Länderberichte SCHWEIZ

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deernhh
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Re: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von deernhh »

Finanzbranche diskriminiert Sexgewerbe
04:49
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Finanzbranche diskriminiert Sexgewerbe
Aus Rendez-vous vom 20.12.2023.

Benachteiligung im Sexgewerbe
-
Der Finanzmarkt diskriminiert Sexarbeiterinnen
Sexarbeit ist in der Schweiz legal. Trotzdem: Viele Betriebe und Sexarbeiterinnen können keine Versicherungen und Bankkonten abschliessen.


Autor:Charlotte Jacquemart


Andy Santoso ist verzweifelt. Der junge Betreiber einer erotischen Sauna in Genf hat seinen Betrieb vor zwei Jahren übernommen. Seither kämpft er um Versicherungsschutz und Bankverbindungen: «Wir haben viele Probleme. Die Banken verlangen Unterlagen, die wir nicht haben, weil sie Genf gar nicht mehr ausstellt. Oder sie verlangen persönliche Daten von den Sexarbeiterinnen, die ich gesetzlich nicht liefern darf wegen des Datenschutzes.»

Gestützt darauf würden die Banken dann Geschäftsbeziehungen ablehnen, erzählt Andy Santoso bei einem Kaffee in seinem Betrieb. Noch existenzbedrohender sei die Lage bezüglich Versicherungen. «Es gibt in der Schweiz keine Versicherung, die meinen Betrieb deckt. Die Versicherung, die uns 37 Jahre lang betreut hat, hat uns den Vertrag jüngst gekündigt – aus moralischen Gründen.»

Wenn jemand mit der Karte bezahlen will, muss ich aufpassen, dass sie nicht herausfinden, dass ich Sexworkerin bin.
Autor:Maria
Sexarbeiterin
Die Kündigung der Axa von allen Policen erfolgte, nachdem Andy Santoso bei der Übernahme der Sauna alles legalisiert hat, also seinen Betrieb bei Polizei und Behörden vorschriftsgemäss angemeldet hat. Bis zum Zeitpunkt dieser Legalisierung hatte die Axa den Betrieb jahrzehntelang versichert.

Es sei doch nicht normal, dass man legal unterwegs sei und dann diskriminiert werde, nur weil Sexarbeiterinnen ein- und ausgingen, klagt der junge Genfer. Er wünscht sich, dass die Politik tätig würde, um die Diskriminierung zu beenden. Es gehe nicht um die Frage der Moral, sondern um einen anerkannten Beruf.

Deutschschweizer Betriebe fühlen sich auch benachteiligt
Auch in der Deutschschweiz fühlt sich die Branche diskriminiert. Ingo Heidbrink betreibt seit über 30 Jahren mehrere Clubs in verschiedenen Kantonen. Der Umgang mit Versicherungen und Banken sei schwierig, sagt der erfahrene Manager.

«Der Club hier ist nicht versichert, weil man keine Versicherung mehr bekommt. Vor 25 Jahren war das noch einfach. Auf einmal hiess es, das geht nicht mehr. Es ist auch nicht einfach, eine Bankverbindung neu zu gründen, obwohl es ein legales Geschäft ist. Vermutlich wollen sie ihren guten Ruf nicht ruinieren.»

Piktogramm von Sexboxen.
Legende:
Für Ingo Heidbrink ist es einfacher, mit dieser Situation umzugehen, weil er Reserven hat. Junge Betreiber wie Andy Santoso hingegen bringt diese Stigmatisierung in Not.

Und Sexarbeiterinnen machen die Einschränkungen verletzlich. Es sei fast unmöglich, ein Bankkonto zu eröffnen, wenn man ehrlich angebe, dass man im Sexgewerbe arbeite, sagt etwa Maria, die ihr eigenes Geschäft aufgebaut hat.

