letzte Woche), noch hat sie irgendetwas getan, um das Land für Investitionen attraktiv zu machen.

Der Vorschlag im oben zitierten Link "Schall und Rauch", die griechische Regierung möge die Schulden für "illegal" erklären und daher einseitig streichen, ist natürlich vollkommen töricht: ein solcher Schritt wäre im Effekt gleichbedeutend mit dem Staatsbankrott, nur wegen des Ansehensverlusts der griechischen Regierung noch schlimmer. Griechenland würde danach ab sofort nirgendwo mehr Kredit erhalten und wäre auch von allen Hilfsgeldern der befreundeten Staaten auf Dauer abgeschnitten.

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Griechenlandkrise

Beitrag von Gandalf »

Ein Staatsbankrott ist nicht schlimm, Deutschland hat auch schon
7 solche hinter sich. Und nach den vorigen Regierungen die alle-
samt nur das taten was ihnen die Troika befahl, kann deren ansehen
nach einem Grexit nur noch steigen. Nur bei der schuldigen
Finanzmafia natürlich nicht....

Freeman (Schall und Rauch) hat recht. Island oder Argentinien
haben dasselbe gemacht: Die kriminellen Bankster die die Krise
erst verursachten, sitzen im Knast und die geschädigten Bank-
kunden können ihre Vermögen weiter behalten.
Und die insolventen Banken wurden liquidiert.
So gehört sich das!

Bei der griechischen Tragödie wird nur gutes Geld schlechtem
Geld hinterher geschmissen! Das ganze ist ein nullsummen-
spiel für die griechischen Bürger.

Diesem kriminellen gebaren der Finanzmafia muss ein
ENDE bereitet werden.
2 Dinge scheinen unendlich zu sein, die menschliche Dummheit und das Universum.
Beim letzterem bin ich mir allerdings nicht so sicher.

Klaus Fricke
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Klaus Fricke »

@kasharius

Tsipras mehr in der Tradition von Brandt als von Dutschke? (so habe ich die Frage verstanden)

Der grundlegende Reformvorschlag der Syriza zur Lösung der Krise ist jedenfalls nicht die Vergesellschaftung der Produktionsmittel sondern eine antizyklischen Investitionspolitik also durchaus "brandtsche" Politik.

Der daneben mit dem Demokratieargument begründete Widerstand der Syriza in Person von Varoufakis und Tsipras gegen die Institutionen und ihr Dogma der Austerität, für den sie, Demokratie wagend, ihre Ochi Bestätigung durch die Wählenden Griechenlands erhielten, stellt aber, neben der Kritik an den demokratisch nicht oder kaum legitimierten Institutionen, die Frage Dutschkes nach den Interessen der vom Bewustsein ihrer selbst ferngehaltenen "Massen", die es aufzuklären gilt, damit diese zum Subjekt und nicht zum Spielball der Geschichte werden.

Das Ochi stammt wesentlich von der verelendenden, gut ausgebildeten Jugend Griechenlands (85 % der jungen Menschen haben mit Ochi gestimmt hingegen nur 45 % der Rentenbeziehenden, lass ich heute, ohne mir zu merken wo), die über globalen Kapitalismus spricht, wenn Sie über die Ursachen des Elendes diskutiert. Eine Jugend übrigens, die in der lebendigen Tradition des Aufstandes gegen die Obristen steht ( https://de.wikipedia.org/wiki/Griechisc ... 4rdiktatur , Punkt 8.7 ).

Brandts "Mehr Demokratie wagen" habe ich damals als Ermutigung zum Auslüften der Talare etc verstanden und nicht als Aufforderung zum Aufstand gegen demokratisch nicht legitimierte aber rechtssetzende (internationale) Institutionen, die auf Kosten einer diffamierten Bevölkerung (faule Griechen) die "alternativlose" Refinanzierung von Banken sozialisieren, um hernach an den Finanzmärkten, ob der Verschuldung, die Staaten aufnahmen, um Banken zu retten, diese dem Unwerturteil der Ratingagenturen unterstellten, dem "alternativlos" die Austeriät folgte. Eine Regel, an die sich alle zu halten hätten! Da hilft auch und erst recht kein Ochi (Die Finanzmärkte als Souverrän)

Dieser "Refinanzierungstrick" (laut z.B. R. Hickel wurden 90 % der sogenannten Hilfsgelder ins Bankensystem umgeleitet, Link siehe unten), der in D wenig im Bewußtsein haftet, ist Teil des Allgemeinwissens der (jungen) Aktiven in GR (soweit ich dies beurteilen kann).

