ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
Klaus Fricke
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Klaus Fricke »

Nur so eine Idee:

Bisher firmiert das ProstSchG bei Pro-SW-Aktiven z.B. als (Prostitutierten-) Schikane-Gesetz, Kontroll-Gesetz oder Moralschutz-Gesetz. Ich plädiere für den - diskonstruktiven? - Begriff (Vorsicht Wortschöpfung)

Gefährdungs-Gesetz

Die Idee wurde durch die DSTIG Stellungnahme zum Gesetz anläßlich dessen Verabschiedung im Bundesrat am 23.09.2016 auf den Weg gebracht. Die DSTIG hatte darin angemerkt, dass das Gesetz in der Konsequenz nicht nur SW gesundheiltlich gefährdet: »Die DSTIG weist erneut darauf hin, dass sie durch das neue Gesetz ein Abdrängen der Betroffenen in die Illegalität befürchtet. Das würde insbesondere die STI-Prävention erschweren und die sexuelle Gesundheit der gesamten Bevölkerung gefährden.« (http://dstig.de/images/pdf/stellungnahm ... _final.pdf, Seite 2).

Sie verdichtete sich in der Wortschöpfung nachdem G. Walentowitz mich in einem Gespräch an die Tatsache erinnert hat, dass es den Pro-SW-Aktiven in der Debatte um das Gefährdungs-Gesetz nicht gelungen ist, die Erzählung von "Prävention", "Hilfe" und "Gefahrenabwehr" als Ideologie zu entschleiern und ihr den als "Schutzgesetz" getarnten Giftzahn zu ziehen. Vielleicht ist - in den Bemühungen um die Etablierung einer anderen Geschichte von der SW - der Begriff Gefährdungs-Gesetz hilfreich, wenn es darum geht, diese Tarnung zu ent-täuschen.
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Lucille
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Beitrag von Lucille »

Guter, logischer Gedankengang.

Klaus Fricke
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Klaus Fricke »

»Wenn der Faschismus wiederkehrt,
wird er nicht mehr Faschismus heissen.
Er wird sagen, er sei der Antifaschismus«.
Ignazio Silone (1990 bis 1978)
(siehe genauer: https://de.wikipedia.org/wiki/Ignazio_S ... smus-Zitat)

Querverweis:
Insbesondere der Hinweis von translena auf die Freierbestrafung, die seit dem 15.10.2016 (was ich nicht wusste) in Kraft ist veranlasst mich zu diesem Beitrag
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 785#152785


Erhellende Aussagen
Prekäre Wirtschaftslage / Veranlassen


Sowohl das Anmeldungsgespräch als auch das Betriebskonzept werden ein Nadelöhr im Erlaubnisverfahren sein, dessen Passage vielen SW und Betreibenden nicht gelingen wird. Ministerin Schwesig hat sich am 23.09.2016 vor dem Bundesrat eindeutig zum Zweck des Gesetz geäussert. In ihrem Beitrag zur Aussprache über das Gesetz sagte sie:

»Ja, wir führen auch eine Anmeldepflicht für Prostituierte ein. … , Diese Anmeldepflicht ist notwendig, um gerade den Frauen, die bisher nur vom Zuhälter vertreten worden sind und damit für uns gar nicht sichtbar sind und deshalb auch in den Debatten gar nicht vorkommen können, weder in den Talkshows noch letztendlich in den Verbänden, die sie vertreten, für die ist es wichtig, dass wir sie einmal sehen, sie beraten können und schauen können, ob sie wirklich selbstbestimmt diesen Beruf ausüben will oder ob sie vielleicht im Zweifel in einer Zwangslage ist« (Hvhbg. K.F.)

Eine erhellende Aussage.

