Länderberichte SCHWEDEN:
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Auch das gibt es in Schweden.
Schwedisches Einverständnis-Gesetz
Erstmals Mann verurteilt, weil Frau nicht in Sex eingewilligt hat
Seit einem Jahr gibt es in Schweden ein Gesetz, das eine klare Zustimmung beider Partner zu sexuellen Handlungen vorschreibt. Nun haben die Obersten Richter des Landes ein erstes Urteil auf dieser Grundlage gefällt.
Donnerstag, 11.07.2019 12:43 Uhr
In Schweden hat das Oberste Gericht erstmals ein Urteil auf Grundlage des Einwilligungsgesetzes zur Zustimmung beim Sex gesprochen. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes wurde ein 27-jähriger Mann von den Stockholmer Richtern unter anderem wegen sogenannter unachtsamer Vergewaltigung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Das neue Gesetz war am 1. Juli 2018 in Kraft getreten. Es legt fest, dass beide Partner ausdrücklich und klar erkennbar mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden sein müssen. Alles andere wird als Vergewaltigung gewertet, auch wenn sich der Partner nicht körperlich wehrt oder Nein sagt. Passivität soll damit nicht als stilles Einverständnis interpretiert werden können. "Oaktsam våldtäkt" bedeutet wörtlich übersetzt "unachtsame Vergewaltigung" und ist im Deutschen am ehesten mit dem Begriff "fahrlässig" zu vergleichen.
Bislang sechs Urteile von niedrigeren Instanzen
Die Vorinstanz hatte den Mann zunächst wegen Vergewaltigung zu drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Angaben schwedischer Medien zufolge wurden wegen des neuen Straftatbestandes der unachtsamen Vergewaltigung bislang sechs Personen von niedrigeren Instanzen verurteilt. Der Beschluss des Obersten Gerichts dürfte nun wegweisend für die Rechtsprechung anderer schwedischer Gerichte sein.
Das Strafmaß für unachtsame Vergewaltigung legte das Gericht auf acht Monate fest. Der Mann wurde darüber hinaus wie bereits von der Vorinstanz wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen und sexueller Belästigung verurteilt.
In dem konkreten Fall übernachtete der Mann bei einer Jugendlichen, mit der er zuvor seit Längerem über soziale Netzwerke Kontakt gehabt hatte. Die Frau hatte zugestimmt, dass er bei ihr über Nacht blieb, soll aber auch klargemacht haben, dass sie keinen Sex mit ihm wolle. Dennoch führte er in der Nacht laut Gericht seine Finger in ihren Unterleib ein, die Frau nahm dies passiv hin und stimmte nicht ausdrücklich zu.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann sexuelle Handlungen durchgeführt habe, ohne dass die Frau freiwillig daran teilgenommen habe. Am Urteil ändere auch die Tatsache nichts, dass sich die beiden darüber einig gewesen seien, im selben Bett zu liegen, und dass sie nur noch Unterwäsche angehabt hätten. Der Mann habe zwar nicht vorsätzlich, dafür aber grob fahrlässig gehandelt.
Der Mann bestritt, eine Straftat begangen zu haben. Er gab an, gedacht zu haben, die Frau habe Sex haben wollen. Er verwies zudem darauf, dass er die sexuellen Handlungen abgebrochen habe, als er gemerkt habe, dass die Frau nicht weitermachen wolle.
In Deutschland muss Ablehnung geäußert werden
In Schweden wird seit der Einführung des Gesetzes diskutiert, was als verbale oder nonverbale Zustimmung gilt. Die schwedische Regierung hatte das neue Gesetz nach der #MeToo-Debatte 2017 vorangetrieben.
In Deutschland wurde das Sexualstrafrecht 2016 reformiert. Seitdem heißt der Grundsatz "Nein heißt Nein". Demnach muss ein Vergewaltigungsopfer - anders als in Schweden - aktiv werden und mit Worten oder Gesten zum Ausdruck bringen, dass es keinen Sex möchte.
cop/dpa
https://m.spiegel.de/panorama/justiz/sc ... 76878.html
Schwedisches Einverständnis-Gesetz
Erstmals Mann verurteilt, weil Frau nicht in Sex eingewilligt hat
Seit einem Jahr gibt es in Schweden ein Gesetz, das eine klare Zustimmung beider Partner zu sexuellen Handlungen vorschreibt. Nun haben die Obersten Richter des Landes ein erstes Urteil auf dieser Grundlage gefällt.
Donnerstag, 11.07.2019 12:43 Uhr
In Schweden hat das Oberste Gericht erstmals ein Urteil auf Grundlage des Einwilligungsgesetzes zur Zustimmung beim Sex gesprochen. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes wurde ein 27-jähriger Mann von den Stockholmer Richtern unter anderem wegen sogenannter unachtsamer Vergewaltigung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Das neue Gesetz war am 1. Juli 2018 in Kraft getreten. Es legt fest, dass beide Partner ausdrücklich und klar erkennbar mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden sein müssen. Alles andere wird als Vergewaltigung gewertet, auch wenn sich der Partner nicht körperlich wehrt oder Nein sagt. Passivität soll damit nicht als stilles Einverständnis interpretiert werden können. "Oaktsam våldtäkt" bedeutet wörtlich übersetzt "unachtsame Vergewaltigung" und ist im Deutschen am ehesten mit dem Begriff "fahrlässig" zu vergleichen.
Bislang sechs Urteile von niedrigeren Instanzen
Die Vorinstanz hatte den Mann zunächst wegen Vergewaltigung zu drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Angaben schwedischer Medien zufolge wurden wegen des neuen Straftatbestandes der unachtsamen Vergewaltigung bislang sechs Personen von niedrigeren Instanzen verurteilt. Der Beschluss des Obersten Gerichts dürfte nun wegweisend für die Rechtsprechung anderer schwedischer Gerichte sein.
Das Strafmaß für unachtsame Vergewaltigung legte das Gericht auf acht Monate fest. Der Mann wurde darüber hinaus wie bereits von der Vorinstanz wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen und sexueller Belästigung verurteilt.
