ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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certik
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Die Rechte der Prostituierten nach dem neuen Prost.-Gesetz

Beitrag von certik »

Ein sehr interessanter Ratgeber vom Amt für Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg als pdf, der zusammenfassend die Rechtslage für SW in Deutschland erklärt:

RATGEBER PDF

LG certik
* bleibt gesund und übersteht die Zeit der Einschränkungen *

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certik
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D: Rechtliches ABC der Prostitution

Beitrag von certik »

Der Bundesverband sexuelle Dienstleistungen e. V. bietet hier ein interessantes, rechtliches ABC der Prostitution als pdf an:
http://busd.de/BSD_download/berufsverband.pdf

LG certik
* bleibt gesund und übersteht die Zeit der Einschränkungen *

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Tanja_Regensburg
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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Tanja_Regensburg »

Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes


Bericht Bundesregierung

Habe diesen interessanten Beitrag im mc-escort forum entdeckt.
Fand ihn sehr interessant!

liebe Busserl aus Regensburg
Tanja
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annainga
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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von annainga »

es gibt nicht nur den

"Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes", sondern auch den
"Bericht der Bundesregierung zur Reglementierung von Prostitution", sowie den
"Bericht der Bundesregierung zur Vertiefung spezifischer Fragestellungen zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes."

ich darf ein paar passagen, die mir aufgefallen sind, zitieren.

erstmal wird prostitution nicht so gesehen, wie wir das gerne hätten, nämlich als autonome entscheidung, sondern genau die bereiche, von denen wir uns distanzieren (zwangsprostitution, sexuelle gewalt) werden als gleichwertige formen der prostitution aufgelistet:

- Prostitution als Verletzung der Menschenwürde,
- Prostitution als "lediglich" Verstoß gegen die Moral bzw. gegen die guten Sitten,
- Prostitution als autonome Entscheidung zu einer riskanten Tätigkeit,
- Prostitution als Beruf wie jeder andere.

"Wie zu zeigen sein wird, versteht der in Deutschland mit dem Prostitutionsgesetz eingeschlagene
Weg Prostitution als vom Recht zu respektierende autonome Entscheidung, die aber typischerweise mit erheblichen Gefahren und Risiken behaftet ist. Dazu gehören etwa psychische und physische Auswirkungen auf die betroffene Person. Diese Risiken und Gefahren sind aber nicht mit allen Formen der Prostitution in gleichem Ausmaß verbunden, sondern sie hängen wesentlich von den Bedingungen ab, unter denen sie ausgeübt wird.
Mit dem Prostitutionsgesetz hat sich der Bundestag für einen eng begrenzten Ansatz der
Regulierung eines Teilaspekts des gesellschaftlichen Phänomens Prostitution entschieden.

Prostitution an sich wurde dabei als gegeben angesehen, das Gesetz strebte weder eine
Abschaffung noch eine Aufwertung der Prostitution an.

Vielmehr stand im Focus die Verbesserung der Verhältnisse in der Prostitution zugunsten derjenigen Frauen und Männer, die freiwillig ihren Lebensunterhalt durch Prostitution bestreiten.
Mit dem Gesetz sollte die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten verbessert werden.
Die rechtlichen Nachteile der bisherigen Bewertung der Prostitution als sittenwidriges und damit unwirksames Rechtsgeschäft, die sich bislang vor allem zulasten der
Prostituierten ausgewirkt hatte, sollten beseitigt, der Zugang von Prostituierten zur Sozialversicherung erleichtert werden.
Mit dem Gesetz wurde auch die Erwartung verknüpft, dass die kriminellen Begleiterscheinungen der Prostitution zurückgedrängt und die Ausstiegsmöglichkeiten für Prostituierte
erleichtert werden.
Prostitution sollte allerdings kein "Beruf wie jeder andere" werden.
Das Weisungsrecht von Arbeitgebern wurde weitgehend eingeschränkt zugunsten des sexuellen Selbstbestimmungsrechts von Prostituierten. Keine Prostituierte sollte aufgrund eines Vertragsverhältnisses verpflichtet sein, gegen ihren Willen einen bestimmten Kunden zu bedienen oder bestimmte Sexualpraktiken auszuüben.

Abschließende Bewertung des ProstG
Folgendes Resümee kann gezogen werden: Der Gesetzgeber hat mit dem ProstG einen Schritt zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Lage der Prostituierten unternommen,
aber weitere Schritte müssen gegangen werden, will man nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Durch die Reglementierung der Prostitution werden Handlungsspielräume eröffnet, die alle beteiligten Akteure, von den Prostituierten über die Bordellbetreiber bis zu den Behörden nutzen können, etwa durch eine Abgrenzung der "guten" Bordellbetreiber von den "schwarzen Schafen" oder durch die Konzentration
der Kriminalitätsbekämpfung auf wirklich strafwürdige Verhaltensweisen. Für die Durchsetzung minimaler Arbeitsstandards und für den Schutz der Beschäftigten ist die
Transparenz der Prostitution unerlässlich. Allein durch die Rechtssetzung werden die erhofften Effekte jedoch nicht eintreten. Die Rechtsdurchsetzung darf nicht vergessen
werden, und insofern ist es naiv, auf die Eigenverantwortlichkeit der Prostituierten zu verweisen.
Mit anderen Worten: Will man die soziale Lage der Prostituierten verbessern, so ist die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für die Ausübung der Prostitution
eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung. Vielmehr ist es nicht ungefährlich, strafrechtliche Interventionsmöglichkeiten abzubauen, ohne die dadurch
entstandenen Lücken mittels anderer Institutionen zu schließen.

