ZDF-Doku „Bordell Deutschland“: Mit Fake News Stimmungsmach

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert
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fraences
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ZDF-Doku „Bordell Deutschland“: Mit Fake News Stimmungsmach

Beitrag von fraences »

Pressemitteilung:
ZDF-Doku „Bordell Deutschland“: Mit Fake News Stimmungsmache gegen ‚freiwillige Prostitution‘

Am Samstag, den 18.11.2017, sendet der TV-Sender ZDFinfo unter dem Titel „Bordell Deutschland“ eine Rotlicht-Reportage, die das Publikum diesmal nicht gegen die sogenannte „Zwangsprostitution“, sondern nunmehr gegen ‚freiwillige Prostitution‘ aufbringen soll. Die Rede ist von „dramatischen Zuständen“ in einem insgesamt „kriminellen Gewerbe“ der Prostitution. Doch die vermeintlich „ungeschönten Fakten“, die ZDFinfo präsentiert, sind nichts weiter als einer Mischung aus Lügen und Desinformation, wie Doña Carmen e.V. auf seiner Website in einem 20-seitigen Faktencheck detailliert belegt.
(vgl.: www.donacarmen.de/zdf-doku-bordell-deutschland/)

Entgegen den Behauptungen in der ZDF-Doku lässt sich nachweisen,

dass Deutschland keine „Drehscheibe von Menschenhandel“ ist, sondern in den Jahren 2014 und 2016 bei diesem Delikt die niedrigsten Opferzahlen seit 25 Jahren aufzuweisen hat;


dass ausweislich von Analysen des BKA sowie von EUROPOL die Rede von „Organisierter Kriminalität“ im deutschen Prostitutionsgewerbe ins Reich der Märchen und Legenden gehört;


dass die Behauptung einer ständigen Zunahme von Sexarbeiter/innen ein interessiert konstruiertes Bedrohungsszenario ist: Seit rund 15 Jahren stagniert die Zahl der Sexdienstleister/innen; ihr Anteil bezogen auf die gewachsene Bevölkerungszahl in Deutschland ist sogar rückläufig; sie war auch nie eine Folge der „Legalisierung der Prostitution“;


dass die jetzt vom ZDF kolportierte Behauptung, Prostitution sei gefährlicher als Krieg, auf einer einzigen Studie aus dem Jahre 2001 basiert, die von der Verfasserin selbst als „nicht repräsentativ“ bezeichnet wurde.
Hinzu kommt, dass neuerdings einzelne Prostitutions-Aussteigerinnen nach der Methode „pars pro toto“ instrumentalisiert und missbraucht werden, um sämtliche Sexarbeiter/innen als „traumatisiert“, gewaltbetroffen und extrem ausgebeutet hinzustellen.

Es ist ein Armutszeugnis für das öffentlich-rechtliche Fernsehen, wenn – entgegen den ZDF-Leitlinien – mit Lügen, Desinformation und Effekthascherei Fakten geleugnet und dem Publikum ein X für ein U vorgemacht wird.

Das ist Wasser auf die Mühlen jener, die mit dem Vorwurf der Lügenpresse etc. rechtextreme Politik in Deutschland salonfähig machen möchten.

Wer mit konstruierten Schreckens- und Bedrohungsszenarien auf Kosten von Sexarbeiterinnen Quote machen will; wer in politischer Mission unterwegs ist und mit der Propagierung des „nordischen Modells“ das Publikum auf eine polizeiliche Verfolgung von Prostitutionskunden einstimmen und der Sexarbeit damit das Wasser abgraben will, der betreibt Hetze gegenüber der mühsam errungenen rechtlichen Anerkennung von Sexarbeiter/innen und Prostitution als Beruf.

