Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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floggy
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Beitrag von floggy »

Hallo Friederike, ich kann gut verstehen, wenn Du schreibst: "Ich glaube auch nicht, dass diese Information stimmt."
Ich glaube ja auch nur noch was ich gesehen und erlebt habe.
Der Domina in Red habe ich geantwortet:
"Ich wüßte nicht, warum sich eine Frau mit Syphillis nicht behandeln lassen wollte."
Ich hoffe, jetzt wird klar, wo die Sex Workers' Rights Movement ansetzen könnte:
Im Aufzeigen von Alternativen zu einfachen Konzepten, die echte Ressourcen schaffen, und Sex Worker auffangen.
@Kasharius: Guten Abend Kasharius, dann bleiben noch zwei Jahre um mit Basisarbeit gegenzusteuern.
@friederike zu § 9 (2) ProstSchG: Die unzumutbare Beeinflussung durch Dritte muß allemal bewiesen werden.
Ansonsten denke ich, muß es einer Frau wirklich schlecht gehen, oder sie sucht wirklich nach einer Alternative,
oder sie hat kein Durchsetzungsvermögen.
Gedanken mache ich mir über Einsteiger*, egal ob 18 oder 35, deren Erfahrung sich auf ONS beschränken dürfte.
Wie sollen die begründen, was sie erst vorhaben zu tun? Da ist doch die Illegalität vorprogrammiert?
Ich hätte da bitte eine Frage zu § 34 (3) ProstSchG:
"Die im Zusammenhang mit der Anmeldung erhobenen personenbezogenen Daten von Prostituierten sowie die Art der
durch die Prostituierten angezeigte(n) Tätigkeit..."
Wo bitte muß ein SW die Art seiner Tätigkeit angeben? Wo steht das denn bitte, außer hier im § 34 Abs 2?
Müssen Escorts in München angeben, dass sie Escort arbeiten? Doch wohl nicht, oder doch?
Vielen Dank, dass ich hier gelegentlich schreiben darf. sexworker.at steht auf meiner Fun(d)raiser Visitenkarte.
BGH 2014: http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/5/14/5-154-14.php
Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.

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friederike
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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von friederike »

@floggy,

in Deinem Posting kann ich nicht alles verstehen oder verstehe ich vielleicht einiges falsch - aber zwischen "Behandlung eines Syphilis" und "regelmäßiger Zwangsuntersuchung" ist doch ein Unterschied?

Deine Frage zu § 34 (3) ProstSchG trifft einen validen Punkt. Die Anmeldepflicht nach § 3 kommt zunächst ziemlich harmlos daher, und wer sollte etwas gegen ein Beratungsgespräch haben? Tatsächlich handelt es sich um eine Ausforschung, wie sich bereits aus § 5 (1) 4. und 5. vermuten lässt. Die Gesetzesbegründung zu § 34 gibt offen zu, dass im Beratungsgespräch Daten zum Sexualleben erhoben werden, die über die in § 4 genannten Personaldaten hinausgehen.

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fraences
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Beitrag von fraences »

Prostituiertenschutzgesetz kann nicht überall pünktlich starten

Das neue Gesetz zum Schutz von Prostituierten wird von den meisten Ländern vorläufig nicht umgesetzt, obwohl es bundesweit zum 1. Juli in Kraft tritt. Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtet, hat lediglich Nordrhein-Westfalen die Voraussetzungen für einen pünktlichen Start geschaffen. Vielen Landesregierungen sei bis heute unklar, wie etwa die Einhaltung einer Kondompflicht überprüft werden solle, sagte die rheinland-pfälzische Frauenministerin Anne Spiegel dem „Focus“.

Die Grünen-Politikerin nannte es „äußerst ärgerlich“, dass der Bund „zentrale Vorgaben erst quasi in letzter Minute präsentiert“ und Bitten der Länder um Aufschub zurückgewiesen habe. „Das Gesetz ist ein bürokratisches Monster und wird viel Geld kosten“, sagte Spiegel. Das Familienministerium in Berlin wies die Vorwürfe zurück. Mit den Ländern habe es „engen und kontinuierlichen fachlichen Austausch“ gegeben, so dass ein pünktlicher Start möglich gewesen wäre. Das Prostituiertenschutzgesetz gilt als Vorzeigeprojekt der ehemaligen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). Es sieht vor, dass Prostituierte ihre Tätigkeit künftig anmelden müssen. Bordelle sollen nur unter Einhaltung strenger Standards eine Betriebserlaubnis erhalten.

http://www.wirtschaft.com/prostituierte ... h-starten/
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Beitrag von Kasharius »

@freances

lieben Dank! Ein Grund mehr für das geforderte Moratorium. Wenigstens sollte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abgewartet werden.