In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass die Hamburger Polizei Menschenhandelsdelikte inzwischen in höherem Ausmaß aufgrund von Anzeigen aus dem Milieu
heraus aufgeklärt hat als im Gefolge von Razzien. Dort sieht man die Ursache darin, dass die Legalisierung der Prostitution für die Prostituierten die Hemmschwelle herabgesetzt
habe, Kontakt zu Behörden aufzunehmen. Die Hamburger Polizei setzt als "inzwischen
bewährte" Alternative zu personalintensiven Razzien "Milieuaufklärer" ein, die zu den Prostituierten Vertrauensverhältnisse aufbauen.

Im Gesetzgebungsverfahren ist kritisiert worden, dass das ProstG nur einen Teilbereich der Prostitution erfasst. Vernachlässigt wurde der gesamte Bereich der unfreiwillig
ausgeübten Prostitution: Menschenhandel, Zwangsprostitution und Minderjährigenschutz.


Die Kritik an den strafrechtlichen Änderungen im Rahmen des Prostitutionsgesetzes setzt an verschiedenen Punkten der polizeilichen Arbeit und der Strafverfolgung an und führt häufig zu der oben beispielhaft dargestellten allgemeinen Aussage, dass das ProstG die Strafverfolgung der Polizei und Staatsanwaltschaft erschweren würde. Diese Diskussion wird verkürzt bisher überwiegend in der Politik und Presse geführt. Aus der Fachöffentlichkeit gibt es vereinzelte Veröffentlichungen, die sich differenzierter zu Wechselwirkungen äußern. Bezugspunkt ist hier häufig eine Art "Praxisresumee" von Schmidbauer fast vier Jahre nach Inkrafttreten des ProstG, der generell feststellt,
dass sich das Verhältnis zwischen Prostituierten und Zuhältern durch eine Stärkung der Zuhälter auf der Grundlage des ProstG noch weiter zu Lasten der Prostituierten verschlechtert habe. Schmidbauer unterscheidet dabei sowohl zwischen den Auswirkungen geänderter Tatbestände als auch den Auswirkungen des ProstG auf andere Tatbestände."

die berichte sind zwischen 70 und 80 seiten lang, allerdings sehr fließend zu lesen. ich möchte die berichte jedem sw empfehlen zu lesen.

liebe grüße von annainga

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Tanja_Regensburg
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Infos zur rechtlichen Situation

Beitrag von Tanja_Regensburg »

der Bundesverband Sexueller Dienstleistungen e.V. (BUSD) hat die rechtlichen Grundlagen in folgendem Dokument zusammengefasst (keine Angst davor, ist nicht in "juristisch" verfasst):

http://www.busd.de/BSD_download/berufsverband.pdf

Busserl Tanja

Werde dort morgen mal anrufen um zu sehen, ob das alles noch aktuell ist!
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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von annainga »

als "informationseinstieg" ist die broschüre sicher lesenswert und mit stand von juli 2005 auch aktuell.
ich selbst habe die broschüre vom gesundheitsamt nürnberg zugeschickt bekommen, das ist das gesundheitsamt, das auch unter anderen einrichtungen die "aktion tabulos" durchführt.

liebe grüße von annainga

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Unterm Strich

Beitrag von Tanja_Regensburg »

Quelle http://www.zeit.de/archiv/2002/03/20020 ... tituti.xml

DIE ZEIT


Unterm Strich

Seit dem 1. Januar ist Prostitution eine legale Dienstleistung. Aber ist die neue Rechtslage auch gut fürs Geschäft? Eine Betriebsbegehung

Ralph Geisenhanslüke

Text und Form« steht unten an der Klingel. Das schlichte Aluschild im ersten Stock ergänzt: »Textgestaltung und Übersetzung - K. Douglas«. Firmenprospekte oder Visitenkarten werden hier aber nicht entworfen. Hinter der seriösen Tür offerieren Kamilla Douglas und Mitarbeiterinnen ihre Gunst.

Frau Douglas - wir bleiben beim Künstlernamen - ist eine schlanke, hoch gewachsene Fünfzigerin mit Nickelbrille, die Wert auf Stil legt. Bei »Text und Form« sieht es aus wie in einer modernen WG: eine Altbauwohnung in Berlin-Wilmersdorf, hell, freundlich, 185 Quadratmeter, sieben Zimmer, rauchfrei. Der Putzmann arbeitet gewissenhaft, in der Luft liegt ein Hauch von Sandelholz, es plätschern Zimmerspringbrunnen. Bei ernsthaftem Interesse werden allerdings auch Türen geöffnet, hinter denen sich Käfige, Böcke, Peitschen befinden.

An Interessenten für zarte wie harte Zuwendung mangelt es nicht. Oft schreiben die Kunden aber erst mal eine E-Mail, um etwas über Vorlieben oder besondere Talente der Mitarbeiterinnen von »Text und Form« zu erfahren. Seit einem Jahr betreibt Frau Douglas eine Internet-Seite, auf der ihr Salon und ihre »Lustbegleiterinnen« ausführlich bebildert und beschrieben sind. Das ist ansprechender und kreativer als Anzeigen in der Zeitung, sagt sie. Der Server, auf dem sich auch andere Berliner Freudenhäuser präsentieren, verzeichnet rund 5000 Zugriffe am Tag.