Daher: auch Dutschke und nicht nur Brandt.

Was jetzt geschehen wird, da sich Teile der Bewegung aufgrund des Tsipras Programmes vom 8.7.15 wohl "verraten" fühlen, wie das Programm zu bewerten ist, dass den Institutionen jetzt vorliegt, das wage ich im Augenblick nicht zu beurteilen (Link siehe unten). Insbesondere bin ich skeptisch, ob die Situation in GR befriedet bleibt, wie bisher. Es gab schließlich Millionendemonstrationen, die friedlich verliefen. An einer nahm ich im Winter 2012/13 teil und es wurde aus den Demonstrierendenreihen peinlichst darauf geachtet, dass es keine Provokationen und Gewalt gab. Mir als Unbekantem, der ich mich in die Reihen eines Gewerkschaftsblocks eingeordnet hatte, wurde die besondere "schützende" Aufmerksamkeit einiger GenossInnen zuteil.

Zorn ist eine der möglichen Antworten auf Demütigungen. Wut und Gewalt sind da nicht weit. Mein Gefühl: es brodelt.


Reformvorschläge Tsipras an Eurozone vom 08.07.2015
Der Tagesspiegel
http://www.tagesspiegel.de/politik/grie ... 37942.html

Übersetzung der zweiten Rede von Tsipras vor dem EU Parlament am 8.7.2015
http://www.griechenland-blog.gr/2015/07 ... t/2135479/

Der Raser
Constantin Seibt in Tages Anzeier CH
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/eur ... y/14581624

"Deutschland ist das Problem"
Gero Schließ auf Deutsche Welle vom 08.07.2015
http://www.dw.com/de/deutschland-ist-da ... a-18571750

Nr. 7
Quelle
Gero Schließ auf Deutsche Welle vom 08.07.2015,
"Deutschland ist das Problem", Manuskript S. 4
http://www.dw.com/de/deutschland-ist-da ... a-18571750

«Genau hier setzt die "New York Times" an und behauptet, im Kampf um Schuldenerlass habe Deutschland seine historische Lektion vergessen. Unter einem Bild aus dem Jahre 1953, das eine deutsche Delegation unter Leitung des Bankiers Hermann Josef Abs bei der Unterzeichnung eines Umschuldungsabkommens in London zeigt, findet sich ein süffisanter Kommentar: "Der Hauptkreditgeber, der von den Griechen fordert, dass sie für die Verschwendung der Vergangenheit bezahlen, hat damals selbst von milden Bedingungen profitiert." Mit einem Federstrich, so das Blatt,
seien die deutschen Schulden halbiert worden. Und es vergisst auch nicht zu erwähnen, dass unter den großzügigen Kreditgeber auch jenes Land war, dass heute im Kreuzfeuer deutioniert sonst nichtscher Kritik steht: Griechenland.»


Wie die Zündung einer Atombombe
Martin Hellwig in taz
http://taz.de/Oekonom-ueber-die-EZB-und ... /!5209078/
(Link bitte inklusiv Zahlencode am Ende kopieren und einsetzen, funktioniert sonst nicht)

Vor dem Grexit: Eine gewollte Einigung ist unwahrscheinlich, aber möglich
Rudolf Hickel
http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf ... Grexit.pdf

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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von friederike »

Hier ein Link zum Status des Landes Griechenland:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 94467.html

Auch die New York Times scheint zu vergessen, dass Griechenland gerade erst einen Schuldenschnitt von 100 Mrd. € erhalten hat, außerdem einen indirekten Schuldenschnitt durch Verlängerung der Tilgungsfrist und Senkung der Zinsen. Genutzt hat es fast nichts, weil die Probleme eigentlich woanders liegen, siehe oben.

