Was denkt ein Bundesrichter über Sexarbeit
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Was denkt ein Bundesrichter über Sexarbeit
....er denkt durchaus Interssantes und Akzeptables .. und sogar eine gewisse positive Ironie kommt nicht zu kurz.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... ettansicht
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- Goldstück
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RE: Was denkt ein Bundesrichter über Sexarbeit
Endlich!!! einmal eine vernünftige Darstellung und Bewertung der Rechtslage.
Prof. Dr. Thomas Fischer ist ein brillanter Jurist, der Verfasser des besten Strafrechtskommentars, den ich kenne, und ein geistreicher Schreiber - wie er hier unter Beweis gestellt hat.
Er ist außerdem ein unabhängiger Kopf, freiheitlich denkend, nicht an Mainstreamkonventionen gebunden. Deshalb gilt er auch als Querkopf. Seine Beförderung zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof hat er sich gerichtlich erstreiten müssen: die Konformisten im Gericht haben ihn gefürchtet.
Ich denke, ich schreibe der Zeit einen Leserinnenbrief.
Prof. Dr. Thomas Fischer ist ein brillanter Jurist, der Verfasser des besten Strafrechtskommentars, den ich kenne, und ein geistreicher Schreiber - wie er hier unter Beweis gestellt hat.
Er ist außerdem ein unabhängiger Kopf, freiheitlich denkend, nicht an Mainstreamkonventionen gebunden. Deshalb gilt er auch als Querkopf. Seine Beförderung zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof hat er sich gerichtlich erstreiten müssen: die Konformisten im Gericht haben ihn gefürchtet.
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RE: Was denkt ein Bundesrichter über Sexarbeit
Aber die Karawane ist längst weitergezogen...
Gerade weil der Kommentar von Thomas Fischer in unseren Kreisen so gut ankommt und uns beim Lesen Vergnügen bereitet, sind kritische Anmerkungen zum Text und zu unserer Lesart angebracht.
Fischer schreibt aus dem aktuellen Anlass der Auseinandersetzung mit Amnesty International heraus. Er rollt dabei das Feld der politisch-moralischen Debatte der letzten Jahre noch einmal auf. Aber - und dies ist mein Punkt - er bleibt damit zu sehr auf dem Stand der Zeit vor drei bis fünf Jahren, als die abolitionistische Bewegung Fahrt aufnahm und inhaltlich über Sinn oder Scheitern des ProstG von 2002 diskutiert wurde. Nichts gegen die ausführlichen und klärenden Rechtslage-Berichte zum ProstG, aber die Karawane ist doch längst weitergezogen.
Fischers Fazit ist wunderbar klar und stringent:
"Die geplanten Gesetzesverschärfungen sind vor allem eines: Placebos in einer unausgereiften politischen Diskussion, die sich nicht entscheiden kann zwischen moralischer Entrüstung und vernünftigem Rechtsgüterschutz. Maßnahmen wie eine Strafbarkeit von Freiern sind unmittelbar kontraproduktiv. Die Kampagne zur umfassenden Kriminalisierung und Ausgrenzung von (freiwilliger) Prostitution ist ein polizeistaatliches Konzept, das nicht die Prostitution abschafft, sondern Prostituierte unsichtbar und rechtlos macht. Der Ansatz von Amnesty International ist rational und an den Menschenrechten der Betroffenen orientiert. Er sollte umgesetzt werden."
Ja, bei der gesellschaftlichen Debatte darüber, was wir wollen, "da scheiden sich die Geister, und die Argumente purzeln durcheinander wie Bauklötzchen." Aber das aktuell Bedrohliche sind hierzulande nicht die Kampagne zur Kriminalisierung und die Placebos mit den kontraproduktiven, unausgegorenen Maßnahmen zur Freierbestrafung aus dem Justizministerium. Wir haben es mit einem ausgearbeiteten Entwurf (von 103 Seiten) zu tun, der sich "Prostituiertenschutzgesetz" nennt. Fischer kommt in seinem langen Text gerade mal mit zwei Sätzen darauf zu sprechen.
"Der Ansatz von Amnesty International (...) sollte umgesetzt werden." Klare Zustimmung! Aber AI antwortet nicht dezidiert auf die bundesrepublikanisch-juristische Situation. Unsere Regierungskoalition lehnt sich entspannt zurück und sagt: Wir wollen nichts anderes; auch wir wollen mit dem neuen Gesetz nur die SexarbeiterInnen schützen.
