Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

@friederike

Ich glaube ich gönne mir mal den Spaß und versuche bei einigen dieser Damen (tatsächlich alles nur Frauen!) Recherchen anzustellen.

Ein schönes Wochenende wünscht

Kasharius grüßt :006

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deernhh
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

Ein Sexkaufverbot macht Prostitution nur unsichtbar, hilft aber niemandem
Erstellt: 21.03.2023, 08:28 Uhr

Von: Robert Wagner

Eine Prostituierte wartet auf ihrem Zimmer in einem Bordell. © Andreas Arnold/dpa/Collage/BuzzFeed

Eine Europaabgeordnete der SPD fordert die Kriminalisierung von Freiern. Was sich gut anhört, erweist sich als Trugschluss. Es geht nicht um den Schutz von Frauen.

Wieder einmal bringen Stimmen aus der SPD dieses Thema aufs Tableau. Maria Noichl, Europaabgeordnete und Chefin der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF), fordert in einem Interview mit der Rheinischen Post ein Verbot der Prostitution nach dem sogenannten nordischen Modell. Das sieht vor, dass nicht die Prostituierte, sondern der Freier kriminalisiert wird. Seit über 20 Jahren gilt ein entsprechendes Gesetz in Schweden, daher der Name.

Was sich zunächst gut anhört, erweist sich als problematisch. Es stimmt: Die Sexarbeiter:innen brauchen nach diesem Modell keine Strafverfolgung zu befürchten. Langfristig jedoch fördert eine solche Politik ihre Diskriminierung und erschwert ihre Arbeitsbedingungen, da die Sexarbeit an sich in die Illegalität verlagert wird. Das würde für die Sexarbeiter:innen ganz automatisch ein Weniger an Schutz und ein Mehr an gesellschaftlicher Ausgrenzung bedeuten.

Sexkaufverbot wäre in der Konsequenz ein Rückschritt
Genau diese Zusammenhänge haben die damalige rot-grüne Regierung 2001 dazu bewogen, mit dem Prostitutionsgesetz einen völlig neuen Weg zu gehen und Sexarbeit zu legalisieren, um die Situation der Betroffenen zu verbessern. Zuvor galt Prostitution als sittenwidrig und Sexarbeiter:innen konnten sich weder sozial versichern noch bei einer Krankenkasse anmelden. Dieses Gesetz sei „gescheitert“, behauptet nun Noichl, und Deutschland zu einem „Schwamm“ geworden, der „alle aufsaugt, die an der Prostitution verdienen.“

Was Noichl und andere Politikerinnen, auffällig häufig aus der SPD, fordern, käme in der Konsequenz einem gesellschaftlichen Rückschritt gleich. Wozu ein Sexkaufverbot nach nordischem Modell führt, kann man gut in Frankreich beobachten. Dort wurde ein entsprechendes Gesetz 2016 erlassen. NGOs und Gewerkschaften sprechen von „Verelendung“ der betroffenen Sexarbeiter:innen, wie der Deutschlandfunk berichtete. Ihre Lage habe sich in Wirklichkeit verschlechtert.

Forderung nach einem Sexkaufverbot
Bereits 2019 twitterte Noichl zum internationalen Hurentag (2. Juni) sehr bestimmt „zur Klarstellung“: „Sexarbeit ist weder Sex noch Arbeit. Sexarbeit ist Menschenrechtsverletzung.“ Der taz, die die Debatte aufmerksam beobachtete, sagte sie damals: „Am Tag von 30 Männern penetriert zu werden, mag für eine sehr kleine Gruppe die Erfüllung sein“, die Realität sehe aber anders aus. Prostitution sei „ein Spinnennetz, in dem sich Frauen verfangen“. Als gingen Sexarbeiter:innen dieser Tätigkeit nach, weil sie es genießen würden, täglich Sex mit 30 Männern zu haben.


Aus gehässigen Kommentaren wie diesem spricht meiner Ansicht nach eine Geringschätzung all derer, die der Sexarbeit nachgehen, ohne sich als Opfer zu sehen. Ihre Mitstreiterin Leni Breymaier, Bundestagsabgeordnete und frühere Landesvorsitzende der SPD Baden-Württemberg, sagte 2019 laut taz, sie halte es für „Wahnsinn“, wenn zwischen Prostitution und Zwangsprostitution unterschieden wird. „Als ob Prostitution etwas anderes sein könnte als Zwang“, sagte sie.

