Welt der Wunder - Spezial Mo, 25.10.10 um 22:15 RTL II
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Welt der Wunder - Spezial Mo, 25.10.10 um 22:15 RTL II
Welt der Wunder - Spezial - Prostitution - das wichtigste Gewerbe der Welt!?
Jeden Tag nehmen in Deutschland gut eine Million Männer den Dienst von Prostituierten in Anspruch. Laut Statistik geht jeder dritte deutsche Mann zu einer Prostituierten, egal ob er Single ist oder in einer festen Beziehung. Prostitution ist fast täglich in der Diskussion, ob es nun um die die Anerkennung der Hure als Berufsbild oder um Steuereinnahmen geht. Welt der Wunder begibt sich auf eine provokante Reise in die Rotlichtviertel Deutschlands und blickt hinter die Kulissen des ältesten Gewerbes der Welt, das jährlich 15 Milliarden Euro umsetzt.
Programmhinweis
Jeden Tag nehmen in Deutschland gut eine Million Männer den Dienst von Prostituierten in Anspruch. Laut Statistik geht jeder dritte deutsche Mann zu einer Prostituierten, egal ob er Single ist oder in einer festen Beziehung. Prostitution ist fast täglich in der Diskussion, ob es nun um die die Anerkennung der Hure als Berufsbild oder um Steuereinnahmen geht. Welt der Wunder begibt sich auf eine provokante Reise in die Rotlichtviertel Deutschlands und blickt hinter die Kulissen des ältesten Gewerbes der Welt, das jährlich 15 Milliarden Euro umsetzt.
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Zahlen lügen?
Bei Kunden ist es eingespielt Dienstleistung pro Tag anzugeben
(1 Millionen pro Tag)
Bei Sexworkern eine Absolutzahl
(400.000 in Deutschland)
Dahinter steckt das dem Geschäft immanente und reproduzierte Vorurteil: Einmal Sexworker immer Sexworker.
Bzw. die marktbedingte Asymmetrie dass Sexworker sichtbar sein müssen, weil sie gezwungen sind zu werben (auf der Straße stehen, im Club absitzen, teure Anzeige schalten), während der Kunde mal eben mit hochgeschlagenen Mantelkragen zum schnellen Vergnügen vorbeischauen kann ... ;-)
Da müssen wir uns noch eine geschlechtergerechtere Methodologie der Marktdatenmessung überlegen, die das berichtigt.
Wer mindestens quartalsweise Sexservice konsumiert, sollte m.E. genauso dauerhaft als Kunde gezählt werden, wie z.B. eine Studentin, die am Wochenende im Club arbeitet...
Wenn sich also 1 Millionen Dienstleistungen pro Tag ergeben, weil angenommen im Mittel eine 14tägige Paysexkonsumgewohnheit vorherrscht, so ergeben das 14 Millionen Freier in Deutschland auf 40 Millionen Männer = 35%. Aber bezogen auf die geringere Zahl der Männer im sexaktiven Alter zwischen 18 und 70 Jahren sind das dann nochmal etwas mehr Prozente?
Andere Grenzwerte und Rechenmodelle gefällig?
(1 Millionen pro Tag)
Bei Sexworkern eine Absolutzahl
(400.000 in Deutschland)
Dahinter steckt das dem Geschäft immanente und reproduzierte Vorurteil: Einmal Sexworker immer Sexworker.
Bzw. die marktbedingte Asymmetrie dass Sexworker sichtbar sein müssen, weil sie gezwungen sind zu werben (auf der Straße stehen, im Club absitzen, teure Anzeige schalten), während der Kunde mal eben mit hochgeschlagenen Mantelkragen zum schnellen Vergnügen vorbeischauen kann ... ;-)
Da müssen wir uns noch eine geschlechtergerechtere Methodologie der Marktdatenmessung überlegen, die das berichtigt.
Wer mindestens quartalsweise Sexservice konsumiert, sollte m.E. genauso dauerhaft als Kunde gezählt werden, wie z.B. eine Studentin, die am Wochenende im Club arbeitet...
Wenn sich also 1 Millionen Dienstleistungen pro Tag ergeben, weil angenommen im Mittel eine 14tägige Paysexkonsumgewohnheit vorherrscht, so ergeben das 14 Millionen Freier in Deutschland auf 40 Millionen Männer = 35%. Aber bezogen auf die geringere Zahl der Männer im sexaktiven Alter zwischen 18 und 70 Jahren sind das dann nochmal etwas mehr Prozente?
