Kampf für die Sittenwidrigkeit

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Zwerg
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Kampf für die Sittenwidrigkeit

Beitrag von Zwerg »

» Kampf für die Sittenwidrigkeit «
von Monika Dunkel
Ein CSU-Politiker hat sein Herz für Prostituierte entdeckt. Und wettert deshalb gegen das von Rot-Grün verabschiedete Prostitutionsgesetz. Es führe zu skandalösen Gerichtsurteilen.


Johannes Singhammer kümmert sich gewöhnlich vor allem um die Rechte braver bayerischer Mütter, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen. Das erwartet man von einem CSU-Politiker, der familienpolitischer Sprecher der Unionsfraktion ist. Doch Singhammer hat auch ein Herz für Prostituierte. Das Prostitutionsgesetz, sagt der ehemalige Ministerialrat mit fester Stimme, denn das P-Wort löst sichtbar Unbehagen aus, gehöre revidiert. "Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere."

Der 54-Jährige hat die Änderung des Gesetzes als großes sozialpolitisches Thema ausgemacht und bereitet für den Herbst eine Offensive vor. Die Familienministerin hofft er an seiner Seite. Als Argumentationshilfe dient ihm ein dicker Bericht, den die Bundesregierung hat erstellen lassen und der demnächst ins Parlament kommt. Darin hagelt es Kritik an dem Gesetz, das Rot-Grün 2002 in Kraft setzte.

Doch es geht Singhammer nicht nur darum, als Unionspolitiker die Vorgängerregierung in schlechtem Licht erscheinen zu lassen. Denn die Fälle, die er präsentiert, riechen tatsächlich nach Skandal. Denn seit Frauen sich unter der Berufsbezeichnung "Prostituierte" offiziell kranken- und rentenversichern und ihren Lohn einklagen können, gebe es groteske Urteile, empört sich Singhammer.

So habe das Amtsgericht Bad Iburg einer Ehefrau Unterhalt durch deren geschiedenen Mann versagt, weil sie vor und während der Ehe der Prostitution nachgegangen sei. Der Richter berief sich darauf, dass Prostitution nicht mehr sittenwidrig sei und auch die Bundesagentur für Arbeit die Gründung einer Ich-AG für Prostituierte fördere. Mit anderen Worten, so der Bayer: Sie solle sich doch einfach weiter prostituieren.

In einem anderen Fall machte die Arbeitsagentur Aachen einer arbeitslosen und alleinerziehenden Mutter von zwei Kindern den Vermittlungsvorschlag, sich "umgehend" bei einer "Medienagentur im erotischen Bereich" zu bewerben. Aus Furcht vor Sanktionen bewarb sich die 40-Jährige. Im Bewerbungsgespräch wurde ihr eröffnet, ihre Aufgabe bestünde darin, Prostituierte für eine interaktive Internetplattform zu akquirieren. Außerdem, so der Agenturchef, sei auch ihr "persönlicher und körperlicher Einsatz erforderlich". Die Frau lehnte das Angebot entsetzt ab.

Singhammer machte eine Reihe weiterer krasser Fälle aus. "Hier offenbaren sich die fatalen Folgen des ideologisch zwanghaften Versuchs, Prostitution als quasi bürgerliches Berufsbild zu etablieren", schimpft der Mann aus dem Münchner Norden. Zustimmung gibt es von ideologisch ungewohnter Seite: Alice Schwarzer hatte die Jubiläumsausgabe von "Emma" der "enthemmten deutschen Prostitutionspolitik" gewidmet. Singhammer findet das eine "heiße Nummer".

FTD

Anmerkung von Zwerg: Ich stelle nicht in Zweifel das das Prostitutionsgesetz Deutschlands einen sehr weiten Spielraum für Interpretationen offen lässt (sind ja nur 3 kleine Paragraphen) - ich stelle jedoch in Abrede, dass die geschilderten Fälle symptomatisch für die Rechtssprechung sind. Es mag das Gesetz vielleicht nachgebessert werden. Aber hier die "Fehlgriffe" rauszusuchen und deshalb das Schreckgespenst der "Sittenwidrigkeit" wieder auf den Plan rufen zu wollen, erscheint mir der völlig falsche weg.