Noichl und Konsorten lassen keine Zweifel daran aufkommen, wie borniert sie in dieser Sache sind. Es geht ihnen nicht um pragmatischen Schutz von Frauen, sondern um Moral und Ideologie. Sexarbeit ist per se immer schlecht und darf es folglich nicht geben. Eine „Welt ohne Prostitution“ wünscht sich Breymaier laut taz. Eine utopische Forderung, die letztlich nur auf die Unsichtbarmachung der verhassten Sexarbeit abzielt. Was mit den Betroffenen danach konkret geschieht, interessiert wohl bestenfalls am Rande.

https://www.buzzfeed.de/news/ein-sexkau ... 59851.html


******************************************************************************************************************


Was beim Sexkaufverbot bzw. bei der Freierbestrafung mit den Sexarbeiter*innen passieren könnte, kann man am Beispiel in Frankreich lesen.
Ist aus dem Archiv aus 2017.




Archiv
Frankreich
Was hat das Prostituiertengesetz gebracht?


Im April 2016 die damalige französische Regierung als fünftes Land in Europa den Besuch bei Prostituierten unter Strafe gestellt. Seitdem hat sich für die rund 40.000 Sexarbeiter viel verändert – allerdings nicht nur im positiven Sinne.

Von Bettina Kaps | 30.05.2017

Prostituierte auf dem Weg in ein Bordell.

Viele Prostituierte beklagen, dass sie nun auch Kunden annehmen müssten, die sie früher abgelehnt hätten, da das französische Prostitutionsgesetz viele Freier abschreckt. (picture-alliance / Roman Vondrous)

„Le Mouvement du Nid“ bekämpft die Prostitution. Dabei greift der Verein auch zu drastischen Methoden. So hat er die Website einer vermeintlichen Escort-Agentur ins Internet gestellt. Unter dem Namen „Girls of Paradise“ bieten attraktive Frauen ihre Dienste an. Aber sobald ein Sex-Kunde ein Foto anklickt, tauchen Bilder von brutal misshandelten Frauen auf und der Freier erfährt, dass sein sogenanntes „Paradies-Mädchen“ nicht mehr verfügbar ist.

„Inès wurde mit 53 Messerstichen getötet“, sagt die Stimme.

Mit seiner Lobbyarbeit hat „Le Mouvement du Nid“ wesentlich dazu beigetragen, dass Frankreich die Bestrafung von Freiern eingeführt hat. Ein Jahr später zieht die Vorsitzende, Stéphanie Caradec, eine überwiegend positive Bilanz.

„Prostituierte werden seither nicht mehr bestraft. Das war uns wichtig. Vorher wurde Kundenfang mit drei Monaten Haft und 3.750 Euro Geldstrafe geahndet. Stattdessen machen sich jetzt die Kunden strafbar. Mindestens 936 Freier wurden schon vorübergehend festgenommen. In einer Zeit, wo sich die Polizei vorrangig mit Terrorismus beschäftigt, ist das viel.“

Zunehmende Gewalt und enorme Verelendung
Doch Cadyne Senac ist ganz anderer Ansicht. Die zierliche Frau arbeitet als Rechtsbeistand für die Sexarbeiter-Gewerkschaft STRASS und ist selbst eine von schätzungsweise 40.000 Sexarbeitern in Frankreich. Laut Sénac hat das Gesetz dramatische Folgen.
„Leider ist alles, was wir befürchtet haben, eingetreten. Die Gewalt hat zugenommen. Weil die Angst vor der Polizei viele Kunden abschreckt, müssen die Sexarbeiter noch mehr als zuvor im Verborgenen arbeiten. Zugleich wurden nur lächerlich selten Bußgelder verhängt. Prostituierte müssen jetzt Praktiken und Kunden akzeptieren, die sie früher ablehnen konnten, weil sie sonst nicht mehr überleben können. Wir verzeichnen eine enorme Verelendung.“

Die Ärztehilfsorganisation „Medecins du monde“ teilt diese Kritik. An fünf Abenden pro Woche fahren die Helfer mit einem Bus durch Pariser Rotlicht-Viertel, in denen vor allem Chinesinnen mittleren Alters arbeiten. Sogar die Tatsache, dass die Frauen nicht mehr für Kundenfang bestraft werden können, habe ihre Lage in Wirklichkeit verschlechtert, sagt der Koordinator des Busses, Nael Marandin.
Die Strafverfolgung der Sex-Arbeiter wurde benutzt, um Anwohnern entgegen zu kommen und die Prostituierten aus bestimmten Gegenden zu vertreiben. Heute greift die Polizei eben zu anderen Mitteln. Im Pariser Stadtteil Belleville beispielsweise organisiert sie Razzien, um die Aufenthaltspapiere der Chinesinnen zu kontrollieren. Früher hat sie die Frauen nur ein paar Stunden wegen Kundenfang festgehalten. Jetzt droht ihnen die Abschiebung nach China.“

Das Gesetz verspricht auch Hilfen, die Prostituierten aus dem In- und Ausland den Ausstieg aus dem Gewerbe ermöglichen sollen. Die soziale Unterstützung wird aber gerade erst organisiert. Mittelfristig soll es in jedem Departement eine Kommissionen mit Vertretern von Justiz, Polizei, Sozialämtern und Hilfsvereinen geben, um die Prostituierten zu informieren und zu begleiten.