Trotz moderner Kommunikationswege beruht das Kerngeschäft auf den traditionellen Fantasien der Männer. »In dem Moment, in dem du zur Tür reinkommst«, sagt Birgit, eine der Mitarbeiterinnen, »kriegst du die Illusion, Liebhaber auf Zeit zu sein.« Und der Liebhaber muss nett sein. Wer unangenehm ist, wird diplomatisch, aber entschieden abgewiesen. 150 Euro kostet eine Stunde »Drunter und Drüber«, wie es hier genannt wird.

Jeden Tag gehen in Deutschland nach gängigen Schätzungen 800 000 Männer zu einer Prostituierten. Das Bundeskriminalamt schätzt die Zahl der hierzulande arbeitenden Huren auf 200 000; die Hurenverbände nennen das Doppelte. Käuflicher Sex ist längst Bestandteil der Dienstleistungsgesellschaft, erst dieses Jahr aber wird er vom Ruch des Illegalen befreit: Mit der Änderung der Paragrafen 180a und 181a StGB fällt der Tatbestand »Förderung der Prostitution« weg. Das ist ein Fortschritt, denn unter diesen Tatbestand, so Friedericke Strack von der Hurenorganisation Hydra, fielen bislang gerade jene Selbstverständlichkeiten, die zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen gehörten. Zum Beispiel die Bereitstellung von Kondomen oder Bettwäsche. »Zuhälterei« bleibt gleichwohl strafbar.

Das neue Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Prostituierten (ProstG) ist am 1. Januar in Kraft getreten. Vereinbarungen mit Prostituierten sind nun rechtsverbindlich, das Honorar ist einklagbar. Bordelle können Frauen - und Männer - anstellen, Sozialabgaben und Krankenversicherung zahlen.

20 Jahre Arbeit im Verborgenen

»Mein Beruf«, sagt Kamilla Douglas, »hat mir ein angenehmes, selbstbestimmtes Leben ermöglicht.« Das mag man für eine professionelle Haltung, wenn nicht eine Lebenslüge halten, und natürlich kann Kamilla Douglas nur für sich sprechen - aber sie tut das immerhin nach 26 Jahren als Domina. Und sie wählte ihren Beruf nicht aus Not: »Das Wichtigste war mir immer meine Freiheit.« Die gelernte Krankengymnastin fand es »schwer, sich in Angestellten-Arbeitsverhältnissen unterzuordnen«. Gut 20 Jahre arbeitete sie im Verborgenen. Ihrer Tochter, heute 33 Jahre alt und Ärztin, erzählte sie es etwas später, ihren Männern stets sofort. »Ein Mann, der das nicht akzeptiert, ist nicht der Richtige«, sagt sie - stolz darauf, »mit erhobenem Haupt zu arbeiten und unabhängig zu sein.«

Vor sechs Jahren eröffnete Kamilla Douglas ihr eigenes Etablissement und bekam »das Grausen, mit was für Leuten ich es zu tun hatte«. Nicht Banden und Schutzgelderpresser raubten ihr den Schlaf, sondern das Personal. Eine Frau, die sie entließ, verfolgte sie mit Morddrohungen. Heute ist das ausgestanden. Kamilla Douglas kann behaupten, was eher die Ausnahme ist in einem Gewerbe, in dem häufig Zwang ausgeübt wird: dass es bei ihr um »freie und selbstbestimmte Sexualität« geht. In Vorstellungsgesprächen will sie vor allem aus-schließen, dass Frauen aus akuter Geldnot zu ihr kommen oder von einem Mann gedrängt werden.

»Prostitution, die von Erwachsenen freiwillig ausgeübt wird«, hieß es im Dezember 2000 in einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, »ist nach den heute anerkannten sozialethischen Wertvorstellungen (...) nicht mehr als sittenwidrig anzusehen.« Die Berlinerin Felicitas Weigmann hatte dagegen geklagt, dass der Bezirk Wilmersdorf ihr die Gaststättenkonzession entzog, weil in ihrem Café Pssst »Anbahnungsgespräche« stattfanden und sie Zimmer im Hinterhaus für 60 Mark die Stunde vermietete. Seit Weigmann den Prozess gewann, ist das Pssst bundesweit bekannt.

Gütesiegel für Bordelle?

Wird durch das neue Gesetz alles anders? »Höchstens in den Köpfen«, sagt Felicitas Weigmann. »Wichtig ist erst mal, dass wir Recht bekommen haben. Und nicht nur die Pflicht, Steuern zu zahlen. Endlich ist offiziell, was seit Jahrzehnten nur geduldet wurde.« Die Hurenlobbyistin Stefanie Klee denkt sogar an die Gründung eines Berufsverbandes, der Qualitätsmerkmale und Standards festlegen oder ein Gütesiegel vergeben könnte.

