LokalNachrichten: FREIBURG & BREISGAU-HOCHSCHWARZWALD
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Schloss Nidau - Ordnung im Puff
Seit drei Monaten ist das Hotel Schloss in Nidau wieder offen. Aus dem schlagzeilenträchtigen Bordell soll ein veritables Vorzeigeobjekt entstehen. Betreiber Oliver Krauss zieht eine positive Zwischenbilanz.
Später Nachmittag, die Türen des Hotel Schloss in Nidau sind verschlossen. Mehmet verspricht am Telefon, sogleich zu kommen. Schliesslich schliesst Betreiber Oliver Krauss selber auf. Er ist eine auffällige Erscheinung. Schneeweisses Hemd, die obersten Knöpfe offen, einen schwarz-weiss gestreiften, eng geschnittenen Anzug, leicht gewellte Haare umranden ein schmales gebräuntes Gesicht. Im Aschenbecher an der Bar glüht eine Zigarette. Krauss greift danach.
Seit drei Monaten führt der gebürtige Grazer die Kontaktbar in Nidau. Unter besonderen Voraussetzungen. Denn Regierungsstatthalter Werner Könitzer hatte genug. Genug davon, dass er das Hotel Schloss immer wieder schliessen musste, das letzte Mal im Februar. Es gab mehrere Polizeirazzien, illegale Prostitution, Menschenhandel. «So kann es nicht weitergehen», hatte sich Könitzer gesagt und gehandelt. Mit Hilfe der Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe, Xenia, legte er strenge Rahmenbedingungen fest, unter denen der Betrieb geführt werden muss.
«Am Anfang wars schwierig»
Krauss zündet sich eine neue Zigarette an. Seine schweren goldenen Fingerringe klimpern. Er hat die Geschäftsführung gerade wegen der strengen Regeln übernommen. «Ich habe keine Lust, am Rande der Illegalität zu arbeiten», sagt er. Er klopft Asche ab und nimmt einen tiefen Zug. Der Rauch überdeckt den Geruch seines süffigen Parfums. «Am Anfang gab es ein paar Dinge, die nicht optimal gelaufen sind, allerdings nur Kleinigkeiten. Wir hatten ja auch keinerlei Erfahrung, es ist schliesslich ein Pilotprojekt.»
Der Versuch soll vorerst sechs Monate dauern. «Voraussichtlich Anfang 2008 werden wir eine Bilanz ziehen», sagt Werner Könitzer. Noch sei es zu früh, von Erfolg oder Misserfolg zu sprechen. Zumal einige Probleme noch nicht gelöst sind. Etwa die Steuererklärung. «Die Mädchen», sagt Krauss und das sagt er immer, wenn er von den Frauen spricht, die im Hotel Schloss als selbständige Sexarbeiterinnen arbeiten, «die Mädchen haben so dicke Steuererklärungen bekommen.» Er hält Daumen und Zeigefinger in einem Abstand von zwei Zentimetern. «Wie soll ein Mädchen, das aus Ungarn kommt und kaum deutsch spricht, so etwas ausfüllen? Hier muss eine andere Lösung her.» Für die Krankenkassenprämien wurde bereits eine gefunden. «Die Mädchen sind für 20 bis 30 Tage versichert, das kostet ungefähr 200 Franken.»
http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/94057
Später Nachmittag, die Türen des Hotel Schloss in Nidau sind verschlossen. Mehmet verspricht am Telefon, sogleich zu kommen. Schliesslich schliesst Betreiber Oliver Krauss selber auf. Er ist eine auffällige Erscheinung. Schneeweisses Hemd, die obersten Knöpfe offen, einen schwarz-weiss gestreiften, eng geschnittenen Anzug, leicht gewellte Haare umranden ein schmales gebräuntes Gesicht. Im Aschenbecher an der Bar glüht eine Zigarette. Krauss greift danach.
Seit drei Monaten führt der gebürtige Grazer die Kontaktbar in Nidau. Unter besonderen Voraussetzungen. Denn Regierungsstatthalter Werner Könitzer hatte genug. Genug davon, dass er das Hotel Schloss immer wieder schliessen musste, das letzte Mal im Februar. Es gab mehrere Polizeirazzien, illegale Prostitution, Menschenhandel. «So kann es nicht weitergehen», hatte sich Könitzer gesagt und gehandelt. Mit Hilfe der Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe, Xenia, legte er strenge Rahmenbedingungen fest, unter denen der Betrieb geführt werden muss.
«Am Anfang wars schwierig»
Krauss zündet sich eine neue Zigarette an. Seine schweren goldenen Fingerringe klimpern. Er hat die Geschäftsführung gerade wegen der strengen Regeln übernommen. «Ich habe keine Lust, am Rande der Illegalität zu arbeiten», sagt er. Er klopft Asche ab und nimmt einen tiefen Zug. Der Rauch überdeckt den Geruch seines süffigen Parfums. «Am Anfang gab es ein paar Dinge, die nicht optimal gelaufen sind, allerdings nur Kleinigkeiten. Wir hatten ja auch keinerlei Erfahrung, es ist schliesslich ein Pilotprojekt.»
Der Versuch soll vorerst sechs Monate dauern. «Voraussichtlich Anfang 2008 werden wir eine Bilanz ziehen», sagt Werner Könitzer. Noch sei es zu früh, von Erfolg oder Misserfolg zu sprechen. Zumal einige Probleme noch nicht gelöst sind. Etwa die Steuererklärung. «Die Mädchen», sagt Krauss und das sagt er immer, wenn er von den Frauen spricht, die im Hotel Schloss als selbständige Sexarbeiterinnen arbeiten, «die Mädchen haben so dicke Steuererklärungen bekommen.» Er hält Daumen und Zeigefinger in einem Abstand von zwei Zentimetern. «Wie soll ein Mädchen, das aus Ungarn kommt und kaum deutsch spricht, so etwas ausfüllen? Hier muss eine andere Lösung her.» Für die Krankenkassenprämien wurde bereits eine gefunden. «Die Mädchen sind für 20 bis 30 Tage versichert, das kostet ungefähr 200 Franken.»
http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/94057
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SexarbeiterInnen noch immer sozial geächtet
Teilweise Abschreibung befremdet Häsler
Die Grüne Grossrätin Christine Häsler forderte im Juni in einer Motion ein wirksames Engagement des Regierungsrates gegen Menschenhandel und Missbrauch im Sexgewerbe. Zum grossen Befremden Häslers hat der Regierungsrat zwei Punkte der Motion abgeschrieben.
Der Regierungsrat des Kantons Bern hat der im Juni eingereichten Motion der Grünen Grossrätin Christine Häsler aus Wilderswil teilweise eine Absage erteilt. In der Motion forderte Häsler ein wirksames Engagement gegen Menschenhandel und Missbrauch im Sexgewerbe. Sie wollte den Regierunsrat dazu veranlassen, sicher zu stellen, dass arbeitsrechtliche Vorschriften auch im Sexgewerbe eingehalten und dass Missbrauch und Menschenhandel nicht geduldet würden. Des Weiteren wünschte sie sich eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Hilfsorganisation – wie etwa von Xenia oder der Aids-Hilfe – und der Regierung sowie eine gesellschaftliche Besserstellung von Sexarbeiterinnen durch geeignete Kampagnen.
Befremden über Abschreibung
Häsler freute sich sehr darüber, dass der Regierungsrat die erste Ziffer der Motion als Postulat angenommen hat. Darin wird er aufgefordert «Massnahmen zu ergreifen, die sicher stellen, dass Agenturen die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Verhaltenskodex einhalten». Laut Häsler zeige dies, dass sich der Regierungsrat der Problematik bewusst sei und gewisse Massnahmen als notwendig erachte. Auch die Forderung nach vermehrter Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und Hilfsorganisationen akzeptierte der Regierungsrat, was Häsler sehr freute. Befremden hingegen löste die Abschreibung der beiden übrigen Forderungen ab. Häsler kann nicht verstehen, dass die Exekutive des Kantons die gesellschaftliche Besserstellung der Sexarbeiterinnen bereits als in genügendem Masse erreicht betrachtet. Sie ist überzeugt: «Gesellschaftliche Ächtung von Sexarbeiterinnen ist immer noch da.» Häsler staunte auch darüber, dass der Regierungsrat seine Massnahmen gegen Missbrauch und Menschenhandel für ausreichend hält. Schliesslich sei das Potenzial für falsche Versprechungen und Ausnutzung gerade im Sexgewerbe ausserordentlich gross.
Sensibilisierung der Polizei
«Ich werde die Abschreibung der beiden Punkte im Rat bestreiten» kündigte die Grüne Grossrätin an. Gerade die Situation im Mikrokosmos Jungfrau beurteilt Christine Häsler als besonders schwierig. Es gebe zwar ein grosses Angebot an Sexdienstleistungen, die Hilfsangebote für Tänzerinnen und Sexarbeiterinnen befänden dich aber allesamt ausserhalb der Region. Die Polizei sei für die Betroffenen der einzige Ansprechpartner, oft sei das Verhältnis zu den Gesetzeshütern aber zwiespältig. Viele der Sexarbeiterinnen würden sich – oft auch unbewusst – in der Illegalität bewegen. Häsler hofft nun darauf, dass nun auch im Mikrokosmos Jungfrau das Problem von Ausnutzung, Menschenhandel und Missbrauch anerkannt würde und dass geeinete Massnahmen zu deren Bekämpfung getroffen werden. So wünscht sie sich etwa eine Sensibilisierung der Polizei und vor allem den vermehrten Einsatz von Polizistinnen. Auch eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Sozialdiensten sei wünschenswert, so Häsler.
http://www.jungfrau-zeitung.ch/artikel/ ... U=87987492
Die Grüne Grossrätin Christine Häsler forderte im Juni in einer Motion ein wirksames Engagement des Regierungsrates gegen Menschenhandel und Missbrauch im Sexgewerbe. Zum grossen Befremden Häslers hat der Regierungsrat zwei Punkte der Motion abgeschrieben.
Der Regierungsrat des Kantons Bern hat der im Juni eingereichten Motion der Grünen Grossrätin Christine Häsler aus Wilderswil teilweise eine Absage erteilt. In der Motion forderte Häsler ein wirksames Engagement gegen Menschenhandel und Missbrauch im Sexgewerbe. Sie wollte den Regierunsrat dazu veranlassen, sicher zu stellen, dass arbeitsrechtliche Vorschriften auch im Sexgewerbe eingehalten und dass Missbrauch und Menschenhandel nicht geduldet würden. Des Weiteren wünschte sie sich eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Hilfsorganisation – wie etwa von Xenia oder der Aids-Hilfe – und der Regierung sowie eine gesellschaftliche Besserstellung von Sexarbeiterinnen durch geeignete Kampagnen.
Befremden über Abschreibung
Häsler freute sich sehr darüber, dass der Regierungsrat die erste Ziffer der Motion als Postulat angenommen hat. Darin wird er aufgefordert «Massnahmen zu ergreifen, die sicher stellen, dass Agenturen die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Verhaltenskodex einhalten». Laut Häsler zeige dies, dass sich der Regierungsrat der Problematik bewusst sei und gewisse Massnahmen als notwendig erachte. Auch die Forderung nach vermehrter Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und Hilfsorganisationen akzeptierte der Regierungsrat, was Häsler sehr freute. Befremden hingegen löste die Abschreibung der beiden übrigen Forderungen ab. Häsler kann nicht verstehen, dass die Exekutive des Kantons die gesellschaftliche Besserstellung der Sexarbeiterinnen bereits als in genügendem Masse erreicht betrachtet. Sie ist überzeugt: «Gesellschaftliche Ächtung von Sexarbeiterinnen ist immer noch da.» Häsler staunte auch darüber, dass der Regierungsrat seine Massnahmen gegen Missbrauch und Menschenhandel für ausreichend hält. Schliesslich sei das Potenzial für falsche Versprechungen und Ausnutzung gerade im Sexgewerbe ausserordentlich gross.
Sensibilisierung der Polizei
«Ich werde die Abschreibung der beiden Punkte im Rat bestreiten» kündigte die Grüne Grossrätin an. Gerade die Situation im Mikrokosmos Jungfrau beurteilt Christine Häsler als besonders schwierig. Es gebe zwar ein grosses Angebot an Sexdienstleistungen, die Hilfsangebote für Tänzerinnen und Sexarbeiterinnen befänden dich aber allesamt ausserhalb der Region. Die Polizei sei für die Betroffenen der einzige Ansprechpartner, oft sei das Verhältnis zu den Gesetzeshütern aber zwiespältig. Viele der Sexarbeiterinnen würden sich – oft auch unbewusst – in der Illegalität bewegen. Häsler hofft nun darauf, dass nun auch im Mikrokosmos Jungfrau das Problem von Ausnutzung, Menschenhandel und Missbrauch anerkannt würde und dass geeinete Massnahmen zu deren Bekämpfung getroffen werden. So wünscht sie sich etwa eine Sensibilisierung der Polizei und vor allem den vermehrten Einsatz von Polizistinnen. Auch eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Sozialdiensten sei wünschenswert, so Häsler.
http://www.jungfrau-zeitung.ch/artikel/ ... U=87987492
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Fiskus wirft Auge auf Sexarbeiterinnen
Fiskus wirft Auge auf Sexarbeiterinnen
Das deutsche Rotlichtmilieu spricht ungern über seine Milliardenumsätze. Der Staat will aber endlich mitverdienen.
Ihr Schädel liegt noch immer im Frankfurter Polizeipräsidium. Ihren Mörder fassten die Ermittler bis heute nicht. Auch 50 Jahre nach dem Tod von Deutschlands berühmtester Edelprostituierten rätseln man in Frankfurt über die Hintergründe der schauerlichen Bluttat an Rosemarie Nitribitt. Auf Stadtführungen suchen sie nach Spuren vom Mädchen Rosemarie, das es in den Wirtschaftswunderzeiten der Fünfzigerjahre mit käuflicher Liebe bis in die oberen Gesellschaftsschichten schaffte.
Doch selbst Nitribitts Notizbuch mit den Kürzeln auch bekannter Kunden aus deutschen Industriellenfamilien und Politik konnte den Mordfall nicht klären. Immerhin ist dort nachzulesen, dass die Luxushure allein in ihrem letzten Lebensjahr mehr als 80’000 Mark verdient haben soll. Kein Wunder warb Rosemarie da im Mercedes 190 SL Cabriolet mit roten Ledersitzen um Freier.
Prostitution setzt 14,5 Milliarden um
Nitribitts Erbinnen sind ebenfalls dick im Geschäft. Exakte Zahlen lassen sich im verschwiegenen Rotlichtmilieu natürlich nicht eruieren. In einer Studie schätzt der Nürnberger Ökonomieprofessor Richard Reichel den Umsatz der 400’000 deutschen Sexarbeiterinnen auf 14,5 Milliarden Euro. Dividiert man die Summe durch die Zahl der Anbieterinnen, kommt man auf Einnahmen von durchschnittlich 36’250 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Der deutsche Normalangestellte bringt es vor allen Versicherungs- und Steuerabzügen auf ein Einkommen von 33’200 Euro.
Nun darf man selbstverständlich nicht glauben, dass im ältesten Gewerbe der Welt alle profitierten. Viele Ausländerinnen werden von Banden ins Land geschleust und zur Prostitution gezwungen. Manche Sexarbeiterin muss ihr Einkommen auch mit Zuhältern teilen - und während Nitribitt ihren Job noch vollamtlich ausübte, sieht manche Studentin oder Hausfrau darin einen Nebenerwerb. Die Gewerkschaft Verdi geht daher in der Regel von deutlich tieferen Verdiensten von unter 1500 Euro pro Monat aus. Der Strassenstrich spürt laut Reichel aber den aktuellen Aufschwung. Das vornehme Escort-Geschäft expandiere sowieso: Callgirls für Manager verdienten inzwischen oft 300 bis 400 Euro und mehr die Stunde.
Der Wirtschaftkreislauf profitiert so von zusätzlichen Milliarden. Zugleich entgehen dem Staat Milliarden. Laut Schattenwirtschafts-Experte Friedrich Schneider finden nämlich 85 Prozent der Geschäfte im Dunkeln statt. Trotz des vor fünf Jahren eingeführten Prostitutionsgesetzes, das Sexanbieterinnen mehr Rechte verleiht und die Prostitution in Deutschland nicht länger als sittenwidrig einstuft, sind viele Frauen nicht angemeldet und zahlen weder Sozialversicherungsbeiträge noch Steuern.
Insgesamt wird die Schattenwirtschaft laut Schneider wohl auch 2007 fast 350 Milliarden Euro am deutschen Fiskus vorbeischleusen; das entspricht beinahe 15 Prozent des offiziellen Bruttoinlandproduktes. Neben Schwarzarbeit auf dem Bau, beim Handwerk und in Hotels und Restaurants trägt auch der Unterhaltungs- und Vergnügungssektor - und damit auch die Prostitution - zu 13 Prozent zu den 350 Milliarden bei.
Ein ähnliches Gewicht räumt Schneider dem Sexgewerbe in der Schweizer Schattenwirtschaft zu, die mit total 37 Milliarden Franken immerhin über 8 Prozent der offiziellen schweizerischen Wirtschaftsleistung ausmacht.
Sexy Geschäft für den Fiskus
Bei solchen Summen wittert der deutsche Staat neue Einnahmequellen: Die Sexarbeiterinnen sollen stärker zur Kasse gebeten werden. Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und zuletzt Berlin haben bereits Verfahren eingeführt, bei denen die Prostituierten eine pauschale Steuervorauszahlung von um die 25 Euro pro Arbeitstag zahlen müssen. In anderen Bundesländern _ wie Hessen und Saarland - wird eine solche Vorauszahlung zurzeit geprüft. «Das Bundesfinanzministerium ist an einer einheitlichen Praxis sehr interessiert», sagt Sprecher Oliver Hayder-Rentsch. Er weist allerdings darauf hin, dass Fragen des Steuervollzugs bei den Ländern liegen.
Würde das ganze deutsche Sexgewerbe Steuern zahlen, wäre das für den Staat ein tolles Geschäft; bis zu 1,4 Milliarden Euro könnte er jährlich einnehmen, schätzt der Ökonom Reichel. Nach Ausgaben für Zimmer, Hygieneartikel und Sexspielzeuge sowie Sozialabgaben blieben von den ursprünglich 14,5 Milliarden Gesamtumsatz noch 7 Milliarden übrig. Bei einem Steuersatz von 20 Prozent kommt man auf 1,4 Milliarden.
Reell dürfte dieser Geldsegen für die deutschen Finanzminister wohl kaum werden. Bis heute zahlen laut Reichel erst 30 Prozent der Sexarbeiterinnen Steuern. Weil viele Frauen im Versteckten arbeiten und die Kontrolle schwierig und aufwändig ist, sind Steuern schwer einzutreiben. Und bevor Nitribitts Nachfolgerinnen das Finanzamt mitverdienen lassen, werden sie sich wohl eher auch ein schickes Auto oder massgeschneiderte Kleider leisten.
