Offensichtlich ist dem Fiskus nicht bewusst, dass die beiden Beamten dieses "nackte Mädchen" erniedrigender Behandlung (absolutes Verbot gem Art 3 EMRK) durch erzwungene Nacktheit (vgl. internationales Verbrechen der sexuellen Gewalt gem Statut von Rom des ICCt) ausgesetzt haben: Korrekterweise hätten sie das Apartment nicht betreten dürfen, und auch durch eine Voranmeldung sicherstellen müssen, dass sie nicht von nackten Frauen begrüßt werden ... So sammelt sich wieder Stoff für weitere Schattenberichte an die Vereinten Nationen an.nina777 hat geschrieben:als Hartmut Z. klingelte, 'und dieses bildschöne nackte Mädchen stand vor mir' - so atemberaubend, dass Hartmut Z. noch heute errötet. 'Man weiß nie, was einen hinter der Tür erwartet', sagt er, 'und zum Glück kam auch gleich der Kollege.'
Steuern und Steuerpolitik
-
- ModeratorIn
- Beiträge: 1242
- Registriert: 17.03.2007, 15:18
- Wohnort: Umgebung Wien
- Ich bin: Keine Angabe
-
- Senior Admin
- Beiträge: 7067
- Registriert: 20.09.2008, 21:37
- Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
- Ich bin: Keine Angabe

Na ja, halt ein rhetorischer Versuch die "Normalität" des Vorgangs glaubhaft zu machen. Aber sachlich schlichtweg falsch, wo in Deutschland versucht man denn, von Friseur oder Fahrradhändler Vergnügungssteuern einzutreiben?nina777 hat geschrieben:'Freiberuflich tätige Prostituierte müssen sich beim Finanzamt anmelden', erklärt B. Sie bekommen eine Steuernummer, müssen Einnahmen und Gewinn schätzen und dann vierteljährlich Vorauszahlungen leisten. 'Für sexuelle Dienstleistungen kommen Umsatz-, Gewerbe- und Einkommenssteuer in Betracht', erklärt er. 'Da gibt es keinen Unterschied zum Friseur oder Fahrradhändler.'
Und auch das Berufsbild ist so grundlegend anders, dass ein solcher Vergleich nicht gezogen werden kann. Da Sexualität ein Grundbedürfnis des Menschen ist, wäre eine steuerrechtliche Einordnung der Prostitution als Primärindustrie objektiv am richtigsten. Und somit auch der Anspruch auf Gewerbesteuerbefreiung, wie bei der Land- und Forstwirtschaft.
Da wäre es einmal interessant zu wissen, ob die Steuerfahnder diese ausländischen Frauen auch darüber aufklären, dass sie ihr Einkommen alternativ im Heimatland versteuern können. Oder ob dieses in Anbetracht des öffentlichen Geldhungers geradezu unglaubliche Angebot, man würde auf Steuernachforderungen verzichten, nicht eher als Hinweis darauf gewertet werden darf, dass man sich der Unrechtmäßigkeit des Vorgehens durchaus bewußt ist und deshalb den Streitwert möglichst niedrig halten möchte.nina777 hat geschrieben:Claudia R. zum Beispiel hat eine Prostituierte angetroffen, 'die war in Stuttgart steuerlich gemeldet'. Überhaupt, so die Überraschung, hätten schon heute Huren mit deutschem Pass fast durchweg Steuernummern. 'Aber es waren ja nur wenige Deutsche dabei', dafür sehr viel Frauen aus Bulgarien und Rumänien. 'Drei von 50' Frauen, so Hartmut Z?s persönliche Bilanz, waren offiziell bei der Steuerbehörde gemeldet.
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
-
- unverzichtbar
- Beiträge: 178
- Registriert: 02.10.2010, 14:48
- Ich bin: Keine Angabe
Obwohl auch ich gewisse Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Finanzverwaltung hege ... wie kommst Du auf das Argument der "erzwungenen" Nacktheit?Lycisca hat geschrieben:Offensichtlich ist dem Fiskus nicht bewusst, dass die beiden Beamten dieses "nackte Mädchen" erniedrigender Behandlung (absolutes Verbot gem Art 3 EMRK) durch erzwungene Nacktheit (vgl. internationales Verbrechen der sexuellen Gewalt gem Statut von Rom des ICCt) ausgesetzt haben: Korrekterweise hätten sie das Apartment nicht betreten dürfen, und auch durch eine Voranmeldung sicherstellen müssen, dass sie nicht von nackten Frauen begrüßt werden ...
Worin siehst Du in der geschilderten Situation die Ausübung von Zwang?
@Aoife:
Obwohl auch ich strikt gegen eine "Sondersteuer" für einzelne Berufsgruppen bin, muss ich "Hartmut Z." in Schutz nehmen. Wenn er sinngemäß sagt, vor dem Finanzamt seien alle Unternehmer gleich, ist das aus seiner Sicht durchaus richtig. In den gesamten Vergnügungssteuerkomplex sind die Länderfinanzverwaltungen, in deren Auftrag er tätig wird, in keiner Weise involviert.
Die BeamtInnen unserer örtlichen Finanzverwaltung habe ich - jedenfalls bisher - als überaus korrekt, hilfsbereit und in gewisser Weise sogar nachsichtig erlebt. Meine Frau wurde höchst respektvoll behandelt - wie andere Steuerpflichtige auch. Im Gegensatz zu Dir sind wir regelrechte "Fans" einer solchen Gleichbehandlung.
Ganz andere Erfahrungen haben wir mit Beamten der kommunalen Ebene (die auch für die Eintreibung der Vergnügungsteuer zuständig gewesen wären) sammeln dürfen. Bis hin zu Straftaten im Amt reichte des Repertoir dieser "Herrschaften".
Persönlich würde ich eine Sonderbehandlung weiblicher SW noch dahingehend mittragen, dass man einen Anspruch auf den Einsatz weiblichen Personals begründet. Allerdings ergäben sich daraus für manche SW auch wieder"Nachteile". Ein Schelm, der hier Böses vermutet ...
J. K.
"Vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üble Paßiones auszuführen, vor diese kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger als die größten Spitzbuben, die in der Welt sind." (König Friedrich II. im Jahre 1779)
-
- Senior Admin
- Beiträge: 7067
- Registriert: 20.09.2008, 21:37
- Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
- Ich bin: Keine Angabe

Ich denke die Gegensätze sind garnicht soooo großJosef_K. hat geschrieben:@Aoife:
Im Gegensatz zu Dir sind wir regelrechte "Fans" einer solchen Gleichbehandlung.

Allerdings sehe ich Vergleichbarkeit als Voraussetzung für Gleichbehandlung. Und der Vergleich einer höchstpersönlichen, nicht deligierbaren Leistung mit Fahrradhändler oder Friseur ist definitiv falsch. Diesen Vergleich anzuerkennen hieße wieder den Zwang zur Prostitution duch die Arbeitsagenturen zuzulassen, denn wer bei Fahrradhändler oder Friseur nicht arbeiten möchte setzt sich schließlich auch dem Vorwurf der Arbeitsunwilligkeit aus.
Und da die Gestzgebung die Berücksichtigung verschiedener Umstände durchaus anstrebt, halte ich die Forderung für gerechtfertigt, den Prostitutionsbereich sachgerecht einzuordnen. Und nicht zur Erfüllung der Begehrlichkeiten der öffentlichen Hand willkürlich als gewerbesteuerpflichtiges Gewerbe zu definieren. Von der Sache her sind Einzelprostitution freiberuflich und Prostitutionsbetriebe Teil der Primärindustrie.
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
-
- unverzichtbar
- Beiträge: 178
- Registriert: 02.10.2010, 14:48
- Ich bin: Keine Angabe
Das sehe ich auch so - gerade die weitgehende Weisungsungebundenheit spricht m.E. für diese Ansicht. Das Argument einer mangelnden staatlich anerkannten Qualifikation dürfte dagegen in den Hintergrund treten.Aoife hat geschrieben:
Von der Sache her sind Einzelprostitution freiberuflich ...
Allerdings tendiert die überwiegende Auffassung wohl eher in die andere Richtung (gewerbliche Tätigkeit).
J.K.
"Vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üble Paßiones auszuführen, vor diese kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger als die größten Spitzbuben, die in der Welt sind." (König Friedrich II. im Jahre 1779)
-
- Senior Admin
- Beiträge: 7067
- Registriert: 20.09.2008, 21:37
- Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
- Ich bin: Keine Angabe

Insbesondere, da auch andere Freiberufe nicht durchweg eine staatlich anerkannte Qualifikation erfordern.Josef_K. hat geschrieben:Das sehe ich auch so - gerade die weitgehende Weisungsungebundenheit spricht m.E. für diese Ansicht. Das Argument einer mangelnden staatlich anerkannten Qualifikation dürfte dagegen in den Hintergrund treten.
Ja klar, und hierfür gibt es eine Vielzahl möglicher Motivationen, von finanziellen Begehrlichkeiten bis hin zu moralischen Bedenken, die Prostitution hierdurch aufzuwerten. Aber eben keine sachlichen Gründe.Josef_K. hat geschrieben:Allerdings tendiert die überwiegende Auffassung wohl eher in die andere Richtung (gewerbliche Tätigkeit).
Und ich muß dir in deiner obigen Differenzierung zwischen Finanzbehörden und Beamten der städtischen Ebene absolut Recht geben, Josef. Das Finanzamt hat damals meine Anmeldung als freiberufliche Prostituierte kommentarlos anerkannt, eine Gewerblichkeit wird erst jetzt von der Stadt unterstellt, um Vergnügungssteuer eintreiben zu können.