Kasharius grüßt

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Melanie_NRW
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Beitrag von Melanie_NRW »

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fraences hat geschrieben:Die Grünen-Politikerin nannte es „äußerst ärgerlich“, dass der Bund „zentrale Vorgaben erst quasi in letzter Minute präsentiert“ und Bitten der Länder um Aufschub zurückgewiesen habe. „Das Gesetz ist ein bürokratisches Monster und wird viel Geld kosten“, sagte Spiegel.
Das ist lächerlich... eben genau DIESE Länder haben im letzten Jahr im Bundesrat dem Antrag von NRW NICHT entsprochen, den Start des ProstSchG auf den 1.1.2018 zu legen. Man wollte unbedingt, dass das Gesetz, wie von der Regierung geplant, zum 1.7.2017 startet!

Auch hat die große Mehrheit der Länder Bundesrat sich vollumfänglich hinter das ProstSchG gestellt. Da hätte doch allen Ländern bereits klar sein müssen, was für ein "Bürokratiemonster" auf sie zu kommt?!

Jetzt zu jammern hat doch ein ziemliches Geschmäckle. Da fragt man sich schon, inwieweit die sich über das geplante Gesetz informiert hatten, ehe sie darüber abgestimmt haben. Meiner Meinung nach, haben da ganz viele Politiker ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht. Auf Kosten von uns SexarbeiterInnen und auf Kosten aller Steuerzahler.
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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von Jupiter »

Für mich hat alles noch ein besonderes "Geschmäckle" bekommen. Ein Teil dieser Länder hat mit Nachdruck die Ermächtigung für Länderspezifische Zusatzregelungen ins Gesetz schreiben lassen. Was jetzt Ursache ist (ggf. die Anmeldeverordnung mit Einzelheiten zur Datennutzung und Weitergabe) ist wohl schlecht zu klären.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von fraences »

SCHUTZGESETZ
Landkreise sollen sich um Prostituierte kümmern

Die Landesregierung bittet die Landkreise, die Zuständigkeit für Prostituierte zunächst einmal freiwillig zu übernehmen. Das geht aus einer Kabinettsvorlage hervor, die der BZ vorliegt.

Die Landesregierung bittet die Landkreise, die Zuständigkeit für Prostituierte zunächst einmal freiwillig zu übernehmen

Der Entwurf zum Ausführungsgesetz im Land soll nächste Woche in den Ministerrat, doch bis zum Stichtag am 1. Juli sind Anhörung und Verfahren nicht mehr zu schaffen. Das Konzept siedelt die Zuständigkeit auch später bei den unteren Verwaltungsbehörden an. Es rechnet bis 2019 mit einem strukturellen Mehrbedarf von 3,52 Millionen Euro pro Jahr.

Kondompflicht, Anmeldung und Kontrollen

Am 21. Oktober 2016 hat der Bundestag ein Gesetz zum Schutz von Prostituierten beschlossen, das diesen Juli in Kraft tritt. Neben einer Kondompflicht bei gewerblichem Sex schreibt es für Prostituierte eine behördliche Anmeldung, eine Gesundheitsberatung und eine vom Arbeitsbereich getrennte Wohnung vor; Bordelle und ihre Betreiber müssen sich polizeilichen Kontrollen unterziehen. Wie diese Auflagen umgesetzt werden, ist Ländersache; es gibt zahlreiche Übergangsfristen.

Die Stuttgarter Kabinettsvorlage überträgt nun Anmelde- und Gesundheitsgespräche den Kreisen. In Stadtkreisen, die über keine eigene Gesundheitsbehörde verfügen, sind die ansässigen Landratsämter zuständig. Der Beschlussvorschlag ist von Sozialminister Manfred Lucha unterzeichnet und mit den Ressorts Innen und Finanzen abgestimmt.


Von Bordellbetreibern dürfen Ämter Gebühren nehmen – von Prostituierten nicht

Das Sozialministerium erklärte auf Anfrage, dass das Papier noch vor dem Stichtag ins Kabinett soll. Regulär gibt es nur noch ein entsprechendes Treffen, nämlich am 27. Juni. Der Entwurf selbst räumt aber ein, dass ein entsprechendes Ausführungsgesetz vermutlich erst zum 1. Januar 2018 in Kraft treten kann. Bis dahin sollen die unteren Verwaltungsbehörden "gebeten" werden, die Aufgaben anhand des Entwurfs zu übernehmen. "Zum Schutz der in der Prostitution tätigen Personen wird von einer Gebührenerhebung für öffentliche Leistungen nach dem Abschnitt 2 des Prostituiertenschutzgesetzes abgesehen", heißt es in der Vorlage. Das betrifft die Behördengänge der Prostituierten; von Bordellbetreibern dürfen die Ämter Gebühren nehmen.