Schweiz zählt rund 12'000 Prostituierte
Zürich. - In der Schweiz ist es erlaubt, sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung anzubieten und zu beanspruchen. Deshalb gibt es auch recht viele Bordelle und Prostituierte. Landesweit wird keine aktuelle Statistik geführt. Die letzten Schätzungen des Bundesamtes für Polizei stammt aus dem Jahr 2000, wonach sich in der Schweiz 11'500 Frauen prostituiert haben sollen, davon 6300 ohne Arbeitsbewilligung. Hinzu kommen ein paar Hundert Männer, die Sex gegen Geld anbieten.
Die Stadt Zürich zählte letztes Jahr 4461 Prostituierte, davon arbeiteten 1238 auf der Strasse. Die Sittenpolizei mache im Rotlichtmilieu regelmässig Kontrollen und melde die Frauen als Erwerbstätige den Steuerbehörden, sagt Markus Hofmann von der Fachstelle Milieu. Wie viele Steuern zahlen und ob die Angaben dem tatsächlichen Verdienst entsprechen, liesse sich aber schwer überprüfen. Eine Pauschalbesteuerung sei in der Schweiz nicht geplant. (jw)
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/wi ... 08887.html
Das deutsche Rotlichtmilieu spricht ungern über seine Milliardenumsätze. Der Staat will aber endlich mitverdienen.
Ihr Schädel liegt noch immer im Frankfurter Polizeipräsidium. Ihren Mörder fassten die Ermittler bis heute nicht. Auch 50 Jahre nach dem Tod von Deutschlands berühmtester Edelprostituierten rätseln man in Frankfurt über die Hintergründe der schauerlichen Bluttat an Rosemarie Nitribitt. Auf Stadtführungen suchen sie nach Spuren vom Mädchen Rosemarie, das es in den Wirtschaftswunderzeiten der Fünfzigerjahre mit käuflicher Liebe bis in die oberen Gesellschaftsschichten schaffte.
Doch selbst Nitribitts Notizbuch mit den Kürzeln auch bekannter Kunden aus deutschen Industriellenfamilien und Politik konnte den Mordfall nicht klären. Immerhin ist dort nachzulesen, dass die Luxushure allein in ihrem letzten Lebensjahr mehr als 80’000 Mark verdient haben soll. Kein Wunder warb Rosemarie da im Mercedes 190 SL Cabriolet mit roten Ledersitzen um Freier.
Prostitution setzt 14,5 Milliarden um
Nitribitts Erbinnen sind ebenfalls dick im Geschäft. Exakte Zahlen lassen sich im verschwiegenen Rotlichtmilieu natürlich nicht eruieren. In einer Studie schätzt der Nürnberger Ökonomieprofessor Richard Reichel den Umsatz der 400’000 deutschen Sexarbeiterinnen auf 14,5 Milliarden Euro. Dividiert man die Summe durch die Zahl der Anbieterinnen, kommt man auf Einnahmen von durchschnittlich 36’250 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Der deutsche Normalangestellte bringt es vor allen Versicherungs- und Steuerabzügen auf ein Einkommen von 33’200 Euro.
Nun darf man selbstverständlich nicht glauben, dass im ältesten Gewerbe der Welt alle profitierten. Viele Ausländerinnen werden von Banden ins Land geschleust und zur Prostitution gezwungen. Manche Sexarbeiterin muss ihr Einkommen auch mit Zuhältern teilen - und während Nitribitt ihren Job noch vollamtlich ausübte, sieht manche Studentin oder Hausfrau darin einen Nebenerwerb. Die Gewerkschaft Verdi geht daher in der Regel von deutlich tieferen Verdiensten von unter 1500 Euro pro Monat aus. Der Strassenstrich spürt laut Reichel aber den aktuellen Aufschwung. Das vornehme Escort-Geschäft expandiere sowieso: Callgirls für Manager verdienten inzwischen oft 300 bis 400 Euro und mehr die Stunde.
Der Wirtschaftkreislauf profitiert so von zusätzlichen Milliarden. Zugleich entgehen dem Staat Milliarden. Laut Schattenwirtschafts-Experte Friedrich Schneider finden nämlich 85 Prozent der Geschäfte im Dunkeln statt. Trotz des vor fünf Jahren eingeführten Prostitutionsgesetzes, das Sexanbieterinnen mehr Rechte verleiht und die Prostitution in Deutschland nicht länger als sittenwidrig einstuft, sind viele Frauen nicht angemeldet und zahlen weder Sozialversicherungsbeiträge noch Steuern.
Insgesamt wird die Schattenwirtschaft laut Schneider wohl auch 2007 fast 350 Milliarden Euro am deutschen Fiskus vorbeischleusen; das entspricht beinahe 15 Prozent des offiziellen Bruttoinlandproduktes. Neben Schwarzarbeit auf dem Bau, beim Handwerk und in Hotels und Restaurants trägt auch der Unterhaltungs- und Vergnügungssektor - und damit auch die Prostitution - zu 13 Prozent zu den 350 Milliarden bei.
Ein ähnliches Gewicht räumt Schneider dem Sexgewerbe in der Schweizer Schattenwirtschaft zu, die mit total 37 Milliarden Franken immerhin über 8 Prozent der offiziellen schweizerischen Wirtschaftsleistung ausmacht.
Sexy Geschäft für den Fiskus
Bei solchen Summen wittert der deutsche Staat neue Einnahmequellen: Die Sexarbeiterinnen sollen stärker zur Kasse gebeten werden. Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und zuletzt Berlin haben bereits Verfahren eingeführt, bei denen die Prostituierten eine pauschale Steuervorauszahlung von um die 25 Euro pro Arbeitstag zahlen müssen. In anderen Bundesländern _ wie Hessen und Saarland - wird eine solche Vorauszahlung zurzeit geprüft. «Das Bundesfinanzministerium ist an einer einheitlichen Praxis sehr interessiert», sagt Sprecher Oliver Hayder-Rentsch. Er weist allerdings darauf hin, dass Fragen des Steuervollzugs bei den Ländern liegen.
Würde das ganze deutsche Sexgewerbe Steuern zahlen, wäre das für den Staat ein tolles Geschäft; bis zu 1,4 Milliarden Euro könnte er jährlich einnehmen, schätzt der Ökonom Reichel. Nach Ausgaben für Zimmer, Hygieneartikel und Sexspielzeuge sowie Sozialabgaben blieben von den ursprünglich 14,5 Milliarden Gesamtumsatz noch 7 Milliarden übrig. Bei einem Steuersatz von 20 Prozent kommt man auf 1,4 Milliarden.
Reell dürfte dieser Geldsegen für die deutschen Finanzminister wohl kaum werden. Bis heute zahlen laut Reichel erst 30 Prozent der Sexarbeiterinnen Steuern. Weil viele Frauen im Versteckten arbeiten und die Kontrolle schwierig und aufwändig ist, sind Steuern schwer einzutreiben. Und bevor Nitribitts Nachfolgerinnen das Finanzamt mitverdienen lassen, werden sie sich wohl eher auch ein schickes Auto oder massgeschneiderte Kleider leisten.
Schweiz zählt rund 12'000 Prostituierte
Zürich. - In der Schweiz ist es erlaubt, sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung anzubieten und zu beanspruchen. Deshalb gibt es auch recht viele Bordelle und Prostituierte. Landesweit wird keine aktuelle Statistik geführt. Die letzten Schätzungen des Bundesamtes für Polizei stammt aus dem Jahr 2000, wonach sich in der Schweiz 11'500 Frauen prostituiert haben sollen, davon 6300 ohne Arbeitsbewilligung. Hinzu kommen ein paar Hundert Männer, die Sex gegen Geld anbieten.
Die Stadt Zürich zählte letztes Jahr 4461 Prostituierte, davon arbeiteten 1238 auf der Strasse. Die Sittenpolizei mache im Rotlichtmilieu regelmässig Kontrollen und melde die Frauen als Erwerbstätige den Steuerbehörden, sagt Markus Hofmann von der Fachstelle Milieu. Wie viele Steuern zahlen und ob die Angaben dem tatsächlichen Verdienst entsprechen, liesse sich aber schwer überprüfen. Eine Pauschalbesteuerung sei in der Schweiz nicht geplant. (jw)
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/wi ... 08887.html
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Mehr Schutz für Sexarbeiterinnen
Mehr Schutz für Sexarbeiterinnen
Der Grosse Rat hat am Donnerstag zwei Vorstösse angenommen, die ein wirksames Engagement bei Missbräuchen in der Cabaret-Szene verlangen. Das Anliegen als solches war unbestritten, Diskussionen gab es bezüglich der polizeilichen Ressourcen.
Anlass zur Debatte gaben Vorstösse von Christine Häsler (Grüne/Wilderswil) und Barbara Mühlheim (Grüne/Bern). Sie verlangten wirksamere Massnahmen gegen Menschenhandel und bessere Kontrollen bei Cabaret-Betreibern.
Der Vorstoss Häsler verlangte, dass Agenturen, die Tänzerinnen für Cabarets vermitteln, die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Verhaltenskodizes einhalten. Mühlheim legte den Finger auf eine wirksame Kontrollstrategie gegen Ausbeutung und Menschenhandel.
Die Regierung war mit den Anliegen der Postulantinnen einverstanden, verwies aber auf die personellen Ressourcen, welche die Umsetzung erfordere. Deshalb wollte sie die Aufträge teilweise nur zur Prüfung annehmen (Postulat), wozu sich die Autorinnen der Vorstösse in den strittigen Punkten bereit erklärten.
In der Debatte im Rat wurde betont, es brauche neben Repression zur Bekämpfung von Missbräuchen auch eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit Organsationen, die sich für Sexarbeiterinnen und Cabaret-Tänzerinnen engagieren.
Mit Befriedigung nahmen die Postulantinnen zur Kenntnis, dass besondere Anstrengungen im Hinblick auf die EURO 2008 vorgesehen sind.
Markus Meyer (SP/Roggwil) wies darauf hin, dass man sich bei allen Forderungen bewusst sein müsse, dass dies eine Aufstockung des Polizeikorps bedinge. Das könnten bis zu 100 Stellen sein, schätzt der Grossrat und Präsident des Polizeiverbandes Bern- Kanton.
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Anmerkung von Zwerg
Bin immer wieder aufs Neue erstaun, was unter dem Titel "Mehr Schutz für SexarbeiterInnen "verkauft" wird....
Kanton Bern
Der Grosse Rat hat am Donnerstag zwei Vorstösse angenommen, die ein wirksames Engagement bei Missbräuchen in der Cabaret-Szene verlangen. Das Anliegen als solches war unbestritten, Diskussionen gab es bezüglich der polizeilichen Ressourcen.
Anlass zur Debatte gaben Vorstösse von Christine Häsler (Grüne/Wilderswil) und Barbara Mühlheim (Grüne/Bern). Sie verlangten wirksamere Massnahmen gegen Menschenhandel und bessere Kontrollen bei Cabaret-Betreibern.
Der Vorstoss Häsler verlangte, dass Agenturen, die Tänzerinnen für Cabarets vermitteln, die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Verhaltenskodizes einhalten. Mühlheim legte den Finger auf eine wirksame Kontrollstrategie gegen Ausbeutung und Menschenhandel.
Die Regierung war mit den Anliegen der Postulantinnen einverstanden, verwies aber auf die personellen Ressourcen, welche die Umsetzung erfordere. Deshalb wollte sie die Aufträge teilweise nur zur Prüfung annehmen (Postulat), wozu sich die Autorinnen der Vorstösse in den strittigen Punkten bereit erklärten.
In der Debatte im Rat wurde betont, es brauche neben Repression zur Bekämpfung von Missbräuchen auch eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit Organsationen, die sich für Sexarbeiterinnen und Cabaret-Tänzerinnen engagieren.
Mit Befriedigung nahmen die Postulantinnen zur Kenntnis, dass besondere Anstrengungen im Hinblick auf die EURO 2008 vorgesehen sind.
Markus Meyer (SP/Roggwil) wies darauf hin, dass man sich bei allen Forderungen bewusst sein müsse, dass dies eine Aufstockung des Polizeikorps bedinge. Das könnten bis zu 100 Stellen sein, schätzt der Grossrat und Präsident des Polizeiverbandes Bern- Kanton.
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Anmerkung von Zwerg
Bin immer wieder aufs Neue erstaun, was unter dem Titel "Mehr Schutz für SexarbeiterInnen "verkauft" wird....
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Keine Pauschalisierung in Sachen Menschenhandel
Im bisher grössten Fall von eingeklagtem Menschenhandel im Sex-Milieu hat das Obergericht die mehrheitlichen Freisprüche der Vorinstanz bestätigt. Der ehemalige Betreiber der «Help»-Bar im Zürcher Langstrassenquartier wurde nur in 6 von 74 Fällen schuldig gesprochen.
Aus dem Obergericht
-yr. Gleich zu Beginn der drei Tage dauernden Berufungsverhandlung im Fall «Help», bei dem 74 Fälle von mutmasslichem Menschenhandel beurteilt werden mussten, hat der Vorsitzende des Obergerichts die Parteien gewarnt: Die vorbereitete Begründung der Gerichtsreferentin daure schätzungsweise acht Stunden. Der enorme Umfang, welcher die Komplexität des verhandelten Falles spiegelt, veranlasste den Gerichtsvorsitzenden, ausnahmsweise auf die mündliche Urteilsberatung zu verzichten. Am Mittwoch ist das Resultat der internen Beratung in einer mündlichen Urteilseröffnung bekanntgegeben worden.
Alleine die Tatsache, dass eine Frau aus Brasilien oder einem anderen Drittweltstaat in der Schweiz in die Prostitution geführt werde, reiche für einen Schuldspruch nicht aus, fasste der Gerichtsvorsitzende Christoph Spiess die Erkenntnis des Obergerichts zusammen. Eine solche Pauschalisierung hätte nämlich zur Folge, dass die seit Jahrzehnten legale Prostitution nur noch von Frauen aus der Schweiz oder aus anderen wohlhabenden Ländern ausgeübt werden könnte. Damit der Straftatbestand des Menschenhandels erfüllt sei, müsse die finanzielle Notlage einer Geschädigten ausgenutzt worden sein.
Dieses Kriterium erfüllte der Hauptangeklagte nach Ansicht des Gerichts in 6 der 74 Fälle. In den restlichen 68 Fällen hingegen wurde der Freispruch des Bezirksgerichts Zürich bestätigt. Beim Hauptangeklagten handelt es sich um einen 44-jährigen Schweizer, der während einiger Jahre das «Help» an der Bäckerstrasse in Zürich 4 geführt hatte. Im Februar 2005 wurde die Kontakt-Bar nach einer Razzia von der Polizei geschlossen. Im «Help» – benannt nach einer berühmten Diskothek an der Copacabana in Rio de Janeiro – waren in den oberen Etagen Zimmer an vorwiegend brasilianische Frauen vermietet worden. In der Bar knüpften die Prostituierten Kontakt mit ihren Kunden.
Sämtliche der in der Anklageschrift aufgeführten Frauen stammen aus der brasilianischen Provinz Goías. Er habe kaum Werbung machen müssen, sagte der Hauptangeklagte vor Gericht, die meisten Frauen hätten sich aufgrund von Mund-zu-Mund-Propaganda von sich aus bei ihm gemeldet. Einige Frauen seien mehrmals gekommen, viele seien bereits in Brasilien in der Prostitution tätig gewesen. All das könne er nicht in Einklang bringen mit dem Vorwurf des Menschenhandels. Diese Argumentation war dem Gerichtsvorsitzenden allerdings zu einfach. Jene Frauen, die nachweisbar aus ärmlichen Verhältnissen stammen, seien in ihrer Entscheidung nicht frei gewesen. Einmal in der Schweiz, hätten sie keine andere Gelegenheit gehabt, als sich zu prostituieren – allein schon deshalb, weil sie die Kosten für das Flugticket zurückzahlen mussten. Dem Hauptangeklagten wurde eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 21/4 Jahren auferlegt; die Staatsanwaltschaft hatte 51/2 Jahre gefordert.
Valentin Landmann, der Rechtsvertreter des Hauptangeklagten, will das Urteil akzeptieren. In seinem Plädoyer hatte er davor gewarnt, die Legalisierung der Prostitution mit dem moralischen Deckmäntelchen eines vermuteten Menschenhandels wieder rückgängig zu machen. Es müsse auch Frauen aus armen Ländern möglich sein, sich für die Prostitution zu entscheiden. Alles andere laufe auf eine Bevormundung hinaus. Auch in Pflegeberufen oder etwa im Strassenbau stünden zumeist finanzielle Interessen im Vordergrund, wenn ausländische Arbeitskräfte in die Schweiz kämen – ohne dass deswegen der Vorwurf des Menschenhandels erhoben werde.
Auch Staatsanwältin Silvia Steiner ist mit dem vorliegenden Urteil «nicht ganz unzufrieden», wie sie sagte. Zumindest habe das Gericht klare Richtlinien aufgestellt, und sie wisse nun, wie sie in einem künftigen Strafverfahren vorzugehen habe. Allerdings könnten sich in der Umsetzung praktische Probleme stellen, wenn etwa die finanzielle Notlage nachgewiesen werden müsse.
http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/k ... 91947.html
Aus dem Obergericht
-yr. Gleich zu Beginn der drei Tage dauernden Berufungsverhandlung im Fall «Help», bei dem 74 Fälle von mutmasslichem Menschenhandel beurteilt werden mussten, hat der Vorsitzende des Obergerichts die Parteien gewarnt: Die vorbereitete Begründung der Gerichtsreferentin daure schätzungsweise acht Stunden. Der enorme Umfang, welcher die Komplexität des verhandelten Falles spiegelt, veranlasste den Gerichtsvorsitzenden, ausnahmsweise auf die mündliche Urteilsberatung zu verzichten. Am Mittwoch ist das Resultat der internen Beratung in einer mündlichen Urteilseröffnung bekanntgegeben worden.
Alleine die Tatsache, dass eine Frau aus Brasilien oder einem anderen Drittweltstaat in der Schweiz in die Prostitution geführt werde, reiche für einen Schuldspruch nicht aus, fasste der Gerichtsvorsitzende Christoph Spiess die Erkenntnis des Obergerichts zusammen. Eine solche Pauschalisierung hätte nämlich zur Folge, dass die seit Jahrzehnten legale Prostitution nur noch von Frauen aus der Schweiz oder aus anderen wohlhabenden Ländern ausgeübt werden könnte. Damit der Straftatbestand des Menschenhandels erfüllt sei, müsse die finanzielle Notlage einer Geschädigten ausgenutzt worden sein.