Ermächtigung zur Gesinnungsprüfung
Eigentlicher Zweck des Gesetzes gegenüber den SW ist demnach die Ermächtigung - ich nenne das vorläufig so - zu einer Art Gesinnungsprüfung, die in den Anmeldegesprächen von Behördenbediensteten durchzuführen ist. Den Behördenbediensteten obliegt damit die Pflicht auszuschließen, dass Dritte SW veranlasst haben, entgeltliche erotische und sexuelle Dienstleistungen anzubieten. In der Neufassung des Strafrechts für Fälle der Verbringung von Menschen in Ausbeutung, das fälschlich und verzerrend den Begriff Menschenhandel benutzt (es hat zeitgleich mit dem SW-Gefährdungsgesetz auch den Bunderat passiert, ihm wurde im Forum bisher aber wenig Aufmerksamkeit gegeben), werden Kriterien entwickelt, an denen sich, die Einheit der Rechtsordnung realisierend und dem pflichtgemäßen Ermessen genügend, die Behördenbediensteten der Anmeldestellen bei der Durchführung ihrer Gespräche mit den um eine Anmeldebestätigung nachsuchenden SW zu orientieren haben:

»§ 232a
Zwangsprostitution
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren veranlasst
« der SW nachzugehen (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rateshttp://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/090/1809095.pdf, S. 7, Hvhbg. K.F.)

Diese Prüfung kann zu Ungunsten der um eine Anmeldebestätigung nachsuchenden SW ausfallen, sofern eine wirtschaftliche Zwangslage vorliegt. Nach neuer Rechtslage ist darunter folgendes zu verstehen:
»Eine Zwangslage stellt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine ernste persönliche oder wirtschaftliche Bedrängnis des Opfers dar, die jedoch nicht existenzbedrohend zu sein braucht. Eine Notlage wird nicht vorausgesetzt; der Begriff der "Zwangslage" ist weiter als der der Notlage. Mit der Bedrängnis muss eine wesentliche Einschränkung der Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten verbunden sein, der die Gefahr anhaftet, den Widerstand des Opfers gegen Angriffe auf seine z. B. sexuelle Selbstbestimmung herabzusetzen.« (ebenda, S. 24, Hvhbg. K.F.)

konkreter:
»Im Hinblick auf das Tatmittel der "Ausnutzung einer Zwangslage" hat der Bundesgerichtshof zudem in einer jüngeren Entscheidung zu § 232 StGB noch einmal betont, dass die "Zwangslage" in § 232 Absatz 1 Satz 1 StGB bereits erfüllt ist, wenn das Opfer sich in seinem Heimatland in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen befand und die damit verbundene Einschränkung seiner Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten konkret geeignet war, seinen Widerstand gegen Angriffe auf die sexuelle Selbstbestimmung herabzusetzen. (so BGH, Beschluss vom 16. Juli 2014 – 5 StR 154/14 –, juris). Der Bundesgerichtshof hält es nach dieser Entscheidung auch nicht für erforderlich, dass zu den im Heimatland der Opfer herrschenden schlechten sozialen Verhältnissen in Bezug auf das Opfer noch weitere erschwerende Umstände hinzukommen müssen.« (ebenda, S. 25 f, Hvhbg. K.F.)

Die Bediensteten der Anmeldebehörde haben demnach wenigstens zu prüfen, ob
- sich SW in ihrer Heimat in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen befanden
- eine Dritte Person SW, die aus prekären wirtschaftlichen Verhältnissen stammen, veranlassten ihrer Tätigkeit nachzugehen.
um auszuschließen, dass SW in ihrer Selbstbestimmung beeinträchtigt waren.

Inquisition und institutionalisierter Rassismus
Diese Prüfung erfordert detaillierte Auskünfte zu den ökonomischen und sozialen (Familie, Partnerschaft) Lebensumständen seitens der um eine Anmeldebescheinigung nachsuchenden SW. Im Zweifel auch Auskünfte zu intimen Details der Partnerschaften, in denen SW leben. Im Falle von Anhaltspunkten für eine Veranlassung zur SW umfasst die Prüfung auch die Einschaltung weiterer Stellen, inklusive der Behörden zur Strafverfolgung. Diese Prüfung, die einem inquisitorischen Verhör gleichen kann, in dem SW sich bezüglich ihrer persönlichen Präferenzen bis in die Intimbeziehung hinein zu offenbaren haben, mit dem Etikett der Beratung zu versehen, ist eine der Abscheulichkeiten, die es rechtfertigen, das neue Prostitutionsrecht als Gefährdungsgesetz zu charakterisieren. Zudem wird mit Bezug auf die prekären wirtschaftlichen Verhältnisse im Heimatland der SW, die als Versagungsgrund für die Anmeldebestätigung ins Feld geführt werden können, Menschen das Recht auf Freizügigkeit in der EU genommen, sofern sie der SW nachgehen wollen. Ich möchte insofern von institutionalisiertem Rassismus (Benachteiligung aufgrund der Herkunft) und von einem Berufsverbot insbesondere gegenüber migrierenden SW sprechen.