Man will „für Wirbel sorgen“. Aber der Staub, den man dabei aufwirbelt, kann nicht verdecken, dass die vermeintlichen Belege der ZDF-Doku zu dürftig und die Grundlage der Argumentation zu brüchig ist.

https://www.donacarmen.de/pressemitteilung-2/#more-1941


https://www.donacarmen.de/zdf-doku-bordell-deutschland/

ZDF-Doku „Bordell Deutschland“:
Wie das ZDF-Publikum verschaukelt wird
Mit Fake News Stimmung gegen ‚freiwillige Prostitution‘
Ein kritischer Kommentar von Doña Carmen e.V.

https://www.donacarmen.de/wp-content/up ... F-DOKU.pdf
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Fakten und Infos über Prostitution

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Beitrag von Doris67 »

Das belegt einmal mehr, was viele Sexabeiter/-innen, aus Erfahrung, schon seit Jahren sagen: Reglementierung von Sexarbeit ist mitnichten eine "Erlaubnis", sondern der Vorläufer ihres Verbots. Und zwar jedesmal.
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Lara Freudmann
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RE: ZDF-Doku „Bordell Deutschland“: Mit Fake News Stimmungs

Beitrag von Lara Freudmann »


Kindersoldaten für Abolitionisten - Produktion: ZDF

Nachweis:
https://www.weser-kurier.de/bremen/brem ... 67964.html
siehe: Kommentare
--- 18.11.2017 11:45
»ZDFinfo "Dokumentation"
Bordell Deutschland
www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/b ... n-102.html
Darin wird Andreas Marquardt als "Bürge" / "Kronzeuge" präsentiert, der den "Erkenntnissen" der "Dokumentation" Glaubwürdigkeit geben soll. Marquardt wird an seinem Arbeitsort für Kampfsport gezeigt. In einer Sequenz ist zu sehen, wie er Kindern den effektiven Einsatz von Gewalt mit militärischer Präzision vermittelt. Auf seinen Befehl führen die Kinder Schläge gegen Kopf und Bauch imaginärer Gegner aus. Das wird redaktionell wohlwollend !!! kommentiert."
«
https://presseportal.zdf.de/pm/bordell- ... info-doku/
--- 18.11.2017 11:44
»Weder vor Dehumanisierung ... noch vor der Verwendung zweifelhafter Bürgschaften Ex-Krimineller, deren paramiltärischer Drill an Kindern als humane Errungenschaft erscheint ..., wird ... halt gemacht.«

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hapebe
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Beitrag von hapebe »

Der Online Link, wo auch der Online-Stream zu finden ist:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinf ... n-102.html
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lemon
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Video als Datei?

Beitrag von lemon »

Ich kann das Video im Ausland scheinbar nicht abrufen, obwohl ich es in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr versucht habe. Hat jemand das Video als Datei?
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Bild

http://researchprojectgermany.wordpress.com

Lara Freudmann
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RE: ZDF-Doku „Bordell Deutschland“: Mit Fake News Stimmungs

Beitrag von Lara Freudmann »

@lemon
Ati observat diferenta in timpul local?
In Grecia, documentatia este deblocata.
De la ora 23 locala.

@toti
»Weder vor Dehumanisierung ...
noch vor der Verwendung zweifelhafter Bürgschaften Ex-Krimineller,
deren paramiltärischer Drill an Kindern als humane Errungenschaft erscheint ...,
wird ... halt gemacht.
« (vezi mai sus)

Andreas Marquardt -
De la simplu soldat al crimei la sergent de abolitionismului
Pregatire de lupta.
- Repetarea traumatica?
- In beneficiul copiilor?

Extrase din documentatie:

https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinf ... n-102.html

Andreas Marquardt - pregatire de lupta cu copii
ca. 00:28:23 - 00:28:30
"Linke Hand zum Kopf, rechte Hand zum Bauch … eins, zwei"

Opinia redactia
ca. 00:28:09 bis 00:28:22
"Erst durch eine Therapie hat sich sein Frauenbild verändert
und er hat verstanden, was ihm in seiner Kindheit angetan wurde.
Heute kümmert er sich mit seinem Verein um Kinder,
will Ihnen Selbstbewusstsein geben.
Auch um Missbrauch vorzubeugen
"

ca. 01:26:10 bis 01.26:11
"Marquardt war selbst Täter.
Aber auch er leidet unter seiner Zeit in der Prostitution.
"

Andreas Marquardt
ca. 01.26:13 bis 00:28:30
"Ich werde nachts wach, Schweiß gebadet, rede im Schlaf,
Ja ich schrei ab und zu im Schlaf ja
Man hat die Bilder schon im Kopf,
wenn man jemand so erniedrigt hat,
der weint vor einem
oder hockt da und kauert sich zusammen
und dann ist der vielleicht gerade geschlagen worden
und der tut mir och Leid,
aber ich kann det nicht wieder gut machen
"

ca. 01:26:28
"Vielleicht kümmert ich mich auch deswegen so um Kinder,
um so'ne Art Wiedergutmachung zu haben.
"
Zuletzt geändert von Lara Freudmann am 20.11.2017, 20:00, insgesamt 5-mal geändert.