Für die Belastung der Kreise sieht die Regierung das Land ansonsten in einer Ausgleichspflicht. Die Kalkulation sei schwierig, "da es kaum gesicherte Zahlen zu dem Tätigkeitsfeld der Prostitution in Baden-Württemberg gibt". Anhand bundesweiter Schätzungen rechnet der Entwurf 2018 für das Land insgesamt strukturelle Mehrbelastungen von zwei Millionen Euro. 2018 sind 2,86 Millionen Euro angesetzt, 2019 dann 3,52 Millionen.

Auf neues Personal entfallen dann 1,05 Millionen Euro. Dazu zählen auch die Kosten, die das Innenministerium auf die Polizei zukommen sieht. Das Bundesgesetz verlangt von den Sicherheitsbehörden eine regelmäßige Überwachung des Prostitutionsgewerbes und Zuverlässigkeitsprüfungen der Betreiber. Das Innenressort plant mit sieben Neustellen.

Kritiker fürchten: Ordnungs- und Gesundheitsämter überfordert

Von einer Einbindung der Polizei bei der Registrierung von Prostituierten ist in der sechsseitigen Vorlage nicht die Rede. Die Anmeldepflicht soll wesentlich dazu dienen, Opfer von Menschenhandel und Zwangslagen zu erkennen. Kritiker fürchten, dass Ordnungs- und Gesundheitsämter damit überfordert sind. Sie argumentieren, dass nur die Polizei Zugriff auf Vermisstendatenbanken hat und Vorstrafen etwaiger Begleitpersonen auch prüfen kann.

Das Sozialministerium hatte schon Ende Mai gegenüber dem Landtag signalisiert, dass die Verwaltungsbehörden den Vorrang erhalten: Zusammen mit Fachberatungsstellen erarbeite das Ministerium dafür entsprechende Leitfäden. Geplant ist außerdem eine mehrsprachige Smartphone-Anwendung, die Prostituierten Hilfsangebote bekannt machen soll.

https://www.badische-zeitung.de/landkre ... e-kuemmern
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Beitrag von Kasharius »

Erbärmlich...

:009

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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von Melanie_NRW »

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Beitrag von Kasharius »

@Melanie

lieben Dank für diesen tollen Beitrag. Das Interview wurde wohl in Berlin geführt...

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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von Melanie_NRW »

Geschützt bis zur Bevormundung

http://www.tagesspiegel.de/meinung/pros ... 82918.html


Chaos bei Durchsetzung der Kondompflicht

https://www.welt.de/politik/deutschland ... flicht.htm

Prostituierte und Städte durch neues Gesetz verunsichert

http://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebi ... -100.htmll
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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von Melanie_NRW »

Wenn man das alles so liest sollte man so pervers sein und denen richtig Feuer unterm Arsch machen... habe ich nicht ab dem 1.7. einen Rechtsanspruch darauf den Hurenausweis innerhalb von 5 Werktagen zu erhalten. Dafür ist laut Gesetz keine Übergangsfrist vorgesehen...
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Beitrag von fraences »

Politik Neues Gesetz zur Prostitution
Safer Sexarbeit

27.06.2017
Deutschland ist bekannt für sein besonders freizügiges Rotlichtmilieu. Nicht selten ruft das internationale Kritik hervor. Ein neues Prostitutionsgesetz soll Sexarbeiterinnen nun besser schützen. Aber ist das der Schutz, den sie brauchen?

Prostitution = Tabu?

In Ländern wie Schweden, Frankreich und seit diesem Jahr auch Irland, ist Sex gegen Geld verboten. Allerdings erhält dort bei Verstoß gegen dieses Verbot nur der Freier eine Strafe. Prostituierte bleiben hingegen straffrei.

Dieses Prinzip kommt dennoch einem Berufsverbot gleich und kriminalisiert die Prostitution. Das hat zur Folge, dass die Gesellschaft Prostitution nun kritischer sieht und das Gewerbe in den betroffenen Ländern offiziell zurückgegangen ist.

In Deutschland hingegen bleibt Prostitution auch mit dem neuen Prostitutionsgesetz erlaubt. Allerdings wird es die Szene maßgeblich kontrollieren und dabei die Vorgänge transparenter machen.