Auch in Holland wird überlegt, wie man die Qualität sexueller Dienstleistungen zertifizieren könnte, sagt Jan Visser vom Verein De Rode Draad in Amsterdam. Vorher allerdings sollen Gütesiegel für jene Dienstleister eingeführt werden, auf die die Prostituierten selbst angewiesen sind: vertrauenswürdige Ärzte, Anwälte oder Steuerberater etwa. Seit die Niederlande vor einem Jahr als erstes Land die Prostitution in die Legalität holten, bekommen Bordelle Lizenzen. Die Arbeitsbedingungen werden regelmäßig kontrolliert. Prostituierte haben, wie nun auch in Deutschland, die Wahl, als Angestellte zu arbeiten oder sich als selbstständige Unternehmerinnen anzumelden. »Die Legalisierung«, so Visser, »hat zuerst einmal für Verwirrung gesorgt, weil die Behörden noch ihre eigenen Regeln hatten.« Nach einem Jahr holländischer Erfahrung ist deutlich: Legalisierung bedeutet nicht automatisch gesellschaftliche Akzeptanz. Aber die befürchtete Flucht vor Registrierung und Finanzamt fand nach Vissers Einschätzung nicht statt: »Wenn legale Prostitution eine wirtschaftliche Überlebenschance hat, warum sollte man es illegal tun?«

In Deutschland ist die Realität der Gesetzgebung vorausgeeilt: Längst treten Bordelle offen auf, längst bringen Boulevardzeitungen detaillierte Pufftests, als ginge es um Restauranttipps. Ein Schimmer von Rotlicht ist schick. Leicht gerät aus dem Blick, dass es neben freiwilliger, legaler Prostitution auch Elend und Missbrauch gibt.

»Wir stehen der Gesetzesänderung grundsätzlich positiv gegenüber. Es ist gut, diesen Bereich zu entkriminalisieren«, sagt Sebastian Laudan, Leiter der Inspektion für Migrationskriminalität beim LKA Berlin. Laudan und seine Mitarbeiter führen pro Jahr rund 500 Razzien durch. Sie wissen: 95 Prozent der Fälle werden sich weiter um illegale Prostitution drehen. Frauen, die vor der Armut ihrer Heimatländer flüchten, die unter falschen Versprechungen oder mit Gewalt in deutsche Bordelle gebracht werden. Berlin ist europäische Drehscheibe für den Menschenhandel mit dem Osten. »Wir werden wie auf Baustellen oder in Gaststätten das Problem haben, dass die Dumpingpreise und Low-Level-Beschäftigung durch ausländische Prostituierte abgedeckt werden«, sagt Laudan. »Wenn die legalen Bordelle alles legal versteuern, müssen sie zwangsläufig teurer werden. Die Schere zwischen ihnen und den illegalen Billiganbietern wird sich weiter öffnen.«

Dessous sind künftig absetzbar

Der durchschnittliche Normalverkehr kostete in Berlin nach Einschätzung von Hauptkommissar Mittelstädt bislang 60 bis 80 Mark. Nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben und Krankenversicherung bliebe vielleicht die Hälfte. Doch nicht nur deshalb lässt die Möglichkeit, sich im Angestelltenverhältnis zu prostituieren, in vielen Betrieben die Stimmung erkalten. Auch wird über konkrete Zahlen ungern gesprochen: Die öffentliche Hand möchte die Mehrwertsteuer auf den - schwer nachweisbaren - Gesamtumsatz kassieren. Zu diesem Zweck unterstellt das Finanzamt eine gemeinsame Kasse und behauptet, die Leistung gegenüber dem Kunden würde vom Betreiber erbracht. Prostituierte seien bestenfalls Subunternehmer. Bei Betriebsprüfungen gilt schon eine vom Betreiber gekaufte Kondomgroßpackung als Indiz dafür. »Durch diese Praxis werden die selbstbestimmt arbeitenden Prostituierten, die ihren Verdienst selbst kassieren, wie Unmündige behandelt. Dem Betreiber wird ein dirigierendes Verhalten unterstellt, was ihn in Zukunft der Gefahr einer Strafverfolgung wegen Zuhälterei aussetzt«, sagt die Berliner Rechtsanwältin Bettina U. Schmidt.

Die »Kontrollgruppe Prostitution« beim Finanzamt Stuttgart kündigte gar vor dem Hintergrund »der zu erwartenden Verbesserungen (...) den konsequenten Einsatz der Steuerfahndung« an. Seit Juni 2000 zahlen Bordellbetreiber in Baden-Württemberg pauschal Steuern im voraus: 50 Mark pro Tag und Kopf. Zugrunde gelegt wird eine 7-Tage-Woche. Eine Erstattung erhält nur, wer die Prostituierten mit Namen und Passnummer meldet - und wenn diese dann ihre Einnahmen versteuern. Einziger Weg, der Vorausleistung zu entgehen: Die Prostituierten stellen dem Betreiber für jeden Kunden eine gesonderte Rechnung.

Fiskalische Fragen wurden bislang gern verdrängt. Nur wenige wollten wohl »Vater Staat als Zuhälter« beteiligen - oder hatten Angst, sich damit zu outen. Nebenverdienstlerinnen fürchteten zum Beispiel, ihr Arbeitgeber könnte etwas mitbekommen. Im Aufenthaltsraum von »Text und Form« hängt für die Freischaffenden ein Schild, dass daran erinnert, alle Einkünfte ordentlich zu versteuern. Demnächst kommt sogar eine Steuerberaterin ins Haus, um den deutschen Abgabendschungel zu erklären.