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
-
- ModeratorIn
- Beiträge: 1242
- Registriert: 17.03.2007, 15:18
- Wohnort: Umgebung Wien
- Ich bin: Keine Angabe
Die betroffene SW wurde durch zwei Beamte nackt einer Amtshandlung ausgesetzt. Gegenüber dem ersten Beamten war sie gegen ihren Willen nackt, weil sie ihn aufgrund der Täuschung für einen Freier halten musste. Er hätte sie sofort aufklären müssen und ihr Gelegenheit zum Ankleiden geben. (Da er vor dem Eindringen in das Apartment damit rechnen musste, nackte Frauen anzutreffen, hätte er sich tatsächlich schon vorher anmelden müssen.) Stattdessen ist der zweite Beamte aufgetaucht, der sie nun ebenfalls gegen ihren Willen nackt beobachten konnte - das war aber nun schon eine Überrumpelung während der Amtshandlung, im Wissen, dass die Frau nackt ist, also faktischer Zwang.Josef_K hat geschrieben:Obwohl auch ich gewisse Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Finanzverwaltung hege ... wie kommst Du auf das Argument der "erzwungenen" Nacktheit?
Worin siehst Du in der geschilderten Situation die Ausübung von Zwang?
-
- Senior Admin
- Beiträge: 5025
- Registriert: 08.05.2008, 15:31
- Wohnort: Minden
- Ich bin: SexarbeiterIn
09.11.2010
Nach Kontrollen der Finanzbehörde ( viewtopic.php?p=90298#90298 )
Beratungsstelle gibt Prostituierten Steuertipps
Bremen. Seit das Finanzamt verstärkt im Rotlichtmilieu an die Türen klopft, kommen immer mehr Prostituierte in die Beratungsstelle Nitribitt. 'Wir haben vorletzte Woche sogar ein Seminar mit einem Steuerberater angeboten', sagt Julia von Lengerke, hauptamtliche Sozialarbeiterin im Verein. Sie findet es richtig, dass der Staat auch für sexuelle Dienstleistungen Steuern erhebt: 'Das ist ein Schritt in die Normalität', sagt sie, 'auch in die Anerkennung der Prostitution.'
Sex gegen Geld – aber bitte nicht am Fiskus vorbei. Bremen Prostituierten-Beratung Nitribitt begrüßt das Bemühen der norddeutschen Länder, die Einkommen von Huren zu besteuern als „Schritt in die Normalität“.
Ganz alltäglich dürfte die Steuererklärung einer Prostituierten vielleicht nicht aussehen: 'Kondome, Gleitgel, Dildos, Peitschen', so von Lengerke, könnten Prostituierte als Arbeitsmittel angegeben. Sie ließen sich von der Steuer absetzen, vorausgesetzt natürlich, die Quittungen liegen vor. Dessous lassen sich als Arbeitskleidung geltend machen, genau wie die Betriebskosten, etwa Miete für das Model-Zimmer und Inserate in Zeitungen. Von Lengerke: 'Das sind teils sehr hohe Ausgaben.'
Zwei Milliarden Euro, so schätzt der Bundesrechnungshof, gehen dem Staat an Steuern aus den Umsätzen im Rotlichtmilieu verloren. Seit April sind Bremens Steuerprüfer deshalb unterwegs, gehen von Tür zu Tür und klären die Frauen über ihre Steuerpflicht auf. Dabei haben sie festgestellt, dass Huren mit deutschem Pass fast durchweg schon bei den Finanzbehörden gemeldet sind. 'Aber nur zwei bis drei Prozent geben als Beruf Prostituierte an', schätzt von Lengerke. Meist sei in der Einkommenssteuer- und Umsatzsteuererklärung die Rede von 'persönlichen Dienstleistungen', manchmal mit der Ergänzung Wellness oder Massage, 'was ja nicht falsch ist'.
800 bis 1000 Frauen in 350 bis 400 Model-Wohnungen gibt es in Bremen, schätzt von Lengerke. Zwei bis drei Gäste empfange eine professionell arbeitende Prostituierte am Tag - das jedenfalls ist ein ganz grober Durchschnittswert. Und die Beamten vom Finanzressort haben überrascht festgestellt: 'Besonders viel Betrieb ist in der Mittagspause.' Die Preise für sexuelle Dienstleistungen fingen nach den Angaben der Frauen etwa bei 50 Euro an, 'nach oben gibt es aber kaum eine Grenze', so ein Finanzbeamter. So seien auch die anfallenden Steuern nur schwer zu schätzen.
Empörend findet Julia von Lengerke vor diesem Hintergrund das sogenannte 'Düsseldorfer Verfahren', das inzwischen viele Finanzämter umsetzen: Die setzten pauschal eine Umsatzsteuer von 25 Euro am Tag an - sieben Tage die Woche, auch am Wochenende. 'Das ist völlig unrealistisch.' Kein anderer Berufsstand werde zudem ähnlich pauschal besteuert.
Sehr positiv sieht die Nitribitt-Sozialarbeiterin dagegen das Bremer Vorgehen, das mit den übrigen Norddeutschen Ländern abgestimmt ist. Diese Länder behandeln Prostituierte nicht anders als andere Gewerbetreibende auch - Grundlage für die steuerlichen Vorauszahlungen sind in erster Linie ihre eigenen Angaben: 'Das ist ein vernünftiges Verfahren.'
'Das Finanzamt erfasst Frauen, die freiwillig und unter einigermaßen vertretbaren Bedingungen arbeiten', meint von Lengerke. Die vielen Frauen aus Ländern Osteuropas, die teils als Mädchen schon zur Prostitution gezwungen und dann verschleppt werden, würden wohl auch in Zukunft kaum besteuert. 'Die leben eine Monat hier, einen Monat ganz woanders.' Diese Frauen hätten zudem 'ganz andere Probleme' als sich bei Finanzamt zu melden. Bei den Besuchen der Steuerprüfer in Model-Wohnungen waren diese Frauen allerdings deutlich in der Mehrzahl.
Von der Offensive der Finanzbehörde verspricht sich die Sozialarbeiterin dennoch positive Effekte. 'Ich hoffe auf ein bisschen mehr Transparenz', sagte sie. 'Dann wird es schwieriger für kriminelle Machenschaften.' Prostituierte hätten nämlich oft nur (Zahlungs-)Pflichten, 'aber keine Rechte'. Das könne sich nun allmählich ändern: 'Wenn die Steuerbehörde aktiv da dran bleibt, dann sehe ich die Chance für eine positive Entwicklung.'
Allein durch die Tatsache, dass der Druck für Sex-Unternehmerinnen zunehme, ihre Kosten nachzuweisen, vor allem die hohen Mieten: 'Die sind unheimlich dahinter her, Quittungen zu bekommen.' Zwar seien nicht alle Betreiber der Wohnungen davon begeistert. 'Aber wenn Frauen darauf bestehen, dann gibt es die.'
Prostituierte mit Steuernummer arbeiten zudem nicht illegal, sie sind folglich auch nicht erpressbar, etwa mit der Drohung, sie wegen Schwarzarbeit anzuzeigen. 'Und ich hoffe, dass die Frauen allmählich auch gesellschaftlich mehr Anerkennung erfahren, indem sie Steuern zahlen.' Denn: 'Immer noch sagt kein Mann: ,Ich gehe zu einer Prostituierten?, und immer noch sagt keine Frau: ,Ich bin Prostituierte?, ohne dass sie geächtet würde.' Es sei 'eine absolute Minderheit der Frauen, die sich zu ihrem Beruf bekennt', meist sei nicht mal der eigene Partner im Bilde.
Dabei suche jeder zweite Mann sexuelles Vergnügen regelmäßig auch bei einer Prostituierten, so jedenfalls die Schätzungen bei Nitribitt. Und Anerkennung für ihre Arbeit finden sie eher informell: 'Professionell arbeitende Frauen haben Stammkunden', sagt Julia von Lengerke. 'Das beweist: Die machen einen guten Job.'
Wenn der Fiskus nun konsequent die Hand aufhält, könnte bezahlter Sex auf längere Sicht teurer werden, 'aber das ist in meinen Augen auch wünschenswert', findet die Sozialarbeiterin. Die Preise seit Jahren nicht mehr gestiegen, 'eigentlich seit der Einführung des Euro'.
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Brem ... tipps.html
Nach Kontrollen der Finanzbehörde ( viewtopic.php?p=90298#90298 )
Beratungsstelle gibt Prostituierten Steuertipps
Bremen. Seit das Finanzamt verstärkt im Rotlichtmilieu an die Türen klopft, kommen immer mehr Prostituierte in die Beratungsstelle Nitribitt. 'Wir haben vorletzte Woche sogar ein Seminar mit einem Steuerberater angeboten', sagt Julia von Lengerke, hauptamtliche Sozialarbeiterin im Verein. Sie findet es richtig, dass der Staat auch für sexuelle Dienstleistungen Steuern erhebt: 'Das ist ein Schritt in die Normalität', sagt sie, 'auch in die Anerkennung der Prostitution.'
Sex gegen Geld – aber bitte nicht am Fiskus vorbei. Bremen Prostituierten-Beratung Nitribitt begrüßt das Bemühen der norddeutschen Länder, die Einkommen von Huren zu besteuern als „Schritt in die Normalität“.
Ganz alltäglich dürfte die Steuererklärung einer Prostituierten vielleicht nicht aussehen: 'Kondome, Gleitgel, Dildos, Peitschen', so von Lengerke, könnten Prostituierte als Arbeitsmittel angegeben. Sie ließen sich von der Steuer absetzen, vorausgesetzt natürlich, die Quittungen liegen vor. Dessous lassen sich als Arbeitskleidung geltend machen, genau wie die Betriebskosten, etwa Miete für das Model-Zimmer und Inserate in Zeitungen. Von Lengerke: 'Das sind teils sehr hohe Ausgaben.'