Armut, Widerstand und Emanzipation
Deutlich wird, dass sich mit der neuen Rechtslage, die das SW-Gefährdungsgesetz in Verbindung mit dem neuen Gesetz zur Bekämpfung der Verbringung in die Ausbeutung (sogenannter Menschenhandel) ergeben, die Hürden für Menschen, die nach Deutschland in die SW migieren wollen, erheblich erhöht wurden. Es ist davon auszugehen, dass, sofern die behördliche Prüfung bei der Anmeldung gründlich nach der neuen Rechtslage erfolgt, es etliche Verdachtsfälle der Veranlassung zur SW geben wird und dass etlichen Nachsuchenden die Anmeldebestätigung verweigert wird Darüberhinaus werden nicht wenige an der SW interessierte Menschen den Weg des inquisitorischen Verhörs nicht gehen wollen. Migrierende werden, so kann angenommen werden - nicht nur mittels Berufsverbot - die Hauptlast der neuen Rechtslage zu tragen haben. Denn ihnen wird zudem ein wirksames Instrument des Widerstandes gegen und der Emanzipation von Armut, die immer Entwürdigung, Demütigung und Lebensbedrohung darstellt, genommen. Eine perfide Art der Herrschaftssicherung.

Institutionalisiertes Denunziantentum und totale Überwachung
Dass in einem zweiten Schritt die inquisitorische Befragung auf Veranlassung zur SW und zu den wirtschaftlichen Verhältnissen im Heimatland zudem zur Pflicht Betreibender werden wird, die diese im Betriebskonzept zu verankern haben (welche Maßnahmen werden getroffen, wie werden diese dokumentiert), ist angesichts der möglichen Praxis des Anmeldungsverfahrens und seines institutionalisierten Rassismus, eine Nebenerscheinung. In die mit dem SW-Gefährdungsgesetz für das Feld der erotischen und sexuellen Dienstleistungen etablierte totale Überwachung seitens des Staates, werden, einer Mobilmachung gleich, die zivilen Vertragpartner_innen der SW, unter Drohung der Vernichtung ihrer wirtschaftlichen Existenz, eingeknechtet. Für Betreibende wie Lara und mich politisch beängstigend (totale Überwachung) und eine von gewissenlosen Abgeordneten auf den Weg gebrachte ekelerregende Legitimation des an Blockwarte erinnernden institutionalisierten Denunziantentums. Konsequenz: die repressiven Wende gegen die SW, die die neue Rechtslage darstellt, verbaut insbesondere Menschen aus Armutsregionen den individuellen Weg in ein ökonomisch auskömmlicheres Leben. Ein Gesetz der das Menschenrecht auf Glück verachtenden Barbarei.
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lust4fun
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von lust4fun »

Bitte lest die Kolumne von Thomas Fischer:
"Strafen für die Freier"
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... ettansicht

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charmed
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Beitrag von charmed »

Wenn ich mir manche sogenannte,,Erfahrungs Berichte,, in verschiedenen Foren anschaue schaeme ich mich dafuer ein Mann zu sein. Es ist einfach nur ekelerregend und Frauen verachtend,das sollte in Zukunft verboten sein und ebenfalls bestraft werden.

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friederike
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Beitrag von friederike »

Echt? Strafrecht als Keule zur Durchsetzung von Moral- und Anstandsvorstellungen?

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malin
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Beitrag von malin »

Nein, eher zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte und dem Schutz vor Verleumdung.

Wenn ich mir so ansehe, mit welcher Wortwahl (incl. des streuens böswilliger Gerüchte, das ausgehebelte Recht am eigenen Bild, das herausposaunen von Interna etc.) in mancherlei Foren mittlerweile kommentiert wird, und da zum Teil keinerlei Möglichkeit der berechtigten Einflussnahme seitens der Betroffenen besteht, wird mir ebenfalls ärgerlich zumute.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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friederike
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Beitrag von friederike »

Ich will ja die teilweise wirklich anstößigen "Berichte" nicht in Schutz nehmen. Es geht mir um die mittlerweile unübersehbare Tendenz, durch Gesetz einen vom Mainstream der Lobbygruppen getragenen Verhaltenskodex durchzusetzen, möglichst mit Strafgesetzen.