Fischer will gewissermaßen das Rad zurückdrehen: "Erforderlich wäre also zunächst eine Diskussion der Ehrlichkeit und eine Besinnung auf Grundsätzliches." Aber ist diese Forderung nicht eine anachronistische Hilflosigkeit? Der Gesetzgeber bewegt sich mit seinen "Schutzbestimmungen" längst auf der administrativen Ebene und hält die grundsätzlichen Besinnungen für abgearbeitet. Die SexworkerInnen haben massivste und begründete Befürchtungen. Fischer beschreibt sie nicht.
Es geht längst nicht mehr nur um die Gutmenschenmoral, die den SW sagt, "dass sie ihre Würde nicht verkaufen, sondern lieber arm bleiben sollen." Es geht (hier bei uns) nicht um den Kampf gegen eine Strafbarkeit von Sexarbeit. Es geht um die reale Wirkung eines Gesetzes, das im Kleide eines Schutzgesetzes daherkommt.
Dreh- und Angelpunkt des komplexen Gesetzes ist m. E. die Anmeldepflicht, weil sie die autonomen Biografien der Betroffenen berührt und die BürgerInnen auf eine perfide pragmatische Weise in ihren selbstbestimmten Entscheidungen behindert. Wenigstens dieser Zusammenhang sollte in einem umfassenden Kommentar zur Prostitution zur Sprache kommen. Die intellektuell vergnügliche Besinnung von Fischer hat blinde Flecken.
Gerade weil der Kommentar von Thomas Fischer in unseren Kreisen so gut ankommt und uns beim Lesen Vergnügen bereitet, sind kritische Anmerkungen zum Text und zu unserer Lesart angebracht.
Fischer schreibt aus dem aktuellen Anlass der Auseinandersetzung mit Amnesty International heraus. Er rollt dabei das Feld der politisch-moralischen Debatte der letzten Jahre noch einmal auf. Aber - und dies ist mein Punkt - er bleibt damit zu sehr auf dem Stand der Zeit vor drei bis fünf Jahren, als die abolitionistische Bewegung Fahrt aufnahm und inhaltlich über Sinn oder Scheitern des ProstG von 2002 diskutiert wurde. Nichts gegen die ausführlichen und klärenden Rechtslage-Berichte zum ProstG, aber die Karawane ist doch längst weitergezogen.
Fischers Fazit ist wunderbar klar und stringent:
"Die geplanten Gesetzesverschärfungen sind vor allem eines: Placebos in einer unausgereiften politischen Diskussion, die sich nicht entscheiden kann zwischen moralischer Entrüstung und vernünftigem Rechtsgüterschutz. Maßnahmen wie eine Strafbarkeit von Freiern sind unmittelbar kontraproduktiv. Die Kampagne zur umfassenden Kriminalisierung und Ausgrenzung von (freiwilliger) Prostitution ist ein polizeistaatliches Konzept, das nicht die Prostitution abschafft, sondern Prostituierte unsichtbar und rechtlos macht. Der Ansatz von Amnesty International ist rational und an den Menschenrechten der Betroffenen orientiert. Er sollte umgesetzt werden."
Ja, bei der gesellschaftlichen Debatte darüber, was wir wollen, "da scheiden sich die Geister, und die Argumente purzeln durcheinander wie Bauklötzchen." Aber das aktuell Bedrohliche sind hierzulande nicht die Kampagne zur Kriminalisierung und die Placebos mit den kontraproduktiven, unausgegorenen Maßnahmen zur Freierbestrafung aus dem Justizministerium. Wir haben es mit einem ausgearbeiteten Entwurf (von 103 Seiten) zu tun, der sich "Prostituiertenschutzgesetz" nennt. Fischer kommt in seinem langen Text gerade mal mit zwei Sätzen darauf zu sprechen.
"Der Ansatz von Amnesty International (...) sollte umgesetzt werden." Klare Zustimmung! Aber AI antwortet nicht dezidiert auf die bundesrepublikanisch-juristische Situation. Unsere Regierungskoalition lehnt sich entspannt zurück und sagt: Wir wollen nichts anderes; auch wir wollen mit dem neuen Gesetz nur die SexarbeiterInnen schützen.