Das neue Gesetz

Laut Deutscher Gesellschaft für Förderung der Sexuellen Gesundheit, kurz DSTIG, sind die strengen Regelungen jedoch nicht sinnvoll. Zum Beispiel sieht das neue Gesetz eine persönliche gesundheitliche Pflichtberatung für Sexarbeitende vor. Bei diesem Informationsgespräch entscheidet das Amt, ob es einen Arbeitsausweis ausstellt oder nicht. Prostitution ohne einen solchen Ausweis ist verboten. Dadurch geraten die Betroffenen unter großen Druck.

Die DSTIG erklärt in ihrer Leitlinie zum Thema STI-Beratung aber, dass persönliche Gespräche allgemein nicht zielführend sind. Beratung sollte stets auf freiwilliger Basis und anonym stattfinden.

Das ist insofern problematisch, als dass diese Anmeldung persönlich stattfinden muss. Das verstößt ganz klar gegen EU-Vorgaben, weil die EU sagt, dass der Zugang zu den einzelnen Berufen im Rahmen der Freizügigkeit online vermittelt werden kann. – Margarete von Galen, Strafrechtsanwältin
Auch sonst zeigen sich die Interessenvertreter der Prostituierten empört über das Gesetz. Seit Jahren fordern sie die Anerkennung von Prostitution als Freiberuf und setzen sich für eine Sexarbeiter-Sozialklasse ein. Auch gut organisierte Kampagnen zur Beratung unter Kollegen laufen bereits und zeigen Erfolge. Eine gesetzliche Stärkung dieser bestehenden Strukturen ist aber nicht vorgesehen.

Auch die Meldepflicht für Prostituierte, bei der sie sogar den voraussichtlichen Arbeitsort angeben müssen, schränkt die Betroffenen beruflich maßgeblich ein.

Beschwerde der „Geschützten“

Der Verein Doña Carmen hat nun beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Laut dieser ist das Prostituiertenschutzgesetz nicht mit den Grundrechten vereinbar. Das betrifft unter anderem das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Gleichheit vor dem Gesetz und das Grundrecht auf freie Berufswahl.

Inwiefern das neue Gesetz rechtlich anfechtbar ist, hat Strafrechtsanwältin Margarete von Galen detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer im Interview erklärt.

https://detektor.fm/politik/neues-geset ... ostitution
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Beitrag von Kasharius »

Ein guter Beitrag und ein tolles Interview der Kollegin von Gahlen .

Der Verein Donna Carmen hat die Verfassugsbeschwerde politisch unterstützt und initiiert, ist aber selbst wohl nicht Beschwerdeführerin.

Kasharius grüßt

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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von Melanie_NRW »

Antragsformulare für Prostitutionsgewerbe in NRW sind online


https://www.prostituiertenschutzgesetz. ... nd-online/
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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von fraences »

NEUE REGELN AB SAMSTAG
Kommunen kritisieren Prostitutionsgesetz


Hannover. Ab Samstag gilt im Land ein neues Prostitutiertenschutzgesetz. Es soll der Ausbeutung der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter einen Riegel vorschieben. Doch wie es praktisch vor Ort umgesetzt werden soll, wissen die Kommunen nicht.
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Mit einem ab Samstag gültigen neuen Gesetz will die Bundesregierung die Lage der Prostituierten im Land verbessern. Doch wie das neue Prostitutionsschutzgesetz in Niedersachsen umgesetzt werden soll, ist kurz vor Inkrafttreten noch offen. Denn das vor neun Monaten vom Bundestag verabschiedete Gesetz schreibt gleich viele neue Kontrollen vor: So sollen sich die schätzungsweise 20000 niedersächsischen Sexarbeiterinnen und -arbeiter künftig beim Amt anmelden und einen Ausweis erhalten, dafür soll es einen Ausweis geben.
Auflagen für Lovemobile
Die etwa 1000 Etablissements im Land vom Großbordell bis zum Apartment sind künftig genehmigungspflichtig, ebenso gibt es Vorgaben für die im Land weit verbreiteten „Lovemobile“ in meist alten Wohnwagen am Straßenrand. Zudem sollen die Behörden regelmäßige Gesundheitsberatungen einfordern und die neue Kondompflicht kontrollieren.
Wildwuchs seit 2001
Mit dem neuen Gesetz wollte die damalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) den Wildwuchs des Sexgewerbes in Deutschland eindämmen. Denn seit einer Liberalisierung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2001 hat sich Deutschland zu einem El Dorado für die Branche entwickelt. Vor allem in Grenzregionen zu Ländern mit restriktiveren Gesetzen boomt das Geschäft der geschätzt 200000 Sexarbeiterinnen und -arbeiter.