Dieses Kriterium erfüllte der Hauptangeklagte nach Ansicht des Gerichts in 6 der 74 Fälle. In den restlichen 68 Fällen hingegen wurde der Freispruch des Bezirksgerichts Zürich bestätigt. Beim Hauptangeklagten handelt es sich um einen 44-jährigen Schweizer, der während einiger Jahre das «Help» an der Bäckerstrasse in Zürich 4 geführt hatte. Im Februar 2005 wurde die Kontakt-Bar nach einer Razzia von der Polizei geschlossen. Im «Help» – benannt nach einer berühmten Diskothek an der Copacabana in Rio de Janeiro – waren in den oberen Etagen Zimmer an vorwiegend brasilianische Frauen vermietet worden. In der Bar knüpften die Prostituierten Kontakt mit ihren Kunden.
Sämtliche der in der Anklageschrift aufgeführten Frauen stammen aus der brasilianischen Provinz Goías. Er habe kaum Werbung machen müssen, sagte der Hauptangeklagte vor Gericht, die meisten Frauen hätten sich aufgrund von Mund-zu-Mund-Propaganda von sich aus bei ihm gemeldet. Einige Frauen seien mehrmals gekommen, viele seien bereits in Brasilien in der Prostitution tätig gewesen. All das könne er nicht in Einklang bringen mit dem Vorwurf des Menschenhandels. Diese Argumentation war dem Gerichtsvorsitzenden allerdings zu einfach. Jene Frauen, die nachweisbar aus ärmlichen Verhältnissen stammen, seien in ihrer Entscheidung nicht frei gewesen. Einmal in der Schweiz, hätten sie keine andere Gelegenheit gehabt, als sich zu prostituieren – allein schon deshalb, weil sie die Kosten für das Flugticket zurückzahlen mussten. Dem Hauptangeklagten wurde eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 21/4 Jahren auferlegt; die Staatsanwaltschaft hatte 51/2 Jahre gefordert.
Valentin Landmann, der Rechtsvertreter des Hauptangeklagten, will das Urteil akzeptieren. In seinem Plädoyer hatte er davor gewarnt, die Legalisierung der Prostitution mit dem moralischen Deckmäntelchen eines vermuteten Menschenhandels wieder rückgängig zu machen. Es müsse auch Frauen aus armen Ländern möglich sein, sich für die Prostitution zu entscheiden. Alles andere laufe auf eine Bevormundung hinaus. Auch in Pflegeberufen oder etwa im Strassenbau stünden zumeist finanzielle Interessen im Vordergrund, wenn ausländische Arbeitskräfte in die Schweiz kämen – ohne dass deswegen der Vorwurf des Menschenhandels erhoben werde.
Auch Staatsanwältin Silvia Steiner ist mit dem vorliegenden Urteil «nicht ganz unzufrieden», wie sie sagte. Zumindest habe das Gericht klare Richtlinien aufgestellt, und sie wisse nun, wie sie in einem künftigen Strafverfahren vorzugehen habe. Allerdings könnten sich in der Umsetzung praktische Probleme stellen, wenn etwa die finanzielle Notlage nachgewiesen werden müsse.
http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/k ... 91947.html
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Re: Keine Pauschalisierung in Sachen Menschenhandel
Armut wurde richtigerweise als Zwangsursache richterlich bestätigt. Armutsbekämpfung muß die Antwort sein (Teilhabegerechtigkeit und Bildungschancen).Autor und RA Valentin Landmann hat geschrieben:[Ich warne] die Legalisierung der Prostitution mit dem moralischen Deckmäntelchen eines vermuteten Menschenhandels wieder rückgängig zu machen.
Es kann aber doch nicht sein, daß in der Sexarbeit etwas als Ausbeutung und Menschenhandel beurteilt wird, was in der "normalen" Wirtschaft gefördert wird als Schaffung eines Arbeitsplatzes für bedürftige Mitbürger. Da offenbart sich die gesellschaftlich Diskriminierung von Prostitution mit juristischen Mitteln abermals.
Im Umkehrschluß könnten ja arme sozialhilfebedürftige Arbeitslose nie in Arbeit kommen, weil immer Ausbeutung befürchtet und unterstellt werden müßte. Oder ist hier ein Berufsverbot Sexarbeit für Unbemittelte gemeint? Sollen nur die clandestinen Kurtisanen und Callgirls für die Oberschicht geduldet werden?
Viktor Landmanns Buchveröffentlichung:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=927
Viktor Landmanns Ehrung:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=2039
Viktor Landmann als TV-Talkgast und Experte:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1760
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Das Verfassungsrecht in der Schweiz spielt grosse Rolle
Schweiz
Das Verfassungsrecht in der Schweiz spielt für die Prostituierte eine große Rolle: sie
dürfen sich auf die Grundrechte berufen, denn alle schweizer BürgerInnen genießen
den vollen verfassungsrechtlichen Schutz und können entsprechend sämtliche
verfassungsmäßigen Rechte geltend machen. So können sie sich beispielsweise auf
die Menschenwürde (Art. 7 BV),die Rechtsgleichheit (Art. 8 BV), das Willkürverbot
sowie den Vertrauensschutz (Art. 9 BV) berufen. Von zentraler Bedeutung ist die
Wirtschaftsfreiheit (Art. 7 BV) deren Schutz Prostituierte trotz der angeblichen
Sittenwidrigkeit des „Dirnenlohnes“ genießen. „ Die Wirtschaftsfreiheit darf auch bei
Prostituierten eingeschränkt werden, vor allem aus polizeilichen Gründen, wobei
beim Sexgewerbe die Interessen der öffentlichen Ruhe und Ordnung im Vordergrund
stehen.“ (Brigitte Hürlimann, Prostitution – ihre Regelung im schweizerischen Recht
und die Frage der Sittenwidrigkeit, S. 27)
Für ausländische Prostituierte allerdings gelten die Grundrechte nur mit
Einschränkung. Denn zur Ausübung der Prostitution als Beruf muss man
SchweizerIn sein oder eine sogenannte C-Bewilligung (uneingeschränktes
Aufenthalts- und Arbeitsrecht) haben. Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass in
bestimmten Regionen auch an Frauen mit der eingeschränkten B-
Aufenthaltsbewilligung Arbeitsverträge zur Sexarbeit erteilt wurden.
Im Artikel 31 der Bundesverfassung ist die Gewerbefreiheit in der gesamten Schweiz
vorausgesetzt. Das Bundesgericht erkennt diese Gewerbefreiheit auch in der
Prostitution an. Im Strafgesetz (Art. 195) sind dagegen folgende Einschränkungen
festgelegt: Die Aufforderung und Begünstigung zur Prostitution ist ebenso verboten
wie die Einschränkung der persönlichen Freiheit der Betroffenen. Man kann einer im
Sexgewerbe tätigen Person nicht vorschreiben, wann, wo oder wie sie arbeiten soll.
Das heißt, ein reguläres Angestelltenverhältnis ist nicht möglich. Sexarbeit ist als
unabhängige Erwerbsmöglichkeit anerkannt und unterliegt auch der Steuerpflicht.
Im Bereich der Kundenwerbung haben die Kantone das Recht regionale Reglements
einzuführen und Übertritte zu bestrafen.
Im Rahmen des Obligationenrechtes gilt Prostitution als etwas „Unmoralisches“. Das
heißt, eine Person, die von einem Kunden für ihre sexuellen Dienste nicht bezahlt
wird, kann im Streitfall ihren Verdienst nicht einklagen. Der Vertrag zwischen ihr und
dem Kunden ist wegen der fehlenden Rechtsgrundlage nicht rechtsgültig. In der
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15
Praxis sind jedoch Fälle bekannt, wo der Frau vor Gericht das Recht auf ihren Lohn
zugesprochen wurde. (vgl. Verein Prokore, Prostitution, Kollektiv, Reflexion Bern
Schweiz)
Eine andere Einschränkung für Prostituierte ist die Sperrgebietsverordnung. Zum
Beispiel in Zürich ist der Raum der Straßenprostitution laut Gemeindegesetz klar
umrissen. Der ausführliche „Strichzonenplan“ setzt Strassen und Zeitrahmen genau
fest. Wenn die Sexarbeiterinnen das Gesetz übertreten müssen sie mit hohen
Geldbußen rechnen (ca. 300 SFr bis zu 800 SFr bei Wiederholung).
In Genf gibt es keinen Strichzonenplan, die Straßenprostitution ist aber dort
verboten, wo sie die öffentliche Ordnung stören könnte, z.B. in Parks, auf
Spielplätzen, bei Schulen, Kirchen und Krankenhäusern oder in reinen
Wohngebieten.
Prokore kritisiert, dass die Gesetze und deren Handhabungen nicht immer
übereinstimmen.
Der Verein Prokore ist ein schweizerisches Netzwerk zur Verteidigung der Rechte
von SexarbeiterInnen. Prokore hat sich mit dem Ziel gegründet die Lebens- und
Arbeitsbedingungen von SexarbeiterInnen in der Schweiz zu verbessern. Das
Kollektiv versteht die Sexarbeit als professionelle Tätigkeit und setzt sich für deren
Anerkennung als Beruf ein. Die MitarbeiterInnen engagieren sich für die
SexarbeiterInnen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer
Lebenssituation und stellen sich gegen ihre Stigmatisierung und gesellschaftliche
Ausgrenzung. Prokore unterscheidet zwischen der freiwillig ausgeführten und der
erzwungenen Sexarbeit. „ Freigewählte, unabhängige Sexarbeit beinhaltet Pflichten
und Rechte. Die Ausübung der freiwilligen Sexarbeit soll selbstbestimmt und
stigmafrei sein.
Erzwungene Sexarbeit ist kriminell. Gewalt und Ausbeutung in der Sexarbeit müssen
aufgedeckt und bekämpft werden.“ (Prokore, 2006 Flyer des schweizerischen
Netzwerkes) Prokore kämpft dafür, dass Sexarbeiterinnen und Organisationen die
sich für sie einsetzten an der Ausarbeitung politischer Entscheidungen als
ExpertInnen und Betroffene beteiligt werden.
Quellen: Brigitte Hürlimann, Prostitution – ihre Regelung im schweizerischen Recht und die
Frage der Sittenwidrigkeit, Freiburg Schweiz 2004
Prokore, Flyer und Arbeitspapiere des schweizerischen Netzwerkes, Basel 200
Das Verfassungsrecht in der Schweiz spielt für die Prostituierte eine große Rolle: sie
dürfen sich auf die Grundrechte berufen, denn alle schweizer BürgerInnen genießen
den vollen verfassungsrechtlichen Schutz und können entsprechend sämtliche
verfassungsmäßigen Rechte geltend machen. So können sie sich beispielsweise auf
die Menschenwürde (Art. 7 BV),die Rechtsgleichheit (Art. 8 BV), das Willkürverbot
sowie den Vertrauensschutz (Art. 9 BV) berufen. Von zentraler Bedeutung ist die
Wirtschaftsfreiheit (Art. 7 BV) deren Schutz Prostituierte trotz der angeblichen
Sittenwidrigkeit des „Dirnenlohnes“ genießen. „ Die Wirtschaftsfreiheit darf auch bei
Prostituierten eingeschränkt werden, vor allem aus polizeilichen Gründen, wobei
beim Sexgewerbe die Interessen der öffentlichen Ruhe und Ordnung im Vordergrund
stehen.“ (Brigitte Hürlimann, Prostitution – ihre Regelung im schweizerischen Recht
und die Frage der Sittenwidrigkeit, S. 27)
Für ausländische Prostituierte allerdings gelten die Grundrechte nur mit
Einschränkung. Denn zur Ausübung der Prostitution als Beruf muss man
SchweizerIn sein oder eine sogenannte C-Bewilligung (uneingeschränktes
Aufenthalts- und Arbeitsrecht) haben. Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass in
bestimmten Regionen auch an Frauen mit der eingeschränkten B-
Aufenthaltsbewilligung Arbeitsverträge zur Sexarbeit erteilt wurden.
Im Artikel 31 der Bundesverfassung ist die Gewerbefreiheit in der gesamten Schweiz
vorausgesetzt. Das Bundesgericht erkennt diese Gewerbefreiheit auch in der
Prostitution an. Im Strafgesetz (Art. 195) sind dagegen folgende Einschränkungen
festgelegt: Die Aufforderung und Begünstigung zur Prostitution ist ebenso verboten
wie die Einschränkung der persönlichen Freiheit der Betroffenen. Man kann einer im
Sexgewerbe tätigen Person nicht vorschreiben, wann, wo oder wie sie arbeiten soll.
Das heißt, ein reguläres Angestelltenverhältnis ist nicht möglich. Sexarbeit ist als
unabhängige Erwerbsmöglichkeit anerkannt und unterliegt auch der Steuerpflicht.
Im Bereich der Kundenwerbung haben die Kantone das Recht regionale Reglements
einzuführen und Übertritte zu bestrafen.
Im Rahmen des Obligationenrechtes gilt Prostitution als etwas „Unmoralisches“. Das
heißt, eine Person, die von einem Kunden für ihre sexuellen Dienste nicht bezahlt
wird, kann im Streitfall ihren Verdienst nicht einklagen. Der Vertrag zwischen ihr und
dem Kunden ist wegen der fehlenden Rechtsgrundlage nicht rechtsgültig. In der
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Praxis sind jedoch Fälle bekannt, wo der Frau vor Gericht das Recht auf ihren Lohn
zugesprochen wurde. (vgl. Verein Prokore, Prostitution, Kollektiv, Reflexion Bern
Schweiz)
Eine andere Einschränkung für Prostituierte ist die Sperrgebietsverordnung. Zum
Beispiel in Zürich ist der Raum der Straßenprostitution laut Gemeindegesetz klar
umrissen. Der ausführliche „Strichzonenplan“ setzt Strassen und Zeitrahmen genau
fest. Wenn die Sexarbeiterinnen das Gesetz übertreten müssen sie mit hohen
Geldbußen rechnen (ca. 300 SFr bis zu 800 SFr bei Wiederholung).
In Genf gibt es keinen Strichzonenplan, die Straßenprostitution ist aber dort
verboten, wo sie die öffentliche Ordnung stören könnte, z.B. in Parks, auf
Spielplätzen, bei Schulen, Kirchen und Krankenhäusern oder in reinen
Wohngebieten.
Prokore kritisiert, dass die Gesetze und deren Handhabungen nicht immer
übereinstimmen.
Der Verein Prokore ist ein schweizerisches Netzwerk zur Verteidigung der Rechte
von SexarbeiterInnen. Prokore hat sich mit dem Ziel gegründet die Lebens- und
Arbeitsbedingungen von SexarbeiterInnen in der Schweiz zu verbessern. Das
Kollektiv versteht die Sexarbeit als professionelle Tätigkeit und setzt sich für deren
Anerkennung als Beruf ein. Die MitarbeiterInnen engagieren sich für die
SexarbeiterInnen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer
Lebenssituation und stellen sich gegen ihre Stigmatisierung und gesellschaftliche
Ausgrenzung. Prokore unterscheidet zwischen der freiwillig ausgeführten und der
erzwungenen Sexarbeit. „ Freigewählte, unabhängige Sexarbeit beinhaltet Pflichten
und Rechte. Die Ausübung der freiwilligen Sexarbeit soll selbstbestimmt und
stigmafrei sein.
Erzwungene Sexarbeit ist kriminell. Gewalt und Ausbeutung in der Sexarbeit müssen
aufgedeckt und bekämpft werden.“ (Prokore, 2006 Flyer des schweizerischen
Netzwerkes) Prokore kämpft dafür, dass Sexarbeiterinnen und Organisationen die
sich für sie einsetzten an der Ausarbeitung politischer Entscheidungen als
ExpertInnen und Betroffene beteiligt werden.
Quellen: Brigitte Hürlimann, Prostitution – ihre Regelung im schweizerischen Recht und die
Frage der Sittenwidrigkeit, Freiburg Schweiz 2004
Prokore, Flyer und Arbeitspapiere des schweizerischen Netzwerkes, Basel 200
liebe Grüsse
ETMC
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Wer Freiheiten aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.
Benjamin Franklin (1706-90),
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Empfehlungsgutachten KLEINBASEL
http://www.think-difference.org/Gutachten_Rotlicht.pdf
Empfehlungsgutachten
der Anwohnerinnen und Anwohner des Unteren Kleinbasels
im Rahmen des Modellprojekts
PlaZe – Planungszellen zur
partizipativ-integrativen Stadtentwicklung
Basel-Stadt
Basel, 15. Juni 2002
Rotlichtmilieu, Wohnquartiere und
Stadtentwick
Ein Auszug:
Ausgangslage: Rotlichtmilieu in Basel-Stadt
Die Stadt Basel weist im Vergleich zu anderen Schweizer Städten mit ca. 1800 – 1900
Prostituierten im Jahre 2001 (vgl. dazu die Tabellen in der Übersichtskarte im Anhang)
einen überproportionalen Anteil an Personen auf, die der Prostitution nachgehen, welches
zu einem grossen Anteil auf die Grenzlage zu Frankreich und Deutschland zurück zu
führen ist.
Als problematisch erweist sich die Tendenz, dass sich das Rotlichtmilieu nicht über die
gesamte Stadt verteilt, sondern dass es sich in erster Linie auf gewisse sozialräumlich
belastete Stadtteile wie das Untere Kleinbasel und das Gundeldinger Quartier konzentriert
(vgl. Übersichtskarte im Anhang), zwei sozial stark durchmischte, multikulturelle
Stadtteile, welche, neben ihrer Attraktivität mit ihren zahlreichen Cafés und lebendigem
soziokulturellen Angebot von verschiedenen Belastungen wie erhöhten Lärm- und
Page 11
11
Schadstoffimmissionen, der sozialen Armut, schlechterer Bausubstanz stärker betroffen
sind. Ein weitere Verdichtungsort des Rotlichtgewerbes bildet die Steinenvorstadt.
Eine Bewertung der Vorzüge und Nachteile des Unteren Kleinbasels seitens der
LaienplanerInnen zeigte dabei ihre Qualitäten und Schwächen sehr deutlich (vgl. Tab. 1).
Festzuhalten ist, dass gerade die Unterschiedlichkeit der Stadtteile mit ihren spezifischen
Charaktereigenschaften als eine wichtige urbane Qualität angesehen wurden. Es gab
einen breiten Konsens darüber, dass die vorhandenen Qualitäten des Kleinbasels
anzuerkennen und die vorhandenen Problembereiche – unter anderem eben auch das
Sexgewerbe – quartierverträglich zu lösen sind......
Empfehlungsgutachten
der Anwohnerinnen und Anwohner des Unteren Kleinbasels
im Rahmen des Modellprojekts
PlaZe – Planungszellen zur
partizipativ-integrativen Stadtentwicklung
Basel-Stadt
Basel, 15. Juni 2002
Rotlichtmilieu, Wohnquartiere und
Stadtentwick
Ein Auszug:
Ausgangslage: Rotlichtmilieu in Basel-Stadt
Die Stadt Basel weist im Vergleich zu anderen Schweizer Städten mit ca. 1800 – 1900
Prostituierten im Jahre 2001 (vgl. dazu die Tabellen in der Übersichtskarte im Anhang)
einen überproportionalen Anteil an Personen auf, die der Prostitution nachgehen, welches
zu einem grossen Anteil auf die Grenzlage zu Frankreich und Deutschland zurück zu
führen ist.