Ein Ausstieg mit Hindernissen
Der Hilfsverein „Le Mouvement du Nid“ warte schon ungeduldig darauf, dass er aktiv werden könne, sagt die Vorsitzende, Stéphanie Caradec. Die mögliche finanzielle Unterstützung für Aussteigerinnen sei allerdings gering.

„330 Euro pro Monat, das ist viel zu wenig. Aber wer aufhören will, erhält auch das Recht auf einen Platz im Notaufnahmelager, außerdem eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis. Vorher gab es rein gar nichts. Wir werden natürlich für mehr Mittel kämpfen.“
Nael Marandin von „Ärzte der Welt“ befürchtet hingegen, dass sich das Ausstiegsprogramm als ineffizient erweisen wird.
Die Frauen müssen sich verpflichten, ihr Gewerbe aufzugeben. Aber die neuen Verdienstmöglichkeiten sind ja nicht von heute auf morgen da. Wie sollen sie denn in der Zwischenzeit überleben?“
Diese Hilfsorganisation zögert. Noch ist nicht klar, ob auch sie sich um die Mitarbeit in den örtlichen Gremien bewerben will. Denn wer die Prostituierten beim Ausstieg aus dem Gewerbe begleitet, muss auch überprüfen, ob sie tatsächlich nicht mehr auf den Strich gehen.
„Wie sollen wir betreuen und gleichzeitig kontrollieren? Da verlieren wir doch unsere Glaubwürdigkeit.“

https://www.deutschlandfunk.de/frankrei ... t-100.html

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

Berlin Sexarbeit
Berliner Koalitionsvertrag: Schwarze Aussichten für Sexarbeit
Der Absatz zu Prostitution im Koalitionsvertrag von CDU und SPD setzt den Fokus auf Kontrolle und Ausstieg

Nora Noll 19.04.2023, 15:21 Uhr Lesedauer: 4 Min.
Bei »Ausstiegsprojekten« schrillen die Alarmglocken: Sexarbeitende in Berlin wollen Unterstützung, keine Rettung.
Bei »Ausstiegsprojekten« schrillen die Alarmglocken: Sexarbeitende in Berlin wollen Unterstützung, keine Rettung.
Foto: dpa/Sebastian Gollnow

»Wir fördern niedrigschwellige Ausstiegsprojekte für Sexarbeitende«, damit beginnt der kurze Absatz zu Sexarbeit im schwarz-roten Koalitionsvertrag, über den die SPD-Mitglieder noch bis Freitag abstimmen dürfen. Allein dieser Halbsatz lässt bei Danielle, Sexarbeitende und Mitglied der Sex Worker Action Group Berlin (SWAG), die Alarmglocken läuten: »Wenn an erster Stellen die Ausstiegsberatung genannt wird, kann man befürchten, dass sich sexarbeitsfeindliche Positionen durchsetzen.«

Im alten Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot war noch allgemein vom Ausbau der »Beratung« die Rede, außerdem wollte die damalige Koalition »für einen diskriminierungsfreien Umgang sorgen«. Antidiskriminierungsmaßnahmen finden nunmehr keine Erwähnung, obwohl die gesellschaftliche Stigmatisierung von Prostitution laut Danielle eines der größten Probleme für das Gewerbe bedeutet. »Sexarbeitende bekommen keine Wohnung, weil sie ihr Einkommen nicht anführen können, Leuten werden die Bankkonten gesperrt, wenn ihr Beruf herauskommt, sie finden keinen Job, weil sie ihre Arbeit nicht in den Lebenslauf schreiben können«, zählt sie auf. Angriffe durch Anwohner*innen gehörten gerade für Sexarbeitende auf dem Straßenstrich zum Alltag.

Danielle befürchtet, dass die neue Koalition Gelder nun zu sexarbeitsfeindlichen Beratungsstellen umleiten könnte, die Sexarbeitende zum Berufswechsel bewegen wollen. Sie erwähnt etwa den bei der Kurfürstenstraße aktiven, christlichen Verein Neustart, der sozialarbeiterische Unterstützung an die Bedingung knüpfe, die Prostitution aufzugeben. Zugleich mangele es bereits jetzt an finanziellen Mitteln, besonders bei selbstorganisierten Unterstützungsangeboten von und für Sexarbeitende wie SWAG . »Meine Vermutung ist, dass der Senat kein Geld in die Hände von Sexarbeitenden geben will. Das Problem gab es schon in der Vergangenheit, jetzt wird es sich wahrscheinlich zuspitzen.«

