Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

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fraences
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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von fraences »

Schutzgesetz
Ministerium hilft Prostituierten
Weil die lokale Umsetzung der Reform lahmt, springt das Land als zentrale Anlaufstelle ein.
06.07.2017JENS SCHMITZ
Stuttgart. Seit diesem Wochenende gilt bundesweit ein neues Prostituiertenschutzgesetz, doch in Baden-Württemberg dauert die Umsetzung noch: Statt ihren Registrierungspflichten lokal nachkommen zu können, sollen Prostituierte und Bordellbetreiber sich vorerst beim Land melden. Das Sozialministerium hat dafür diese Woche neben zwei Telefonnummern die E-Mail-Adressen „Anmeldung-Prostitution@sm.bwl.de„ und „Prostitutionsgewerbe@sm.bwl.de„ freigeschaltet.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hatte am vergangenen Freitag die Notbremse gezogen und verkündet, die Umsetzung der neuen Vorschriften zum 1. Juli nicht wie geplant den Kreisen zu übertragen: Wegen zu knapper Übergangsfristen werde sein Haus das vorerst übernehmen.
Am 21. Oktober 2016 hat der Bundestag ein Gesetz zum Schutz von Prostituierten beschlossen, das seit 1. Juli in Kraft ist. Neben einer Kondompflicht für Freier schreibt es für Prostituierte eine behördliche Anmeldung, eine Gesundheitsberatung und eine vom Arbeitsbereich getrennte Wohnung vor. Bordelle und ihre Betreiber müssen sich polizeilichen Kontrollen unterziehen.
Wie diese Auflagen umgesetzt werden, ist Ländersache; es gibt aber zahlreiche Übergangsfristen: Fast alle Bundesländer hinken dem Zeitplan hinterher. Der Entwurf zum Ausführungsgesetz für Baden-Württemberg ist auf der Website des Sozialministeriums einsehbar.
Seit Montag erfahren Prostituierte und Bordellbetreiber online zumindest, wohin sie sich mit Fragen wenden können: Über die zwei Telefonnummern und die E-Mail-Adressen sind Informationen zum weiteren Vorgehen erhältlich; bei einem Testanruf meldete sich eine Mitarbeiterin.
Kritik von Frauenvertrerinnen
Bordellbetreiber erfahren anhand der neuen Kontaktdaten, welche Unterlagen sie schon mal einreichen können. Prostituierte werden vorerst vertröstet: Bis Ende der Woche hofft das Ministerium, für die Beratungs- und Gesundheitsgespräche zumindest eine zentrale Anlaufstelle in Stuttgart zu nennen. Die geplanten lokalen Lösungen in den Kreisen werden sich aber erst später realisieren lassen. Das endgültige Ausführungsgesetz soll der Landtag bis zum 1. Januar 2018 beschließen.
Frauenvertreterinnen haben die Landesregierung bereits für ihren Umgang mit dem Projekt kritisiert. Der Landesfrauenrat, Dachverband der frauenpolitischen Organisationen im Südwesten, hatte dem Sozialministerium mangelndes Engagement vorgeworfen; der Stuttgarter Verein „Sisters – für den Ausstieg aus der Prostitution!“ rügte, das grün-schwarze Kabinett tue nicht mehr als das Nötigste.
Die Kritikerinnen forderten unter anderem, die Meldungsgespräche für Prostituierte bei der Polizei anzusiedeln, denn die habe Zugriff auf Vermissten- und Täterdatenbanken. Das Sozialministerium will damit Mitarbeiter der Kreisbehörden beauftragen. Jens Schmitz

http://www.neckar-chronik.de/Nachrichte ... 37710.html
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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von friederike »

Der Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich (CDU) aus Chemnitz erläutert die Motivation des ProstSchG. Man begegnet einem zutiefst illiberalen Denken, das rücksichtslos andere Menschen zu schädigen bereit ist zugunsten irgendwelcher verquaster Vorstellungen. Ein Verbot der Prostitution wäre ihm wohl wünschenswert, würde aber leider zu einem Bürgerkrieg führen. Soviel zu einer freiheitlichen Politikgestaltung.