Eine einseitig erklärte Weigerung, die Schulden zurückzuzahlen, wäre für das Land katastrophal, wie das Beispiel Argentinien zeigt; einmal ganz abgesehen davon, dass die juristische Begründung fehlt. Fachleute empfehlen den Grexit und damit verbunden einen Schuldenschnitt - das dürfte noch die beste Alternative sein.

Die griechische Regierung verweist gerne auf den Marshall-Plan nach dem II. Weltkrieg. Dieser war allerdings von der Größenordnung her dramatisch kleiner als das was Griechenland erhalten hat. Deutschland (auch 16 andere Länder haben Marshall-Plan-Hilfen erhalten) hat über 5 Jahre hinweg 5% des Bruttoinlandprodukts (BIP) eines einzigen Jahres erhalten (damals war das BIP noch ziemlich klein). Griechenland hat seit 2010 ungefähr 170% des BIP bekommen.

Der Vergleich mit dem Londoner Schuldenabkommen von 1953 ist kein sachlicher Beitrag. Die kursierenden Zahlen verschleiern, dass der Basisbetrag der Schulden nicht reduziert worden ist, sondern auf aufgelaufene Zinsen verzichtet wurde. Dazu suche ich noch einen guten Link.

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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Klaus Fricke »

@ Friederike
ein schöner Artikel von Richard Fraunberger, der vieles beleuchtet, was in GR habitualisiert ist und dabei nicht vergisst, wer den Habitus, weil er ins militärisch-strategisch-merkantile Konzept passte, international hoffierte:

«Das Land aufzunehmen war eine politische Entscheidung. Doch für die Denkmuster des neuen Griechenlands interessierte man sich nicht. Jahrzehntelang warf Brüssel der politischen Kaste Milliardenbeträge vor die Füße und half ihr, den Staat zu einem Bollwerk des Klientelsystems auszubauen. Dass das niemand in Europa wusste, glaubt kein Mensch in Griechenland. Und dass Griechenland die Aufnahmekriterien für den Euro nie erfüllte, wussten alle Beteiligten.»

Gerade hat die Bremer Staatskanzlei eine Pressemitteilung veröffentlicht, die einen offenen Brief des Rates der Regionen (AdR) an Herrn Schulz und Herrn Tusk zum Inhalt hat. Die Dokumente in der Anlage als Pdf. Ich hänge der Illusion nach, dass meine Kommentierungen im Weser-Kurier in den letzten Tagen von Frau Hiller wahrgenommen wurden. Wenn nicht, auch egal. Fakt ist, der AdR spricht (sustainable solution), die IWF Haltung aufnehmend, für einen Schuldenschnitt und dem stimme ich als irgendwie Grieche zu.

Tsipras und der Syriza vertraue ich mit Sicherheit nicht blind. Aber das, was in der NZZ zur Amnestie für griechische Steuersünder gegen Zahlung eines angemessenen Strafbetrages stand oder was Tsipras in seiner zweiten Rede vor dem Europarlament vertrat, es ist weit mehr als das, was PASOK und NEA DIMOKRATIA, die mit Miliardenbeträgen finanzierten Stadthalter des "alten", des klientenzentierten GR, je in Gesetzgebungsverfahren gegossen haben.

Es besteht Hoffnung, dass Syriza das sich modernisierende Griechenland repräsentiert. Diese Möglichkeit per se mit Füßen zu treten, wie es in den D Leitmedien, die Sexarbeit teilt das Schiksal, gängig ist, so glaube ich, ist eine verpasste Chance. Denn wie gesagt, die TrägerINNEN des Protestes, es sind gut gebildete (junge) FRAUEN und Männer, die so wie Phillipos, als ich am vergangenen Dienstag Abend im Arioprino auf Englisch, Deutsch und Griechisch mit ihm sprach, in kritischer Distanz sowohl zur EU als auch zu Syriza Vereinfachungen stehend, ihr Einkommen von Siemens - GR beziehen.