Felicitas Weigmann kennt das »Brutto für netto«-Denken vieler Frauen. Und weil sie das Geld aus Angst nicht zur Bank tragen, werde es gleich wieder ausgegeben. Die »Unfähigkeit, mit Geld umzugehen« sei sogar bei vielen der Grund für ihre Tätigkeit. Weigmann will im neuen Jahr expandieren und zwei oder drei Frauen auf Steuerkarte anschaffen lassen. Kamilla Douglas tut das bereits - drei Angestellte und eine Empfangsdame - und würde sogar »gern« für den Mutterschutz aufkommen, wenn das wirtschaftlich tragbar wäre. »In einem Bordell ist der Anteil von Frauen im gebärfähigen Alter schließlich viermal höher als in einem normalen Betrieb.«

An die technokratische Berufsbezeichnung »Sexarbeiterin« will sie sich nicht gewöhnen. »Lustbegleiterin, Kurtisane oder Hure - das sind auch keine schlechten Begriffe«, sagt sie. »Nutte ist und bleibt unpassend.« Sie und ihre Kolleginnen werden nun häufiger über Abschreibungen oder Betriebsausgaben nachdenken müssen. Dessous, Kondome oder Spielzeug zum Beispiel sind absetzbar, kosmetische Maßnahmen bleiben umstritten, weil ein privater Nutzen angenommen wird. Bis die Kunden selbst eine Quittung für sexuelle Dienstleistungen verlangen - zum Beispiel, wenn jemand einen Geschäftspartner eingeladen hat -, wird es wohl etwas dauern. An der Klingel von Kamilla Douglas steht weiterhin »Text & Form«. So viel Diskretion muss sein.

03/2002

Ich finde diesen Artikel interessant, obwohl schon etwas älteren Datums
Tanja
Zuletzt geändert von Tanja_Regensburg am 20.05.2007, 06:09, insgesamt 1-mal geändert.
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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von annainga »

danke für den interessanten artikel!

ich finde es sehr wichtig aufzuklären, wie man sich steuerlich und gewerblich korrekt als sexarbeiterin anmelden kann.

denn damit geht man ein stück des weges, sexarbeiterIn als "beruf wie jeden anderen" zu zeigen.

gerade wir selbstständigen damen sollten dabei vorbild sein!

liebe grüße von annainga

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Marc of Frankfurt
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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Situationsanalyse


Das Prostitutionsgesetz bewerten viele als gescheitert. Es hat nicht die gewünschten Erfolge gebracht, weil es nur halbherzig war und nicht auf breiter Front umgesetzt wurde.

Anstatt die politischen Fehler und Unzulänglichkeiten zu anal-ysieren oder gar nachzubessern, werden jetzt die Akteure im Prostitutionsmilieu (Huren, Freier, Betreiber) verantwortlich gemacht und stärkere Kontrollen gerechtfertigt (Sperrgebiete, Baurecht, Sondersteuerverfahren...).

Die Regierenden können öffentlichwirksam behaupten, sie hätten ein Gesetz für die Huren gemacht, aber diese wollten nicht. Weil sie alle unwillig seien, wären jetzt härtere Sanktionen notwendig.

Damit ist repressive Prostitutionskontrolle mit neuen Mitteln legitimiert.

Daß aber die jahrhundertelange Diskriminierung nicht versucht wurde abzubauen oder gar zu entschädigen, daß eine Berufsanerkennung von Sexarbeit nie erwogen wurde, wissen nur langjährige, ausgebildete Kenner der Branche.





.

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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von annainga »

eine subjektive auswahl aus dem "Auszug aus der Untersuchung
„Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes“
Abschlussbericht".

der volle text kann unter

Auszug aus der Untersuchung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes

gelesen werden!

liebe grüße von annainga

"Parallelen in Deutschland:

Sanktionen gegen Kunden von Prostituierten

Die schwedische Linie findet auch in Deutschland durchaus Sympathie. Zum einen bei einigen
Polizei- und Ordnungsbehörden, zum anderen bei einer starken feministischen Strömung,
die Prostitution als eine zugespitzte Ausformung des patriarchal geprägten Geschlechterverhältnisses
sieht.

Die Interessen sind jedoch nicht gleichzusetzen. Die Ordnungsämter
argumentieren vor allem mit dem Recht der Nachbarschaft auf Schutz vor Störung
und Belästigung und mit dem Jugendschutz. Feministinnen führen vor allem die Notwendigkeit
der Bekämpfung des Frauenhandels und der Zwangsprostitution an.

In Leipzig, einer der Modellregionen dieser Untersuchung, gibt es Sanktionen gegen Kunden
von Prostituierten. Hier wurden im Rahmen einer "Polizeiverordnung über öffentliche Sicherheit
und Ordnung in der Stadt Leipzig – Gemeinsam sicher, jeder ist gefragt" Anbahnungsgespräche
mit Prostituierten verboten. "


"Österreich

Die Regelung der Prostitution in Österreich gleicht in vielen Aspekten der deutschen vor dem
Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes und des ProstG, jedoch mit spezifisch österreichischer
Ausprägung. Als Mängel der Rechtslage werden schlechte, von den Bar- bzw. Bordellbetreibern
und -betreiberinnen diktierte Arbeitsbedingungen, Einschränkung der Möglichkeiten
sicheren, selbstbestimmten Arbeitens und durch die Regelungen bedingte starke Abhängigkeiten
von Betreibern und Betreiberinnen genannt. Interessant ist für Migrantinnen die
Möglichkeit, legal in der Prostitution zu arbeiten, problematisch jedoch die Beschränkung
ihrer Arbeitserlaubnis auf die Prostitutionstätigkeit und die Bindung an einen Betrieb."