Als problematisch erweist sich die Tendenz, dass sich das Rotlichtmilieu nicht über die
gesamte Stadt verteilt, sondern dass es sich in erster Linie auf gewisse sozialräumlich
belastete Stadtteile wie das Untere Kleinbasel und das Gundeldinger Quartier konzentriert
(vgl. Übersichtskarte im Anhang), zwei sozial stark durchmischte, multikulturelle
Stadtteile, welche, neben ihrer Attraktivität mit ihren zahlreichen Cafés und lebendigem
soziokulturellen Angebot von verschiedenen Belastungen wie erhöhten Lärm- und
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Schadstoffimmissionen, der sozialen Armut, schlechterer Bausubstanz stärker betroffen
sind. Ein weitere Verdichtungsort des Rotlichtgewerbes bildet die Steinenvorstadt.
Eine Bewertung der Vorzüge und Nachteile des Unteren Kleinbasels seitens der
LaienplanerInnen zeigte dabei ihre Qualitäten und Schwächen sehr deutlich (vgl. Tab. 1).
Festzuhalten ist, dass gerade die Unterschiedlichkeit der Stadtteile mit ihren spezifischen
Charaktereigenschaften als eine wichtige urbane Qualität angesehen wurden. Es gab
einen breiten Konsens darüber, dass die vorhandenen Qualitäten des Kleinbasels
anzuerkennen und die vorhandenen Problembereiche – unter anderem eben auch das
Sexgewerbe – quartierverträglich zu lösen sind......
liebe Grüsse
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Illegale Prostitution oder doch nur Hetzjagd der Polizei?
Vor dem Landgericht Uri
Illegale Prostitution oder doch nur Hetzjagd der Polizei?
Ein 39-jähriger Urner und 52-jährige Urnerin sollen illegal Ausländerinnen beschäftigt haben. Die Ermittlung sei nicht rechtens gewesen, sagte der Verteidiger.
Eine Urner Restaurantbesitzerin und ein Urner Barbetreiber mussten sich gestern Dienstag, 22. Januar, vor dem Landgericht Uri verantworten. Sie werden des mehrfachen Erleichtern des illegalen Aufenthalts und der Beschäftigung von Ausländerinnen ohne fremdenpolizeiliche Bewilligung beschuldigt. Zudem wurde der aus Erstfeld stammende Angeklagte der Pornografie angeklagt.
Frauen ohne Bewilligung
Am 15. April 2004 wurde in einer Kontaktbar in Erstfeld eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Der Verdacht bestand, dass der Geschäftsführer und die Besitzerin des Patents für die Lokalität illegal Mädchen beherbergen und der Prostitu-tion zuführen würden. Zur Zeit der Durchsuchung befanden sich eine Frau aus Tansania und zwei Ungarinnen in der Bar. Die drei Frauen verfügten über keine Arbeitsbewilligung vom Amt für Migration des Kantons Uri. Zudem erhärtete sich der Verdacht, dass diese drei Frauen der Prostitution nachgingen.
Verdeckter Ermittler
Ein verdeckter Ermittler der Kantonspolizei hat sich in der Bar eingefunden. Der Ermittler bezeugt, gehört zu haben, wie die Dame später einem anderen Mann für 200 Franken ihre Liebesdienste angeboten habe. Zudem fanden sich Zettel, welche auf das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen hindeuten würden, sagte der Staatsanwalt.
Gegen Artikel verstossen
«Die Aussagen sind illegal, ja die ganze Ermittlung war illegal», sagte der Verteidiger des Angeklagten. Die Kantonspolizei Uri habe durch ihre verdeckten Ermittlungen gegen mehrere Artikel des Bundesrechts verstossen. Nur in besonders schweren Straftaten dürfe man Undercover-Agenten einsetzen. «Das war eine Wildwestaktion der Kantonspolizei», so der Verteidiger. Deshalb müsse man alle Beweismittel vernichten und die Aussagen des Polizisten streichen. Er verlangte, seinen Mandanten in allen Punkten freizusprechen.
Der Angeklagte wies ebenfalls der Polizei die Schuld zu: «Einige Polizisten wollen mir etwas anhängen, weil ich in meiner Jugend etwas verbrochen haben soll, für das ich nie bestraft wurde. Ich fühle mich unschuldig.»
Nichts davon gewusst
Auch die Verteidigung der 52-jährigen Urnerin ersuchte das Gericht um Freispruch. Sie sei über das Treiben in der Kontaktbar nicht im Bilde gewesen, sagte ihr Verteidiger. Die Zuständigkeit sei immer beim Geschäftsführer gelegen. Dass sie das Patent für die Bar geführt habe, sei noch kein Beweis, dass sie auch über Dinge Bescheid gewusst habe.
Harry Tresch
http://www.urnerwochenblatt.ch/aktuelle ... sp?id=6242
Illegale Prostitution oder doch nur Hetzjagd der Polizei?
Ein 39-jähriger Urner und 52-jährige Urnerin sollen illegal Ausländerinnen beschäftigt haben. Die Ermittlung sei nicht rechtens gewesen, sagte der Verteidiger.
Eine Urner Restaurantbesitzerin und ein Urner Barbetreiber mussten sich gestern Dienstag, 22. Januar, vor dem Landgericht Uri verantworten. Sie werden des mehrfachen Erleichtern des illegalen Aufenthalts und der Beschäftigung von Ausländerinnen ohne fremdenpolizeiliche Bewilligung beschuldigt. Zudem wurde der aus Erstfeld stammende Angeklagte der Pornografie angeklagt.
Frauen ohne Bewilligung
Am 15. April 2004 wurde in einer Kontaktbar in Erstfeld eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Der Verdacht bestand, dass der Geschäftsführer und die Besitzerin des Patents für die Lokalität illegal Mädchen beherbergen und der Prostitu-tion zuführen würden. Zur Zeit der Durchsuchung befanden sich eine Frau aus Tansania und zwei Ungarinnen in der Bar. Die drei Frauen verfügten über keine Arbeitsbewilligung vom Amt für Migration des Kantons Uri. Zudem erhärtete sich der Verdacht, dass diese drei Frauen der Prostitution nachgingen.
Verdeckter Ermittler
Ein verdeckter Ermittler der Kantonspolizei hat sich in der Bar eingefunden. Der Ermittler bezeugt, gehört zu haben, wie die Dame später einem anderen Mann für 200 Franken ihre Liebesdienste angeboten habe. Zudem fanden sich Zettel, welche auf das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen hindeuten würden, sagte der Staatsanwalt.
Gegen Artikel verstossen
«Die Aussagen sind illegal, ja die ganze Ermittlung war illegal», sagte der Verteidiger des Angeklagten. Die Kantonspolizei Uri habe durch ihre verdeckten Ermittlungen gegen mehrere Artikel des Bundesrechts verstossen. Nur in besonders schweren Straftaten dürfe man Undercover-Agenten einsetzen. «Das war eine Wildwestaktion der Kantonspolizei», so der Verteidiger. Deshalb müsse man alle Beweismittel vernichten und die Aussagen des Polizisten streichen. Er verlangte, seinen Mandanten in allen Punkten freizusprechen.
Der Angeklagte wies ebenfalls der Polizei die Schuld zu: «Einige Polizisten wollen mir etwas anhängen, weil ich in meiner Jugend etwas verbrochen haben soll, für das ich nie bestraft wurde. Ich fühle mich unschuldig.»
Nichts davon gewusst
Auch die Verteidigung der 52-jährigen Urnerin ersuchte das Gericht um Freispruch. Sie sei über das Treiben in der Kontaktbar nicht im Bilde gewesen, sagte ihr Verteidiger. Die Zuständigkeit sei immer beim Geschäftsführer gelegen. Dass sie das Patent für die Bar geführt habe, sei noch kein Beweis, dass sie auch über Dinge Bescheid gewusst habe.
Harry Tresch
http://www.urnerwochenblatt.ch/aktuelle ... sp?id=6242
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- Registriert: 15.06.2006, 19:26
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Waren Hotelgäste Prostituierte?
Waren Hotelgäste Prostituierte?
Ein Bar-Betreiber aus Erstfeld und seine Geschäftspartnerin standen am Dienstag vor dem Landgericht Uri. Sie sollen Ausländerinnen den illegalen Aufenthalt erleichtert und sie der Prostitution zugeführt haben.
Die Urner Polizei hatte die einschlägige Bar in Erstfeld schon mehrmals kontrolliert. Dann fand im April 2004 eine Hausdurchsuchung statt. Was im Etablissement alles möglich war, förderte die Durchsuchung der Büroräumlichkeiten des Geschäftsführers zu Tage. In einem Ordner wurden «Menüvorschläge» der Bar gefunden. Auf der Karte waren gegen Entgelt gebotene Sexpraktiken aufgelistet.
Der 39-jährige Geschäftsführer und die 51-jährige Urnerin, auf die das Betriebspatent ausgestellt war, sollen den Ausländerinnen den illegalen Aufenthalt in der Schweiz erleichtert und sie ohne fremdenpolizeiliche Bewilligung beschäftigt haben.
Nur zu Besuch?
Der Staatsanwalt ist überzeugt, dass die kontrollierten Damen der Prostitution nachgegangen sind. Diese hatten zwar beteuert, sei seien lediglich als Hotelgäste zu Besuch gewesen. Für den Staatsanwalt sprechen die Indizien aber klar gegen diese Version.
Der Staatsanwalt forderte für den Geschäftsführer eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 120 Franken sowie eine Busse von 1000 Franken. Für die Frau sieht er eine bedingte Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 130 Franken als angemessen. Zusätzlich sei eine Busse von 1000 Franken auszusprechen.
Zweimal Freispruch gefordert
Der Verteidiger der Frau forderte, die Angeklagte von Schuld und Strafe freizusprechen. Sie habe keine Zeit gehabt, sich um den Milieubetrieb zu kümmern. Daher hatte sie auch keine Kenntnisse über Geschäftsgang und die Angestellten. Vielmehr habe sie das Restaurant geführt, was sie zeitlich ausgefüllt habe.
Auch der Verteidiger des Geschäftsführers verlangte, seinen Mandanten freizusprechen. Für ihn sind die «Einzelbehauptungen der Staatsanwaltschaft zusammengeschustert». Vieles sei erfunden und konstruiert.
Das Urteil wird den Parteien in den nächsten Tagen schriftlich zugestellt.
Markus Zwyssig
link zisch.ch
Ein Bar-Betreiber aus Erstfeld und seine Geschäftspartnerin standen am Dienstag vor dem Landgericht Uri. Sie sollen Ausländerinnen den illegalen Aufenthalt erleichtert und sie der Prostitution zugeführt haben.
Die Urner Polizei hatte die einschlägige Bar in Erstfeld schon mehrmals kontrolliert. Dann fand im April 2004 eine Hausdurchsuchung statt. Was im Etablissement alles möglich war, förderte die Durchsuchung der Büroräumlichkeiten des Geschäftsführers zu Tage. In einem Ordner wurden «Menüvorschläge» der Bar gefunden. Auf der Karte waren gegen Entgelt gebotene Sexpraktiken aufgelistet.
Der 39-jährige Geschäftsführer und die 51-jährige Urnerin, auf die das Betriebspatent ausgestellt war, sollen den Ausländerinnen den illegalen Aufenthalt in der Schweiz erleichtert und sie ohne fremdenpolizeiliche Bewilligung beschäftigt haben.
Nur zu Besuch?
Der Staatsanwalt ist überzeugt, dass die kontrollierten Damen der Prostitution nachgegangen sind. Diese hatten zwar beteuert, sei seien lediglich als Hotelgäste zu Besuch gewesen. Für den Staatsanwalt sprechen die Indizien aber klar gegen diese Version.
Der Staatsanwalt forderte für den Geschäftsführer eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 120 Franken sowie eine Busse von 1000 Franken. Für die Frau sieht er eine bedingte Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 130 Franken als angemessen. Zusätzlich sei eine Busse von 1000 Franken auszusprechen.
Zweimal Freispruch gefordert
Der Verteidiger der Frau forderte, die Angeklagte von Schuld und Strafe freizusprechen. Sie habe keine Zeit gehabt, sich um den Milieubetrieb zu kümmern. Daher hatte sie auch keine Kenntnisse über Geschäftsgang und die Angestellten. Vielmehr habe sie das Restaurant geführt, was sie zeitlich ausgefüllt habe.
Auch der Verteidiger des Geschäftsführers verlangte, seinen Mandanten freizusprechen. Für ihn sind die «Einzelbehauptungen der Staatsanwaltschaft zusammengeschustert». Vieles sei erfunden und konstruiert.
Das Urteil wird den Parteien in den nächsten Tagen schriftlich zugestellt.
Markus Zwyssig
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Bordellbetreiber erhält vier Jahre Zuchthaus Menschenhandel
Bordellbetreiber erhält vier Jahre Zuchthaus für Menschenhandel
Lausanne - Das Berner Obergericht hat einen Bordellbetreiber zu Recht wegen Menschenhandels mit vier Jahren Zuchthaus bestraft. Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Mannes abgewiesen. Er hatte eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren gefordert.
Der Verurteilte war 2003 und 2004 Geschäftsführer von drei Hotel- und Barbetrieben in Nidau BE, Selzach SO und Solothurn gewesen. In den Kontaktbars hatten sich Frauen prostituiert, die er in Lettland und Tschechien hatte anwerben lassen. Eine von ihnen war noch nicht volljährig, ein Mädchen unter 16 Jahren alt.
Bis zur Abzahlung sogenannter Schulden hatte er den Frauen die Pässe abgenommen. Er legte die Preise für die sexuellen Leistungen und die Zimmervermietung fest, bestimmte die Präsenzzeiten und verordnete den Pflichtkonsum von alkoholischen Getränken.
Das Kreisgericht Biel-Nidau verurteilte den heute 39-Jährigen 2006 zu sechs Jahren Zuchthaus unter anderem wegen Menschenhandels, Förderung der Prostitution, sexuellen Handlungen mit einem Kind und Ausnützen einer Notlage. Das Berner Obergericht reduzierte die Strafe im vergangenen April auf vier Jahre.
Der Betroffene gelangte gegen die Verurteilung wegen Menschenhandels ans Bundesgericht und verlangte eine maximal dreijährige Freiheitsstrafe. Die Lausanner Richter haben seine Beschwerde nun abgewiesen und das Berner Urteil bestätigt.
Die Frauen seien in ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht verletzt worden. Der Verurteilte habe einer Vielzahl von Freiern Kontakt mit einem Kind ermöglicht. Einzelne der Betroffenen seien geflüchtet und im Drogenkonsum abgestürzt.
SDA-ATS
link swissinfo.org
Lausanne - Das Berner Obergericht hat einen Bordellbetreiber zu Recht wegen Menschenhandels mit vier Jahren Zuchthaus bestraft. Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Mannes abgewiesen. Er hatte eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren gefordert.
Der Verurteilte war 2003 und 2004 Geschäftsführer von drei Hotel- und Barbetrieben in Nidau BE, Selzach SO und Solothurn gewesen. In den Kontaktbars hatten sich Frauen prostituiert, die er in Lettland und Tschechien hatte anwerben lassen. Eine von ihnen war noch nicht volljährig, ein Mädchen unter 16 Jahren alt.
Bis zur Abzahlung sogenannter Schulden hatte er den Frauen die Pässe abgenommen. Er legte die Preise für die sexuellen Leistungen und die Zimmervermietung fest, bestimmte die Präsenzzeiten und verordnete den Pflichtkonsum von alkoholischen Getränken.
Das Kreisgericht Biel-Nidau verurteilte den heute 39-Jährigen 2006 zu sechs Jahren Zuchthaus unter anderem wegen Menschenhandels, Förderung der Prostitution, sexuellen Handlungen mit einem Kind und Ausnützen einer Notlage. Das Berner Obergericht reduzierte die Strafe im vergangenen April auf vier Jahre.
Der Betroffene gelangte gegen die Verurteilung wegen Menschenhandels ans Bundesgericht und verlangte eine maximal dreijährige Freiheitsstrafe. Die Lausanner Richter haben seine Beschwerde nun abgewiesen und das Berner Urteil bestätigt.
Die Frauen seien in ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht verletzt worden. Der Verurteilte habe einer Vielzahl von Freiern Kontakt mit einem Kind ermöglicht. Einzelne der Betroffenen seien geflüchtet und im Drogenkonsum abgestürzt.
SDA-ATS
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Dumpingpreise für Sex
Ungarische Prostituierte bieten Sex zu Dumpingpreisen an: Dieser «Ausverkauf» ist für Sexarbeiterinnen und Freier höchst gefährlich.
Zürich wird zurzeit von Prostituierten aus Ungarn überschwemmt. Mit Dumpingpreisen locken sie Freier am Sihlquai und an der Langstrasse an: Sex gibts bereits ab 30 Franken, wer etwas drauflegt, darf auch ohne Gummi. «Durch das Überangebot kämpfen die Frauen ums finanzielle Überleben und vergessen die Gefahren von Sex ohne Gummi», sagt die Ex-Prostituierte und Buchautorin Brigitte Obrist.
Die Geschlechtskrankheiten im Milieu nehmen dadurch zu, sagte Ursula Kocher von der Beratungsstelle Flora Dora gegenüber der «SonntagsZeitung». Auch Rolf Vieli von Langstrasse Plus bestätigt: «Prostituierte werben heute aggressiver um ihre Kunden.»
Die Frauen aus Ungarn stammen meist aus Roma-Familien und werden von ihren Vätern oder Brüdern an Zuhälter in die Schweiz verkauft. Laut Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) hat sich die Zahl der «selbstständigen Dienstleistungserbringerinnen» im Kanton Zürich innert Jahresfrist von 217 auf 794 verdreifacht.
Rolf Vieli erkennt dringenden Handlungsbedarf auf dem Strassenstrich: «Wir arbeiten an diversen Projekten, um das ganze Milieu besser zu kontrollieren.» Problematisch sei, dass viele Ungarinnen kein Deutsch und Englisch verstehen.
http://www.20min.ch/news/zuerich/story/27350855
Strenges Verfahren
Seit dem 1. Juni 2007 wendet die Stadt ein strengeres Bewilligungsverfahren für Sexarbeiterinnen aus den neuen EU-Ländern an: Das Amt für Wirtschaft und Arbeit hat für Frauen aus Osteuropa die Hürden erhöht, legal in Sexsalons zu arbeiten. Als Folge davon bieten die Frauen ihre Dienste auf der Strasse an. Dort können sie den Preis und die Art ihrer Liebesdienste bestimmen, sind aber einem erhöhten Risiko ausgesetzt.
Zürich wird zurzeit von Prostituierten aus Ungarn überschwemmt. Mit Dumpingpreisen locken sie Freier am Sihlquai und an der Langstrasse an: Sex gibts bereits ab 30 Franken, wer etwas drauflegt, darf auch ohne Gummi. «Durch das Überangebot kämpfen die Frauen ums finanzielle Überleben und vergessen die Gefahren von Sex ohne Gummi», sagt die Ex-Prostituierte und Buchautorin Brigitte Obrist.