In dem konkreten Fall übernachtete der Mann bei einer Jugendlichen, mit der er zuvor seit Längerem über soziale Netzwerke Kontakt gehabt hatte. Die Frau hatte zugestimmt, dass er bei ihr über Nacht blieb, soll aber auch klargemacht haben, dass sie keinen Sex mit ihm wolle. Dennoch führte er in der Nacht laut Gericht seine Finger in ihren Unterleib ein, die Frau nahm dies passiv hin und stimmte nicht ausdrücklich zu.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann sexuelle Handlungen durchgeführt habe, ohne dass die Frau freiwillig daran teilgenommen habe. Am Urteil ändere auch die Tatsache nichts, dass sich die beiden darüber einig gewesen seien, im selben Bett zu liegen, und dass sie nur noch Unterwäsche angehabt hätten. Der Mann habe zwar nicht vorsätzlich, dafür aber grob fahrlässig gehandelt.
Der Mann bestritt, eine Straftat begangen zu haben. Er gab an, gedacht zu haben, die Frau habe Sex haben wollen. Er verwies zudem darauf, dass er die sexuellen Handlungen abgebrochen habe, als er gemerkt habe, dass die Frau nicht weitermachen wolle.
In Deutschland muss Ablehnung geäußert werden
In Schweden wird seit der Einführung des Gesetzes diskutiert, was als verbale oder nonverbale Zustimmung gilt. Die schwedische Regierung hatte das neue Gesetz nach der #MeToo-Debatte 2017 vorangetrieben.
In Deutschland wurde das Sexualstrafrecht 2016 reformiert. Seitdem heißt der Grundsatz "Nein heißt Nein". Demnach muss ein Vergewaltigungsopfer - anders als in Schweden - aktiv werden und mit Worten oder Gesten zum Ausdruck bringen, dass es keinen Sex möchte.
cop/dpa
https://m.spiegel.de/panorama/justiz/sc ... 76878.html
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
@deernhh : Deinem letzten Beitrag zum neuen Gesetz in Schweden war vorangestellt "Hat zwar nichts mit Sexwork zu tun"
Nein? Sexwork, nach schwedischer Betrachtungsweise, ist unfreiwilliger Sex, bezahlte Vergewaltigung.
Kennzeichen der Nicht-Freiwilligkeit ist nicht etwa das Empfinden (oder Aussagen) der Beteiligten, sondern die Bezahlung (von außen definiert).
"Er verwies zudem darauf, dass er die sexuellen Handlungen abgebrochen habe, als er gemerkt habe, dass die Frau nicht weitermachen wolle." hört sich nachvollziehbar an. "die Frau nahm dies passiv hin und stimmte nicht ausdrücklich zu." passt dazu, und klar ist, die Frau fand doof, was er tat - aber wohl nicht doof genug, um Nein zu sagen.
Mehr wird daraus erst, wenn von außen nachdefiniert wird: Aus doof wird böse.
"In Schweden wird seit der Einführung des Gesetzes diskutiert, was als verbale oder nonverbale Zustimmung gilt"
Da "Blowjob kostet fünfzig" NICHT als verbale Zustimmung gilt, gibt es da sicherlich weiten Spielraum der Interpretation oder Zuschreibung . . .
Nein? Sexwork, nach schwedischer Betrachtungsweise, ist unfreiwilliger Sex, bezahlte Vergewaltigung.
Kennzeichen der Nicht-Freiwilligkeit ist nicht etwa das Empfinden (oder Aussagen) der Beteiligten, sondern die Bezahlung (von außen definiert).
"Er verwies zudem darauf, dass er die sexuellen Handlungen abgebrochen habe, als er gemerkt habe, dass die Frau nicht weitermachen wolle." hört sich nachvollziehbar an. "die Frau nahm dies passiv hin und stimmte nicht ausdrücklich zu." passt dazu, und klar ist, die Frau fand doof, was er tat - aber wohl nicht doof genug, um Nein zu sagen.
Mehr wird daraus erst, wenn von außen nachdefiniert wird: Aus doof wird böse.
"In Schweden wird seit der Einführung des Gesetzes diskutiert, was als verbale oder nonverbale Zustimmung gilt"
Da "Blowjob kostet fünfzig" NICHT als verbale Zustimmung gilt, gibt es da sicherlich weiten Spielraum der Interpretation oder Zuschreibung . . .
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Gegen den Strich denken
Wie die schwedischen Behörden die Vergewaltigungsanzeige gegen Julian Assange fälschten
Dank der Recherchearbeit und der Hartnäckigkeit des Uno-Sonderberichterstatters für Folter, Nils Melzer, gelangt allmählich die Wahrheit an die Öffentlichkeit.
Zu den erfolgreichsten in Umlauf gesetzten Fake-News des vergangenen Jahrzehntes gehört, wie jetzt offenbar wird, die Erzählung, zwei Frauen hätten im August 2010 bei der schwedischen Polizei gegen Julian Assange Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet, und der Wikileaks-Gründer hätte sich anschließend durch Flucht nach England der schwedischen Justiz entzogen.
Wer sich nur anfangs von all diesen als gesichert hingestellten Geschichten täuschen hat lassen, war Nils Melzer, der Uno-Sonderberichterstatter für Folter. Der Vorteil des Schweizers: Er spricht fließend Schwedisch, und war darum in der Lage, Einsicht in die Originaldokumente zu nehmen. Und da zeigte sich zu seinem Erstaunen: der Ablauf der Ereignisse war ein ganz anderer.
Aussagen einer Frau umgeschrieben
Tatsächlich war – so Melzer kürzlich in einem großen Interview mit dem Schweizer Online-Magazin "Republik", auf das ich mich in der Folge beziehe – eine der beiden Frauen, die von der anderen lediglich begleitet wurde, entsetzt, als die Polizisten vor ihren Augen begannen, aus ihren Aussagen eine Vergewaltigungsanzeige zu konstruieren. Sie hatte, wie sie auch immer wieder betonte, gänzlich einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit Assange und suchte die Behörden lediglich auf, um sich zu erkundigen, ob es möglich wäre, ihn nachträglich dazu zu verpflichten, sich einem Aids-Test zu unterziehen. Sobald sie bemerkte, dass die Polizei damit begann, etwas ganz anderes daraus zu machen, brach sie schockiert die Befragung ab und verließ das Wachzimmer. Trotzdem erschien bereits wenige Stunden später in der schwedischen Boulevardpresse groß die Schlagzeile: Julian Assange der zweifachen Vergewaltigung beschuldigt.