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Snickerman
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Beitrag von Snickerman »

Und wie zu erwarten war, kommt SPON mal wieder wie der Kasper aus der Kiste gesprungen und betet strunzdumm und ohne nachzudenken- oder gar einen Faktencheck zu machen- einfach alle Aussagen der Doku nach.
Und windet sich in erregtem Entsetzen...

http://www.spiegel.de/kultur/tv/bordell ... 77716.html

Zitat: "Nach zwei Minuten ist klar, wohin die Reise geht. Nach fünf Minuten steht die Tendenz der Dokumentation endgültig fest. Nach fünfzehn Minuten ist das Elend kaum mehr auszuhalten, sind Opfer, Profiteure und Urheber der Malaise benannt und bekannt. Aber da muss man nun durch. "Bordell Deutschland" ist die umfassendste Recherche, die bisher zum Thema Prostitution im deutschen Fernsehen zu sehen war."

Nein. Nein, nein und nochmals nein. Ich bin so müde.

Erst kommt die Medienkampagne... dann springen Prominente auf... dann bekommen Politiker Druck... dann kommen Gesetze...
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

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lust4fun
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RE: ZDF-Doku „Bordell Deutschland“: Mit Fake News Stimmungs

Beitrag von lust4fun »

Heute in der taz:

Sexuelle Gewalt und Prostitution

"Auch wenn sie für viele unangenehm sein mögen: Öffentlich sichtbare Freierkampagnen, die uns als respektable Personen darstellen, wären wirkungsvoller als übergriffige Zwangsregistrierungen. Denn nicht wir sind das Problem, sondern das fatale Bild, das ihr von uns habt."
(Die Autorin ist Sexarbeiterin und schreibt hier unter Pseudonym.)


http://taz.de/%215461127/

Boris Büche
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RE: ZDF-Doku „Bordell Deutschland“: Mit Fake News Stimmungs

Beitrag von Boris Büche »

. . . Sie sahen eine Produktion von SISTERS e.V..

Könnte man sagen. Die federführende Expertin Ingeborg Kraus (Gründungsmitglied) und die Zeugin Sandra Norak
(später hinzugekommen) bestimmen neben Manfred Paulus weitgehend, wie das Fernsehvolk die Sache ansehen soll.

Der Autor Christian Paul Stracke ist entweder knallhart investigativ tätig, und dass wir über seine berufliche
Identität / vorige Produktionen fast nichts finden, dient dem Inkognito -
oder er ist ein grüner Neuling, dem man ziemlich alles erzählen kann (was ich für wahrscheinlicher halte).

Auf der Tonspur viel gefahrdräuende Musik.
Ein Mix aus Sex und Grusel.
Halbwegs solide Propaganda.

Ich habe ja nicht geglaubt, dass der Film 100%ig abolutionistisch sein würde. Gestern gesehen - doch, so ist's!

Besonders bedenklich finde ich die offene Dekonstruktion der Selbstvertretungen der Prostituierten. Speziell *Stephanie*
und dem BSD e.V. wird jede Legitimation abgesprochen, im Namen der SexarbeiterInnen tätig zu sein; eine Tarnorganisation
der Bordellbetreiber sei es, wird nahegelegt.

Mindestens in diesem Zusammenhang überschreitet der Film beweisbar die Schwelle von der Verzerrung zur Fälschung.
Dafür verbürge ich mich, denn über einen behaupteten Vorgang weiß ich als Urheber mehr als sonst jemand. So schlampig
kann man nicht arbeiten, auch als Greenhorn nicht, das war Absicht!
(werde ich juristisch prüfen, daher keine Einzelheiten für den mitlesenden Gegner hier)

FAKE NEWS? Ja. eindeutig. Schande!!!