Zwei Milliarden Euro, so schätzt der Bundesrechnungshof, gehen dem Staat an Steuern aus den Umsätzen im Rotlichtmilieu verloren. Seit April sind Bremens Steuerprüfer deshalb unterwegs, gehen von Tür zu Tür und klären die Frauen über ihre Steuerpflicht auf. Dabei haben sie festgestellt, dass Huren mit deutschem Pass fast durchweg schon bei den Finanzbehörden gemeldet sind. 'Aber nur zwei bis drei Prozent geben als Beruf Prostituierte an', schätzt von Lengerke. Meist sei in der Einkommenssteuer- und Umsatzsteuererklärung die Rede von 'persönlichen Dienstleistungen', manchmal mit der Ergänzung Wellness oder Massage, 'was ja nicht falsch ist'.
800 bis 1000 Frauen in 350 bis 400 Model-Wohnungen gibt es in Bremen, schätzt von Lengerke. Zwei bis drei Gäste empfange eine professionell arbeitende Prostituierte am Tag - das jedenfalls ist ein ganz grober Durchschnittswert. Und die Beamten vom Finanzressort haben überrascht festgestellt: 'Besonders viel Betrieb ist in der Mittagspause.' Die Preise für sexuelle Dienstleistungen fingen nach den Angaben der Frauen etwa bei 50 Euro an, 'nach oben gibt es aber kaum eine Grenze', so ein Finanzbeamter. So seien auch die anfallenden Steuern nur schwer zu schätzen.
Empörend findet Julia von Lengerke vor diesem Hintergrund das sogenannte 'Düsseldorfer Verfahren', das inzwischen viele Finanzämter umsetzen: Die setzten pauschal eine Umsatzsteuer von 25 Euro am Tag an - sieben Tage die Woche, auch am Wochenende. 'Das ist völlig unrealistisch.' Kein anderer Berufsstand werde zudem ähnlich pauschal besteuert.
Sehr positiv sieht die Nitribitt-Sozialarbeiterin dagegen das Bremer Vorgehen, das mit den übrigen Norddeutschen Ländern abgestimmt ist. Diese Länder behandeln Prostituierte nicht anders als andere Gewerbetreibende auch - Grundlage für die steuerlichen Vorauszahlungen sind in erster Linie ihre eigenen Angaben: 'Das ist ein vernünftiges Verfahren.'
'Das Finanzamt erfasst Frauen, die freiwillig und unter einigermaßen vertretbaren Bedingungen arbeiten', meint von Lengerke. Die vielen Frauen aus Ländern Osteuropas, die teils als Mädchen schon zur Prostitution gezwungen und dann verschleppt werden, würden wohl auch in Zukunft kaum besteuert. 'Die leben eine Monat hier, einen Monat ganz woanders.' Diese Frauen hätten zudem 'ganz andere Probleme' als sich bei Finanzamt zu melden. Bei den Besuchen der Steuerprüfer in Model-Wohnungen waren diese Frauen allerdings deutlich in der Mehrzahl.
Von der Offensive der Finanzbehörde verspricht sich die Sozialarbeiterin dennoch positive Effekte. 'Ich hoffe auf ein bisschen mehr Transparenz', sagte sie. 'Dann wird es schwieriger für kriminelle Machenschaften.' Prostituierte hätten nämlich oft nur (Zahlungs-)Pflichten, 'aber keine Rechte'. Das könne sich nun allmählich ändern: 'Wenn die Steuerbehörde aktiv da dran bleibt, dann sehe ich die Chance für eine positive Entwicklung.'
Allein durch die Tatsache, dass der Druck für Sex-Unternehmerinnen zunehme, ihre Kosten nachzuweisen, vor allem die hohen Mieten: 'Die sind unheimlich dahinter her, Quittungen zu bekommen.' Zwar seien nicht alle Betreiber der Wohnungen davon begeistert. 'Aber wenn Frauen darauf bestehen, dann gibt es die.'
Prostituierte mit Steuernummer arbeiten zudem nicht illegal, sie sind folglich auch nicht erpressbar, etwa mit der Drohung, sie wegen Schwarzarbeit anzuzeigen. 'Und ich hoffe, dass die Frauen allmählich auch gesellschaftlich mehr Anerkennung erfahren, indem sie Steuern zahlen.' Denn: 'Immer noch sagt kein Mann: ,Ich gehe zu einer Prostituierten?, und immer noch sagt keine Frau: ,Ich bin Prostituierte?, ohne dass sie geächtet würde.' Es sei 'eine absolute Minderheit der Frauen, die sich zu ihrem Beruf bekennt', meist sei nicht mal der eigene Partner im Bilde.
Dabei suche jeder zweite Mann sexuelles Vergnügen regelmäßig auch bei einer Prostituierten, so jedenfalls die Schätzungen bei Nitribitt. Und Anerkennung für ihre Arbeit finden sie eher informell: 'Professionell arbeitende Frauen haben Stammkunden', sagt Julia von Lengerke. 'Das beweist: Die machen einen guten Job.'
Wenn der Fiskus nun konsequent die Hand aufhält, könnte bezahlter Sex auf längere Sicht teurer werden, 'aber das ist in meinen Augen auch wünschenswert', findet die Sozialarbeiterin. Die Preise seit Jahren nicht mehr gestiegen, 'eigentlich seit der Einführung des Euro'.
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Brem ... tipps.html
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
-
- Senior Admin
- Beiträge: 5025
- Registriert: 08.05.2008, 15:31
- Wohnort: Minden
- Ich bin: SexarbeiterIn
Urteil Bundesfinanzhof
KEINE Steuerfreie Vermietung an Prostituierte
Können Zimmer an Prostituierte umsatzsteuerfrei vermietet werden?
Die Vermietung von Wohnungen ist nach dem Umsatzsteuergesetz steuerbefreit. Diese Umsatzsteuerfreiheit wollte die Klägerin für die kurzfristige Vermietung von Wohnungen an Prostituierte nutzen.
Doch selbst der Bundesfinanzhof hatte kein Einsehen. Bereits das die Vorinstanz hätte richtig entschieden, dass die Wohnungs-Vermietung an Prostituierte zur Ausübung des Gewerbes keine steuerfreien Wohnungsvermietungen sind. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung kann statt einer steuerfreien Wohnungsvermietung ein Vertrag eigener Art vorliegen, wenn der Vermieter durch Maßnahmen oder Einrichtungen eine Organisation schafft und unterhält, die die gewerbsmäßige Unzucht der Bewohnerinnen fördert (so ein Urteil von 1961). Eine steuerfreie Wohnungsvermietung liegt allerdings vor, wenn der Vermieter Zimmer an Prostituierte vermietet, jedoch weder ein Bordell oder bordellartiger Betrieb noch eine vom Vermieter geschaffene und unterhaltene Organisation zur Förderung der gewerbsmäßigen Unzucht der Bewohnerinnen feststellbar ist, die – zum Teil schon seit vielen Jahren – in dem Haus ihren festen Wohnsitz haben (ebenfalls ein Urteil von 1961). Der Europäische Gerichtshof hat mittlerweile offenbart, dass bei der Vermietung auf die Dauer der Grundstücksnutzung ankommt. Daher hat das Finanzgericht richtig entschieden, dass diese kurzfristige Vermietung an Prostituierte keine steuerfreie Wohnungsvermietung ist.
(BFH v. 29.09.2010 – XI S 23/10 (PKH))
http://blog.steuerberaten.de/unternehme ... tituierte/
BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 29.9.2010, XI S 23/10 (PKH)
http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin ... os=0&anz=1
Können Zimmer an Prostituierte umsatzsteuerfrei vermietet werden?
Die Vermietung von Wohnungen ist nach dem Umsatzsteuergesetz steuerbefreit. Diese Umsatzsteuerfreiheit wollte die Klägerin für die kurzfristige Vermietung von Wohnungen an Prostituierte nutzen.
Doch selbst der Bundesfinanzhof hatte kein Einsehen. Bereits das die Vorinstanz hätte richtig entschieden, dass die Wohnungs-Vermietung an Prostituierte zur Ausübung des Gewerbes keine steuerfreien Wohnungsvermietungen sind. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung kann statt einer steuerfreien Wohnungsvermietung ein Vertrag eigener Art vorliegen, wenn der Vermieter durch Maßnahmen oder Einrichtungen eine Organisation schafft und unterhält, die die gewerbsmäßige Unzucht der Bewohnerinnen fördert (so ein Urteil von 1961). Eine steuerfreie Wohnungsvermietung liegt allerdings vor, wenn der Vermieter Zimmer an Prostituierte vermietet, jedoch weder ein Bordell oder bordellartiger Betrieb noch eine vom Vermieter geschaffene und unterhaltene Organisation zur Förderung der gewerbsmäßigen Unzucht der Bewohnerinnen feststellbar ist, die – zum Teil schon seit vielen Jahren – in dem Haus ihren festen Wohnsitz haben (ebenfalls ein Urteil von 1961). Der Europäische Gerichtshof hat mittlerweile offenbart, dass bei der Vermietung auf die Dauer der Grundstücksnutzung ankommt. Daher hat das Finanzgericht richtig entschieden, dass diese kurzfristige Vermietung an Prostituierte keine steuerfreie Wohnungsvermietung ist.
(BFH v. 29.09.2010 – XI S 23/10 (PKH))
http://blog.steuerberaten.de/unternehme ... tituierte/
BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 29.9.2010, XI S 23/10 (PKH)
http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin ... os=0&anz=1
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Mein Kommentar zum Urteil
Wie sieht das mit Vermietung im Boarding-Haus oder Appartment-Hotel aus, wo neben reiner Vermietung auch vielfältige Serviceleistungen wie Office-Service geboten werden? Liegt dort auch ein "Vertrag eigener Art" vor, der damit Mehrwertsteuerpflichtig ist?
