Frauen in Spanien, Sklavinnen der Moderne

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert
Benutzeravatar
Elisabeth
leider nicht mehr aktiv
leider nicht mehr aktiv
Beiträge: 856
Registriert: 25.02.2005, 16:04
Wohnort: Wien
Ich bin: Keine Angabe

Frauen in Spanien, Sklavinnen der Moderne

Beitrag von Elisabeth »

Quelle: FAZ
Zuletzt geändert von Elisabeth am 23.03.2006, 14:00, insgesamt 1-mal geändert.
Sobald der Geist auf ein Ziel gerichtet ist, kommt ihm vieles entgegen.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)

Benutzeravatar
ms9
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 247
Registriert: 03.09.2005, 08:06
Wohnort: Wien
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ms9 »


Interessant der Artikel.

Ist das in Österreich wirklich anders (mal abgesehen davon, dass wir die Diktatur schon länger los sind)?

Da - wie ich hier gelesen habe - die Niederlande und Deutschland liberaler sind, drängt sich schon irgendwie die Frage auf ob das mit der Dominanz des Katholizismus in beiden Ländern (Spanien und Ö) zu tun hat?

Heinrich
aufstrebend
aufstrebend
Beiträge: 25
Registriert: 26.04.2005, 19:48
Wohnort: Worms (Deutschland)
Ich bin: Keine Angabe

Katholizismus?

Beitrag von Heinrich »

In Österreich denken die Menschen wahrscheinlich nicht anders über die Sexarbeit als anderswo in Europa. Mit Diktatur oder Katholizismus hat die Sache wenig zu tun. Das scheinbar so liberale Deutschland ist ja konfessionell betrachtet ein Flickenteppich. Im „katholisch regierten“ Bayern weigert sich die Staatsregierung in München bis heute, das (nicht mehr ganz) neue Prostitutionsgesetz umzusetzen. Der Staat und die Medien in Bayern diffamieren bis heute die Sexarbeiterinnen. Aber im „protestantisch regierten“ Baden-Württemberg ist es nicht anders. Auch dort stemmt sich die Landesregierung gegen das Prostitutionsgesetz. Die Polizei in Stuttgart hat sogar eine Registrierung der Sexarbeiterinnen eingeführt. Eine eigentlich ungesetzliche Maßnahme. In beiden Bundesländern regiert eine konservative „C-Partei“ (CDU/CSU). Mit Christentum hat die Sache vielleicht doch zu tun, aber eben konfessionsübergreifend.

Als ich kürzlich verschiedene Polizeigesetze der deutschen Bundesländer durchgesehen habe, ist mir aufgefallen, dass einige Länder die schon sehr alte Regelung, wonach die Polizei ohne richterliche Anordnung eine Wohnung, in der Prostitution stattfindet, betreten darf, gestrichen haben. Andere Länder (in der Regel „C-regierte Länder wie z. B. Bayern) halten stur an dieser Regelung fest. Dort genießen Sexarbeiterinnen noch nicht das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung.

Verantwortlich für diese Zustände sind nach meinem Eindruck einige „Saubermänner“ in der Politik und den Medien, die sich als Moralapostel geben, aber oft gar nicht so moralisch handeln. Mich amüsiert jedes Mal, wenn es gelegentlich zu einem kleinen Skandal kommt, weil man einen solchen Saubermann bei einer Sexarbeiterin erwischt hat. Die schönste Geschichte hat sich vor einigen Jahrzehnten ereignet: Bei einem Besuch des damaligen CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß in New York wurde ihm von einer Sexarbeiterin die Brieftasche geklaut. Der gute Mann dachte wohl, in New York kenne ihn keiner und er könne tun, was er wolle. Es geht eben ziemlich verlogen in der Welt zu und Saubermänner sind letztlich auch nur Männer, die bei günstiger Gelegenheit jedem Weiberrock nachlaufen.

Benutzeravatar
ms9
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 247
Registriert: 03.09.2005, 08:06
Wohnort: Wien
Ich bin: Keine Angabe

Re: Katholizismus?

Beitrag von ms9 »

Heinrich hat geschrieben: ... Mit ... Katholizismus hat die Sache wenig zu tun. ... Im „katholisch regierten“ Bayern weigert sich die Staatsregierung in München bis heute, das (nicht mehr ganz) neue Prostitutionsgesetz umzusetzen. ...
Eigenartig, ein Nord-/Südgefälle innerhalb Deutschlands war ja auch bei den Wahlen zu beobachten. Und die Reeperbahn könnte ich mir in Bayern auch nicht so recht vorstellen. :017

Aber vielleicht kann uns die Oberelfe nach der Sexworker-Konferenz mehr erzählen was sich so im Ausland tut.

Zu dem Thema passt auch sixelas sig-line ganz gut: "Die Welt ist umso freier, je weniger Religion und je mehr Sex praktiziert wird." :023

sixela
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 255
Registriert: 07.09.2005, 18:26
Wohnort: Wien
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von sixela »

Grundsätzlich sind alle großen Religionen lustfeindlich, und Prostitution ist eine schwere "Sünde", sowohl von Anbieter- als auch Kundenseite. Ich meine auch, es ist ein schwerer Irrtum zu glauben, der Protestantismus sei da liberaler als der Katholizismus (siehe auch die besonder bibeltreuen "Evangelikalen" oder Freikirchen, die vor allem in den USA und Südamerika ihr Unwesen treiben - sie sind nicht mit den europäischen Evangelischen ident, haben aber gleiche Wurzeln). Die Katholen haben sogar ein ausgeprägteres Verhältnis zur Doppelmoral - also all die "Sünden" unter der Tuchent zuzulassen.

Ich würde sagen, die Lage bezüglich Sexarbeit oder (eigentlich ein anderes Thema) bez. eines freizügigen Umgangs mit Sexualität ist umso besser, je laizistischer ein Land verfasst ist. Aber keine Regel ohne Ausnahme - siehe Schweden.

Am schlimmsten ist es aber natürlich dort, wo die Religion Grundlage der Gesetze ist, wie das in vielen islamischen Ländern der Fall ist. Wer dort mit Verheirateten Sex hat, hat die Todesstrafe zu erwarten, Prostituierte werden gesteinigt (Iran, Saudi-Arabien). Deswegen finde ich es immer besonders befremdend, wenn ausgerechnet Linksintellektuelle sich hierzulande voll Verve für die Rechte der Bärtigen und Kopftuchträgerinnen einsetzen - deren Ziel ist nämliche eine Gesellschaft, in der außerehelicher Sex nicht existiert.

In dem Sinne - danke für die Anerkennung, ms9 - ist meine Fußzeile sehr aktuell...
Die Welt ist umso freier, je weniger Religion und je mehr Sex praktiziert wird