Gegen üble Nachrede und Verleumdung gibt es schon Strafvorschriften und gegen geschäftsschädigende Behauptungen zivilrechtliche Ansprüche. Es gibt mittlerweile eine ziemlich ausgedehnte Rechtsprechung zu Bewertungsportalen, z. B. für Lehrer, Zahnärzte und Gaststätten. Zugegebenermaßen sind dies im Fall der Freierforen eher theoretische Möglichkeiten, aber daran würde sich auch wenig ändern, wenn man eigene Strafrechtsparagrafen einführen würde. Letztere wiederum würden dem Missbrauch durch diverse Behörden Vorschub leisten, und überhaupt die Tendenz zur behördlichen Regulierung und Überwachung des Rotlichtgewerbes weiter befördern.

Der Ruf nach weiteren Vorschriften wäre in meinen Augen nicht wirklich in unserem Sinne. Da ertrage ich lieber einmal blöde Berichte in irgendwelchen Foren. Die Verärgerung darüber kann ich natürlich vollkommen teilen, es kann schon sehr unschön sein gerade in unserem Feld.

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Hamster
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Beitrag von Hamster »

Vor zweieinhalb Jahren erzaehlte mir ein Finanzbeamter mal, der fuer Steuern aus dem Rotlichtgewerbe zustaendig war und ist, dass er regelmaessig die Freierforen durchforstet, unter anderem auch, um zu wissen, was die Freier bei den SW fuer welche Dienstleistungen bezahlt haben, um zu pruefen, ob SW die Einnahmen wahrheitsmaessig angeben. Der Finanzbeamte zieht durch die Freierforen schon mal Damen raus, die noch keine Steuernummer haben und so weiter ...

Dennoch war ich perplex: Auch ich wurde in 3 Freierforen besprochen und er war so freundlich und hat mir Kopien fuer mich gemacht.
Aergerlich: Die Freier haben in ihren Berichten auch noch Fotos (mit Gesicht, echt, ich weiss, ich bloede Kuh) aus meiner Internetseite und allem Pipapo dazugefuegt. Das Bloede war und ist, dass ich nicht in die Foren reinkomme und ich keine Moeglichkeit sehe, die Fotos entfernen lassen zu koennen.

Folge: Ich liess sofort neue Fotos mit Gesichterunerkenntlichmachung machen, schaffte mir fuer mein Arbeitshaendy eine neue SIM-Karte an, aenderte meinen Arbeitsnamen. Nur ein altes Foto mit Gesicht (weil etwas unscharf) habe ich noch dringelassen.

Und doch: Ich wurde mal wieder besprochen, mit meinem neuen Arbeitsnamen (Name aka Name), neue Nummer, immer noch alte Adresse.

Diese Ueberwachung verfolgt mich entsetzlich mit Bauchschmerzen.

Aber nein, von Freierforen steht im neuen ProstSchG nichts. Klar, die Behoerden wollen den Ueberblick bzw. Ueberwachung behalten ...

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friederike
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Beitrag von friederike »

Ist natürlich blöd - aber würde wohl durch Verbote von herabsetzenden "Erfahrungsberichten" kaum vermieden.

Ich habe keine Fotos im Netz (brauche ich bei meiner Arbeitsweise nicht), aus Vorsichtsgründen. Das Netz vergisst ja nichts, wie man weiß - noch Jahrzehnte später können Überraschungen kommen.

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Beitrag von fraences »

Das Prostituiertenschutzgesetz ist im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav ... 7561506733
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Beitrag von friederike »

Danke für die Info!

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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Hamster »

02.11.2016
REGELWERK DER REPRESSION

Am 7. Juli 2016 verabschiedete der Bundestag das neue "Prostituiertenschutzgesetz" - ein sexualpolitischer Rueckschritt. Die Gaengelei der Sexarbeiterinnen hat in Deutschland eine lange Tradition.
Von Evrim Sommer

Weiterlesen auf:
https://www.jungewelt.de/m/artikel/2965 ... ssion.html

Ich haette den Text hier gern niedergeschrieben, doch er ist ziemlich riesig.
Es geht u.a. auch um die Sexwork-Geschichte vom 18. Jahrhundert bis heute, warum ein Prostituiertenschutzgesetz entstehen "musste" (in Anfuehrungsstrichen, weil ich es sarkastisch finde) und am Schluss wird auch Voice4Sexworkers erwaehnt.