Den Behörden fehlt derzeit oft die Handhabe, um gegen Bordelle vorzugehen. Polizisten haben es schwer, Menschenhändler und Zuhälter zur Verantwortung zu ziehen. Nun will die Politik umsteuern und die Auswüchst zurechtstutzen.Wie das genau gehen soll, ist aber noch offen: So fordert der Gesetzgeber, dass bezahlter Sex nur einvernehmlich, freiwillig und unter Volljährigen vollzogen werden darf. Doch wie ein Freier das feststellen soll, bleibt offen.
Gemeinden schlagen Alarm
Auch ist nicht geregelt, wie die Kommunen mit den neuen Aufgaben umgehen sollen – und vor allem: wer diese bezahlt. Die rot-grüne Landesregierung entschied erst am 28.März, dass das Sozialministerium von Cornelia Rundt (SPD) für die Umsetzung des Gesetzes zuständig ist. Und erst vor zwei Wochen legte das Rundt-Ressort einen Verordnungsentwurf vor, zu der die Verbände nun sechs Wochen lang Stellung nehmen können.

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) schlägt Alarm und kündigt Proteste an. Denn aus Sicht des NSGB-Sprechers Thorsten Bullerdiek gleichen die erwarteten 1,9 Millionen Euro an Anmeldungsgebühren für Bordelle und Prostituierte den Verwaltungsaufwand nicht aus.
„Ein Schnellschuss“
Zudem sei auch nicht klar, was der Gesetzgeber mit den zahlreichen Auflagen überhaupt erreichen wolle. „Das gesamte Gesetz ist ein Schnellschuss“, kritisiert Bullerdiek. Die neuen Regeln machten nur Sinn, wenn gleichzeitig auch die meist weiblichen Prostituierten besser über Rechte, Pflichten und Hilfsangebote aufgeklärt würden.
„Luftleerer Raum“
Bislang stünden die Vorgaben hingegen im „luftleeren Raum“. So sollen Bordellbetriebe mit einem gut sichtbaren Schild auf die Kondompflicht für Freier hinweisen. Doch wie das praktisch kontrolliert werden soll, ist offen.
Auch der Effekt ist aus Sicht der Kommunen fraglich: So stellt sich die Frage, was eine minderjährige ausländische Zwangsprostituierte tatsächlich unternehmen kann, wenn sie merkt, dass ihre Ausbeutung eigentlich illegal ist. „Das Gesetz wird seinen Schutzzielen nicht gerecht“, kritisiert Bullerdiek. Bis 20. Juli will der NSGB nun „kritische Anmerkungen“ seiner Mitglieder zum neuen Gesetz sammeln.

https://www.noz.de/deutschland-welt/nie ... ionsgesetz
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Beitrag von Kasharius »

Einmal mehr muss man sich vor diesem Hintergrund die FRage vorlegen, ob es jett lohnt politisch für ein Moratorium bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zu streiten. Den offenkundig wurde es nicht für tunlich erachtet, einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen, daß Gesetz einstweillig zu stoppen...

Kasharius grüßt

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Beitrag von Lucille »

Die Risikoabwägung bei einer 'in den unteren Etagen' möglicherweise bereits nicht durchkommender einstweiligen Anordnung mit negativ notierter Ausstrahlung auf die eigentliche Verfassungsbeschwerdenannahme kam nach eingehender Beratung und Diskussion in der Gruppe der Beschwerde einlegenden Betroffenen zu dieser strategischen Vorgehensweise.
Wünschenswert wären natürlich unterstützend wirkende Klagen der Ausführungspraxis über den Weg durch die Instanzen ;-)

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Beitrag von Kasharius »

@Lucille

soetwas dachte ich schon. Aber es ging ja darum, vor dem Bundesverfassungsgericht zu beantragen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache das Gesetz im Wege einstweiliiger Anordnung zu stoppen. Wenn das in der Gruppe anders gesehen wurde und auch die vorhandene juristische Expertise zu dieser Einschätzung gelangte, ist das ja in Ordnung und von mir schon gar nicht zu kritisieren; aber die desaströse Vollzugsfähigkeit der Länder sind gleichwohl ein starkes Argument.

Was entsprechende Initiativen in den unteren Etagen angeht: Ist schon in Arbeit...habe außerdem selbst eine - kleine Beschwerde in Karlsruhe anhängig...
:002

Kasharius grüßt

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Beitrag von fraences »

Entwurf : Ausführungsgesetz von Baden-Württemberg

Länderspezifische Regelung: Nur Anmeldung als Sexarbeiter gilt für BW


Gesundheitsberatung kann nach Begründung Outgesourct werden an Privatperson:

https://www.prostituiertenschutzgesetz. ... rttemberg/
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