Warum nur Laufhaus?

[Ratlos]

Guten Abend!

Ich brauche Hilfe, das Handeln einer Kommilitonin zu verstehen, damit ich es besser "akzeptieren" kann (nicht moralisch gemeint).
Meine Freundinhat das Studium geschmissen, es ist nichts für sie. O.K.
Weil sie nicht weiß, was tun, will sie erstmal Geld verdienen. Auch O.K. Sie arbeitet jetzt als Prostituierte. Und will es, weil es gut läuft, gleich ein paar Jahre machen. Na ja.
Aber sie arbeitet in einem Laufhaus. Und das verstehe ich gar nicht und sie will es mir nicht wirklich erklären.

D.h.: Sie sagt, sie will nur safer sex praktizieren. Kann sie das nicht auch in einem gepflegteren "Privathaus"? Muss es Sex am Fließband sein?
Und sie würde im LH mehr verdienen, auch mehr als etwa im Escort. Kann das stimmen, wenn Sex da nur 50 € kosten? Und sie 150€ am Tag für den Vermieter erwirtschaften muss??

Wie gesagt: ich will ihr Tun nur besser verstehen können. Und richtig reden will sie nicht über ihren "Job". Aber ich "muss" mehr verstehen, um damit besser umgehen zu können. Das ist mir wichtig, damit der Kontakt zu ihr nicht belastet ist.

Danke!
Karla

[friederike]

Liebe Karla,

es stimmt nicht, dass "Escort" oder "Privathaus" immer "gepflegter" oder edler sind als Laufhaus. Es gibt sehr gut gemachte Laufhäuser mit angenehmer Atmosphäre, sehr guter Ausstattung und hoher Sauberkeit.

Ein gutbesuchtes Laufhaus mit großem Kundenstamm oder guter Frequenz hat den großen Vorteil eines vergleichsweise regelmäßigen Einkommens. Das ist viel wert, wenn man wie Deine Freundin mittelfristig davon leben will. Eine Escort (die wirklich nur das macht) verkehrt vielleicht in Nobelhotels und hat hohe Preise - sie hat dafür aber auch lange Wartezeiten ohne jeden Umsatz. Privathäuser haben auch oft hohe Wartezeiten, mittelmäßige Preise und außerdem sind da auch spürbare Kostenbeiträge fällig. Dass Deine Freundin also im Laufhaus mehr verdient als in der Wohnung

Die Sexarbeit am "Fließband" muss auch nichts Schlimmes sein. Wartezeiten finde ich viel unerfreulicher.

Fazit: es ist gut möglich, dass Deine Besorgnis gar nicht berechtigt ist und Deine Freundin eine wohlüberlegte Wahl getroffen hat.

DG,
Friederike

[Lucille]

Und machen wir einmal eine kleine Kostenrechnung auf ...
Im Escortbereich schaltest und pflegst du deine Werbung auf eigene Rechnung, zur erfolgreichen Akquise mußt du permanent telefonisch erreichbar sein - Feierabend kannst du dir kaum leisten, selbst wenn du eine Agentur beauftragst( auch Kostenfaktor).
Deinen Cover, also deine Sicherheitsabdeckung, mußt du selbst organisieren.
Für einen einstündigen Termin hast du an tatsächlichem Arbeitsaufwand ca. 3 Stunden, d.h. Von Akquise, Adressenüberprüfung, Fahrtplanung und persönlicher Vorbereitung( 'fein machen'), Fahrtzeit und mögliche Leerfahrten nicht vergessen, bis zur Nachbereitung von Duschen bis Ausrüstung pflegen. Da relativiert sich ein einzelnes Stundenhonorar sehr schnell.
Du musst vermehrt in Kleidung investieren, nur mit sexy Hemdchen kannst du ja nicht vor die Tür.
Möchtest du besuchbar sein, investierst du vorab in Mieten( Gewerbeimmobilien) und Einrichtung, selbst adäquate Hotelzimmer kosten und bieten nichts als Risikofaktoren.
Wie die Kollegin schon schreibt, die Vorteile eines Rundum-Services von konstanter Hauswerbung bis Sicherheit und garantiertem Feierabend sind nicht zu verachten. Zumal der von Dir zitierte Einstandspreis erfahrungsgemäß nur ein Anfangslockangebot darstellt.
Nicht zu vergessen wäre der soziale Aspekt, nicht Jeder liegt das Einzelkämpfertum.
Unsere Branche hat( noch!) den unschlagbaren Vorteil so viele individuelle Arbeitsplatzmöglichkeiten anzubieten wie es individuelle Bedürfnisse und Prioritätensetzungen in der persönlichen Arbeitsgestaltung gibt.

Möge uns diese Freiheit der Vielfalt noch lange erhalten bleiben!

[Nicht mehr ganz so ratlos]

Vielen Dank für die Antworten!!
Das macht die "Fließband"-Vorstellung tatsächlich erträglicher.