In diesem Zusammenhang liegt Melzer ein ganz besonders brisantes Dokument vor: Eine E-Mail des Vorgesetzten der einvernehmenden Polizistin mit der Anweisung an sie, das Vernehmungsprotokoll richtiggehend umzuschreiben. Hintergrund war offenbar die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft schon daran war, das Verfahren einzustellen, da die Aussagen der betroffenen Frau unzureichend für eine Anklage wegen Vergewaltigung waren.
Da der ursprüngliche Wortlaut des Dokuments am Computer überschrieben wurde, kann er zwar nicht mehr rekonstruiert werden. Jedoch kann sein Inhalt aus der ursprünglichen Reaktion der Staatsanwaltschaft hinreichend vermutet werden: Denn die stellte laut Melzer fest, "die Aussagen von S. W. seien zwar glaubwürdig, doch gäben sie keinerlei Hinweise auf ein Delikt."
Dazu passt auch, dass noch auf der Polizeistation die Frau an eine Freundin eine SMS sendete: Sie habe den Eindruck, der Polizei gehe es nur darum, Assange "in die Finger zu kriegen".
Die Anzeige der zweiten Frau
Eine undurchsichtige Rolle spielt dabei die zweite Frau, die anfangs lediglich als Begleitung fungierte. Sie hat Melzer zufolge nicht nur der ersten Frau vorgeschlagen, zur Polizei zu gehen, sondern sie auch auf jene Wachstube hindirigiert, wo eine Freundin von ihr Dienst machte. Diese war dieselbe Person, die dann – und bereits das war ein rechtlich inkorrektes Vorgehen – die Einvernahme machte. Später erledigte diese befreundete Polizistin auch die Fälschung des Dokuments.
Erst einen Tag nach der Einvernahme der ersten Frau machte jedoch die zweite Frau ihre eigene Aussage und berichtete, dass Assange gegen ihren Willen ungeschützt mit ihr geschlafen habe. Das wäre in der Tat den schwedischen Gesetzen zufolge gleichbedeutend mit einer Vergewaltigung. Melzer weist allerdings auf Widersprüche in der Aussage hin. Betrachten wir außerdem einmal die Chronologie: Bizarrerweise berichteten die schwedischen Medien also bereits von einer Doppelvergewaltigung, bevor diese zweite Frau überhaupt ihre Aussage gemacht hatte.
Wie Assange sich der schwedischen Justiz zu stellen versuchte
Als eindeutig unwahr stellt sich dank der Recherchen Melzers die Behauptung heraus, der Wikileaks-Gründer hätte sich systematisch der schwedischen Justiz entzogen. Melzer: "Das Gegenteil ist der Fall. Assange hat sich mehrfach bei den schwedischen Behörden gemeldet, weil er zu den Vorwürfen Stellung nehmen wollte. Die Behörden wiegelten ab."
Melzer weiter: "Die schwedischen Behörden waren an der Aussage von Assange nie interessiert. Sie ließen ihn ganz gezielt ständig in der Schwebe." Dadurch hatten sie ihn aber auch in der Hand. Melzer: "Stellen Sie sich vor, Sie werden neuneinhalb Jahre lang von einem ganzen Staatsapparat und von den Medien mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert, können sich aber nicht verteidigen, weil es gar nie zur Anklage kommt.“
Den beiden Frauen wurde ein Rechtsvertreter zuerkannt, der "zufälligerweise" der Kanzleipartner des ehemaligen Justizministers Thomas Bodström war. Bodström pflegte ein besonders vertrauliches Verhältnis zu den USA und arbeitete eng mit der CIA zusammen. Indessen bat Assange darum, das Land verlassen zu dürfen, und erhielt auch eine schriftliche Einwilligung dafür von der Staatsanwaltschaft. Kaum hatte Assange aber Schweden verlassen, wurde der Haftbefehl gegen ihn ausgestellt.
England mischt sich ein
Während des Flugs nach Berlin verschwanden überdies seine Laptops aus seinem eingecheckten Gepäck. Scandinavian Airlines verweigerte dazu jede Auskunft. Der Wikileaks-Gründer reiste weiter nach London, auch von dort aus bot er weiterhin der schwedischen Justiz seine Zusammenarbeit an. Bis er Wind von einem möglichen Komplott gegen ihn bekam. Melzer: "Ab jetzt sagt sein Anwalt: Assange sei bereit, in Schweden auszusagen, aber er verlange eine diplomatische Zusicherung, dass Schweden ihn nicht an die USA weiterausliefere." Die Schweden weigerten sich allerdings beharrlich, eine solche Zusicherung zu geben.
Gleichzeitig jedoch war es rechtlich schwierig für die schwedische Justiz, das Verfahren jahrelang in Schwebe zu halten, ohne es entweder einzustellen oder Anklage zu erheben. Nun mischte sich – ungewöhnlicherweise – die britische Justiz ein, um eine Einstellung des Verfahrens zu verhindern.
Melzer: "Ja, die Engländer, namentlich der Crown Prosecution Service, wollten die Schweden unbedingt davon abhalten, das Verfahren einzustellen. Dabei müssten die Engländer doch eigentlich froh sein, wenn sie nicht mehr für Millionen an Steuergeldern die Botschaft Ecuadors überwachen müssten, um Assanges Flucht zu verhindern."
Warum die USA Assange fürchten
Der Hintergrund all dieser bizarr anmutenden Vorfälle liegt für Melzer auf der Hand. Er verweist darauf, dass Assange zum damaligen Zeitpunkt gerade dabei war, systematisch schwere Kriegsverbrechen der Amerikaner öffentlich zu machen, in Zusammenarbeit mit der "New York Times", dem "Guardian" und dem "Spiegel". Erst wenige Monate zuvor, im April 2010, hatte Wikileaks das sogenannte "Collateral Murder"-Video veröffentlicht, das der Organisation von der amerikanischen Whistleblowerin Chelsea Manning zugespielt worden war. Es zeigt, wie Angehörige der amerikanischen Streitkräfte in Bagdad unter Gelächter vom Hubschrauber aus Menschen niedermähen, darunter zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. Auch auf Verwundete, auf jemanden, der ihnen zu Hilfe kommen will, und auf Kinder wird dabei gefeuert.