Bundessozialgerichtsurteil zur Vermittlung der Arbeitsagentur
2009
viewtopic.php?p=123352#123352

Hansi
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Beitrag von Hansi »

Viel habe zum Kommentar von unserem Zwerg nicht hinzuzufuegen. Ausser dass ich glaube, dass die angesprochenen Urteile weniger Ausdruck von Maengeln des Prostituiertengesetzes sind, sonder eher ein Beispiel fuer den Unsinn den deutsche Gerichte und Amtsstuben so fabrizieren koennen. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass solche Entscheidungen vor einer hoeheren Instanz Bestand haben.

Gruss, Andreas

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Lycisca
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Re: Kampf für die Sittenwidrigkeit

Beitrag von Lycisca »

Zwerg hat geschrieben: ...Denn seit Frauen sich unter der Berufsbezeichnung "Prostituierte" offiziell kranken- und rentenversichern und ihren Lohn einklagen können, gebe es groteske Urteile, empört sich Singhammer.

So habe das Amtsgericht Bad Iburg einer Ehefrau Unterhalt durch deren geschiedenen Mann versagt, weil sie vor und während der Ehe der Prostitution nachgegangen sei. ... Mit anderen Worten, so der Bayer: Sie solle sich doch einfach weiter prostituieren.
Offen gesagt, ich kann nicht erkennen, was an diesem Urteil grotesk ist. Ungerecht wäre es gewesen, wenn der Ehemann Unterhalt zahlen muss ... und die Frau wie bisher der Prostitution nachgeht, aber "inoffiziell", damit zusätzlich der Unterhalt erhalten bleibt. Die Aufhebung der Sittenwidrigkeit hat somit für eine Verbesserung der Rechtsprechung und ihre Anpassung an die Lebenswirklichkeit auch in anderen Bereichen gesorgt.

HaDe
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Re: Kampf für die Sittenwidrigkeit

Beitrag von HaDe »

Zwerg/Artikel hat geschrieben: So habe das Amtsgericht Bad Iburg einer Ehefrau Unterhalt durch deren geschiedenen Mann versagt, weil sie vor und während der Ehe der Prostitution nachgegangen sei. Der Richter berief sich darauf, dass Prostitution nicht mehr sittenwidrig sei und auch die Bundesagentur für Arbeit die Gründung einer Ich-AG für Prostituierte fördere. Mit anderen Worten, so der Bayer: Sie solle sich doch einfach weiter prostituieren.
Ist das wirklich ein Skandal, oder ist hier der Politiker und der Artikel nur bewusst irreführend. Ging es bei dem Urteil darum, dass sie Prostituierte war, oder vielleicht doch eher darum, dass sie ein eigenes Einkommen hat? So wie der Artikel geschrieben ist suggeriert er, dass das Gericht Prostituierten keinen Unterhalt zugestehen will (erwähnt aber nicht, dass andere Erwerbstätige u.U. auch keinen Anspruch haben)
Zwerg/Artikel hat geschrieben: In einem anderen Fall machte die Arbeitsagentur Aachen einer arbeitslosen und alleinerziehenden Mutter von zwei Kindern den Vermittlungsvorschlag, sich "umgehend" bei einer "Medienagentur im erotischen Bereich" zu bewerben. Aus Furcht vor Sanktionen bewarb sich die 40-Jährige. Im Bewerbungsgespräch wurde ihr eröffnet, ihre Aufgabe bestünde darin, Prostituierte für eine interaktive Internetplattform zu akquirieren. Außerdem, so der Agenturchef, sei auch ihr "persönlicher und körperlicher Einsatz erforderlich". Die Frau lehnte das Angebot entsetzt ab.
Ok, bei dem habe ich gemischte Gefühle. Ich denke die Vermittlung der Jobs durch die Arbeitsagentur ist OK. Aber eine Ablehnung sollte sanktionslos bleiben. Aber es stellt sich für mich schon die Frage, warum es komplett OK ist Frau mittels Sanktionen zur stupiden Fliessbandarbeit zu zwingen, aber dagegen alleine der Vermittlungsversuch ins Erotik-Geschäft ein Skandal ist.
Zwerg hat geschrieben: Zustimmung gibt es von ideologisch ungewohnter Seite: Alice Schwarzer hatte die Jubiläumsausgabe von "Emma" der "enthemmten deutschen Prostitutionspolitik" gewidmet. Singhammer findet das eine "heiße Nummer".
Ungewohnter Seite? Ich habe den Eindruck, dass die Kampf-Emmas den Konservativen mittlerweile immer näher kommen: Gleiche Forderungen - nur aus unterschiedlichen Gründen.
Zwerg hat geschrieben: Anmerkung von Zwerg: Ich stelle nicht in Zweifel das das Prostitutionsgesetz Deutschlands einen sehr weiten Spielraum für Interpretationen offen lässt (sind ja nur 3 kleine Paragraphen) - ich stelle jedoch in Abrede, dass die geschilderten Fälle symptomatisch für die Rechtssprechung sind. Es mag das Gesetz vielleicht nachgebessert werden. Aber hier die "Fehlgriffe" rauszusuchen und deshalb das Schreckgespenst der "Sittenwidrigkeit" wieder auf den Plan rufen zu wollen, erscheint mir der völlig falsche weg.
Ich denke nichtmal, dass alle davon echte Fehlgriffe waren. Die Fliessbandarbeiterin bekommt unter Umständen auch keinen Unterhalt. Warum sollte die Prostiutierte einen bekommen? Wo ist der Auschrei, dass "Gericht Frau weiter zur Fliessbandarbeit zwingt"?