Ich glaube, wir haben es hier mit der ersten Welle der neuen Phase abolutionistischer Propaganda zu tun. Bald kommt mehr.
Ab 01.01.2018 wird das (vorhergesagte) Scheitern des ProstSchG flächendeckend offensichtlich. Bisher verdecken
Übergangsfristen, dass eine gesetzeskonforme Registierung von Betrieben / freiberuflich Arbeitenden von den Behörden
(fast) nirgendwo ermöglicht wurde. Ab Januar: Graubereich für alle.

Die Gegenseite ist vorbereitet. Sind wir es auch?

Fragender
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Beitrag von Fragender »

Ehrlich geschrieben muss ich sagen, dass auf mich als ehemaligen Kunden, der den Service aus persönlichen Gründen schon sehr lange nicht mehr genutzt hat und sehr wahrscheinlich auch nie mehr nutzen wird, sowohl das am 1. Juli in Kraft getretene Gesetz als auch solche Sendungen, obwohl ich sie nicht gesehen habe, einen gewissen Eindruck machen. Nicht unmittelbar, denn wie die Stellungnahme von Dona Carmen zeigt, gibt es ja Fakten, die dagegen sprechen.

Nur gibt es jenseits dieser Fakten möglicherweise noch eine andere Wahrheit, nämlich die, dass zwar die große Mehrheit der in der Sexarbeit tätigen Personen von niemandem direkt gezwungen wird, sich aber trotzdem mit der Arbeit so schlecht fühlt, dass sie sich wünscht, sie nie gemacht zu haben. Und leider trägt der kaum wahrzunehmende Widerstand der SexarbeiterInnen gegen das ProstSchG und solche Sendungen nicht gerade dazu bei zu zeigen, dass sie von ihrem Beruf mehrheitlich überzeugt sind. Wenn bei einer Demo für Sexarbeiterrechte nur eine handvoll Personen da sind, ist das eben nicht besonders überzeugend, jedenfalls nicht in die gewünschte Richtung.

Ich bin mir zwar völlig darüber bewusst, dass es in dem Beruf nicht leicht ist, sich durch Eintreten für Rechte möglicherweise zu outen, aber es geht um die Existenz und wer sollte sonst dafür eintreten? Viele andere als die SexarbeiterInnen selbst hätten da sicher ein Problem, für glaubwürdig gehalten zu werden.

Too long, did not read: Das Fehlen von breitem Widerstand durch SexarbeiterInnen selbst trägt nach meiner Auffassung dazu bei, dass auch Personen, die die in solchen Sendungen genannten "Fakten" skeptisch sehen, anfangen sich zu fragen, ob der Grundtenor nicht trotzdem stimmt.

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friederike
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RE: ZDF-Doku Bordell Deutschland:Mit Fake News Stimmungsmach

Beitrag von friederike »

Dieser Kommentar ist nicht ganz fair zu den vielen engagierten Frauen und Männern, die sich in Anhörungen und Veranstaltungen gegen das ProstSchG ausgesprochen haben. Es hat durchaus auch Gegenstimmen gegeben, zum Beispiel von der NRW-Landesregierung und anderen.

Das Problem ist, dass SexarbeiterInnen zur arbeitenden Bevölkerung gehören und sich darauf konzentrieren. Aus den sattsam bekannten Gründen fällt es diesen Menschen schwer, sich zu organisieren und in der Öffentlichkeit aufzutreten.

Die Gegenseite besteht hingegen aus beruflich und persönlich gescheiterten Personen, die nun ihr Heil und Einkommen in der Moral- und Hilfswerkindustrie suchen. Auch dort gibt es einen relativ kleinen Kreis von Engagierten (Demonstrationen für das ProstSchG sind auch selten und spärlich besucht), aber dort hat man Zeit und Muße, Desinformation zu betreiben.

Es wäre Aufgabe einer kritisch-informativen Presse- und Medienlandschaft, ganz vorne dran des zwangsgeldfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks, gründlich zu recherchieren und ausgewogen zu berichten. Deswegen ist die ZDF-Reportage so skandalös.