Andere Grenzwerte und Rechenmodelle gefällig?
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Re: Zahlen lügen?

Was ist daran Vorurteil? Dieser Satz hat doch gar keine negative Aussage!Marc of Frankfurt hat geschrieben: Dahinter steckt das dem Geschäft immanente und reproduzierte Vorurteil: Einmal Sexworker immer Sexworker.
...
Sagt man "Einmal Schornsteinfeger, immer Schornsteifeger", ereifert sich doch auch niemand.
SW müssen aktiv mitwirken, ihre Tätigkeit zum Teil der Normalität werden zu lassen.
Die richtige Reaktion auf diesen "Vorwurf" müsste sein:
"Selbst wenn es so wäre - siehst Du darin irgendein Problem? Und überhaupt ... worauf willst Du eigentlich hinaus?"
Das kann man sicher auch anders sehen - solange sich SW aber angegriffen fühlen, wenn man ihnen ihre Tätigkeit vorwirft, wird das nix mit der Emanzipation der Branche.

J.K.
"Vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üble Paßiones auszuführen, vor diese kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger als die größten Spitzbuben, die in der Welt sind." (König Friedrich II. im Jahre 1779)
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RE: Welt der Wunder - Spezial Mo, 25.10.10 um 22:15 RTL II
Mo 30.05.2011 23:00
:)
:)
Groll mit uns herumtragen ist wie das Greifen nach einem glühenden Stück Kohle in der Absicht, es nach jemandem zu werfen. Man verbrennt sich nur selbst dabei
Buddha
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Josef K. hat geschrieben:
"Einmal Schornsteinfeger, immer Schornsteinfeger..." Super! Ich habe herzlich gelacht. Doch Vorsicht: Der Schornsteinfeger arbeitet bis 65 (demnächst 67; irgendwann einmal 69), danach kassiert er Rente und lehnt sich genüsslich zurück. Das kann die Sexarbeiterin nicht. Sie muss irgendwann einmal raus aus dem Beruf und etwas anderes machen - oder von der Sozialhilfe leben. Der Schornsteinfeger kann, wenn er plötzlich Höhenangst bekommt, auf Heizungstechniker umsatteln. Was aber kann die Sexarbeiterin, wenn die Quellen anfangen zu versiegen? Altenpflege? Klofrau?...
LG rainman
"Einmal Schornsteinfeger, immer Schornsteinfeger..." Super! Ich habe herzlich gelacht. Doch Vorsicht: Der Schornsteinfeger arbeitet bis 65 (demnächst 67; irgendwann einmal 69), danach kassiert er Rente und lehnt sich genüsslich zurück. Das kann die Sexarbeiterin nicht. Sie muss irgendwann einmal raus aus dem Beruf und etwas anderes machen - oder von der Sozialhilfe leben. Der Schornsteinfeger kann, wenn er plötzlich Höhenangst bekommt, auf Heizungstechniker umsatteln. Was aber kann die Sexarbeiterin, wenn die Quellen anfangen zu versiegen? Altenpflege? Klofrau?...
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Boutiquebesitzerin, Restaurantbetreiberin, Fahrlehrerin, Anwältin, Escortbetrieberin, Lebenskünstlerin, Hausfrau...rainman hat geschrieben:Altenpflege? Klofrau?...
Liegt doch an jeder selber was sie aus ihrem Leben macht. Da die Zahl 400.000 SexarbeiterInnen seit vielen Jahren konstant angenommen wird, gleichzeitig aber zigtausende junge Ost-Frauen nach Mitteleuropa als Prostituierte kommen (laut Medien und NGos) muss ja die selbe Anzahl einen Berufswechsel vorgenommen haben. Ohne von Sozialhilfe zu leben.
Altenpflege? Viele SDL kommen doch aus diesem Beruf. Warum wohl?
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Ja klar; nicht nur Alten-, auch Krankenpflege, steht schon bei Girtler (Der Strich, S. 34). Es sind eben Berufe, die eine gewisse Affinität zum Umgang mit Menschen voraussetzen und gleichzeitig miserabel entgolten werden. Einmal Inhaberin einer Boutique oder eines Restaurants zu werden, dürfte der Traum einer jeden alternden Sexarbeiterin sein. Leider scheitern die meisten, obwohl das Startkapital schon vorhanden ist.
