Eine interessante Entscheidung zum Thema Gefahrenabwehr vs Recht auf Informationelles Selbstbestimmungsrecht bzw. Menschenwürde. Wenn der Kontext hier auch ein anderer ist, lassen sich aber vielleicht doch Argumente für den Diskurs um das ProstSchuG herausfiltern.
wenn es nach dem Gesetzgeber des ProstSchuG geht, könnte man das meinen... Aber im Ernst: Es geht hier weniger um das BKA-Gesetz sondern darum Argumente dieser Entscheidung darauf hin zu prüfen, ob sie in den Diskurs über bzw. gegen das ProstSchuG eingeführt werden köbnnen. Man beachte in diesem Zusammenhang die Erwägungen des Gerichts zu Art. 13 GG...
Im übrigen habe ich es nur gut gemeint und wollte Niemanden hier in die Nähe von Terroristen oder Kriminellen rücken.
Vielleicht hätte ich dazuschreiben sollen, daß sich dieser Eindruck beim Studieren des ProSch(ikane)G einfach unweigerlich spontan aufdrängt ... ;-)
Hat eigentlich schon mal Jemand durchgezählt, wie oft in diesem Gesetzesentwurf vorverurteilende Vokabeln wie 'kriminell, kriminogen, illegal, Milieu, etc ' vorkommen?
die Abgeordneten merken es dann, wenn Ihnen Karlsruhe, oder hoffentlich schon vorher die Verwaltungsgerichte, das Gesetz um die Ohren hauen.
Die Parallelen sehe ich darin, daß anlasslose Kontrollen, umfassende Datensammlung und Datenverwertung sowie Zwangsberatungen verfassungsrechtlich unter einer Reihe von Vorbehalten stehen. Es ist nicht jede SW Schutz- und Hilflos und nicht jeder Bordellbetreiber böse. Wenn der Statt das rauskriegen will (was er grundsätzlich darf) muss er sich schon bemühen, die Sachverhalte zu ermitteln. Er darf nicht, wie im ProstSchuG geplant quasi ein Netz auswerfen und dann mal schaun, was er gefangen hat. Da fischt er dann verfassungsrechtlich im Trüben.
Aber vielleicht vermasselt der Bundesrat dem Bundestag bzw der Bundesregierung ja die Tour. Den wegen Art. 84 Abs. 1 GG dürfte das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, wird die nicht erteilt - unabhängig vom Ergebnis eines Vermittlungsausschusses - dann kommt es nicht zu Stande. Da ist also noch Licht am Ende des Tunnels.
Kasharius grüßt und drückt gerade Hertha die Daumen
An unbestimmten Bevollmächtigungen der Behörden (die hier im BKA-Gesetz beanstandet werden) fehlt es nun in ProstSchG wirklich nicht. Und dabei geht es keineswegs um ähnliche Gefährdungslagen wie in der Terrorismusbekämpfung!
Die Datenschutzregelungen des ProstSchG-Entwurfs sehen umfangreiche Erhebungen und Aufbewahrungspflichten für Behörden und Betreiber vor, die Schutzklauseln beziehen sich aber lediglich auf die Beschränkung der Nutzung zum (weithin unbestimmten) Zweck. Es gibt z. B. keinerlei Kontrollmöglichkeiten, Einsichtsrechte der Betroffenen, Löschungsrechte etwa für die Aufzeichnungen der Betreiber.
In der ausführlichen Begründung sollte nachzulesen sein, wie das BVerfG den Schutz privater Rückzugsräume usw. sieht.
In der Summe: das BVerfG ist dem Kontrollwahn dieser Bundesregierung in den Arm gefallen - das kann für uns und die Allgemeinheit nur gut sein.
Nochmal fuer mich zur Verstaendigung:
Koennte das vielleicht so heissen, dass das teilweise verfassungswidrige BKA-Gesetz schon etwas mit dem ProstG zu tun hat?
Wenn ja, dann muesste das ProstG ueberarbeitet werden, denn die im BKA-Gesetz von 2008 geregelten Ueberwachungs-Befugnisse greifen unverhaeltnismaessig in die Grundrechte der Buerger (auch Prostituierte) ein.
Laut Gesetz darf das BKA u.a. Kameras und Mikrofone in Wohnungen Verdaechtiger (u.a. auch bei Prostituierten, um zu pruefen, ob Kondompflicht eingehalten wird etc.?) installieren, sie im Bad und Schlafzimmer rund um die Uhr ueberwachen.
Diese Eingriffe in das Persoenlichkeitsrecht hat das Gericht zwar nicht prinzipiell abgelehnt, aber sie muessen verhaeltnismaessig sein. Jetzt verlangt das Gericht mehr Transparenz und intensive richterliche Kontrolle.
Das Gesetz muss bis 2018 reformiert sein.