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Beitrag von Kasharius »

Liebes @Hamsterchen

DANKE für die Info!

Kasharius grüßt Dich

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Beitrag von Hamster »

Lieber Kasharius,

gern geschehen!

Ich gruesse zurueck!

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Beitrag von goldmine »

Hallo zusammen,

also ich möchte auch was zum Prostitutionsgesetz sagen und zwar das ich die Aufregung nicht verstehe, es ist doch gut das es so kommen wird, und meiner Meinung nach sollte es noch ganz deutlich verschärft werden.
Für uns die noch ganz " legal" und " gläsern" arbeiten ist dieses Gesetzt doch keine Gefahr, eher ein Vorteil.
Wer also einen Gewerbeschein hat, eine Steuererklärung abgibt und eh regelmässig zum Arzt geht sollte sich darum doch keine Gedanken machen..
Ich möchte mal an die zeit des Bockscheins erinnern, ich habe sehr bedauert, als dieses System abgeschafft wurde...
ich denke weiter das mit dem Gesetz endlich dieses "Hobby-Freizeit-Huren" einhalt geboten wird, die nur ab und zu mal , nebenher ein wenig werkeln um Ihre Haushaltskasse aufzubessern, das Internet ist voll von diesen Damen...welche zudem die Preise drücken, unter anderem Service anbieten wie AO und das zu nen kleinen Geld von 50 Euro.
Da halte ich die Kondompflicht (wenn auch schwer überprüfbar) schon mal für sehr sinnvoll, schon bei französisch angefangen..
"früher gabs das auch nicht, genau wie diese Art "Ehrenkodex" das nicht geküsst wird --- oder wirklich mal als Ausnahme, und die Damen die wirklich nur mit Schutz arbeiten, haben in der heutigen zeit wirklich Nachteile, wobei dies korrektes Arbeiten darstellt, immerhin bieten wir eine Dienstleistung und sind nicht die Lebenspartnerin des Kunden. Für mich heisst und zeigt die Entwicklung der letzten Jahre auch eine Art Niedergang des Niveaus in unserem Arbeitsbereich...
Aber das sei auch dem Kunden zuzuschreiben, der eine solche Leistung in Anspruch nimmt, und danach nach Hause fährt und seinen Kindern einen gute Nachtkuss gibt...Die Schamlosigkeit macht wirklich traurig und sprachlos....

Auch für die "Betreiber" "Vermieter" ist das Gesetz von Vorteil, wer sich immer an die Regeln gehalten hat - und halten wird - das entsprechende Gebäude besitzt - hat keinerlei Probleme...Wer das entsprechende Objekt hat, wird bleiben, wer nicht wird gehen oder sich umorientieren müssen...

Weiter auch die "Mietforderungen", ich denke das sind wir Damen auch selber mit Schuld....ich kann allerdings nur für mich sprechen. ich käme nie auf die Idee in Appartement einzumieten, wenn bei der Erkundigung nach einem Termin schon klar ist das um die 400€ Miete gezahlt werden soll.. Das ist dann "moderne Zuhälterei" ....Hinzukommt noch meine Werbung (Internet, die div. Zeitungen) und die Lebenshaltungskosten, da bin ich dann auf locker 600€..die ich erstmal "reinholen muss"...und dann möchte ich ja auch noch meine privaten Verbindlichkeiten decken .....Bedenkt, die 80er-Jahre sind vorbei....
Ich kenne einige sehr faire Vermieter wo man eine max. Wochenmiete von 150€ zahlt, und dies ist, wenn z.B. 3 Damen in einem Privathaus sind , auch wirklich ausreichend für den Vermieter....dort Termine zu bekommen ist dann auch immer recht schwer und diese Vermieter "können sich die Damen" dann auch aussuchen....
Aber auch dies wird so laufen.. man zahlt mehr und bekommt eine niedrigere Quittung, wie jetzt schon viel praktiziert....
Lg Ela

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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Melanie_NRW »

Ein Freund meinte, ich hätte Wahnvorstellungen. Da wäre ich fast von meinem Einhorn gefallen!