Die Story ist wieder: zwar beeinträchtigt das ProstSchG die Rechte von Prostituierten, aber das sind die privilegierten Exemplare, und die müssten diese Einschränkungen hinnehmen zugunsten der weltweit 34 Millionen Menschen, denen dank ProstSchG die Behörden zu Hilfe eilen.

Der Typ meint, man habe ja den Bundesländern 9 Monate Zeit gegeben, das ProstSchG umzusetzen, das habe in einigen Bundesländern funktioniert, in anderen leider nicht. Solche Menschen sind nicht einmal in der Lage, ihr Scheitern wahrzunehmen, geschweige denn die Wirkungen und administrativen Anforderungen eines Gesetzes abzuschätzen.

Heinrich MdB ist ein Sozialpädagoge (FH), der bei der Heilsarmee einen Kursus absolviert hat und sich daraufhin Theologe nennt.

Im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde enthält das Interview gutes Material. Das Grundgesetz soll ja die Bürgerinnen und Bürger vor solchen Figuren wie Heinrich schützen.

https://www.jesus.de/prostituiertenschu ... rgerkrieg/

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Beitrag von Kasharius »

Nur soviel:

1. Jesus hat sich von einer Hure die Füsse waschen lassen -als Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung !

http://www.gutenachrichten.org/ARTIKEL/gn14jf_art5.htm (eine Deutungsvariante .....)

2. Das Sisters e.V. die Frauen tatsächlich bei der Polizei anmelden lassen will, stellt deren Philosophie, angeblich im Interesse von (gemarterten) SW zu handeln, auf den Kopf, ist sowas von weltfremd und fast schon kriminell...

Kasharius grüßt

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Beitrag von Melanie_NRW »

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Lucille hat geschrieben:Dafür war man im Bundesministerium nicht untätig.
Leider blenden die Infos des Bmfsfj für Sexarbeiter*innen komplett aus, das es auch Mischformen gibt ... ein Hinweis auf etwaige Betreiberpflichten bzw der Definition, was bereits als Prostitutionsgewerbe gilt, fehlt komplett. Oder habe ich was übersehen?
Ein Freund meinte, ich hätte Wahnvorstellungen. Da wäre ich fast von meinem Einhorn gefallen!

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Beitrag von Amara »

bremen hat ja auch übergangstelefon und email zur verfügung gestellt.

hat man/frau denn schonmal was vom land niedersachsen gehört ?

oder habe ich da was überlesen ??
es grüßt die Nachteule vom Dienst
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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von fraences »

Pressemitteilung – Frankfurter Gesundheitsamt narrt Sexarbeiter/innen

Mit Flyern wirbt das Frankfurter Gesundheitsamt in örtlichen Bordellen und offeriert den dort tätigen Sexarbeiter/innen Termine für die nunmehr obligatorische Gesundheitsberatung gemäß § 10 Prostituiertenschutzgesetz. „Termine nach Vereinbarung“ heißt es dort unter Angabe einer amtlichen Telefonnummer bzw. einer Email-Adresse. Offensichtlich will die Behörde durch ihre Aktivität dem offiziellen Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 2017 Rechnung tragen.

Der Aktivismus des Gesundheitsamtes ist jedoch völlig fehl am Platz, solange überhaupt nicht geklärt ist, wann Sexarbeiter/innen ihre zukünftig obligatorische Zwangs-Anmeldung gemäß § 3 ProstSchG vornehmen können. Die darin normierte Zwangs-Anmeldung ist für Sexarbeiter/innen nämlich nur möglich mit einer „innerhalb der vorangegangenen drei Monate erfolgten gesundheitlichen Beratung“ (§ 4 Abs. 3 ProstSchG).

Weder existiert in Hessen bislang eine rechtskräftige Durchführungsverordnung zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes, noch gibt es in hessischen Kommunen aufgrund des allgemeinen Chaos bei der Umsetzung dieses Gesetzes bislang und absehbar Möglichkeiten für eine rechtlich geregelte Zwangs-Anmeldung bei Ordnungsbehörden.

Wer daher den in Hessen tätigen Sexarbeiter/innen zum jetzigen Zeitpunkt eine Zwangs-Gesundheitsberatung offeriert, ohne dass die sonstigen Umstände der Prostituierten-Anmeldung geklärt sind, handelt verantwortungslos. Denn er verschweigt den Betroffenen, dass sie diese Beratung mit hoher Wahrscheinlichkeit ein weiteres Mal absolvieren müssen, um ihrer Tätigkeit legal nachgehen zu können.