Allerdings arbeitet meine Freundin eigentlich ohne Feierabend. Sie geht am Nachmittag hin und bleibt bis halb 4 in der Nacht. Keine Ahnung wie oft sie in der Zeit Männer empfängt und wieviel sie in den 12-13 Stunden verdient. ist eigentlich auch egal. Ich finde, sie verliert irgendwie den Kontakt zum "normalen" Leben draußen. Und das finde ich, weiß nicht, doof.

LG Karla

[friederike]

Das muss auch nicht unbedingt so sein. Es gibt genug Menschen, die (als Selbständige) 12 Stunden am Tag arbeiten, auch mit Nachtschichten.

Die Planbarkeit der Arbeitszeiten ist übrigens auch ein großer Vorteil der Arbeit in Bordell oder Laufhaus.

[Nicht mehr ganz so ratlos]

Ja klar, andere Selbständige arbeiten z.T. auch so. Aber die haben ne Ausbildung und können ihren Job prinzipiell bis zur Rente machen. Ich habe halt Sorge, dass sie den Anschluss verliert, wenn sie ein paar Jahre so weitermacht wie jetzt und dann in einigen Jahren, wenn ich mit meinem Abschluss in der Wirtschaft ordentlich verdienen kann, sehen muss, wie sie weiterkommt.
Ich find´s halt schade, dass wir uns kaum mehr sehen können und sie irgendwie ganz in einer anderen Welt ist. Zu Feten etc. kommt sie auch nicht mehr. Sie arbeitet dann. Und so wie wir über die Uni reden oder so, kann oder sie will sie eben nicht von ihrem Alltag reden. Aber das ist ein anderes Thema.

Ihr habt mir viel geholfen.
Danke!
VG Karla

[Hamster]

Nun ist gut, Du hast von Friederike und Lucille tolle Antworten erhalten.
Mich wurmt es ein bisschen, dass Du ihre freie Entscheidung, als SW zu arbeiten, nicht goennst. Viele Studentinnen arbeiten nebenbei als SW.
Mich wurmt es auch ein bisschen, dass Du Deine Nase etwas zu hoch haelst, dass Du etwas "besser" seist als sie. Auch bei Top-Leuten mit Superausbildung, wie Du meinst, eine solche zu sein, passiert es ganz schnell, dass diese "Top-Leute" auf der Strasse sitzen oder mal eben gaaanz woanders arbeiten muessen. Die Arbeitsmarktfluktation ist heutzutage rasend schnell, oft schneller als man denkt. Garantie bis zur Rente? Denk mal nach.
Als ihre Freundin kannst Du Deine Ressourcen evtl. auch mal etwas zu ihren Gunsten verschieben, was z. B. die Feten anbelangt.
Habe einfach Verstaendnis dafuer, dass Deine Freundin nicht ueber ihren Job reden moechte. Den Grund wird sie schon wissen. Sie wird schon gar nicht ueber ihre Kunden, Anzahl ihrer Kunden, ihre Praktiken und ihren Verdienst reden.
Vielleicht meldest Du Dich hier in diesem Forum mal an. Ist selbstverstaendich schmerzlos und kostenfrei.

[Melanie_NRW]

@Hamster: Ich finde die Bedenken von Karla absolut in Ordnung und statt Vorwürfe verdient sie eigentlich Respekt dafür, das sie überhaupt versucht sich auf das Thema einzulassen und sich hier Informationen zu holen.

@Karla: Generell kann man nur dazu raten den Alltag und das "normale" Leben nicht aus den Augen zu verlieren. Das passiert recht schnell. Es wird aber ganz sicher der Zeitpunkt kommen, wo sie wieder einen Gang runterschrauben wird. Und dann wird sie Freundinnen wie dich brauchen. Es wäre schön wenn du dann offen dafür bist ohne Vorhaltungen zu machen.
Das schnell verdiente Geld ist sehr verlockend, meist hat man mit den Kolleginnen total viel Spaß und überhaupt ist alles viel spannender als das "normale" Leben.
Wenn deine Freundin ganz schlau ist, wird sie, jetzt wo das Geschäft gut läuft, richtig ranklotzen und soviel auf die Seite packen wie möglich um sich ihr Studium oder welchen Traum auch immer ermöglichen zu können.

Und wegen "Anschluss verlieren": Es gibt immer einen Weg wenn man wirklich will. Es ist zb auch für Mütter nach der Familienphase nicht so einfach, aber nicht unmöglich.
Und eine Lücke im Lebenslauf lässt sich immer schließen. Man hat vielleicht Angehörige gepflegt in der Zeit oder so... Kann keiner nachvollziehen.

[Hamster]

@Melanie

Gebongt! Hast recht!

[Jessy01]

Zum Thema Laufhaus kann ich nur sagen es bietet viele Vorteile:

1. Du bleibst viel anonymer, da du dir nicht selbst Kunden zu suchen brauchst und Werbung zu machen und auch keine private Adresse nennen musst, sodass der Ausstieg leichter ist.

2. Du hast den Schutz, dass du immer Hilfe hast, falls was schief geht. In einer Privatwohnung weißt du nicht wer kommt und im Zweifelsfall bist du allein und keiner kommt dahinter.