Die Geschlechtskrankheiten im Milieu nehmen dadurch zu, sagte Ursula Kocher von der Beratungsstelle Flora Dora gegenüber der «SonntagsZeitung». Auch Rolf Vieli von Langstrasse Plus bestätigt: «Prostituierte werben heute aggressiver um ihre Kunden.»
Die Frauen aus Ungarn stammen meist aus Roma-Familien und werden von ihren Vätern oder Brüdern an Zuhälter in die Schweiz verkauft. Laut Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) hat sich die Zahl der «selbstständigen Dienstleistungserbringerinnen» im Kanton Zürich innert Jahresfrist von 217 auf 794 verdreifacht.
Rolf Vieli erkennt dringenden Handlungsbedarf auf dem Strassenstrich: «Wir arbeiten an diversen Projekten, um das ganze Milieu besser zu kontrollieren.» Problematisch sei, dass viele Ungarinnen kein Deutsch und Englisch verstehen.
http://www.20min.ch/news/zuerich/story/27350855
Strenges Verfahren
Seit dem 1. Juni 2007 wendet die Stadt ein strengeres Bewilligungsverfahren für Sexarbeiterinnen aus den neuen EU-Ländern an: Das Amt für Wirtschaft und Arbeit hat für Frauen aus Osteuropa die Hürden erhöht, legal in Sexsalons zu arbeiten. Als Folge davon bieten die Frauen ihre Dienste auf der Strasse an. Dort können sie den Preis und die Art ihrer Liebesdienste bestimmen, sind aber einem erhöhten Risiko ausgesetzt.
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ROMA
Offensichtlich tauchen immer mehr Probleme mit SW aus Ungarn bzw. mit Roma-Frauen auf.
Der Strassenstrich in CZ dürfte fast nur von Roma-Mädchen (und Tschechischen Mädchen die süchtig sind) besetzt sein.
Die Roma-Frauen die in den Clubs tätig sind bringen oft Unruhe hinein (Einschleimen bei Betreibern, andere Mädchen vernadern, etc.) und kochen meist ihre eigenen Süppchen.
Dies sind natürlich nur persönliche Momentaufnahmen und keineswegs objektiv fundiert, mir erscheint trotzdem dass hinter dem ganzen System steckt.
(Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich weder gegen Romas noch Zigeuner im allgemeinen Vorurteile habe - ich hatte mal ganz liebe Freunde aus dem Zigeunermilieu, und wusste damals (vor 15-20Jahren) ziemlich genau was sich abspielt. Gegen Ungarn hat ich schon gar nichts - sie werden leider in einen Topf geworfen, wie auch die Rumänen)
Der Strassenstrich in CZ dürfte fast nur von Roma-Mädchen (und Tschechischen Mädchen die süchtig sind) besetzt sein.
Die Roma-Frauen die in den Clubs tätig sind bringen oft Unruhe hinein (Einschleimen bei Betreibern, andere Mädchen vernadern, etc.) und kochen meist ihre eigenen Süppchen.
Dies sind natürlich nur persönliche Momentaufnahmen und keineswegs objektiv fundiert, mir erscheint trotzdem dass hinter dem ganzen System steckt.
(Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich weder gegen Romas noch Zigeuner im allgemeinen Vorurteile habe - ich hatte mal ganz liebe Freunde aus dem Zigeunermilieu, und wusste damals (vor 15-20Jahren) ziemlich genau was sich abspielt. Gegen Ungarn hat ich schon gar nichts - sie werden leider in einen Topf geworfen, wie auch die Rumänen)
Die Moral ist nur der äussere Anschein von Treu und Glauben, und der Verwirrung Beginn.
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Kinderprostitution
Verraten und verkauft
Kinderprostitution in der Schweiz und ihre Bekämpfung
Mit Kinderprostitution, Kinderpornografie und Kinderhandel werden weltweit Milliarden verdient. Die technischen Möglichkeiten und die Anonymität des Internets verschärfen das Problem – auch in der Schweiz. Kinder und Jugendliche werden auch von den eigenen Familienangehörigen zur kommerziellen sexuellen Ausbeutung angeboten.
Elsbeth Tobler
Tagelang geht Mara* durch die Hölle. Mit dem Versprechen auf Ausbildung und zukünftige Arbeit lockt ein Schweizer das fünfzehnjährige Mädchen aus Ghana nach Zürich. Ihre Jugend endet an dem Tag, an dem sie in Kloten landet. Kaum angekommen, muss sie die viel zu hoch angesetzten Reisekosten «abarbeiten». Der vermeintliche Wohltäter nimmt ihr die Papiere weg, sperrt sie ein, vergewaltigt sie und vermittelt sie an andere Männer. Wenn sie sich wehrt, wird sie mit Schlägen gefügig gemacht. Mara soll an ein Bordell verkauft werden und wird dafür auf brutalste Weise «vorbereitet». Doch sie hat Glück im Unglück: Als ihr Peiniger vergisst abzuschliessen, kann Mara auf die Strasse fliehen. Ein beherzter Passant bringt sie ins Zürcher Fraueninformationszentrum (FIZ), das sich um Opfer von Kinder- und Frauenhandel kümmert.
Jährlich 1,2 Millionen Opfer weltweit
In den letzten zwei Jahren wurden hier rund 250 Hilfesuchende betreut, darunter 10 Minderjährige. «Mara war bei ihrer Ankunft schwer traumatisiert», berichtet Doro Winkler, Ethnologin und Öffentlichkeitsbeauftragte des FIZ. Jeder Fall geht den Fachfrauen nahe. Wichtig sei, Vertrauen zu den Opfern aufzubauen, Stabilität und Schutz zu bieten. Die acht Mitarbeiterinnen leisten Krisenintervention, besorgen sichere Unterkünfte, vermitteln Ärzte und Rechtsanwälte und begleiten die Betroffenen zu Einvernahmen. «Ursache der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen ist einerseits die Armut, andererseits sind es die grosse Nachfrage und die Profitmöglichkeit», sagt Winkler. Nach ihrer Erfahrung dominiert in der Schweiz weniger die organisierte Kriminalität, sondern es sind eher «kleinere Netzwerke», Einzeltäter oder sogar Familienmitglieder aktiv.
Mara wollte nur eines: ihre Familie in Ghana finanziell unterstützen. «Voller Hoffnungen folgen die Jugendlichen den Verheissungen auf eine bessere Zukunft und werden dann in einem Land, wo sie keine Menschenrechtsverletzungen vermuten, zur Prostitution gezwungen», erläutert Winkler. «Drohungen ihrer Händler, Schulden und der illegale Aufenthaltsstatus hindern die Opfer daran, die Polizei um Hilfe zu bitten.» Ohne soziales Netz und mit gewalttätigen Drahtziehern und Konsumenten konfrontiert, befinden sich die Mädchen in einer prekären Situation. «Manche der Betroffenen, die ins FIZ kommen, sind verletzt oder leiden an sexuell übertragbaren Krankheiten», sagt Winkler. Besonders gross sei die Verzweiflung, wenn sie HIV-infiziert seien. Ebenso schwerwiegend sind die Verletzungen der Kinderseelen.
Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation werden weltweit jährlich rund 1,2 Millionen Minderjährige Opfer von Kinderhandel. Viele davon werden auch sexuell ausgebeutet. Hauptbetroffene sind Mädchen, aber auch vermehrt Knaben, zwischen acht und fünfzehn Jahren. Für die Schweiz spricht das Bundesamt für Justiz im Jahr 2001 zwar von Einzelfällen. Vermutet wird jedoch, dass weitere Unmündige zwecks Prostitution in die Schweiz geholt wurden. Zu den Risikogruppen gehören laut der Fachstelle Ecpat Schweiz (von Kinderschutz Schweiz) etwa unbegleitete Minderjährige, die gleich bei ihrer Ankunft oder während des Asylverfahrens spurlos verschwinden. Da Kinderhandel und Zwangsprostitution im Verborgenen stattfinden, ist das Erkennen und Auffinden der Opfer schwierig.
Täter aus der eigenen Familie
Sandra,* wohnhaft im Mittelland, ist neun Jahre alt, als ihr Stiefvater sie das erste Mal vergewaltigt. Mit zehn Jahren verkauft er sie regelmässig an seinen Bruder und an Geschäftspartner. Als sie dreizehn ist, zwingt der Stiefvater sie zur Strassenprostitution. Sandra unternimmt mehrere Suizidversuche, kommt in ein Heim, später in eine psychiatrische Klinik. Ihre Mutter will nichts bemerkt haben. Eine andere Familie, die ihre dreizehnjährige Tochter «vermietet» hatte, stand im letzten Jahr im Kanton Thurgau vor Gericht. Schon 1999 belegte eine empirische Studie von Stefan Studer und Christina Peter, die im Auftrag von Ecpat Schweiz erstellt wurde, 66 Fälle von Kinderprostitution im familiären sozialen Umfeld. Und die Dunkelziffer liegt nach Experten noch weitaus höher.
«Ist es normal, dass ich meinen Vater als Gegenleistung für Taschengeld intim berühren muss?» Mit solchen Fragen werden die Mitarbeiter der Telefonberatung von Pro Juventute immer wieder konfrontiert. In der Schweiz gibt es verschiedene Anlaufstellen für Opfer sexueller Ausbeutung wie Triangel Basel und Lantana Bern. Zu Castagna in Zürich kommen weibliche Jugendliche und junge Frauen, die in der Kindheit sexuell ausgebeutet wurden, sowie Bezugspersonen von betroffenen Kindern. Im letzten Jahr wurden 1006 Fälle betreut. Signifikant zugenommen haben dabei sexuelle Übergriffe unter Geschwistern. In 111 Fällen waren mehrere Täter beteiligt, mitunter kam es auch zu Zwangsprostitution. «Kommerzielle sexuelle Ausbeutung kommt in allen sozialen Schichten vor», erklärt Regula Schwager, Psychologin bei Castagna. «Die Täter sind zu 90 Prozent Männer: Väter, Verwandte, Vertrauenspersonen.» Vereinzelt seien es auch Mütter, die ihre Kinder und sogar Säuglinge zahlungskräftigen Fremden anbieten. Es verstreichen oft Jahre, bis die Opfer die Mauer des Schweigens durchbrechen. «Gerade die enge Beziehung zum Täter macht es dem Kind so schwer, sich zur Wehr zu setzen», sagt Schwager. Schmerz und Misshandlung werden von dem Menschen zugefügt, der ihm lieb und wichtig ist. «Die Täter missbrauchen das Vertrauen des Kindes.»
Macht und Dominanz
Nicht allein Geldgier treibt die Täter an. Regula Schwager beobachtet immer auch «ungleiche Machtverhältnisse zwischen Erwachsenen und Kindern, zwischen Männern und Frauen». Bei den Freiern stünden eine «besondere psychische Konstellation und die Suche nach unterlegenen Sexpartnern im Vordergrund». Castagna stellt zudem fest: Beinahe alle Kinder sind vor der gewerbsmässigen sexuellen Ausbeutung zu Hause sexuell missbraucht worden. «Werden Kinder Opfer von sexuellen Handlungen, können sie das, was mit ihnen dabei geschieht, emotional und kognitiv nicht einordnen», sagt Schwager. «Sexuelle Übergriffe beeinflussen die gesamte Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes und können zu posttraumatischen Belastungssyndromen und diversen anderen Traumafolgestörungen wie Depressionen und Suchterkrankungen führen.» Eine Therapie erstrecke sich oft über Jahre.
«Ein Kind zur Handelsware zu degradieren, ist die verwerflichste und tiefste Verletzung, die man ihm zufügen kann», erklärt der Zürcher Oberstaatsanwalt Andreas Brunner. Seine juristische Doktrin: Mut zur Strafanzeige und konsequente Strafverfolgung. Dennoch könne man nicht alle Hoffnungen auf die Justiz setzen, denn die Ermittlungen in diesen Bereichen sei schwierig. «Eine gesicherte Beweislage setzt die Aussage der Opfer voraus.» Seien nahestehende Menschen betroffen, handle es sich um ein Tabuthema. «Drohungen, Gewalt, aber auch Misstrauen und Scham sowie – trotz den Qualen – die Angst vor Familienverlust hemmen die Kinder, Aussagen bei den Behörden zu machen, und verhindern somit oft einen Strafantrag», ergänzt Regula Schwager. «In diesem Spannungsverhältnis ist das Strafrecht nur ein Rädchen im gesamten Kontext des Kinderschutzes», sagt Andreas Brunner. Grosse Verantwortung laste auf den Beratungsstellen.
Als essenziell bewertet Andreas Brunner die Prävention, die Stärkung des kindlichen Selbstbewusstseins und die Verantwortlichkeit von Eltern und Schulen. Alarmierend ist für ihn die rasante Verbreitung von Kinderpornografie und Kinderprostitution über das Internet. Er fordert unter anderem «gesetzliche Normen, welche die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Provider von elektronischen Kommunikationsnetzen klar und umfassend regeln». Präventive Unterstützung kommt von Kinderschutzorganisationen sowie Vorstössen und Projekten beim Bund und bei den Kantonen. Erst kürzlich startete die Stadt Zürich die Sensibilisierungskampagne «Schau genau». Rolf Nägeli, Leiter der Abteilung Kinderschutz bei der Zürcher Stadtpolizei, warnt: «Jugendliche verfügen über wenig Gefahrenbewusstsein bei der Abgabe von persönlichen Angaben, Fotos und bei realen Verabredungen mit Unbekannten übers Internet.»
Werbung im Internet
Die Folgen davon erleben die Mitarbeiter der nationalen Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik) in Bern täglich. «Möchtest du auch, dass es beim ersten Mal richtig schön ist? Dich dabei von einem erfahrenen Mann in die Sexualität einführen lassen und 50 bis 500 Franken verdienen?», fragt «Max6» in einem kinderorientierten Chat. Meldungen wie diese lassen bei der Kobik-Juristin Ronja Tschümperlin die Alarmglocken schrillen. «Pädokriminelle nutzen Chats und Internetplattformen, um sexuelle Kontakte zu knüpfen und sich konkret zu verabreden.
Mit Geld und Geschenken, aber auch mit immateriellen Werten wie Anerkennung und Wärme erschleichen sie sich eiskalt das Vertrauen der Kinder», so Tschümperlin. Die Übergänge zwischen Kinderpornografie und Sexualverbrechen seien fliessend. Dabei schrecken auch skrupellose Eltern nicht davor zurück, ihren Nachwuchs zu prostituieren. «Eltern bieten Kinder mit viel Liebe», inserierte eine Familie im letzten Dezember im Internet und verlangte für sexuelle Handlungen mit ihrer elfjährigen Tochter und ihrem dreizehn Jahre alten Sohn 1000 Euro am Tag. 90 Interessenten meldeten sich. Einer von ihnen erstattete Strafanzeige gegen die Eltern.
Die neun Mitarbeiter von Kobik fahnden Tag und Nacht nach strafbaren Inhalten im Netz. Über 6000 Verdachtsmeldungen gingen 2006 in Bern ein, viele davon waren strafrechtlich relevant. «Die Spitze des Eisbergs», vermutet Tschümperlin. Die im internationalen Vergleich hohe Aufklärungsquote ist für sie kein Grund zur Beruhigung. «Hinter jeder kinderpornografischen Foto, die im Internet gehandelt wird, verbirgt sich ein realer Missbrauchsfall.» Und es werden täglich mehr. Deshalb setzt die Koordinationsstelle auf Sensibilisierung und die Mithilfe der Bevölkerung.
Angst vor dem Entdecktwerden
Immer wieder registrieren Kobik und Fachstellen auch Bedenken gegenüber dem Schutzalter bezüglich Prostitution. Danach dürfen sechzehnjährige Teenager in der Schweiz legal als Sexarbeiter tätig sein, solange sie etwa keine gewerbsmässigen Räumlichkeiten anmieten. Eine unter ihnen ist Katja* aus der Region Bern. Sie verabredet sich übers Internet oder per SMS mit Kunden, die sie später auf der Strasse erwartet. So wie heute Abend. Stark geschminkt und mit Augenrändern, die von viel zu wenig Schlaf zeugen, geht das dünne Mädchen mit dem Engelsgesicht auf hohen Absätzen auf und ab. Als ein dunkler Geländewagen hält, eilt sie zielstrebig darauf zu. Sie wechselt ein paar Worte, steigt ein und fährt mit.
Katja war als Kind sexueller Gewalt ausgeliefert. Vor einem Jahr flüchtete sie aus einem «konfliktreichen» Familienleben zu ihren Grosseltern. Tagsüber besucht sie die Schule. Mit Prostitution und Escort-Service sichert sie sich mehrmals im Monat einen «Zusatzverdienst» für Lebensunterhalt, Luxusobjekte, Drogen. Sie träumt vom schnellen Geld und davon, einmal studieren zu können. Ihr ständiger Begleiter ist die Angst, entdeckt und stigmatisiert zu werden, Panik vor Gewalt und davor, ins «absolute Elend» abzugleiten. «Prostitution ist kein Nebenerwerb wie jeder andere», sagt sie zaghaft. «Sie zerstört dich.»
Dass Kinder, Jugendliche und Heranwachsende nicht Opfer von Macht, Profit und Begierden Erwachsener sein dürfen, sollte eine Errungenschaft der zivilisierten Welt sein. Sie haben ein Recht darauf, dass sie in ihrer individuellen Entfaltung ernst genommen und vor Missbrauch und Ausbeutung geschützt werden. Nicht bei allen gelingt das. Katja empfängt ihren nächsten Kunden, Mara ist inzwischen verschwunden, «abgetaucht». Die Suche nach ihr blieb ergebnislos. Auch ihre Peiniger sind wie vom Erdboden verschluckt. Sandras Freiheit ist einstweilen gesichert. Eine trügerische Freiheit. Ihre seelischen Verletzungen bleiben ein Leben lang.
Geringes Risiko für Freier
et. Kinderhandel und Zwangsprostitution sind schwere Verbrechen. Das Risiko, verfolgt oder verurteilt zu werden, ist laut Sachverständigen aber gering. «Viele jugendliche Opfer schweigen aus Angst vor Repressalien und hegen Misstrauen gegenüber Behörden, was zur Folge hat, dass kaum Strafverfahren eröffnet werden», sagt Doro Winkler vom Fraueninformationszentrum (FIZ). «Hinzu kommt, dass Opfer des Kinderhandels oft nicht als solche erkannt werden und ein aufenthaltsrechtlicher Schutz fehlt.» Dank internationalen Abkommen wie der Uno-Kinderrechtskonvention kann man rechtlich gegen Kinderprostitution, Kinderhandel und Kinderpornografie vorgehen. Mit der Koordinationsstelle Menschenhandel und Menschenschmuggel habe man ein weiteres Instrumentarium auf Bundesebene. Dennoch glauben die Verantwortlichen, dass mehr getan werden sollte. So bestehe trotz Unterzeichnung der Uno-Kinderrechtskonvention vor elf Jahren noch kein nationaler Aktionsplan, der u. a. eine systematische Datenerfassung umfassen würde.