Sorgen macht sich Danielle auch in Bezug auf die schwarz-rote Sicherheitspolitik. Pläne wie die Überausstattung der Polizei, eine Law-and-Order-Politik und der im Koalitionsvertrag festgehaltene Vorsatz, »den Straßenstrich engmaschiger und gezielter auf Zuhälterei kontrollieren« zu wollen, gingen auf Kosten von Sexarbeitenden. Polizist*innen verhielten sich nicht selten sexistisch oder rassistisch gegenüber den Betroffenen, Durchsuchungen in Bordellen dienten auch der Abschiebung von Sexarbeitenden ohne Aufenthaltstitel – prinzipiell sorgten die Einsätze vor allem für ein Gefühl der Unsicherheit. »Und wenn es tatsächlich Fälle von sexueller Gewalt oder arbeitsrechtliche Probleme gibt, interessiert sich die Polizei nicht dafür«, erzählt Danielle. »Daher sehen wir in der Polizei keinen Schutz, sondern eine Bedrohung.«

Johanna Weber vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen sieht den Koalitionsvertrag weniger pessimistisch. Sie stört sich zwar an der Formulierung »Ausstiegsprojekte«, denn: »Das klingt wie ein Drogenausstieg, wie die totale Sackgasse. Umstiegsprojekte wäre das bessere Wort. So nennen es auch Beratungsstellen.« Umstiege kämen natürlich vor, und dass ihre Kolleg*innen bei einem Jobwechsel Unterstützung finden, hält Weber für wichtig. »Neun von zehn Sexarbeitenden kriegen es alleine hin, aber eine braucht ganz gezielt eine intensive Begleitung.« Es ginge dann etwa darum, einen fingierten Lebenslauf zu erstellen, Optionen zu navigieren und mit Sprachbarrieren umzugehen. Wenn der zukünftige Senat dafür die Gelder bereitstelle, begrüße sie das.

Auch über die Fortsetzung des Runden Tisches Sexarbeit freut sich Weber. Den gebe es zwar eigentlich nicht mehr, nur ein daraus entstandenes Gremium bespreche alle zwei Monate die Umsetzung der 2019 beschlossenen Maßnahmen. Für eine sinnvolle Weiterführung oder sogar Neuauflage bräuchte es allerdings auch neue Mittel, so Weber. Sowieso beklagt sie unsichere und befristete Finanzierung. Die drei etablierten Beratungsstellen Hydra, Olga und Subway hätten Zukunftsängste. »Über ihnen schwebt ein Damoklesschwert, ob es die aktuellen Mittel weiter geben wird oder nicht.«

Im Bundesvergleich schätzt Weber die Arbeitsbedingungen in Berlin als gut ein. Andere große Städte verbieten Prostitution in teils großflächigen Sperrbezirken. »Wenn zwei Frauen etwas Eigenes aufmachen wollen, dann ist das zum Beispiel in München fast unmöglich, weil 95 Prozent der Stadt Sperrgebiet sind. Ich bin Berlin dankbar, dass daran nicht gerüttelt wirdZudem verzichtet Berlin auf die Vergnügungssteuer, die in der Regel von Betreiber*innen gezahlt werden muss. »Am Ende sind die Sexarbeitenden die Leidtragenden, weil das einfach auf deren Miete oben drauf geschlagen wird.« Dass die CDU diese Freiheiten jedenfalls im Koalitionsvertrag nicht anfasst und den Runden Tisch weiter laufen lässt, hält Weber für ein Zugeständnis an die SPD.

https://www.nd-aktuell.de/artikel/11725 ... rbeit.html

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von lust4fun »

taz online, 11.7.23
Auf dem Straßenstrich in Berlin - Selbstbestimmt und ausgebeutet
Von Sabine Zollner und Doro Zinn

https://taz.de/Auf-dem-Strassenstrich-i ... /!5943408/

„Dabei ist es wichtig, Menschen wie Elena und Daria zuzuhören. Denn ihre Stimmen gehen in dem Diskurs über Sexarbeit oft verloren. Und ihre Geschichten zeigen, wie vielschichtig die Probleme der Sex­ar­bei­te­r:in­nen sind. Sie zeigen auch, dass man differenzieren muss. Beide Frauen arbeiten unter ähnlich prekären Bedingungen, trotzdem sind ihre Geschichten ganz unterschiedlich: Die eine sieht sich dazu gezwungen, ihren Körper zu verkaufen. Für die andere ist es eine selbstbestimmte Entscheidung. Das wird die Herausforderung für die Zukunft sein: einen gesetzlichen Rahmen zu finden, der das Leben aller Sex­ar­bei­te­r:in­nen beziehungsweise Prostituierten verbessert. Niedrigschwellige Unterstützungsangebote sind dabei zentral. Damit Menschen wie Daria nicht länger durchs System fallen.„