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Art und Umfang der Prostitution in Rheinland-Pfalz

Beitrag von annainga »

A n t w o r t
des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen
auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU
– Drucksache 15/877 –
Art und Umfang der Prostitution und Situation der männlichen und
weiblichen Prostituierten in Rheinland-Pfalz
Die Große Anfrage vom 12. März 2007 hat folgenden Wortlaut:
Die Lebenssituation von Frauen und Mädchen in der Prostitution ist oft von großer Not gekennzeichnet:
Sie erleiden Gewalt durch Zuhälter und Freier, werden ausgebeutet, entwürdigt
und gesellschaftlich ausgegrenzt.
Hohe gesundheitliche Risiken und Krankenheiten gehören ebenso zu ihrem Alltag wie Abhängigkeiten
verschiedenster Art. Zudem fehlt ihnen jegliche Aussicht auf eine lebenswerte Zukunft.
Die Sach- und Rechtslage für die Prostitution hat sich durch das Prostitutionsgesetz und die
Änderung des Infektionsschutzgesetzes seit 2002 deutlich geändert. Die über die Wirkungen des
Prostitutionsgesetzes erstellten Berichte geben nur unzureichend die Situation in Rheinland-
Pfalz wieder, die wir durch die nachstehenden Fragen erhellen wollen.

der komplette text steht unten zum download als pdf bereit
Dateianhänge
Rheinland-Pfalz.pdf
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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von annainga »

Luftnummer

Von Katharina Schuler

Die Bundesregierung will die Kunden von Zwangsprostituierten bestrafen. Das bereits existierende Prostitutionsgesetz hat sich jedoch in weiten Teilen als wirkungslos herausgestellt.

Ein Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des von der Vorgängerregierung beschlossenen Gesetzes von 2002, den Familienministerin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Berlin vorlegte, fällt ziemlich vernichtend aus. Das Paragrafenwerk habe seine Ziele bestenfalls teilweise erreicht, fasste die CDU-Politikerin das 80 Seiten starke Papier zusammen.

Dabei war das Gesetz, das Rot-Grün einst als gesellschaftspolitischen Meilenstein feierte, wahrlich gut gemeint gewesen. Doch fünf Jahre der Praxis haben gezeigt, dass hier einerseits der Gesetzgeber an der Wirklichkeit scheiterte, andererseits gesellschaftliche Widerstände verhinderten, dass das Gesetz überhaupt umgesetzt wurde.

Absicht der rot-grünen Regierung war es gewesen, die rechtliche und soziale Lage von Prostituierten nachhaltig zu verbessern. Sexuelle Dienstleistungen sollten nicht länger als sittenwidrig eingestuft werden. Huren haben dadurch die juristische Möglichkeit, ihre Bezahlung einzuklagen. Prostituierte, so stellten sich die rot-grünen Matadore offenbar vor, würden künftig als Angestellte arbeiten, mit Lohnsteuerkarte und Sozialversicherungsausweis.

Tatsächlich haben aber auch fünf Jahre nach Einführung des Gesetzes nur ein Prozent aller Prostituierten einen Arbeitsvertrag. Immerhin 87 Prozent sind krankenversichert, ein Drittel von ihnen jedoch als Familienangehörige und nicht unter ihrer Berufsbezeichnung. Auch von dem Klagerecht wird so gut wie kein Gebrauch gemacht. In einer Branche, in der in der Regel per Vorkasse gezahlt wird, ist diese Möglichkeit schlicht von geringer Bedeutung. Sollte ein Freier tatsächlich nicht zahlen, verfügen Prostituierte zumeist über wirkungsvollere Methoden, ihr Geld einzutreiben, als den langwierigen Rechtsweg.

Hinzu kommt: Die meisten Prostituierten möchten lieber anonym bleiben. Auch die Freier hinterlassen normalerweise nicht Namen und Adresse. Und schließlich haben die wenigsten Prostituierten ein Interesse daran, das Finanzamt an ihren Einkünften mitverdienen zu lassen. Dies gilt erst recht, weil das Bundesfinanzministerium bis heute keine Stichtagsregelung für Prostituierte eingeführt hat. Diese müssen deswegen mit Steuernachzahlungen für die letzten zehn Jahre rechnen, sollten sie sich fürs Angestelltendasein entscheiden.

In der Realität trifft das Gesetzt zudem einen Großteil der Frauen gar nicht. Etwa 60 Prozent der rund 400.000 in Deutschland arbeitenden Prostituierten, kommen aus dem Ausland. Von diesen wiederum hält sich rund die Hälfte illegal in Deutschland auf. Ihnen könnte nur mit großzügigen Arbeitsvisen, wie sie etwa für polnische Erntearbeiter gelten, geholfen werden, doch dafür gab es bereits 2002 und gibt es heute erst recht keine politische Mehrheit.

Positiv konnte von der Leyen immerhin feststellen, dass das Gesetz auch nicht wesentlich schade. „Das Prostitutionsgesetz behindert nicht die wirkungsvolle Strafverfolgung von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Minderjährigenprostitution und Gewalt gegen Prostituierte“, so die Ministerin. Sie widersprach damit Darstellungen der bayerischen CSU-Justizministerin Beate Merk, aber auch von Unions-Fraktionskollegen, die immer wieder behaupten, das Gesetz nutze vor allem den Zuhältern und reduziere den Schutz von Prostituierten.