Bei Straftaten an Kindern gelten neue Verjährungsfristen
et. Wer als Kind sexuelle Übergriffe erfahren hat, soll in Zukunft bis zum Alter von 33 Jahren Strafanzeige erstatten können. Das hat nach dem Bundesrat auch der Nationalrat entschieden. Eine Volksinitiative hatte die Unverjährbarkeit von sexuellen Straftaten an Kindern gefordert. Sie wurde aber abgelehnt. Ein beschränktes Berufsverbot für Pädokriminelle wurde vom Nationalrat ebenfalls gutgeheissen.
Das Ausüben der Prostitution ist ab 16 Jahren im Allgemeinen legal. Zwar können urteilsfähige unmündige Personen sich nur mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter durch ihre Handlungen verpflichten. Wenn es aber um persönliche Rechte geht, beispielsweise die Bestimmung über die eigene Sexualität, sind Unmündige grundsätzlich handlungsfähig. Wird ein 16-jähriger Teenager, der als Sexarbeiter oder Sexarbeiterin tätig ist, von der Polizei aufgegriffen, muss er mit der Benachrichtigung der Eltern oder Erziehungsberechtigten rechnen.
Die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern steht fast weltweit unter Strafe. Während Prostitution von Erwachsenen in der Regel als Sex gegen Geld verstanden wird, erhalten Kinder häufig auch ein Geschenk, Nahrung oder Kleidung als «Gegenwert». Mit dem Begriff «sexuelle Ausbeutung» bezeichnet man alle Formen von sexuellen Handlungen an Kindern oder Jugendlichen durch Erwachsene oder durch Jugendliche. Menschenhandel wird in der Schweiz mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet. Nimmt ein Freier mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vor, macht er sich ebenfalls strafbar (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe).
* Namen geändert.
nzz.ch/nachrichten/schweiz/verraten_und_verkauft_1.694363.html
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Kinderprostitution in der Schweiz und ihre Bekämpfung
Mit Kinderprostitution, Kinderpornografie und Kinderhandel werden weltweit Milliarden verdient. Die technischen Möglichkeiten und die Anonymität des Internets verschärfen das Problem – auch in der Schweiz. Kinder und Jugendliche werden auch von den eigenen Familienangehörigen zur kommerziellen sexuellen Ausbeutung angeboten.
Elsbeth Tobler
Tagelang geht Mara* durch die Hölle. Mit dem Versprechen auf Ausbildung und zukünftige Arbeit lockt ein Schweizer das fünfzehnjährige Mädchen aus Ghana nach Zürich. Ihre Jugend endet an dem Tag, an dem sie in Kloten landet. Kaum angekommen, muss sie die viel zu hoch angesetzten Reisekosten «abarbeiten». Der vermeintliche Wohltäter nimmt ihr die Papiere weg, sperrt sie ein, vergewaltigt sie und vermittelt sie an andere Männer. Wenn sie sich wehrt, wird sie mit Schlägen gefügig gemacht. Mara soll an ein Bordell verkauft werden und wird dafür auf brutalste Weise «vorbereitet». Doch sie hat Glück im Unglück: Als ihr Peiniger vergisst abzuschliessen, kann Mara auf die Strasse fliehen. Ein beherzter Passant bringt sie ins Zürcher Fraueninformationszentrum (FIZ), das sich um Opfer von Kinder- und Frauenhandel kümmert.
Jährlich 1,2 Millionen Opfer weltweit
In den letzten zwei Jahren wurden hier rund 250 Hilfesuchende betreut, darunter 10 Minderjährige. «Mara war bei ihrer Ankunft schwer traumatisiert», berichtet Doro Winkler, Ethnologin und Öffentlichkeitsbeauftragte des FIZ. Jeder Fall geht den Fachfrauen nahe. Wichtig sei, Vertrauen zu den Opfern aufzubauen, Stabilität und Schutz zu bieten. Die acht Mitarbeiterinnen leisten Krisenintervention, besorgen sichere Unterkünfte, vermitteln Ärzte und Rechtsanwälte und begleiten die Betroffenen zu Einvernahmen. «Ursache der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen ist einerseits die Armut, andererseits sind es die grosse Nachfrage und die Profitmöglichkeit», sagt Winkler. Nach ihrer Erfahrung dominiert in der Schweiz weniger die organisierte Kriminalität, sondern es sind eher «kleinere Netzwerke», Einzeltäter oder sogar Familienmitglieder aktiv.
Mara wollte nur eines: ihre Familie in Ghana finanziell unterstützen. «Voller Hoffnungen folgen die Jugendlichen den Verheissungen auf eine bessere Zukunft und werden dann in einem Land, wo sie keine Menschenrechtsverletzungen vermuten, zur Prostitution gezwungen», erläutert Winkler. «Drohungen ihrer Händler, Schulden und der illegale Aufenthaltsstatus hindern die Opfer daran, die Polizei um Hilfe zu bitten.» Ohne soziales Netz und mit gewalttätigen Drahtziehern und Konsumenten konfrontiert, befinden sich die Mädchen in einer prekären Situation. «Manche der Betroffenen, die ins FIZ kommen, sind verletzt oder leiden an sexuell übertragbaren Krankheiten», sagt Winkler. Besonders gross sei die Verzweiflung, wenn sie HIV-infiziert seien. Ebenso schwerwiegend sind die Verletzungen der Kinderseelen.
Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation werden weltweit jährlich rund 1,2 Millionen Minderjährige Opfer von Kinderhandel. Viele davon werden auch sexuell ausgebeutet. Hauptbetroffene sind Mädchen, aber auch vermehrt Knaben, zwischen acht und fünfzehn Jahren. Für die Schweiz spricht das Bundesamt für Justiz im Jahr 2001 zwar von Einzelfällen. Vermutet wird jedoch, dass weitere Unmündige zwecks Prostitution in die Schweiz geholt wurden. Zu den Risikogruppen gehören laut der Fachstelle Ecpat Schweiz (von Kinderschutz Schweiz) etwa unbegleitete Minderjährige, die gleich bei ihrer Ankunft oder während des Asylverfahrens spurlos verschwinden. Da Kinderhandel und Zwangsprostitution im Verborgenen stattfinden, ist das Erkennen und Auffinden der Opfer schwierig.
Täter aus der eigenen Familie
Sandra,* wohnhaft im Mittelland, ist neun Jahre alt, als ihr Stiefvater sie das erste Mal vergewaltigt. Mit zehn Jahren verkauft er sie regelmässig an seinen Bruder und an Geschäftspartner. Als sie dreizehn ist, zwingt der Stiefvater sie zur Strassenprostitution. Sandra unternimmt mehrere Suizidversuche, kommt in ein Heim, später in eine psychiatrische Klinik. Ihre Mutter will nichts bemerkt haben. Eine andere Familie, die ihre dreizehnjährige Tochter «vermietet» hatte, stand im letzten Jahr im Kanton Thurgau vor Gericht. Schon 1999 belegte eine empirische Studie von Stefan Studer und Christina Peter, die im Auftrag von Ecpat Schweiz erstellt wurde, 66 Fälle von Kinderprostitution im familiären sozialen Umfeld. Und die Dunkelziffer liegt nach Experten noch weitaus höher.
«Ist es normal, dass ich meinen Vater als Gegenleistung für Taschengeld intim berühren muss?» Mit solchen Fragen werden die Mitarbeiter der Telefonberatung von Pro Juventute immer wieder konfrontiert. In der Schweiz gibt es verschiedene Anlaufstellen für Opfer sexueller Ausbeutung wie Triangel Basel und Lantana Bern. Zu Castagna in Zürich kommen weibliche Jugendliche und junge Frauen, die in der Kindheit sexuell ausgebeutet wurden, sowie Bezugspersonen von betroffenen Kindern. Im letzten Jahr wurden 1006 Fälle betreut. Signifikant zugenommen haben dabei sexuelle Übergriffe unter Geschwistern. In 111 Fällen waren mehrere Täter beteiligt, mitunter kam es auch zu Zwangsprostitution. «Kommerzielle sexuelle Ausbeutung kommt in allen sozialen Schichten vor», erklärt Regula Schwager, Psychologin bei Castagna. «Die Täter sind zu 90 Prozent Männer: Väter, Verwandte, Vertrauenspersonen.» Vereinzelt seien es auch Mütter, die ihre Kinder und sogar Säuglinge zahlungskräftigen Fremden anbieten. Es verstreichen oft Jahre, bis die Opfer die Mauer des Schweigens durchbrechen. «Gerade die enge Beziehung zum Täter macht es dem Kind so schwer, sich zur Wehr zu setzen», sagt Schwager. Schmerz und Misshandlung werden von dem Menschen zugefügt, der ihm lieb und wichtig ist. «Die Täter missbrauchen das Vertrauen des Kindes.»
Macht und Dominanz
Nicht allein Geldgier treibt die Täter an. Regula Schwager beobachtet immer auch «ungleiche Machtverhältnisse zwischen Erwachsenen und Kindern, zwischen Männern und Frauen». Bei den Freiern stünden eine «besondere psychische Konstellation und die Suche nach unterlegenen Sexpartnern im Vordergrund». Castagna stellt zudem fest: Beinahe alle Kinder sind vor der gewerbsmässigen sexuellen Ausbeutung zu Hause sexuell missbraucht worden. «Werden Kinder Opfer von sexuellen Handlungen, können sie das, was mit ihnen dabei geschieht, emotional und kognitiv nicht einordnen», sagt Schwager. «Sexuelle Übergriffe beeinflussen die gesamte Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes und können zu posttraumatischen Belastungssyndromen und diversen anderen Traumafolgestörungen wie Depressionen und Suchterkrankungen führen.» Eine Therapie erstrecke sich oft über Jahre.
«Ein Kind zur Handelsware zu degradieren, ist die verwerflichste und tiefste Verletzung, die man ihm zufügen kann», erklärt der Zürcher Oberstaatsanwalt Andreas Brunner. Seine juristische Doktrin: Mut zur Strafanzeige und konsequente Strafverfolgung. Dennoch könne man nicht alle Hoffnungen auf die Justiz setzen, denn die Ermittlungen in diesen Bereichen sei schwierig. «Eine gesicherte Beweislage setzt die Aussage der Opfer voraus.» Seien nahestehende Menschen betroffen, handle es sich um ein Tabuthema. «Drohungen, Gewalt, aber auch Misstrauen und Scham sowie – trotz den Qualen – die Angst vor Familienverlust hemmen die Kinder, Aussagen bei den Behörden zu machen, und verhindern somit oft einen Strafantrag», ergänzt Regula Schwager. «In diesem Spannungsverhältnis ist das Strafrecht nur ein Rädchen im gesamten Kontext des Kinderschutzes», sagt Andreas Brunner. Grosse Verantwortung laste auf den Beratungsstellen.
Als essenziell bewertet Andreas Brunner die Prävention, die Stärkung des kindlichen Selbstbewusstseins und die Verantwortlichkeit von Eltern und Schulen. Alarmierend ist für ihn die rasante Verbreitung von Kinderpornografie und Kinderprostitution über das Internet. Er fordert unter anderem «gesetzliche Normen, welche die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Provider von elektronischen Kommunikationsnetzen klar und umfassend regeln». Präventive Unterstützung kommt von Kinderschutzorganisationen sowie Vorstössen und Projekten beim Bund und bei den Kantonen. Erst kürzlich startete die Stadt Zürich die Sensibilisierungskampagne «Schau genau». Rolf Nägeli, Leiter der Abteilung Kinderschutz bei der Zürcher Stadtpolizei, warnt: «Jugendliche verfügen über wenig Gefahrenbewusstsein bei der Abgabe von persönlichen Angaben, Fotos und bei realen Verabredungen mit Unbekannten übers Internet.»
Werbung im Internet
Die Folgen davon erleben die Mitarbeiter der nationalen Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik) in Bern täglich. «Möchtest du auch, dass es beim ersten Mal richtig schön ist? Dich dabei von einem erfahrenen Mann in die Sexualität einführen lassen und 50 bis 500 Franken verdienen?», fragt «Max6» in einem kinderorientierten Chat. Meldungen wie diese lassen bei der Kobik-Juristin Ronja Tschümperlin die Alarmglocken schrillen. «Pädokriminelle nutzen Chats und Internetplattformen, um sexuelle Kontakte zu knüpfen und sich konkret zu verabreden.
Mit Geld und Geschenken, aber auch mit immateriellen Werten wie Anerkennung und Wärme erschleichen sie sich eiskalt das Vertrauen der Kinder», so Tschümperlin. Die Übergänge zwischen Kinderpornografie und Sexualverbrechen seien fliessend. Dabei schrecken auch skrupellose Eltern nicht davor zurück, ihren Nachwuchs zu prostituieren. «Eltern bieten Kinder mit viel Liebe», inserierte eine Familie im letzten Dezember im Internet und verlangte für sexuelle Handlungen mit ihrer elfjährigen Tochter und ihrem dreizehn Jahre alten Sohn 1000 Euro am Tag. 90 Interessenten meldeten sich. Einer von ihnen erstattete Strafanzeige gegen die Eltern.
Die neun Mitarbeiter von Kobik fahnden Tag und Nacht nach strafbaren Inhalten im Netz. Über 6000 Verdachtsmeldungen gingen 2006 in Bern ein, viele davon waren strafrechtlich relevant. «Die Spitze des Eisbergs», vermutet Tschümperlin. Die im internationalen Vergleich hohe Aufklärungsquote ist für sie kein Grund zur Beruhigung. «Hinter jeder kinderpornografischen Foto, die im Internet gehandelt wird, verbirgt sich ein realer Missbrauchsfall.» Und es werden täglich mehr. Deshalb setzt die Koordinationsstelle auf Sensibilisierung und die Mithilfe der Bevölkerung.
Angst vor dem Entdecktwerden
Immer wieder registrieren Kobik und Fachstellen auch Bedenken gegenüber dem Schutzalter bezüglich Prostitution. Danach dürfen sechzehnjährige Teenager in der Schweiz legal als Sexarbeiter tätig sein, solange sie etwa keine gewerbsmässigen Räumlichkeiten anmieten. Eine unter ihnen ist Katja* aus der Region Bern. Sie verabredet sich übers Internet oder per SMS mit Kunden, die sie später auf der Strasse erwartet. So wie heute Abend. Stark geschminkt und mit Augenrändern, die von viel zu wenig Schlaf zeugen, geht das dünne Mädchen mit dem Engelsgesicht auf hohen Absätzen auf und ab. Als ein dunkler Geländewagen hält, eilt sie zielstrebig darauf zu. Sie wechselt ein paar Worte, steigt ein und fährt mit.
Katja war als Kind sexueller Gewalt ausgeliefert. Vor einem Jahr flüchtete sie aus einem «konfliktreichen» Familienleben zu ihren Grosseltern. Tagsüber besucht sie die Schule. Mit Prostitution und Escort-Service sichert sie sich mehrmals im Monat einen «Zusatzverdienst» für Lebensunterhalt, Luxusobjekte, Drogen. Sie träumt vom schnellen Geld und davon, einmal studieren zu können. Ihr ständiger Begleiter ist die Angst, entdeckt und stigmatisiert zu werden, Panik vor Gewalt und davor, ins «absolute Elend» abzugleiten. «Prostitution ist kein Nebenerwerb wie jeder andere», sagt sie zaghaft. «Sie zerstört dich.»
Dass Kinder, Jugendliche und Heranwachsende nicht Opfer von Macht, Profit und Begierden Erwachsener sein dürfen, sollte eine Errungenschaft der zivilisierten Welt sein. Sie haben ein Recht darauf, dass sie in ihrer individuellen Entfaltung ernst genommen und vor Missbrauch und Ausbeutung geschützt werden. Nicht bei allen gelingt das. Katja empfängt ihren nächsten Kunden, Mara ist inzwischen verschwunden, «abgetaucht». Die Suche nach ihr blieb ergebnislos. Auch ihre Peiniger sind wie vom Erdboden verschluckt. Sandras Freiheit ist einstweilen gesichert. Eine trügerische Freiheit. Ihre seelischen Verletzungen bleiben ein Leben lang.
Geringes Risiko für Freier
et. Kinderhandel und Zwangsprostitution sind schwere Verbrechen. Das Risiko, verfolgt oder verurteilt zu werden, ist laut Sachverständigen aber gering. «Viele jugendliche Opfer schweigen aus Angst vor Repressalien und hegen Misstrauen gegenüber Behörden, was zur Folge hat, dass kaum Strafverfahren eröffnet werden», sagt Doro Winkler vom Fraueninformationszentrum (FIZ). «Hinzu kommt, dass Opfer des Kinderhandels oft nicht als solche erkannt werden und ein aufenthaltsrechtlicher Schutz fehlt.» Dank internationalen Abkommen wie der Uno-Kinderrechtskonvention kann man rechtlich gegen Kinderprostitution, Kinderhandel und Kinderpornografie vorgehen. Mit der Koordinationsstelle Menschenhandel und Menschenschmuggel habe man ein weiteres Instrumentarium auf Bundesebene. Dennoch glauben die Verantwortlichen, dass mehr getan werden sollte. So bestehe trotz Unterzeichnung der Uno-Kinderrechtskonvention vor elf Jahren noch kein nationaler Aktionsplan, der u. a. eine systematische Datenerfassung umfassen würde.
Bei Straftaten an Kindern gelten neue Verjährungsfristen
et. Wer als Kind sexuelle Übergriffe erfahren hat, soll in Zukunft bis zum Alter von 33 Jahren Strafanzeige erstatten können. Das hat nach dem Bundesrat auch der Nationalrat entschieden. Eine Volksinitiative hatte die Unverjährbarkeit von sexuellen Straftaten an Kindern gefordert. Sie wurde aber abgelehnt. Ein beschränktes Berufsverbot für Pädokriminelle wurde vom Nationalrat ebenfalls gutgeheissen.
Das Ausüben der Prostitution ist ab 16 Jahren im Allgemeinen legal. Zwar können urteilsfähige unmündige Personen sich nur mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter durch ihre Handlungen verpflichten. Wenn es aber um persönliche Rechte geht, beispielsweise die Bestimmung über die eigene Sexualität, sind Unmündige grundsätzlich handlungsfähig. Wird ein 16-jähriger Teenager, der als Sexarbeiter oder Sexarbeiterin tätig ist, von der Polizei aufgegriffen, muss er mit der Benachrichtigung der Eltern oder Erziehungsberechtigten rechnen.
Die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern steht fast weltweit unter Strafe. Während Prostitution von Erwachsenen in der Regel als Sex gegen Geld verstanden wird, erhalten Kinder häufig auch ein Geschenk, Nahrung oder Kleidung als «Gegenwert». Mit dem Begriff «sexuelle Ausbeutung» bezeichnet man alle Formen von sexuellen Handlungen an Kindern oder Jugendlichen durch Erwachsene oder durch Jugendliche. Menschenhandel wird in der Schweiz mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet. Nimmt ein Freier mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vor, macht er sich ebenfalls strafbar (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe).