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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

@lust4fun

Lieben Dank dir 👍

kasharius grüßt dich

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

So, nun richte ich als freiwillige Sexarbeiterin ein paar Worte an die Sexarbeitsgegner*innen (Abolitionist*innen), allerdings in Kindersprache, damit es für die Ignorant*innen leichter verständlich ist. Anders kann man mit denen irgendwie nicht "reden":

Eure Verschwörungstheorien (ähnlich wie bei Coronaleugner*innen oder Rechtsextremist*innen, vorzugsweise in einer Sektenblase) müssen mal so langsam aufhören, da die Verschwörungstheorien völlig realitätsfern sind.

Ihr müsst mal vor Eurer eigenen Haustür kehren, sich selbst an die Nase fassen, moralinsauer in den Apfel beißen und Euer eigenes Sexleben und Berufsleben überdenken.

Toleranz und Akzeptanz gegenüber Sexarbeitenden ist wohl nicht Eure Stärke.

Ist ja auch fast wie im Ukrainekrieg (sehr einseitiges Vernichten, Umerziehen, einseitige Zerstörung), also Ihr wollt uns Sexarbeitenden unser freies Recht auf unsere freie Berufswahl absprechen, unser freies Recht auf's Geldverdienen mit Sexarbeit absprechen, uns SW die Butter vom Brot nehmen, unser freies Denken, freie Lebenswahl nicht akzeptieren.

Wir SW sind friedfertige Leute, die es nicht nötig haben, vernichtet zu werden. Wir rücken Euch ja auch nicht schreiend an die Pelle und fordern von Euch Arbeitsverbot.

Habt Ihr nix anderes zu tun? Nur Langeweile?
Sucht Ihr für Euren Frust auf Euer eigenes Leben zum Frustabbau gerade die Leute aus, die Euch am wenigsten an die Pelle rücken? Was soll das? Greift uns SW nicht ständig mit Dauerfeuer an. Seit Jahren/Jahrzehnten immer wieder dieselbe Leier, groß getönt mithilfe aller Arten von Medien.

Wir SW sind schon in der Lage, unser eigenes Köpfchen einzusetzen für unser eigenes Leben, eigene Berufswahl etc. Sorry, dass wir uns diesbezüglich leider nicht nach Euch richten wollen.

Ständig Eure verbalen Übergrifflichkeiten uns gegenüber!
Ständig lasst Ihr mit Getöse die Sau durch's Dorf.
Lasst doch die Kirche im Dorf.
Akzeptiert uns als Erwachsene und nicht als kleine Kinder, die man behüten, betätscheln, gut zureden, retten muss.

Ihr seid wie kleine Kinder, die im Supermarkt nicht das kriegen, was sie wollen und mit hochrotem Kopf gleich laut losplärren.

Schon mal auf die Idee gekommen, dass Euer Geplärre mal so langsam peinlich ist?

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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

@deernhh :041

...und trotzdem wird weiter über den Beschluss des EU-Parlaments um Sexkauf-Verbot diskutiert

https://www.google.com/amp/s/amp.zdf.de ... a-100.html und wer wirft sich professionell für SW ins Gefecht.... Stephanie Klee Bravo!!! :023 :041

Kasharius grüßt

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

https://m.faz.net/aktuell/politik/inlan ... 03291.html.

Der Krampf geht weiter

Kasharius grüßt

Vanzetti
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„Fake-Science“: Melissa Farleys Freier-Studie zerlegt

Beitrag von Vanzetti »

Gemeinsame Stellungnahme BesD – Doña Carmen e.V.
„Alternative Fakten - Kritischer Kommentar zu Melissa Farleys „Männer in Deutschland, die für Sex zahlen“

https://www.donacarmen.de/wp-content/up ... FAKTEN.pdf

Dazu die PM:
Gezielte Desinformation und Falschangaben in Studie über deutsche Freier

Die Untersuchung „Männer in Deutschland, die für Sex bezahlen“ ist eine von vier Studien, auf die die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ihre Forderung nach einem Sexkaufverbot stützt.
Doch eine heute veröffentlichte, umfangreiche Stellungnahme der Prostituierten-Organisationen BesD und Doña Carmen e.V. hat sich eingehend mit der Freier-Studie der US-amerikanischen Psychologin und Prostitutionsgegnerin Melissa Farley befasst und kommt dabei zu einer vernichtenden Urteil.
Zweifelhafte, durchweg intransparente Verfahrensweisen und dubiose, nicht nachprüfbare Ergebnisse kennzeichnen Farleys Freier-Studie – so die Autoren*innen der jetzt vorgelegten Stellungnahme „Alternative Fakten“:

● Straßenstrich überrepräsentiert: Über die Hälfte der nur in zwei deutschen Städten – Karlsruhe und München – befragten 96 Sexkäufer hat die von ihnen in Anspruch genommenen sexuellen Dienstleistungen auf dem Straßenstrich nachgefragt, obwohl der Anteil dieses Segments am Prostitutionsgewerbe deutschlandweit im unteren einstelligen Prozentbereich liegt. Demgegenüber hat eine ebenfalls 2022 publizierte Studie von Prof. Dr. Nicola Döring ergeben, dass 78,6 % der von ihr befragten 2.336 Sexkäufer ihren Bezahlsex in Bordellen hatten (vgl. „Männer, die für Sex bezahlen – Prävalenz und sexuelle Gesundheit“). Das belegt nachdrücklich die mangelnde Repräsentativität der Ausgangsvoraussetzungen und der Ergebnisse der Farley-Studie.

● Teilstudie zu indischen Freiern unveröffentlicht: Die Farley-Studie reklamiert, ein „Bericht über das Sexgewerbe in 6 Ländern“ zu sein, doch schon die Teil-Studie zu Indien ist nirgends auffindbar und gar nicht veröffentlicht.

● Freier sind „sexuell aggressiv“: Für die zentrale Behauptung Farleys, Sexkäufer seien gewaltaffin, fehlt in der Studie jeder Nachweis. So bleibt die Autorin überprüfbare Belege für bereits begangene Gewalttaten der Sexkäufer gänzlich schuldig und vermag „Belege“ für eine angeblich gewaltbereite Einstellung von Freiern nur auf methodisch unzulässige Suggestivfragen zu stützen.

● Vermeintliche O-Töne von Freiern sollen eine unverantwortliche Empathielosigkeit von Sexkäufern belegen und gleichzeitig Authentizität vermitteln. Tatsächlich aber liegt hier in vielen Fällen eine bewusste Täuschung von Leser*innen und Öffentlichkeit vor. So wird in der deutschen Freier-Studie ein Prostitutionskunde mit den Worten zitiert:

„Was auch immer die Bordellbetreiber den Prostituierten sagten, was sie mit den Kunden machen sollten, die Prostituierten widersprachen nie, sondern befolgten die Anweisungen, egal ob sie es wollten oder nicht. Die ganze Macht lag in den Händen der Bordellbetreiber. Die meisten Prostituierten trauten sich nicht, mit den Bordellbetreibern zu reden oder zu diskutieren.“ (Farley, 2022, S. 27)

Farley versäumt es kenntlich zu machen, dass es sich dabei um die Aussage eines kambodschanischen Prostitutionskunden handelt, den Farley bereits in ihrer vor zehn Jahren veröffentlichten Studie über Sexkäufer in Phnom Penh (Farley, 2012, S. 22) zitiert hat!

Die gemeinsame Stellungnahme von BesD und Doña Carmen e.V. bringt Beispiele, die belegen, dass ein solches Vorgehen bei Farley kein Einzelfall ist. „Geltende wissenschaftliche Standards werden beharrlich und systematisch missachtet“, lautet daher die Schlussfolgerung der 53-seitigen Stellungnahme der beiden Sexarbeiter-Organisationen zur deutschen Farley-Studie.

Das Vorgehen Farleys „erinnert doch sehr an den angeblichen Dokumentarfilm „Love-Mobil“, der seinerzeit als ‚authentische“ Dokumentation‘ vermarktet wurde, bis nach anderthalb Jahren herauskam, dass alles in dem Film nachgestellt und inszeniert war“, so Juanita Henning, Sprecherin von Doña Carmen e.V.. „Es muss um die Argumente der Verfechter*innen des ‚Nordischen Modells‘ der Freier-Kriminalisierung schlecht bestellt sein, wenn sie es nötig haben, sich auf eine derart windige und zweifelhafte Studie zu stützen“, so Henning.

Angesichts von insgesamt 28 kritischen Einwänden bewerten BesD und Dona Carmen die von Melissa Farley vorgelegte Freier-Studie als gescheiterten Versuch, der von Prostitutionsgegner*innen geforderten Kriminalisierung des Sexkaufs eine wissenschaftliche Legitimation zu verleihen."

Zur Kenntnis, Grüße an alle,
Vanzetti

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

@Vanzetti

Vielen Dank 👍😀

Kasharius grüßt

Eddy
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Eddy »

Großartige Leistung von BesD und Dona Carmen!

Wäre die Farley-"Studie" eine Dissertation eines Abgeordneten oder Ministers, wäre der angesichts der schweren Mängel und auch Fälschungen (z.B. wenn Zitate, die vor Jahren im Rahmen von Befragungen im Ausland erhoben wurden, nun deutschen Freiern untergeschoben werden) nicht nur seinen Titel, sondern auch seinen Posten los. Zu Guttenbergs Verfehlungen sind dagegen geradezu harmlos.