Kommt der verringerte Mehrwertsteuersatz, den die FDP den Hoteliers gespendet hat, zur Anwendung?
Ohne das Urteil im Detail zu würdigen, drängt sich schon der Vergleich auf mit dem damaligen "Verbot der Förderung von Prostitution" [StGB]. Demnach war alles verboten, was Service für Sexworker beinhaltete (Kondome auslegen, angenehme Arbeitsbedingungen...), weil unterstellt wurde, das führe dazu dass Sexworker in der Profession "verhaftet" (=gefangen) gehalten werden (Gedankenfigur Zwangsprostitution bekannt aus Funk und Medien).
Das was früher mit Strafgesetzbuch versucht wurde erledigt der moderne marktwirtschaftliche Staat über Geld d.h. per Steuerrecht (Steuern i.S.v. lenken). Siehe die Aktivitäten der Steuerfahndung im Zusammenhang mit Düsseldorfer Verfahren und Sex-Vergnügungssteuern, was politisch als Eindämmung der Prostitution bewertet werden kann.
Folge dieser Rechtsprechung wird sein, dass sich Vermietung und Organisation/Werbung/Reinigung in getrennte Firmen aufspalten... so wie damals im Vorderhaus die Anbahnungsgaststätte und im Hinterhaus der Verrichtungsbetrieb unter verschiedenen Strohleuten getrennt geführt werden mußten bis Felicitas Weigmann für ihr Cafe Pssst in Berlin diese Scheinheiligkeit per gewonnenem Prozess im Jahr 2000 beseitigt hatte.
Kernargument des BFH Urteils von 2010 ist:
Eine Revision beim BFH überprüft nur Formfehler früherer Urteile der Finanzgerichte, aber nicht inhaltlich-tatsächliche Tatbeständs-Entscheidungen. Wenn also kein Formfehler gefunden werden kann, bleibt jedes alte Urteil rechtskräftig.
Prozesskostenhilfe bekommt jemand nur bei Erfolgsaussicht (Zulassung zur Revision heißt aber noch lange nicht Erfolgsaussicht).
Interessant ist ferner wie trotz der oftmals in den Medien gelobten Ausstrahlwirkung des ProstG von 2002, die alten prostitutionsfeindlichen Urteile aus den 60er Jahren, heutzutage immer noch durch die Rechtsprechung geistern und Wirkung entfalten können: "gewerbsmäßige Unzucht fördern".
Inhaltlich-tatsächliche Kernaspekte des BFH-Urteils sind:
Die i.a. kürzer als Monate dauernden Vermietungszeiten bei gewerblichen Zimmervermietungen an Sexworker. Sie stehen einer Begründung eines Wohnsitzes entgegen (Kriterium für private Wohnungsprostitution und damit für Wohnungsvermietung).
Die als hoch empfundenen Vermietungspreise (50 Euro pro Tag, vgl. Wucherdebatte bei Prof. Monika Frommel). Hier wird mit marktüblich der allgemeine regionale Wohnungsmarkt aber nicht der Prostitutionszimmermarkt in den Blick genommen, um Sonderbehandlung gegen diskrete Sexworker Arbeitswohnungen monetär zu rechtfertigen. Also der Staat verhält sich hier nicht anders als ein cleverer Vermieter, der im Falle dass er Prostitution wittert gleich mehr Geld und Abschläge für sich verlangt (Teilhabe am Kuchen Prostitution, Mehrwertbeschneidung d.h. Ausbeutung von Sexworkern vs. Gleichbehandlung).
Angenehme Nebenleistungen für Sexworker wie frische Wäsche und Reinigung werden abermals der Prostitution entgegengehalten, auch wenn die Argumentation heuer etwas anders gedreht läuft.
D.h. der Geist von Urteilen gegen Prostitution d.h. von Richtern bezüglich Sexwork ändert sich nur sehr langsam und braucht evt. Generationen und viele prozesswillige Sexwork-UnternehmerInnen.
Kommt der verringerte Mehrwertsteuersatz, den die FDP den Hoteliers gespendet hat, zur Anwendung?
Ohne das Urteil im Detail zu würdigen, drängt sich schon der Vergleich auf mit dem damaligen "Verbot der Förderung von Prostitution" [StGB]. Demnach war alles verboten, was Service für Sexworker beinhaltete (Kondome auslegen, angenehme Arbeitsbedingungen...), weil unterstellt wurde, das führe dazu dass Sexworker in der Profession "verhaftet" (=gefangen) gehalten werden (Gedankenfigur Zwangsprostitution bekannt aus Funk und Medien).
Das was früher mit Strafgesetzbuch versucht wurde erledigt der moderne marktwirtschaftliche Staat über Geld d.h. per Steuerrecht (Steuern i.S.v. lenken). Siehe die Aktivitäten der Steuerfahndung im Zusammenhang mit Düsseldorfer Verfahren und Sex-Vergnügungssteuern, was politisch als Eindämmung der Prostitution bewertet werden kann.
Folge dieser Rechtsprechung wird sein, dass sich Vermietung und Organisation/Werbung/Reinigung in getrennte Firmen aufspalten... so wie damals im Vorderhaus die Anbahnungsgaststätte und im Hinterhaus der Verrichtungsbetrieb unter verschiedenen Strohleuten getrennt geführt werden mußten bis Felicitas Weigmann für ihr Cafe Pssst in Berlin diese Scheinheiligkeit per gewonnenem Prozess im Jahr 2000 beseitigt hatte.
Kernargument des BFH Urteils von 2010 ist:
Eine Revision beim BFH überprüft nur Formfehler früherer Urteile der Finanzgerichte, aber nicht inhaltlich-tatsächliche Tatbeständs-Entscheidungen. Wenn also kein Formfehler gefunden werden kann, bleibt jedes alte Urteil rechtskräftig.
Prozesskostenhilfe bekommt jemand nur bei Erfolgsaussicht (Zulassung zur Revision heißt aber noch lange nicht Erfolgsaussicht).
Interessant ist ferner wie trotz der oftmals in den Medien gelobten Ausstrahlwirkung des ProstG von 2002, die alten prostitutionsfeindlichen Urteile aus den 60er Jahren, heutzutage immer noch durch die Rechtsprechung geistern und Wirkung entfalten können: "gewerbsmäßige Unzucht fördern".
Inhaltlich-tatsächliche Kernaspekte des BFH-Urteils sind:
Die i.a. kürzer als Monate dauernden Vermietungszeiten bei gewerblichen Zimmervermietungen an Sexworker. Sie stehen einer Begründung eines Wohnsitzes entgegen (Kriterium für private Wohnungsprostitution und damit für Wohnungsvermietung).
Die als hoch empfundenen Vermietungspreise (50 Euro pro Tag, vgl. Wucherdebatte bei Prof. Monika Frommel). Hier wird mit marktüblich der allgemeine regionale Wohnungsmarkt aber nicht der Prostitutionszimmermarkt in den Blick genommen, um Sonderbehandlung gegen diskrete Sexworker Arbeitswohnungen monetär zu rechtfertigen. Also der Staat verhält sich hier nicht anders als ein cleverer Vermieter, der im Falle dass er Prostitution wittert gleich mehr Geld und Abschläge für sich verlangt (Teilhabe am Kuchen Prostitution, Mehrwertbeschneidung d.h. Ausbeutung von Sexworkern vs. Gleichbehandlung).
Angenehme Nebenleistungen für Sexworker wie frische Wäsche und Reinigung werden abermals der Prostitution entgegengehalten, auch wenn die Argumentation heuer etwas anders gedreht läuft.
D.h. der Geist von Urteilen gegen Prostitution d.h. von Richtern bezüglich Sexwork ändert sich nur sehr langsam und braucht evt. Generationen und viele prozesswillige Sexwork-UnternehmerInnen.
-
- Senior Admin
- Beiträge: 5025
- Registriert: 08.05.2008, 15:31
- Wohnort: Minden
- Ich bin: SexarbeiterIn
Saarland
11.11.2010
Das horizontale Gewerbe trägt zur Sanierung des Haushalts bei
Die hiesige Finanzverwaltung schaut seit einiger Zeit im Rotlichtmilieu genauer hin. Seit 2008 verbuchte der Saar-Fiskus Mehreinnahmen von über einer Million Euro aus dem ältesten Gewerbe der Welt.
Saarbrücken. Die saarländische Finanzverwaltung kann Erfolge bei der Besteuerung sexueller Dienstleistungen im Rotlichtmilieu vorweisen. Wie das Finanzministerium auf SZ-Anfrage mitteilte, hat das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben im Zuge des seit März 2008 praktizierten „Düsseldorfer Verfahrens“ zur Prostitutionsbesteuerung bis Mitte 2010 Einnahmen von 825.550 Euro erwirtschaftet. Hinzu kämen seit Anfang 2010 „Mehrergebnisse“ in Höhe von rund 500.000 Euro „aufgrund durchgeführter Steuerstrafverfahren im Bereich Rotlicht“. Das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben ist für die Besteuerung des Rotlichtmilieus im gesamten Land zuständig.
Bei den Einnahmen aus dem Düsseldorfer Verfahren handelt es sich laut Ministerium „zumindest zu einem größeren Teil um reale Mehreinnahmen gegenüber der früheren Besteuerungspraxis“, da die „steuerliche Erfassung“ vor Einführung des Verfahrens schwieriger gewesen sei. Schließlich wechselten die in den Saar-Bordellen tätigen Prostituierten „häufig ihren Einsatzort, auch über Länder- und Bundesländergrenzen hinweg“, was die nachträgliche Besteuerung erschwert habe.