Die Umstände des Inkrafttretens des Prostituiertenschutzgesetzes in Hessen bestätigen die von Doña Carmen vorgetragenen Befürchtungen, dass Sexarbeiter/innen unter diesem Gesetz mehr und mehr der Behörden-Willkür ausgeliefert werden. Wenn hessische Gesundheitsbehörden bei Sexarbeiter/innen noch mehr Porzellan zerschlagen und Vertrauen verspielen wollen, müssen sie nur so weiter machen. Wenn etwa die Wiesbadener Gesundheitsbehörde für die gesundheitliche Zwangsberatung von Sexarbeiter/innen happige 32 Euro verlangt, darf sich niemand wundern, wenn die Frauen in die Illegalität gehen.

Wegen der mit dem Prostituiertenschutzgesetz einhergehenden massiven Grundrechtseinschränkungen von Sexarbeiter/innen fordert Doña Carmen e.V. die zuständigen hessischen Behörden auf, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die anhängige Klage gegen das Gesetz abzuwarten und keine weiteren Schritte einer Umsetzung des Gesetzes vorzunehmen.

https://www.donacarmen.de/pressemitteil ... #more-1870
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Der Joyclub

Beitrag von Carina43 »

Das von Boris Büche am 05.07. geschriebene stimmt.
Ich bin seit vielen Jahren dort als Gewerbetreibende
mit einem Profil als Solofrau registriert.
Da ich privat gerne mal in Swingerclub's gehe.
Auf meinem Profil habe ich mit keinem Wort nach Klientel sondern nur nach Swingerfreunden gesucht.
Gleich am Montag den 03.07. bekam ich vom Support die Benachrichtigung das man mich als Dienstleister nur noch im Rahmen der Übergangsfrist des ProstSchG toleriert und mein Profil ende Dezember gelöscht wird.
Genau so komisch verhält sich der Betreiber meines Stammswingerclub's : sonst freute er sich immer das Jemand die Soloherren beschäftigt bzw. das ich mit meinen Stammgästen als Paar vorbei kam.
Inzwischen fällt ihm alles aus dem Gesicht wenn ich vor der Tür stehe.
Mich würde interessieren ob sie außer Kondomen jetzt auch Lecktücher auf Vorrat haben ;-)
Auffallend ist nur das bei Überschuspartie's immer die selbe Solodame mit Bild als angemeldet aufgeführt wird - eine die früher auch im Gewerbe zugange war.
LG Carina

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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von fraences »

Neues Gesetz
Prostituiertenschutz als „Billigheimerlösung“?


Von Mathias Bury 09. Juli 2017 - 16:02 Uhr

Prostituierte, die ihre Arbeit neu aufnehmen, müssen sich seit Anfang Juli anmelden. Foto: dpa
Prostituierte, die ihre Arbeit neu aufnehmen, müssen sich seit Anfang Juli anmelden.
Foto: dpa
Seit dem 1. Juli gilt das neue Prostituiertenschutzgesetz. Nur liegen Ausführungsrichtlinien des Landes noch nicht vor. Und Städte wie Landkreise kritisieren heftig, für die Umsetzung des neuen Gesetzes sei zu wenig Personal vorgesehen. Nach jetzigen Stand sei das neue Gesetz eine „Billigheimerlösung“ mit bloßen Symbolwert.

Stuttgart - Es hat gedauert, aber nun liegt der Kabinettsentwurf für das Ausführungsgesetz des Landes zum neuen Prostituiertenschutzgesetz vor. Von Begeisterung bei denen, die das neue Bundesgesetz zum stärkeren Schutz von Prostituierten bei Städten und Landkreisen ausführen sollen, ist aber keine Spur. Es geht, wie so oft, ums Geld.