Und was macht die CDU/CSU? Sie trägt diese "Studie" wie eine Monstranz vor sich her. Kaum eine Äußerung zur Prostitution, wo nicht direkt oder indirekt darauf Bezug genommen wird und die Freier diffamiert und zu Tätern gemacht werden.

Einfach widerlich.

Eddy

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Eddy »

Das Sexkaufverbot ist jetzt auch in der finalen Fassung des CDU-Grundsatzprogramms verankert, vgl. hier auf S. 18:

https://assets.ctfassets.net/nwwnl7ifah ... _FINAL.pdf

Im Entwurf von Ende 2023 war es noch nicht enthalten.

Das ist eine neue Eskalationsstufe und damit sind neue Fakten geschaffen worden. Das ist eine ganz andere Dimension als ein "Positionspapier".

Damit ist auch endgültig, dass die Evaluation für die CDU/CSU keine Rolle mehr spielt. Grundsatzprogramm ist Grundsatzprogramm. Dabei war die CDU an dem Gesetz, das die Evaluation vorsah, einst sogar beteiligt, ja hatte sogar die Mehrheit in der Regierung und stellte die Bundeskanzlerin. Jetzt will sie von der Evaluation nichts mehr wissen. Denn die Aufnahme ins Grundsatzprogramm ist eine ganz klare Ansage: uns ist egal, was die Evaluation ergibt. Wir haben uns festgelegt!

Damit sinkt auch der Kompromiss-Spielraum für eventuelle Koalitionsverhandlungen.

Ganz klar auch eine Aussage, dass Prostitution und Menschenwürde unvereinbar sind.

"Sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel und Prostitution sind mit der Würde von Menschen nicht vereinbar. Deshalb unterstützen wir ein Sexkaufverbot und Hilfen beim Ausstieg aus der Prostitution."

Die Entscheidung liegt jetzt beim Souverän im Spätsommer/Herbst 2025. Alle Macht geht vom Volke aus.

Wie das ausgehen wird, ist ja bereits sehr absehbar. Wir nähern uns mit schnellen Schritten dem Ende.

Eddy

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

https://www.donacarmen.de/mit-lug-und-t ... -die-50er/#

Position von Dona Carmen e.V.

Kasharius grüßt zum Feiertag

Eddy
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Eddy »

DIe Menschenrechtskommissarin des Europarats zu Sexarbeit und Verbotsdebatte:

https://menschenhandelheute.net/2024/02 ... tsdebatte/
(Kurzfassung)

Voller Text englisch:
https://www.coe.int/de/web/commissioner ... ex-workers

Voller Text auf Deutsch übersetzt:
https://magazin.hiv/magazin/menschenrechte-sexarbeit/

Eddy

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

@Eddy


Super vielen lieben Dank herzliche Grüße von

Kasharius grüßt :006

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von lust4fun »

„Ernestine Pastorello erlebt Sexarbeit als Sinnstiftung, Johanna Seitz als Ausbeutung. Können Frauen selbstbestimmt ihren Körper verkaufen? Oder muss der Staat sie schützen?“
FAZ,18.5.24
https://archive.ph/2YcQS

Wie seht ihr diesen journalistischen Ansatz? Ist es lediglich eine dialektische Fingerübung für einen jungen Volontär bei einer Qualitätszeitung zu einem gängigen Boulevardthema?
Ist es diskriminierend, wenn eine „sinnstiftende“ Beschreibung nur zum Preis einer gleichzeitigen Gegenposition („Ausbeutung“) gegeben werden kann?
Oder hat dieses Sowohl-als-auch eine diskursive und dann auch politische Chance, der faktenwidrigen Einseitigkeit der Abolitionist*innen in ihrem Kampf um die Abschaffung von Sexwork wirksam (gesetzgeberisch) etwas entgegenzusetzen?

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von friederike »

Erst einmal: vielen Dank für den Hinweis auf diesen Artikel - das ist auf jeden Fall hilfreich!

Ein guter Journalist muss selbstverständlich alle Facetten und Positionen in seiner Berichterstattung berücksichtigen, und das tut Felix Schwarz offensichtlich. Die Welt ist niemals so, dass eine Seite Recht hat und die andere überhaupt nicht. Schicksale wie diese Johanna Seitz gibt es, davon müssen wir ausgehen. Die Frage ist, wie man hier Abhilfe schaffen kann.