Wir haben hier im Forum mal eine Sexarbeiterin gehabt, die unter dem Namen "SchneckemitRad" aufgetreten ist und nun seit einiger Zeit schweigt. Ihr letzter Beitrag war eine längere Abhandlung über die Altersarmut bei SW, geschrieben wohl aus eigener Angst und Sorge. Das hat mich betroffen gemacht.
Liebe Grüße
rainman
Ja klar; nicht nur Alten-, auch Krankenpflege, steht schon bei Girtler (Der Strich, S. 34). Es sind eben Berufe, die eine gewisse Affinität zum Umgang mit Menschen voraussetzen und gleichzeitig miserabel entgolten werden. Einmal Inhaberin einer Boutique oder eines Restaurants zu werden, dürfte der Traum einer jeden alternden Sexarbeiterin sein. Leider scheitern die meisten, obwohl das Startkapital schon vorhanden ist.
Wir haben hier im Forum mal eine Sexarbeiterin gehabt, die unter dem Namen "SchneckemitRad" aufgetreten ist und nun seit einiger Zeit schweigt. Ihr letzter Beitrag war eine längere Abhandlung über die Altersarmut bei SW, geschrieben wohl aus eigener Angst und Sorge. Das hat mich betroffen gemacht.
Liebe Grüße
rainman
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Kann ab 22 Uhr (FSK 16) im Internet angeschaut werden (keine AHnung, wie lange):
http://www.rtl2.de/002285_0315.html
"Vollständige Sendung anschauen"
http://www.rtl2.de/002285_0315.html
"Vollständige Sendung anschauen"
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J'accuse - Indignez Vous!!!
Ganz ok der Film. Die schönste Szene war wo ein junges Paar interviewt wurde und sie meinte Prostitution sei ja wohl kein billiges Vergnügen aber ihr Partner einwarf auf dem Straßenstrich gingen die Angebote schon bei xx los. Darauf sie sinngemäß: "Das ist ja schön zu wissen, dass du dich da auskennst"
Was mich aber geschockt hat ist die oberflächliche oder fahrlässig gefährliche Aussage von einer Mitarbeiterin vom Fach aus unserem eigenen Unterstützungsnetwerk. Das muß zum 2. Juni dem intl. Hurentag einmal aufgeschrieben und hinterfragt werden dürfen:
Quelle:
Prostitution - Das wichtigste Gewerbe?
RTL 2
30.5.2011
Teil 3
Minute 2:19-2:67
rtl2.de/rvp/weltderwunder_fsk16/?vid=2197.10516
einsehbar nach 22 Uhr
Ich finde es sehr befremdlich wenn nicht gar eine Beleidigung oder üble Nachrede für einen großen Teil unserer Sexworker Community, wenn die pädagogische Mitarbeiterin der Dortmunder Mitternachtsmission Giesela Zohren im Filminterview behauptet: "Ich schätze der Anteil von den selbstbewußten Prostituierten liegt bei höchstens 20%".
Das hieße doch wohl 80% arbeiten ohne Selbstbewußtsein? Also entweder als Maschinen, Zombis also seelisch Tote wie es Alice Schwarzer formuliert hat oder leidend bis depressiv etwa weil entgegen ihren Willen aus Not oder in einer Zwangslage und aussteigen wollend aber es nicht könnend...
In wie weit überträgt sie dort unredlicherweise ihre Erfahrungswelt aus Sicht der Sozialberatungsstelle in evangelischer Hand unerlaubtermaßen verallgemeinernd auf Sexarbeit und die Sexworker insgesamt? Wir wissen alle dass Sexarbeit vielfach sehr diskret, nur nebenbei, zeitweise oder auf kurze Zeit und oft ganzlich ohne Sozialarbeitskontakte abläuft. Wie kann sich eine erfahrene Sozialberaterin und Aktivistin der Hurenbewegung und Beratungsstellenvernetzung dazu verleiten lassen vor der Medienöffentlichkeit der Mehrheit von uns Sexworkern paternalistisch das Selbstbewußtsein abzusprechen? Welche Gehirnwäsche der Politik, Institution oder des Arbeitgebers ist da am Werk?
