Schweden: Sexkauf als Rücktrittsgrund?
Schwedens Arbeitsminister Sven Otto Littorin: Überraschender Rücktritt
Es war offenbar nicht der vorgebrachte Obsorgestreit, der Minister Littorin quittieren ließ. In Schweden ist der Kauf von Sex verboten.
War es nun der in der Öffentlichkeit ausgetragene Obsorgestreit mit seiner Ex-Frau oder strafbare Handlungen im Bereich der Prostitution?
Vergangene Woche nahm Schwedens Arbeitsminister Sven Otto Littorin, der bis dato als eine Art Wunderkind des bürgerlichen Blocks galt, zehn Wochen vor der Wahl den Hut. Der offizielle Grund: sein Scheidungsdesaster und der öffentlich ausgetragene Kampf um die drei Littorin-Kinder (KURIER.at berichtete, siehe Hintergrund. s.u.).
Doch nun zeigt sich eine andere Seite der Medaille: Littorin ist von der Boulevardzeitung Aftonbladet mit dem Vorwurf konfrontiert worden, er habe käuflichen Sex erworben. Dies ist in Schweden generell strafbar. Littorin hat die Vorwürfe gegenüber Regierungschef Fredrik Reinfeldt als unwahr bezeichnet. Reinfeldt stellte sich am Samstag demonstrativ hinter seinen zurückgetretenen Parteikollegen und sprach diesem sein Vertrauen aus.

Aftonbladet stützt seine Angaben auf die Aussage einer 30-jährigen Frau, die behauptet, Littorin im Spätsommer 2006 einmal um 2000 Kronen (211 Euro) ihre Dienste verkauft zu haben. Littorin soll bei dem via Internet zustande gekommenen Treffen ein Pseudonym benützt haben. In Schweden ist der Kauf von Sex seit 1999 unter Strafe gestellt und kann mit einer Haftstrafe von bis zu sechs Monaten geahndet werden.
Der heute 44-jährige Littorin wurde nach dem Wahlsieg des bürgerlichen Blocks in Schweden im Oktober 2006 als Arbeitsminister angelobt. Littorin ist der vierte Minister, der aus dem Kabinett Reinfeldt vorzeitig ausschied. Schweden befindet sich mitten im Wahlkampf. Am 19. September wird gleichzeitig ein neuer Reichstag sowie die Regional- und Kommunalvertreter gewählt. Umfragen deuten auf ein knappes Rennen zwischen dem bürgerlichen und dem rot-grünen Block hin.
Artikel vom 11.07.2010 apa | csm
http://kurier.at/nachrichten/2015813.php
Schweden: Sexkauf als Rücktrittsgrund?
Schwedens Minister resigniert vor Presse
Vorläufiges Ende eines öffentlichen Ehekampfs: Schwedens Arbeitsminister geht, weil die Presse sein Familiendrama ausschlachtete.
Sven Otto Littorin: "Kein Superman"
Sven Otto Littorin heißt der Mann, der seit Wochen die schwedische Presse beschäftigt. Nicht wegen seiner Leistungen als Arbeitsminister, als heimliches Ass hinter Premier Fredrik Reinfeldt, oder wegen der Wahlen in zehn Wochen. Sondern wegen eines erbitterten Sorgerechtsstreits um die drei Littorin-Kinder, der in aller Öffentlichkeit stattfand. Mit den Worten "Ich bin nicht Superman" trat der Minister im familienrechtlich liberalen Schweden mit Tränen in den Augen zurück. Emma, Gustav und Arvid seien ihm wichtiger als Job und Ministeramt. Der kräftezehrende Kampf und das Verhalten der Presse zwängen ihn zum Rücktritt.
Tatsächlich war der Zwist ums Sorgerecht in der schwedischen Presse zuvor mit Genuss ausgeschlachtet worden. Vor drei Jahren erfolgte die Scheidung von Littorins Frau Ann, doch der Minister gab trotz gemeinsamer Obsorge zu verstehen, dass sein Amt es nicht zulasse, seine drei Kinder alle zwei Wochen zu sich zu nehmen[]u. Littorins Ex-Frau ging in der Zwischenzeit eine neue Beziehung mit einem Mann ein - einem Kriminellen, wie Welt Online berichtet. Daraufhin wollte der konservative Politiker das alleinige Sorgerecht. Die Presse unterstellte ihm, dass er wegen höherer Unterhaltszahlungen eine Kehrtwende in seiner Scheidungstaktik mache.
Für die Boulevardpresse war die Scheidungsschlacht auf dem Rücken der drei Kinder ein gefundenes Fressen, bei dem auch der 44-Jährige nicht immer gut wegkam. Reporter belagerten die Kinder, ein besonders geschmackloses Beispiel war jener Anruf einer Zeitung bei der jugendlichen Tochter: Littorin hatte nach Angaben der Presse einen Schwächeanfall erlitten. Ein Journalist fragte die 16-Jährige, ob sie wisse, dass ihr Vater auf der Herzintensivstation liege. Seinen Rücktritt sieht der Minister nun als Notbremse: "Ich bin nicht gewillt, weiterhin diesen Preis zu zahlen", zitiert ihn Stockholm News.
Diskussion um Väter in Österreich
Auch in Österreich ist die Debatte um Väter- bzw. Kinderrechte im Scheidungsfall voll entbrannt. Im vergangenen Monat ließ Justizministerin Claudia Bandion-Ortner mit einem Vorstoß zur gemeinsamen Obsorge aufhorchen. Seitdem wird heftig über gesellschaftliche Realität, richterlich angeordnete Zwangspausen des Besuchsrechts, Gewalt in der Familie und Väterrechte diskutiert, etwa im Club 2 am Mittwoch.
Seit 1989 gibt es in Österreich das Modell der freiwilligen gemeinsamen Obsorge. Es ist an das Einvernehmen der Eltern gebunden, die Beendigung erfolgt auf Antrag eines Elternteils. Österreich blickt deshalb nach Deutschland: Dort sind nach der Scheidung grundsätzlich beide Eltern für die Kinder zuständig. Ob sich dieses Modell bewährt hat, darüber scheiden sich auch unter Experten die Geister. In Österreich soll jedenfalls nach dem Sommer eine Arbeitsgruppe im Justizministerium eine Lösung suchen.
http://kurier.at/nachrichten/2015109.php