Sie hassen die Allgegenwart des Rusfeti und bewundern Deutschland für seine Regeln und sein Know How. Zugleich hassen Sie es, dass Griechenland als Feigenblatt für die Refinanzierung der Banken missbraucht wird. Und: Menschen wie Phillippos sind sich sicher, die Nea Dimokratia und die Pasok, sie sind bis in den hintersten Winkel Ihres Parteiapparates Träger des verrotenden Systems Rusfeti und deswegen sagten Sie, in, wie ich es bewundere, anarcher Tradition und kritisch-reflexiv Ochi.

Kein Wunder es ist Ihre Heimat, die unendgeltlich, und inkonsensuell penentriert wird. Wer von den Aktiven pro Sex Work, könnte solcher Grenzverletzung des Dienstvertrages zustimmen?

Habita zu verändern - es braucht Zeit und Ressourcen. Der Weg der Ursupation, des Eurozonen Protektorates, er ist wohl, da der Nationalismusdiskurs sich verbreitende Zustimmung nicht nur bei griechischen Wählerschaften findet, der des failing state, der strategisch derzeit, Rechtspopulismus und Übleres, wie das, so sage ich, Neofaschistische in Ungarn gebärend, state of the art zu sein scheint.

Die internationale Reaktualisierung (Moral Crusade, R. Weitzer) der Beschämung am Beispiel der SW, für mich ist sie ein Baustein, der sich einfügt. Wie ich schon schrieb, demjenigen, dem durch Beschämung seines Begehrens, es zum Habitus wurde, dem Körper zu misstrauen und ihm dem hassenden Diktat zu unterwerfen, dem fehlt es an Fähigkeit, andere Körper als Individuen wertschätzend zu behandeln, wenn diese der z.B. nationalistischen-neofaschistischen Beschämung und Abwertung, der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, der entgleichenden, dem Rechtskonservativen inhärenten Abwertung unterworfen wurden.

Im Gegensatz dazu ist Links, was auf der prinzipiellen Gleichheit jeglichen menschlichen Lebens besteht und dieser zur Geltung zu verhelfen bemüht ist. Der Habitus, der Entgleichung, der Repression, der Vernichtung, ist in Charakteren, denen die eigene Leiblichkeit beschämende Last ist, endemisch (siehe W. Reich, M. Horkheimer, K. Theweleit u.a.).

Vorkriegszeiten?

Dateianhänge
2015-07-10, Senatspressestelle HB - Aktuelle Stunde im Ausschuss der Regionen zur Griechenland-Krise.pdf
(153.58 KiB) 280-mal heruntergeladen
2015-07-10, Letter European Committee Regions, AdR.pdf
(170.96 KiB) 279-mal heruntergeladen

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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von friederike »

Jedenfalls bekommen wir wirklich großes Kino geboten ...

Die Chance, die Tsipras vielleicht bietet, ist dass überhaupt einmal eine wirkungsvolle staatliche Autorität entsteht, die die Skepsis der Griechen gegen ihren Staat und den Klientelismus überwinden kann.

Leider zeigt auch die jetzige Regierung Symptome des Klientelismus. Außerdem sind dort die Ultrarechten beteiligt!

Der Schutzwall einer eigenen Währung würde dem Land sehr helfen, auf die Beine zu kommen.

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Beitrag von Kasharius »

Wachsender Widerstand in Athen

Stand: 14.07.2015 05:24 Uhr




Nach der Einigung in Brüssel steht der griechische Regierungschef Tsipras nun vor massiven Problemen im eigenen Land. Dutzende Abgeordnete seiner Syriza-Partei und des Koalitionspartners wollen dem Reformkompromiss nicht zustimmen. Die Staatsbediensteten planen einen 24-Stunden-Streik - und dann gibt es da noch die nicht gezahlte IWF-Rate.

Den Griechen steht der nächste schwere Tag bevor. Zum einen ist da die Last, gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) noch tiefer in Zahlungsverzug geraten zu sein, denn die nächste fällige Kreditrate von 456 Millionen Euro wurde bis Montag 24 Uhr nicht beglichen. Der Zahlungsrückstand summiert sich laut IWF nun auf rund 2,0 Milliarden Euro.