Der Skandal des Nordischen Modells liegt darin, dass es eben auch Frauen wie Ernestine Pastorello gibt. Über diese Seite gehen die Befürworter_:Innen des NM wie ein Panzer hinweg. Der Grundsatz der sexuellen Freiheit lautet aber: "Wo immer zwei Menschen einvernehmlich miteinander Sex haben wollen, müssen die Ordnungskräfte vor der Tür bleiben." Das Argument der NM-Seite, solche Frauen wie Ernestine stellten eine Minderheit dar, ist rechtlich vollkommen unerheblich, wenn es um die elementaren Rechte der Prostituierten und ihrer Freier geht.

in puritanisch-protestantischen Ländern ist Prostitution seit jeher verboten, auch in Frankreich gibt es brutale Einschränkungen. Nirgendwo hat sich gezeigt, dass damit Mütter davon abgehalten werden können, ihre Töchter zu verkaufen. Zuhälterei ist bereits heute strafbar und wird durch das NM nicht noch strafbarer. Worauf das NM abzielt, ist, die Rechte der Männer zu verkürzen, vor allem, indem man unjuristische Mittel einsetzt wie den Rufschaden, den ein Freier erleiden soll. All das ist über alle Maßen widerlich.

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von NoraSW »

Die schöne neue freie Welt des Sexkaufverbotes.
Sexarbeit verschwindet da, wo man sie sieht, ein paar Beispiele werden ins Rampenlicht gezerrt und kritische Stimmen werden zum erstummen gebracht. Nun kann man sagen, ja wir haben gesiegt.
Dass wir das Licht, die Helligeit und das Hellfeld brauchen, um sichere Arbeitsbedingungen zu haben, darüber spricht man dann einfach nicht mehr.
Man macht es einfach wie in Paris, man dreht die Beleuchtung ab am Straßenstrich. Man drängt uns in die Dunkelheit, bewusst und systematisch.

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lust4fun
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von lust4fun »

Der Deutsche Städtetag wurde für die Anhörung zum Thema „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“ am 23. September im Bundestag um eine Stellungnahme gebeten.

https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... 3-123a.pdf

Kleiner Kommentar:

Ich glaube, die Stellungnahme ist gut gemacht - in dem zu erwartenden Rahmen.

Was mich bei derartigen Texten immer beschäftigt, sind die divergierenden Kommunikationsebenen und der Eindruck, dass man letztlich doch immer aneinander vorbeiredet.

Die Stellungnahme lässt sich zusammenfassen: Die Gesetzesinitiative der CDU wird als „kontraproduktiv“ bewertet. Kontraproduktiv in dem Sinne, dass das Ziel, die Verbesserung der Arbeits- und Lebensumstände von Sexarbeitenden, nicht erreicht würde, sondern sich die Umstände verschlechtern würden.

Als ginge es darum, wie das eine gemeinsame Ziel am besten erreicht werden könnte. Dabei haben wir doch einen Zielkonflikt vorliegen, der von den unterschiedlichen Playern unterschiedlich gewichtet wird:
1. Verbesserung innerhalb der Paysex-Bedingungen
2. Unterbindung von Paysex

Die Unterbindung ist moralisch definiert, deshalb kann eine Fachstelle hierzu nie etwas (Wertendes) sagen. Aber das Nichtgesagte steht wie ein Elefant im Raum. Und das Sagbare (praktische Prognosen) tendiert zum Banalen. Der Städtetag kann sagen, dass es immer freie und unfreie Umstände in der Sexarbeit gibt und ein Verbot nicht funktionieren würde. Er kann offenbar nicht problematisieren (höchstens andeuten), dass das Abo-Programm Freiheitsrechte beschneidet.

So bleibt man als Einzelner trotz unterstützender Stellungnahmen marginalisiert, wenn man nicht immer nur im Büßergewand herumlaufen und konstatieren will: Ja, ja, es gibt Leid im Paysex. Ich denke daran, wie ich bei einer Sexworkerin war und wir sprachen: Wir tun uns gerade richtig gut! Und ich weiterdenke: Wie kann es legal sein, dass ein Staat uns das verbieten will und kann?

(Ich weiß, ich wiederhole mich hier und drehe mich im Kreise…, nix Neues halt…, trotzdem Grüße an alle)

Boris Büche
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Boris Büche »

@lust4fun:
"Als ginge es darum, wie das eine gemeinsame Ziel am besten erreicht werden könnte. Dabei haben wir doch einen Zielkonflikt vorliegen . . . "

Diese Verfahrensweise ist innerhalb der Parlamente leider zum Standard geworden, seit man alle "demokratischen" Mitbewerber
um die Wählergunst als liebe Kolleginnen und Kollegen anzusprechen sich gewöhnt hat. Den Zielkonflikt zu formulieren
würde es erfordern, von dieser Verbrüderung abzusehen und zu Formulierungen zu greifen, die quasi verbale Gewalt sind:
"Heuchler!" "Sie lügen, wenn Sie sagen, Ihnen ginge es um . . ." etc.