Gegen keinen der Soldaten wurde ein Strafverfahren eröffnet. In der Folge erging stattdessen von den USA die Direktive an alle verbündeten Staaten, den Wikileaks-Gründer von nun an mit allen nur erdenklichen Strafverfahren zu überziehen.
Falls Assange tatsächlich an die USA ausgeliefert wird, erwartet ihn dort nach Melzers Einschätzung kein rechtsstaatliches Verfahren. Er wird vor den berüchtigten "Espionage Court" kommen, von dem nie ein Mensch freigesprochen worden ist, und die Verhandlung wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit sowie aufgrund geheimer Beweismittel vonstattengehen. Assange drohen dabei 175 Jahre Gefängnis. Melzer stellt einen Vergleich an: Keiner der Kriegsverbrecher des jugoslawischen Bürgerkriegs sei zu mehr als 45 Jahren verurteilt worden.
Wie sich Journalisten täuschen ließen
Dass das alles nun allmählich an die Öffentlichkeit kommt, ist weniger der Tüchtigkeit der Medien zu verdanken – die sich im Gegenteil lange weigerten, Melzers Rechercheergebnisse zur Kenntnis zu nehmen – als dessen Hartnäckigkeit und der unermüdlichen Tätigkeit diverser Aktivisten sowie der Tatsache, dass es diesen gelang, auch Prominente für Demonstrationen, Solidaritätskundgebungen, Unterschriftenaktionen und Aufrufe zur Freilassung von Assange ins Boot zu holen.
War die Presse nämlich anfänglich von Assange und Wikileaks durchaus angetan gewesen, so war das in die Welt gesetzte Vergewaltigungs-Narrativ auch hier durchaus erfolgreich gewesen: Man nahm unbesehen an, dass es damit schon seine Richtigkeit habe, und brachte in der Folge über viele Jahre lang dem Schicksal des in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchteten Wikileaks-Gründers eine gewisse Gleichgültigkeit entgegen.
Allzu bereitwillig ließ man sich nun auch von den Argumenten der Amerikaner betören: Assange sei gar kein ordentlicher Journalist, er habe durch seine Veröffentlichungen Menschen in Gefahr gebracht, und er sei ein Komplize Putins. Auch diese Vorbehalte gegenüber Assange stellen bei näherem Hinsehen jedoch nur eine Variante des von Melzer beschriebenen Ablenkungsmanövers dar, gerade denjenigen, der Kriegsverbrechen aufgedeckt hat und an dem darum Verbrechen begangen werden, selbst als Verbrecher zu brandmarken und so den eigentlichen Skandal aus der Wahrnehmung zu verdrängen.
Auch in der ZDF-Comedy-Show "Mann, Sieber!" wird inzwischen die Freilassung von Assange gefordert.
Anders als viele ihrer Kolleginnen und Kollegen fand wenigstens eine Korrespondentin der deutschen "taz" zu deutlichen Worten der Selbstkritik: Bettina Gaus räumt mittlerweile ein, dass auch sie auf das in der Öffentlichkeit verbreitete Bild der Ereignisse hereingefallen sei, ohne es je zu hinterfragen. Allmählich wendet sich das Blatt. Und auch wenn die Organisation "Reporter ohne Grenzen" sich weiterhin ziert, Assange ausdrücklich als "Journalisten" zu bezeichnen, anstatt ihm bloß eine "journalismusähnliche Tätigkeit" zu attestieren, so wurden im Jänner weltweit Mahnwachen für den Wikileaks-Gründer abgehalten, an denen sich auch Journalistenverbände beteiligten. Positiv hervorzuheben ist ein Beitrag im ZDF-Nachrichtenmagazin "heute journal", der den von Melzer zutage gebrachten Skandal einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen versuchte. (Ortwin Rosner, 17.2.2020)
https://www.derstandard.at/story/200011 ... faelschten
Wie die schwedischen Behörden die Vergewaltigungsanzeige gegen Julian Assange fälschten
Dank der Recherchearbeit und der Hartnäckigkeit des Uno-Sonderberichterstatters für Folter, Nils Melzer, gelangt allmählich die Wahrheit an die Öffentlichkeit.
Zu den erfolgreichsten in Umlauf gesetzten Fake-News des vergangenen Jahrzehntes gehört, wie jetzt offenbar wird, die Erzählung, zwei Frauen hätten im August 2010 bei der schwedischen Polizei gegen Julian Assange Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet, und der Wikileaks-Gründer hätte sich anschließend durch Flucht nach England der schwedischen Justiz entzogen.
Wer sich nur anfangs von all diesen als gesichert hingestellten Geschichten täuschen hat lassen, war Nils Melzer, der Uno-Sonderberichterstatter für Folter. Der Vorteil des Schweizers: Er spricht fließend Schwedisch, und war darum in der Lage, Einsicht in die Originaldokumente zu nehmen. Und da zeigte sich zu seinem Erstaunen: der Ablauf der Ereignisse war ein ganz anderer.
Aussagen einer Frau umgeschrieben
Tatsächlich war – so Melzer kürzlich in einem großen Interview mit dem Schweizer Online-Magazin "Republik", auf das ich mich in der Folge beziehe – eine der beiden Frauen, die von der anderen lediglich begleitet wurde, entsetzt, als die Polizisten vor ihren Augen begannen, aus ihren Aussagen eine Vergewaltigungsanzeige zu konstruieren. Sie hatte, wie sie auch immer wieder betonte, gänzlich einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit Assange und suchte die Behörden lediglich auf, um sich zu erkundigen, ob es möglich wäre, ihn nachträglich dazu zu verpflichten, sich einem Aids-Test zu unterziehen. Sobald sie bemerkte, dass die Polizei damit begann, etwas ganz anderes daraus zu machen, brach sie schockiert die Befragung ab und verließ das Wachzimmer. Trotzdem erschien bereits wenige Stunden später in der schwedischen Boulevardpresse groß die Schlagzeile: Julian Assange der zweifachen Vergewaltigung beschuldigt.
In diesem Zusammenhang liegt Melzer ein ganz besonders brisantes Dokument vor: Eine E-Mail des Vorgesetzten der einvernehmenden Polizistin mit der Anweisung an sie, das Vernehmungsprotokoll richtiggehend umzuschreiben. Hintergrund war offenbar die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft schon daran war, das Verfahren einzustellen, da die Aussagen der betroffenen Frau unzureichend für eine Anklage wegen Vergewaltigung waren.