Das Verfahren sieht vor, dass jeder Bordellbetreiber von seinen Prostituierten jeweils einen pauschalen Steuerbetrag von 25 Euro täglich kassiert. Entweder mit der Tagesmiete oder – wenn die Einnahmen zwischen Betreiber und Prostituierter auf Anteilsbasis abgerechnet werden – indem der Betreiber den Betrag von ihrem Anteil einbehält. Den Gesamtbetrag der Pauschalen muss er quartalsweise an das Finanzamt abführen.
Wenn eine Prostituierte ihre Tätigkeit in seinem Etablissement beendet, muss er ihr den Gesamtbetrag der einbehaltenen Tagespauschalen auf einem speziellen Formular bestätigen, damit sie den Betrag später auf ihre Steuern anrechnen lassen kann.
Die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren ist für Bordellbetreiber und Prostituierte freiwillig. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass auch die Abführung der Steuern freiwillig wäre. Laut Finanzministerium führt die Steuerfahndung Kontrollen im saarländischen Rotlichtmilieu durch, um „die steuerlichen Verhältnisse im Rahmen eines Ortstermins festzustellen“ und „die korrekte Handhabung des Düsseldorfer Verfahrens zu überwachen“.
Entschließt sich ein Bordellbetreiber für die Teilnahme am Verfahren, hat er täglich eine vom Finanzamt bereitgestellte Sammelliste zu führen, in die auch jene Prostituierten aufzunehmen sind, die nicht am Verfahren teilnehmen.
Anwendbar ist das Verfahren nur bei selbstständig tätigen Prostituierten, die etwa in so genannten Laufhäusern oder in der Wohnungsprostitution arbeiten. Diese haben Einkommen-, Umsatz- und gegebenenfalls auch Gewerbesteuer zu entrichten. Wie das Finanzministerium mitteilte, nehmen derzeit rund 600 Prostituierte im Saarland an dem Verfahren teil. Bei Bordellen, in denen Prostituierte abhängig beschäftigt sind, haben die Bordellbetreiber dagegen Lohnsteuer und Sozialabgaben abzuführen.
Wie die Saar-Regierung vor fünf Jahren auf eine Anfrage der SPD-Politikerin Isolde Ries mitgeteilt hatte, gab es seinerzeit im Saarland rund 1300 Prostituierte. Diese beachteten nur „in den wenigsten Fällen die steuerlichen Erklärungspflichten“, hieß es damals noch.
Hintergrund
Der Bundesfinanzhof hat Ende 2006 entschieden, dass regelmäßige Kontrollbesuche der Steuerfahndung in Bordellen zulässig sind. Dies gelte auch dann, wenn es ein Ziel dieser Kontrollen ist, eine Teilnahme der Prostituierten am „Düsseldorfer Verfahren“ zu erreichen. Damals ging es um den Fall eines Finanzamtes in Baden-Württemberg, dessen Steuerfahndung Anfang 2006 binnen weniger Tage vier Mal in einem Bordell vorstellig wurde. Dabei wurden die Prostituierten nach Namen, Anschrift, Aufenthaltsdauer sowie Tätigkeitsumfang und die Kunden nach ihren Namen befragt.
http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufm ... 56,3499176
Das horizontale Gewerbe trägt zur Sanierung des Haushalts bei
Die hiesige Finanzverwaltung schaut seit einiger Zeit im Rotlichtmilieu genauer hin. Seit 2008 verbuchte der Saar-Fiskus Mehreinnahmen von über einer Million Euro aus dem ältesten Gewerbe der Welt.
Saarbrücken. Die saarländische Finanzverwaltung kann Erfolge bei der Besteuerung sexueller Dienstleistungen im Rotlichtmilieu vorweisen. Wie das Finanzministerium auf SZ-Anfrage mitteilte, hat das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben im Zuge des seit März 2008 praktizierten „Düsseldorfer Verfahrens“ zur Prostitutionsbesteuerung bis Mitte 2010 Einnahmen von 825.550 Euro erwirtschaftet. Hinzu kämen seit Anfang 2010 „Mehrergebnisse“ in Höhe von rund 500.000 Euro „aufgrund durchgeführter Steuerstrafverfahren im Bereich Rotlicht“. Das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben ist für die Besteuerung des Rotlichtmilieus im gesamten Land zuständig.
Bei den Einnahmen aus dem Düsseldorfer Verfahren handelt es sich laut Ministerium „zumindest zu einem größeren Teil um reale Mehreinnahmen gegenüber der früheren Besteuerungspraxis“, da die „steuerliche Erfassung“ vor Einführung des Verfahrens schwieriger gewesen sei. Schließlich wechselten die in den Saar-Bordellen tätigen Prostituierten „häufig ihren Einsatzort, auch über Länder- und Bundesländergrenzen hinweg“, was die nachträgliche Besteuerung erschwert habe.
Das Verfahren sieht vor, dass jeder Bordellbetreiber von seinen Prostituierten jeweils einen pauschalen Steuerbetrag von 25 Euro täglich kassiert. Entweder mit der Tagesmiete oder – wenn die Einnahmen zwischen Betreiber und Prostituierter auf Anteilsbasis abgerechnet werden – indem der Betreiber den Betrag von ihrem Anteil einbehält. Den Gesamtbetrag der Pauschalen muss er quartalsweise an das Finanzamt abführen.
Wenn eine Prostituierte ihre Tätigkeit in seinem Etablissement beendet, muss er ihr den Gesamtbetrag der einbehaltenen Tagespauschalen auf einem speziellen Formular bestätigen, damit sie den Betrag später auf ihre Steuern anrechnen lassen kann.
Die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren ist für Bordellbetreiber und Prostituierte freiwillig. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass auch die Abführung der Steuern freiwillig wäre. Laut Finanzministerium führt die Steuerfahndung Kontrollen im saarländischen Rotlichtmilieu durch, um „die steuerlichen Verhältnisse im Rahmen eines Ortstermins festzustellen“ und „die korrekte Handhabung des Düsseldorfer Verfahrens zu überwachen“.
Entschließt sich ein Bordellbetreiber für die Teilnahme am Verfahren, hat er täglich eine vom Finanzamt bereitgestellte Sammelliste zu führen, in die auch jene Prostituierten aufzunehmen sind, die nicht am Verfahren teilnehmen.
Anwendbar ist das Verfahren nur bei selbstständig tätigen Prostituierten, die etwa in so genannten Laufhäusern oder in der Wohnungsprostitution arbeiten. Diese haben Einkommen-, Umsatz- und gegebenenfalls auch Gewerbesteuer zu entrichten. Wie das Finanzministerium mitteilte, nehmen derzeit rund 600 Prostituierte im Saarland an dem Verfahren teil. Bei Bordellen, in denen Prostituierte abhängig beschäftigt sind, haben die Bordellbetreiber dagegen Lohnsteuer und Sozialabgaben abzuführen.
Wie die Saar-Regierung vor fünf Jahren auf eine Anfrage der SPD-Politikerin Isolde Ries mitgeteilt hatte, gab es seinerzeit im Saarland rund 1300 Prostituierte. Diese beachteten nur „in den wenigsten Fällen die steuerlichen Erklärungspflichten“, hieß es damals noch.
Hintergrund
Der Bundesfinanzhof hat Ende 2006 entschieden, dass regelmäßige Kontrollbesuche der Steuerfahndung in Bordellen zulässig sind. Dies gelte auch dann, wenn es ein Ziel dieser Kontrollen ist, eine Teilnahme der Prostituierten am „Düsseldorfer Verfahren“ zu erreichen. Damals ging es um den Fall eines Finanzamtes in Baden-Württemberg, dessen Steuerfahndung Anfang 2006 binnen weniger Tage vier Mal in einem Bordell vorstellig wurde. Dabei wurden die Prostituierten nach Namen, Anschrift, Aufenthaltsdauer sowie Tätigkeitsumfang und die Kunden nach ihren Namen befragt.
http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufm ... 56,3499176
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Doppelbesteuerung vorbeugen
Das wissen evt. noch nicht alle Sexworker und Vermieter:
Evt. kann mal jemand so ein Beispiel-Formular hier im Forum einstellen, damit das Verfahren mit den Belegen und wie diese Vorsteuer verrechnet wird in der eigenen spätere Steuererklärung noch bekannter und vertrauter wird...
saarbruecker-zeitung hat geschrieben:Wenn eine Prostituierte ihre Tätigkeit in seinem Etablissement beendet, muss er ihr den Gesamtbetrag der einbehaltenen Tagespauschalen auf einem speziellen Formular bestätigen, damit sie den Betrag später auf ihre Steuern anrechnen lassen kann.
Evt. kann mal jemand so ein Beispiel-Formular hier im Forum einstellen, damit das Verfahren mit den Belegen und wie diese Vorsteuer verrechnet wird in der eigenen spätere Steuererklärung noch bekannter und vertrauter wird...
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Umsatzsteuer
Razzia der Steuerfahndung Gießen gegen Bordell in Pohlheim, Hessen von Hells-Angels Mitgliedern (Käunzberg Gastronomie GmbH www.fkk-world.de ?).

Was bedeutet das?
In welchen Betrieben ist das so?
Heißt es, dass die Mehrwertsteuer auf Sexdienstleistung dem Betrieb zugerechnet wird?
Ist das eine Wohltätigkeit gegenüber den Sexarbeiterinnen und gegen die Betreiber?
Warum werden die viel höheren Sozialabgaben nicht erwähnt?

Steuerfahndung hat geschrieben:Das Bordell, so erklärte OStA Hübner, werde, was die Umsatzsteuerpflicht angeht, als Einheit gesehen, da etwa der Betreiber nicht die Dienste einer bestimmten Dame bewerbe.