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RE: ZDF-Doku „Bordell Deutschland“: Mit Fake News Stimmungs

Beitrag von Melanie_NRW »

https://researchprojectgermany.wordpres ... -wahrheit/

ergänzend ... auch wenn das schon 2-3 jahre zurück liegt
Ein Freund meinte, ich hätte Wahnvorstellungen. Da wäre ich fast von meinem Einhorn gefallen!

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Beitrag von Kasharius »

@Friederike

volle zustimmung.

@all

Ich habe den Beitrag nicht gesehen, und wenn ich Euer "Feedback" hier lese, weis ich auch warum...

Ich bin kein Medienrechtler aber gegen einmalig ausgestrahlte Sendungen juristisch vorzugehen ist nicht leicht.

Vielleicht aber könnten sich Bufas, BeSD und BSD in einer gemeinsamen Erklärung an den Deutschen Presserat und den ZDF-Verwaltungsrat wenden.

Kasharius grüßt sehr solidarisch

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Tilopa
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Beitrag von Tilopa »

@Boris: Danke, dass du es auf dich genommen hast, dir die "Doku" anzusehen und die Figuren im Hintergrund ein wenig beleuchtest. Ich hatte schon vermutet, wer da die zwangsgebührenfinanzierten Fäden zieht, und sehe das voll bestätigt. Und du fasst das Dilemma gut zusammen:
"Die Gegenseite ist vorbereitet. Sind wir es auch?"

Dass mit dem gewollten Scheitern der neuen Gesetzgebung die nächste Welle reaktionärer Politik und Propaganda kommt, halte ich ebenfalls für sehr wahrscheinlich. Und wir sind strukturell im Nachteil: Wir müssen, wie @Friederike betont, einer Erwerbsarbeit nachgehen und haben auch keinen Zugriff auf Steuergelder zur Finanzierung unserer Machenschaften. Über eine Abwehrstrategie bin ich leider ziemlich ratlos.
Vielleicht können die Älteren sich erinnen: Was war anders vor 15 Jahren, als wir noch in der Offensive waren? Als Kind der bleiernen Merkel-Jahre fühlt es sich an, als wäre das eine Ewigkeit her...

Die tiefere Wahrheit ist jedenfalls: Man versucht schon seit Jahrhunderten, uns zu unterdrücken und alle Versuche waren nicht von Dauer, denn wir sind immer noch da. Weil wir uns von selbsternannten Tugendwächtern unsere Menschenrechte nicht nehmen lassen. Bestehen wir auf unsere Freiheiten und halten wir den modernen Spießbürgern weiter vor, wie menschenverachtend und kleinlich sie in Wirklichkeit sind.

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Doku bei YouTube

Beitrag von lemon »

Es hat jemand die Doku bei YouTube einstellt. Hier ist der Link. (Danke fuer den Tipp, Melanie.)
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Jede Straßenprostituierte ist eine Demonstrantin für SW Righ

Beitrag von floggy »