Da der ursprüngliche Wortlaut des Dokuments am Computer überschrieben wurde, kann er zwar nicht mehr rekonstruiert werden. Jedoch kann sein Inhalt aus der ursprünglichen Reaktion der Staatsanwaltschaft hinreichend vermutet werden: Denn die stellte laut Melzer fest, "die Aussagen von S. W. seien zwar glaubwürdig, doch gäben sie keinerlei Hinweise auf ein Delikt."
Dazu passt auch, dass noch auf der Polizeistation die Frau an eine Freundin eine SMS sendete: Sie habe den Eindruck, der Polizei gehe es nur darum, Assange "in die Finger zu kriegen".
Die Anzeige der zweiten Frau
Eine undurchsichtige Rolle spielt dabei die zweite Frau, die anfangs lediglich als Begleitung fungierte. Sie hat Melzer zufolge nicht nur der ersten Frau vorgeschlagen, zur Polizei zu gehen, sondern sie auch auf jene Wachstube hindirigiert, wo eine Freundin von ihr Dienst machte. Diese war dieselbe Person, die dann – und bereits das war ein rechtlich inkorrektes Vorgehen – die Einvernahme machte. Später erledigte diese befreundete Polizistin auch die Fälschung des Dokuments.
Erst einen Tag nach der Einvernahme der ersten Frau machte jedoch die zweite Frau ihre eigene Aussage und berichtete, dass Assange gegen ihren Willen ungeschützt mit ihr geschlafen habe. Das wäre in der Tat den schwedischen Gesetzen zufolge gleichbedeutend mit einer Vergewaltigung. Melzer weist allerdings auf Widersprüche in der Aussage hin. Betrachten wir außerdem einmal die Chronologie: Bizarrerweise berichteten die schwedischen Medien also bereits von einer Doppelvergewaltigung, bevor diese zweite Frau überhaupt ihre Aussage gemacht hatte.
Wie Assange sich der schwedischen Justiz zu stellen versuchte
Als eindeutig unwahr stellt sich dank der Recherchen Melzers die Behauptung heraus, der Wikileaks-Gründer hätte sich systematisch der schwedischen Justiz entzogen. Melzer: "Das Gegenteil ist der Fall. Assange hat sich mehrfach bei den schwedischen Behörden gemeldet, weil er zu den Vorwürfen Stellung nehmen wollte. Die Behörden wiegelten ab."
Melzer weiter: "Die schwedischen Behörden waren an der Aussage von Assange nie interessiert. Sie ließen ihn ganz gezielt ständig in der Schwebe." Dadurch hatten sie ihn aber auch in der Hand. Melzer: "Stellen Sie sich vor, Sie werden neuneinhalb Jahre lang von einem ganzen Staatsapparat und von den Medien mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert, können sich aber nicht verteidigen, weil es gar nie zur Anklage kommt.“
Den beiden Frauen wurde ein Rechtsvertreter zuerkannt, der "zufälligerweise" der Kanzleipartner des ehemaligen Justizministers Thomas Bodström war. Bodström pflegte ein besonders vertrauliches Verhältnis zu den USA und arbeitete eng mit der CIA zusammen. Indessen bat Assange darum, das Land verlassen zu dürfen, und erhielt auch eine schriftliche Einwilligung dafür von der Staatsanwaltschaft. Kaum hatte Assange aber Schweden verlassen, wurde der Haftbefehl gegen ihn ausgestellt.
England mischt sich ein
Während des Flugs nach Berlin verschwanden überdies seine Laptops aus seinem eingecheckten Gepäck. Scandinavian Airlines verweigerte dazu jede Auskunft. Der Wikileaks-Gründer reiste weiter nach London, auch von dort aus bot er weiterhin der schwedischen Justiz seine Zusammenarbeit an. Bis er Wind von einem möglichen Komplott gegen ihn bekam. Melzer: "Ab jetzt sagt sein Anwalt: Assange sei bereit, in Schweden auszusagen, aber er verlange eine diplomatische Zusicherung, dass Schweden ihn nicht an die USA weiterausliefere." Die Schweden weigerten sich allerdings beharrlich, eine solche Zusicherung zu geben.
Gleichzeitig jedoch war es rechtlich schwierig für die schwedische Justiz, das Verfahren jahrelang in Schwebe zu halten, ohne es entweder einzustellen oder Anklage zu erheben. Nun mischte sich – ungewöhnlicherweise – die britische Justiz ein, um eine Einstellung des Verfahrens zu verhindern.
Melzer: "Ja, die Engländer, namentlich der Crown Prosecution Service, wollten die Schweden unbedingt davon abhalten, das Verfahren einzustellen. Dabei müssten die Engländer doch eigentlich froh sein, wenn sie nicht mehr für Millionen an Steuergeldern die Botschaft Ecuadors überwachen müssten, um Assanges Flucht zu verhindern."
Warum die USA Assange fürchten
Der Hintergrund all dieser bizarr anmutenden Vorfälle liegt für Melzer auf der Hand. Er verweist darauf, dass Assange zum damaligen Zeitpunkt gerade dabei war, systematisch schwere Kriegsverbrechen der Amerikaner öffentlich zu machen, in Zusammenarbeit mit der "New York Times", dem "Guardian" und dem "Spiegel". Erst wenige Monate zuvor, im April 2010, hatte Wikileaks das sogenannte "Collateral Murder"-Video veröffentlicht, das der Organisation von der amerikanischen Whistleblowerin Chelsea Manning zugespielt worden war. Es zeigt, wie Angehörige der amerikanischen Streitkräfte in Bagdad unter Gelächter vom Hubschrauber aus Menschen niedermähen, darunter zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. Auch auf Verwundete, auf jemanden, der ihnen zu Hilfe kommen will, und auf Kinder wird dabei gefeuert.
Gegen keinen der Soldaten wurde ein Strafverfahren eröffnet. In der Folge erging stattdessen von den USA die Direktive an alle verbündeten Staaten, den Wikileaks-Gründer von nun an mit allen nur erdenklichen Strafverfahren zu überziehen.