Andererseits, wenn Zohren und die Mitternachtsmission solche deutlichen Befunde belegbar nachweisen könnten, wieso gelingt es der bekannten einflußreichen Einrichtung nicht, für diese 80% Sexworker ohne Selbstbewußtsein oder in Not und Zwangslage, die nicht aussteigen können... keine bessere Aufklärung, Warnungen und Hilfsangebote anzubieten, zu konzeptionieren oder wenigstens deutlich hörbar einzufordern? Schließlich besteht diese Beratungsstelle der ev. Diakonie bereits seit 1918 und ist bestens vernetzt und m.E. eine der größten Institutionen für Prostituierte in Deutschland mit 11 festen Mitarbeiterinnen, 33 Honorarkräfen, 47 Ehrenamtlern und 8 Praktikantinnen).
Hätte bei solcher Sachlage die Dortmunder Politik nicht zuerst und dringenst die Dortmunder Bordelle und Clubs schließen müssen anstatt wie geschehen den Straßenstrich, wo die Frauen kommen und gehen können wie und wann sie wollen und allein daher schonmal einen hohen Selbstbestimmungsgrad haben. Ferner handelte es sich um ein deutschlandweit beachtetes Modellprojekt mit Safer-Sex drive-in Love-Boxen und einem erst kürzlich neu gebauten Beratungskontainer von der "konkurrierenden" katholischen Prostituiertenberatungsstelle KOBER/SKF. Die angeblich "höchstens 20% Sexworker mit Selbstbewußtsein" hatten kürzlich eine vielbeachtete Demonstration durch die Innenstadt organisiert. Leider reichte das ihnen im Vorfeld quasi aberkanntes Selbstbewußtsein nicht aus gegen die Schließungsverfügung erfolgreich vorgehen zu können.
Ich kann mich nicht des unguten Gefühls erwehren, während einerseits die Beratungsstellen im Rahmen ihrer örtlichen und personellen Möglichkeiten engagiert wertvolle Einzelfall-Nothilfen leisten, weil es ihr Job ist wovon sie gezwungen sind leben zu müssen, so läßt andererseits der Geist und die Institution Sozialberatungsstelle der Kirche einen Großteil von Sexworkern sehenden Auges in die sog. "Falle Prostitution" hineinlaufen. So entstehen schließlich die 'gefallenen Frauen' denen man sich später sozialarbeiterisch annehmen kann (poverty pimps). Dabei könnten Beratungsstellen durchaus über ihre große öffentliche Sichtbarkeit so viele Menschen und Sexworker und pot. Einsteiger- und Aussteigerinnen schon präventiv erreichen und viel mehr Leid lindern.
Deshalb ist es wichtig zukünftig darüber besser und richtiger aufzuklären, wie sich eine Sexworker-Karriere z.B. über die Zeit schleichend negativ verändern kann (Razzien, Kriminalisierung, Zwang zur Alleinselbstständigkeit, Alter, Wechseljahre, Einkommensdegression, Einstellungswandel, Stigma, SWBO, fehlender Partner, Zuhälter, Gewalt, Unfall, STI, Krankheit, Ausbeutung, Marktgesetze, Rezession, fehlende Versicherung, Rente, Ausbildung, bürgerliche Karriere, Altersarmut, Sozialhilfe, Sucht...) d.h. die Sexworker sind ständig berufsbegleitend fortzubilden, einzubinden (Inklusion), zu vernetzen und ihre Selbstorganisation ist mit öffentlichem Bekenntnis und Unterstützung voranzutreiben...
Warum wird nicht häufiger und lautstark eigeninitiativ aufgeklärt über herrschende Gefahren und Mißstände, wie z.B. in diesem guten und wichtigen Streetwork-Infoflyer zum Menschenhandelsparagraphen §232 StGB? Andere Hilfsvereine schaffen es auch immer wieder lautstark Aufmerksamkeit zu bekommen etwa als Negativbeispiel die offen fundamentalistischen Prostitutionsgegner Solwodi e.V. oder als Positivbeispiel die bekennenden Systemkritiker der herrschenden Prostitutionsreglementierung Dona Carmen e.V. Frankfurt!
Man braucht sich nur die Dortmunder Internetpräsenzen anzuschauen. Da findet sich viel PR für die Öffentlichkeit aber so gut wie nichts für Aufklärung oder Bedarfe der Sexworker!!!
Mitternachtsmission:
www.facebook.com/profile.php?id=100000689882727
www.standort-dortmund.de/mitternachtsmission
Diese demonstrative Paternalisierung und Ausgrenzung durch die Helferindustrie muß aufhören !!!