Zum anderen muss der in Brüssel erzielte Reformkompromiss jetzt im Eiltempo durch das Parlament in Athen gebracht werden. Doch wie die Abstimmung dort morgen ausgehen wird, ist ungewiss, denn der Rückhalt für Ministerpräsident Alexis Tsipras ist gefährdet. Eine eigene Mehrheit wird immer unwahrscheinlicher, angesichts der Äußerungen mehrerer Syriza-Abgeordneter, die erwägen, die Vereinbarung abzulehnen.

Griechisches Parlament soll Reformen im Eiltempo durchpeitschen
tagesthemen 22:20 Uhr, 13.07.2015, Bernd Niebrügge, ARD Istanbul, zzt. Athen


Auch der rechte Juniorpartner der Regierungskoalition mit 13 Abgeordneten im Parlament sprach sich dagegen aus. "Wir können dem Vorschlag aus Brüssel nicht zustimmen", erklärte der Vorsitzende der rechtspopulistischen Anel-Partei, Panos Kammenos. Die griechische Regierung sei von den Euro-Partnern erpresst worden, erklärte Kammenos, der auch Verteidigungsminister ist: "Es war ein Putsch seitens Deutschlands, Finnlands, der Niederlanden und Staaten des Baltikums."
Tsipras will wohl Kabinett umbilden

Griechische Medien berichteten, dass Tsipras als Reaktion eine Kabinettsumbildung plant. Zu den Ressortchefs, die gehen sollten, zählen demnach Energieminister Panagiotis Lafazanis und der Minister für Soziales, Dimitris Stratoulis. Sie gelten als die Anführer des linken Flügels von Syriza und sollen eine große Gruppe von bis zu 40 Abgeordneten hinter sich haben.

Syriza hat insgesamt 149 Sitze im Parlament in Athen. Der stellvertretende Außenminister, Nikos Chountis, trat bereits aus Protest gegen die Abstimmung über die Sparauflagen zurück.

Rückenwind bekommt Tsipras dagegen von der Opposition. Die Vorsitzenden der Parteien Nea Dimokratia und der liberalen Partei Potami wollen die Regierung von Tsipras dabei unterstützen, die zugesagten Sparvorhaben durch das Parlament zu bringen. Sollten die eigenen Abgeordneten Tsipras die Gefolgschaft verweigern und die Opposition ihn unterstützen, stünde Tsipras de facto einer Minderheitsregierung vor.

Parallel zur Parlamentsentscheidung am Mittwoch wollen die griechischen Staatsbediensteten in einen 24-stündigen Streik treten. Die Gewerkschaft Adedy rief dazu auf - und zum Protest am Montagabend auf dem Syntagma-Platz. Nach Angaben der Polizei versammelten sich dort etwa 700 Demonstranten, die auf Spruchbändern forderten: "Streichung der Austerität, Erlass der Schulden" sowie ein "Nein zur neuen Einigung". Ein paar Demonstranten verbrannten eine Fahne der Regierungspartei Syriza, wie eine AFP-Fotografin berichtete.

Angesichts der Krise bleiben die griechischen Banken mindestens bis einschließlich Mittwoch geschlossen. Die EZB will mit neuen Notkrediten offenbar warten, bis die Abgeordneten die Reformen beschlossen haben. Die geltenden Kapitalverkehrskontrollen waren Anfang voriger Woche in Kraft getreten. Pro Tag können die Griechen auch weiterhin höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.

http://www.tagesschau.de/wirtschaft/gri ... a-109.html



@Friederike
@Klaus

und so die derzeitige traurige Lage. Derweil hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) für disen FReitag 10.00 Uhr eine Sondersitzung des Dt. Bundestages anberaumt. Einen Tag zuvor treffen sich die Bundestagsfraktionen zu Sondersitzungen. Es wird erwartet, das die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion heftige Kritik und auch Gegenstimmen zu erwarten hat, soweit Griechenland nun erneut Hilfen in Aussicht gestellt bekommt. Die Bundeskanzlerin wird viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, hat aber nicht die Absicht am FReitag die Abstimmung über Griechenlandhilfen mit der Vertrauensfrage nach Art. 68 des Grundgesetzes zu stellen. Hier der Wortlaut der Vorschrift

Artikel 68

(1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.