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Dorothea Koller, die Leiterin des Stuttgarter Ordnungsamts, spricht zurückhaltend von „unzulänglicher Finanzierung“. Martin Priwitzer, der beim Stuttgarter Gesundheitsamt für das Thema zuständig ist, scheint schon mal froh zu sein, dass der Gesetzesentwurf des Landes überhaupt vorliegt. „Nun haben wir endlich einen Rahmen, in dem wir uns bewegen können.“ Doch wenn er sich die Ansätze des Landes für das Personal anschaut, das die Anmeldung der Prostituierten, die Gesundheitsberatung und die Prüfung der Bordellbetreiber vornehmen soll, stellt er fest: Da habe man den Bedarf wohl „auf ein Minimum heruntergerechnet“. Die Frage sei, so der Arzt: „Will man das Ganze nur verwalten? Oder geht es um den Schutz der Prostituierten?“

Sozialpädagogen und Dolmetscher nicht vorgesehen

Die Stuttgarter stehen mit ihrer Kritik nicht alleine. Alexis von Komorowski, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, wird noch deutlicher. Was das Land als Ausgleich für die zu erwartenden Personalaufwendungen von Städten und Gemeinden bei der Umsetzung des Gesetzes vorsehe, „hat uns erstaunt beziehungsweise empört“. Von Komorowski spricht von einer „nicht akzeptablen Billigheimerlösung“. Wenn man sich den vorgesehenen Personaleinsatz anschaue, könne man den Eindruck gewinnen, es gehe nur um Leute für die Führerscheinstelle. „Sozialpädagogen sind in dieser Berechnung gar nicht drin“, sagt Alexis von Komorowski. Ärztliches Personal, wie man es in Stuttgart für wichtig hält, schon gar nicht. „Völlig übersehen“ habe man offenbar, dass der größte Teil der Prostituierten aus Osteuropa stamme und mindestens 80 Prozent der Frauen wenig bis gar kein Deutsch sprächen. „Da braucht man Dolmetscher“, betont von Komorowski. „Mit Dolmetscher braucht man doppelt so lange“, sagt der Amtsarzt Martin Priwitzer zum Personalbedarf.

Auch Gerhard Mauch, der zuständige Dezernatsleiter beim baden-württembergischen Städtetag, vertritt diese Auffassung. Als „wirklichkeitsfremd“ bezeichnet er die bisherigen Pläne des Landes. Sollte sich daran nichts ändern, erklärt Mauch, wäre das neue Gesetz ein Fall von „Symbolpolitik“. Dabei sei das Problem nicht das fachlich zuständige Sozialministerium. „Das Finanzministerium braucht eine Bewusstseinserweiterung“, so Mauch. Für Alexis von Komorowsik steht fest: Wenn das Land nicht „ordentlich nachbessert“, erfülle das Gesetz seinen beabsichtigten „Schutzzweck“ nicht.

Inzwischen hat sich Landessozialminister Manfred Lucha (Grüne) in der Sache geäußert und angesichts der „höchst komplexen Aufgabe“ über die „knappe Umsetzungsfrist des Bundes an die Ländern“ geklagt. Bei der Kondompflicht für Freier etwa habe der Bund noch keine Hinweise gegeben, wie diese überwacht werden solle, so Lucha. Das Land müsse nun „ein schlecht gemachtes, hektisch zusammengestricktes und sehr bürokratisches Bundesgesetz so umsetzen, dass es wirklich dem Schutz der Prostituierten dient und nicht das Gegenteil bewirkt“.

In der Übergangszeit – das Ausführungsgesetz soll bis im Herbst fertig sein – will das Land die Aufgaben übernehmen, die Kommunen und Kreisen zugedacht sind. Man verweist auf seine Homepage, wo Informationen und Kontaktadressen zu finden sind.

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/i ... a9b81.html
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Beitrag von Kasharius »

Ich sag es ja: OFFENBARUNGSEID!

Kasharius grüßt

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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von friederike »

Hier ist die Antwort-Mail, die ich vom BMFSFJ (Bundesministerium für Gedöns (Gerhard Schröder)) erhalten habe. Es fällt auf, dass sich das BMFSFJ im Bereich des Allgemeinen bewegt:

"Sehr geehrte Frau ...,
vielen Dank für Ihre Mail.
Im Vorfeld muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass mir die rechtliche Würdigung von Einzelfällen auf Grund der gesetzlichen Zuständigkeiten ausdrücklich untersagt ist. Eine individuelle Rechtsberatung obliegt unter anderem Rechtsanwälten, Notaren und Betriebsvertretungen. Eine Rechtsverbindlichkeit lässt sich aus meiner Antwort deshalb in keinem Fall herleiten.
Zu Ihrer Anfrage gebe ich Ihnen jedoch sehr gerne folgende allgemeine Auskunft:
Grundsätzlich sind die Länder für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) verantwortlich und folglich auch für die nähere Ausgestaltung des Anmeldeverfahrens einschließlich der Bereitstellung etwaiger Informationsmaterialien im Rahmen des Informations- und Beratungsgesprächs nach § 7 Absatz 2 und 3 ProstSchG.
Derzeit bereiten die Bundesländer die zur Umsetzung erforderlichen landesrechtlichen Schritte vor; überwiegend ist in den Bundesländern jedoch noch keine abschließende Entscheidung dazu getroffen, welche Stellen und Behörden vor Ort in den jeweiligen Ländern für die Umsetzung des ProstSchG verantwortlich sein werden.
Die gesundheitliche Beratung wird größtenteils vom Gesundheitsamt durchgeführt, aber das Land kann auch eine andere Stelle für zuständig erklären.
Mit der Bescheinigung geht die anmeldepflichtige Person zur zuständigen Anmeldebehörde. Zuständig ist auch hier die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Person vorwiegend tätig sein möchte.
Länder können abweichende Regelungen zu der räumlichen Gültigkeit der Anmeldebescheinigung treffen.
Sie können sich mit Fragen zum Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) an das zuständige Ministerium in Hessen unter der folgenden Adresse wenden:

Hessisches Ministerium für Soziales und Integration
Dostojewskistr. 4
65187 Wiesbaden
Telefon (Zentrale): 0611 / 817 - 0
E-Mail-Adresse: poststelle@hsm.hessen.de
Internet: https://soziales.hessen.de/

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beabsichtigt, die Länder bei diesem Prozess zu unterstützen mit dem Ziel, die bundeseinheitliche Umsetzung des Gesetzes zu gewährleisten.
Um die Anmeldebehörden vor Ort und die in der Prostitution tätigen Personen zu unterstützen, arbeitet das BMFSFJ derzeit an der Bereitstellung von mehrsprachigen und zielgruppengerechten Informationsmaterialien zur Verwendung im Rahmen des persönlichen Informations- und Beratungsgesprächs. Dazu sollen über die Internetseite des BMFSFJ u. a. Textbausteine bereitgestellt werden, die bundesweit relevante Informationen zu den gesetzlich vorgeschriebenen Themenkomplexen des Informations- und Beratungsgesprächs nach § 7 ProstSchG umfassen, u. a. zur Rechtslage, zur Absicherung im Krankheitsfall, zu bundesweiten Hilfs- und Beratungsangeboten wie dem bundesweiten Hilfetelefon und zur Steuerpflicht. Die Bausteine können dann z.B. durch Länder oder Kommunen in ihre landes- und kommunalspezifisch regionalisierten Informationsmedien eingebunden werden.
Außerdem wird das BMFSFJ auf seinem Internetauftritt http://www.bmfsfj.de/ schrittweise wesentliche Fragen und Antworten (FAQs) bereitstellen, mit denen die interessierte Öffentlichkeit und andere Informationssuchende Basisinformationen zum Prostituiertenschutzgesetz erhalten können.

Unter folgendem Link finden Sie Informationen zum Gesetz und eine Materialiensammlung rund um das Thema Prostitution:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gle ... tion/80646

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Monika Holte
_______________________________________________
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Service-Team
Tel.: 030 201 791 30
montags bis donnerstags von 9 bis 18 Uhr
Fax: 030 18 555 4400
Internet: http://www.bmfsfj.de
E-Mail: info@bmfsfjservice.bund.de

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Beitrag von Kasharius »

@friederike

DER BUND/Das LAND HESSEN - Bei uns werden sie geholfen...

@all

und hier die neusten Meldungen zum Umsetzungsstand in der Hauptstadt nach dem Motto: Berlin ist sexy und ratlos. Die Fragen nach dem Runden Tisch werden wortreich unbeantwortet gelassen.