Der Widerstand gegen das ProstSchG war grandios. Viele Sex Workers haben sich verschuldet und
Lohnausfall hingenommen und über ihre Kräfte sich engagiert. Ich weiß keine vergleichbar kleine
Randgruppe, die soviele Unterstützer und Unterstützerinnen für sich gewinnen konnte, auch wenn
sie durch strukturelle Ausgrenzung bedingt, nicht den Organisationsgrad erreicht hat, der Dir,
Fragender und Interessierter Außenstehender, vorschwebt. Nach eigenem Bekunden trägst Du dann
aber doch Deine Auffassung vor. Ich bin seit Dezember 2012 engagiert, und ich habe soviele
Menschen persönlich oder durch ihr Statement kennengelernt, dass ich es jetzt bereue, nicht die
Liste zusammengestellt zu haben, die mir in Gedanken vorschwebt. Sie wäre endlos lang. Der
Widerstand war und ist emotional überwältigend. Kennst Du die weltweit von der Sex Workers'
Rights Movement durchgeführte Aktion vom 19. Juli 2013 anläßlich Jasmine For Ever und Dora?
Kennst Du die Frankfurter Erklärung vom Frühjahr/Sommer 2013 mit Tausend Unterzeichnern und
bewegenden Statements und der Anzeige in der taz? Kennst Du Berlins berühmteste Bulgarin, die
AS in der Urania gestellt hat, und worüber https://daserste.ndr.de/panorama/archiv ... ma4785.pdf
berichtet hat? Warst Du dabei als Felicitas in die Urania eingeladen hat? Kennst Du Doña Carmen e.V,
Verein für die politischen und sozialen Rechte von Prostituierten in Frankfurt, einem putzigen Verein
mit überwältigend durchschlagender Wirkung, der eine Verfassungsklage in Karlsruhe aus dem Boden
gestampft hat, und die Protestaktion vom 13. Juni 2015 vergessen? Und die vielen Verbände und Vereine der
Zivilgesellschaft, die sich gegen die Zwangsmaßnahmen der GroKo gestellt haben? Wie kannst Du höchst
einander widerstrebende Kräfte "Widerstand der SexarbeiterInnen gegen das ProstSchG" und "solche Sendungen"
in einem Satz verwenden und diese dann auch noch durch ein "und" miteinander in Beziehung bringen, ohne
Dich der Suggestion verdächtig zu machen? Wieviel bitte ist eine handvoll Personen? Und wer sollte sonst
dafür eintreten? ist eine rethorische Frage von Dir. Nun, die Schar an Unterstützern und Unterstützerinnen
meiner endlos langen Liste, die nicht enden will, je länger ich durch die letzten fünf Jahre Widerstand
blättere. Mach' mit! Und Du wirst sehen.
Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.

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Beitrag von Lucille »

@floggy
Danke, das mußte wirklich mal erinnert werden!

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Beitrag von Kasharius »

@Fragender

ich respektiere Deine subjektive Wahrnehmung, würde aber hier auch auf den grandiosen Faktencheck von @floggy verweisen.

Zum Beitragselbst, den ich mir jetzt doch mal, zumindest in Auszügen (mehr verkrafte ich nicht...) angetan habe folgendes:

Man mag es ja noch mit der Presefreiheit in Einklang zu bringen, wenn ich mich als Autor eine Beitrages einer eigenen Grundthese berühme. Es wird eben dann problematisch wenn ich offen oder sugestiv scheinbare Fakten referieren, die nachweislich nicht stimmen. Hierauf hat ja auch der "putzige" Verein Dona Carmen schon im Detail hingewiesen. In diesem Zusammenhang finde ich auch den Umgang mit dem BSD und Stepanie Klee - vorsichtig ausgedrückt - grenzwertig. Stephanie Klee ist oder war nach meiner Kenntnis weder Betreiberin noch Domina oder sonst in irgendeiner Form mit dem organisiertem kriminellen Milieu verbunden (so aber wird es im Beitrag referiert/suggeriert). Betreiber von Bordellen, schon gar nicht die Funktionsträger der Verbände von BSD und BeSD sind Arbeitgeber von Sexarbeiterinnen (so aber wird es im Beitrag referiert). Stephanie Klee ist langjährige u n d in Politik und Fachwelt hoch annerkannte Expertin und Hurenaktivistin für die ich persönlich, was Ihre Lauterkeit und Seriosität angeht, beide Hände und Füsse (letzteres brauch ich ja eh nicht...) ins Feuer lege. Sie wie in dem Beitrag geschehen, als bloße Lobbyistin zu diffamieren ist nicht nur absurd, sonden wohlfeil. Im Übrigen müssten sich dieses Etikett dann auch Frau Constabel, Frau Ackermann oder Frau Mau anheften, den auch sie betreiben Lobbyarbeit (was im übrigen für sich genommen ja gar nicht verwerflich ist...). Das sog. Lobbygruppen Einfluss auf den Gesetzgeber nehmen und damit mal mehr (Autoindustri) mal weniger (Sexarbeiter) erfolgreich sind ist auch nichts wirklich neues...