(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung müssen achtundvierzig Stunden liegen.


Es bleibt aber spannend und vielleicht ereilt Angela Merkel ja das gleiche Schicksal wie weiland der damalige CDU-Vorsitzende und Fraktionschef Dr. Rainer Barzel 1972/73 im Zusammenhang mit den sog. Ostverträgen.....

Kasharius grüßt

Klaus Fricke
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RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Klaus Fricke »

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In den nächsten Tagen, ich bitte um Dispens, werde ich wenig zur aktuellen Diskussion beitragen können. Wir, Lara und ich, sind in den Wlachochoria (Dörfern der Wlachen) Griechenlands zumeist zu Fuß unterwegs. Oft haben wir, trotz GR-Provider, kein ausreichendes Signal, um online zu gehen. Das mag ein Nachteil sein.

Andererseits: wir sind in der Region Griechenlands, die stark rumänisch geprägt und in der der romanische Dialekt des Wlachischen, fern der Schiftsprache, noch geläufig ist. Der 90jährige Herr Takis zitiert uns des Morgens rumänischen Verse, die er, so seine Erinnerung, als siebenjähriger gelernt hat. Sei es drum, wenn er bereits siebzehn war, als er in Grevena, der Distriktshauptstadt, sein Elternhaus wurde gerade von der faschistischen deutschen Wehrmacht in die Luft gejagt, zur Schule ging und dort in Rumänisch unterrichtet wurde. Sei es drum, er ist noch Zeitzeuge der Ereignisse, als die deutsche Doktrin galt «100 Zivile für jeden durch Widerstandskämpfende getöteten Wehrmachtsangehörigen».

Nur, was sage ich Herrn Takis, wo gerade sein Haus Griechenland, sein Haus der Verse und seine Einladung an uns Teutonen zum Kirchweihfest (Panigiri) bei Aghios Sotiras, germanisch geschleift wird, ihm der uns den elliniko metrio und sketo (griechischen Mokka ohne und mit wenig Zucker) bezahlt, auf der Platia im Kafenion in Avdella, seiner Heimat, die er verlassen musste, weil die Faschisten sein Dorf niederbrannten und sprengten? Was sage ich ihm nur?

Den Nachteil der Onlinepräsenz, ihr mögt es verstehen, tauschen wir gerne gegen das Erleben der Welt als eines Dorfes mittels der Erinnerung eines Greises über drei Generationen, die mich als Deutschen beschämt nicht nur als Gast sondern als Ehemann einer Rumänischsprachigen beschämt. Keine Ahnung, wie das kompensiert werden kann. Wir bleiben -vielleicht hilft das- hier noch ca zwei Wochen häufig das Privileg der Authentizität fern der Digitalität feiernd.

Die Menschen, denen wir begegnen, sie sind wlachische Griechen, oder sie gehören zu den Zurückgebliebenen der vielen albanischen Flüchtigen aus den 90ern, die hier eine neue Heimat fanden, die hier die Schafe derer hüten, die in den 40ern von deutschen Vertriebenen wurden, den Griechen romanischen Dialektes. Über in Deutschland abgefackelte Unterkünfte für Flüchtige aus Syrien, darüber zu sprechen, wie soll das hier möglich sein, angesichts der Kindersärge der Austeritätspolitik?

Die Menschen, die hier leben, denen wir willkommen sind, sie haben z.B. als Griechen in Bukuresti studiert und verweilen zusammen mit "Mallia" dem blonden Wirt, der den Namen "Haar" (Mallia) ob dessen Farbe für sich gewählt hat, auch im Winter mit drei weiteren im eingeschneiten Dorf unterhalb des Vassilitsas Gipfel.