Andreas

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kaktus
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Beitrag von kaktus »

Ich denke nichtmal, dass alle davon echte Fehlgriffe waren. Die Fliessbandarbeiterin bekommt unter Umständen auch keinen Unterhalt. Warum sollte die Prostiutierte einen bekommen? Wo ist der Auschrei, dass "Gericht Frau weiter zur Fliessbandarbeit zwingt"?
Ich glaube es geht da weniger um den Unterhalt sondern um die "Sittenwidrigkeit". Eine Fliessbandarbeiterin wird bestimmt keine Probleme mit "Sittenwidrigkeit" haben aber wenn das ein Kriterium für Unterhalt ist, ist das doch ein Problem.
LG Kaktus

HaDe
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Beitrag von HaDe »

kaktus hat geschrieben: Ich glaube es geht da weniger um den Unterhalt sondern um die "Sittenwidrigkeit". Eine Fliessbandarbeiterin wird bestimmt keine Probleme mit "Sittenwidrigkeit" haben aber wenn das ein Kriterium für Unterhalt ist, ist das doch ein Problem.
LG Kaktus
Ich glaube eher, dass das der Eindruck ist, den der Politiker und der Artikel (vielleicht irrtümlicher weise) erwecken will. Warum? In Deutschland ist Prostitution nicht sittenwiedrig. Daher kann Prostitution auch kaum ein Grund sein für die Aberkennung. Ich glaube eher, dass sie einfach keinen Unterhalt zugesprochen bekam, da sie ein eigenes Einkommen (aus der Prostitution) hatte - genauso wie die Fliessbandarbeiterin. Ob und wie hoch jemand Unterhalt zugesprochen bekommt hängt ja vom Einkommen ab.

Und ich denke da liegt die Manipulation in der Geschichte: Der Politiker versucht zu vermitteln, dass sie keinen Unterhalt bekam weil sie Prostituierte war. Das Gericht hat dagegen (zumindest meine Vermutung) entschieden, dass sie keinen Unterhaltsanspruch hat, weil sie sowieso über ein eigenes Einkommen verfügt.

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Marc of Frankfurt
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Wieder eine verkürzende/verdummende Propaganda

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hab im Archiv der InfoMail PROstitution folgende Urteils-Links gefunden:



Kommentar zum Urteil "Eheanfechtung wg. vorehelicher Prostitutionstätigkeit" (InfoMail PROstitution berichtete):
http://liebesspiele.blogg.de/eintrag.php?id=746