Eine gewisse Verbesserung hat das Gesetz jedoch gebracht. Dadurch, dass die Förderung von Prostitution heute nicht mehr grundsätzlich als strafwürdig betrachtet wird, dürfen Bordellbetreiber den Prostituierten immerhin Handtücher und Kondome zur Verfügung stellen oder ihnen einen Kasten Wasser hinstellen, ohne sich strafbar zu machen. Zumindest die Arbeitsbedingungen sind also mancherorts besser geworden.

Nach Ansicht der Grünen-Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk ist außerdem keineswegs nur die widrige Realität daran schuld, dass das Gesetz bislang so geringe Wirkung zeigt. Sie beklagt vielmehr, dass der politische Druck auf die Bundesländer fehle, die Regelungen auch tatsächlich umzusetzen.

Widerstand leistet vor allem Bayern. Dort hält man nämlich daran fest, Prostitution als sittenwidrig zu betrachten. Gewerbescheine für Bordelle werden deswegen im Freistaat bis heute nicht ausgestellt. Doch auch anderswo wurden auf Ebene der Länder und Kommunen bestimmte Anpassungen nicht vollzogen. Beispiel Baurecht: Während illegale Prostitution zumeist in Wohngebieten stattfindet, dürfen angemeldete Bordelle sich nur in Gewerbegebieten ansiedeln. Auch dadurch wird der Anreiz zur Legalisierung gesenkt.

Und trotzdem hat das Gesetz zu einem gewissen Umdenken geführt, nicht zuletzt in den Reihen der Union. Zurücknehmen wollen zumindest die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die CDU-Ministerin die Regelungen nämlich nicht. Zwar halte sie die Prostitution keineswegs für ein normales Gewerbe, sagte von der Leyen, da viele der Betroffenen diesen „Beruf“ durchaus nicht freiwillig wählten. Dennoch müsse das Gesetz in erster Linie erweitert und verbessert werden. So will von der Leyen mit konkreten Programmen für bessere Ausstiegsmöglichkeiten sorgen. Außerdem soll eine Genehmigungspflicht für Bordelle eingeführt werden. Auf diese Weise ließen sie sich besser und strenger kontrollieren. Des Weiteren soll das Mindestalter von Prostituierten von 16 auf 18 Jahre hochgesetzt werden. Wer die Dienste von jüngeren Frauen oder Männern in Anspruch nimmt, muss künftig mit Strafe rechnen.

Übereinstimmung besteht innerhalb der Großen Koalition darüber, Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen. Das Bundesjustizministerium erarbeitet derzeit einen entsprechenden Gesetzentwurf. In dieser Hinsicht gibt es sogar Konsens mit den Bayern, die andererseits jedoch die Rücknahme des bisherigen Prostitutionsgesetzes verlangen. Mit ihnen wird von der Leyen nun verhandeln müssen.

Ob ein Gesetz gegen Zwangsprostitution allerdings mehr Wirkung entfalten kann als das bisherige, ist eine andere Frage. Fachleute weisen darauf hin, dass es nämlich schwierig werden dürfte, einem Freier nachzuweisen, dass er gewusst hat, dass die Frau, zu der er ging, unter Zwang handelte. So könnte am Ende eine weitere Luftnummer herauskommen: Richtig, wichtig -und doch leider weitgehend wirkungslos.

http://www.zeit.de/online/2007/04/Prost ... etz?page=1

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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von ohLeonie »

Hallo certik,

pdf hab ich gerade heruntergeladen, kurz einen Blick draufgeworfen und werde mich alsbald mal genauer damit beschäftigen.

Mal schauen, was für Basisinfos ich mir dort herausziehen kann...

Danke für den Link,
leonie

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Marc of Frankfurt
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Emanzipationsgesetz statt Austiegs- und Morallehre

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bewertung des Prost G - Kampf um Fair Paysex



Was erwartet sie eigentlich?
5 Jahre Prostitutions-Gesetz
Margit Miosga für Kulturradio am 25.1.07

www.fair-paysex.de





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Marc of Frankfurt
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CDU-Politiker will zurück zur Sittenwidrigkeit

Beitrag von Marc of Frankfurt »

FTD.de:


» Kampf für die Sittenwidrigkeit «


von Monika Dunkel

Ein CSU-Politiker hat sein Herz für Prostituierte entdeckt. Und wettert deshalb gegen das von Rot-Grün verabschiedete Prostitutionsgesetz. Es führe zu skandalösen Gerichtsurteilen.

Johannes Singhammer kümmert sich gewöhnlich vor allem um die Rechte braver bayerischer Mütter, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen. Das erwartet man von einem CSU-Politiker, der familienpolitischer Sprecher der Unionsfraktion ist. Doch Singhammer hat auch ein Herz für Prostituierte. Das Prostitutionsgesetz, sagt der ehemalige Ministerialrat mit fester Stimme, denn das P-Wort löst sichtbar Unbehagen aus, gehöre revidiert. "Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere."