* Namen geändert.
nzz.ch/nachrichten/schweiz/verraten_und_verkauft_1.694363.html
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Für ihre Prostituierten nur das Beste
Für ihre Prostituierten nur das Beste
Haben Bordellbetreiber im Mittelland mit Menschen gehandelt? Alles sei zum Wohl der Frauen gewesen, beteuern die Angeschuldigten.
Vor dem Amtsgericht Solothurn-Lebern stehen dieser Tage zwei Zuhälter wie aus dem Bilderbuch: beide mit finsterem Blick, beide bullig, beide mit einem für Mitdreissiger stattlichen Bauchansatz. Dem Türken mit wallendem Pferdeschwanz und rosa Poloshirt und dem kurzhaarigen Serben in dunkler Kleidung wird angelastet, die Prostitution gefördert zu haben: Besonders schwer wiegt auch der Vorwurf des Menschenhandels. Zusammen mit vier weiteren Angeklagten und Schleppern aus Osteuropa sollen die beiden Nachbarn Rumäninnen in die Schweiz gelotst und zu «entgeltlichem Geschlechtsverkehr» gezwungen haben, heisst es in der Anklageschrift.
Abgehörte Telefongespräche würden die Anschuldigung des Menschenhandels erhärten. Zu hören gab es vor Gericht viel Verächtliches über Frauen und nicht Jugendfreies über Geschlechtsteile. Auf den Bändern, die zum Prozessauftakt abgespielt wurden, war von «15 knusprigen Hennchen» die Rede, die unterwegs seien ins Solothurnische.
Dort, in Selzach, betrieben die fünf Männer und eine Frau das Blue Lamp. Die Angeklagten und weitere Zuhälter sollen die Prostituierten als Ware betrachtet und zwischen Bordellen am Jurasüdfuss hin und her verschoben haben. An den Ausfahrten der Mittelland-Autobahnen sind in den vergangenen Jahren zahlreiche solcher Etablissements entstanden. Zuletzt führte die Freiburger Polizei am vergangenen Samstag in einem Saunaclub im Sensebezirk eine Razzia durch, nahm fünf Prostituierte aus Brasilien mit auf den Posten und verhaftete den Besitzer des Clubs. Der Oberamtmann des Bezirks schloss die Lokalität – nicht wegen illegaler Prostitution, sondern weil der Betreiber ohne Bewilligung Getränke verkauft hatte.
Auch für das Blue Lamp bedeutete eine Hausdurchsuchung das Ende. Die Polizei fuhr im Januar 2007 vor. Seither ist die «Kontaktbar» geschlossen. Zuvor hatten dort die beiden Hauptangeklagten geherrscht und sich Gewinn und Aufgaben mit dem Geschäftsführer, einem mitangeklagten Schweizer, geteilt. Der Türke trat als Charmeur auf. Vor dem Serben und seinen Fäusten fürchteten sich alle. Der ungelernte Arbeiter soll Prostituierte bedroht und geschlagen haben. Dies bestätigten eine Zeugin und der reuige frühere Geschäftsführer.
Eine weitere Rumänin sagte in der Voruntersuchung aus, sie sei von ihrem verheirateten Chef zweimal vergewaltigt worden. Gestern erschien sie jedoch nicht im Zeugenstand. Der Angeschuldigte gab zu, die Frau auf einem Autobahnparkplatz eingeschüchtert zu haben, bestritt aber alle schwerwiegenderen Anschuldigungen. «Ich bin ein gradliniger Mensch und lasse mir nicht alles gefallen», räumte er ein, «aber ein Menschenfresser bin ich nicht.» Wie alle Angeklagten beteuert auch er, mit den Rumäninnen nur das Beste im Sinn gehabt zu haben. Alle Frauen hätten freiwillig im Blue Lamp angeheuert und seien zu fairen Bedingungen ihrem Metier nachgegangen.
Beim Prozess im Amtshaus 1 in Solothurn zeigt sich erneut, wie schwer sich die Strafverfolger mit Zwangsprostitution und Menschenhandel tun. Eine Zeugin im Jugendstilsaal wirkte eingeschüchtert, eine andere konnte immerhin telefonisch einvernommen werden – unter Ausschluss der Öffentlichkeit und den Medien. Einige der Rumäninnen zogen es vor, nicht im Zeugenstand zu erscheinen oder waren unauffindbar. Alle Prostituierten hatten die Schweiz nach der Razzia in Selzach verlassen müssen. Sie hatten kein Visum besessen. Dies war in den Augen der Betreiber der einzige Schwachpunkt ihrer «ganz gewöhnlichen Kontaktbar» gewesen.
Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/sc ... 67846.html
Haben Bordellbetreiber im Mittelland mit Menschen gehandelt? Alles sei zum Wohl der Frauen gewesen, beteuern die Angeschuldigten.
Vor dem Amtsgericht Solothurn-Lebern stehen dieser Tage zwei Zuhälter wie aus dem Bilderbuch: beide mit finsterem Blick, beide bullig, beide mit einem für Mitdreissiger stattlichen Bauchansatz. Dem Türken mit wallendem Pferdeschwanz und rosa Poloshirt und dem kurzhaarigen Serben in dunkler Kleidung wird angelastet, die Prostitution gefördert zu haben: Besonders schwer wiegt auch der Vorwurf des Menschenhandels. Zusammen mit vier weiteren Angeklagten und Schleppern aus Osteuropa sollen die beiden Nachbarn Rumäninnen in die Schweiz gelotst und zu «entgeltlichem Geschlechtsverkehr» gezwungen haben, heisst es in der Anklageschrift.
Abgehörte Telefongespräche würden die Anschuldigung des Menschenhandels erhärten. Zu hören gab es vor Gericht viel Verächtliches über Frauen und nicht Jugendfreies über Geschlechtsteile. Auf den Bändern, die zum Prozessauftakt abgespielt wurden, war von «15 knusprigen Hennchen» die Rede, die unterwegs seien ins Solothurnische.
Dort, in Selzach, betrieben die fünf Männer und eine Frau das Blue Lamp. Die Angeklagten und weitere Zuhälter sollen die Prostituierten als Ware betrachtet und zwischen Bordellen am Jurasüdfuss hin und her verschoben haben. An den Ausfahrten der Mittelland-Autobahnen sind in den vergangenen Jahren zahlreiche solcher Etablissements entstanden. Zuletzt führte die Freiburger Polizei am vergangenen Samstag in einem Saunaclub im Sensebezirk eine Razzia durch, nahm fünf Prostituierte aus Brasilien mit auf den Posten und verhaftete den Besitzer des Clubs. Der Oberamtmann des Bezirks schloss die Lokalität – nicht wegen illegaler Prostitution, sondern weil der Betreiber ohne Bewilligung Getränke verkauft hatte.
Auch für das Blue Lamp bedeutete eine Hausdurchsuchung das Ende. Die Polizei fuhr im Januar 2007 vor. Seither ist die «Kontaktbar» geschlossen. Zuvor hatten dort die beiden Hauptangeklagten geherrscht und sich Gewinn und Aufgaben mit dem Geschäftsführer, einem mitangeklagten Schweizer, geteilt. Der Türke trat als Charmeur auf. Vor dem Serben und seinen Fäusten fürchteten sich alle. Der ungelernte Arbeiter soll Prostituierte bedroht und geschlagen haben. Dies bestätigten eine Zeugin und der reuige frühere Geschäftsführer.
Eine weitere Rumänin sagte in der Voruntersuchung aus, sie sei von ihrem verheirateten Chef zweimal vergewaltigt worden. Gestern erschien sie jedoch nicht im Zeugenstand. Der Angeschuldigte gab zu, die Frau auf einem Autobahnparkplatz eingeschüchtert zu haben, bestritt aber alle schwerwiegenderen Anschuldigungen. «Ich bin ein gradliniger Mensch und lasse mir nicht alles gefallen», räumte er ein, «aber ein Menschenfresser bin ich nicht.» Wie alle Angeklagten beteuert auch er, mit den Rumäninnen nur das Beste im Sinn gehabt zu haben. Alle Frauen hätten freiwillig im Blue Lamp angeheuert und seien zu fairen Bedingungen ihrem Metier nachgegangen.
Beim Prozess im Amtshaus 1 in Solothurn zeigt sich erneut, wie schwer sich die Strafverfolger mit Zwangsprostitution und Menschenhandel tun. Eine Zeugin im Jugendstilsaal wirkte eingeschüchtert, eine andere konnte immerhin telefonisch einvernommen werden – unter Ausschluss der Öffentlichkeit und den Medien. Einige der Rumäninnen zogen es vor, nicht im Zeugenstand zu erscheinen oder waren unauffindbar. Alle Prostituierten hatten die Schweiz nach der Razzia in Selzach verlassen müssen. Sie hatten kein Visum besessen. Dies war in den Augen der Betreiber der einzige Schwachpunkt ihrer «ganz gewöhnlichen Kontaktbar» gewesen.
Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/sc ... 67846.html
<i>::: Jasmin war SexarbeiterIn, später BetreiberIn und bis Ende 2010 für das Sexworker Forum mit besonderen Engagement in der Öffentlichkeitsarbeit tätig :::</i>
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Weisse Sklavinnen fallen in Gesetzeslücken
Weisse Sklavinnen fallen in Gesetzeslücken
Ein Symposium in Basel nennt bis 3'000 Opfer von Menschenhandel in der Schweiz
Von Valerie Zaslawski
Der weltweite Menschenhandel ist ein dunkles Tabu: Bis zu zwei Millionen Menschen werden weltweit gehandelt und ausgebeutet. In Europa werden vor allem Frauen auf den Strich geschickt und so zu weissen Sklavinnen gemacht. Dies das Fazit eines Symposiums in Basel.
"In unserem Land gibt es keine Bewegung und kein Leben", klagte die weissrussische Sozialarbeiterin Irina Gruschewaja gestern Mittwochabend an einer Veranstaltung über Menschenhandel und über die landesweite Kampagne "Euro 08 gegen Frauenhandel". Sie bezeichnete ihren Heimatstaat als ein "systematisch diktatorisches Land, in dem jede Zukunftsperspektive total aussichtslos ist". Kein Wunder, dass die Mädchen wegwollen - ab in den Westen, in dem alles besser sein soll.
Gruschewaja ist seit zehn Jahren Leiterin des Frauenprojekts "Malinowka", das Frauen aufklären und unterstützen will. Ebenso will die Frauenrechtlerin "Licht in ein dunkles Thema" bringen: "Wir wissen alle vom Frauenhandel und schweigen trotzdem. Die Frauen müssen wissen, dass die Welt nicht immer freundlich ist, dass draussen im dunkeln Wald die Wölfe lauern."
Frauenhandel auch in Basel
In der Schweiz arbeiten mindestens 14'000 legal angemeldete Prostituierte. Legal angemeldet zu sein heisst aber nicht immer auch freiwillig hier zu sein: Nach offiziellen Schätzungen sollen zwischen 1'500 und 3'000 Opfer von Menschenhändlern in der Schweiz arbeiten.
"Auch in Basel findet Menschenhandel statt", mahnte der Basler Regierungspräsident und Justizdirektor Guy Morin an der gut besuchten Veranstaltung. Doro Winkler vom Züricher "Frauen-Informationszentrum" (FIZ), die den Frauenhandel bekämpfen und seinen Opfern Schutz zu gewährleisten will, sprach von 13 Basler Opfern, die letztes Jahr in ihrer Institution Hilfe suchten. Sie fügte aber einschränkend hinzu, dass es sich bei dieser Zahl nur um die "Spitze eines Eisberges" handle.
Lockruf mit falschen Versprechungen
Morin schilderte die Geschichte von Jelena aus Osteuropa, die nach Basel kam, um hier als Haushälterin zu arbeiten. Aber ihre Realität sah anders aus: Die Schweizer Familie beutete sie aus und missbrauchte sie sexuell.
Mit falschen Versprechen werden jedes Jahr junge Frauen in die Schweiz gelockt. Hier nehmen die Übeltäter ihren Opfern die Papiere ab und lassen sie unter schlimmsten Umständen arbeiten – wie weisse Sklavinnen. So erging es auch der Ex-Prostituierten Lena aus Rumänien: "Es war schlimmer als im Gefängnis - du bist sein Roboter und musst so viel Geld wie möglich verdienen."
Der Justizdirektor zeigte sich von solchen Erfahrungen betroffen: "Wir müssen uns dafür einsetzen, dass es solche grausamen Geschichten nicht mehr gibt". Zwischen 2000 und 2008, so Morin, gab es jährlich zwischen zwei und elf Verurteilungen wegen Menschenhandel. Doch: "Diese Verurteilungen reichen nicht aus." Morin forderte im "Kampf gegen die Windmühlen" eine "konsequente Verfolgung der Täter". Dabei ist er sich bewusst, dass dieser Prozess eine "dringend notwendige Ausdauer" braucht.
Gesetzgebung ist schizophren
Die Menschenhändler zu verurteilen ist nach der Auffassung des Zürcher Geschädigten-Anwalts Marcel Bosonnet aber alles andere als einfach. Die Opfer seien oft die "einzigen Zeugen" und stünden deshalb unter grossem Druck. Sie hätten vor ihren Menschenhändlern oder Zuhältern grosse Angst und verweigerten deswegen oft ihre Aussage.
Vor einer derzeit "schizophrenen Gesetzgebung" sprach am Rande der Veranstaltung Philipp Thommen, Milieu-Fahnder bei der Basler Kantonspolizei, gegenüber OnlineReports. Mache ein potenzielles Frauenhandels-Opfer keine Aussagen, werde es - wegen der illegalen Migration - automatisch zum Täter. Dadurch entwickle sich "ein Spannungsverhältnis zwischen der Migrationspolitik und dem Opferschutz", ergänzte Gruschewaja.
Anwalt Marcel Bosonnet forderte aus diesem Grund "die Entlastung der Opfer". Denn: "Die Geschädigten dürfen im Strafverfahren nicht plötzlich zum Täter werden."
Aufenthaltsbewilligung nur mit Kooperation
Laut Bosonnet können Geschädigte in der Schweiz derzeit eine kurzfristige Aufenthaltsbewilligung für drei Monate erhalten, sofern sie mit den Behörden kooperieren. Allerdings liege die Erteilung einer Bewilligung aber im Ermessen der Migrationsämter.
Um die Problematik zu entschärfen, müsste die Schweiz endlich die Europarats-Konvention unterschreiben, ist Bosonnet überzeugt: Der Europarat ermöglicht Opfern von Menschenhandel nämlich eine Aufenthaltsbewilligung - unabhängig davon, ob sie kooperieren oder nicht.
Diese Meinung teilt auch Doro Winkler vom Frauen-Informationszentrum: "Das geltende Aufenthaltsrecht ist keine Opferschutzmassnahme". Und: "Wir können nicht alles Fehlende auffangen."
Ungleichheiten bekämpfen
Der Weg zum Ziel ist tatsächlich noch weit. Auf die Frage von Moderatorin Cornelia Kazis nach den Meilensteinen, die es noch zu setzen gebe, antwortete der Leitende Staatsanwalt Beat Voser aus Basel-Stadt: "Der Weg liegt noch vor uns und es gibt noch einige Pflöcke einzuschlagen. Der letzte Meilenstein, den wir aber setzen müssen, ist die Überwindung der sozialen und ökonomischen Ungleichheit." Auch Morin stiess gegenüber OnlineReports ins gleiche Horn: "Solange es derart grosse wirtschaftliche Unterschiede gibt, sind die Menschen für Migration anfällig."
Quelle: http://www.onlinereports.ch/Gesellschaf ... 5fd.0.html
Ein Symposium in Basel nennt bis 3'000 Opfer von Menschenhandel in der Schweiz
Von Valerie Zaslawski
Der weltweite Menschenhandel ist ein dunkles Tabu: Bis zu zwei Millionen Menschen werden weltweit gehandelt und ausgebeutet. In Europa werden vor allem Frauen auf den Strich geschickt und so zu weissen Sklavinnen gemacht. Dies das Fazit eines Symposiums in Basel.
"In unserem Land gibt es keine Bewegung und kein Leben", klagte die weissrussische Sozialarbeiterin Irina Gruschewaja gestern Mittwochabend an einer Veranstaltung über Menschenhandel und über die landesweite Kampagne "Euro 08 gegen Frauenhandel". Sie bezeichnete ihren Heimatstaat als ein "systematisch diktatorisches Land, in dem jede Zukunftsperspektive total aussichtslos ist". Kein Wunder, dass die Mädchen wegwollen - ab in den Westen, in dem alles besser sein soll.
Gruschewaja ist seit zehn Jahren Leiterin des Frauenprojekts "Malinowka", das Frauen aufklären und unterstützen will. Ebenso will die Frauenrechtlerin "Licht in ein dunkles Thema" bringen: "Wir wissen alle vom Frauenhandel und schweigen trotzdem. Die Frauen müssen wissen, dass die Welt nicht immer freundlich ist, dass draussen im dunkeln Wald die Wölfe lauern."
Frauenhandel auch in Basel
In der Schweiz arbeiten mindestens 14'000 legal angemeldete Prostituierte. Legal angemeldet zu sein heisst aber nicht immer auch freiwillig hier zu sein: Nach offiziellen Schätzungen sollen zwischen 1'500 und 3'000 Opfer von Menschenhändlern in der Schweiz arbeiten.
"Auch in Basel findet Menschenhandel statt", mahnte der Basler Regierungspräsident und Justizdirektor Guy Morin an der gut besuchten Veranstaltung. Doro Winkler vom Züricher "Frauen-Informationszentrum" (FIZ), die den Frauenhandel bekämpfen und seinen Opfern Schutz zu gewährleisten will, sprach von 13 Basler Opfern, die letztes Jahr in ihrer Institution Hilfe suchten. Sie fügte aber einschränkend hinzu, dass es sich bei dieser Zahl nur um die "Spitze eines Eisberges" handle.
Lockruf mit falschen Versprechungen
Morin schilderte die Geschichte von Jelena aus Osteuropa, die nach Basel kam, um hier als Haushälterin zu arbeiten. Aber ihre Realität sah anders aus: Die Schweizer Familie beutete sie aus und missbrauchte sie sexuell.
Mit falschen Versprechen werden jedes Jahr junge Frauen in die Schweiz gelockt. Hier nehmen die Übeltäter ihren Opfern die Papiere ab und lassen sie unter schlimmsten Umständen arbeiten – wie weisse Sklavinnen. So erging es auch der Ex-Prostituierten Lena aus Rumänien: "Es war schlimmer als im Gefängnis - du bist sein Roboter und musst so viel Geld wie möglich verdienen."