____________




Zur Wahl des Lebensmodells: Werde ich Ehepartnerin oder Prostituierte? Beides sind _Konnexinstitute_ und nicht unabhängig wählbar!
Eherechtsurteil: Prostitution "vorher" ist kein Grund zum Verzweifeln, Urteil vom 11.08.2006.
Informiert eine osteuropäische Frau ihren Bräutigam nicht darüber, dass sie vor längerer Zeit kurzzeitig als Prostituierte tätig war, so hat der Mann dennoch nicht das Recht, die Ehe nach 9 Monaten - nach der "Beichte" seiner Frau annullieren zu lassen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hielt die kurze Zeit als Liebesdienerin für nicht so erheblich, dass ihr daraus eine _arglistige Täuschung_ vorgeworfen werden könnte. Allenfalls vorehelicher Geschlechtsverkehr mit Verwandten des Partners hätte offenbart werden müssen. (AZ: 9 WF 127/06)
http://www.valuenet.de/php/newsContent. ... id=1001016



____________





BGH-Urteil: Vaterschaftsanfechtung weil Mutter der Prostitution nachging:
(Entscheidungen des BGH vom 29.03.2006 Aktenzeichen XII ZR 207/03)
Der Bundesgerichtshof sah es als unstreitig an, dass die Kindesmutter zur Zeit der Eheschließung der Prostitution nachging. Dies hatte der Kläger auch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zugestanden. Damit habe der Kläger schon zu Beginn der Geburt von den Umständen Kenntnis erlangt, die Zweifel an der Vaterschaft zu Tage gebracht hätten. Auch wenn die Kindesmutter behauptet, sie habe regelmäßig Kondome genutzt, so sei allein die Tatsache, dass die Kindesmutter gewerbsmäßigen „Mehrverkehr“ hatte, geeignet, Zweifel an der Vaterschaft des Kindes zu wecken. Darüber hinaus sei allgemein bekannt, dass die Zuverlässigkeit der Verhütung mit Kondomen deutlich geringer sei als mit anderen Verhütungsmitteln.
Daher wurde die Revision und damit die Vaterschaftsanfechtungsklage, abgewiesen.
und: http://www.anwalt24.de/profil/54206/kla ... stituierte



____________





BGH Grundsatzentscheidung zum Prostitutionsgesetz

13. Juli 2006 BGH-URTEIL: Prostituierte dürfen Annoncen schalten

Huren dürfen mit Zeitungsanzeigen auf ihre Dienste aufmerksam machen. In einem Urteil des Bundesgerichtshofes heißt es, die Ausübung der Prostitution gelte nicht mehr als "schlechthin sittenwidrig".

Karlsruhe - Ein Verbot von Werbung für Sexdienste sei angebracht, wenn der Jugendschutz gefährdet sei, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) heute. Derartige Inserate seien erlaubt, solange sie nicht "belästigend" oder "grob anstößig" seien.

Geklagt hatten die Betreiber einer Bar, in der Prostituierten und deren Kunden sexuelle Kontakte ermöglicht werden. Sie hatten beanstandet, dass die in Zeitungen veröffentlichten Anzeigen eine unzulässige Werbung für Prostitution enthielten. Die angegriffenen Zeitungsanzeigen geben nach dem BGH-Urteil jedoch keinen Anlass zu besonderen Beanstandungen.

Der Kläger hatte seinen Unterlassungsanspruch auf das Ordnungswidrigkeitengesetz gestützt. Der 1. Zivilsenat des BGH betonte aber, für eine Ordnungswidrigkeit reiche "allein eine Werbung für entgeltliche sexuelle Handlungen nicht" aus. Mit dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetz habe der Gesetzgeber einem Wandel der Stellung der Prostituierten in der Gesellschaft auch in rechtlicher Hinsicht Rechnung getragen. (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof I ZR 231/03)
(ffr/AP/ddp www.spiegel.de/panorama/0,1518,426656,00.html)

Urteil demnächst - http://www.bundesgerichtshof.de -> Aktuelle Entscheidungen -> Aktenzeichen I ZR 231/03

Pressemitteilung des Gerichts - http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... pm&Blank=1

Hintergrund des Falles: Barbetreiber verklagt BILD-Zeitung keine Sexanzeigen der konkurrierenden unabhängigen Prostituierten abzudrucken - http://www.fuldainfo.de/page/include.ph ... 2f4108519d

Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnsse der Prostituierten (Prost.G.) Jan 02 - http://dip.bundestag.de/btd/16/013/1601343.pdf -
-falscher link-

Magarete von Galen, Gesetzeskommentar Prost.G. - http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3 ... 26-5929055

Gute Geschäfte - Rechtliches ABC der Prostitution vom Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen - http://busd.de/publikationen/gg_05.pdf


Damit ist erstmal die _Leitwirkung des Prostitutionsgesetzes_ für seither nichtreformierte Spezialgesetze der Prostitution höchstrichterlich bestätigt worden, wie es von RA Dr. Magarete Gräfin von Galen, Berlin in dem von ihr verfassten Rechskommentar zum Prost.G. prognostiziert und reklamiert worden war.