Die Polizei, Dein Freund und Helfer oder Schnueffler in Prostitutionswohnungen und -staetten?
nein die vom BVerfG beanstandeten Regelungen des BKA-Gesetz haben direkt nichts mit dem ProstSchuG zu tun. Die generellen Wertungen des BVerfG zur Abwägung der Betroffenen Grundrechte aber schon.
genauso ist es. Auch wenn die Behörde z. B. einer Prostitutionsstätte die Betriebserlaubnis missbräuchlich entzieht, wird es Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis der Fall gerichtlich geklärt ist.
Der Behördenwillkür wird ein Tor geöffnet wie man es im Putin-Russland und in der Erdogan-Türkei findet. Dieselbe Denkweise.
Bis dann der Gesetzgeber die Beanstandungen behebt, vergehen weitere Jahre.
Ich habe auch bei anderen Gesetzen den Eindruck, dass der Gesetzgeber sich überhaupt nicht dafür interessiert, ob es alles mit dem GG konform ist. So nach dem Motto, dann sind so und so andere an der Regierung.
Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.
sag ich doch: Das geplante Gesetz reguliert nicht, es erdrosselt.
@all
es ist sicher besser den Entwurf vorher zu "bekämpfen" und die verfassungsrechtlichen Argumente in den Diskurs einzubringen. Dabei sollte man sich auch nicht auf Nebenkriegsschauplätze führen lassen, etwa durch den Diskurs nicht fördernde angebliche Ex-SW mit verhuschtem Namen...
es waren ja auch zwei gestandene FDP-Recken, nämlich der ehem. Bundesinnenminister Gerhard Baum und der ehem. Bundestagsvizepräsident Burghard Hirsch, die als Anwälte, zum wiederholten male, vor dem Bundesverfassungsgericht für die Kläger aufgetreten sind. Die sind schon gegen den sog. gr. Lauschangriff und die Vorratsdatenspeicherung erfolgreich in Karlsruhe zu Felde gezogen.
Gerhard Baum gehörte übrigens auch zu jenen Abgeordneten der FDP-Bundestagsfraktion, diesich damals, anders als Hans-Drietrich Genscher und die Fraktionsmehrheit, dem gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt gerichteten Konstruktiven MMisstraurensvotum, welches 1982 Helmut Kohl ins Amt brachte, widersetzte. Aber all diese Klug....sch nur nebenbei.
@ Melanie (Dauer des Verfahrens und Frist zur Nachbesserung eines nicht verfassungskonformen Gesetzes)
Argumente, die mir gegenüber beim Gespräch mit leitenden Behördenmitarbeitern, die den RgEPSchG prinzipiell und den weit überwiegenden Teil seiner einzelnen Punkte befürworten, geäussert wurden sind, dass
- behördliches Handeln nach pflichtgemäßen Ermessen zu erfolgen hat (Verhätnismässigkeitanforderungen bei Erlass von Anordnungen)
- willkürliches und unsachgemässes Verhalten der Behörden daher unwahrscheinlich sei,
- es zwar nicht wenig unbestimmte Rechtsbegriffe im Gesetz gäbe,
- diese aber in guter (pflichtgemäss, sachbezogen etc) Amtspraxis gefüllt werden würden, und
- den von Rechtsakten Betroffenen SW der Rechtsweg offen stehen würde, auch wenn dieser langwierig sein könne,
Auf meine Anmerkungen, dass
- SW, die in der Regel hoch flexibel tätig sind, also eher nicht gewillt, nicht in der Lage sein und nicht über die Ressourcen verfügen werden, den Rechtsweg zu gehen
- im Sinne des Empowerments, also der Selbstermächtigung und Selbstbehauptung der SW doch ein Verbandsklagerecht zumindestens zu allen Rechtsfragen des ProstRechtes eingeräumt werden solle,
erhielt ich Antworten wie
- Wer sind denn diese Verbände?
- Welche Legitimation haben Sie?
Diese Antworten, die nicht darauf schließen lassen, dass ein Verbandsklagerecht befürwortet wird, wurden gegeben, nachdem zuvor das Konzept des Empowermets von Verwaltungsseite als handlungsleitendes Prinzip befürwortet wurde! (*)
Die Gefahr des Übermaßes gesetzlicher Regelungen und des Übermaßes behördlichen Handelns, also eines Übermaßes staatlicher Gewalt gegenüber individuellen Freiheitsansprüchen und Vorstellungen - @ kasharius spricht von strangulieren - durch die staatliche Gewalt, habe ich als Argument nicht zur Sprache gebracht. Ist eigentlich auch nicht meine, sondern zuforderste Aufgabe aller staatlichen Gewalt. Daran, also an der Orientierung auf den Schutz der Freiheitsrechte des Einzelnen vor staatlicher Gewalt, so das BVG in seinem BKA-Urteil, mangelt es der bisherigen BKA Gesetzgebung. Die behördliche Einlassung, die mir vorgetragen wurde, möchte ich als Arroganz der Macht charakterisieren und schließe mich der Orwell Bewertung von W. Kubicki (s.o.) an
(*)
Die von mir genannten behördlichen Argumente habe ich nach besten Wissen und Gewissen verschriftlicht. Es sind aber Zusammenfassung aus der Erinnerung. Subjektive Fehlerhaftigkeit ist nicht ausgeschlossen.