Ein Erlebnisbericht

Hier könnt Ihr Eure Erlebnisse und Eure Gedanken zum Thema "Sexarbeit mit behinderten Kunden" aber auch "behinderte SexarbeiterInnen" posten, oder Anregungen holen, wie man mit dem sicherlich sensiblen Themen umgehen kann bzw. soll.
JennyHN
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Ein Erlebnisbericht

Beitrag von JennyHN »

Kürzlich hatte ich mit Rolliman eine Mail-Unterhaltung über ein Erlebnis, das ich mit einem Gast mit Muskelathropie hatte. Er bat mich dringendst, dieses Erlebnis zu publizieren, um auch anderen Menschen klar zu machen, daß es ÜBERALL schwarz und weiß gibt – und um anderen Behinderten zu verdeutlichen, wie es NICHT sein sollte.

Ich möchte betonen, daß dies ein Einzellfall war und ich hiermit keinesfalls ein allgemeines, „schlechtes Licht“ auf Behinderte werfen möchte.
Ich mache sehr gerne Termine mit behinderten Menschen und werde ihnen auch weiterhin offen begegnen.
Aber auch unter Behinderten scheint es Menschen zu geben, die nicht einsehen wollen, daß ein behinderter Mensch trotzdem ein Mensch bleibt – und daß er dadurch nicht alle Freiheiten erlangt, die er gerne hätte....
Rolliman sieht in meinem Erlebnis ein gutes Beispiel, wie auch Betroffene oft versuchen, auf „Mitleidstour“ zu reiten und Grenzen zu sprengen versuchen.


Teil 1
Irgendwann im letzten Jahr schrieb mich ein Spanier an.
Sein Deutsch war etwas holprig und ich hatte anfangs den Impuls, ihn als „Verarscher“ wegzulöschen.
Bereits in den ersten Mails schien Dominanz durch und es war klar, daß er versuchen würde, die Regeln zu bestimmen. Ansich hätte ich direkt klar reagieren müssen – tat es aber nicht.

Muskelathropie bedeutete in seinem Fall, daß ein Mann knapp über 40, völlig ohne jedwelches Vorhandensein von Muskeln bewegungslos sein Leben verbringt.
Er ist verheiratet; hat Kinder; ist voll berufstätig in einem Job, der sich mit der einzigen Bewegung, die er noch kann, bewältigen läßt: mit einem Fingerzucken.
Sein Fühlen und seine Potenz sind unbeeinträchtigt; sein Körper schwach, dürr und ausgemergelt; Blase und Darm dicht und funktionsfähig.

Nach einigen Mails war ich vorsichtig bereit, für das von ihm angestrebte Treffen unter gewissen Bedingungen auch die fast 400km zu fahren.
Ich sagte ihm meinen Pauschalpreis für 5-6 Stunden, der für Fußgänger darauf beruht, daß man nicht dauer-poppt, sondern auch Dinge außerhalb des Bettes tut.
Ich dachte, wir würden Zeit benötigen für an- und ausziehen und auch das Kennenlernen. Somit war der Preis in guter Relation – dachte ich.
Für meine Anfahrt möchte ich ansich 1€ pro km, auch in Anbetracht der Fahrtzeit.
Bei ihm machte ich eine Ausnahme und rechnete den reinen Spritpreis.
Und DIESEN zzgl. einem kleinen Teil des Honorars wollte ich auf mein Konto überwiesen bekommen; 14 Tage VOR dem Termin. Den Rest des Honorars beim Treffen in Bar.

Er organisierte ein Behinderten-Zimmer im Hotel; einen Lifter von einem Verleih ins Zimmer und seinen Fahrdienst.
Und er mailte laufend.
War mir fast schon ein bißchen zu viel des Guten.

Ich kaufte mir ein Navi und kam dann trotzdem völlig erschöpft zum Termin. War eine lange Fahrt mit viel Stau und ich war etwa 4min. zu spät.
ER hatte mich bereits angerufen und gefragt, wo ich sei......

Im Hotel tranken wir erst mal Kaffee. Ich organisierte einen Strohhalm; mußte dann einchecken in seinem Namen und mit seinem Geld bezahlen.
Im Zimmer durfte ich mir mein Geld aus seinem Portemonnaie nehmen und sollte ihn dann irgendwie ins Bett bekommen.

Ich mach das immer so, daß ich viel frage. Der Betroffene WEIß im Normalfall, wie er im Alltag bewegt wird; womit man beim Ausziehen am Günstigsten anfängt und wie man ihn dreht und anfaßt, um unkompliziert und zügig diese Dinge zu tun.
ER stellte sich dumm.

Ich soll halt mal irgendwie machen, meinte er. ER wisse nicht, womit sonst begonnen wird. Wir könnten ihn ja mal angezogen ins Bett legen; oder doch vorher obenrum ausziehen? Oder vielleicht die Schuhe? Oder doch nicht? Oder – erst mal Wasser trinken....
So dauerte alleine das „ins Bett legen“ gut 45min. – wenn nicht länger.
Gut, er ist heftigst potent und er forderte in 5 – 6 Entspannungen auf unterschiedliche Arten. Da er sich überhaupt nicht bewegen kann, war das Bewegen alleine meine Aufgabe. Die verschiedenen Stellungen umzusetzen, die er sich wünschte, war aufgrund seiner Kontraproduktivität nicht leichter.

Da dies das erste Treffen war, fühlte auch ich mich noch unsicher im Umgang mit ihm.
Man neigt dazu, das Gefühl zu haben, am Zeitverlust einen Anteil zu haben; durch fehlende Routine in „alltäglichen Abläufen“ mit verantwortlich zu sein, wenn das ebenfalls Zeit braucht.
So wird man nachsichtig und großzügig mit der vereinbarten Zeit und zeigt Verständnis, wenn der Gegenüber doch soooo gerne noch dieses oder jenes möchte.

Letztlich ging es wieder ans Anziehen.
Beim 1. Treffen trug er Kleidung zum „reinschlüpfen“ aber schien ja nicht bereit zu sein, mir klare Anweisungen zu geben, damit das reibungslos laufen konnte – so brauchte auch das Anziehen Ewigkeiten. Dann die richtige Sitzposition im Rolli – den einfachsten Weg erklärte er mir erst, als ich vom Zerren an ihm kaum noch Kraft hatte.
Dann wollte er noch das Gesicht gewaschen bekommen; nachdem ich ja zuvor im noch nackten Zustand bereits sein Geschlecht gewaschen hatte.
Dann noch hier zupfen und dort zupfen. Nichts war richtig; überall mußte die Kleidung hin und her gerichtet werden.
Nun dauerte das Treffen bereits 7 Stunden.

Da er seinen Fahrdienst angeblich nicht vor 23h ordern hatte können, tranken wir dann für meine lange Heimfahrt noch einen Kaffee...

Auf der Heimfahrt hatte ich mich geärgert. Vereinbarte 5-6 Std.; tatsächliche 7 zuzüglich 1 Stunde am Ende für Kaffee; 6 Std. oder mehr für Fahrtzeit.
Ich war erschöpft und fertig und irgendwie auch traurig, daß er es mir so schwer gemacht hatte.
Ich war sauer auf mich selbst, weil ich vielleicht mit mehr Wissen hätte routinierter sein können (was aber bisher nie notwendig war, weil andere Behinderte mir immer gern gesagt hatten, wie sie mit welchen Griffen gedreht; angezogen; behandelt werden wollen).
Ich fragte mich, ob ich hätte klarere Grenzen setzen sollen.
Ich dachte, gut, es war das erste Treffen. Da braucht man immer mehr Zeit. Auch wg. der Aufregung und zum Kennenlernen.
Und ansich hatten wir ja auch viel Zeit mit „nicht-sexuellem“ verbraucht.
Und eigentlich war er ja nicht „un-nett“.
Und er war ja auch so verbittert.... – Hatte mir von seiner Ehe erzählt; von Gefühlskälte und Einsamkeit....
Ich war völlig im Widerstreit zwischen Wut über Grenzverletzungen und Verständnis, weil .... – ich möchte nicht mit ihm tauschen.

Und so war ich dann gut 14 Stunden unterwegs.....
Polygamie ist nicht unmoralisch.
Aber das Vertrauen und die Gesundheit liebender Partner zu mißbrauchen, schon....

JennyHN
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Beitrag von JennyHN »

Teil 2


Nach dem Treffen kamen weiterhin Mails.
Wenn ich einen Mann wie ihn wöllte....
Er hätte gerne eine Frau wie mich....
Wie einsam er sei....
Wie sehr er sich auf das nächste Treffen freuen würde....
Er halte es kaum aus ohne mich.....
Bereits im Oktober schrieb er mir, er würde mir das Geld für das nächste Treffen Mitte Januar dann zum 1.1. überweisen.

Klar waren ja meine Bedingungen bereits zum ersten Treffen vereinbart worden. Ein Drittel des Gesamtpreises 14 Tage vor dem Termin aufs Konto; der Rest in Bar beim Treffen.

Ich zahlte weniger auf mein Konto ein in Erwartung seines Geldes – aber es kam nix.
Nur weiterhin seine Mails, wie sehr er sich freue....
Ich hatte Rücklastschriften und Probleme – selbst schuld.
1 Woche vor dem Treffen sagte er mir, er habe nun überwiesen – die GESAMTSUMME.

Aufgrund dessen sagte ich ihm, daß ER ja nun die Regeln massiv geändert habe.
Wenn er seine Regeln ändert, kann ich das auch.
Ich machte aus meinem sehr großzügig bemessenen Pauschalangebot eine ganz normale Stundenabrechnung – so, wie bei jedem anderen Gast auch – und sagte ihm, er solle dieses Mal seinen Fahrdienst nicht wieder erst auf 23h bestellen. Ich werde um 19.30h das Treffen beenden und fahren.

Gäste schauen oftmals selbst auf die Uhr; wollen diese Dinge respektieren und wissen auch, wofür sie wieviel Zeit benötigen.
Dieses Mal war ich pünktlich und ER zu spät.
Er wollte wieder Kaffee trinken. Kein Thema – aber ich fahre um 19.30, sagte ich zu ihm. Ich wollte keinen Zweifel aufkommen lassen, daß dieses meine Grenze ist.
Gut – dann direkt auf´s Zimmer.
Wieder ich einchecken; bezahlen (was tut er wohl, wenn er alleine ist? Ich unterschreibe nicht gerne mit falschem Namen)....

Im Zimmer wieder das selbe Spektakel. Es war MEIN Problem, wie er ins Bett kam. Keinerlei Tips, Hilfestellung, Anleitung. Und dieses Mal hatte er auf seinem dünnen Körper mit Kinderkonf. 152 ein gestärktes Oberhemd in Größe 3x soviel und eine Bundfaltenhose..... Na, das konnte lustig werden......

Irgendwann hatte ich ihn im Bett; dann 5x Sex in Akkord-Zeiten.
Ich kam zu nichts, das MIR gut getan hätte; kein Trinken; kein pieseln; kein erholen....
Ich fragte ihn, wie lange daß er denkt, daß wir zum „Fertigmachen“ benötigen, damit uns die Zeit reicht. Ich wöllte ja 19.30h fahren.
Er meinte, 19.15h würde reichen zu beginnen...... *haha*

Es war bereits 19h und mir war klar, daß wir sicherlich 40min. brauchen würden; somit wollte ich beginnen, ihn anzuziehen.
Er bat mich glatt, ihn doch nochmal schnell zu masturbieren......

Na gut – geht ja schnell.....

So kam es, wie es kommen mußte....
Zupfte ich beim Anziehen sein Hemd gerade, verrutschte das T-Shirt.
Zog ich das Shirt grade, stimmte was an der Hose nicht.
Zog ich die Hose, stimmte das Hemd nimmer..
...
...
...

Das ging fast 1 Stunde, mit Gesicht waschen; noch was trinken;...
Ich hatte absoluten Frust.
Als ich endlich mal pinkeln wollte, kam er mir hinterher und wollte, daß ich ihm jetzt die Hände wasche.
Im Prinzip wollte er nur Dinge, die jeder wollen würde und die auch völlig legitim und angebracht sind.
Das macht es auch so schwierig, hier Grenzen zu setzen. Er ist einerseits völlig im Recht.
Andererseits will er aber alles einzeln im Abstand von 5 min. und immer, wenn man denkt, jetzt ist fertig, kommt er mit was anderem.
Und immer wenn man denkt, jetzt paßt alles, ist wieder irgendwas falsch.
Und wenn man alles weg geräumt hat, soll man es wieder raus holen und wieder anfangen.

Jeden 2. Satz beginnt er mit „sorry“ – und es drängt sich der Gedanke auf, daß das seine bewährte Methode ist und daß ALLE tun, was er will, wenn er sich nur vorher für seine Unfähigkeit entschuldigt.
Und so nimmt er sich letztlich ALLES raus; sprengt Grenzen und Absprachen und findet für alles eine Erklärung und Entschuldigung.
Ich kam mit ihm um 20.15h aus dem Zimmer und habe oft das Gefühl niederkämpfen müssen, ihn einfach nackt im Lifter hängen zu lassen.
Bei jedem Fußgänger wäre ich definitiv pünktlich gegangen. Und es wäre auch akzeptiert worden und machbar gewesen.

In der Lobby angekommen wollte er dann noch einen Kaffee mit mir trinken.
Das wäre eine weitere Stunde geworden.
Er war stinkesauer, als ich ihm das verweigert habe und konsequent ging.

ICH war auch sauer auf dem Heimweg.
Er hatte sich wieder fast eine Stunde erschlichen; sämtliche Grenzen über den Haufen geworfen und mich benutzt, wie er es gebraucht hat.

Zuhause hab ich es erst mal gären lassen.
Ich hab ihm dann eine Mail geschrieben, wie ich mich fühle und daß ein Fußgänger 75% mehr bezahlt hätte auf die 2 Treffen, einfach weil dieser solche Scheiß-Spiele nicht gespielt hätte; dieses Grenzen-Sprengen nicht funktioniert hätte; ...
Ich hätte die Hoffnung gehabt, daß ein 2. Treffen respektvoller abliefe, hätte allerdings schon bei seinen veränderten Zahlungsmodalitäten bemerkt, daß dem wohl nicht so sei.
Meine Reaktion darauf, habe er mit neuen Grenz-Verletzungen zu überschreiten versucht.
Ich nehme Abstand davon, noch weitere Treffen mit ihm zu wollen, weil das Geld in keiner Relation zum Aufwand und Nerven steht und daß ich seine „sorry-Masche“ zum Kotzen finde.

Ich habe nichts mehr von ihm gehört und sehe meine Vorwürfe durch sein Schweigen bestätigt.

Behinderte Menschen sind auch Menschen. Sie wollen gleichberechtigt sein; sie wollen respektiert und geachtet werden; ein normales Leben führen...
Das ist absolut berechtigt und völlig in Ordnung und viele der behinderten Gäste, die ich bereits hatte, sind absolut liebe Menschen, die mitziehen; unterstützen und geben, was sie auch erwarten.

Aber bei Menschen wie diesem Spanier sollten die Alarmglocken schreien, wie sie auch bei grenzmißachtenden Fußgängern schreien.
Jemand, der in dieser Art massiv versucht, einen Behinderten-Vorteil zu erlangen und dieses auf eine solch mißachtende Art tut, tut anderen Behinderten keinen Gefallen.

Liebe Grüße, Jenny
Polygamie ist nicht unmoralisch.
Aber das Vertrauen und die Gesundheit liebender Partner zu mißbrauchen, schon....

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ohLeonie
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Beitrag von ohLeonie »

Hallo @Jenny

habe obiges Erlebnis mir gerade zwei mal durchgelesen. Schwerer Tobac. Mußte ich erst mal ein bißchen sacken lassen.

Wenn ich mir diese Sache so durch den Kopf gehen lasse, dann tut es mir richtiggehend leid, was du dir aufgebürdet hast.

Ich schätze dich als einen Menschen ein, der das, was er macht - insbesondere in Bezug auf den Umgang mit behinderten Menschen - mit Überzeugung und Herz anpackt.

Daher ist es schlicht unfassbar, wie sehr er dich ausgenutzt hat, wie wenig er deinen Einsatz geschätzt hat.

Gleichwohl ist es für diejenigen, die die Geschichte lesen, eine gute Hilfe, ebensolche Fehler zu vermeiden.

Bei mir selbst muß ich immer wieder feststellen, daß die Kunden (Fußgänger, um bei der Namensgebung zu bleiben), mit denen ich zu tun habe, sich nicht an vereinbarte Grenzen halten - und ich zu nett bin, rigoros darauf zu bestehen. Zum Beispiel, wenn es um die vereinbarte Zeit geht.

Selbst dran Schuld, zweifelsohne. Aber diesbezüglich befinde ich mich wohl noch im Lernprozess...


Nun, was bleibt abschließend zu sagen?

Ich wünsche dir, daß du eine solche Erfahrung nicht noch einmal machen mußt.

Und daß du aus dem gemachten Erlebnis etwas lernst. Aber was?
Vielleicht, daß zu viel Rücksicht manchmal eben nicht richtig ist. Oder vielleicht, daß man doch mehr seinem eigenen Gefühl, seiner eigenen Einschätzung vertrauen soll. Oder - etwas anderes...?


Auf jeden Fall möchte ich mich bei dir dafür bedanken, daß du dir die Mühe gemacht hast, uns an deinem Erlebten teilhaben zu lassen.



Mit lieben Grüßen von leonie

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Walker
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Beitrag von Walker »

als (gott sei dank) ehemals betroffener machen mich diese zeilen wütend... solche menschen wie der spanier machen es anderen menschen mit handicap schwer frauen zu finden die einem halbwegs normal begegnen...

schade - aber es ist wie überall... es gibt solche und solche...
ich kann nur einen appell an alle sexworker richten dies nicht als normal anzusehen. ich weiß, dass die menge der menschen mit handicap liebenswerte menschen sind und dankbar für die arbeit die ihr leistet.

ein nachdenklicher
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JennyHN
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Beitrag von JennyHN »

Walker hat geschrieben:ich weiß, dass die menge der menschen mit handicap liebenswerte menschen sind und dankbar für die arbeit die ihr leistet.

ein nachdenklicher
walker (ehemals rolli)

Hallo, Walker!
Da kann und möchte ich dir ehrlichen Herzens zustimmen.

Die positiven Erlebnisse überwiegen bei Weitem. Und ich möchte die Treffen mit behinderten Menschen auch nicht mehr missen.
Ich freue mich auf so manche Dates unglaublich und treffe auf offene, neugierige, lustige Persönlichkeiten, mit denen man sich auf manch irres Experiment einlassen und Spaß haben kann.

Liebe Grüße, Jenny
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Marc of Frankfurt
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Sexuelle Sozialarbeit als Spendendienstleistung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Danke für deinen Bericht auch als Kundenwarnung.

Du hast ja prinzipiell alles richtig gemacht. Er war halt nur noch stärker, raffinierter etc. um von dir unbezahlte extra Dienstleistung zu erschleichen.

Es gibt ein Geschäftssprichwort: Gegen Betrug kann man sich nicht schützen.



Ich kenne ähnliche Verhaltensweisen in weniger extremen Formen von vielen anderen Kundentypen.
Es müssen gar nicht Behinderte sein. Sie können arm oder geizig oder alt oder beladen mit Schuldgefühlen oder krank oder unzufrieden mit ihrer Lebenslage sein und wollen ihr Leiden an andere weitergeben...




Dein guter Bericht hilft sicher unseren Neuen hier im Forum Fehler zu vermeiden bzw. Risiken zu minimieren.
Ich denke du hast das vorbildlich gemacht.
  • Bauchgefühl achten
    [Auch wenn Abenteuerlust, Verdienstnotwendigkeit oder anerzogene Hilfsbereitschaft in eine andere Richtung drängen...]
  • Formale geschäftsmäßige Abgrenzungsregeln vorher für sich feststellen und diplomatisch aber klar kommunizieren lernen.
    [Obwohl gerade eine solche Geschäftsmäßigkeit gegen Sexwork als moralische Keule oft benutzt wird, zeigt doch die Sexarbeits-Praxis dieses Erfordernis]
  • Sexarbeiter Arbeits-Rechte stärken.
    [Wenn Sexarbeit anerkannt wird durch Rechte haben es solche Ausbeuter schwerer und es wird weniger geben]


Es ist tragisch, wenn gerade die gesellschaftlich geforderte Hilfsbereitschaft gegenüber Bedürftigen so zur Dienstleistungs-Falle wird.

Hier kann man sich persönlich heraus helfen, indem man (erstmal nur intern) einen Sozialtarif in den Businessplan einführt. D.h. man erlaubt sich im Monat z.B. zwei "Sozialdienste" zu verschenken. Das sind dann Kundenkontakte, wo man mehr gibt als bekommt.





.

Hanna
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Beitrag von Hanna »

Hallo Jenny,

bin sehr dankbar für solche Berichte aus der Praxis.
Ich glaube solche "schwierigen Patienten" sind relativ selten und deshalb ist man im Umgang mit so einem Fehlverhalten einfach ungeübt. Am Besten du gehst den ganzen Ablauf nochmals in Gedanken durch um daraus Gegenmaßnahmen für künftig abzuleiten. Wie ein dermaßen Behinderter dich allerdings systematisch vom pinkeln abhalten konnte ist mir nicht ganz klar.
Als Trost muß man sich vielleicht auch mal die ganzen Treffen vor Augen halten,wo der Kunde zuviel gezahlt hat. Z.B: weil er zu früh gekommen ist,weil er abgebrochen hat weil die Chemie doch nicht gestimmt hat oder weil er was anderes im Kopf hatte...
Ich glaube das zuwenig und zuviel hält sich ingesamt die Waage.
vielleicht auch ein Trost...

lg, Hanna
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JennyHN
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Beitrag von JennyHN »

Ich muß einwerfen, daß mir das Beiwort "Kundenwarnung", welches mir hier jemand an meinen Beitrag hin-editiert hat, überhaupt nicht gefällt.

Das hatte ich so nicht geschrieben und ich empfinde meinen Beitrag auch in keinster Weise als solche.

Ich hadere nicht mit diesem Erlebnis.
Es ist ein Teil meiner Lebenserfahrung; es gehört zum Geschäft; es passiert solches immer wieder zwischendurch und es hilft, daß man seine eigenen Grenzen zu fühlen und zu benennen lernt.
Wir haben alle zwischendurch solche Erfahrungen und ich empfinde sie für mich als wichtig und "wachstumsfördernd" und nicht - wie das Wort suggeriert - als ungut oder unheilvoll.

Ich habe diesen Beitrag aufgrund der Bitte von Rolliman geschrieben - damit andere Behinderte reflektieren können und diese Spielchen vielleicht vermeiden.
Nicht, weil ich dadurch womöglich belastet bin.
Ich distanziere mich definitiv davon, daß dies eine Warnung sein soll.
Jenny
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Rolliman
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Beitrag von Rolliman »

Hallo Jenny,

ich habe es dir ja schon in unserem eMail-Kontakt geschrieben, dass ich vor dir und deinem Verhalten und diesem Bericht aber ganz tief den Hut ziehe.

Ich freue mich insbesondere für Jenny, dass Sie hier positive Resonanz erfährt.

es geht nicht darum, einen Kunden anzuschwärzen, sondern es geht hier darum, wenn man mit dem Wort "Gleichberechtigung" das Recht auf Sexualität einfordert, dann hat man auch die Pflicht sich an die gleichen Regeln zu halten. Das versuche ich jedem Behinderten begreiflich zu machen.

Ich habe es in gut 8 Jahren Paysex-Kunde nie erlebt, das mir eine Frau 10 Minuten aus- und anzieh Hilfe verweigert hat, es geht also nicht um den Nachteilausgleich den Behinderte haben müssen in gelegentlichen Situationen, sondern es geht um die "Skrupellosigkeit" seiner Behinderung zum Erhaschen von Vorteilen zu nutzen.

Ich hoffe das Jennys Bericht dazu beiträgt, den Behinderten als ganz normalen Menschen zu sehen. Manche spielen fair und manche unfair...

so Long
Rolliman

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Beitrag von JennyHN »

Danke, für´s Rück-ändern meiner Überschrift.
Jenny
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Melanie
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Beitrag von Melanie »

Ich denke an meine erste Erfahrung als SW mit einem Spastiker der gleichzeitig gelähmt war und im Rollstuhl saß.

Als er anfragte, ob wir auch bei einem wie ihm Hausbesuche machen - tat er mir sofort leid ( Mitleid ist immer fehl am Platz, aber das mußte ich erst lernen ).
Klar fuhr ich raus, aber dass er so bewegungseingeschränkt war und solche Sprachstörungen hatte - habe ich nicht erwartet.
Ich rede immer erst mit dem Kunden, um sich auf diese Art und Weise näher zukommen. Auch um Vorlieben zu erfragen oder Abneigungen. Das war kaum möglich.

Wir hatten schon Schwierigkeiten beim ausziehen - alleine konnte er das nicht und meine Kraft war begrenzt.
Ins Bett hätte ich ihn evt bekommen, aber bestimmt nicht mehr in den Rollstuhl zurück.
Da hatte er auch sofort Bedenken. Also mußte sich alles im bzw. am Rollstuhl abspielen.
Da er anscheinend lange keinen Sex mehr hatte - waren es nur wenige Minuten.
Jedoch alles wieder sauber zubekommen und ihn an zuziehen brauchte sehr viel Zeit. Von der einen Stunde die er gebucht hat - brauchten wir ca. 40 min für an- und ausziehen unter Streß.
Zudem hat mich sein Anblick doch erschreckt. ich hoffe er hat es nicht bemerkt.
Dieses erschrecken kam nicht dadurch, dass er im Rollstuhl saß - es waren die Spastiken die unkontrolliert erfolgten.

Dabei bin ich als Krankenschwester den Umgang mit solchen Patienten gewohnt, Es ist kein Neuland - aber in dem Job als SW sieht man vieles aus einer anderen Sichtweise !
- ehrlich gesagt war ich froh, als die Zeit um war -

Bei einem anderen Rollstuhlfahrer ohne Spastik gab es diese Probleme nicht.
Er war fast ganz selbstständig und konnte sich klar und deutlich äußern.
Es gab keine großen Unterschiede als zum Gesunden - außer die Wahl der Stellungen natürlich.

Sie sind Beide noch heute unsere Kunden. Aber nur ich fahre zu dem oben genannten.
Da spielt sich später eine Routine rein = beim an- und ausziehen und vieles erkennt man an seine Art von Zeichensprache.
Was ihm gefällt und was er möchte.

Und trotzdem ist es nie einfach.

LG Melanie
Ich denke an meine erste Erfahrung als SW mit einem Spastiker der gleichzeitig gelähmt war und im Rollstuhl saß.

Als er anfragte, ob wir auch bei einem wie ihm Hausbesuche machen - tat er mir sofort leid ( Mitleid ist immer fehl am Platz, aber das mußte ich erst lernen ).
Klar fuhr ich raus, aber dass er so bewegungseingeschränkt war und solche Sprachstörungen hatte - habe ich nicht erwartet.
Ich rede immer erst mit dem Kunden, um sich auf diese Art und Weise näher zukommen. Auch um Vorlieben zu erfragen oder Abneigungen. Das war kaum möglich.

Wir hatten schon Schwierigkeiten beim ausziehen - alleine konnte er das nicht und meine Kraft war begrenzt.
Ins Bett hätte ich ihn evt bekommen, aber bestimmt nicht mehr in den Rollstuhl zurück.
Da hatte er auch sofort Bedenken. Also mußte sich alles im bzw. am Rollstuhl abspielen.
Da er anscheinend lange keinen Sex mehr hatte - waren es nur wenige Minuten.
Jedoch alles wieder sauber zubekommen und ihn an zuziehen brauchte sehr viel Zeit. Von der einen Stunde die er gebucht hat - brauchten wir ca. 40 min für an- und ausziehen unter Streß.
Zudem hat mich sein Anblick doch erschreckt. ich hoffe er hat es nicht bemerkt.
Dieses erschrecken kam nicht dadurch, dass er im Rollstuhl saß - es waren die Spastiken die unkontrolliert erfolgten.

Dabei bin ich als Krankenschwester den Umgang mit solchen Patienten gewohnt, Es ist kein Neuland - aber in dem Job als SW sieht man vieles aus einer anderen Sichtweise !
- ehrlich gesagt war ich froh, als die Zeit um war -

Bei einem anderen Rollstuhlfahrer ohne Spastik gab es diese Probleme nicht.
Er war fast ganz selbstständig und konnte sich klar und deutlich äußern.
Es gab keine großen Unterschiede als zum Gesunden - außer die Wahl der Stellungen natürlich.

Sie sind Beide noch heute unsere Kunden. Aber nur ich fahre zu dem oben genannten.
Da spielt sich später eine Routine rein = beim an- und ausziehen und vieles erkennt man an seine Art von Zeichensprache.
Was ihm gefällt und was er möchte.

Und trotzdem ist es nie einfach.

LG MelanieIch denke an meine erste Erfahrung als SW mit einem Spastiker der gleichzeitig gelähmt war und im Rollstuhl saß.

Als er anfragte, ob wir auch bei einem wie ihm Hausbesuche machen - tat er mir sofort leid ( Mitleid ist immer fehl am Platz, aber das mußte ich erst lernen ).
Klar fuhr ich raus, aber dass er so bewegungseingeschränkt war und solche Sprachstörungen hatte - habe ich nicht erwartet.
Ich rede immer erst mit dem Kunden, um sich auf diese Art und Weise näher zukommen. Auch um Vorlieben zu erfragen oder Abneigungen. Das war kaum möglich.

Wir hatten schon Schwierigkeiten beim ausziehen - alleine konnte er das nicht und meine Kraft war begrenzt.
Ins Bett hätte ich ihn evt bekommen, aber bestimmt nicht mehr in den Rollstuhl zurück.
Da hatte er auch sofort Bedenken. Also mußte sich alles im bzw. am Rollstuhl abspielen.
Da er anscheinend lange keinen Sex mehr hatte - waren es nur wenige Minuten.
Jedoch alles wieder sauber zubekommen und ihn an zuziehen brauchte sehr viel Zeit. Von der einen Stunde die er gebucht hat - brauchten wir ca. 40 min für an- und ausziehen unter Streß.
Zudem hat mich sein Anblick doch erschreckt. ich hoffe er hat es nicht bemerkt.
Dieses erschrecken kam nicht dadurch, dass er im Rollstuhl saß - es waren die Spastiken die unkontrolliert erfolgten.

Dabei bin ich als Krankenschwester den Umgang mit solchen Patienten gewohnt, Es ist kein Neuland - aber in dem Job als SW sieht man vieles aus einer anderen Sichtweise !
- ehrlich gesagt war ich froh, als die Zeit um war -

Bei einem anderen Rollstuhlfahrer ohne Spastik gab es diese Probleme nicht.
Er war fast ganz selbstständig und konnte sich klar und deutlich äußern.
Es gab keine großen Unterschiede als zum Gesunden - außer die Wahl der Stellungen natürlich.

Sie sind Beide noch heute unsere Kunden. Aber nur ich fahre zu dem oben genannten.
Da spielt sich später eine Routine rein = beim an- und ausziehen und vieles erkennt man an seine Art von Zeichensprache.
Was ihm gefällt und was er möchte.

Und trotzdem ist es nie einfach.

LG Melanie
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RE: Ein Erlebnisbericht

Beitrag von Rolliman »

@Mellanie
Glaub' mir, dass wir "Spasties" sehr wohl wissen, wie unsere verkrampfte Fratze auf euch wirkt.
Auch ich stelle mir immer wieder die Frage:"Darf ich euch so etwas antun?"

Daraufhin hat mir eine SW mal geantwortet:"Dein Gesicht ist schöner, weil Du dich nicht verstellst."
Ich brauchte sehr lange um zu verstehen, was sie meint...

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Zwerg
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Re: RE: Ein Erlebnisbericht

Beitrag von Zwerg »

Bild
Rolliman hat geschrieben: Auch ich stelle mir immer wieder die Frage:"Darf ich euch so etwas antun?" Daraufhin hat mir eine SW mal geantwortet:"Dein Gesicht ist schöner, weil Du dich nicht verstellst."
Hi Rolliman!

Ich denke das auch hier einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten ist - und dies ist mit ein Grund, dass ich froh bin, wenn Du hier (aber auch zum Beispiel Jenny) auf sexworker.at die Tasten schwingst!

Es ist ein Gebiet der Missverständnisse besser gesagt des Unverständnisses. Nur immer wieder zeigt sich: Dort wo die ersten Barrieren abgebaut werden kommt auch Verständnis auf - so dumm das Wortspiel auch klingen mag -> aufeinander zubewegen kann einiges bewegen.

Herzliche Grüße aus Wien

Christian
Zuletzt geändert von Zwerg am 28.01.2009, 20:19, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Melanie »

Ich weiß DAS leider, weil ich als Krankenschwester oft genug mit Euch im Gespräch bin.
Und es tut mir leid, weil ich weiß - das Ihr oft überdurchschnittlich intelegent seid !
Aber ich weiß auch - dass Ihr dieses Mitleid nicht wollt !

Jedoch ist der Blickwinkel als Krankenschwester ganz anders als aktive SW.
Gerade wenn der Kunde dann noch unter Zeitdruck kommt, weil die Pflegerin gleich kommt = verückte Situation und der Kunde wird dadurch noch nervöser und ich in der Lage leider auch !

Wenn man erst eingespielt ist - kein Problem !
Dann regelt man die Besuchtszeit auch anders !!!

LG Melly
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Beitrag von Melanie »

Mir ist jedoch immer aufgefallen, das die erste Kontaktaufnahme von Behinderten mit der SW immer per SMS erfolgt.
Etwa in der Art : " Sitze im Rollstuhl ist Hausbesuch trotzdem möglich? " oder:" bin beinamputiert kann man trotzdem eine Dame buchen ? "

Bisher ausnahmslos alle !!!

Normaler Weise reagieren wir nie auf SMSen - in dem Fall schreiben wir jedoch zurück = das wir um einen Anruf bitten, wegen genaueren Absprachen.
50 % melden sich und wir kommen zusammen, aber von den anderen 50 % hören wir oft gar nichts mehr oder wieder nur per SMS weitere Anfragen.

Da frage ich mich - warum ?
Anrufen, fragen - kann man doch immer !

LG Melanie
„Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen.“
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Rolliman
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RE: Ein Erlebnisbericht

Beitrag von Rolliman »

Das Problem ist sehr oft, das beide Seiten unsicher sind.

Viele Behinderte haben ein Problem zu verstehen, das andere mit ihnen ein Problem haben.
In der heilen kleinen Behindertenwelt kümmern sich Familie und Pfleger aufopfernd um sie. Lesen jeden Wunsch von Augen ab, ect. Aber urplötzlich kommt ein wildfremder Mensch in ihre Welt, und sie müssen Wünsche äußern und dem anderen helfen.

Noch dazu bekommt der Behinderte ein Problem mit einem Gefühl, was er gar nicht kennt: Privatsphäre!!!
Woher soller das auch kennen? Hilfe beim Anziehen, ausziehen, Toilettengang, Dusche oder Bad, beim Essen, ausgehen, ect. Überall haben wir "Krüppel" unsere Kavellerie dabei. Aber Privatsphäre kennt der Schwerbehinderte nur in den Gedanken und Träumen.
Jetzt ist da aber die SW, die für Girlfriendsex Privatsphäre herstellen möchte, sich vorsichtig nähert, und sich wundert, dass der Behinderte überrascht zurückweicht.

Ich kann mit wildfremden Leuten pinkeln gehen, da passiert nix!
Ich kann mit Frauen Duschen gehen, da passiert nix. Der "Schlüsselreiz Sex" wird bei mir erst durch den Zungenkuß ausgelöst, weil das nicht zum alltäglichen Pflegeprogramm dazu gehört.

Ich hoffe man versteht was ich sagen will:
Nicht nur der Escort hat Angst!!!

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Beitrag von Rolliman »

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Melanie hat geschrieben:Mir ist jedoch immer aufgefallen, das die erste Kontaktaufnahme von Behinderten mit der SW immer per SMS erfolgt.
Etwa in der Art : " Sitze im Rollstuhl ist Hausbesuch trotzdem möglich? " oder:" bin beinamputiert kann man trotzdem eine Dame buchen ? "

Bisher ausnahmslos alle !!!

Normaler Weise reagieren wir nie auf SMSen - in dem Fall schreiben wir jedoch zurück = das wir um einen Anruf bitten, wegen genaueren Absprachen.
50 % melden sich und wir kommen zusammen, aber von den anderen 50 % hören wir oft gar nichts mehr oder wieder nur per SMS weitere Anfragen.

Da frage ich mich - warum ?
Anrufen, fragen - kann man doch immer !

LG Melanie
@Melanie
Die Frage hast Du dir in deinem Bericht schon selber beantwortet.
Wenn ein Spastiker nur undeutlich am Telefon sprechen kann, und röchelt oder sowas, wie soll er dann mit Dir am Telefon kommunizieren?

2. Sache:
Ich kann nur mit Sprechanlage telefonieren, das heißt. Deine Antwort hört bei mir die ganze Familie mit! (Übertrieben gesagt!!!) Auch hier ist wieder Privatsphäre das Zauberwort...

Melanie
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Beitrag von Melanie »

Nun kommt : ABER -

- wir haben kein Problem mit Behinderten ( aber wir brauchen schon die Infos, wie weit die Behinderung geht. Nicht so wie es mir erging, dass er sagt Lähmung und läßt den Spasmus weg )
- wir haben keine Angst und zur Not fragen wir, wie was geht und geben die nötige Hilfeleistung - wie aus- und anziehen usw.
- zudem sind wir 3 Frauen als SW aus dem med. Bereich und es ergibt sich einfach, dass wir rausfahren
- hätten wir die Akzeptanz nicht - würden wir uns auf solche SMSen gar nicht melden

Ein Zurückweichen habe ich nie erlebt. Im Gegenteil der Behinderte nimmt den dominanten Part ein !
Und wenn uns ein Behinderter bucht - hat er Wünsche / Vorstellungen und äußert diese auch .

Jedoch habe ich auch selbst Negativbeispiele erlebt, das gerade auf Grund der Behinderung der Preis nicht voll bezahlt werden wollte oder die Zeit sollte umsonst verlängert werden ( ich rede nicht von 20 min Verlängerung oder eine Preissenkung von über 50 % = wir senken unser Niveau ja auch nicht ! ).
Zum Glück sind das Einzelfälle, aber sie kommen immer wieder vor.

In der Regel haben wir gute Erfahrungen gemacht.
So wie wir einen " normalen " Kunden erst 1 Mal kennen lernen müssen - müssen wir auch einen " behinderten " Kunden erst kennen lernen !

Privatsphäre : ganz ehrlich - irgendeine gibt es immer, sonst ist der Behinderte so behindert, dass er auch eine SW nicht mehr buchen kann !

LG Melanie
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Beitrag von Melanie »

Rolli - wir haben auch Kunden mit Sprachstörungen.

Das merkt man doch und wir geben dem Kunden : Zeit !

Ein Minimum an Selbstständigkeit muß vorhanden sein, sonst mußte die Pflegerin die Sw ja ans Bett bringen und DAS ist für mich dann nicht mehr vorstellbar !

LG Melanie
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malin
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Beitrag von malin »

deine ausführungen rolliman finde ich sehr interessant, du beschreibst aspekte die ich bisher gar nicht bedacht habe.

ich selbst habe eigentlich gar keine gäste mit handicap, auch keine anfragen diesbezüglich, scheine irgendwie nicht der typ zu sein.
allerdings hätte ich damit auch keine probleme, sofern die gleichen modalitäten wie für nicht behinderte gäste gelten würden.

was mir allerdings aufgefallen ist in den kurzen phasen in denen ich quasi "stationär" in diversen modell wohnungen gearbeitet habe: es gab da immer wieder eine ganze menge taubstummer gäste, die mit zettel und stift bewaffnet relativ aggressiv versucht haben irgendwelche obskuren preis und service vorstellungen durchzusetzen.
sie haben sich dabei unglaublich vulgär ausgedrückt und sind schlussendlich niemals geblieben, bei keiner frau.

hie und da keimte dann schon der verdacht auf der eine oder andere könnte seine behinderung nur vortäuschen, warum auch immer vielleicht als zeitvertreib?

aber die meisten waren wohl schon "real", ich begreife aber bis heute nicht diese unfreundliche herrische aggressivität, finde ich irgendwie schade und auch ehrlich gesagt ein bisschen abschreckend.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)