____________




Die Arbeitsagenturen haben eine Selbstverpflichtungserklärung abgegeben, nicht in die Prostitution zu vermitteln.

Dazu gibt es auch ein Urteil aus Speyer...



____________




Ich finde die Singhammersche Darstellung:
- verkürzend,
- dadurch teilweise verfälschend,
- Vorurteile und Unwissenheit der Bevölkerung werden bewust oder inkaufnehmend genutzt um
- Stimmung gegen die und auf Kosten der Prostituierten zu machen, die keine wirkliche Lobby haben und alles
- reines Medienfutter aus
- partei- und machtpolitischem Interesse
...





.

Hansi
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Beitrag von Hansi »

HaDe hat geschrieben: Und ich denke da liegt die Manipulation in der Geschichte: Der Politiker versucht zu vermitteln, dass sie keinen Unterhalt bekam weil sie Prostituierte war. Das Gericht hat dagegen (zumindest meine Vermutung) entschieden, dass sie keinen Unterhaltsanspruch hat, weil sie sowieso über ein eigenes Einkommen verfügt.
Genau, die Frage ist ob die Dame sowieso weiter als Prostituierte arbeiten wollte und zusaetzlich zu ihren Einnahmen noch Unterhalt wollte, oder ob sie nicht (mehr) als SW arbeiten wollte und stattdessen Unterhalt verlangt hat. Das geht aus dem Text nicht klar hervor. IMHO darf niemand zur Sexarbeit gezwungen werden. D.h. auch wenn die Dame bis zur Scheidung als SW gearbeitet hat, aber nach der Scheidung nicht mehr will, hat sie IMHO Anrecht auf Unterhalt. Das sie aber wieder verliert, wenn sie doch weiter als SW arbeitet.

Zu der Sache mit dem Arbeitsamt: Da ist aus dem Artikel auch nicht genau ersichtlich wie der Fall genau abgelaufen ist. Aber IMHO waere es legitim, wenn man eine Arbeit im Sexbiz bei der man selber keine Erotikdienstleistungen erbringt annehmen muss. Z.B. als Bardame in einem Bordell o.ae. (Wobei da der Betreiber dafuer zu Sorgen haette dass man von den Kunden nicht belaestigt wird.)

@Marc: Das Thema Vaterschaftsanfechtung ist in Deutschland IMHO sowieso ... aehem ... Bescheiden geregelt. :009 (Als ob es einem Kind nuetzen wuerde einen "Vater" zu haben der es nicht will, weil er weiss dass er nicht der wirkliche Vater ist...)

Gruss, Andreas

sixela
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Beitrag von sixela »

Also offen gesagt finde ich, dass wenn man offensiv gegen die Intention des CSU-Politkers vorgehen möchte, die "Sittenwidrigkeit" durch die Hintertüre wieder einzuführen, dann muss man solche Gerichtsurteile verteidigen und braucht auch keineswegs das Gesetz in diesem Punkt zu "verbessern".

Wenn man dafür ist, dass SW arbeitsrechtlich eine Arbeit wie jede andere ist, muss man auch die damit möglichen negativen Folgen, die das auf Unterhaltszahlungen für Frauen oder den Rechtsanspruch auf Arbeitslosengeld haben kann, akzeptieren.
Die Welt ist umso freier, je weniger Religion und je mehr Sex praktiziert wird

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kaktus
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Beitrag von kaktus »

sixela hat geschrieben:Wenn man dafür ist, dass SW arbeitsrechtlich eine Arbeit wie jede andere ist, muss man auch die damit möglichen negativen Folgen, die das auf Unterhaltszahlungen für Frauen oder den Rechtsanspruch auf Arbeitslosengeld haben kann, akzeptieren.
Ja ist auch klar aber warum muß man, trotz Berufsanerkennung, immer betonen "Eine Prostituierte" man betont ja auch nicht wenn es um eine z.B. "Schneiderin" oder "Schuhverkäuferin" geht. Im Hintergrund geistert noch immer ein Negativimage.

