MUSS ESCORT-BEGLEITERIN FUER FOTOSHOOTING-KOSTEN AUFKOMMEN?
22. Mai 2018
Das AG Muenchen hat entschieden, dass Fotoshooting-Kosten fuer eine beabsichtigte Aufnahme in eine Escort-Agentur nicht einseitig dem jeweiligen Bewerber aufgebuerdet werden koennen.
Worum ging es?
Die Klaegerin betreibt eine Escortservice-Agentur. Die Beklagte, eine 26-jaehrige alleinerziehende Mutter aus Muenchen, bewarb sich in schwieriger finanzieller Situation aufgrund einer entsprechenden Anzeige im Internet im Herbst 2013 bei der Escort-Agentur. Die Agentur versprach der jungen Frau, dass eine Zusammenarbeit mit ihr diese Probleme loesen wuerde. Das Model wurde darauf hingewiesen, dass vor einer moeglichen Vermittlung an den Stammkundenpool der Agentur zuvor professionelle Fotoaufnahmen gefertigt werden muessten, deren Kosten die 26-Jaehrige zu tragen habe. Es wurde mit zugesandtem und von der Beklagten unterschriebenem Vertragsformular ein persoenlicher Vorstellungs- und Fotoshootingstermin im September 2013 in Hamburg vereinbart.
Als der Beklagten aufgrund des mit der Fahrt nach Hamburg verbundenen Aufwands Zweifel kamen, erkundigte sie sich bei der Agentur einige Tage vorher nach den Kosten des Fotoshootings. Die Klaegerin antwortete, dass die Kosten hierfuer - wie im bereits uebermittelten Vertrag vorgesehen - 800 Euro netto betragen wuerden. Die 26-Jaehrige meinte daraufhin, dass ihr diese Kosten zuvor nicht bewusst waren und dass sie wegen der hohen Kosten nicht mehr bereit sei, den Termin in Hamburg wahrzunehmen.
Daraufhin erklaerte die Escort-Agentur, dass sie diese Kosten vorschiessen koenne und die Beklagte die Kosten sodann mit ihren ersten Auftraegen abarbeiten koenne, woraufhin die Beklagte nach Hamburg fuhr. Dort wurde ihr von der Klaegerin wiederum zugesichert, dass sie sich um die Fotokosten keine Sorgen machen muesse, da sie in Kuerze ein Vielfaches mit den Auftraegen verdienen werde. Als sich beim Fotoshooting dann herausstellte, dass das Wetter fuer Aussenaufnahmen in Unterwaesche und Bikini zu kalt war, wurden spontan noch zwei Hotelzimmer fuer Fotoaufnahmen zum Preis von 700 Euro gebucht. Nachfolgend kam es zu keiner Auftragsvermittlung. Die Escort-Agentur behauptet, man habe sich vor Ort in Hamburg darueber geeinigt, dass die junge Frau neben den Kosten fuer das Fotoshooting auch die Kosten der Hotelmiete zu tragen habe. Zudem habe sie nochmals ausdruecklich zugestimmt, dass sie die gesamten Kosten des Fotoshootings tragen werde. Die Vermittlung von Auftraegen sei an mangelnder Bereitschaft und fehlenden Englischkenntnissen der Beklagten gescheitert.
Fotoshooting-Kosten koennen nicht einseitig Bewerbern aufgebuerdet werden
Das Amtsgericht (AG) Muenchen hat die Klage der Escortagentur auf Erstattung von Fotohootingskosten von 952 Euro und damit zusammenhaengender Hotelzimmerkosten von 700 Euro abgewiesen.
Nach Auffassung des Gerichts sei die Kostenregelung zu Lasten des Models unwirksam, da sie dem Verwendungsgegner entgegen der Gebote von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten. Die Bilder wuerden ausdruecklich "ausschliesslich" der Agentur uebergeben. Der Verwendungsgegner verpfichtete sich sogar, es zu unterlassen, das Fotostudio um eine Ueberlassung der angefertigten Bilder zu ersuchen. Es sei dem Verwendungsgegner sogar untersagt, selbst Bilder anfertigen zu lassen. Dies lasse in der Gesamtschau nur den Schluss zu, dass die Aufnahmen einzig im Interesse des Verwenders angefertigt wuerden. Daher benachteilige die Regelung den Verwendungsgegner unangemessen. Hierfuer spiele es keine Rolle, ob entsprechende Regelungen branchenueblich seien. Die Branchenueblichkeit einer unangemessenen Regelung allein koenne nicht zur Angemessenheit der Regelung fuehren.
Selbst wenn, wie von der Klaegerin behauptet, dass die Beklagte vor Ort zugestimmt haette, die Kosten des Fotografen sowie die Hotel-Kosten zu uebernehmen, koennte sich die Klaegerin wegen des Verbots widerspruechlichen treuwidrigen Verhaltens nach § 242 BGB nicht darauf beruhen. Die Beklagte hatte in Kenntnis der maximalen Kosten und der Moeglichkeit eines "Abarbeitens" dieser Kosten ihre urspruengliche Meinung geaendert und war zum Fototermin gereist. Sofern sie - den Vortrag der Klaegerin als wahr unterstellt - dort aufgrund des Mitte September in Hamburg fuer Bikini- und Unterwaescheaufnahmen zu kalten Wetters der Kostentragung bezueglich der Hotelkosten zugestimmt habe, um eine kostenintensive und aufwaendige Verschiebung des Termins zu verhindern, erfolgte diese Zustimmung ersichtlich nur aufgrund der von der Escort-Agentur herbeigerufenen Zwangslage.
Das Urteil ist nach Zurueckweisung der Berufung der Klaegerin am 13. Maerz 2018 rechtskraeftig.
tsp
https://www.wbs-law.de/allgemein/muss-e ... men-77327/
Dieses Video ist nicht von der obigen Anwaltskanzlei, sondern von jemand anders.
Muss Escort-Dame fuer Fotoshooting-Kosten aufkommen?
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Re: Muss Escort-Dame fuer Fotoshooting-Kosten aufkommen?
@deernhh
super. Vielen dank für das Einstellen dieser sehr bemerkenswerten Entscheidung.
Kasharius grüßt
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Kasharius grüßt
Online
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Re: Muss Escort-Dame fuer Fotoshooting-Kosten aufkommen?
Auch ich sage ein herzliches Danke!
christian
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Re: Muss Escort-Dame fuer Fotoshooting-Kosten aufkommen?
Danke schoen!
Hier noch das Aktenzeichen zum obigen Fall:
Urteil des AG Muenchen vom 01.08.2018
Az: 243 C 8000/16
Quelle: Pressemitteilung Nr. 37/2018
des AG Muenchen vom 01.08.2018
https://www.jurion.de/news/378466/AG-Mu ... Begleiter/
Hier noch das Aktenzeichen zum obigen Fall:
Urteil des AG Muenchen vom 01.08.2018
Az: 243 C 8000/16
Quelle: Pressemitteilung Nr. 37/2018
des AG Muenchen vom 01.08.2018
https://www.jurion.de/news/378466/AG-Mu ... Begleiter/
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Re: Muss Escort-Dame fuer Fotoshooting-Kosten aufkommen?
Danke.
Kasharius grüßt
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