Der Justizdirektor zeigte sich von solchen Erfahrungen betroffen: "Wir müssen uns dafür einsetzen, dass es solche grausamen Geschichten nicht mehr gibt". Zwischen 2000 und 2008, so Morin, gab es jährlich zwischen zwei und elf Verurteilungen wegen Menschenhandel. Doch: "Diese Verurteilungen reichen nicht aus." Morin forderte im "Kampf gegen die Windmühlen" eine "konsequente Verfolgung der Täter". Dabei ist er sich bewusst, dass dieser Prozess eine "dringend notwendige Ausdauer" braucht.
Gesetzgebung ist schizophren
Die Menschenhändler zu verurteilen ist nach der Auffassung des Zürcher Geschädigten-Anwalts Marcel Bosonnet aber alles andere als einfach. Die Opfer seien oft die "einzigen Zeugen" und stünden deshalb unter grossem Druck. Sie hätten vor ihren Menschenhändlern oder Zuhältern grosse Angst und verweigerten deswegen oft ihre Aussage.
Vor einer derzeit "schizophrenen Gesetzgebung" sprach am Rande der Veranstaltung Philipp Thommen, Milieu-Fahnder bei der Basler Kantonspolizei, gegenüber OnlineReports. Mache ein potenzielles Frauenhandels-Opfer keine Aussagen, werde es - wegen der illegalen Migration - automatisch zum Täter. Dadurch entwickle sich "ein Spannungsverhältnis zwischen der Migrationspolitik und dem Opferschutz", ergänzte Gruschewaja.
Anwalt Marcel Bosonnet forderte aus diesem Grund "die Entlastung der Opfer". Denn: "Die Geschädigten dürfen im Strafverfahren nicht plötzlich zum Täter werden."
Aufenthaltsbewilligung nur mit Kooperation
Laut Bosonnet können Geschädigte in der Schweiz derzeit eine kurzfristige Aufenthaltsbewilligung für drei Monate erhalten, sofern sie mit den Behörden kooperieren. Allerdings liege die Erteilung einer Bewilligung aber im Ermessen der Migrationsämter.
Um die Problematik zu entschärfen, müsste die Schweiz endlich die Europarats-Konvention unterschreiben, ist Bosonnet überzeugt: Der Europarat ermöglicht Opfern von Menschenhandel nämlich eine Aufenthaltsbewilligung - unabhängig davon, ob sie kooperieren oder nicht.
Diese Meinung teilt auch Doro Winkler vom Frauen-Informationszentrum: "Das geltende Aufenthaltsrecht ist keine Opferschutzmassnahme". Und: "Wir können nicht alles Fehlende auffangen."
Ungleichheiten bekämpfen
Der Weg zum Ziel ist tatsächlich noch weit. Auf die Frage von Moderatorin Cornelia Kazis nach den Meilensteinen, die es noch zu setzen gebe, antwortete der Leitende Staatsanwalt Beat Voser aus Basel-Stadt: "Der Weg liegt noch vor uns und es gibt noch einige Pflöcke einzuschlagen. Der letzte Meilenstein, den wir aber setzen müssen, ist die Überwindung der sozialen und ökonomischen Ungleichheit." Auch Morin stiess gegenüber OnlineReports ins gleiche Horn: "Solange es derart grosse wirtschaftliche Unterschiede gibt, sind die Menschen für Migration anfällig."
Quelle: http://www.onlinereports.ch/Gesellschaf ... 5fd.0.html
<i>::: Jasmin war SexarbeiterIn, später BetreiberIn und bis Ende 2010 für das Sexworker Forum mit besonderen Engagement in der Öffentlichkeitsarbeit tätig :::</i>
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"Euro 08 gegen Frauenhandel"
Die nationale "Kampagne Euro 08 gegen Frauenhandel" will Menschenrechtsverletzungen in der Schweiz aufdecken. Der Protest startete am Internationalen Frauentag vom 8. März mit Kundgebungen in Basel, Zürich, Bern, Genf und St. Gallen und dauert über die "Euro 08" hinaus bis Ende Juni.
Während des Fussball-Spektakels werden Kampagne-Bilder auf Grossleinwände projiziert. Die EM sei eine "ideale Tribüne", um ein breites Publikum zu erreichen, meinte Bettina Bannwart vom Gleichstellungsbüro Basel.
www.frauenhandeleuro08.ch
Die nationale "Kampagne Euro 08 gegen Frauenhandel" will Menschenrechtsverletzungen in der Schweiz aufdecken. Der Protest startete am Internationalen Frauentag vom 8. März mit Kundgebungen in Basel, Zürich, Bern, Genf und St. Gallen und dauert über die "Euro 08" hinaus bis Ende Juni.
Während des Fussball-Spektakels werden Kampagne-Bilder auf Grossleinwände projiziert. Die EM sei eine "ideale Tribüne", um ein breites Publikum zu erreichen, meinte Bettina Bannwart vom Gleichstellungsbüro Basel.
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Auch sexworker.at verurteilt Menschenhandel in jeglicher Form - nur: Man muss sich bewusst sein, dass freiwillige Sexarbeit absolut nicht mit "Frauenhandel" in einen Topf zu werfen ist! Die Vermischung dieser beiden Begriffe ist mit ein Grund, warum die Öffentlichkeit mit Sexarbeit oft nicht umgehen kann.
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Jurassic Park
Jurassische Regierung will Prostitution gesetzlich regeln
Der Kanton Jura will die Prostitution und den Verkauf pornografischer Gegenstände gesetzlich regeln. Gemäss einem in die Vernehmlassung geschickten Gesetzesentwurf müssen sich Personen, die sich prostituieren wollen, bei der Polizei melden.
(sda) Diese Vorschrift gelte auch in andern Westschweizer Kantonen, teilte die jurassische Regierung am Freitag mit. Meldepflichtig sollen neben den Prostituierten auch die Salonbesitzer werden. Das neue Gesetz legt zudem für das Sexgewerbe Ort, Zeit und Bedingungen fest, unter denen es ausgeübt werden darf.
Nach Polizeiangaben gibt es im Kanton Jura ein Dutzend Salons mit rund 25 Prostituierten. Dazu kommen vier Cabarets, in denen rund 15 Tänzerinnen auftreten. Laut den Behörden wird das in den Cabarets geltende Prostitutionsverbot nicht immer eingehalten.
Strassenprostitution gibt es im Kanton Jura offiziell nicht. Dennoch registrierte die Polizei in letzter Zeit einzelne Fälle.
bielertagblatt.ch/News/Region/111657
Der Kanton Jura will die Prostitution und den Verkauf pornografischer Gegenstände gesetzlich regeln. Gemäss einem in die Vernehmlassung geschickten Gesetzesentwurf müssen sich Personen, die sich prostituieren wollen, bei der Polizei melden.
(sda) Diese Vorschrift gelte auch in andern Westschweizer Kantonen, teilte die jurassische Regierung am Freitag mit. Meldepflichtig sollen neben den Prostituierten auch die Salonbesitzer werden. Das neue Gesetz legt zudem für das Sexgewerbe Ort, Zeit und Bedingungen fest, unter denen es ausgeübt werden darf.
Nach Polizeiangaben gibt es im Kanton Jura ein Dutzend Salons mit rund 25 Prostituierten. Dazu kommen vier Cabarets, in denen rund 15 Tänzerinnen auftreten. Laut den Behörden wird das in den Cabarets geltende Prostitutionsverbot nicht immer eingehalten.
Strassenprostitution gibt es im Kanton Jura offiziell nicht. Dennoch registrierte die Polizei in letzter Zeit einzelne Fälle.
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kl. Grenzverkehr - Prostitutionstourismus Tessin
Schweiz
Ein kleines Dorf mit vier Bordellen
04. Juli 2008, 20:11 – Von René Lenzin
Nur 1300 Einwohner hat die Südtessiner Gemeinde Melano - aber vier Bordelle. Nach lautem Protest der Bevölkerung will der Gemeinderat nun drei der Puffs schliessen.
«Im Rahmen ihrer regelmässigen Aktionen gegen Menschenhandel und Ausbeutung hat die Polizei zwei für Prostitution bekannte Lokale in Chiasso kontrolliert. Kontrolliert wurden 43 Frauen, von denen 8 über ordnungsgemässe Papiere verfügten, 33 gegen das Ausländergesetz verstiessen und 2 nicht anerkannte Dokumente vorwiesen. Keine Besonderheiten sind zu den 91 überprüften Kunden zu vermelden. An der Operation haben 60 Agenten der Kantonspolizei sowie 4 der Spezialeinheit Teseu teilgenommen.»
(Aus einer Pressemitteilung der Tessiner Kantonspolizei vom 29. Juni.)
Solche Communiqués erreichen die Tessiner Medien fast im Wochenrhythmus. Vor allem im südlichen Kantonsteil führt die Polizei häufig Razzien in Bordellen durch und trifft dabei regelmässig auf Prostituierte, die sich illegal in der Schweiz aufhalten. Die meisten stammen aus Brasilien und Osteuropa.
Betroffen ist auch die Gemeinde Melano am Südende des Luganersees. Vier Bordelle gibt es dort. «Das ist ein Bordell auf gut 300 Einwohner», stellt Gemeinderat Antonio Casellini fest. Zu viel, wie er und seine Ratskollegen finden. Sie haben daher beschlossen, die Prostitution in drei der vier Lokale zu unterbinden.
Hand in Hand mit Drogengeschäften
Es gehe bei diesem Entscheid weder um einen «moralischen Kreuzzug», noch verursachten die Bordelle allzu viel Lärm oder andere Störungen, erklärt Casellini. Vielmehr handle es sich um eine Grundsatzfrage. Er ist überzeugt, dass viele der Frauen ausgebeutet würden. Und weil sich die ganze Sache schwarz abspiele, scheffelten die Hintermänner Millionen, die sie nicht versteuerten. Schliesslich, so Casellini, gehe die Prostitution immer Hand in Hand mit Drogengeschäften und anderen kriminellen Aktivitäten.
Die gesetzliche Handhabe für ihr Vorgehen findet die Gemeinde im Bau- und Nutzungsrecht. Die betroffenen Betriebe dürfen laut Casellini zwar Zimmer vermieten, aber Prostitution sei in ihren Räumen untersagt. Gestärkt fühlt sich der Gemeinderat durch einen kürzlichen Entscheid des Verwaltungsgerichts. In einem gleich gelagerten Fall hat dieses ein Prostitutionsverbot der Gemeinde Balerna gestützt. Quasi zum Handeln gezwungen wurde der Gemeinderat zudem durch eine Petition, mit der über 500 Einwohner Melanos die Schliessung der Bordelle fordern.
In den vier einschlägigen Lokalen der Gemeinde hat die Spezialeinheit der Tessiner Polizei gegen Menschenhandel und Ausbeutung (Teseu) zwischen Februar 2006 und Januar 2008 15 Kontrollen durchgeführt. In rund 30 Fällen ist es dabei zu Anzeigen wegen illegaler Prostitution und Verstössen gegen das Ausländergesetz gekommen. Fast die Hälfte der Kontrollen gingen auf das Konto des Onda Blu, das früher Hotel Village au Lac hiess. 21 der dort überprüften Prostituierten kamen aus EU-Staaten, 44 aus Rumänien - für das der freie Personenverkehr noch nicht gilt -, 34 aus Brasilien und 11 aus weiteren Ländern. 19 seien bereits verurteilt worden, wusste der «Corriere del Ticino» zu berichten.
90'000 Franken [56.000 Euro] Miete pro Monat
Wie viele Prostituierte im Tessin insgesamt tätig sind, weiss niemand genau. Rund 460 seien bei der Polizei registriert, sagt Guido Santini, Chefbeamter in der Justiz- und Polizeidirektion und Präsident der kantonalen Überwachungsgruppe Prostitution. Aufgrund der Polizeimeldungen über illegale Sexarbeiterinnen ist jedoch davon auszugehen, dass die effektive Zahl um einiges höher liegt. Die Kunden kämen zu 80 Prozent aus Italien, sagt Santini. Sie genössen hier die Diskretion, die ihnen der Strassenstrich im eigenen Land nicht biete. Casellini geht sogar davon aus, dass die Kunden fast ausschliesslich von jenseits der Grenze stammen. Er zeigt den Ausdruck einer einschlägigen italienischen Website, auf der das Angebot in Melano ausführlich beschrieben ist.
Das ist auch der Grund, weshalb sich die meisten Bordelle im grenznahen Sottoceneri befinden. Doch der Ärger über die Puffs nimmt zu. Paradiso war die erste Gemeinde, die Gegenmassnahmen ergriff, später folgten Chiasso, Balerna, Lugano und nun Melano. Santini begrüsst, dass die Gemeinden die Möglichkeiten des Gesetzes nutzten. In vielen Fällen müssten nun aber die Gerichte entscheiden, denn die Besitzer der Lokale können das Prostitutionsverbot anfechten. Was sie dazu motiviert, zeigt Antonio Casellini mit einer Milchbüchleinrechnung: Der Besitzer des Onda Blu könne den Prostituierten seine 30 Zimmer für 100 Franken [62 Euro] pro Tag vermieten, was pro Monat rund 90'000 Franken einbringe. So viel Umsatz sei mit einem normalen Hotelbetrieb nicht zu erzielen. Trotzdem hofft Casellini, dass der Besitzer auf einen Rekurs verzichtet und versucht, sein wunderbar am See gelegenes Hotel mit «normalen Gästen» zu füllen.
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/sc ... 04099.html
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Ein kleines Dorf mit vier Bordellen
04. Juli 2008, 20:11 – Von René Lenzin
Nur 1300 Einwohner hat die Südtessiner Gemeinde Melano - aber vier Bordelle. Nach lautem Protest der Bevölkerung will der Gemeinderat nun drei der Puffs schliessen.
«Im Rahmen ihrer regelmässigen Aktionen gegen Menschenhandel und Ausbeutung hat die Polizei zwei für Prostitution bekannte Lokale in Chiasso kontrolliert. Kontrolliert wurden 43 Frauen, von denen 8 über ordnungsgemässe Papiere verfügten, 33 gegen das Ausländergesetz verstiessen und 2 nicht anerkannte Dokumente vorwiesen. Keine Besonderheiten sind zu den 91 überprüften Kunden zu vermelden. An der Operation haben 60 Agenten der Kantonspolizei sowie 4 der Spezialeinheit Teseu teilgenommen.»
(Aus einer Pressemitteilung der Tessiner Kantonspolizei vom 29. Juni.)
Solche Communiqués erreichen die Tessiner Medien fast im Wochenrhythmus. Vor allem im südlichen Kantonsteil führt die Polizei häufig Razzien in Bordellen durch und trifft dabei regelmässig auf Prostituierte, die sich illegal in der Schweiz aufhalten. Die meisten stammen aus Brasilien und Osteuropa.
Betroffen ist auch die Gemeinde Melano am Südende des Luganersees. Vier Bordelle gibt es dort. «Das ist ein Bordell auf gut 300 Einwohner», stellt Gemeinderat Antonio Casellini fest. Zu viel, wie er und seine Ratskollegen finden. Sie haben daher beschlossen, die Prostitution in drei der vier Lokale zu unterbinden.
Hand in Hand mit Drogengeschäften
Es gehe bei diesem Entscheid weder um einen «moralischen Kreuzzug», noch verursachten die Bordelle allzu viel Lärm oder andere Störungen, erklärt Casellini. Vielmehr handle es sich um eine Grundsatzfrage. Er ist überzeugt, dass viele der Frauen ausgebeutet würden. Und weil sich die ganze Sache schwarz abspiele, scheffelten die Hintermänner Millionen, die sie nicht versteuerten. Schliesslich, so Casellini, gehe die Prostitution immer Hand in Hand mit Drogengeschäften und anderen kriminellen Aktivitäten.
Die gesetzliche Handhabe für ihr Vorgehen findet die Gemeinde im Bau- und Nutzungsrecht. Die betroffenen Betriebe dürfen laut Casellini zwar Zimmer vermieten, aber Prostitution sei in ihren Räumen untersagt. Gestärkt fühlt sich der Gemeinderat durch einen kürzlichen Entscheid des Verwaltungsgerichts. In einem gleich gelagerten Fall hat dieses ein Prostitutionsverbot der Gemeinde Balerna gestützt. Quasi zum Handeln gezwungen wurde der Gemeinderat zudem durch eine Petition, mit der über 500 Einwohner Melanos die Schliessung der Bordelle fordern.
In den vier einschlägigen Lokalen der Gemeinde hat die Spezialeinheit der Tessiner Polizei gegen Menschenhandel und Ausbeutung (Teseu) zwischen Februar 2006 und Januar 2008 15 Kontrollen durchgeführt. In rund 30 Fällen ist es dabei zu Anzeigen wegen illegaler Prostitution und Verstössen gegen das Ausländergesetz gekommen. Fast die Hälfte der Kontrollen gingen auf das Konto des Onda Blu, das früher Hotel Village au Lac hiess. 21 der dort überprüften Prostituierten kamen aus EU-Staaten, 44 aus Rumänien - für das der freie Personenverkehr noch nicht gilt -, 34 aus Brasilien und 11 aus weiteren Ländern. 19 seien bereits verurteilt worden, wusste der «Corriere del Ticino» zu berichten.
90'000 Franken [56.000 Euro] Miete pro Monat
Wie viele Prostituierte im Tessin insgesamt tätig sind, weiss niemand genau. Rund 460 seien bei der Polizei registriert, sagt Guido Santini, Chefbeamter in der Justiz- und Polizeidirektion und Präsident der kantonalen Überwachungsgruppe Prostitution. Aufgrund der Polizeimeldungen über illegale Sexarbeiterinnen ist jedoch davon auszugehen, dass die effektive Zahl um einiges höher liegt. Die Kunden kämen zu 80 Prozent aus Italien, sagt Santini. Sie genössen hier die Diskretion, die ihnen der Strassenstrich im eigenen Land nicht biete. Casellini geht sogar davon aus, dass die Kunden fast ausschliesslich von jenseits der Grenze stammen. Er zeigt den Ausdruck einer einschlägigen italienischen Website, auf der das Angebot in Melano ausführlich beschrieben ist.
Das ist auch der Grund, weshalb sich die meisten Bordelle im grenznahen Sottoceneri befinden. Doch der Ärger über die Puffs nimmt zu. Paradiso war die erste Gemeinde, die Gegenmassnahmen ergriff, später folgten Chiasso, Balerna, Lugano und nun Melano. Santini begrüsst, dass die Gemeinden die Möglichkeiten des Gesetzes nutzten. In vielen Fällen müssten nun aber die Gerichte entscheiden, denn die Besitzer der Lokale können das Prostitutionsverbot anfechten. Was sie dazu motiviert, zeigt Antonio Casellini mit einer Milchbüchleinrechnung: Der Besitzer des Onda Blu könne den Prostituierten seine 30 Zimmer für 100 Franken [62 Euro] pro Tag vermieten, was pro Monat rund 90'000 Franken einbringe. So viel Umsatz sei mit einem normalen Hotelbetrieb nicht zu erzielen. Trotzdem hofft Casellini, dass der Besitzer auf einen Rekurs verzichtet und versucht, sein wunderbar am See gelegenes Hotel mit «normalen Gästen» zu füllen.
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/sc ... 04099.html
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