Wie ist das eigentlich mit Arbeitslosengeld??
Wenn eine Hure zu arbeiten aufhört bekommt sie dann Arbeitslosengeld?

LG Kaktus

Hansi
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Beitrag von Hansi »

sixela hat geschrieben:Wenn man dafür ist, dass SW arbeitsrechtlich eine Arbeit wie jede andere ist, muss man auch die damit möglichen negativen Folgen, die das auf Unterhaltszahlungen für Frauen oder den Rechtsanspruch auf Arbeitslosengeld haben kann, akzeptieren.
Willst Du damit sagen, dass das Arbeitsamt jeder Frau das Arbeitslosengeld (und Hartz4) verweigern koennen soll, die nicht als Prostituierte arbeiten will? Doch sicher nicht! Niemand darf gezwungen werden Sex mit jemandem zu haben wenn er/sie nicht will! :018 IMHO betrifft das auch SW die aufhoeren wollen. Und wenn das "aufhoeren wollen" anlaesslich einer Scheidung passiert ist auch das IMHO korrekt. Ich finde so ein Fall sollte genauso behandelt werden, als ob die Dame eine "normale" Beschaeftigung unverschuldet verloren haette. Falls sie das mit dem Aufhoeren aber dann doch nicht macht, und zusaetzlich Geld verdient hat sie aber (teilweise) Ihren Anspruch verwirkt.

Ansonsten gebe ich Dir Recht: Eine Frau, die nicht als z.B. Bardame im Bordell arbeiten will, sollte nicht aders behandelt werden als z:B. ein Muslim, der nicht im Schlachthaus arbeiten will. (Wobei ich nicht weiss, wie es das geltende Recht einen solchen Fall sieht.)

Gruss, Andreas

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Beitrag von Hansi »

kaktus hat geschrieben: Wie ist das eigentlich mit Arbeitslosengeld??
Wenn eine Hure zu arbeiten aufhört bekommt sie dann Arbeitslosengeld?
Wenn sie vorher in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Kann aber sein, dass man dafuer abhaengig Beschaeftigter sein muss. Was ja auf die meisten SW nicht zutrifft.

Gruss, Andreas

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Beitrag von annainga »

wenn man sich die meinungen so durchliest, ist es interessant zu lesen, dass du @lycisca als sexarbeiterin das urteil nicht grotesk findest, sondern als eine anpassung an die lebenswirklichkeit. schön formuliert! und ich kann dir nur beipflichten.

verdiene ich als sexarbeiterin geld aus dieser tätigkeit, so muss es mit unterhaltsforderungen verrechnet werden.

auf der anderen seite muss sexarbeit seinen besonderen stellenwert behalten, damit nicht arbeitslose frauen in die erotikbranche vermittelt werden können.

es ist ein beruf, in der man nicht nur einer besonders hohen gefahr, psychisch und physisch zu erkranken ausgesetzt ist, sondern es ist eine tätigkeit, in der man besonders anfällig für stigmatisierung und soziale ausgrenzung ist, vor allem, wenn man nicht selbstständig, sondern abhängig tätig ist.

der gesellschaftliche nutzen, weniger arbeitslose zu haben, ist nicht mit dem schaden aufzurechnen, den die sexarbeit zufügen kann, wenn die wahl dieses berufes nicht freiwillig ist.

liebe grüße von annainga

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Beitrag von HaDe »

Hansi hat geschrieben: IMHO darf niemand zur Sexarbeit gezwungen werden. D.h. auch wenn die Dame bis zur Scheidung als SW gearbeitet hat, aber nach der Scheidung nicht mehr will, hat sie IMHO Anrecht auf Unterhalt. Das sie aber wieder verliert, wenn sie doch weiter als SW arbeitet.
Sorry, aber wenn sie die ganze Zeit als Prostituierte gearbeitet hat und plötzlich mit der Scheidung "nicht mehr will" gehe ich eher davon aus, dass sie ihren Ex finanziell ausnehmen will. Ausserdem geht aus dem Artikel ja nicht hervor, dass sie wirklich aufhören wollte. Vielleicht hat sie ja auch damit spekuliert ihr normales Einkommen zu geniessen und zusätzlich Unterhalt zu beziehen. Warum sollten Prostituierte beim Unterhalt eine Sonderstellung geniessen?