Fischer will gewissermaßen das Rad zurückdrehen: "Erforderlich wäre also zunächst eine Diskussion der Ehrlichkeit und eine Besinnung auf Grundsätzliches." Aber ist diese Forderung nicht eine anachronistische Hilflosigkeit? Der Gesetzgeber bewegt sich mit seinen "Schutzbestimmungen" längst auf der administrativen Ebene und hält die grundsätzlichen Besinnungen für abgearbeitet. Die SexworkerInnen haben massivste und begründete Befürchtungen. Fischer beschreibt sie nicht.
Es geht längst nicht mehr nur um die Gutmenschenmoral, die den SW sagt, "dass sie ihre Würde nicht verkaufen, sondern lieber arm bleiben sollen." Es geht (hier bei uns) nicht um den Kampf gegen eine Strafbarkeit von Sexarbeit. Es geht um die reale Wirkung eines Gesetzes, das im Kleide eines Schutzgesetzes daherkommt.
Dreh- und Angelpunkt des komplexen Gesetzes ist m. E. die Anmeldepflicht, weil sie die autonomen Biografien der Betroffenen berührt und die BürgerInnen auf eine perfide pragmatische Weise in ihren selbstbestimmten Entscheidungen behindert. Wenigstens dieser Zusammenhang sollte in einem umfassenden Kommentar zur Prostitution zur Sprache kommen. Die intellektuell vergnügliche Besinnung von Fischer hat blinde Flecken.
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- Goldstück
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RE: Was denkt ein Bundesrichter über Sexarbeit
@lust4fun,
das sehe ich nicht ganz so. Thomas Fischer ist kein Lobbyist und ist gut beraten, nicht als solcher zu posieren. Die Großkoalitionäre haben ihre Beschlüsse gefasst, das ist gewiss richtig - es wäre schön gewesen, wenn Prof. Fischer und noch andere sich zu einem früheren Zeitpunkt geäußert hätten. Aber in den weiteren Beratungen im Bundestag kann sich durchaus noch etwas ändern (Struck'sche Regel: "noch kein Gesetz hat den Bundestag so verlassen wie es hineingegangen ist").
Dafür ist eine grundsätzliche Betrachtung ungemein hilfreich, weil sie den Boden bereiten kann für die Anpassungen im Detail. Solange die Großkoalitionäre beanspruchen können, Sinnvolles und Notwendiges bewirken zu wollen, fällt es schwer, die Anmelderegelungen und anderes im Bundestagsausschuss anzugreifen.
das sehe ich nicht ganz so. Thomas Fischer ist kein Lobbyist und ist gut beraten, nicht als solcher zu posieren. Die Großkoalitionäre haben ihre Beschlüsse gefasst, das ist gewiss richtig - es wäre schön gewesen, wenn Prof. Fischer und noch andere sich zu einem früheren Zeitpunkt geäußert hätten. Aber in den weiteren Beratungen im Bundestag kann sich durchaus noch etwas ändern (Struck'sche Regel: "noch kein Gesetz hat den Bundestag so verlassen wie es hineingegangen ist").
Dafür ist eine grundsätzliche Betrachtung ungemein hilfreich, weil sie den Boden bereiten kann für die Anpassungen im Detail. Solange die Großkoalitionäre beanspruchen können, Sinnvolles und Notwendiges bewirken zu wollen, fällt es schwer, die Anmelderegelungen und anderes im Bundestagsausschuss anzugreifen.
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...und wo wir gerade bei strategischen Überlegungen in Anbetracht der nahenden parlamentarischen Beratungen des ProstSchutzG sind folgende Gedankenspiele (den ich will den Überlegungen der SW und der von diesen legitimierten Verbänden nicht vorgreifen):
Sollte man sich nicht im Rahmen einer Pressekonferenz, z.B. gemeinsam mit AI Deutschland kurz nach der parlamentarischen Sommerpause positionieren und insbesondere auch anprangern, was im Gesetzentwurf zu Lasten der SW nicht geregelt ist (Bauplanungsrecht, Steuerrecht, Sperrgebiete),
und sollte man nicht weiterhin Ausschau nach namhaften juristischen Sachverständigen (außer Margarethe von Gahlen) etwa aus dem Hochschulbereich halten die im Sinne der SW in den Anhörungen als Sachverständige fungieren können? Ich fürchte nämlich allein die Expertise der SW und ihrer Organisationen wird den Abgeordneten nicht reichen - leider. Und die Befürworter werden ja ihre Experten auch ins Rennen schicken.