3. Du wirst nicht durch Fake-Freier verarscht. Es gibt Männer, denen es Spaß macht, Termine zu buchen und nie zu erscheinen, so verliert man Zeit und Geld.

4. Du kannst dich mit anderen austauschen. Es ist nicht leicht sich dazu zu entscheiden als SW zu arbeiten, man macht sich Gedanken, ob man das richtige tut, welche Wertstellung man hat und wie die Zukunft aussieht (z.B. wird man jemals heiraten, was wenn der zukünftige Chef ein Kunde war, usw.) Da ist es gut zu wissen, da sind andere, die in der selben Situation sind.

5. Du sparst Geld, da du ein regelmäßiges Einkommen hast und keine hohe Miete zahlen musst.

Vielleicht erleichtert dir das ja, zu verstehen

[Moonlight]

          

Ja klar, andere Selbständige arbeiten z.T. auch so. Aber die haben ne Ausbildung und können ihren Job prinzipiell bis zur Rente machen. Ich habe halt Sorge, dass sie den Anschluss verliert, wenn sie ein paar Jahre so weitermacht wie jetzt und dann in einigen Jahren, wenn ich mit meinem Abschluss in der Wirtschaft ordentlich verdienen kann, sehen muss, wie sie weiterkommt.
Ich find´s halt schade, dass wir uns kaum mehr sehen können und sie irgendwie ganz in einer anderen Welt ist. Zu Feten etc. kommt sie auch nicht mehr. Sie arbeitet dann. Und so wie wir über die Uni reden oder so, kann oder sie will sie eben nicht von ihrem Alltag reden. Aber das ist ein anderes Thema.

Ihr habt mir viel geholfen.
Danke!
VG Karla

ich habe jahrelang so gearbeitet Karla, nicht in einem Laufhaus, aber in einer anderen Location

Den Anschluß am Leben verpasst man nicht, es kommt nur drauf an, was man selbst draus macht...

[Doris67]

Jessy01: Niedrig sind die Laufhausmieten nicht.

[flatgirl]

          

5. Du sparst Geld, da du ein regelmäßiges Einkommen hast und keine hohe Miete zahlen musst.

Würde ich so nicht unterschreiben. Laufhaus-Tagesmieten sind im Schnitt 3 Mal so teuer wie Wohnungs-Tagesmieten, und die Preise im Laufhaus deutlich niedriger. Ein regelmässiges Einkommen hast Du auch im Laufhaus nicht unbedingt... jedenfalls keins, von dem Du gut leben kannst... mußt ja erst mal ein paar Gäste täglich für die Miete und die Steuer machen, bevor Du verdienst. In einer Wohnung hast Du diese Unkosten meist mit einem einzigen durchschnittlichen Gast drin.

LG Lisa

[Hamster]

Ich muss flatgirl Recht geben, dass die Laufhaeuser, was die Zimmermieten anbetreffen, richtig teuer sind im Vergleich zu Wohnungsmieten, was in meinen Augen einen ungeheuren Stress bedeutet, erstmal 3 oder 4 Gaeste bedienen zu muessen, um dann erst vielleicht mit einem oder zwei Gaesten nur fuer sich arbeiten zu koennen. Hinzu kommt noch die unmittelbare, harte, viele Konkurrenz in unmittelbarer Naehe von ein paar Metern, daher auch recht niedrige Angebotspreise fuer die Kunden. Nicht jeden Tag hat frau Glueck, pro Tag ein Minimum an Tages- bzw. Nachteinnahmen erwirtschaften zu koennen, um die ganzen Unkosten erstmal decken zu koennen. Dann geht wohl das Ersparte fuer die schlechten Tage drauf und frau muss bei Null wieder anfangen. Als Anfaengerin macht man erstmal grosse Kohle, weil Kunden die Anfaengerin "erstmal testen wollen". Dann heisst es, wenn frau im Laufhaus laenger arbeiten moechte, muss sie mit psychologisch und koerperlich harter Arbeit bei DER Konkurrenz eine Stammkundschaft aufbauen. Wie gesagt: Stress pur! Und: frau kann sich zwar mit Kolleginnen super austauschen, ABER der Neid und die Konkurrenz ueberwiegen meist.

Bei "normalen" Wohnungen hat frau zwar auch Unkosten, aber weitaus geringer. Zwar kommen noch Werbungskosten und Steuern wie in Laufhaeusern auch hinzu, die Konkurrenz in anderen Strassen ist auch da. Aber frau ist in diesem Fall entspannter, weil frau tatsaechlich mit weniger Gaesten als in Laufhaeusern die Unkosten raus hat.

In Wohnungen hat frau den Vorteil, bei etwas weniger Stress besser auf Kunden eingehen zu koennen und sich so auf diese Art leichter eine Stammkundschaft aufbauen zu koennen. Und: frau kann etwas hoehere Preise als in Laufhaeusern verlangen, aus gutem Grund: fuer SW und die Kundschaft laeuft das "Techtelmechtel" ruhiger ab.