Auch Zahlungssysteme seien ein Problem, sagt die junge Frau. «Die meisten Zahlungssysteme gehören amerikanischen Firmen. Und dort ist es illegal, für Sexarbeit bezahlt zu werden. Bei Terminabmachungen nehme ich eine Anzahlung zu meiner Absicherung. Das geht zum Beispiel mit Twint oder Banküberweisung. Wenn jemand mit der Karte bezahlen will, muss ich aufpassen, dass sie nicht herausfinden, dass ich Sexworkerin bin.»

Obwohl es eine legale Tätigkeit ist, müssen viele Sexarbeiterinnen versteckt vorgehen. Das sei psychisch belastend, sagt Maria.

Eine Prostituierte wartet in der Nacht auf einen Kunden.
Legende:
Viele Sexarbeiterinnen geben einen anderen Beruf an, wenn sie ein Bankkonto eröffnen. Oder sie landen bei der Postfinance, weil die einen Grundversorgungsauftrag hat.

Letztlich bleibt aber unklar, wieso man einen Betrieb nicht gegen Feuer oder Wasser versichern kann, nur weil darin erotische Dienstleistungen angeboten werden.

Fakt ist: Es gibt in der Schweiz Hunderte von Erotikclubs und Zehntausende von Sexarbeiterinnen. Ihre Dienstleistungen sind legal und damit ein Gewerbe wie jedes andere auch.


Finanzbranche weist Vorwürfe zurück
Banken und Versicherungen wollen auf Anfrage von SRF nichts von Diskriminierung wissen. Die Versicherungen berufen sich etwa auf die Vertragsfreiheit. So schreibt die Axa, es gebe Risiken, die man aufgrund von statistisch relevanten Auffälligkeiten nicht versichere. Die Mobiliar schreibt, man tarifiere risikogerecht. Und das führe dazu, dass gewisse Berufsgruppen nicht versichert würden. Baloise, Helvetia und Vaudoise reden von Risikogruppen, die nicht den Zielkunden entsprächen.

Rendez-vous, 20.12.2023, 12:30 Uhr

https://www.srf.ch/news/wirtschaft/bena ... eiterinnen

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friederike
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Re: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von friederike »

Der Terror der Woken, der Fenminist*:Innen, der Puritaner und Moralisten schreitet fort.

Vorschlag: Verbraucherzentralen anschreiben. Wir sind legal. Diskriminierung wegen sexueller Orientierung ist nicht zulässig.

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deernhh
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Re: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von deernhh »

06. März 2024 SRG Deutschschweiz News
Verharmlost «Rendez-vous» Prostitution in der Schweiz?


Die Audio-Informationssendung «Rendez-vous» widmet sich der Diskriminierung von Sexarbeitenden durch Finanz- und Versicherungsinstitute. Zum Beitrag gingen gleich drei Beanstandungen ein, die finden: Hier wird die Prostitution in der Schweiz auf problematische Weise normalisiert.

Darum geht es in der beanstandeten Sendung
Der Bericht «Finanzbranche diskriminiert Sexgewerbe» der SRF-Informationssendung «Rendez-vous» behandelt die Benachteiligung verschiedener Sexarbeiterinnen in Bezug auf Versicherungs- und Finanzdienstleistungen. Der Bericht bezieht sich auf die Diskrepanz zwischen der Wirtschaftsfreiheit und der verbreiteten Praxis von Banken und Versicherungen. Denn obwohl Sexarbeit und Erotikclubs in der Schweiz legal sind, haben Personen, die dort arbeiten, oft Schwierigkeiten, sich versichern zu lassen oder ein Konto sowie eine Kreditkarte zu erhalten. Finanzinstitute und Versicherungen verweisen auf die Vertragsfreiheit und lehnen die Anträge ab.

Was wird beanstandet?
Verschiedene Beanstandende monieren eine Normalisierung des Sexgewerbes durch den Beitrag. So sei etwa die Anmoderation, welche Sexarbeit als «so legal wie Brot zu verkaufen» beschreibe, problematisch. Diese Perspektive vernachlässige die oft prekären Situationen betroffener Frauen. Mehr als drei Viertel davon würden in der Schweiz dieser Tätigkeit nämlich nicht freiwillig nachgehen, sondern unter Zwang durch Zuhälter und kriminelle Organisationen.