Falls Assange tatsächlich an die USA ausgeliefert wird, erwartet ihn dort nach Melzers Einschätzung kein rechtsstaatliches Verfahren. Er wird vor den berüchtigten "Espionage Court" kommen, von dem nie ein Mensch freigesprochen worden ist, und die Verhandlung wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit sowie aufgrund geheimer Beweismittel vonstattengehen. Assange drohen dabei 175 Jahre Gefängnis. Melzer stellt einen Vergleich an: Keiner der Kriegsverbrecher des jugoslawischen Bürgerkriegs sei zu mehr als 45 Jahren verurteilt worden.
Wie sich Journalisten täuschen ließen
Dass das alles nun allmählich an die Öffentlichkeit kommt, ist weniger der Tüchtigkeit der Medien zu verdanken – die sich im Gegenteil lange weigerten, Melzers Rechercheergebnisse zur Kenntnis zu nehmen – als dessen Hartnäckigkeit und der unermüdlichen Tätigkeit diverser Aktivisten sowie der Tatsache, dass es diesen gelang, auch Prominente für Demonstrationen, Solidaritätskundgebungen, Unterschriftenaktionen und Aufrufe zur Freilassung von Assange ins Boot zu holen.
War die Presse nämlich anfänglich von Assange und Wikileaks durchaus angetan gewesen, so war das in die Welt gesetzte Vergewaltigungs-Narrativ auch hier durchaus erfolgreich gewesen: Man nahm unbesehen an, dass es damit schon seine Richtigkeit habe, und brachte in der Folge über viele Jahre lang dem Schicksal des in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchteten Wikileaks-Gründers eine gewisse Gleichgültigkeit entgegen.
Allzu bereitwillig ließ man sich nun auch von den Argumenten der Amerikaner betören: Assange sei gar kein ordentlicher Journalist, er habe durch seine Veröffentlichungen Menschen in Gefahr gebracht, und er sei ein Komplize Putins. Auch diese Vorbehalte gegenüber Assange stellen bei näherem Hinsehen jedoch nur eine Variante des von Melzer beschriebenen Ablenkungsmanövers dar, gerade denjenigen, der Kriegsverbrechen aufgedeckt hat und an dem darum Verbrechen begangen werden, selbst als Verbrecher zu brandmarken und so den eigentlichen Skandal aus der Wahrnehmung zu verdrängen.
Auch in der ZDF-Comedy-Show "Mann, Sieber!" wird inzwischen die Freilassung von Assange gefordert.
Anders als viele ihrer Kolleginnen und Kollegen fand wenigstens eine Korrespondentin der deutschen "taz" zu deutlichen Worten der Selbstkritik: Bettina Gaus räumt mittlerweile ein, dass auch sie auf das in der Öffentlichkeit verbreitete Bild der Ereignisse hereingefallen sei, ohne es je zu hinterfragen. Allmählich wendet sich das Blatt. Und auch wenn die Organisation "Reporter ohne Grenzen" sich weiterhin ziert, Assange ausdrücklich als "Journalisten" zu bezeichnen, anstatt ihm bloß eine "journalismusähnliche Tätigkeit" zu attestieren, so wurden im Jänner weltweit Mahnwachen für den Wikileaks-Gründer abgehalten, an denen sich auch Journalistenverbände beteiligten. Positiv hervorzuheben ist ein Beitrag im ZDF-Nachrichtenmagazin "heute journal", der den von Melzer zutage gebrachten Skandal einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen versuchte. (Ortwin Rosner, 17.2.2020)
https://www.derstandard.at/story/200011 ... faelschten
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Danke @Zwerg!
Passend zu Deinem oben eingestellten Artikel dazu:
UN-Sonderberichterstatter Melzer
"Moderner Hexenprozess" gegen Assange
14.02.2020 12:17 Uhr
Bald beginnt die Anhörung zur Auslieferung von Wikileaks-Gründer Assange an die USA. Der UN-Sonderberichterstatter Melzer sieht Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte verletzt.
Nils Melzer im Interview
Video
Nachrichten | heute
Die Wahrheit ist absurd
"Das brauchte ein bisschen Mut, mich mit den Fakten, die ich gefunden hatte, an die Öffentlichkeit zu wenden."
14.02.2020
heute.de: Sie sind ja UN-Sonderbeauftragter für Folter und Kriegsverbrechen. Warum beschäftigen Sie sich mit dem Fall Assange?
Nils Melzer: Der Assange-Fall hat in dreifacher Hinsicht mit dem Folterverbot zu tun. Einerseits mit den Enthüllungen von Wikileaks. Da haben wir Beweise für die systematischen Foltermethoden der USA bekommen. Das bricht das Völkerrecht schon auf dieser Ebene. Es geht zum Beispiel um das CIA-Programm und die Guantanamo-Files, die Wikileaks veröffentlicht hat. Diese Folter ist nie verfolgt oder bestraft worden.
Zweitens – das hat mich dann auch selber in diesen Fall hereingebracht – ich habe Julian Assange besucht und wir haben ihn mit zwei spezialisierten Ärzten untersucht. Er zeigt wirklich alle Anzeichen eines Folteropfers. Hier spreche ich nicht von körperlicher Folter sondern von psychologischer Folter.
Also er hat Folter enthüllt, er wurde selber gefoltert und er ist jetzt in einem Auslieferungsverfahren, wo er, wenn er in die USA ausgeliefert wird, Haftbedingungen ausgesetzt sein wird, die weltweit als unmenschlich betrachtet werden.
heute.de: Im Endeffekt geht es also darum, dass vier Staaten und davon drei, die sich als Aushängeschilder für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sehen - Großbritannien, Schweden und die USA - die Rechtsstaatlichkeit in diesem Fall mit Füßen getreten hätten?
Melzer: Das ist in der Tat so und es war für mich auch sehr schwierig, mich damit zu Recht zu finden. Als die Anwälte von Julian Assange im Dezember 2018 zum ersten Mal zu mir kamen, habe ich es spontan abgelehnt, mich darauf einzulassen. Weil auch ich unter dem Einfluss des öffentlichen Narrativs von Assange als Hacker, als Spion und als Narzist war. Ich kannte den Mann ja nicht. Die Anwälte mussten mich fast anbetteln, mir das anzuschauen. Ich muss also auch zugeben, dass ich eine Hürde überwinden musste, um mich überhaupt darauf einzulassen.
