Zwangsuntersuchung Schnirchgasse wird immer schlimmer

Abgesehen vom Fehlen der nötigen Hilfsinstitutionen für Sexworker findet hier auch alles Platz, was ihr an bestehenden Einrichtungen auszusetzen habt oder loben wollt
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Zwerg
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Beitrag von Zwerg »

Vielen Dank für Dein Statement - es wird nicht ungehört verklingen (sage ich und grinse mystisch...) - wir sind zur Zeit dabei Informationen zu sammeln um Verbesserungsvorschläge an richtiger Stelle zu deponieren.

Herzliche Grüße

Christian

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JayR
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Beitrag von JayR »

Bin natürlich weder Sexworker noch kenne ich die Verhältnisse in Österreich.

Aber bei uns in Dänemark geht man normalerweise nicht einfach zum Arzt oder zu einer Behörde.
Man macht vorher einen Termin, der auch meist eingehalten wird.
Das führt zu fast leeren Wartezimmern und wenig Zeitverschwendung.

Das System funktioniert überall dort gut, wo es sich um Routineuntersuchungen bzw. -besprechungen handelt. Und das ist doch wohl bei Gesundheitsuntersuchungen von Sexarbeiten der Fall.

LG JayR

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Zwerg
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Beitrag von Zwerg »

Es gibt hier in Wien eine zentrale Untersuchungsstelle. Dort müssen sich registrierte SexarbeiterInnen einmal wöchentlich zur Untersuchung begeben - dadurch die bisweilen doch recht langen Wartezeiten. Eine Untersuchung im privaten Rahmen (bei dem Arzt des Vertrauens) ist derzeit nicht möglich (wird nicht anerkannt)

Mehr Info bzgl. Anmeldung und Prozedur für Wien gültig, unter viewtopic.php?p=28111#28111

Christian

Ellena
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Ich sehe auch die andere Seite...

Beitrag von Ellena »

und ja es ist mir Sicherheit der Personalmangel daran Schuld, daß sich die Umstände für alle Beteiligten verschlechtert hat.

Ich muß ehrlich gestehen, mit einem fertigen Medizinstudium, der langen Zeit der Entbehrungen würd ich mir den Job auf der Untersuchungsstelle sicher nie antun.
Und die Wartezeiten sind nach wie vor enorm, die Nachmittagsöffnung wird kaum verhindert werden können.

Aber was können wir dafür!
Einige Missstände wären leicht zu beseitigen und ich hab schon mehrmals Denkanstösse dazu gegeben, die allerdings nicht bis dato nicht gefruchtet haben.
Zum Beispiel das Aufrufsystem in dem völlig überfüllten und lauten Warteraum wäre viel übersichtlicher, wenn die Mädchen schon bei der Anmeldung erfahren könnten, welchem Untersuchungszimmer sie zugeteilt sind. Es gibt oft sprachliche Probleme mit den Nummern, die ja auf deutsch wesentlich komplizierter sind als in anderen Sprachen...

Oder es gibt keine Hockerl oder eine Bank im Umkleideraum eine wohlbeleibtere Kollegin fiel hin und her in der kleinen *Koje* beim Stiefel aus und anziehen..
Ja @Christian ja man hört alles durch..

Viele Kleinigkeiten mit enorm negativer Wirkung runden das ungute Bild ab.

Liebe Grüße
Ellena
Zuletzt geändert von Ellena am 03.12.2007, 02:44, insgesamt 2-mal geändert.
Nimm deine Mitmenschen wie sie sind,-
denn es gibt keine Anderen.... ; )

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Re: Ich sehe auch die andere Seite...

Beitrag von Zwerg »

Ellena hat geschrieben:Ja @Christian ja man hört alles durch..
Viele Kleinigkeiten mit enorm negativer Wirkung runden das ungute Bild ab.
Ist irgendwie unfassbar - das Mithören der Diagnosen der anderen SexarbeiterInnen war einer der Hauptkritikpunkte in der vorherigen Einrichtung (Neutorgasse) - damals gab es ja, so viel ich weiß, nur einen Vorhang zwischen den "Untersuchungsplätzen". Heute wird zwar jede SexarbeiterIn einzeln aufgerufen, aber die Türe zur Umkleidekabine (wo sich bereits die nächste SW vorbereitet) ist so beschaffen, dass man mithören kann.....