Nur so dahingedacht...
Kasharius grüßt
Sollte man sich nicht im Rahmen einer Pressekonferenz, z.B. gemeinsam mit AI Deutschland kurz nach der parlamentarischen Sommerpause positionieren und insbesondere auch anprangern, was im Gesetzentwurf zu Lasten der SW nicht geregelt ist (Bauplanungsrecht, Steuerrecht, Sperrgebiete),
und sollte man nicht weiterhin Ausschau nach namhaften juristischen Sachverständigen (außer Margarethe von Gahlen) etwa aus dem Hochschulbereich halten die im Sinne der SW in den Anhörungen als Sachverständige fungieren können? Ich fürchte nämlich allein die Expertise der SW und ihrer Organisationen wird den Abgeordneten nicht reichen - leider. Und die Befürworter werden ja ihre Experten auch ins Rennen schicken.
Nur so dahingedacht...
Kasharius grüßt
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RE: Was denkt ein Bundesrichter über Sexarbeit
Sehr gute Idee, wenn AI mitmachen sollte.
Als Thema würde ich auch die verfassungsrechtliche Prüfung vorsehen, weil dies eine Hürde ist, die die Damen und Herren Großkoalitionäre ernst nehmen müssen.
Herr MacLean könnte wieder etwas sagen, Dona Carmen hatte einige ExpertInnen ...
Ansätze könnten auch das OVG Münster zu den Dortmunder Sperrgebieten bieten, um den Handlungsbedarf für eine Klärung zu verdeutlichen.
Als Thema würde ich auch die verfassungsrechtliche Prüfung vorsehen, weil dies eine Hürde ist, die die Damen und Herren Großkoalitionäre ernst nehmen müssen.
Herr MacLean könnte wieder etwas sagen, Dona Carmen hatte einige ExpertInnen ...
Ansätze könnten auch das OVG Münster zu den Dortmunder Sperrgebieten bieten, um den Handlungsbedarf für eine Klärung zu verdeutlichen.
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@Friederike
selber gute Idee. Würde Dir auch jemand progressives aus dem Hochschulbereich einfallen? z.B. Prof. Battis (HU) oder Prof. Pestalozza (FU) oder die ehem. Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und Berliner Justizsenatorin Prof. Limbach...? Große Namen, aber für SW ist das Beste gerade gut genug. Und jetzt muss ich schaun, daß ich auf meiner Schleimspur nicht ausrutsche...
Kasharius grüßt
selber gute Idee. Würde Dir auch jemand progressives aus dem Hochschulbereich einfallen? z.B. Prof. Battis (HU) oder Prof. Pestalozza (FU) oder die ehem. Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und Berliner Justizsenatorin Prof. Limbach...? Große Namen, aber für SW ist das Beste gerade gut genug. Und jetzt muss ich schaun, daß ich auf meiner Schleimspur nicht ausrutsche...

Kasharius grüßt
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RE: Was denkt ein Bundesrichter über Sexarbeit
@friederike
Ich bin nicht sicher, ob ich deinen Widerspruch richtig verstehe. Vermutlich denkst du an zwei Punkte:
- An die "Karawane" bzw. als schärferes Bild, ob der Zug schon abgefahren ist. Aber mir ging es mit diesem Aufreißer nicht um eine Prognose für das Gesetz, sondern um den argumentativen Zusammenhang.
- An die Zurückhaltung von Fischer, dass er zum aktuellen Gesetz kaum etwas sagt. Fischer wird sich das wohl überlegt haben. Es wäre ungerecht von mir, ihm Blindheit vorzuwerfen. Aber ich finde, dass seine Argumentation da einen blinden Fleck hat. Gerade weil Fischer sonst keinerlei diplomatische Angst vor strategischen Fettnäpfchen hat und keine Aussage scheut.
Ich hatte gehofft, dass der Fokus meines Einwurfs weniger missverständlich ist: Die Gefahr zu beschreiben, die von einer Regelung ausgeht, die nicht unbedingt grundsätzlich prostitutionsablehnend motiviert ist, sondern im Gegenteil durch die Haltung, "Sinnvolles und Notwendiges bewirkungen zu wollen". Es ist für Fischer leicht zu erklären, dass die Kriminalisierung sozial unsinnig und praktisch kontraproduktiv ist. Er macht das klasse, aber viele andere haben das auch schon gut erläutert. Doch wer erklärt die viel schwierigeren Zusammenhänge von wohlmeinenden Regelungen wie der Anmeldepflicht, die fast überall als "alternativlos" betrachtet wird?