Aber es ist schon so: Wenn man ein bisschen an der Oberfläche kratzt, kommen die Widersprüche sofort zum Vorschein. Je tiefer man reinkommt, desto schmutziger wird es. Das hat mich sehr beschäftigt. Das brauchte ein bisschen Mut, mich dann mit den Fakten, die ich gefunden hatte, an die Öffentlichkeit zu wenden. Weil ich dachte: 'Das glaubt mir ja keiner!' Das ist wirklich absurd. Aber die Wahrheit ist absurd in diesem Fall.
heute.de: Was wurde mit Julian Assange ihrer Meinung nach veranstaltet?
Melzer: Es ist ein moderner Hexenprozess. Der Zweck ist ein Exempel zu statuieren, um die Öffentlichkeit und vor allem die Medien abzuschrecken und sicherzustellen, dass die Medien nicht unkontrolliert Informationen über das Missverhalten von Staaten veröffentlichen. Das ist natürlich ein Riesenverlust. Denn das ist die Pressefreiheit und die ist unglaublich wichtig.
Das Interview führte Andreas Stamm. Eine längere Fassung sehen Sie oben im Video.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ ... r-100.html
Und hier "Mann Sieber - Free Assange"
Passend zu Deinem oben eingestellten Artikel dazu:
UN-Sonderberichterstatter Melzer
"Moderner Hexenprozess" gegen Assange
14.02.2020 12:17 Uhr
Bald beginnt die Anhörung zur Auslieferung von Wikileaks-Gründer Assange an die USA. Der UN-Sonderberichterstatter Melzer sieht Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte verletzt.
Nils Melzer im Interview
Video
Nachrichten | heute
Die Wahrheit ist absurd
"Das brauchte ein bisschen Mut, mich mit den Fakten, die ich gefunden hatte, an die Öffentlichkeit zu wenden."
14.02.2020
heute.de: Sie sind ja UN-Sonderbeauftragter für Folter und Kriegsverbrechen. Warum beschäftigen Sie sich mit dem Fall Assange?
Nils Melzer: Der Assange-Fall hat in dreifacher Hinsicht mit dem Folterverbot zu tun. Einerseits mit den Enthüllungen von Wikileaks. Da haben wir Beweise für die systematischen Foltermethoden der USA bekommen. Das bricht das Völkerrecht schon auf dieser Ebene. Es geht zum Beispiel um das CIA-Programm und die Guantanamo-Files, die Wikileaks veröffentlicht hat. Diese Folter ist nie verfolgt oder bestraft worden.
Zweitens – das hat mich dann auch selber in diesen Fall hereingebracht – ich habe Julian Assange besucht und wir haben ihn mit zwei spezialisierten Ärzten untersucht. Er zeigt wirklich alle Anzeichen eines Folteropfers. Hier spreche ich nicht von körperlicher Folter sondern von psychologischer Folter.
Also er hat Folter enthüllt, er wurde selber gefoltert und er ist jetzt in einem Auslieferungsverfahren, wo er, wenn er in die USA ausgeliefert wird, Haftbedingungen ausgesetzt sein wird, die weltweit als unmenschlich betrachtet werden.
heute.de: Im Endeffekt geht es also darum, dass vier Staaten und davon drei, die sich als Aushängeschilder für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sehen - Großbritannien, Schweden und die USA - die Rechtsstaatlichkeit in diesem Fall mit Füßen getreten hätten?
Melzer: Das ist in der Tat so und es war für mich auch sehr schwierig, mich damit zu Recht zu finden. Als die Anwälte von Julian Assange im Dezember 2018 zum ersten Mal zu mir kamen, habe ich es spontan abgelehnt, mich darauf einzulassen. Weil auch ich unter dem Einfluss des öffentlichen Narrativs von Assange als Hacker, als Spion und als Narzist war. Ich kannte den Mann ja nicht. Die Anwälte mussten mich fast anbetteln, mir das anzuschauen. Ich muss also auch zugeben, dass ich eine Hürde überwinden musste, um mich überhaupt darauf einzulassen.
Aber es ist schon so: Wenn man ein bisschen an der Oberfläche kratzt, kommen die Widersprüche sofort zum Vorschein. Je tiefer man reinkommt, desto schmutziger wird es. Das hat mich sehr beschäftigt. Das brauchte ein bisschen Mut, mich dann mit den Fakten, die ich gefunden hatte, an die Öffentlichkeit zu wenden. Weil ich dachte: 'Das glaubt mir ja keiner!' Das ist wirklich absurd. Aber die Wahrheit ist absurd in diesem Fall.
heute.de: Was wurde mit Julian Assange ihrer Meinung nach veranstaltet?
Melzer: Es ist ein moderner Hexenprozess. Der Zweck ist ein Exempel zu statuieren, um die Öffentlichkeit und vor allem die Medien abzuschrecken und sicherzustellen, dass die Medien nicht unkontrolliert Informationen über das Missverhalten von Staaten veröffentlichen. Das ist natürlich ein Riesenverlust. Denn das ist die Pressefreiheit und die ist unglaublich wichtig.
Das Interview führte Andreas Stamm. Eine längere Fassung sehen Sie oben im Video.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ ... r-100.html
Und hier "Mann Sieber - Free Assange"
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Länderberichte SCHWEDEN:
Wie definiert Schweden eine Frau die der Prostitution nachgeht?
Hat sie sich hingestellt und gesagt? "Ja, ich bin eine Prostituierte"!
Dummheit muß bestraft werden. Nach 20 Jahren Sexkaufverbot
sollten sich eigentlich die Strukturen gewandelt haben.
Vor noch nicht allzu langer Zeit gingen die Türen hinter Mutter und
unehelichem Kind zu, und die Gesellschaft kannte nur noch Schimpf und
Schande. Was soll ich also sagen? Daß wir noch nicht viel weiter sind?