Das Gilt auch für die immer wieder vorgetragene Behauptung BeSD und BSD würden nur eine elitäre Minderheit vertreten die sich anmaßt, die Mehrheit der SW zu vertreten und in Wahrheit nur Ihre eigenen Interessen meinen. Auch diesen Vorwurf müssten sich die Sister & co.ja dann gleichermaßen gefallen lassen.

Im übrigen kenne ich das aus meiner behindertenpolitischen Arbeit: Wenn wir uns für mehr Integration oder wegen mir Inklusion einsetzten wurde uns entgegnet, woir sprächen ja nur für die kognitiv fitten unter uns. Aber was sei den mit den armen schwerstmehrfschbehinderten die sich niht selbst vertreten könnten...Die das sagten waren die Betreiber von Sonderschulen, Heimen und Werkstätten - also die Vertreter der Verwahrungsindustrie. Kommt Euch dieser Mechanismus bekannt vor...

Seid getrost und Unverzagt.

Ich bleibe an Eurer Seite

Kasharius grüßt

Fragender
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Beitrag von Fragender »

Die meisten dieser Projekte kenne ich tatsächlich, mitmachen werde ich aber ganz sicher nicht, s.u.

Es geht mir doch nicht darum, einfach nur meine persönliche Meinung kund zu tun oder gar die Leute nieder zu machen, die sich engagiert haben. Die tiefgründigere implizite Frage lautet viel mehr: Wenn selbst ich, der ich mich durchaus aus den genannten Quellen und über die Projekte informiere, den Widerstand als zu gering empfinde, um mich festlegen zu können, welche Meinung zu Prostitution die richtige ist, wie sieht das dann erst einmal in der öffentlichen Wahrnehmung aus, die von diesen Aktionen so gut wie nichts mitbekommt? Wieviele Zuschauer sehen denn "Bordell Deutschland" und wie wenige lesen die Stellungnahme von Dona Carmen?

Deswegen finde ich, dass ein Protest, um erfolgreich zu sein, so groß werden und derart gestaltet sein müsste, dass niemand mehr ihn ernsthaft als Protest überwiegend einer Profiteurlobby, die außerhalb der SexarbeiterInnen selbst liegt, oder als Protest einer nur kleinen Minderheit privilegierter SexarbeiterInnen bezeichnen kann - da sehe ich ihn momentan aber nicht.

Und bei allem Respekt gegenüber Dritten, die da eine andere Auffassung als ich vertreten und sich engagieren - wenn ich als heterosexueller Mann mich engagieren würde, wüsste ich zwar, dass es mir da nicht um egoistische Motive aus männlicher Sicht gehen würde, könnte aber im Geiste diejenigen lachen hören, die den Protest eben nur als Aktion einer Profiteurlobby ansehen.
Zuletzt geändert von Fragender am 23.11.2017, 15:45, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Kasharius »

@fragender

zunächst dank für Deine weiteren Erläuterungen. Ich persönlich Denke die richtige Haltung zu Prostitution ist - wie bei allen anderen Themen auch - eine differenzierte. Es ist immer schlecht oder populistisch oder wie man es auch immer nennen will, Verallgemeinerungen zuverabsolutieren. Du bedienst Dich dieser Methode nicht, der hier in Rede stehende Beitrag aber - zum Teil offen, zum Teil subtil - aber schon.

Und ein Protest ist nicht unbedingt dann wirksam, wenn sich viele daran Beteiligen. Es hängt von vielen Faktoren, sicher aber auch vom sozialen Status der Protestierenden ab.Sexarbeit begegnet noch immer einer bigotten Doppelmoral. Zudem wird ihr ein volkswirtschaftlicher Nutzen -aus meiner Sicht zu unrecht - gänzlich abgesprochen. Das meint wohl Steffi Klee wenn sie in dem Beitrag sinngemäß ausführt, es gebe keine Bündnisse, da Niemand mit ihnen (gemeint sind wohl Sexarbeiterinen) Bündnisse schließen will.

Schließlich bin ich weiter der Überzeugung, daß die Proteste der SW-Bewegung sehr wohl etwas bewirkt hat und zwar auch hinsichtlich der aktuellen Gesetzgebung...

Ich freue mich auf weitere Beiträge.

Kasharius grüßt