Hast du bemerkt, dass Zeit-Online von den mittlerweile 230 Kommentaren lediglich ausgerechnet unsere beiden "redaktionell empfiehlt"? Sie werden immerhin zur Kenntnis genommen... :-)
Ich bin nicht sicher, ob ich deinen Widerspruch richtig verstehe. Vermutlich denkst du an zwei Punkte:
- An die "Karawane" bzw. als schärferes Bild, ob der Zug schon abgefahren ist. Aber mir ging es mit diesem Aufreißer nicht um eine Prognose für das Gesetz, sondern um den argumentativen Zusammenhang.
- An die Zurückhaltung von Fischer, dass er zum aktuellen Gesetz kaum etwas sagt. Fischer wird sich das wohl überlegt haben. Es wäre ungerecht von mir, ihm Blindheit vorzuwerfen. Aber ich finde, dass seine Argumentation da einen blinden Fleck hat. Gerade weil Fischer sonst keinerlei diplomatische Angst vor strategischen Fettnäpfchen hat und keine Aussage scheut.
Ich hatte gehofft, dass der Fokus meines Einwurfs weniger missverständlich ist: Die Gefahr zu beschreiben, die von einer Regelung ausgeht, die nicht unbedingt grundsätzlich prostitutionsablehnend motiviert ist, sondern im Gegenteil durch die Haltung, "Sinnvolles und Notwendiges bewirkungen zu wollen". Es ist für Fischer leicht zu erklären, dass die Kriminalisierung sozial unsinnig und praktisch kontraproduktiv ist. Er macht das klasse, aber viele andere haben das auch schon gut erläutert. Doch wer erklärt die viel schwierigeren Zusammenhänge von wohlmeinenden Regelungen wie der Anmeldepflicht, die fast überall als "alternativlos" betrachtet wird?
Hast du bemerkt, dass Zeit-Online von den mittlerweile 230 Kommentaren lediglich ausgerechnet unsere beiden "redaktionell empfiehlt"? Sie werden immerhin zur Kenntnis genommen... :-)
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Re: RE: Was denkt ein Bundesrichter über Sexarbeit

lust4fun hat geschrieben:Doch wer erklärt die viel schwierigeren Zusammenhänge von wohlmeinenden Regelungen wie der Anmeldepflicht, die fast überall als "alternativlos" betrachtet wird?
Ich bin auch nicht ganz sicher, ob ich Dich richtig verstanden habe.
Was ich sagen wollte: gerade "die viel schwierigeren Zusammenhänge" wie die Anmeldepflicht greift man doch besser damit an, dass man den Gesamtkontext des Gesetzesvorhabens in Frage stellt. Dies eben genau deswegen, weil dem Laien so etwas wie eine Anmeldepflicht doch ganz einleuchtend erscheint.
Thomas Fischer bleibt ja auch nicht auf der allgemeinen Ebene stehen. Seine scheinbar einfachen Anmerkungen zum juristischen Kontext haben es in sich: schlicht formuliert, aber wuchtig. Echt gut.
Nein, hatte ich nicht! Danke für den Hinweis, ich schau gleich mal nach.lust4fun hat geschrieben:Hast du bemerkt, dass Zeit-Online von den mittlerweile 230 Kommentaren lediglich ausgerechnet unsere beiden "redaktionell empfiehlt"? Sie werden immerhin zur Kenntnis genommen... :-)
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- PlatinStern
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Sehen wir Fischers "Erklärung für Dummies" konkret als Erläuterung der AI - Resolution und nicht spezifisch auf die Gesetzesvorlage des 'Kinder-Küche-Kirche'-Ministeriums so zeigt sich klar das Basis-Statement 'Entkriminalisierung' als Forderung an den, auch deutschen(!!!) Gesetzgeber.
Jetzt ist es die Aufgabe die Macher dieses PSchG auf postulierte Kriminalisierungsaussagen festzunageln und anzuklagen!
Jetzt ist es die Aufgabe die Macher dieses PSchG auf postulierte Kriminalisierungsaussagen festzunageln und anzuklagen!