Definition Prostituierte - Scheinkunde, Steuerfahndung

Wo melde ich meinen Beruf an, mit welcher Steuerlast muss ich rechnen, womit ist zu rechnen, wenn ich die Anmeldung verabsäume, ... Fragen über Fragen. Hier sollen sie Antworten finden.
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suzy quattro
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Definition Prostituierte - Scheinkunde, Steuerfahndung

Beitrag von suzy quattro »

Hallo Ihr Lieben,
heute las ich in einem Forum für Tantramassagen unfähr folgenden Wortlaut:

"Vor einigen Tagen tauchte bei einer Kollegin ein Gast auf, der sich als Steuerfahnder outete. Ich möchte nur kurz berichten was vor wenigen Tagen geschehen ist. Bei einer mir lieben Kollegin outete sich der angekündigte Massagegast als Mitarbeiter der Steuerfahndung. Er kündigte der anwesenden Masseurin an, ein Verfahren einzuleiten. Sie arbeite als Gebende Tantramasseurin auch als Prostituierte. Somit müsse sie auch die entsprechende pauschale Steuer entrichten. Der Betreiberin wurde dann angekündigt wegen Förderung der Prostitution gegen sie zu ermitteln. Das ganze wird zur Zeit vom Anwalt überprüft, der aber schon echte Probleme auf sie zukommen sieht. Übrigens, die simple Definierung des Steuerfahnders zur Prostitution " Weg gegen Bezahlung den Intimbereich, bzw. die Geschlechtsteile des zahlenden berührt, arbeitet als Prostituierte.

Mir selbst erklärte im Januar 2009 der Steuerprüfer vom Finanzamt " Sie dürfen mit regelmäßigen Kontrollen rechnen, immerhin gehen dem Staat in diesem Gewerbe Milliarden verloren"

Hmpf, mir fällt dazu ein, frei nach einer Fernsehsendung aus den 60-er Jahren im Ersten Deutschen Fernsehen: "Welches Schublader hätten´s denn gern?"

Steuern bezahlen müssen wir alle sowieso, ob als Otto-Normal-Verbraucher(in), Tantramasseurin, Prostituierte etc.
Ist es nicht vollkommen wurscht, wie man (Finanzamt) uns bezeichnet?
Was meint Ihr dazu? Gibt es hier im Forum auch Tantramasseurinnen, die diese "Schubladerei" interessiert? Was denken die anderen SW dazu?
Ich selbst bin Tantramasseurin, bezeichne mich als SW, denn ich biete ja auch sexuelle Handlungen an. Ich berühre den ganzen Körper, also auch den Intimbereich. Der Gast kommt manchmal zum Orgasmus, manchmal auch nicht.
Erotik ist das allemal, was bei mir abläuft.
Ist es überhaupt wichtig, als was man bezeichnet wird?
LG Sabine
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JennyHN
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RE: Definition Prostituierte

Beitrag von JennyHN »

Hallo, Sabine!
Ich verweise diesbezüglich auf einen von mir gestarteten Thread im Forum um Menschen mit Behinderung

viewtopic.php?t=4783&highlight=
Jenny
Polygamie ist nicht unmoralisch.
Aber das Vertrauen und die Gesundheit liebender Partner zu mißbrauchen, schon....

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Aoife
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Re: Definition Prostituierte

Beitrag von Aoife »

suzy quattro hat geschrieben:Weg gegen Bezahlung den Intimbereich, bzw. die Geschlechtsteile des zahlenden berührt, arbeitet als Prostituierte.
Davon soll er erst mal Urologen und Gynäkologen überzeugen!

Liebe Grüße, Eva
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
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JennyHN
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Re: Definition Prostituierte

Beitrag von JennyHN »

Aoife hat geschrieben: Davon soll er erst mal Urologen und Gynäkologen überzeugen!
Liebe Grüße, Eva
Der war jetzt aber verdammt gut..... :003
Jenny
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Tanja_Regensburg
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Beitrag von Tanja_Regensburg »

schmunzel.. ich werd es meinem Frauenarzt bei Gelegenheit erzählen....

Wobei ich nicht ganz folgen kann... die Bezeichnung kann ihm ja wohl egal sein, genauso wie die Definition....
Wichtig ist, dass die Dame eine Steuernummer hat und versteuert... dann braucht sie keine Pauschalsteuer abführen.

Für mich ist die Definition Prostitution
Sexuell motivierte Zeit gegen Geld, was da schlußendlich genau an Service passiert hängt doch immer vom Kunden und der Dame ab.

Busserl Tanja
Das Leben genießen, sich nicht über Kleinigkeiten ärgern und großzügig sein: dann gelingt der Tag heute, und der morgige auch. Liebe und tu, was du willst. (Aurelius Augustinus)

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Lycisca
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Rechts auf Privatleben gem Art 8 der Europäischen Menschenre

Beitrag von Lycisca »

suzy quattro hat geschrieben:Vor einigen Tagen tauchte bei einer Kollegin ein Gast auf, der sich als Steuerfahnder outete.
Grundsätzlich stellen sich die Fragen, a) ob und mit welcher gesetzlichen Befugnis der Steuerfahnder verdeckt ermittelt hat und b) ob und welcher Rechtsschutzbeauftragte die Kollegin während der Ermittlung geschützt hat. Falls a oder b mit nein zu beantworten ist (verdeckte Ermittlung ohne rechtliche Grundlage oder ohne Rechtsschutz), dann stellt die Aktion des Steuerfahnders eine Verletzung des Rechts auf Privatleben gem Art 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten dar ... und nach ständiger Rsp des Bundesfinanzhofs dürften in D die Ermittlungsergebnisse im Abgabenverfahren nicht verwertet werden, weder direkt, noch indirekt, zur Beschaffung unterstützender Beweismittel (BFH VII B 265/00 vom 26. Februar 2001, VIII R 53/04 vom 4. Oktober 2006) .

Wenn die Kollegin noch dazu ohnedies ihre Tätigkeit - unter welchem Titel auch immer - versteuert, dann wäre die Verletzung von Art 8 auch dann gegeben, wenn beide Fragen mit ja beantwortet werden. Denn dann wäre die ganze Ermittlung unverhältnismäßig (eigentlich völlig ohne Zweck, weil die Steuern ja bezahlt werden) - die Feststellung, ob die Steuern unter dem Titel Prostitution oder Tantramassage bezahlt werden, rechtfertigt einen solchen Eingriff nicht.

Der Eingriff des Steuerfahnders wäre auf jeden Fall vom Staat von Amts wegen zu untersuchen und gegebenenfalls der Steuerfahnder zu bestrafen, die Kollegin zu entschädigen.

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Links:

Urteil
"AZ: 2Wx76/08 - beantwortet: Zum Beispiel eine Massagepraxis zur sexuellen Entspannung. Die muss eine Wohnungseigentümergemeinschaft nicht hinnehmen, befanden jetzt die Hamburger Richter in III. Instanz, sie wirke sich nämlich negativ auf den Verkehrswert - gemeint ist damit ausschließlich der Verkaufswert - oder den Mietpreis der Eigentumswohnung aus.":
viewtopic.php?p=48395#48395
viewtopic.php?p=48486#48486


Nutzungsänderung für illegales Massagestudio in Sigmaringen muß erlaubt werden:
viewtopic.php?p=55705#55705


Massageerotikclub in Fulda:
viewtopic.php?p=61546#61546



Buddhisten haben nichts gegen Prostitution, aber wollen nicht ihre heiligen Rituale als Feigenblatt für Sexwork mißbraucht sehen:
viewtopic.php?p=46331#46331


Bad Säckingen:
viewtopic.php?p=92306#92306

...



Evt. mal von Mechthild bei Madonna e.V. Bochum beraten lassen. Anruf genügt.

LG,
Marc



Meine Sammlung Wortgebrauch, Definitionen und Leitbilder Prostitution:
viewtopic.php?t=919





.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 29.12.2010, 08:01, insgesamt 1-mal geändert.

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§ 370a AO u Menschenrechte

Beitrag von Lycisca »

Noch ein Link:

http://www.anwalt.de/rechtstipps/der-st ... 02371.html

Demnach sind in D verdeckte Ermittlungen der Steuerfahndung nur nach § 370a AO zulässig, bandenmäßiger oder gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung im großen Stil. Im Link steht weiter:
Von der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung werden die Fälle erfasst, bei denen "in großem Ausmaß" Steuern hinterzogen wurden. Diese Voraussetzung soll nach behördlicher Auffassung erfüllt sein, wenn eine Hinterziehung ab ca. 500.000 Euro vorliegt. Aufgrund der fehlenden Konkretisierung der Bestimmung wird die Vorschrift von einem Teil der Literatur als verfassungswidrig eingestuft.
Da kaum anzunehmen ist, dass eine Tantramasseuse in wenigen Jahren 1 Million Euro einnimmt (damit sie 1/2 Million hinterziehen kann), war die gegenständliche verdeckte Ermittlung wohl menschenrechtswidrig.

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suzy quattro
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RE: Definition Prostituierte - Scheinkunde, Steuerfahndung

Beitrag von suzy quattro »

Danke für die vielen Antworten!
@Eva: Brüllllll! Die Antwort war gut!

LG Sabine
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Melanie
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Beitrag von Melanie »

Davon soll er erst mal Urologen und Gynäkologen überzeugen!
Das war mehr , als gut - Eva.

Das werde ich beim nächsten Mal meinen Gynäkologen vor Augen halten. Er kennt meinen Job und ist ja gar nicht so weit entfernt davon !

LG Melly
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Josef_K.
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RE: Definition Prostituierte - Scheinkunde, Steuerfahndung

Beitrag von Josef_K. »

Der Thread ist nun zwar schon etwas älter, das Thema aber noch aktuell.

Der Steuerfahnder lag mit seiner Einschätzung nicht falsch. Die deutsche (und nur dazu kann ich was sagen) Rechtslehre definiert den Begriff "der Prostitution nachgehen" im wesentlichen wie folgt:

"... zu Erwerbszwecken wiederholt an oder vor wechselnden Partnern sexuelle Handlungen gegen Entgelt vorzunehmen oder an sich vornehmen zu lassen ... "

Ausnahme:
"Das gewerbsmäßige Vornehmen sexueller Handlungen vor einem UNBESTIMMTEN Kreis (Striptease) allein ist noch keine Prostitution. "

Den unbestimmten Kreis kann man am Ehesten als eine Vielzahl von Personen bezeichnen, die zuvor nicht konkret (persönlich) bestimmt waren. Gemeint ist hier der klassische Strip in einer Disco oder Bar, anlässlich einer Geschäftseröffnung, einer Party o.ä.

Hier wird klar:
Besteht das Geschäftsverhältnis zwischen Dienstleister und konkretem Kunden in der Erzeugung sexueller Erregung, ist allein das aus juristischer Sicht schon Ausübung von Prostitution. Frauenarzt hin oder her. Auch der sog. Lap-Dance in der Abgeschiedenheit eines Separees mit seiner bekannten Ausprägung gehört unzweifelhaft dazu. Das Erlebnis einer Tantra-Massage war mir bisher versagt ... wenn es aber das ist, was man gemeinhin darunter versteht, gehört auch sie dazu. :002

J.K.
"Vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üble Paßiones auszuführen, vor diese kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger als die größten Spitzbuben, die in der Welt sind." (König Friedrich II. im Jahre 1779)