Natürlich darf niemand zur Sexarbeit gezwungen werden - aber damit meine ich mit Drohung oder Gewaltanwendung. Und ich würe auch sagen, dass die Arbeitsvermittlung keine Sanktionen setzen sollte, wird eine Arbeit in dem Bereich verweigert.
Hansi hat geschrieben: @Marc: Das Thema Vaterschaftsanfechtung ist in Deutschland IMHO sowieso ... aehem ... Bescheiden geregelt. :009 (Als ob es einem Kind nuetzen wuerde einen "Vater" zu haben der es nicht will, weil er weiss dass er nicht der wirkliche Vater ist...)
Da gehts vermutlich einzig und alleine ums Geld

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Beitrag von HaDe »

annainga hat geschrieben: in der man besonders anfällig für stigmatisierung und soziale ausgrenzung ist, vor allem, wenn man nicht selbstständig, sondern abhängig tätig ist.
Ich geb dir grundsätzlich recht - ich fände eine Annahmepflicht auch schlecht. Allerdings bin ich grundsätzlich kein besonderer Fan von Zwangsmassnahmen. Ich denke das Arbeitslostengeld/Hartz4 usw. ist so gering, dass es sowieso nur die grundlegensten Bedürfnisse abdeckt. Ich denke der Verzicht, Menschen zu zwingen, Arbeiten anzunehmen hätte auch positive Auswirkungen auf den Niedriglohnsektor.
annainga hat geschrieben: der gesellschaftliche nutzen, weniger arbeitslose zu haben, ist nicht mit dem schaden aufzurechnen, den die sexarbeit zufügen kann, wenn die wahl dieses berufes nicht freiwillig ist.
Ich bin jetzt mal a bissl zynisch: Man kanns auch als Konsumentenschutz sehen. Eine Frau die absolut nicht will wäre auch kein Spass für die Kunden.

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annainga
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Beitrag von annainga »

an diesem beispiel und den beiträgen dazu, sieht man sehr genau den widerspruch, der in der sexarbeit liegt.

sexarbeiter wollen rechte, aber dafür muss man auch pflichten erfüllen. da es um einen zeitungsartikel geht, kann man leider nicht mit den betreffenden personen diskutieren.

aus meinem kolleginnenkreis kenne ich einige frauen, die zur sexarbeit gekommen sind, weil sie kinder haben und zahlungsunwillige väter/exmänner. ich glaube, die konstellation aus dem zeitungsartikel ist eher selten.

trennt sich eine frau von einem partner, und hat sie in dieser partnerschaft die tätigkeit als sexarbeiterin aufgenommen, liegt das überwiegend an finanziellen schwierigkeiten. sehr selten ist es so, dass die frau aus interesse den beruf aufnimmt und der partner das akzeptiert.

geht diese partnerschaft in die brüche, distanziert sich eine sexarbeiterin von diesem beruf, da es schwer ist, als sexarbeiterin einen neuen partner zu finden, der damit einverstanden ist.

das sind erfahrungen, die ich aus meiner langjährigen tätigkeit als sexarbeiterin mit kolleginnen sammelte.

liebe grüße von annainga

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Beitrag von Hansi »

HaDe hat geschrieben: Sorry, aber wenn sie die ganze Zeit als Prostituierte gearbeitet hat und plötzlich mit der Scheidung "nicht mehr will" gehe ich eher davon aus, dass sie ihren Ex finanziell ausnehmen will.
In dieser Situation wuerde ich sagen: Selbst dann! Wenn jemand nicht (mehr) als SW arbeiten will, will er/sie nicht (mehr) als SW arbeiten! Ende der Diskussion. Egal ob der Sinneswandel nur dazu dient vom Ex Geld zu kassieren oder ob sie vorher vom Ex zur SW gedraengt wurde.
Man kann natuerlich von ihr verlangen, sich nach einer anderen Arbeit umzusehen. Und falls sie entgegen ihrer Behauptung heimlich weiter als SW arbeitet gehoert ihr feste auf die Finger geklopft.
HaDe hat geschrieben: Da gehts vermutlich einzig und alleine ums Geld
De facto ja. AFAIK ist die offizielle Begruendung aber Ueblicherweise das "Kindeswohl".