*****
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Klaus Fricke »



Fair oder moderne Zuhälterei


Hallo @goldmine,

ich möchte im Moment nur drei Anmerkungen zu Deinem Beitrag machen. Die zentrale - b) - bezieht sich auf die Mieten für Sexarbeitsorte. Ich fühle mich dadurch angesprochen, da ich die Buchhaltung und Mietkalkulation für das "Haus9" mache, dessen Betreiberin Lara ist (aus Moldawien stammend, derzeit auch als SW berufstätig), deren Liebe und Ehemann sein zu dürfen, ich glücklich bin. Auf andere Aspekte Deines Beitrages mögen Dir vielleicht Kolleginnen, Gäste von SW oder auch rechtskundige Nutzende des Forums antworten.

- a) -
Bezüglich der Kritik am neuen SW-Recht, das, so zum Beispiel die Feststellung der DSTIG, nicht nur die Gesundheit von SW sondern auch größere Teile der Bevölkerung gefährdet (siehe: http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 755#152755 ), bitte ich Dich darum, die in diesem Beitrag http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 521#152521 zusammengetragenen Stellungnahmen zu SW-Gefährdung-Recht, wenigstens zum Teil zur Kenntnis zu nehmen. Ich bitte Dich daran anschließend, Deine Aussagen im Licht dieser Stellungnahmen zu begründen. Ich denke, dass es angesichts des Zieles, das dieses Forum verfolgt und des Diskussionsstandes in diesem Forum zulässig ist, registrierte Nutzende, deren Beiträgen nahelegen, dass sie sich mit der Diskussion um das SW-Gefährdungs-Recht nicht beschäftigt haben, zu bitten, sich wenigstens mit einigen dieser Stellungnahmen vertraut zu machen.

- b) -
Bezüglich fairer Mieten für SW findest Du in diesen Topics http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=13338 (Transparente Betriebsführung von SW-Orten - Zimmermiete) und http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=13346 ( Transparente Betriebsführung - Zimmermieten - Diskussion ) Material und Meinungen. Darin enthalten ist auch ein Referat von mir zu Kostenstrukturen beim Betrieb von Sexarbeitsorten und die Daten der Buchhaltung für das "Haus9" für das Jahr 2015 (Download). Die laufenden festen Kosten, also nicht die für Renovierung und Investitionen, auch nicht die Abschreibungskosten, oder die Einrechnung des Arbeitsaufwandes, auch nicht die Anrechnung der Kapitalverluste durch Inflation und nicht erwirtschaftete Zinserträge, betragen beim "Haus9", dessen Kostenstrukturen ich belegen kann, monatlich (Anmietung, Strom, Gas, Wasser, Versicherungen, Telekommunikation, GEZ, Beiträge zu Berufsverbänden, Steuerberatungskosten, durchschnittlich Steuerbelastung) derzeit ca 2.450 Euro. Eine Wochenmiete von 150 Euro, wie Du sie für maximal angemessen hältst, würde bei einer Auslastung ("Haus9" vier Zimmer) von 90 % (derzeit erreichtes Vermietungsergebnis) nicht einmal die laufenden Kosten für das "Haus9" decken. Und dies obwohl das "Haus9" eine Vermietungsauslastung hat, von der andere Sexarbeitsorte in Bremen träumen. Wie gesagt Renovierung, Neuanschaffung, Bestandserhaltung vorhandener Einrichtung, Gartenpflege, Verbrauchsmaterialien, Rücklagen, Kapitalerhalt, Arbeitskosten, Werbung, Spenden an Berufsverbände und Pro-SW-Organisationen, Fortbildungskosten, sind dabei nicht berücksichtigt. Ich halte es aber für fair, wenn all diese Kosten in die Berechnung einer Miete für eine Gewerbeimmobilie eingehen. Im Falle des "Haus9" beträgt - bei Vorauszahlung - die Wochenmiete 300 Euro und die Monatsmiete 1.200 Euro. Die Mieteinnahmen seit Eröffnung im Sommer 2011 sind nicht hinreichend, um die kalkulierte, auf 10 Jahre angelegte Investitionsabschreibung (ein Zeitraum, der laut UEGD die in der Branche üblichen fünf Jahre um 100 % überschreitet) die notwendigen Unterhaltungsinvestitionen, die nach neuem SW-Recht zu erwartende Bauauflagen oder gar die Auszahlung eines "Unternehmerlohnes" zu decken. Also trotz sehr guter Auslastung ein selbstausbeuterisches Zuschussgeschäft, das sich betriebswirtschaftlich nicht rechnet.