Protokoll der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung im Abgeordnetenhaus von Berlin vom 26. Juni 2017

https://www.parlament-berlin.de/ados/18 ... 008-ip.pdf

Kasharius grüßt :002

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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von Jupiter »

Danke Kasharius

Hieraus entnehme ich:

Bereits seit 2002 müssten Prostituierte bei den Gewerbeämtern eine Anmeldung vornehmen.
Daran ändere sich auch künftig nichts. Seine Verwaltung habe sich bemüht, einen einfachen, pragmatischen Weg zu finden und Parallelstrukturen zu vermeiden.

dass Berlin weiter auf die Anmeldung bei den Gewerbeämtern bestehen will. Ich finde es eine tolle Erkenntnis, dass Parallelstrukturen vermieden werden sollen.

Warum kann auf die Gewerbeanmeldung der SW nicht verzichtet werden. In anderen Bundesländern ist dies für SW nicht erforderlich.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Beitrag von fraences »

Berlin hat wohl rechtswidrig (wie auch in ein paar anderen Kommunen) gehandelt, denn nach Bund-Länder-Ausschuss "Gewerberecht : Prostitution ist auch nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes kein Gewerbe im Sinne der GewO. Selbständige Prostituierte müssen daher kein Gewerbe anzeigen, entsprechende Anzeigen sind abzuweisen.

In dieser Verwaltungs-Abhandlung wird ganz deutlich gesagt, dass die Ausübung der Prostitution als "höchstpersönliche" Dienstleistung kein Gewerbe ist. Damit kann § 14 GewO nicht greifen, denn wo nix Gewerbe, da nix Gewerbeordnung!

2. Bordellbetreiber/-innen sind als Gewerbetreibende anzuerkennen und haben ihr Gewerbe anzuzeigen.

Herbstsitzung 2009
des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“
106. Tagung am 4./5. November 2009

https://www.forum-gewerberecht.de/attac ... -2804.html
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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von Jupiter »

Danke Fraences für diese Klarstellung.

Dann kann nur im Sinne der SW gehofft werden, dass diese Erkenntnis bei Staatssekretär Boris Michael Velter (SenGPG) und in der Projektgruppe bei Frau Dr. Klinge ankommt bzw. umgesetzt wird.

Gruß Jupiter
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Beitrag von fidelio »

Auch von mir, danke Frances!

Als ich gestern, dass Protokoll durchlas, kam ich auch ins Grübeln. Schaut man sich Artikel 5 des ProstSchG an befasst sich dieser mit der Änderung der Gewerbeordnung. In der Begründung zum ProstSchG findet man dazu folgendes:

Nach wohl überwiegender Auffassung ist die persönliche Ausübung der Prostitution kein Beruf wie jeder andere und kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung. Auch wenn einige Kommunen Gewerbeanzeigen von Prostituierten entgegennehmen, besteht im Verwaltungsvollzug weitgehende Übereinstimmung, dass Prostituierte kein nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung anmeldepflichtiges Gewerbe ausüben. Angesichts der Besonderheiten der Prostitution ist dies auch sachgerecht, da anderenfalls z. B. die Grunddaten des Gewerbes (Name, betriebliche Anschrift, angezeigte Tätigkeit) gemäß §14 Absatz 5 Satz 2 der Gewerbeordnung allgemein zugänglich gemacht werden dürften. Gleichwohl besteht in der Praxis zum Teil Unsicherheit darüber, ob die Ausübung der Prostitution ein Gewerbe darstellt, das in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fällt. Mit der Änderung des § 6 Absatz 1 Satz 1 wird daher klargestellt, dass die Gewerbeordnung auf die persönliche Ausübung der Prostitution keine Anwendung findet. Mit dem Prostituiertenschutzgesetz nach Artikel 1 wird ein spezialgesetzlicher Regelungsrahmen geschaffen, der auch Vorschriften für die persönliche Ausübung der Prostitution umfasst. Dazu gehören insbesondere die Einführung einer Anmeldepflicht nach § 3 des Prostituiertenschutzgesetzes sowie ordnungsrechtliche Kontroll- und Eingriffsinstrumentarien. Es besteht daher kein Bedürfnis für eine subsidiäre Anwendung der Gewerbeordnung auf Prostituierte.

Davon zu unterscheiden ist der Betrieb eines Prostitutionsgewerbes. Hier handelt es sich um ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, so dass insbesondere auch eine Anzeigepflicht nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung besteht.