@annainga:
Mit den Rechten und Pflichten hast Du natuerlich Recht. Aber die Pflichten koennen IMHO nicht die Pflicht "(weiter) als SW taetig zu sein" umfassen.

Der Fall, dass ein Vater - z.B. durch einen heimlichen Gentest - weiss dass "sein" Kind nicht von ihm ist, er aber trozdem Unterhalt zahlen muss, ist in Deutschland leider nicht so selten. Ein heimlicher Gentest berechtigt in Deutschland den "Vater" noch nicht mal von der Mutter zu verlangen einem amtlichen Gentest zuzustimmen.

Gruss, Andreas

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annainga
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Beitrag von annainga »

dass ich eine der letzten bin, die eine frau zur sexarbeit verpflichten würde (auch nur theoretisch), müsste eigentlich völlig klar sein! ich sehe den beruf der sexarbeiterin äußerst ambivalent.

und sei mir nicht böse, aber hier ist eine diskussion über heimliche gentests und kuckuckskinder fehl am platz. das sich überwiegend väter aus der verantwortung ziehen, ist leider nicht von der hand zu weisen (frage mal die jugendämter, wieviele zahlungsunwillige väter sich aus dem staub machen und wieviele zahlungsunwillige mütter). ich will hier keinen streit fabrizieren, aber in einem forum mit heiklem thema ein weiteres heikles thema anzuschneiden und dann auch noch mit diesen aussagen.....

du schreibst selbst "kindesunterhalt" muss nach einem heimlichen gentest gewährt werden. weißt du auch warum? zum wohle des kindes! denn das kann wohl am wenigsten dafür, wenn die mutter untreu war. soll es verhungern bis der wahre vater zahlt?

liebe grüße von annainga

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Beitrag von Hansi »

annainga hat geschrieben: und sei mir nicht böse, aber hier ist eine diskussion über heimliche gentests und kuckuckskinder fehl am platz.
Daher PN.

Gruss, Andreas

HaDe
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Beitrag von HaDe »

Hansi hat geschrieben: In dieser Situation wuerde ich sagen: Selbst dann! Wenn jemand nicht (mehr) als SW arbeiten will, will er/sie nicht (mehr) als SW arbeiten! Ende der Diskussion. Egal ob der Sinneswandel nur dazu dient vom Ex Geld zu kassieren oder ob sie vorher vom Ex zur SW gedraengt wurde.
Man kann natuerlich von ihr verlangen, sich nach einer anderen Arbeit umzusehen. Und falls sie entgegen ihrer Behauptung heimlich weiter als SW arbeitet gehoert ihr feste auf die Finger geklopft.
Das kann ich so nicht nachvollziehen. Mal abgesehen davon, dass aus dem Artikel nicht mal hervorgeht, dass sie aufhören wollte.

Wie weit rückwirkend soll so ein Unterhaltsanspruch bestehen? Angenommen sie ist Prostituierte und will 5 Jahre nach der Scheidung damit aufhören. Soll dann auch noch immer Unterhaltsanspruch bestehen? auf was hinauf?

Ich bin natürlich gegen Zwang zur Prostitution. Zwang mit Gewalt oder Drohung sowieso. Und auch Zwang durch staatliche Massnahmen wie ARbeitslosengeld-Kürzungen.

Aber wenn Prostitution (zumindest weitgehend) ein anerkannter Beruf sein soll, dann hat das nun mal auch Auswirkungen dort, wos um Berufstätigkeit geht. Warum sollte das Einkommen einer Prostituierten anders gesehen werden als das einer Fliessbandarbeiterin?
Hansi hat geschrieben: De facto ja. AFAIK ist die offizielle Begruendung aber Ueblicherweise das "Kindeswohl".
Von Kindern ist in dem Artikel keine Rede. Ich bin mir nicht sicher, ob die Rechtslage in DE ähnlich ist wie in AT, aber meines Wissens ist "Unterhalt" Geld für dei (Ex-)Ehefrau, nicht Geld für die Kinder. Den Kindern stehen Alimente sowieso zu