Nächste Woche habe ich noch einige Termine diesbezüglich - ich werde sie gesammelt weiter leiten. Ich hoffe, dass man da was machen kann.

Wie Ellena schon sagt: Zum Teil "Kleinigkeiten" (wobei das Mithören finde ich absolut unakzeptabel) aber die summieren sich zu einem Unwohlsein, welches nicht sein müsste.

Sollte es wirklich jemals in Österreich so weit kommen, dass Sexarbeit legal wird (manche Bereiche sind es ja nicht, weil nach dem Buchstaben des Gesetzes nicht durchführbar) - und wir weiterhin nur diese eine Untersuchungsstelle haben, dann befürchte ich Folgendes: Durch die Legalität werden sich auch die Frauen registrieren, die bisher aus den verschiedensten Gründen (Beispiel Escort?) nicht registrieren lassen konnten und eine Strafe in Kauf genommen haben (Geheimprostitution). Ist schon klar, dass dies nicht Alle tun werden - aber doch Einige. Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass sich dadurch die Zahl der Untersuchenden verdoppeln würde, brauche ich nicht mehr weiterdenken, wer hier den Schaden hat. Mit Sicherheit das Personal der Untersuchungsstelle aber auch die SexarbeiterInnen, die bemüht sind, Ihren Beruf auf legale Art und Weise auszuüben.

Das kann so nicht funktionieren! Da muss es eine andere Lösung geben. Für mich ist es auch nahezu unterträglich zu hören, dass manche Frauen bis zu 4 Stunden bei der Untersuchung (inkl. Wartezeiten) verbringen. Wie @lacklady richtig schreibt. Es gibt Frauen, welche die Sexarbeit als Zweitberuf ausüben. Man sollte doch die Frauen und Männer, die bereit sind trotz der widrigen Umstände dem Gesetz genüge zu tun, so weit wie möglich unterstützen.

Christian

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Beitrag von ex-oberelfe »

Vor allem sollte auch hier die Diskretion gewahrt bleiben...
Wenn ich daran nur denke, wie oft die SW vor der Untersuchungsstelle Schlange gestanden sind...ein Greuel.
Die Wahrung der Intimsphäre, Freundlichkeit am Empfang, mehrsprachige Mitarbeiter/innen, Sozialarbeiter/innen wären wichtige Punkte und Kriterien, auch die Öffnungszeiten sollten freundlicher gestaltet werden...Anmeldefrist um halb zwölf???
Das kann doch bei dem Ansturm kaum funktionieren, ist doch logisch oder?
<i>::: Jasmin war SexarbeiterIn, später BetreiberIn und bis Ende 2010 für das Sexworker Forum mit besonderen Engagement in der Öffentlichkeitsarbeit tätig :::</i>

Franc
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Beitrag von Franc »

da ich den standort kenne, kann ich den argumentationen nur zu stimmen.
aus meiner sicht wird sich jedoch leider in absehbarer zukunft auch nicht sehr viel ändern, denn die entscheidungen werden ja nach meinem wissen doch von den "männlichen" politikern getroffen, und kann mir daher nicht vorstellen, dass sich einer der abgeordneten geziehlt mit dem thema beschäftigen und einlassen wird.

mfg. Franc

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Beitrag von Zwerg »

Ein leicht vergrummelter Christian ist gerade von der Untersuchungsstelle (Klestilplatz) ins Büro zurückgekehrt.... Um 8 Uhr ausgerückt und um 14 Uhr wieder am Arbeitsplatz.... - irgendwie sind das 6 Stunden - davon mehr als 4 Stunden Wartezeit zwischen den Untersuchungen (die allesamt nicht mehr als 25 Minuten in Anspruch genommen haben) - wie man in Wien zu sagen pflegt - "des kann nix"

Am Abend gibt es einen genaueren Bericht von meiner Expedition zur Untersuchungsstelle für Kontrollprostituierte (alleine das Wort lässt mich schaudern).

Christian

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Beitrag von Zwerg »

Nun gut - Hier nun meine Eindrücke von meinem heutigen Besuch...

Ich möchte vorausschicken: Keiner meiner Kritikpunkte betrifft das Personal! Die Leute dort versuchen meines Erachtens ihren Job zu machen - so gut wie sie können - nur, der Job ist scheinbar nicht machbar - nicht in dieser Form, nicht unter diesen Bedingungen und vor Allem: Nicht innerhalb der derzeit vorgeschriebenen Zeitspannen!

Um 8:15 betraten wir (die aus Polen stammende SexarbeiterIn, welche ich begleiten durfte und ich) die Räume der Untersuchungsstelle. Vorher reichlich Ärger, da in der Gegend Parkmöglichkeiten "in freier Wildbahn" nicht zu finden sind. Natürlich kann man sich auch in die Tiefgarage stellen, nur 2 Euro pro Stunde will man nicht unbedingt bezahlen (speziell wenn man ein Parkpickerl hat und umsonst parken könnte, sofern man einen Parkplatz findet)

Hm, betraten die Untersuchungsstelle ist eigentlich unrichtig - die Schlange vor dem Schalter war bereits so lange (ca. 35 Frauen vor uns), dass wir gerade noch unterhalb der Überdachung Platz fanden. Wären wir 10 Minuten später gekommen, hätten wir den Regen in vollen Zügen genießen können. Na gut, die 40 Minuten die es dauerte, bis die Warteschlange uns letztendlich vor den Schalter geschoben hat, vergingen beinahe wie im Flug - irgendwie war unsere Stimmung recht gut. Durch die positiven Erlebnisse in der Meldestelle am Vortag gab es keinen Grund etwas negativ zu sehen.

Die Dame am Empfangsschalter bemühte sich sichtlich die Wartezeit nicht zu verlängern, aber der Job ist sicherlich auch nicht leicht. Speziell wenn es darum geht, dass man doch bei jeder neuen "Kontrollprostituierten" (wer hat sich bloß diesen Ausdruck ausgedacht) den Betrag von 21 Euro und 1 Cent zu kassieren. Da die dort vorstellig werdenden SexarbeiterInnen der deutschen Sprache oft nur mangelhaft mächtig sind, nicht einfach. Auch diese Hürde wurde von uns genommen und wir wurden angewiesen im 1. Stock zu warten, bis unsere Nummer (20) aufgerufen werden würde.

Im Nachhinein hatten wir Glück (kann aber auch sein, dass man als "Neue" automatisch in den ersten Stock verwiesen wird) - im unteren Teil des Gebäudes gibt es auch einen großen Wartesaal der V-Förmig angelegt ist, mit mehreren Untersuchungszimmern. Dort ist das Chaos, welches schon manche UserIn hier geschildert hat, wahrhaft zu fühlen.

Wir haben uns also in den ersten Stock begeben und nahmen in einem Raum, in dem schon ca. 20 SexarbeiterInnen warteten Platz. Irgendwie habe ich das System nicht durchblicken können. Die Nummern werden nach nicht nachvollziehbarer Ordnung aufgerufen. Zuerst kam die 89 dann die 1 (war nicht da) worauf dann die 15 folgte und dann wieder 85.... - aber vielleicht dient es auch dazu, dass man durch die Spannung (kommt man dran oder nicht) die Zeit ein wenig aus den Augen verliert.....

Nach ca. 20 Minuten waren wir dran. Die SozialarbeiterIn (welche mich von der Fachtagung Prostitution kannte) hat ausnahmsweise erlaubt, dass ich bei der Besprechung dabei bin (ich habe auch so gut wie möglich versucht als Übersetzer zu fungieren, da in der Untersuchungsstelle keine Informationsmaterialien in Fremdsprachen aufliegen ist dies auch bitter nötig). Das Gespräch selbst war freundlich und kompetent. Es kamen auch (bedingt durch meine Anwesenheit) einige Kritikpunkte zur Sprache (fehlende Ablagemöglichkeit, bzw. Sitzmöglichkeit im Umkleideraum, offensichtlich nicht sexarbeitende Männer in der Untersuchungsstelle, Wartezeiten usw.). Nach ca. 15 Minuten war das Gespräch beendet und wir nahmen wieder unsere Wartetätigkeit auf.....

...... 1 Stunde
...... 2 Stunden
...... 3 Stunden (mittlerweile ist es 12 Uhr Mittags - wir befinden uns seit fast 4 Stunden hier) - Beachtet bitte: Weggehen gibts nicht, man könnte ja aufgerufen werden.....

Um 12 Uhr dann die eigentliche Untersuchung (bei der ich verständlicher Weise nicht anwesend war - über die mir jedoch von C. berichtet wurde) - Abstriche wurden gemacht (Oral, Vaginal, Anal) Blut wurde entnommen - die Haut wurde in Augenschein genommen und das wars dann auch schon - wurde als fachlich in Ordnung beschrieben. Auch C. hatte den Eindruck, dass die MitarbeiterInnen über Alles "bemüht" sind. Sie machen Ihren Job gut - so gut es geht - nur sind sie restlos überfordert. Es sind zu viele SexarbeiterInnen die hier untersucht werden - meiner Meinung nach in viel zu kurzen Abständen. Man wird der Situation nicht Herr! Hier sollten sich die entscheidenden Personen vor Ort ein Bild machen - nicht nur einen Blick - sie sollten Jemand begleiten - 4 Stunden mitwarten - und dann noch einmal überdenken, ob man dies den Frauen wöchentlich (wenn überhaupt) zumuten kann.

Nun gut - ich will auch etwas sehr Positives berichten - ich habe auf der Kontrollstelle unsere Ellena wieder gesehen und kurz mit ihr geplaudert. Zur Zeit schwimme ich ein wenig zwischen meinen "Terminen" und so finde ich nicht wirklich die Muse die Dinge zu erledigen, die mir am Herzen liegen, die Leute zu treffen, die für mich Vorbildfunktion haben - unsere Ellena gehört dazu! Ich mag die Frau! Von diesem Standpunkt aus, war der Vormittag ein Highlight - aber leider nur von diesem Standpunkt aus.....

Ich konnte auch kurz ein Gespräch mit einer der untersuchenden ÄrztInnen belauschen - (ca. 11 Uhr - sie hastet zur Toilette - und ihm vorbeirauschen zu einer SW "endlich komme ich dazu....") - die Frau tut ihr Bestes - ihr ist kein Vorwurf zu machen - aber das System beginnt für mich spätestens zu diesem Zeitpunkt an mächtig zu stinken. Fließbandarbeit für ÄrztInnen - kann es da noch Zeit geben für Fragen einer SW? Kommt da wirklich ein Vertrauen auf? Oder ist es vielmehr eine "Fleischbeschau" bei der sowohl die SexarbeiterIn, als auch das Personal und nicht zuletzt die ÄrztInnen auf der Strecke bleiben? Ich neige dazu es so zu sehen.

Nach der Untersuchung noch zum Lungenröntgen (im gegenüberliegenden Gebäude) und das wars dann. Zusammenfassend kann man sagen: 15 Minuten Gespräch mit einer SozialarbeiterIn - 10 Minuten Untersuchung - 3 Minuten Röntgen - und zusammen 4 Stunden Wartezeit....

Als kleines Schmankerl am Rande: Das sich dort diverse Typen herumtreiben, ist ja schon mehrfach gesagt worden. Ich habe auch dieses Problem kurz angesprochen. Man ist sich dieses Problemes bewusst und schreitet auch ein. Auch in meinem Fall. Um 12 Uhr wurde ich von einem Sozialarbeiter angewiesen die Räumlichkeiten zu verlassen - mein höflicher Einwand, das Frau AmtsRätIn Mag.a Mayer ausdrücklich meinte, dass meine Anwesenheit nicht als störend empfunden wurde, wurde mit "interessiert mich nicht", abgetan und der Hinweis auf sexworker.at mit einem Schulterzucken..... also verließ ich (wir waren ja ohnehin schon fertig, ich wollte mich nur von Ellena verabschieden, die Räumlichkeiten - aber ist OK - nur würde ich mir wünschen, dass generell "Nicht-SexarbeiterInnen" keinen Zutritt erhalten sollten. --- (neben mir stand ein junges Pärchen (er offensichtlich kein Sexarbeiter!) und küsste und liebkoste sich innig, in den Räumen der Kontrollstelle - doch dies schien Niemand zu stören....)

Zusammenfassend: Daumen hoch für das Personal, die BeamtInnen und vor Allem für die Ärzte

Ein Nichtgenügend für das System!!!

Das kann nicht funktionieren - und das wird definitiv noch schlechter - die Zahl der SexarbeiteIinnen die sich registrieren wird größer werden, wenn wir wirklich eines Tages es schaffen, diesen Beruf aus der Grauzone herauszuführen (den Mut haben die "Sittenwidrigkeit" aufzuheben) - dann kollabiert dieses System

Christian
Möchte mich hier auch bei C. bedanken, dass sie mir erlaubt hat sie zu begleiten und die genannten Eindrücke zu gewinnen.
Zwerg

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Notfälle: ++43 (0)676 413 32 23

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Beitrag von Zwerg »

CK hat geschrieben:Wenn ich nur lese, dass in Österreich der Sexworker jede Woche zur Genitalinspektion muss um noch arbeiten zu dürfen, da würde ich auch auf Papa Staat, seine Schikanen und besonders auf seine kleptokratische Fiskalmafia scheissen
Ich empfinde ähnlich - möchte aber trotzdem (zum Missfallen Einiger) darauf hinweisen, dass ich bei etlichen Gesprächen mit in Österreich tätigen SexarbeiterInnen nicht den Eindruck gewonnen habe, dass die verpflichtende Untersuchung das große Problem ist - die Art der Untersuchung ist es vorrangig - man muss zum "Amt" und darf nicht den Arzt seines Vertrauens konsultieren - dass ist das hauptsächliche Problem, welches unsere SexarbeiterInnen (zu dem Thema) benennen (neben vielen anderen Problemen).

Die verpflichtende Untersuchung selbst ist auch in meinen Augen höchst problematisch, aber hier habe ich mittlerweile gelernt, dass "meine Gedanken zu einem Thema" nicht unbedingt die Gedanken einer SexarbeiterIn sein müssen und habe auf Grund dessen meine Argumentation (wegen meiner Aufgabe das Forum (und somit seine UserInnen) nach Außen zu vertreten) umgestellt.

Liebe Grüße

Christian

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Beitrag von CK »

Zwerg hat geschrieben: Ich empfinde ähnlich - möchte aber trotzdem (zum Missfallen Einiger) darauf hinweisen, dass ich bei etlichen Gesprächen mit in Österreich tätigen SexarbeiterInnen nicht den Eindruck gewonnen habe, dass die verpflichtende Untersuchung das große Problem ist - die Art der Untersuchung ist es vorrangig - man muss zum "Amt" und darf nicht den Arzt seines Vertrauens konsultieren - dass ist das hauptsächliche Problem, welches unsere SexarbeiterInnen (zu dem Thema) benennen (neben vielen anderen Problemen).

Die verpflichtende Untersuchung selbst ist auch in meinen Augen höchst problematisch, aber hier habe ich mittlerweile gelernt, dass "meine Gedanken zu einem Thema" nicht unbedingt die Gedanken einer SexarbeiterIn sein müssen und habe auf Grund dessen meine Argumentation (wegen meiner Aufgabe das Forum (und somit seine UserInnen) nach Außen zu vertreten) umgestellt.

Liebe Grüße

Christian
Ja, aber selbst wenn Du zum Arzt Deines Vertrauen gehen darfst, kostet Dich das a) immer noch Geld, b) Zeit und c) macht es doch keinen Spaß wie ein unmündiges Kind behandelt zu werden.

Und was macht man wenn man in Urlaub fährt ? Dann muss man das beim Amt angeben oder wie ? Also ich persönlich würde das als Schikane empfinden.

Hinzu kommt bei mir eine politisch sehr liberale Einstellung hin zu Freiheit und Eigenverantwortung, auch was das Gesundheitswesen angeht. Damit mache ich mir zwar auch hier in Luxemburg nicht soviele Freunde (das ist nunmal eher ne angelsächsische Tradition), aber ich habe halt ne klare Vorstellung davon was die Aufgaben des Staates sind und was nicht. Aber nun gut, hier ist ein SW-Forum und kein Politikforum. Würde auch nicht unbedingt sagen, dass ich ein Minarchist bin, aber meine Einstellung geht schon sehr in diese Richtung.
Ich zitiere ja auch gerne Friedrich von Hayek :003

Beim Thema Drogen sollte sich der Staat übrigens auch raushalten, die Drogenpolitik, im Ausland sogar zum Krieg ausgeartet, ist genauso bekloppt, mein Körper ist mein Körper (aber momentan haben die Themen Prostitution und Abtreibung erstmal Vorrang, da muss ich meine Heimat noch Richtung Freiheit bringen, ich habe also noch genug zu tun ...)

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Beitrag von Zwerg »

CK hat geschrieben:Und was macht man wenn man in Urlaub fährt ? Dann muss man das beim Amt angeben oder wie ?
Vollkommen richtig - und zwar schriftlich (!) - telefonisch gilt nicht - eine Postkarte, Brief bzw. Fax muss es sein - ich denke auch Mails sind nicht erlaubt.

Ich erlaube mir diesen Teil der Diskussion in den Bereich "Untersuchungsszenario Neutargasse - es wird immer schlimmer" zu verschieben

CK
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Beitrag von CK »

Ich wage mal eine böse Frage zu stellen: Was mischt sich der Staat hier überhaupt ein ? Warum werden nicht gleich noch alle Kunden zum Arzt geschickt ? Nee, ist doch wahr. Ich meine, im Endeffekt kommt es ja allen Freiern entgegen, sie haben so mehr medizinische Sicherheit, aber ich kann persönlich nicht damit leben, dass wegen mir gegen andere Leute Zwang welcher Art auch immer angewendet wird. Ich lebe nunmal nach dem libertären Nichtagressionsprinzip.

Jede Prostituierte sollte sich um ihre Gesundheit selber kümmern, wie egtl. jeder Bürger, von wenigen Extremfällen (Junkies usw.) mal ausgenommen. Schon klar, dass sich da der Staat besser einschaltet, aber die meisten Leute können nunmal problemlos am besten für sich selber sorgen. Wie effizient würde der Sozialstaat wohl arbeiten, würde er nur denen helfen, die wirklich ohne ihn nicht auskommen ?

Denkbar wäre natürlich, dass eine oder mehrere Prostituiertenorganisationen einen Arzt auf eigene Faust einstellen. So wie das ganz früher in den USA mit den Logenärzten der Fall war. Dieses Modell funktionierte nämlich sehr gut, bis das Monopol des Wohlfahrtsstaates geboren wurde, was heute bekanntlich marode ist ...

Roderick Long hat dazu mal was geschrieben:
http://zine.paxx.tv/?p=20

Aber hauptsache die Planwirtschaft geht weiter. Daran ist zwar schon der Staatssozialismus bekanntlich zugrunde gegangen, aber bei uns im Westen wird das natürlich schon klappen. Ist alles notwendig, weil die Bürger sind alle unfähig und unmündig und brauchen das halt so ...

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Re: Logenärzte

Beitrag von Zwerg »

CK hat geschrieben:Denkbar wäre natürlich, dass eine oder mehrere Prostituiertenorganisationen einen Arzt auf eigene Faust einstellen.
Es wäre schön, wenn es eine SexarbeiterInnenorganisation gäbe - da sieht es meines Wissens in Österreich ganz düster aus - und auf Anhieb fällt mir auch in D keine ein

Mit ein Grund warum wir hier versuchen das Forum über das Internet hinaus zu sehen und uns aktiv ins Geschehen - sowohl gesellschaftlich wie auch politisch - beteiligen.

Zur Zeit steht der Staat in Ö auf dem Standpunkt, dass die Untersuchung (in Wien) von einer Amtsärztin in den Amtsgebäuden durchzuführen ist - selbst wenn eine SexarbeiterIn einen aktuellen Befund Ihres Hausarztes vorlegt muss die Kontrolle durchgeführt werden.

Die Problematik dabei ist (siehe Thread weiter oben) dass die Leute zwar kompetent sind, aber restlos überfordert - ich selbst habe bereits mehrstündige Wartezeiten in der hiesigen Untersuchungsstelle für Kontrollprostituierte (das Wort muss man sich auf der Zunge zergehen lassen) verbracht.

Mich schaudert zum Beispiel beim Gedanken an den kommenden Dienstag - weil Montag Feiertag, müssen alle SexarbeiterInnen am nachfolgenden Werktag die Untersuchung durchführen lassen - also Dienstag ist dann wieder "Full House" - doppelte Anzahl von zu untersuchenden SexarbeiterInnen (bei gleichbleibenden Personalstand)

Christian

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Beitrag von ETMC »

Leider gibt es wiedereinmal schlecht Nachrichten für Sexworker/innen in Wien:
Wer auch nur 1x die Untersuchung ausläßt und sich nicht abmeldet (Urlaub, etc) muß in Zukunft mit einer saftigen Strafe und mit einer ca 3 wöchigen Pause rechnen.

Ich kann zwar verstehen, daß dem Gesetz genüge getan werden muß, es sind nun mal die Spielregeln, dass diese Untersuchung vorgeschrieben ist ...

ABER:::::

Wenn man bedenkt, daß heute in Wien die meisten SW von der Hand in den Mund leben - kann man sich denken wozu diese Vorgehensweise der meist uniformierten Beamten bei Kontrollen führen wird....

Eigentlich legale SW werden wieder in die Illegalität gedrängt und wenn man die SW Szene in Wien auch nur ein ganz klein wenig kennt wird es über kurz oder lang dazu fürhren, daß die legal arbeitenden SW sich auch nicht mehr kontrollieren lassen.

Wer auch immer sich diese drakonischen Strafen ausgedacht hat - an den sei appeliert - Es ist der falsche Weg - er zwingt legale SW dazu das Überleben durch weiterführen der Arbeit ohne Kontrollkarte sicherzustellen und somit illegal zu arbeiten.

Betreiber wissen es oft auch nicht ob eine SW die die Kontrollkarte hat - diese kurzfristig nicht hat - da die Kontrolle der Karte ja nicht wirklich bei einer freien SW durchgeführt werden darf, seitens der Betriebe.

Wiedereinmal verstehe ich den wiehernden Amstschimmel nicht der doch froh sein müßte, daß es zumindest 20% der SW sind die sich registrieren lassen. Ein wenig mehr Menschlichkeit und ein wenig mehr Wissen um die Sorgen und Nöte der SW wäre in diesem Falle sicher der bessere Weg.

Traurig aber wahr - für SW gilt eben nicht was für andere gilt - es wäre wirklich an der Zeit eine Art Interessensvertretung der SW in Wien und AT zu gründen, damit nicht immer Amtsentscheidungen ohne Parteiengehör getroffen werden, die Meilenweit an der Realität vorbeigehen.

Anzumerken sei noch, daß es nicht eine bei uns eingemietete SW betroffen hat, sondern eine gute Bekannte, dich ich gestern zufällig traf...
liebe Grüsse
ETMC
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Wer Freiheiten aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.
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Beitrag von Zwerg »

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ETMC hat geschrieben: Wer auch nur 1x die Untersuchung ausläßt und sich nicht abmeldet (Urlaub, etc) muß in Zukunft mit einer saftigen Strafe und mit einer ca 3 wöchigen Pause rechnen..
Werden diese Strafen kategorisch verhängt - oder wenn die SexarbeiterIn ohne Karte (arbeitend) erwischt wird?

Christian

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ein Problem auch international. So hat auch die internationale SW-Interessenvertretung www.NSWP.org dazu Stellung bezogen:


Mandatory STI testing violates sex workers' rights to affordable and accessible healthcare:

http://www.nswp.org/safety/100percent.html
(runter scollen)





.

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Beitrag von ETMC »

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Zwerg hat geschrieben:Bild
ETMC hat geschrieben: Wer auch nur 1x die Untersuchung ausläßt und sich nicht abmeldet (Urlaub, etc) muß in Zukunft mit einer saftigen Strafe und mit einer ca 3 wöchigen Pause rechnen..
Werden diese Strafen kategorisch verhängt - oder wenn die SexarbeiterIn ohne Karte (arbeitend) erwischt wird?

Christian
soweit mir erzählt wurde werden die strafen dann verhängt wenn auch nur 1 stempel bei der karte fehlt soll heißen SW hat die karte bei sich - aber der stempel fehlt für den letzten untersuchungstermin - die karte wird abgenommen (von der Polizei) und an den Deutschmeisterplatz geschickt und von dort zur Untersuchungsstelle.....
liebe Grüsse
ETMC
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Beitrag von Zwerg »

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ETMC hat geschrieben:
soweit mir erzählt wurde werden die strafen dann verhängt wenn auch nur 1 stempel bei der karte fehlt soll heißen SW hat die karte bei sich - aber der stempel fehlt für den letzten untersuchungstermin - die karte wird abgenommen (von der Polizei) und an den Deutschmeisterplatz geschickt und von dort zur Untersuchungsstelle.....
Kann ich leider bestätigen - diese Handlungsweise der hiesigen Behörden ist derart kontraproduktiv, dass mir jedes Verständnis fehlt.

Christian

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Beitrag von ex-oberelfe »

Wäre es nicht sinnvoll, mit den Behörden mal einen runden Tisch zu machen, bevor sie irgendwelche neuen Regelungen wieder über unseren Kopf weg entscheiden?
Gibt es diesbezüglich schon Fortschritte.
Die Regelungen sind nicht nur diskriminierend sondern zudem fördern sie, so wie ETMC bereits erwähnt nur, dass SW ihre Karte komplett abgeben und in die Illegalität gedrängt werden.
Das wird wohl kaum Sinn der Sache sein.
LG OE
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