"Daß wir als Gesellschaft insgesamt ein ambivalentes und gespaltenes
Verhältnis zum Thema Prostitution haben" wie es die Frauenministerin
für Rheinland-Pfalz in einem Video formulierte?
https://www.zdf. de/nachrichten/heute-journal/prostitution-in-corona-zeiten-100.html
Prostitution wird sich durchsetzen wenn sich genügend Menschen
finden die in der Öffentlichkeit für ihr Tun einstehen und Gesicht zeigen,
weil sie nichts zu verbergen haben. Vom Verborgenen profitieren
nur die Abolitionisten, weil man mit dem Verborgenen unbewußte
Ängste schüren kann, wie mit der Hölle und dem Fegefeuer.
Mutige Menschen braucht das Land, und weder Schlappschwänze
noch Parasiten.
Hat sie sich hingestellt und gesagt? "Ja, ich bin eine Prostituierte"!
Dummheit muß bestraft werden. Nach 20 Jahren Sexkaufverbot
sollten sich eigentlich die Strukturen gewandelt haben.
Vor noch nicht allzu langer Zeit gingen die Türen hinter Mutter und
unehelichem Kind zu, und die Gesellschaft kannte nur noch Schimpf und
Schande. Was soll ich also sagen? Daß wir noch nicht viel weiter sind?
"Daß wir als Gesellschaft insgesamt ein ambivalentes und gespaltenes
Verhältnis zum Thema Prostitution haben" wie es die Frauenministerin
für Rheinland-Pfalz in einem Video formulierte?
https://www.zdf. de/nachrichten/heute-journal/prostitution-in-corona-zeiten-100.html
Prostitution wird sich durchsetzen wenn sich genügend Menschen
finden die in der Öffentlichkeit für ihr Tun einstehen und Gesicht zeigen,
weil sie nichts zu verbergen haben. Vom Verborgenen profitieren
nur die Abolitionisten, weil man mit dem Verborgenen unbewußte
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Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.
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- PlatinStern
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Das Verbot für sexuelle Dienstleistungen Geld zu bekommen ist ja eigentlich de facto eine Enteignung. Die Verunmöglichung den eigenen Körper als Ressource zu nutzen. Irre und ganz sicher das Gegenteil von Empowerment und Emanzipation.
liebe grüsse malin
eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)
eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)
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Länderberichte SCHWEDEN:
Die lustigste Antwort auf die Frage nach dem Sexkaufverbot
die ich je gehört habe. Die Girls lachen einfach nur:
https://www.facebook. com/Rotlicht.de/posts/3975679669170599
Bei mir muß facebook angemeldet sein, damit die Vorschau kommt.
Ansonsten Hyperlink kopieren und Blank rausmachen. Danke.
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- Silberstern
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Ich habe diese interessanten Aufsatz über die Ideologie und Geschichte der aktuellen schwedischen Prostitutionspolitik gefunden und möchte ihn gerne teilen/empfehlen. Schon der erste Satz ist der Hammer und der Rest ist auch ziemlich gut.
Kulick, D.. (2005). Four Hundred Thousand Swedish Perverts
GLQ -A Journal of Lesbian and Gay Studies - GLQ-J LESBIAN GAY STUD. 11. 205-235.
doi:10.1215/10642684-11-2-205
Hier verfügbar: https://www.engagingvulnerability.se/wp ... rverts.pdf

Kulick, D.. (2005). Four Hundred Thousand Swedish Perverts
GLQ -A Journal of Lesbian and Gay Studies - GLQ-J LESBIAN GAY STUD. 11. 205-235.
doi:10.1215/10642684-11-2-205
Hier verfügbar: https://www.engagingvulnerability.se/wp ... rverts.pdf
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Danke lieber @Tilopa schön wieder von Dir zu lesen...
Kasharius grüßt
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Reportage über Schweden nach Sexkaufverbot - beschreibt es als Erfolg.
SZ Online, 7.4.24
https://archive.is/jyUd2
SZ Online, 7.4.24
https://archive.is/jyUd2
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
"Das Lachen platzt so laut aus Häggströms durchtrainiertem Körper, dass das Echo von den nackten Wänden prallt,
als würden mehrere Squashbälle durch den Raum schießen: „Du erwischst die Männer in flagranti. Hosen runter
oder splitternackt, was soll daran schwer sein.“
Sexy Cop, der Häggström!
Da lassen gar die Wände die Hüllen fallen . . .
(so geht Relotius-Stil)
Darunter steht dann passenderweise:
"Diese Geschichte teilen" und
"Mehr große Geschichten".
als würden mehrere Squashbälle durch den Raum schießen: „Du erwischst die Männer in flagranti. Hosen runter
oder splitternackt, was soll daran schwer sein.“
Sexy Cop, der Häggström!
Da lassen gar die Wände die Hüllen fallen . . .
(so geht Relotius-Stil)
Darunter steht dann passenderweise:
"Diese Geschichte teilen" und
"Mehr große Geschichten".
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Nun, wenigstens hat der Cop noch seinen Spaß...
Und was ist mit selbstbestimmter Prostitution? Frauen, die das aus freien Stücken machen und ihre eigenen Regeln aufstellen? „Von denen hör ich auch immer wieder“, sagt Häggström. „Ich finde sie nur nie. Seit 15 Jahren nicht.“
Was schließen wir daraus? In Schweden gibt es nach wie vor Prostitution, aber seit dem Kauf-Verbot keine selbstbestimmte mehr?
Und was ist mit selbstbestimmter Prostitution? Frauen, die das aus freien Stücken machen und ihre eigenen Regeln aufstellen? „Von denen hör ich auch immer wieder“, sagt Häggström. „Ich finde sie nur nie. Seit 15 Jahren nicht.“
Was schließen wir daraus? In Schweden gibt es nach wie vor Prostitution, aber seit dem Kauf-Verbot keine selbstbestimmte mehr?
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
Das will er wohl sagen.
Einfachste Erklärung: Er lügt.
Kompliziertere: Mr. Cop hat ein gutes Händchen beim nicht-Finden der Guten,
und finden der Bösen.
Einfachste Erklärung: Er lügt.
Kompliziertere: Mr. Cop hat ein gutes Händchen beim nicht-Finden der Guten,
und finden der Bösen.
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Re: Länderberichte SCHWEDEN:
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"In Schweden werden Freier bestraft – eine gute Sache?"
Reportage des Magazins annabelle aus 2O2O, lesenswert.
"In Schweden werden Freier bestraft – eine gute Sache?"
Reportage des Magazins annabelle aus 2O2O, lesenswert.