Die Sexarbeiter Community darf nicht auch noch hinsichtlich ihrer eigenen sozialen Infrastruktur und Institutionen ständig enteignet und öffentlicher Zuschüsse beraubt werden !!!
.

Was mich aber geschockt hat ist die oberflächliche oder fahrlässig gefährliche Aussage von einer Mitarbeiterin vom Fach aus unserem eigenen Unterstützungsnetwerk. Das muß zum 2. Juni dem intl. Hurentag einmal aufgeschrieben und hinterfragt werden dürfen:
"Ich habe ganz wenige Frauen kennen gelernt, die diesen Job wirklich gerne machen und man gibt ja auch sehr viel von sich preis, man gibt seinen nackten Körper, man kann häufig aus finanziellen Gründen nicht mehr so viel selbst bestimmen, wie man es vieleicht möchte. Ich schätze der Anteil von den selbstbewußten Prostituierten liegt bei höchstens 20%"
- Giesela Zohren, Mitternachtsmission
Quelle:
Prostitution - Das wichtigste Gewerbe?
RTL 2
30.5.2011
Teil 3
Minute 2:19-2:67
rtl2.de/rvp/weltderwunder_fsk16/?vid=2197.10516
einsehbar nach 22 Uhr
Ich finde es sehr befremdlich wenn nicht gar eine Beleidigung oder üble Nachrede für einen großen Teil unserer Sexworker Community, wenn die pädagogische Mitarbeiterin der Dortmunder Mitternachtsmission Giesela Zohren im Filminterview behauptet: "Ich schätze der Anteil von den selbstbewußten Prostituierten liegt bei höchstens 20%".
Das hieße doch wohl 80% arbeiten ohne Selbstbewußtsein? Also entweder als Maschinen, Zombis also seelisch Tote wie es Alice Schwarzer formuliert hat oder leidend bis depressiv etwa weil entgegen ihren Willen aus Not oder in einer Zwangslage und aussteigen wollend aber es nicht könnend...
In wie weit überträgt sie dort unredlicherweise ihre Erfahrungswelt aus Sicht der Sozialberatungsstelle in evangelischer Hand unerlaubtermaßen verallgemeinernd auf Sexarbeit und die Sexworker insgesamt? Wir wissen alle dass Sexarbeit vielfach sehr diskret, nur nebenbei, zeitweise oder auf kurze Zeit und oft ganzlich ohne Sozialarbeitskontakte abläuft. Wie kann sich eine erfahrene Sozialberaterin und Aktivistin der Hurenbewegung und Beratungsstellenvernetzung dazu verleiten lassen vor der Medienöffentlichkeit der Mehrheit von uns Sexworkern paternalistisch das Selbstbewußtsein abzusprechen? Welche Gehirnwäsche der Politik, Institution oder des Arbeitgebers ist da am Werk?
Andererseits, wenn Zohren und die Mitternachtsmission solche deutlichen Befunde belegbar nachweisen könnten, wieso gelingt es der bekannten einflußreichen Einrichtung nicht, für diese 80% Sexworker ohne Selbstbewußtsein oder in Not und Zwangslage, die nicht aussteigen können... keine bessere Aufklärung, Warnungen und Hilfsangebote anzubieten, zu konzeptionieren oder wenigstens deutlich hörbar einzufordern? Schließlich besteht diese Beratungsstelle der ev. Diakonie bereits seit 1918 und ist bestens vernetzt und m.E. eine der größten Institutionen für Prostituierte in Deutschland mit 11 festen Mitarbeiterinnen, 33 Honorarkräfen, 47 Ehrenamtlern und 8 Praktikantinnen).
Hätte bei solcher Sachlage die Dortmunder Politik nicht zuerst und dringenst die Dortmunder Bordelle und Clubs schließen müssen anstatt wie geschehen den Straßenstrich, wo die Frauen kommen und gehen können wie und wann sie wollen und allein daher schonmal einen hohen Selbstbestimmungsgrad haben. Ferner handelte es sich um ein deutschlandweit beachtetes Modellprojekt mit Safer-Sex drive-in Love-Boxen und einem erst kürzlich neu gebauten Beratungskontainer von der "konkurrierenden" katholischen Prostituiertenberatungsstelle KOBER/SKF. Die angeblich "höchstens 20% Sexworker mit Selbstbewußtsein" hatten kürzlich eine vielbeachtete Demonstration durch die Innenstadt organisiert. Leider reichte das ihnen im Vorfeld quasi aberkanntes Selbstbewußtsein nicht aus gegen die Schließungsverfügung erfolgreich vorgehen zu können.