§ 6 Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung wurde zum 01.07.2017 entsprechend angepasst: https://dejure.org/gesetze/GewO/6.html

Ich bin mir nun nicht sicher ob sich Staatssekretär Boris Michael Velter (SenGPG) einfach nur unglücklich ausgedrückt hat und er meinte, dass die Gewerbeämter für die Umsetzung der Anmeldepflicht zuständig sein werden. In München ist für die Anmeldung für Prostituierte z.B. die Abteilung Sicherheit und Ordnung - Gewerbe Allgemeine Gefahrenabwehr zuständig.

Komplett falsch wäre aber die Aussage, dass sich die Sexarbeiter weiterhin als Gewerbetätige anmelden sollen/und können. Hier weis anscheinend die eine Hand nicht was die andere macht. Ein Armutszeugnis für unsere Staatsdiener.

-Fidelio

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RE: Umsetzung des deutschen ProstSchG: Erfahrungen

Beitrag von Ursa Minor »

Gewerbeanmeldung und versteuern des Einkommens ist voll ok.
Ich muss ehrlich sagen, ich blicke da nicht ganz durch.
Arbeitsbewilligung/Gewerbeanmeldung, es ist ein Gewerbe...

Betriebsbewilligung für Bordelle unter Auflagen. Steuer, Herkunft und Hintergründe der SW.

Kein Hurenpass, keine Zwangsuntersuchung. Wer sich als freischaffende SW anmeldet braucht keine Überwachung.

Leider wird dieses Gesetz wohl total am Ziel vorbeischiessen, Kriminalität und Zwangsprostitution keinen Zentimeter verhindern, aber die selbstständig gewerbetreibenden SW behindern.

Danke für die Infos @all

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Beitrag von Lady Tanja »

Um das Einkommen zu versteurn, ist eine Gewerbeanmeldung nicht notwendig. Es reicht eine Umsatzsteuer-Ident-Nr.

Anmeldepflicht = SW

Konzessionierung = Bordelle

Ich hoffe, ich konnte helfen.

Gruß,
LadyTAnja

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Beitrag von fraences »

@Ursa Minor

Warum gewerberechtliche Regelung nicht auf das Prostitutionstätigkeit passt:

Was wäre, wenn …
… Sexarbeit gewerberechtlich
reglementiert würde?


https://www.voice4sexworkers.com/wp-con ... ierung.pdf
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Beitrag von Kasharius »

Das Prostituiertenschutzgesetz ist quasi ein (auch) gewerberechtliches Spezialgesetz und schafft eigene Anmelde-und Konzressionierungstatbestände. ZUvor war die gewerberechtliche Anmeldung für SW entweder gar nicht möglich, oder jedenfalls - wie in Berlin - nicht erforderlich.

Übrigens sollte man all die ministerialen Offenbarungseide sammeln, dokumentieren und als Denkschrift dem kommenden Petitionsausschuss des Bundstages überreichen. Ich verfasse gerne das Vorwort und beteilige mich an den Druckkosten...

Konnte hoffentlich auch helfen.

Kasharius grüßt

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Beitrag von Lucille »

Hinweis am Rande

Meines Wissens kennt die Schweiz kein unserer deutschen Gewerbeordnung direkt vergleichbares Bundesgesetz.
( vergleiche http://www.wissen.de/lexikon/gewerbeordnung )

In Deutschland sind Gewerberegister öffentlich.
Es hat wohl einen Grund, warum die sogenannten freien Berufe wie z.B. Rechtsanwälte oder Ärzte nicht mit ihren Privatadressen darin stehen ;-)
Die Stalking-Gefahren für Heim und Familie sind nicht nur bei unseren hochstigmatisierten Berufen gegeben ...

Eine generelle Steuerpflicht auf Einkommen hat dem Grunde nach außer dem Wortstamm nichts mit diesem Gewerberegister gemein. Auch eine zusätzliche Veranlagung zur sogenannten Gewerbesteuer ist schlicht Einkommens-/Umsatzabhängig.
( ... lassen wir die bundesrechtlich nicht unbedingt abgedeckten Sonder- und Pauschalsteuerkassierereien mal außer acht)