Betroffene litten oft an posttraumatischen Störungen, so die Beanstandenden, viele von ihnen seien im Rahmen ihrer Tätigkeit bereits vergewaltigt worden. Eine Normalisierung von Prostitution als Tätigkeit wie jede andere auch missachte deshalb die Menschenwürde.

Weiter sei aus genannten Gründen auch der Begriff der «Sexarbeit» verharmlosend. Der Beitrag erwecke insgesamt den Eindruck, dass sämtliche Prostituierten in der Schweiz einer völlig legalen Tätigkeit nachgehen würden. Dies sei aber nachweislich falsch.

Was sagt die Redaktion?
Die Redaktion verteidigt zunächst den Begriff der «Sexarbeit». Dieser werde sowohl von offiziellen Stellen sowie von Fachorganisationen verwendet. Er sei nicht verharmlosend, im Gegenteil sei er wichtig, die selbstbestimmte Sexarbeit zu enttabuisieren. So entspreche der Begriff auch einem Anliegen der Sexarbeitenden selbst, als solche bezeichnet zu werden.

Das grösste Problem, so die Redaktion weiter, seien für Personen im Sexgewerbe die Diskriminierung und Stigmatisierung ihrer Arbeit – wie im «Rendez-vous»-Beitrag exemplarisch an Finanz- und Versicherungsdienstleitungen dargestellt. Im Beitrag würden die weitreichenden Probleme der Prostituierten erwähnt. Da die präsentierte Ungleichbehandlung bei Kontoeröffnungen oder dem Abschliessen von Versicherungen diese zusätzlich verschärfen, sei es umso wichtiger, darüber zu berichten. Denn die beschriebene Diskriminierung habe auch Folgen für die Sicherheit der Frauen: Hätten sie vermehrt Zugang zu Kreditkarten, hätten sie beispielsweise die Möglichkeit, Vorauszahlungen für Dienstleistungen zu verlangen.

Dass im Sexgewerbe immer wieder Straftaten wie Menschenhandel, Erpressung, Vergewaltigungen oder Gewalt gegen Frauen verübt werden, sei unbestritten. SRF berichte regelmässig darüber. Der Beitrag aber fokussiere sich auf eine wirtschaftliche Dienstleistung, die aus moralischen Gründen nicht erbracht werde.

Was sagt die Ombudsstelle?
Die Ombudsstelle stützt in ihrer Antwort die Argumente der Redaktion und stellt auch keinen Verstoss gegen das Radio- und Fernsehgesetz fest. Der Fokus des Beitrags auf die Forderung von Sexarbeitenden auf rechtliche Gleichstellung sei jederzeit klar. Auch der Vergleich mit Alltagsberufen wie dem Brotverkauf sei legitim, da der Vergleich mit den Worten «so legal wie» eingeführt werde. Damit ist der Fokus auf die Rechtsprechung klar ersichtlich.

Auch am Begriff der «Sexarbeit» stört sich die Ombudsstelle nicht. Der Begriff sei keinesfalls ein Synonym für sexuelle Ausbeutung. Viele Argumente der Beanstandenden mögen zudem Grund dafür sein, dass Sexarbeit in breiten Kreisen als Erwerbstätigkeit nicht anerkannt ist es und dass sie der persönlichen Moralvorstellung widerspricht. Ob sie deshalb von Banken und Versicherungen diskriminiert werden, darüber könne hingegen nur spekuliert werden.

Schlussbericht Ombudsstelle 9783f.

Zur Sendung «Rendez-vous» vom 20. Dezember 2023

Text: SRG.D/pz

https://www.srgd.ch/de/aktuelles/news/2 ... r-schweiz/

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Kasharius
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Re: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von Kasharius »

https://www.blick.ch/gesellschaft/fraue ... 94951.html

Kampagne gegen Prostitution

Kasharius grüßt

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Ursa Minor
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Re: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von Ursa Minor »


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Re: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von Kasharius »


Joerg84
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Re: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von Joerg84 »