Ich kann mich nicht des unguten Gefühls erwehren, während einerseits die Beratungsstellen im Rahmen ihrer örtlichen und personellen Möglichkeiten engagiert wertvolle Einzelfall-Nothilfen leisten, weil es ihr Job ist wovon sie gezwungen sind leben zu müssen, so läßt andererseits der Geist und die Institution Sozialberatungsstelle der Kirche einen Großteil von Sexworkern sehenden Auges in die sog. "Falle Prostitution" hineinlaufen. So entstehen schließlich die 'gefallenen Frauen' denen man sich später sozialarbeiterisch annehmen kann (poverty pimps). Dabei könnten Beratungsstellen durchaus über ihre große öffentliche Sichtbarkeit so viele Menschen und Sexworker und pot. Einsteiger- und Aussteigerinnen schon präventiv erreichen und viel mehr Leid lindern.
Deshalb ist es wichtig zukünftig darüber besser und richtiger aufzuklären, wie sich eine Sexworker-Karriere z.B. über die Zeit schleichend negativ verändern kann (Razzien, Kriminalisierung, Zwang zur Alleinselbstständigkeit, Alter, Wechseljahre, Einkommensdegression, Einstellungswandel, Stigma, SWBO, fehlender Partner, Zuhälter, Gewalt, Unfall, STI, Krankheit, Ausbeutung, Marktgesetze, Rezession, fehlende Versicherung, Rente, Ausbildung, bürgerliche Karriere, Altersarmut, Sozialhilfe, Sucht...) d.h. die Sexworker sind ständig berufsbegleitend fortzubilden, einzubinden (Inklusion), zu vernetzen und ihre Selbstorganisation ist mit öffentlichem Bekenntnis und Unterstützung voranzutreiben...
Warum wird nicht häufiger und lautstark eigeninitiativ aufgeklärt über herrschende Gefahren und Mißstände, wie z.B. in diesem guten und wichtigen Streetwork-Infoflyer zum Menschenhandelsparagraphen §232 StGB? Andere Hilfsvereine schaffen es auch immer wieder lautstark Aufmerksamkeit zu bekommen etwa als Negativbeispiel die offen fundamentalistischen Prostitutionsgegner Solwodi e.V. oder als Positivbeispiel die bekennenden Systemkritiker der herrschenden Prostitutionsreglementierung Dona Carmen e.V. Frankfurt!
Man braucht sich nur die Dortmunder Internetpräsenzen anzuschauen. Da findet sich viel PR für die Öffentlichkeit aber so gut wie nichts für Aufklärung oder Bedarfe der Sexworker!!!
Mitternachtsmission:
www.facebook.com/profile.php?id=100000689882727
www.standort-dortmund.de/mitternachtsmission
Diese demonstrative Paternalisierung und Ausgrenzung durch die Helferindustrie muß aufhören !!!
Die Sexarbeiter Community darf nicht auch noch hinsichtlich ihrer eigenen sozialen Infrastruktur und Institutionen ständig enteignet und öffentlicher Zuschüsse beraubt werden !!!
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- Wohnort: Südbaden
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RE: Welt der Wunder - Spezial Mo, 25.10.10 um 22:15 RTL II
Ich denke, dass grundsätzlich bei Zahlenangaben berücksichtigt werden muss, aus welchem Kenntnisstand bzw. Umfeld diese stammen.
Es ist doch wohl so, dass die SW, welche unabhängig und selbstbestimmt (z. B. der größte Teil im Escortbereich und Wohnungsprostitution in privat angemieteten Räumen) arbeiten, wohl kaum den "Hilfsorganisationen" bekannt sind, da sie deren Dienste nicht oder kaum in Anspruch nehmen bzw. diesen teilweise ablehnend gegenüberstehen.
Gruß Jupiter.
Es ist doch wohl so, dass die SW, welche unabhängig und selbstbestimmt (z. B. der größte Teil im Escortbereich und Wohnungsprostitution in privat angemieteten Räumen) arbeiten, wohl kaum den "Hilfsorganisationen" bekannt sind, da sie deren Dienste nicht oder kaum in Anspruch nehmen bzw. diesen teilweise ablehnend gegenüberstehen.
Gruß Jupiter.
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.
(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)
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