- c) -
Ist dem sozialen Umfeld aller Deiner Mietenden ausnahmslos bekannt, wie diese ihren Lebensunterhalt verdienen?

Soweit für den Moment.

Zuletzt geändert von Klaus Fricke am 12.11.2016, 19:35, insgesamt 1-mal geändert.
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flatgirl
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Beitrag von flatgirl »

Hallo, goldmine/Ela/Angelika,

also, ich finde nicht alles vollkommen verkehrt, was Du schreibst, das muß ich zugestehen. Und ich bin auch keinesfalls eine Gegnerin des ProstSchG. Allerdings bin ich nicht sicher, ob das so was taugt... teilweise ist es ja jetzt schon ein Papiertiger. AO Service wird es auch weiterhin geben! In Bayern gibt es auch ein AO-Verbot und dennoch bietet dort fast JEDE Nutte Service ohne Gummi an und es schert niemanden. Diesen Drops halte ich eh für gelutscht, und das genaugenommen schon seit etwa 20 Jahren! Die haben da leider einfach gepennt...

Allerdings merkt man auch deutlich, dass Du Betreiberin bist und offenbar nicht SW! Denn es existieren in Deutschland überhaupt keine Gewerbescheine für Prostituierte! Oder möchtest Du behaupten, Du hast als SW einen Gewerbeschein? Sicherlich nicht... (stimmt ein bischen nachdenklich)

Und dass die Mietforderungen so hoch sind, ist Sache der SW? Wie bitte? Wo gibt es Appartements für 150 Euro Wochenmiete??? Und da kennst Du sogar mehrere? (ich weiß natürlich nicht, ob Deine Kollegalität so weit reicht, würde mich aber über Adressen freuen, ich fahre Termine).

Ich arbeite jetzt seit fast 30 Jahren (habe minderjährig begonnen), in Deutschland in so ziemlich jedem Bundesland, in vielen, vielen Städten. Ich habe noch niemals erlebt, dass jemand eine Wohnung/ein Appartement für 150 Wochenmiete oder nur wenig mehr vermietet. Noch nie. Nicht mal ein Kabuff oder ein Zimmer. In so ziemlich jeder Stadt, ob Süd-, Nord-, West- oder Ostdeutschland ist es schon ein absolutes Schnäppchen, wenn Du ein 1 Zimmer-Appartement für umgerechnet 50 Euro am Tag bekommst! Die Allermeisten verlangen aber derweil 400-500 EUR pro Woche! Und da kommst Du dann locker mit Werbung an die von Dir beschriebenen 600 Euro... Was bitte willst Du machen, wenn es nichts anderes gibt, Du aber Geld verdienen mußt in diesem Job? Die Wucherpreise sucht sich sicherlich KEINE SW aus!

Naja, aber wie gesagt, für mich und in meinen Augen ist der Drops im SW Milieu eh gelutscht...

LG Lisa

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charmed
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Beitrag von charmed »

:017 ich muss Klaus zu stimmen,besser haette ich es nicht aus druecken koennen,die meisten sehen erst mal den Betrag der Wochen Miete aber die monatlichen Fixkosten plus die notwendigen Ruecklagen die notwendig sind um die Wohnungen auf einem ordentlichen Stand zu erhalten wird gerne uebersehen. Im Endeffekt entscheiden die SW es selbst,passt es fuer beide Seiten bleiben sie und kommen wieder,wenn der Umsatz der SW nicht stimmt kann ich auch die Miete auf 100.- Euro senken und sie gehen. Es muss fuer beide Parteien passen. Allerdings stimmt es mich nachdenklich das eine SW die selbst Betreiberin oder Vermieterin ist so eine Meinung hat und so kalkuliert,das wuerde mir kein FiAmt glauben. Egal,jedem sein Recht auf freie Meinungs Aeusserung .