Der 54-Jährige hat die Änderung des Gesetzes als großes sozialpolitisches Thema ausgemacht und bereitet für den Herbst eine Offensive vor. Die Familienministerin hofft er an seiner Seite. Als Argumentationshilfe dient ihm ein dicker Bericht, den die Bundesregierung hat erstellen lassen und der demnächst ins Parlament kommt. Darin hagelt es Kritik an dem Gesetz, das Rot-Grün 2002 in Kraft setzte.


Doch es geht Singhammer nicht nur darum, als Unionspolitiker die Vorgängerregierung in schlechtem Licht erscheinen zu lassen. Denn die Fälle, die er präsentiert, riechen tatsächlich nach Skandal. Denn seit Frauen sich unter der Berufsbezeichnung "Prostituierte" offiziell kranken- und rentenversichern und ihren Lohn einklagen können, gebe es groteske Urteile, empört sich Singhammer.

So habe das Amtsgericht Bad Iburg einer Ehefrau Unterhalt durch deren geschiedenen Mann versagt, weil sie vor und während der Ehe der Prostitution nachgegangen sei. Der Richter berief sich darauf, dass Prostitution nicht mehr sittenwidrig sei und auch die Bundesagentur für Arbeit die Gründung einer Ich-AG für Prostituierte fördere. Mit anderen Worten, so der Bayer: Sie solle sich doch einfach weiter prostituieren.

In einem anderen Fall machte die Arbeitsagentur Aachen einer arbeitslosen und alleinerziehenden Mutter von zwei Kindern den Vermittlungsvorschlag, sich "umgehend" bei einer "Medienagentur im erotischen Bereich" zu bewerben. Aus Furcht vor Sanktionen bewarb sich die 40-Jährige. Im Bewerbungsgespräch wurde ihr eröffnet, ihre Aufgabe bestünde darin, Prostituierte für eine interaktive Internetplattform zu akquirieren. Außerdem, so der Agenturchef, sei auch ihr "persönlicher und körperlicher Einsatz erforderlich". Die Frau lehnte das Angebot entsetzt ab.

Singhammer machte eine Reihe weiterer krasser Fälle aus. "Hier offenbaren sich die fatalen Folgen des ideologisch zwanghaften Versuchs, Prostitution als quasi bürgerliches Berufsbild zu etablieren", schimpft der Mann aus dem Münchner Norden. Zustimmung gibt es von ideologisch ungewohnter Seite: Alice Schwarzer hatte die Jubiläumsausgabe von "Emma" der "enthemmten deutschen Prostitutionspolitik" gewidmet. Singhammer findet das eine "heiße Nummer".

http://www.ftd.de/politik/deutschland/: ... 52834.html


ZUM THEMA

Von der Leyen will Freier bestrafen http://www.ftd.de/politik/deutschland/154215.html

Union droht Freiern mit Strafen http://www.ftd.de/politik/deutschland/35893.html





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ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Zwerg »

Bitte Reaktionen auf das obere Posting unter viewtopic.php?p=23370#23370 posten (es besteht bereits ein eigener thread)

Trotzdem möchte ich das Doppelposting im Forum belassen, da das Thema ausreichende Wichtigkeit besitzt.

Christian
Zuletzt geändert von Zwerg am 21.06.2008, 16:13, insgesamt 1-mal geändert.

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Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Homepage

www.BuSD.de

ist runderNEUert.




leider ist der sexworker.at link rausgeflogen

Vielleicht sollten wir und viele von uns da Mitglied werden.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 16.01.2008, 11:23, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen

Beitrag von Zwerg »

Marc of Frankfurt hat geschrieben:Vieleicht sollten wir und viele von uns da Mitglied werden.
Ich überlege schon länger diesbezüglich - 20 Euronen in Monat sind ja nicht die Welt und wären im sexworker-Budget gerade noch drin... - ich denke, dass wir in Würzburg Kontakt haben werden.

Christian

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Prostitutionsgesetz

Beitrag von annainga »

Ein 309-Seiten fassendes Dokument über die

Untersuchung
„Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes“
Abschlussbericht


liebe grüße von annainga
Dateianhänge
gesamt.pdf
Bericht des Ministeriums zur Prostitution
(4.24 MiB) 1278-mal heruntergeladen

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Endlich die Orignalarbeit und English Version

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Das ist ja der Hammer, dass dieser Bericht jetzt unangekündigt, still und heimlich aber endlich dann doch noch veröffentlicht worden ist.


Hier Links zu dem Bericht in Einzelteilen:

Vorwort - 3 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/01.pdf

Forschungsauftrag - 19 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/02.pdf

Umsetzung und Auswirkungen - 163 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/03.pdf

Einschätzung 39 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/04.pdf

Internationale Perspektive - 28 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/05.pdf

Bilanz - 37 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/06.pdf

Literatur - 8 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/07.pdf

Abkürzungen - 3 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/08.pdf

ProstG mit Begründung im Original - 7 Seiten:
http://www.bmfsfj.de/doku/prostitutions ... pdf/09.pdf


siehe auch:
www.auswirkungen-prostitutionsgesetz.de


p.s.
dieses Thema hat auch die Webadresse:
www.sexworker.at/prostg





Bild English Version:
Dateianhänge
ProstG_englisch.pdf
The Act Regulating the Legal Situation
of Prostitutes – implementation,
impact, current developments. Prof. Kavemann e.a., SoFFI K.-Berlin, 43 pages
(437.51 KiB) 3334-mal heruntergeladen