Die Menschen, denen wir begegnen, sie sind neugierig, wer wir sind und was uns veranlasst, in ihr Dorf zu kommen. Ihr Dorf am Ende der griechischen Welt in 1.300 Meter Höhe, wenigstens dreieinhalb Autostunden entfernt von den Stränden der Agäis und des Ionischen Meeres. Ein Dorf in dem der Winter am 20. Juli endet, sofern die Exilanten in diesem Jahr ausreichend Euro in ihren Taschen behielten, um sich den Weg von z.B. Athen (ca 450 km) in ihre Heimat leisten zu können und in dem der Winter am 22. August beginnt, sobald die Heimkehrer, diese "faulen Griechen" das Dorf wieder verlassen, aus dem ihre Eltern stammten, um irgendwie, bei einem Mindestlohn von etwas über 3 € die Stunde, die Tage bis zum nächsten 10 Juli zu überstehen. Das Warten auf den Sommer, das Warten auf die Rückkehr der Exilanten, der Migrierenden aus wirtschaftlicher Not, der Asylanten in Folge der faschistischen Ursupation von deutschen Gnaden, es könnte in diesem Jahr vergebens sein. Ein kaltes déjà-vu brennender Elternhäuser.

****

ODER Vielleicht doch zu Grillen metamorphierend, wir deutschen Ameisen (Danke an Norbert für den Text, der sich auch in der Anlage befindet). Jetzt den Areto aus Tyrnavo und Morgen, auch voller Lust, die Berge.

Herzliche Grüße
Klaus
Dateianhänge
2015-07-15, Von Grillen und Ameisen – Sozialpsychologische Aspekte des Griechenland-Bashings und der Sparpolitik .doc
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Re: RE: Internationales: Griechenland(krise)

Beitrag von Arum »

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friederike hat geschrieben:
Man erkennt, wie komplex die Situation ist, und wieviele Parameter eine Rolle spielen.
So wie noch dieser, der Reichtum der griechisch-orthodoxen Kirche:

»Manche schätzen das Gesamtvermögen sogar auf mehrere Billionen Euro. Ich denke, dass sich die Summe auf 100 bis 200 Milliarden Euro beläuft.«

Wir fragen nach bei der Finanzverwaltung der griechisch-orthodoxen Kirche. Über den Vermögenswert erhalten wir keinerlei Auskunft, nur über die Steuerlast: Im letzten Jahr betrug sie nach eigenen Angaben gerade einmal 2,5 Millionen Euro.

Bischof AntoniosBischof Antonios
Bischof Antonios, EKYO-Manager:

»Wir zahlen unsere Steuern nicht nach dem Zufallsprinzip. Dass die Kirche keine Steuern zahlt, ist eine Lüge. Es gibt Steuergesetze und die halten wir ein.«
2,5 Millionen Euro Steuern für ein ganzes Jahr. Wie kann das sein? Die Kirche ist nach dem Staat der zweitgrößte Landbesitzer. Allein entlang der Küste östlich von Athen, einem der teuersten Vororte der Hauptstadt, darf die Kirche Grundstücke zu ihrem Portfolio zählen, die nach ihren eigenen Angaben 1,5 Milliarden Euro wert sind. Das Gesetz sieht vor: Die sonst übliche Grundsteuer entfällt, weil ein Gebäude für soziale Zwecke darauf erbaut ist.

Dasselbe gilt für die meisten Schulen und Krankenhäuser des Landes, die auf Kirchengrund stehen. Hinzu kommen über ganz Griechenland verteilt tausende Klöster; wie viele genau, ist nicht erfasst. Fest steht: Sie sind von der für jeden anderen griechischen Bürger fälligen Immobilien- und Grundsteuer vollständig befreit.


usw...

http://www.daserste.de/information/poli ... d-100.html

Ergänzt sollte noch werden, dass jeder, der für die Kirche irgendwie Arbeit leistet, vom Staat bezahlt wird. Solche gelten also als Beamte. Somit subventioniert Europa die griechisch-orthodoxe Kirche.

Und auch wenn der in Text erwähnte Syriza-Minister da wirklich irgendwelche Masnahmen durchführen möchte, hat er mit dem rechtspopulistischen (und von Syriza frei auserkorenen) Koalitionspartner zu rechnen, der der Kirche sehr nahe steht.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz