Unwort: "Zwangsprostitution" vs. Bordelle im KZ

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert

SEXARBEIT als WORT des JAHRES 2006

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Wanderausstellung

NS-Zwangsprostitution im Krieg



Bordellen in Konzentrationslagern war der zunehmende Arbeitseinsatz von Zwangsarbeitern in der Rüstungsindustrie ab 1941 [also 5 Jahre bis Kriegsende. Anm.]. Zwangsarbeiter, die in der NS- Diktatur arbeiteten, konnten zum Teil in diese speziellen Bordelle gehen, in denen Frauen aus dem KZ zur Prostitution gezwungen wurden. Die Bordelle, die die SS ab 1942 in zehn Lagern hatte, sollten als Leistungsanreiz dienen, um die Produktivität der Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie zu erhöhen. Besuche in den so genannten Sonderbaracken waren ein Teil eines abgestuften Prämiensystems, das aber nicht für alle Zwangsarbeiter galt. Die Idee ging von SS- Führer Heinrich Himmler aus. Die meisten Frauen, die zur Prostitution gezwungen wurden, wurden in Ravensbrück rekrutiert, wo zwischen 1939 und 1945 mehr als 130.000 Frauen aus mehr als 40 Ländern inhaftiert waren.


[Wieviele Sexarbeiter bzw. Zwangsprostituierte waren es?

Eine Schätzung:
5 Jahre NS-Bordellsystem
10 SS-Lagerbordelle
a 10 Bordellzimmer
geschätzte durchschnittliche Verweildauer 1/2 Jahr
ergibt geschätzte 1.000 Frauen.

geschätzte ca. 20 Sexdienstleistungen pro Tag und Sexsklavin.
3.650 Sexkontakte je Frau.
3,6 Millionen Sexkontakte vermittelt und erzwungen durch das NS-Bordellsystem im 2. Weltkrieg.
Anm.]



Mit dieser Wanderausstellung, die das Schicksal der Frauen und die Existenz von KZ- Bordellen dokumentiert, wird dieses Thema aufgearbeitet.


Was ist zu sehen?

Gezeigt werden mehr als 150 Dokumente und Fotos zum Thema Lagerbordelle. Vier Hörstationen informieren über ehemalige Sex- Zwangsarbeiterinnen und männliche Besucher der Bordelle. Einführende Tafeltexte stellen Aspekte der Thematik vor, die jeweils vier Themenbereichen zugeordnet sind. Zur vertiefenden Lektüre werden Dokumente und Texte in Ordnern und Klappbüchern angeboten. In Vitrinen werden Dokumente und Fotos zur Geschichte der zehn Lagerbordelle gezeigt.

Sonderausstellung "Lagerbordelle. Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern"

Sie wird am 15.10.2009 um 15.00 Uhr vom Direktor des HTI Peenemünde, Herrn Christian Mühldorfer-Vogt und Frau Dr. Christa Schikorra/ wissenschaftliche Mitarbeiterin der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück eröffnet und wird bis zum 22. November 2009 im Peenemünder Kraftwerk zu sehen sein.

MVregio Landesdiesnt red/ovp
http://www.mvregio.de/nachrichten_region/246034.html





"Allein in den Jahren 1940 bis 1942 wurden rund 35 000 Frauen von den Nazis zur Sexarbeit gezwungen, meist alle sechs Monate ausgewechselt und danach vielfach umgebracht. Bordelle gab es für die Wehrmacht und die SS sowie für Zwangs- und Fremdarbeiter. In Auschwitz und anderen Lagern mussten die Frauen auch männlichen Mithäftlingen zur Verfügung stehen."
viewtopic.php?p=19177#19177





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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Posting von Melanie:

Zwangsprostitution im KZ - Himmler als Zuhälter



In der Nazi-Gesellschaft war für Sexarbeiterinnen kein Platz, doch die SS zwang Frauen im KZ zur Prostitution.


Ein Forscher hat deren Schicksale nun recherchiert.
Robert SommerDas KZ-BordellSexuelle Zwangsarbeit in nationalsozialistischen Konzentrationslagern.


Die Geschichte des Dritten Reiches gilt als der am besten erforschte Zeitraum in der deutschen Vergangenheit.
Doch auch mehr als 60 Jahre nach dem Ende des Hitler-Regimes, entdecken Historiker neue Fakten.


Eine im Juni veröffentlichte Doktorarbeit lenkt nun die öffentliche Aufmerksamkeit auf einen nur wenig bekannten Aspekt der nationalsozialistischen Unterdrückung:

Sie schildert das Schicksal von Zwangsprostituierten, die in den Bordellen der Konzentrationslager arbeiten mussten.


Zwar wissen Geschichtswissenschaftler seit Jahren, dass es in zehn Konzentrationslagern sogenannte Sonderbaracken gegeben hat, in denen weibliche KZ-Häftlinge sich im Auftrag der SS prostituieren mussten.


Ihre Kunden waren ausschließlich Mithäftlinge, die den Bordellbesuch als Auszeichnung, als Sonderprämie bekamen.

SS-Männern war der Besuch des Lagerbordells nicht gestattet.
Doch über die Frauen, die dort arbeiten mussten, wusste man bisher kaum etwas.



Dem Kulturwissenschaftler Robert Sommer und seiner Dissertation "Das KZ-Bordell.
Sexuelle Zwangsarbeit in nationalsozialistischen Konzentrationslagern" ist es zu verdanken, dass eine Forschungslücke geschlossen wurde.


Er recherchierte die Namen von 170 Zwangsprostituierten und rekonstruierte Teile ihres Leidensweges.
Dazu wertete er Dokumente aus mehr als 80 Archiven aus und führte Interviews mit Betroffenen.


Nur sehr wenige Zeitzeugen hatten zuvor aus erster Hand über die Zwangsprostituierten in den Lagern berichtet.
Es gibt kaum Fotografien aus den Bordellen, nach 1945 hat kein Prozess deswegen stattgefunden – denn es wurde nie Anklage erhoben.


Die betroffenen Frauen schwiegen aus Scham.
Sie wurden nach dem Krieg ein zweites Mal zum Opfer:
Ihr Leid wurde nie anerkannt, und sie wurden von anderen Opfergruppen sogar angefeindet.

Der Vorwurf einiger ehemaliger Mitgefangenen war:
Ihr habt euren Körper an die Nazis verkauft, um ein leichteres Leben im KZ zu haben.
Das seelische Leiden der Sexsklavinnen wurde lange als gering erachtet.


Unterschlagen wurde auch, dass die meisten der rund 200 KZ-Prostituierten sich keineswegs freiwillig zu ihrer "Sondertätigkeit" meldeten.


Frauen, die sich weigerten im KZ-Bordell anzuschaffen, drohten drakonische Strafen.
Zudem versprachen SS-Aufseherinnen des Bordells den eingeschüchterten Neuankömmlingen, dass sie nach einem halben Jahr frei kämen, wenn sie sich fügten.



Das war eine Lüge –Zwangsprostituierte, die von Freiern mit Geschlechtskrankheiten angesteckt oder schwanger wurden, verlegte die SS in das KZ Ravensbrück – sagte die Historikerin Christl Wickert.


Im KZ Ravensbrück starben Zehntausende Gefangene durch Entkräftung, an Hunger und an Krankheiten.



Die meisten Zwangsprostiuierten überlebten jedoch das Vernichtungssystem der Nazis.
Freiheit brachte den Frauen in den Lagerbordellen erst das Kriegsende.
Sommer betont, dass die meisten Lagerprostituierten ihre KZ-Haft überlebten.



Die SS wählte die Frauen meist im KZ Ravensbrück aus.

Viele der Zwangsprostituierten kamen aus der Gruppe der "Asozialen", so nannten die Nazis Menschen, die aus sozialer Not oder weil sie es wollten, am Rande der Gesellschaft lebten.


Jüdische Frauen kamen für die SS nicht infrage, weil eine Verbindung eines Deutschen mit einer Nichtarierin als "Rassenschande" galt.


Frauen, die wegen einer Beziehung mit einem Juden ins KZ eingewiesen worden waren, wurden hingegen sehr wohl als Zwangsprostituierte rekrutiert – sie galten in den Augen der Nazis als zügellos.




http://www.zeit.de/online/2009/27/lagerbordelle

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Aktualisierung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Habe passenden Videoclip gefunden bei youtube und oben nachträglich eingefügt:


Das historische Videodokument zeigt das schockierende Statement einer Frau, die beschreibt wie sie die mitgefangene Sexarbeiterin im KZ gefoltert hat.
(Sie zeigt nachträglich keinerlei Bedauern oder Selbstkritik!)


viewtopic.php?p=61139#61139 (s.o. posting #36)





Der größte Gegner der Prostitution und Sexarbeiter sind die sog. anständigen oder bürgerlichen Frauen (Konkurrenz, Neid...).





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Todesnachricht einer Aktivistin

Beitrag von Marc of Frankfurt »

R.I.P.
Monika Gerstendoerfer ist verstorben:

* 26.11.1956
† 18.02.2010



In ihren sprachanalytischen Arbeiten hat sie das Unwort "Zwangsprostitution" entlarvt und für eine faire Sprache beim Sprechen über Prostitution gefordert.
s.o. Posting #2, #5 ...)



Forum für Nachrufe
http://www.anti-kinderporno.de/monika_gerstendoerfer





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WW2: Trostfrauen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Im Asien-Pazifik-Krieg des 2. Weltkrieges:

Das japanische Militär und seine Helfer verschleppten aus den Kolonien Korea und Taiwan
200.000 Mädchen und jungen Frauen zwischen 11 und 29 Jahren zur Prostitution als sog. Trostfrauen.



...

Nataly Jung-Hwa Han zeigt in ihrer Power-Point-Präsentation eine weitere Fotografie aus dem japanischen Kriegsgebiet. Dutzende Soldaten stehen vor einem Trost-Bordell Schlange.

„Man wollte damit Massenvergewaltigungen verhindern“, zitiert Han eine der grotesken offiziellen Erklärungen für das grausame Schauspiel. Sie hat für ihren Vortrag viele Berichte von Opfern gesammelt.

Rund 90 Frauen leben noch heute. Vergessen haben sie nichts.

Im schlimmsten Fall mussten die Frauen 20 Soldaten pro Tag „bedienen“.

Die vorgeschriebenen Kondome benutzten wenige, erzählt eine Frau.

Wurde eine schwanger, musste sie abtreiben.

Das Leben der Betroffenen habe sich geändert, als die Zeitzeugin Kim Hak-Soon 1991 das Schweigen der Opfer brach und öffentlich auftrat.

Mittlerweile gibt es regelmäßig Demonstrationen in Südkorea vor der japanischen Botschaft, erzählt Han. Die Demonstranten fordern vor allem Entschädigung für die Opfer. Denn ihr Leben blieb auch nach Ende des Krieges, als die überlebenden „Trostfrauen“ in ihre Heimat zurückkehren konnten, oft sehr trostlos.

In einer Gesellschaft, in der sie als „nicht rein“ galten, waren diese Frauen oft isoliert.

Der japanische Fotograf Yajima Tsukasa lebte von 2003 bis 2006 mit einigen „Trostfrauen“ im „Haus des Teilens“ in Südkorea. Er zeigte am Dienstag Porträtserien der Frauen.

http://www.ivz-online.de/lokales/kreis_ ... Seite.html





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Zwangsprostitution in KZ-Bordellen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Neue Wikipedia-Seite:

Lager-Bordelle im 2. Weltkrieg



Bild

Heinrich Himmler inspiziert das Bordell
im KZ Gusen, bei Linz in Oberösterreich.


http://de.wikipedia.org/wiki/Lagerbordell
http://en.wikipedia.org/wiki/German_cam ... rld_War_II





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 26.06.2010, 11:46, insgesamt 1-mal geändert.

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Wehrmacht und Prostitution

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Kino, AJZ Bielefeld, Heeper Str. 132, Kino

Dokumentarfilm: "Frauen als Beute – Wehrmacht und Prostitution"

im Rahmen der Ausstellung Lagerbordelle - Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern



Frauen als Beute – Wehrmacht und Prostitution, D 2005
Thomas Gaevert und Martin Hilbert beleuchten ein weitgehend verschwiegenes Kapitel deutscher
Kriegsführung: die Institutionalisierung sexualisierter Gewalt im Zweiten Weltkrieg. Augenzeug_innen
berichten über Wehrmachtsbordelle, Sex-Zwangsarbeit und Stigmatisierung.

Weitere Informationen:
http://www.medicamondiale.org/fileadmin ... 100511.pdf

Quelle:
http://bielefeld.gucken.org/veranstaltu ... g-lagerbo/





Bisher hat sich noch keine Regierung bei den Sexworkern, die als sog. Asoziale ins KZ kamen und dann evt. auch im Lagerbordell endeten, entschuldigt:
viewtopic.php?p=37605#37605
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 30.10.2012, 00:11, insgesamt 1-mal geändert.

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2. Weltkrieg

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bild


Dokumentarfilm 2005: Frauen als Beute

Wehrmacht und Prostitution - über den Missbrauch von Frauen in deutschen Militärbordellen



Eine Dokumentation von Thomas Gaevert und Martin Hilbert

Redaktion: Beate Schlanstein
Kamera: Martin Hilbert, Simon Schläger
Schnitt: Maya Raue
Ton: Jan Christoph Bieselt, Dominik Berg
Grafik: Jan Christoph Bieselt
Musik: Reinhard Schaub
Sprecher: Barbara Schnitzler, Pauline Knof, Inge Schönberg, Josef Tratnik, Heinz Neumann

Produktion: D 2005, Aquino Film

Infotext:
www.absolutondemand.de/movie.php?id=19



Farbe + s/w, 43 Min.:
http://video.google.com/videoplay?docid ... 8094898839





(Hatte den Film oben schon mal verlinkt - sorry.)

Dort auch das erschreckend ausgrenzende Geständnis einer Mitgefangenen über ihre Gewalttat an einer Zwangs-Prostituierten:
viewtopic.php?p=61139#61139
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 06.05.2010, 13:34, insgesamt 2-mal geändert.

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Historische Forschungsarbeit

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Info zur Doktorarbeit von Insa Meinen 1999:

Wehrmacht und Prostitution im besetzten Frankreich



http://www.presse.uni-oldenburg.de/einb ... meinen.htm

http://www.amazon.de/dp/3861087898





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Sexworker kamen ins KZ

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Fall der 21jährigen Annemarie S.
aus Köln



Bild

* 13. 2. 1919 in Köln
+ 28. 12. 1944 im KZ Ravensbrück

Sie wurde als Prostituierte denunziert.

Am 7. Nov. 1942 kommt sie ins EL-DE-Haus, die Gestapo-Zentrale in Köln mit dem berüchtigten Gefängniszellentrackt im Keller.

14 Tage bleibt sie dort.

In ihrer Karteikarte der Kriminalpolizei steht unter Beruf: berufslos (Dirne).

Sie wird freigelassen unter der Bedingung künftig mitternachts zu Hause zu sein. Das gelingt ihr zwei Jahre. Dann wird sie einmal erwischt 15 Min. zulange unterwegs gewesen zu sein - ihr Todesurteil.

Sie kommt ins KZ Ravensbrück. Kategorie: gemeinschaftsfremde = asozial = schwarzes Dreieck als Häftlingsabzeichen.

2 Monate nach der Einweisung ist sie tot.




Quelle:
Die Gestapo - Henker an der Heimatfront
Dokumentation von Wolfgang Schoen und Holger Hillesheim
ARD/SWR
Erstsendung: 18. April 2005
www.youtube.com/watch?v=oDYyxIFvDAw#t=08m37s -gelöscht-
http://youtu.be/ASNl3h7B9T8





Fall der Heiligen Hure Hedwig Porschütz aus Berlin:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=106845#106845
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 14.11.2011, 13:57, insgesamt 2-mal geändert.

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35.000 noch nicht entschädigte Opfer aus NS-Brodellen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

EMMA März/April 2007:


Opfer der Opfer

Bordelle für KZ-Häftlinge



Sie waren lange das dunkelste Geheimnis einer dunklen Zeit: Bordelle mitten im KZ, nicht nur für die SS, sondern auch als "Belohnung" für fleißige Häftlilnge mit "Sprungschein".

Der Blick aus dem damaligen Bordellraum auf den Appellplatz im KZ Mauthausen. - Foto: Harald Arnold


Am Morgen des 2. Juli 1943 werden Margarethe W. und einige ihrer Mithäftlinge aus dem Strafblock geholt: „Nummer sowieso, Nummer sowieso, nicht zum Arbeitsappell antreten, drinbleiben! Etwas später mussten wir doch raus, mussten uns anstellen.“ Auf dem Vorplatz der Baracke stehen Lagerkommandant Kögel, fremde SS-Leute und ein weiterer Kommandant, den Margarethe W. nicht kennt. Die Männer schreiten die Frauengruppe ab und winken einige heraus, darunter auch Margarethe W. Die 25-Jährige aus Güstrow hatte als Köchin auf einem Gut bei Rostock gearbeitet und eine Liaison mit einem Gastwirt im Nachbarort, einem „Halbjuden“, begonnen: „Rassenschande“.

Sie erinnert sich: „In einem Raum mussten wir uns alle ausziehen, nackend. Dann kam diese SS-Horde rein, da war auch Schiedlausky, der Lagerarzt, dabei. Da haben sie uns gemustert. Ich hörte, wie der Schiedlausky sagte: ‚Was, das Gerippe wollen Sie auch haben?‘ Damit war ich gemeint. Da sagte der fremde Kommandant: ‚Die füttern wir uns schon wieder raus. Die kriegt was auf die Knochen, die ist an und für sich gut gebaut.“

Margarete W. ahnt, wofür sie und ihre Leidensgefährtinnen gerade selektiert worden sind. „Ich hatte von einem Kapo gehört, dass es Bordelle gab für die jugoslawische SS in Berlin. Und wenn diese Frauenhäftlinge ‚ausgeleiert‘ waren, hat man sie erschossen, und dann kam ein neuer Transport.“

Was Margarethe W. nicht weiß: Die Männer, denen sie künftig zur Verfügung stehen soll, sind nicht die SS-Schergen – die Bewacher, Folterer und Mörder – sondern die eigenen Mithäftlinge.

Schon ab Kriegsbeginn hatten die Nationalsozialisten begonnen, die „Manneskraft“ der deutschen Truppen mit rund 500 Wehrmachtsbordellen zu stärken. Auch den braunen Elitetruppen der SS mussten verschleppte Frauen in eigens dafür errichteten Bordellen, die als „Folterkammern“ galten, zu Diensten sein. „Die Dirne kann uns gleichgültig sein“, erklärte Propagandaminister Goebbels. „Je mehr eine Dirne ausgenutzt wird und je schneller sie dadurch ausgemerzt wird, umso besser ist es.“

Mit dem Anrollen der Kriegsmaschinerie sollte nun auch die Arbeitsleistung der Häftlinge in den Konzentrationslagern gestärkt werden. Im März 1942 verkündete Heinrich Himmler, „dass den fleißig arbeitenden Gefangenen Weiber in Bordellen zugeführt werden sollen“.

Das erste KZ, in dem ein Häftlings-Bordell eingerichtet wird, ist Mauthausen. Dort gibt es ab jetzt ein Antragsformular, genannt „Sprungschein“: „Der Häftlg. Nr.___ bittet gehorsamst, das Bordell besuchen zu dürfen“. Ein Besuch kostet zwei Mark.

Zu denen, die die Lagerchefs für den Dienst in den Bordellen aussuchen, gehören zunächst überwiegend angeblich „verdorbene“ Frauen, die – tatsächlich oder vermeintlich – „Dirnen“ gewesen waren und darum als „Asoziale“ ins KZ verschleppt wurden. In bewährter Bigotterie hatten die Nationalsozialisten Prostitution zwar nicht verboten, wohl aber mehr oder weniger willkürlich diejenigen Frauen verfolgt, die sich „öffentlich in auffälliger Weise zur Unzucht anbieten“. Himmler: „Für uns kommt es nur darauf an, wie die Wirkung auf die Allgemeinheit und das Straßenbild ist.“

Als jedoch immer mehr Häftlingsbordelle errichtet werden – zwölf insgesamt – reicht der Nachschub aus dem „Hurenblock“ nicht mehr aus. Jetzt werden auch Frauen, die sich anderer „asozialer“ Vergehen „schuldig gemacht“ haben, für die verordneten Vergewaltigungen ausgesucht: Zum Beispiel Lesben oder solche, die mit einem Juden, Franzosen oder Polen „Rassenschande“ begangen hatten. Zuguterletzt müssen auch die „Politischen“ ihren eigenen Genossen zu Diensten sein. Bei der Rückkehr ins Lager werden sie dann zu „Asozialen“ heruntergestuft. Wenn sie zurückkehrten. Denn wer schwanger oder geschlechtskrank geworden war, wird „liquidiert“.

Mindestens 35.000 Frauen wurden bis zum Ende der braunen Ära in Bordelle verschleppt. [Entspricht ca. 70 Frauen auf 500 Wehrmachtsbordellen in 7 Nazi-Jahren. In den drei Konzentrationslagern Auschwitz bei Krakow, Buchenwald bei Weimar und Dachau bei München waren ca. 300 bis 400 Frauen als Zwangsprostituierte. Anm.] Die meisten von ihnen rekrutierten die Nazis im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. [Dort waren zwischen 1939 und 1945 mehr als 130.000 Frauen aus mehr als 40 Ländern inhaftiert. Also wurden quasi 27% d.h. fast 1/3 der Inhaftierten der Prostitution zwangsweise zugeführt. Oder mit anderen Worten: unter den Nazis hieß Frauen-Zwangsarbeit zu einem Drittel Sexarbeit.. Eine krasse Aussage zum Frauenbild der damaligen Zeitverhältnisse. Anm.]

Wie Margarethe W., die „Nr. 13“ unter den 16 Frauen des Häftlingsbordells im KZ Buchenwald in Ostdeutschland. [Dort mußten Prostituierte ab Juli 1943 arbeiten mußten. Ende 1943 war das Lager Buchenwald mit 37.319 Häftlingen voll überbelegt [Wikipedia]. D.h. 1 Prostituierte kam auf über 2.300 sonstige Häftlinge. Anm.].

Drei Wochen hat sie zunächst „Schonzeit“, weil sie zum Skelett abgemagert ist. „Als ich wieder gesund war und dann doch ran musste, wollte ich nicht mehr. Ich überlegte dauernd, wie geht es am besten, Schluss zu machen? Ich habe es nicht gemacht und musste dann zum ersten Mal doch einen Häftling nehmen. Wir mussten nun jeden Abend acht Männer über uns rübersteigen lassen, innerhalb von zwei Stunden.“ [d.h. im 15 Minutentakt; vgl. heutiges Preis/Zeitverhältnis im Laufhaus. Anm.]

Zwei politische Häftlinge sorgen dafür, dass ihr die täglichen Fließband-Vergewaltigungen erspart bleiben. Sie selbst haben aber keine Skrupel, ihr „Recht“ zu verlangen. „Die haben den anderen Häftlingen gesagt: Die 13, die gehört uns. Von Anfang an wurde beschlossen: Wir schicken dir Häftlinge, die tun dir nichts, aber wenn wir kommen – wir wollen unseren Teil. Die beiden kamen abwechselnd, der eine kam den einen Tag, der andere den nächsten.“ [Schutzdienstleistungs-Zuhälterei sogar im KZ-Bordell Sic!!! Anm.]

Später wird Margarethe W. doch noch versuchen, „Schluss zu machen“. Nämlich als zu Weihnachten einer der beiden Häftlinge, Heinz, von seiner Mutter ein Weihnachtspaket bekommt. „Er gab mir ein paar braune Lebkuchen und weiße Pfeffernüsse ab und meinte, ich würde ja sicher auch ein Paket kriegen. Ich hab gesagt, nein, ich krieg keins. Er hat dann ehrlich mit mir geteilt. Als er weg war, hab ich einen Moralischen gekriegt [weil sie ihn angelogen hatte?]. Ich hab mir die Pulsadern geöffnet.“

Während die Existenz der Wehrmachts- und SS-Bordelle recht rasch bekannt wurde, blieben die Häftlingsbordelle lange Zeit unter einem doppelten Mantel des Schweigens verborgen. Zunächst versuchten die Nationalsozialisten selbst die Tatsache, dass sie nun auch Häftlinge in ihr Bordell-Belohnungssystem einbezogen hatten, geflissentlich zu verbergen. Schriftwechsel über die Bordelle trugen den Stempel „Geheim“, bei Lager-Führungen durften die eingezäunten Baracken am Rande der Lager Besuchern nicht gezeigt oder auch nur erwähnt werden. Aber auch nach Kriegsende ging das verschämte Verstecken des Unerhörten weiter. Auch die KZ-Gedenkstätten verschweigen nach 1945 die Häftlingsbordelle.

In der Gedenkstätte Buchenwald zum Beispiel, die auf ehemaligem DDR-Gebiet liegt, haben die MitarbeiterInnen bis in die 90er Jahre hinein die Anordnung, das Bordell nicht zu erwähnen und auf Fragen dazu möglichst knapp zu antworten. Und auch die Lagergemeinschaften, die sich nach der Befreiung bilden, klammern die Erinnerung an das Leid der zwangsprostituierten Frauen und die kollaborierenden Männer aus. Oder sie bagatellisieren mit der Begründung: Die Frauen seien schließlich schon vor ihrer Inhaftierung Prostituierte gewesen und hätten sich „bis auf wenige Ausnahmen in ihr Schicksal hemmungslos gefügt“. [Die Verbrechen der Nazis waren insofern auch hier ganz im Einklang mit der Volksmehrheit!!! Anm.]

  • Bild

    „Die Teilhabe von männlichen Häftlingen an der von der SS organisierten sexuellen Gewalt gegen Frauen, Häftlinge wie sie selbst, durfte die Narratio des Überlebens nicht beflecken.“

    „Befleckt blieben hingegen die Frauen, die ihre Zwangsprostituierung in den Lagern überlebt hatten,“


    erläutert Carola Sachse, Professorin am Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien.
Es ist der Historikerin und elf ihrer StudentInnen zu verdanken, dass der Mantel des Schweigens nun endgültig von dem so gründlich verschütteten Tabuthema genommen wurde.

Die erste, die sich auf die Spurensuche begab, war Anfang der 90er Christa Paul. Bei einem Auschwitz-Besuch hatte die deutsche Historikerin einen Überlebenden von einem Häftlingsbordell erzählen hören. Sie forschte nach und veröffentlichte 1992 einen ersten Text in EMMA. Zwei Jahre später folgte ihr Buch über ‚Staatlich errichtete Bordelle im Nationalsozialismus‘, in dem auch Margarethe W. ihre Geschichte erzählte. Dann herrschte lange wieder Schweigen.

Erst zehn Jahre später stießen in Wien die angehenden HistorikerInnen bei ihren Forschungen über das österreichische KZ Mauthausen auf das Ungeheuerliche und beschlossen, es einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Auf Initiative von Katharina Kniefacz, Baris Alakus und ihren neun KommilitonInnen entstand so die erste Ausstellung über die Häftlingsbordelle.

Sie zeigt Fotos zum Beispiel der „Koberzimmer“ mit ihren Sehschlitzen, durch die die SS den korrekten „Vollzug“ überwachen konnte. Texttafeln, ein Dokumentarfilm und ein Hörspiel beschreiben das Grauen.

Heute stehen nur noch zwei der Bordell-Baracken, denn außer den Gedenkstätten Mauthausen und Gusen haben alle anderen die Orte der Schande in der Schande abgerissen. [Sexarbeit soll generell und so auch heute überall unsichtbar sein: Straßenstrich daher nur am Stadtrand (Sperrgebietsverordnung), Bordell im Rotlichtghetto hinter Sichtschutzblenden oder im unsichtbaren Wohnungsbordell (Werbeverbot)... Anm.]

Margarethe W., die nach Kriegsende zunächst in der DDR lebte, wurde dort als ‚Opfer des Faschismus‘ anerkannt. Als sie vor dem Mauerbau in die BRD umsiedelte, stellte sie einen Antrag auf Anerkennung als „politisch Verfolgte“ nach dem Bundesentschädigungsgesetz. Der Antrag wurde abgelehnt. Begründung: Frau W. sei wegen ihres „asozialen Verhaltens“ verhaftet worden.


Weiterlesen:
Geheimsache Häftlingsbordelle in deutschen KZ (3/92)

Baris Alakus u.a.: Sex-Zwangsarbeit in nationalsozialistischen Konzentrationslagern (mandelbaum, 17.80 €).

Christa Paul: Zwangsprostitution. Staatlich errichtete Bordelle im Nationalsozialismus (Edition Hentrich, 14.90 €).

www.dieAussteller.at

www.ravensbrueck.de



Quelle: EMMA März/April 2007
http://www.emma.de/ressorts/artikel/pro ... aeftlinge/






Ich danke der Zeitschrift Emma, diesen wertvollen Beitrag zur Erforschung der gemeinsamen (Leidens-)geschichte der Sexworker abgedruckt zu haben. (Der mir erst heute durch die Suchmaschinen mitgeteilt wurde.)





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 14.05.2010, 12:13, insgesamt 8-mal geändert.

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Ausstellung 2007 in Mauthausen und Ravensbrück

Beitrag von Marc of Frankfurt »


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Internierung Weltweit

Beitrag von Marc of Frankfurt »

off topic:

Das Lagersystem in den USA seit 1942 (Kriegseintritt), für Einwohner und Staatsbürger mit nichtamerikanischem Ursprung im Rahmen von Zivilverteidigung und Katastrophenschutz.

Dokumentarfilm homepage
www.campFEMA.com

Part 1 of 10
http://www.youtube.com/watch?v=M5SYFiqEJ6w

Federal Emergency Management Agency
http://www.fema.gov
http://de.wikipedia.org/wiki/Federal_Em ... ent_Agency





Internierte Sexworker bei Kriegserklärung 1917 aus Deutschland und Österreich in Thailand:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=80534#80534

Das Lagersystem der heutigen EU Staaten im Schengen-Raum:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=57916#57916





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 26.06.2010, 11:45, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Neue Forschung zum D-Day:

Muß die Sieger-Geschichte umgeschrieben werden?



US-Militärhistoriker Antony Beevor zeichnet ein kritisches Bild von den Befreiern:

Die US-Armee verwandele Paris, den Stolz der "Grande Nation", in ein Freudenhaus, so die aufkommende Kritik vieler Franzosen. Eine nachhaltige Katerstimmung machte sich breit. "Im Volksmund wurde das Vergnügungsviertel Pigalle nur noch Pig-Allee, zu Deutsch: ‚Schweineallee‘ genannt.

In den Bordellen wurden jeden Tag mehr als 10.000 Soldaten bedient. Die GIs warfen mit Dollars um sich und betranken sich auf offener Straße.

Das war ein krasser Gegensatz zu den Deutschen. Die durften noch nicht mal auf der Straße rauchen", weiß Beevor.

Die von den demokratischen Siegermächten reaktivierte freie Marktwirtschaft zeigt sich direkt von ihrer krassesten Seite, aber eben doch einer freien im Gegensatz zur staatlichen Zwangsprostitution.



Antony Beevor:
D-Day: Die Schlacht um die Normandie
C. Bertelsmann Verlag, 2010
ISBN-13: 978-3570100073
28,00 EUR
http://www.amazon.de/dp/3570100073
http://www.daserste.de/ttt/beitrag_dyn~ ... 2dy~cm.asp

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Marc of Frankfurt
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Survivor of Military Sexual Slavery

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Schicksal einer koreanischen "Trostfrau"

Zertretene Ehre im Militärbordell



Die Koreanerin Won Ok Gil wurde in japanischen Militärbordellen zur Prostitution gezwungen. Sie gehört zu den wenigen, die offen darüber reden.

Won Ok Gil war eine sogenannte "Trostfrau".
Foto: Getty

Won Ok Gil schließt die Augen. Es dauert eine Weile, bis ihre Antwort kommt. Vielleicht muss sie sich erst die Bilder in Erinnerung rufen. Es ist ja alles mehr als 70 Jahre her. „Ich spielte mit drei Freundinnen auf der Straße“, sagt sie schließlich, „da kam eine Frau auf uns zu und sagte, wir könnten in einer Fabrik arbeiten, Geld verdienen, und eine Ausbildung gebe es da auch. Hinter ihr stand ein Mann. Mich wollten sie zuerst nicht mitnehmen, weil ich zu klein war. Aber ich bettelte, bis schließlich auch ich mit durfte. Als ich am Bahnhof den Zug bestieg, hatte ich die anderen Mädchen aus den Augen verloren. Ich heulte, wollte zurück zu Mama. Da war es schon zu spät.“ Zwölf Jahre war sie damals alt. Fünf Jahre sollte der Horror dauern.

Won Ok Gil wuchs mit ihren vier Geschwistern in sehr armen Verhältnissen in Pjöngjang auf, der heutigen Hauptstadt Nordkoreas. Der Vater führte einen Gebrauchtwarenladen, die Mutter verkaufte Fische. Es muss 1939 gewesen sein, vielleicht auch 1940, als sie verschleppt wurde. Die koreanische Halbinsel war seit 1905 eine Provinz Japans. Nun herrschte schon seit zwei Jahren Krieg im Fernen Osten: Japan hatte China überfallen und eroberte ein Land nach dem anderen. In den besetzten Gebieten – in China, Thailand, Birma, Indochina, Indonesien –, aber auch in Korea und in Japan selbst richtete die Armee Hunderte von Militärbordellen ein, die sie „Troststationen“ nannte. All dies wusste Won Ok Gil nicht, als sie in Pjöngjang ahnungslos auf der Straße spielte und von der Weltgeschichte eingeholt wurde.

Nach offizieller Lesart sollten die „Troststationen“ den Kampfgeist der japanischen Soldaten steigern, sie vor Geschlechtskrankheiten schützen und Massenvergewaltigungen durch die Truppe in den besetzten Gebieten vorbeugen. Mehr als 200.000 Mädchen und Frauen wurden in die Prostitution gezwungen, etwa die Hälfte von ihnen Koreanerinnen. Sie wurden „Trostfrauen“ genannt. Won Ok Gil war eine von ihnen.


Zum zweiten Mal verschleppt

Mit 82 Jahren ist sie nun nach Berlin gekommen, um über das Schicksal der Zwangsprostituierten zu berichten. Ihr kleiner Körper verschwindet fast im hellgrünen Hanbok, dem traditionellen koreanischen Kleid, das eine weinrote Schlaufe mit Silberbrosche ziert. Auf ihrer Visitenkarte steht: „Won Ok Gil, a survivor of Military Sexual Slavery.“ Eine Überlebende der sexuellen Sklaverei der Militärs.

Schätzungen zufolge überlebten nur etwa 30 Prozent der verschleppten Mädchen und Frauen den Krieg. Die allermeisten von ihnen schämten sich, hatten Schuldgefühle und erzählten nicht einmal den engsten Familienangehörigen von ihren schrecklichen Erfahrungen. Auch Won Ok Gil hat fast 60 Jahre lang aus Scham geschwiegen. Jetzt spricht sie.

Haus „Tokiwa“ – auf Japanisch: Ewigkeit – hieß das Militärbordell im besetzten China, in das Won Ok Gil zuerst geschickt wurde. Als sie dort eintraf, hatte sie noch nicht einmal die erste Menstruation gehabt. Und als diese nach den ersten Vergewaltigungen einsetzte, war sie ratlos, wusste nicht, was mit ihrem Körper geschah. Eine erwachsene „Trostfrau“ klärte sie auf, half ihr. „Aber richtig angefreundet mit den anderen Mädchen habe ich mich nie“, sagt Won Ok Gil. „Ich hatte genug mit mir selbst zu tun, mit meinem Körper, mit meinen Schmerzen.“


Bordelle für Besatzer

Im Fernen Osten begann der Zweite Weltkrieg schon 1937 mit dem Überfall der japanischen Armee auf China. In Nanking ermordeten die kaiserlichen Soldaten mindestens 200.000 Menschen. Mehr als 20.000 Frauen wurden vergewaltigt.

Die Militärführung richtete in der Folgezeit Militärbordelle ein – auch zum „Schutz der Frauen vor Massenvergewaltigungen“, erklärte sie. In den besetzten Gebieten, aber auch in Japan selbst, entstanden „Troststationen“ für Soldaten. Mehr als 200.000 Trostfrauen„ wurden zur Prostitution gezwungen.

Jede Woche kam ein Militärarzt und kontrollierte die Frauen auf Syphilis und Tripper. Nach einem Jahr wurde Won Ok Gil nach Hause geschickt, weil sie geschlechtskrank war. „Andere wurden einfach getötet, wenn sie sich eine Geschlechtskrankheit geholt hatten. Ich hatte Glück“, sagt sie.

„In Pjöngjang entfernte man mir eine Geschwulst und verletzte dabei die Eierstöcke. Nach vier Operationen war ich definitiv unfruchtbar.“ Won Ok Gil berichtet über ihre Geschichte so ungerührt, als spräche sie über eine andere Person. Vielleicht hat sie alles schon zu oft erzählt.

Als sie geheilt war, fand sie Arbeit in einer japanischen Munitionsfabrik. „Ich hatte erst wenige Tage gearbeitet, da schrie einer: ,Hanako!' Es war der japanische Namen, den man mir im Haus Tokiwa gegeben hatte.“ Der Mann, der sie erkannt hatte, war derselbe, der sie nach Hause begleitet hatte. Zum zweiten Mal wurde sie verschleppt, wieder in ein Soldatenbordell, wieder nach China. Won Ok Gil war inzwischen 13 Jahre alt. Von ihren Eltern konnte sie sich nicht mehr verabschieden. Sie hat sie nie wieder gesehen.

Im neuen „Trosthaus“ ging es weit brutaler zu. Won Ok Gil beugt den Kopf und zeigt die Narben in der Schädeldecke unter ihrem ergrauten Haar. Auch ihre Beine sind von Narben übersät. Mit dem Säbel zerschnitten die Soldaten ihre Kleider, wenn sie sich nicht schnell genug auszog. Täglich wurde Won Ok Gil von zehn, zwanzig und manchmal wohl auch noch mehr Männern vergewaltigt. Es liegt alles weit zurück, sehr weit. Aber auch heute noch kämpft sie mit den physischen und psychischen Folgen. Sie nimmt Tabletten, hat Albträume.

Im August 1945, kurz nach dem Abwurf der US-Atombomben über Hiroshima und Nagasaki, streckte die eine Million Mann starke japanische China-Armee die Waffen. „Die Soldaten waren von einem Tag auf den anderen weg.“ Won Ok Gil war 18 Jahre alt und frei.

In Incheon betrat sie im Herbst 1945 wieder heimatlichen Boden. Zur Familie zurückkehren mochte sie nicht. Eine Ausbildung hatte sie nicht. So schlug sie sich mit dem Verkauf von Obst, Gemüse und Stoffen durchs Leben. Und sie adoptierte einen Säugling, den ihr eine Marktfrau gleich nach der Abnabelung hingelegt hatte. Geheiratet hat sie nie – „ich hatte ja immer Schmerzen“. Aber auf ihren Adoptivsohn, der heute 52 Jahre alt ist und als evangelischer Pfarrer arbeitet, ist sie stolz. Um ihm das Studium zu ermöglichen, hat sie oft nur einmal am Tag gegessen.


Alles abgegolten

Über ihre leidvolle Vergangenheit aber erzählte sie auch ihm nichts. Das Schicksal der „Trostfrauen“ war absolut tabu, sowohl in Japan als auch in Korea. Die Opfer behielten ihren Schmerz für sich. Erst 1991 brach die ehemalige Zwangsprostituierte Kim Hak Soon das Schweigen. In einer vom Fernsehen übertragenen Pressekonferenz berichtete die Südkoreanerin über ihr Leben als „Trostfrau“ in einem Bordell der japanischen Armee.

Seit 1992 demonstrieren die Opfer und ihre Angehörigen jeden Mittwoch vor der japanischen Botschaft in Seoul und verlangen, dass die Regierung in Tokio die „Trostfrauen“ endlich entschädigt. Won Ok Gil zögerte noch bis 2003, ehe sie zum ersten Mal zu der Kundgebung ging und sich damit outete.

Wie sie haben allein in Südkorea seit der Pressekonferenz von Kim Hak Soon 233 Frauen ihre Leidensgeschichte öffentlich gemacht. Heute leben noch 83 von ihnen. „Lieber Herr Außenminister“, schrieben sie in diesem Frühjahr an Japans obersten Diplomaten, „wir kämpfen weiter darum, jeden Tag zu überstehen, um unsere zertretene Ehre wiederzuerlangen. Das kann nur durch die Öffnung aller Archive, durch eine offizielle Entschuldigung und Entschädigung geschehen.“

Eine Antwort erhielten sie nicht. Japans Regierung stellt sich auf den Standpunkt, dass mit dem 1965 mit Südkorea abgeschlossenen Reparationsabkommen sämtliche Ansprüche abgegolten seien. Von der Zwangsprostitution ist in dem Vertrag nirgends die Rede.

Zwei der Verfasserinnen des Briefes sind inzwischen gestorben. Die Überlebenden sind alle über 80 Jahre alt. Es scheint, dass Japan auf eine biologische Lösung setzt.


http://www.fr-online.de/panorama/zertre ... index.html



200.000 Zwansgprostituierte
1.000.000 japanische Soldaten

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Ariane
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RE: Unwort: "Zwangsprostitution" vs. Bordelle im K

Beitrag von Ariane »

Habe hier noch nichts zur Namensgebung der englischen Band "Joy Division" finden können:

"Joy Division war eine englische Rockband, die sich im Jahre 1977 zunächst unter dem Namen Warsaw in Manchester zusammenfand. Der Name Warsaw geht auf den Song Warszawa von David Bowie zurück. Der spätere Name Joy Division leitete sich von einer angeblichen Prostituierten-Riege der deutschen Wehrmacht ab, die im Roman The House of Dolls des ehemaligen KZ-Häftlings Yehiel Feiner (erschienen unter seiner KZ-Registriernummer Ka-Tzetnik 135633, Anm. v. mir) beschrieben wird."Wiki-Eintrag "angebliche Prostituierten-Riege" klingt recht diffus; woanders liest man von "Zwangsprostituierten" in diesem Zusammenhang.

Hat jemand dieses Buch gelesen? Gibt es weitere Quellen, die weiterführend sind? Wäre ggf. eine Korrektur des Wiki-Eintrags wert. BTW: Sexarbeit im Medium Internet: sind alle mit dem aktuellen Wikipedia Eintrag "Prostitution" einverstanden?

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar

Sonderausstellung: Erzwungene Prostitution im KZ



Die Gedenkstätte Buchenwald zeigt ab Freitag eine Sonderausstellung zur Zwangsprostitution weiblicher KZ-Häftlinge.
Das ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar
Die Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar.

Die Ausstellung trägt den Titel "Lagerbordelle. Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern". Wie ein Sprecher der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora am Montag mitteilte, soll sowohl die Perspektive der betroffenen Frauen wie auch die Organisation und Funktion der Lagerbordelle aus Sicht der SS gezeigt werden. Dazu wurden über 150 Dokumente und Fotos zusammengetragen. Der Stiftung zufolge gab es seit 1942 in insgesamt 10 Konzentrationslagern Bordelle. Die von der SS sogenannten Sonderbauten seien ein "absurder Versuch gewesen, im Rahmen eines Prämiensystems die Arbeitsproduktivität der Häftlinge in der Rüstungsindustrie zu steigern", sagte der Sprecher.

1943 habe die SS 16 weibliche Häftlinge zwischen 20 und 40 Jahren in den "Sonderbau" des KZ Buchenwald gebracht.

Bis 1945 mussten mehr als 200 weibliche Häftlinge in den Lagerbordellen Zwangsarbeit leisten.


Bei der Sonderschau handelt es sich um eine Wanderausstellung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück/Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. "Lagerbordelle. Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern" ist bis Ende November zu sehen.



http://www.mdr.de/thueringen/7595752.html

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Beitrag von ehemaliger_User »

In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald findet bis zum 28. November 2010 eine Ausstellung über Bordelle in deutschen KZ`s statt.

Vollständigen Artikel auf Suite101.de lesen:Sex-Zwangsarbeiter im KZ Buchenwald

Es ist eines der letzten Tabuthemen des Zweiten Weltkrieges und zu den deutschen Konzentrationslagern während der Zeit des Dritten Reiches. Bordelle, in denen weibliche Gefangene zum Sexualverkehr gezwungen wurden. Auch die Freier waren Häftlinge, das Ganze war Teil eines straff durchorganisierten SS-Lagersystems. Es ist ein mehr als makaberes Kapitel aus der Zeit des Nationalsozialismus, was in den letzten Jahren nie groß an die Öffentlichkeit gelangt ist. Erst jetzt, mit einer Ausstellung im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald (Thüringen) erlangt der Interessierte einen faktenreichen, nüchternen und auch erschütternden Blick auf dieses heikle Thema.
Der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, wies 1942 an, Bordelle in Konzentrationslagern zu errichten

Niemand geringeres als der damalige Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, wies im Jahr 1942 an, in zehn deutschen Konzentrationslagern Bordelle zu errichten. Ziel dieser Einrichtungen war es, die Arbeitsmoral der männlichen Gefangenen zu steigern. Den Gefangenen wurden Bordellbesuche als Belohnung in Aussicht gestellt, dadurch sollten sie zu Leistung und Wohlverhalten angespornt werden. Dieses System hinter den Mauern der Konzentrationslager setzte einen männlichen und legitimen Drang nach Sexualität voraus und deklarierte weibliche Gefangene in perfider Art und Weise zu Objekten.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 mussten mehr als 200 weibliche Gefangene, unter anderem aus Weißrussland, Polen, der Ukraine, den Niederlanden und Deutschland in den zehn Konzentrationslagern als Prostituierte arbeiten. Unter anderem wurden 16 weibliche Gefangene, alle zwischen 20 und 40 Jahre alt, vom KZ Ravensbrück in das KZ Buchenwald verbracht, um dort als Prostituierte zu arbeiten. Einigen von ihnen wurde im Vorfeld offensichtlich versprochen, dass sie nach einem halben Jahr als Prostituierte in Buchenwald entlassen werden würden. Andere wurden einfach von der SS zwangsrekrutiert.

Es gab anständige Kleidung, etwas zu essen und eine gute Unterkunft für die Prostituierten in den Konzentrationslagern

Oberflächlich betrachtet ging es den weiblichen Gefangenen, die in den Konzentrationslagern als Prostituierte arbeiten mussten, besser als dem Rest der Gefangenen. Sie bekamen anständige Kleidung und regelmäßige Mahlzeiten, dazu hausten sie in vergleichsweise guten Unterkünften. Auch ging die SS getreu dem Klischeedenken davon aus, dass jemand, der diese Arbeit im KZ tut, dies wohl auch früher schon getan habe und Freude daran hatte, mit wechselnden Partnern Sexualverkehr zu pflegen.

Die SS mit ihrer deutschen Gründlichkeit überließ in diesem perversen System nichts dem Zufall. Die Prostituierten wurden zu strenger Hygiene angehalten und regelmäßig gynäkologisch durch einen Stabsarzt untersucht. All dies wurde genauso akribisch archiviert, wie auch die Frequenz der Bordellbesuche in den einzelnen Konzentrationslagern.
Die Prostituierten im Konzentrationslager Buchenwald litten unter starker Einsamkeit und Leere

Im Rahmen der derzeitigen Ausstellung im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald hat der Besucher auch die Möglichkeit in einem Erinnerungsprotokoll einer ehemaligen Lagerprostituierten zu lesen. Dabei erfährt man von einer großen inneren Einsamkeit und einem gescheiterten Selbstmordversuch. Man erfährt von der Angst an arbeitsfreien Vormittagen vor dem, was die Frauen am Abend wieder und wieder erwarten würde.

Zahlenmäßig waren es sicherlich nur wenige männliche Gefangene, die von der Lagerleitung mit einem Bordellbesuch „belohnt“ wurden. Doch diese fügten den Prostituierten großes Leid zu. Zwei Mark in der Lagerwährung mussten die Männer für einen Liebesdienst bezahlen. Davon bekam die weibliche Prostituierte 45 Pfennige. Fünf Pfennige gingen an die Bordellverwaltung und der Rest floss an die SS. Nur wenige der männlichen Gefangenen, die diese Dienste während ihrer Gefangenschaft in Anspruch genommen hatten, bekannten sich später dazu.

Viele Häftlinge sprachen später in ihren Memoiren und Erinnerungen von „anderen Männern“, die die diversen Lagebordelle besuchten, selber war man natürlich nie unter diesen Häftlingen. Dies lässt ganz stark vermuten, dass den männlichen Gefangenen in den betroffenen Konzentrationslagern sehr wohl bewusst war, dass diese weiblichen Gefangenen stark sexuell erniedrigt worden sind.
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Ariane
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der größte Zuhälter der deutschen Kriminalgeschichte

Beitrag von Ariane »

zur Wanderausstellung in Buchenwald heute ein Artikel in der Welt:

"Heinrich Himmler war nicht nur ein Mörder, sondern der wohl größte Zuhälter der deutschen Kriminalgeschichte.

Getarnt wird, was als verwerflich gilt – selbst im streng geheimen Schriftverkehr von Massenmördern. Auch intern vermied die SS konkrete Begriffe für den millionenfachen Judenmord und schrieb statt dessen „Sonderbehandlung“. Als genauso anrüchig galt in Heinrich Himmlers Apparat offenbar eine andere Einrichtung. Wie sonst ist zu erklären, dass die ab 1942 in fast allen großen KZs eingerichteten Lagerbordelle in den Akten schamhaft „Sonderbau“ hießen?

Heute ist allgemein bekannt, dass die Konzentrationslager große Höllen auf Erden waren. Wer aber weiß schon, dass zu bewusst miserablen „Lebens“-Bedingungen, zu sadistischen Quälereien und völliger Rechtlosigkeit der Insassen bis hin zur „Vernichtung durch Arbeit“ auch noch sexuelle Ausbeutung kam? Ausgerechnet der Pedant Himmler war, gemessen an der Zahl „seiner“ Zwangsprostituierten, der wohl größte Zuhälter der deutschen Kriminalgeschichte. Dieses Kapitel hat die KZ-Gedenkstätte Ravensbrück in einer Wanderausstellung aufgearbeitet, die derzeit in Buchenwald bei Weimar zu sehen ist."



Die Welt

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Fachbuch:


Eroberungen:

Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion 1941 – 1945

Studie der Historikerin Regina Mühlhäuser
Hamburger Institut für Sozialforschung



Es gab Schutzprostitution, Nahrungsmittelprostitution, sexueller Tauschhandel ... Liebe


17 Millionen an allen Fronten eingesetzten deutschen Soldaten.

Bis 1944 wurden knapp 5.500 Männer wegen Sittlichkeitsverbrechen verurteilt [0,03%].
Zum Vergleich: 1,5 Millionen Urteile gab es wegen Fahnenflucht oder Zersetzung der Wehrkraft [9%].
Die tatsächliche Zahl der sexuellen Übergriffe dürfte aber dramatisch höher liegen, wie Regina Mühlhäuser aus Tagebüchern, Briefen, Aktenvermerken und Schilderungen einheimischer Frauen schließt. Klar ist dass sich die Wehrmachtsführung mit dem Problem auseinandergesetzt hat. Pragmatisch denkende Offiziere kamen rasch zur Erkenntnis, dass den Soldaten im Felde vieles zugemutet werden kann, nur bitte kein "Triebstau". Die Probleme lagen für das Militär an anderer Stelle: Die Zahl geschlechtskranker Soldaten war bedrohlich hoch. Also wurden in einigen Bereichen Bordelle eingerichtet.

"Die Idee ist einerseits zu sagen, wir können die Männer sowieso nicht kontrollieren, es wird einfach davon ausgegangen, dass der Mann alleine im Feld sexuelle Kontakte haben muss. Und es wird davon ausgegangen, dass gegen Gesetze, die man erlässt, immer verstoßen wird. Und auf der anderen Seite wird gesagt, wir brauchen die heterosexuellen Kontakte, weil sie eben die männliche Kampfkraft fördern, dann bindet das natürlich auch den Einzelnen an die Armee."

Die einvernehmlichen sexuellen Kontakte, zu denen letztlich auch die Prostitution zählte, darf nicht unterschätzt werden.

Und ein weiteres Problem musste gelöst werden. Viele Frauen wurden schwanger. Auch hier gab es unterschiedliche Vorschläge: Die einen wollten die Kinder möglichst unauffällig verschwinden lassen.

"Es gibt aber 1942 einen Generaloberst Schmidt, der macht eine Tischvorlage für Hitler, in der er sagt, im Osten stehen 6 Millionen deutsche Männer, die Hälfte dieser Männer hat sexuelle Kontakte mit einheimischen Frauen, in wiederum der Hälfte der Fälle werden aus diesen sexuellen Kontakten Kinder entstehen, und er ist sich dann auch nicht zu blöd zu sagen, 750.000 Mädchen und 750.000 Jungen pro Jahr, wir müssen mit diesen Kindern umgehen."


http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/1299284/

http://www.his-online.de/ueber-uns/mita ... tails.html





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