Was bedeutet das?
In welchen Betrieben ist das so?
Heißt es, dass die Mehrwertsteuer auf Sexdienstleistung dem Betrieb zugerechnet wird?
Ist das eine Wohltätigkeit gegenüber den Sexarbeiterinnen und gegen die Betreiber?
Warum werden die viel höheren Sozialabgaben nicht erwähnt?
-
- unverzichtbar
- Beiträge: 178
- Registriert: 02.10.2010, 14:48
- Ich bin: Keine Angabe
Re: Umsatzsteuer

Ich verstehe nicht ganz, auf welchen Beitrag sich Dein Zitat bezieht ... ohne Kenntnis des Kontexts kann ich nicht beurteilen, woraus die von "Steuerfahndung" benannte umsatzsteuerrechtliche Einheit bestehen soll und welche steuerrechtlichen Folgen hieraus ggf. resultieren können.Marc of Frankfurt hat geschrieben:Razzia der Steuerfahndung Gießen gegen Bordell in Pohlheim, Hessen von Hells-Angels Mitgliedern (Käunzberg Gastronomie GmbH www.fkk-world.de ?).
Steuerfahndung hat geschrieben:Das Bordell, so erklärte OStA Hübner, werde, was die Umsatzsteuerpflicht angeht, als Einheit gesehen, da etwa der Betreiber nicht die Dienste einer bestimmten Dame bewerbe.
. . .
Aber manchmal sieht man halt vor lauter Wald die Bäume nicht.
J.K.
"Vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üble Paßiones auszuführen, vor diese kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger als die größten Spitzbuben, die in der Welt sind." (König Friedrich II. im Jahre 1779)
-
- Senior Admin
- Beiträge: 5025
- Registriert: 08.05.2008, 15:31
- Wohnort: Minden
- Ich bin: SexarbeiterIn
19.11.2010
Minden: Stadt will sexuelle Dienstleistungen besteuern
Minden (mt). Wenn es nach dem Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Minden geht, wird es an der Weser voraussichtlich ab kommendem Jahr eine Steuer auf sexuelle Dienstleistungen geben. Betreiber von Sexclubs müssen dann sechs Euro je Prostituierte und Tag zahlen. Das soll der Stadtkasse jedes Jahr 50.000 Euro bringen.
Die Mindener nehmen sich Köln zum Vorbild, wo die Stadt Anfang Juni vom Innenministerium die Genehmigung erhalten hat, eine "Vergnügungssteuer auf sexuelle Vergnügungen" zu erheben. Bei dem Steuersatz von sechs Euro pro Prostituierte und Tag - wobei maximal 25 Tage gerechnet werden sollen, kämen so pro Dame monatlich 150 Euro zusammen.
Nach der Beschlussvorlage des Haupt- und Finanzausschusses soll "das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgeld in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen" besteuert werden. Bars, Sauna-, FKK- und Swingerklubs sollen ihre Steuern nach Veranstaltungsfläche bezahlen.
....
http://mt-online.de/start/letzte_meldun ... euern.html
Minden: Stadt will sexuelle Dienstleistungen besteuern
Minden (mt). Wenn es nach dem Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Minden geht, wird es an der Weser voraussichtlich ab kommendem Jahr eine Steuer auf sexuelle Dienstleistungen geben. Betreiber von Sexclubs müssen dann sechs Euro je Prostituierte und Tag zahlen. Das soll der Stadtkasse jedes Jahr 50.000 Euro bringen.
Die Mindener nehmen sich Köln zum Vorbild, wo die Stadt Anfang Juni vom Innenministerium die Genehmigung erhalten hat, eine "Vergnügungssteuer auf sexuelle Vergnügungen" zu erheben. Bei dem Steuersatz von sechs Euro pro Prostituierte und Tag - wobei maximal 25 Tage gerechnet werden sollen, kämen so pro Dame monatlich 150 Euro zusammen.
Nach der Beschlussvorlage des Haupt- und Finanzausschusses soll "das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgeld in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen" besteuert werden. Bars, Sauna-, FKK- und Swingerklubs sollen ihre Steuern nach Veranstaltungsfläche bezahlen.
....
http://mt-online.de/start/letzte_meldun ... euern.html
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
-
- Senior Admin
- Beiträge: 5025
- Registriert: 08.05.2008, 15:31
- Wohnort: Minden
- Ich bin: SexarbeiterIn
Stuttgart Vergnügungssteuersatzung
schon älter ...10.12.2009
BORDELLE
Vergnügen, nur wo es Sex gibt
Steuerrecht gilt auch für Bordelle. Vergnügungssteuerpflichtig sind dort aber nur Räume, in denen es auch richtig zur Sache geht. Das hat ein deutsches Gericht entschieden.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart stellte der Betreiberin eines Bordells in Aussicht, dass sie voraussichtlich statt der geforderten 53.000 Euro nur rund 30.000 Euro bezahlen muss. Das Urteil soll an diesem Freitag verkündet werden.
Die Bordellbetreiberin stellt 35 Zimmer tageweise den Prostituierten zur Verfügung. 33 davon hat sie nach eigenen Angaben vermietet. Überdies stehen Besuchern ein sogenannter Kontakthof sowie eine Cafeteria zur Verfügung.
Die Stadt hatte bei der Steuererhebung die Gesamtfläche des Bordells zugrunde gelegt. Dies sah der Vorsitzende Richter Wolfgang Gaber jedoch anders. Denn in der Vergnügungssteuersatzung der Stadt sei ausschließlich erwähnt, dass für die «gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen» Steuern zu entrichten sind.
Würde das Bordell Eintritt verlangen, wäre die Sache klar, meinte Gaber. Das Gericht sei deshalb zu der vorläufigen Auffassung gekommen, dass lediglich die Räume, die von den Prostituierten angemietet werden können, steuerpflichtig sind. Damit würden nur die Zimmer für die Steuerberechnung gelten, nicht aber die öffentlichen Räume. Der Anwalt der Stadt räumte ein, dass ein Satzungsproblem vorliege.
http://www.news.de/gesellschaft/8550360 ... ex-gibt/1/
VG Stuttgart Urteil vom 10.12.2009, 8 K 3904/09
Vergnügungssteuer für bordellartige Einrichtung ("Laufhaus")
Leitsätze
Die Erhebung von Vergnügungssteuern für die "gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen" durch den kommunalen Satzungsgeber ist zulässig, soweit sie den finanziellen Aufwand des sich Vergnügenden abschöpft. Das Erfordernis der Entgeltlichkeit der Einräumung der Gelegenheit muss Tatbestandsmerkmal des Steuergegenstandes sein.
Vermietet der Betreiber eines Laufhauses Zimmer an selbstständig tätige Prostituierte, in denen diese den Kunden gegen Entgelt gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügen einräumen, können die Prostituierten als Unternehmerinnen der Veranstaltung zur Vergnügungssteuer veranlagt werden. Leistet der Betreiber einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes (hier: Verantwortlichkeit für Gesamtkonzept des Betriebes, Werbung), kann der Satzungsgeber ihn in zulässiger Weise als weiteren Abgabenschuldner bestimmen, wenn er die Haftschuld an die entgeltliche Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten anknüpft.
Der Flächenmaßstab, der sich pauschal nach der Größe der Veranstaltungsfläche bemisst, stellt einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab bei der Besteuerung der entgeltlichen gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen dar. Er weist den erforderlichen "lockeren Bezug" auf, da es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwandes mit der Größe eines Betriebes wächst.
Die Größe der Veranstaltungsfläche kann nicht losgelöst vom Steuertatbestand ermittelt werden. Flächen eines Betriebes, die der Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht dienen können, dürfen für die Steuerfestsetzung nicht herangezogen werden. Unterliegt der Vergnügungssteuer die einem Kunden gegen Entgelt gezielt eingeräumte Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen, beschränkt sich die maßgebliche Veranstaltungsfläche auf die Flächen, die dem Kunden gegen Entgelt für die Inanspruchnahme dieser Gelegenheit zur Verfügung gestellt werden.
Tenor
Der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 werden aufgehoben, soweit die darin festgesetzte Vergnügungssteuer den Betrag von 30.524,56 EUR übersteigt.
Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt 3/5, die Beklagte 2/5 der Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Veranlagung zu Vergnügungssteuern für ein „Laufhaus“.
2
Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die gewerbliche Zimmervermittlung und der Betrieb von Animierlokalen, Nachtclubs, Wellness-, FKK-Clubs, Gaststätten und ähnlichem ist. Im Stadtgebiet der Beklagten hat sie eine Fläche von 2.551,36 m² im ersten und zweiten Obergeschoss eines Gebäudes „zum Betrieb eines Laufhauses/Bordell/Vergnügungseinrichtung mit Gaststätten“ angemietet. Zum 12.02.2008 wurde der Betrieb im „1. Bauabschnitt“ aufgenommen. Dieser umfasst einen Teil der Fläche des ersten Obergeschosses, die genutzt wird als „Kontakthof“ (209,10 m²), Cafeteria für Raucher und Nichtraucher (52,91 m²), Elektro-, Sanitär-, Umkleide und Putzräume, Büro, zwei Kantinen sowie für 33 Zimmer, die an Prostituierte vermietet werden (346,87 m²).
3
Der Gemeinderat der Beklagten hat in öffentlicher Sitzung vom 18.12.2007 seine Vergnügungssteuersatzung neu gefasst. Die Satzung trat zum 01.10.2008 in Kraft. In der Vorlage zur Neufassung führte der Oberbürgermeister der Beklagten u.a. aus, dass sich die Notwendigkeit einer Neufassung auch aus tatsächlichen Entwicklungen ergebe, mit denen sich die Stadt zunehmend auseinanderzusetzen habe (Betrieb von FKK- und Saunaclubs, Laufhäusern u.ä.). Der Vorschlag der Verwaltung versuche, bezogen auf die Verhältnisse im Stadtgebiet, ausgewogen fiskalische und ordnungspolitische Aspekte zu berücksichtigen. Die künftige Satzung solle noch einigermaßen überschaubar sein, grundsätzlich eher unerwünschte Vergnügungen besteuern und dies mit dem Versuch in sich stimmiger Steuersätze. Der Satzungsentwurf beinhalte erstmals die Besteuerung bestimmter Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund. Die Verwaltung habe versucht, die Tatbestände aufzunehmen, die absehbar zu erwarten bzw. auf Grund von z.B. Baugesuchen bereits bekannt seien. Durch Vergleich von Satzungen anderer Städte seien Steuersätze festgelegt worden. Wie aufwändig und wie erfolgreich sich die Besteuerung von Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund gestalten werde, könne nur die Zukunft aufzeigen. Die Verwaltung sei jedenfalls der Auffassung, dass ordnungs- und speziell baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten.
4
Die Vergnügungssteuersatzung enthält u.a. folgende Regelungen:
5
§ 1 Steuergegenstand
6
(1) Die Stadt XXX erhebt eine Vergnügungssteuer. Der Vergnügungssteuer unterliegen:
...
das Halten von Filmkabinen zur Vorführung von Sex- und Pornofilmen
Nachtlokale, Tabledance-Lokale oder vergleichbare Betriebe mit erotischen Darbietungen
die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen, sowie ähnlichen Einrichtungen
Erotik- und Sexmessen
...
7
§ 3 Steuerschuldner und Haftung
(1) Steuerschuldner ist der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung.
(2) Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
...
8
§ 4 Erhebungsform, Bemessungsgrundlagen
...
(3) Für Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 wird die Steuer nach dem Flächenmaßstab erhoben.
9
§ 5 Maßstäbe
...
(3) Für den Flächenmaßstab ist die Veranstaltungsfläche maßgeblich. Als Veranstaltungsfläche gelten alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume.
...
10
§ 8 Steuersatz beim Flächenmaßstab
(1) Die Steuer bemisst sich bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 nach der Veranstaltungsfläche.
(2) Die Steuer beträgt für jeden angefangenen Kalendermonat je qm der Veranstaltungsfläche 5 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 8 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 4.
...
11
§ 12 Anzeige- und Erklärungspflichten
...
(4) Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 sind spätestens innerhalb von 1 Woche nach Aufnahme bzw. Einstellung des Betriebes der Steuerabteilung schriftlich anzuzeigen. Dabei sind die für die Berechnung der Steuer notwendigen Flächen anzugeben und auf Nachfrage zu belegen.
...
(7) Bei nicht oder nicht vollständig abgegebenen Erklärungen oder Anzeigen nach den Absätzen (1) bis (5) ist die Steuerabteilung berechtigt, Schätzungen vorzunehmen.
12
Mit Schreiben vom 12.03.2008 informierte die Beklagte die Klägerin über das Inkrafttreten der Satzung und bat um Mitteilung der genauen Veranstaltungsfläche. Unter dem 29.07.2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die derzeitige Veranstaltungsfläche 209,10 m² betrage.
13
Mit Bescheid vom 12.11.2008 setzte die Beklagte Vergnügungssteuern in Höhe von insgesamt 53.504 EUR gegen die Klägerin fest. Der Anlage zum Steuerbescheid ist zu entnehmen, dass für das „Laufhaus“ 608 m² für 11 Monate zu Grunde gelegt wurden. Weil die Angabe der Veranstaltungsfläche unvollständig gewesen sei, sei eine Schätzung nach § 12 Abs. 7 der Vergnügungssteuersatzung erfolgt.
14
Die Klägerin erhob gegen den Bescheid am 09.12.2008 Widerspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Sie trug im Wesentlichen vor: Sie sei nicht Steuerschuldnerin. Sie betreibe lediglich eine gewerbliche Zimmervermietung und vermiete einzelne Zimmer gegen eine Tagespauschale an Prostituierte, die in den Räumen ihrem Gewerbe nachgehen könnten. Das Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten stelle keine Beziehung zum Steuertatbestand her, weil rechtlich gesehen lediglich die Raumüberlassung gewährt werde. Sie, die Klägerin, ziehe aus dem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil. Sie schaffe lediglich die Möglichkeit für Dritte, den die Steuerpflicht begründenden Tatbestand zu verwirklichen. Die Regelungen über den Flächenmaßstab seien wegen des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. Die Steuer belaufe sich auf 8 EUR/m² und angefangenen Kalendermonat unabhängig davon, ob und wie oft die Fläche tatsächlich zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen vorgenommen würden. Die Steuer betrage damit für eine Prostituierte, die ein Zimmer und damit eine bestimmte Fläche für einen Tag im Monat nutze, dasselbe wie wenn sie das Zimmer bzw. die Fläche während mehrerer Tage im Monat oder den ganzen Monat lang nutze. Jedenfalls sei aber die dem Steuerbescheid zu Grunde gelegte Veranstaltungsfläche falsch. Eine Schätzung hätte nicht erfolgen dürfen. Davon abgesehen gelte die Satzung nur für die dem Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderoberäume. Dem Publikum zugänglich sei aber nur der sog. Kontakthof mit einer Fläche von 209,10 m². Bei den übrigen Flächen handele es sich um Büroräume, Kantinen und vermietete Zimmer, die dem Publikum nicht zugänglich seien. Bei den vermieteten Zimmern entscheide die einzelne Mieterin, wer Zugang zu dem Raum habe.
15
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 22.05.2009 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab, weil weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestünden, noch eine unbillige Härte vorliege.
16
Am 24.06.2009 beantragte die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Über den Antrag - 8 K 2393/09 - ist noch nicht entschieden.
17
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 hat die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Zur Klarstellung hielt sie fest:
18
Gegenüber der XXX wird damit gemäß der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Stadt XXX vom 18.12.2007 für den Zeitraum vom 01.02.2008 (Eröffnung am 12.02.2008) bis 31.12.2008 eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 53.504 EUR festgesetzt. Die Festsetzung erfolgt für eine Veranstaltungsfläche von 608 m² (davon entfallen 209,10 m² auf den Kontakthof, 52, 91 m² auf die Cafeteria und 346,87 m² auf die Zimmer 1 bis 33; vgl. insgesamt beigefügten Plan) zu einem Satz von monatlich 8 EUR je m² Veranstaltungsfläche.
19
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung sei der Unternehmer der Veranstaltung. Dies sei die Klägerin, die das Laufhaus betreibe. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung, die Veranstaltungsfläche anzugeben, nicht nachgekommen. Die Mitteilung, dass die Veranstaltungsfläche 209,10 m² betrage, habe sich nur auf die Fläche des Kontakthofes bezogen und nicht auf die übrigen dem Publikum zugänglichen Flächen. Die Stadt habe deshalb anhand der vorhandenen Pläne die Flächen ermittelt und den Bescheid erlassen. Die Flächen der Zimmer seien zu Recht mit in die Vergnügungssteuerberechnung einbezogen worden. Diese Flächen seien der Klägerin zuzurechnen. Sie betreibe das Laufhaus und stelle bezüglich der Zimmer nicht nur eine gewerbliche Vermieterin dar. Dies zeige sich auch auf der Homepage des Laufhauses, auf der es ausdrücklich heiße: „Ca. 900 m² sind eröffnet. 35 Zimmer eröffnet (bis 95 demnächst)“. Auch bei - unterstellter - (Unter-) Vermietung der Zimmer sei das Betreiben des Laufhauses mit sämtlichen dem Publikum zugänglichen Flächen (mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume) der Klägerin zuzuordnen, da sie damit die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ermögliche. Sie trete keinesfalls nur als gewerbliche Zimmervermieterin auf, die in keinem Zusammenhang mit der dort stattfindenden Tätigkeit stehe. Eine Differenzierung danach, wie die Fläche zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen vorgenommen würden, sei nicht erforderlich. Im Steuer- und Abgabenrecht sei anerkannt, dass typisierende Betrachtungen angestellt werden und Pauschalierungen erfolgen könnten.
20
Die Klägerin hat am 16.10.2009 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Unter Berufung auf ihr Vorbringen im Antragsverfahren macht sie im Wesentlichen geltend: Die Festlegung von Steuerschuldnern müsse auf diejenigen Betroffenen begrenzt bleiben, die in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand stünden. Sie, die Klägerin, überlasse lediglich Räume, so dass keine rechtliche Beziehung zum Steuertatbestand des § 1 Nr. 4 der Satzung bestehe. Die Steuer, die sich ausschließlich an der Veranstaltungsfläche orientiere, sei nicht steuergerecht. Denn sie mache keinen Unterschied, ob der Raum oder die Veranstaltungsfläche wenige Tage im Monat genutzt werde oder den vollen Monat. Der pauschale Betrag von 8 EUR pro m² Veranstaltungsfläche verursache eine erdrosselnde Wirkung, denn er bewirke eine erdrückende Steuerlast. Zugleich sei er willkürlich, da er weder die tatsächliche Inanspruchnahme noch die Anzahl der Kunden berücksichtige. Die Schätzung, dass die Veranstaltungsfläche 608 m² betrage, sei willkürlich. Die Höhe der Vergnügungssteuer sei ebenfalls willkürlich gewählt. In vergleichbaren Fällen habe beispielsweise die Stadt Köln die Vergnügungssteuer auf 2 EUR je angefangene 10 m² Veranstaltungsfläche festgelegt und bei Hinzutreten weiterer Sachverhalte gesteigert.
21
In der mündlichen Verhandlung hat die Gesellschafterin der Klägerin angegeben, dass derzeit 33 Zimmer an Prostituierte vermietet würden. Diese hielten sich in ihren Zimmern auf und warteten dort auf die Kunden. Vom Kontakthof aus gingen sternförmig Flure ab. Die Flure ergäben einen Rundgang, der die Kunden an den Zimmern vorbeiführe. Die Türen seien auch mal zu. Die Mieterin entscheide, wen sie mit in das Zimmer nehme. Für die Zimmer werde eine Tagespauschale von 105 EUR brutto von der Mieterin erhoben. Mit der Tagespauschale werde der Zeitraum von 10 Uhr früh bis 4 Uhr nachts abgegolten. Die Zimmer seien alle etwa gleich groß. Sie seien nicht immer alle belegt. Es komme auch vor, dass ein Zimmer längere Zeit nicht belegt sei. Über die Belegung führe sie Buch. Die Prostituierten mieteten die Zimmer entweder telefonisch oder nach persönlicher Vorsprache. Es sei ein ständiger Wechsel an Mieterinnen. Diese würden in den Zimmern nicht wohnen. Die Cafeteria sei kein Animierlokal. Es sei nicht erwünscht, dass die Prostituierten dort mit den Kunden Kontakt aufnähmen. Die Preise in der Cafeteria seien „normal“. Für ein Bier werde beispielsweise 1,90 EUR verlangt. Es würden dort auch Sportübertragungen gezeigt. Auf der Fläche des Kontakthofs finde wenig statt. Es seien dort ein paar Unterhaltungsgeräte aufgestellt, für die Spielgerätesteuer gezahlt werde, und ein Dart. Zudem seien dort Internet-Terminals aufgestellt und drei Bistrotische mit Sitzgelegenheit. Bedient werde an diesen Tischen nicht. Es werde jedoch toleriert, wenn ein Gast sein Getränk aus der Cafeteria mit zur Kontakthoffläche nehme. Es komme auch vor, dass Prostituierte ihre Kunden mit an die Spielgeräte begleiteten. Es sei jedoch nicht so, dass dort im eigentlichen Sinne die Kontakte hergestellt würden zwischen Kunde und Prostituierter.
22
Die Klägerin beantragt,
23
den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 aufzuheben.
24
Die Beklagte beantragt.
25
die Klage abzuweisen.
26
Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im Antragsverfahren. Dort hatte sie im wesentlichen vorgetragen, dass die Veranstaltungsfläche mit 608 m² nicht zu hoch angesetzt sei, nachdem die Klägerin auf ihrer Homepage damit werbe, dass 900 m² eröffnet seien. Im Übrigen rechne sie sich auf ihrer Homepage die vermieteten Zimmer auch zu. Sie sei damit nicht lediglich gewerbliche Vermieterin, sondern betreibe selbst das Laufhaus. Ob bzw. welche Personen nebeneinander die Steuer schuldeten und daher als Gesamtschuldner in Betracht kämen, spiele keine Rolle.
27
In der mündlichen Verhandlung betonte der Vertreter der Beklagten, dass sich der Betrieb der Klägerin als ein einheitliches Gesamtkonzept darstelle, für das sie auch als solches werbe. Die an die Prostituierten vermieteten Zimmer könnten nicht losgelöst vom übrigen Raumangebot gesehen werden, weshalb auch der Kontakthof und die Cafeteria Veranstaltungsfläche im Sinne der Satzung seien. Ohne den Kontakthof, die Flure, mithin das „Ambiente“ könnten die Prostituierten ihr Gewerbe nicht ausüben.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
29
Die Klage ist zulässig und in dem im Tenor zum Ausdruck kommenden Umfang auch begründet. Der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin eine Vergnügungssteuer für die Fläche des „Kontakthofs“ und der Cafeteria in Höhe von 22.979,44 EUR festgesetzt wurde. Die Erhebung einer Vergnügungssteuer in Höhe von 30.524,56 EUR für die Fläche der Zimmer, die die Klägerin an Prostituierte vermietet, erfolgte hingegen rechtmäßig. Die Bescheide waren deshalb aufzuheben, soweit darin eine Vergnügungssteuer von mehr als 30.524,56 EUR festgesetzt worden war (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); die Klage im Übrigen war abzuweisen.
30
1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide sind die Art. 105 Abs. 2 a GG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1, 9 Abs. 4 KAG i.V.m. den Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 18.12.2007. Soweit in dieser Satzung die Erhebung der Vergnügungssteuer nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 an die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen, sowie ähnlichen Einrichtungen“ anknüpft, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Es handelt sich insoweit um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist.
31
Das in Art. 105 Abs. 2 a GG enthaltene Verbot von gleichartigen Steuern wird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkömmlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen die Vergnügungssteuer zählt (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 26.02.1985 - 2 BvL 14/84 -, BVerfGE 69, 174, 183; BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968). Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere Konsumfähigkeit des Steuerpflichtigen. Sie sollen einen besonderen Aufwand, also eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermögen erfassen. Ausschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Veranstaltungen, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind, scheiden als vergnügungssteuerpflichtig aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 1532/88 - NVwZ 1989, 1152; st. Rspr.). Eine Besteuerung von „sexuellen Vergnügungen“ durch den Satzungsgeber setzt demnach voraus, dass der sich Vergnügende hierfür finanzielle Mittel aufwendet. Derartige Steuern werden zwar, soweit ersichtlich, nicht seit jeher als traditioneller Fall einer Aufwandsteuer angesehen (vgl. insoweit wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.06.2009 - 14 A 1577/07 - <juris>). Werden Steuern für entgeltliche sexuelle Vergnügungen erhoben, so zielen sie aber darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu belasten. Sie beruhen auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein - entgeltliches - Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3/03 -, NVwZ 2004, 1128 für Tanzveranstaltungen). Steuergegenstand der von der Beklagten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erhobenen Steuer ist zwar nicht direkt der Aufwand für die „sexuelle Vergnügung“, vielmehr wird die Steuer bereits für die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ erhoben. Auch dieser, von der Beklagten gewählte Steuergegenstand, erfasst aber letztlich den finanziellen (Mehr-) Aufwand, den ein Konsument bereit ist, für sexuelle Vergnügungen zu leisten. Besteuert wird auch hier die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden - wenn auch nicht erst dann, wenn er sich tatsächlich sexuell vergnügt, sondern bereits dann, wenn ihm hierzu gezielt die Gelegenheit gegeben wird und er für die Einräumung der Gelegenheit finanzielle Mittel aufwendet. Insoweit sprechen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass Betriebe wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs einerseits und Bordelle andererseits, trotz ihrer in der Regel unterschiedlichen Konzeptionen, in einem Steuertatbestand zusammen gefasst werden. Die - bloße - Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen kann sowohl in derartigen Bars/Clubs als auch in Bordellen gegen Entgelt gezielt eingeräumt werden. Dies erfordert allerdings bei der Festsetzung der Steuer eine genaue Prüfung, ob der Kunde bzw. Besucher derartiger Betriebe auch tatsächlich für die bloße Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen, die finanziellen Mittel aufwendet.
32
Soweit in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nicht ausdrücklich geregelt ist, dass die gezielte Einräumung der Gelegenheit nur dann der Vergnügungssteuer unterliegt, wenn sie entgeltlich erfolgt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Regelung. Eine entgeltliche Veranstaltung liegt vor, wenn für die Entgegennahme der oder Teilnahme an der Vergnügung direkte finanzielle Aufwendungen notwendig sind, z.B. Eintrittsgelder. Auch finanzielle Aufwendungen, die nur indirekt mit der Veranstaltung verbunden sind, bestätigen die Entgeltlichkeit der Vergnügungsentgegennahme, z.B. erhöhte Getränkepreise, die ein „Eintrittsgeld“ mit umfassen. Der Begriff „Veranstaltung“ ist weit zu fassen. Veranstaltung ist jede persönliche oder maschinelle, aktive oder passive Darbietung, die der Unterhaltung im weitesten Sinne dient, aber nicht einen reinen Leistungsaustausch beinhaltet. Der Begriff Veranstaltung ist mit demjenigen der Vergnügung im Wesentlichen identisch (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 3 Rdnr. 165). Gemessen hieran ist das Erfordernis der Entgeltlichkeit ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Steuergegenstandes nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann in die Regelung hinein gelesen werden, dass von dem Steuertatbestand nur die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
33
Letztlich bestehen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen auch nicht deshalb, weil die Beklagte sie vor allem deshalb eingeführt hat, um ordnungs- und speziell baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterziehen zu können. Der kommunale Satzungsgeber ist bei herkömmlichen kommunalen Steuern mit örtlich begrenztem Wirkungskreis und begrenzter Belastungsintensität - wie hier der Vergnügungssteuer - zur Regelung von Lenkungssteuern zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabengesetz, § 3 Rdnr. 162 m.w.N.). Der Beklagten war es deshalb erlaubt, den Lenkungszweck der Steuer deutlicher in den Vordergrund zu rücken und den Finanzierungszweck zurücktreten zu lassen.
34
Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Das Laufhaus, das die Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betreibt, ist ein Bordell. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vermietet sie an selbstständig tätige Prostituierte Zimmer gegen eine Tagespauschale von 105 EUR. Die Prostituierten warten bei geöffneter Zimmertür auf ihre Kunden, die durch die Flure des Hauses „laufen“. Kommt eine Vereinbarung zwischen Prostituierter und Kunde zu Stande, kann er ihre Dienste in dem von ihr angemieteten Zimmer beanspruchen. Der Besuch des Laufhauses kostet keinen Eintritt. Der Gast darf das Haus auch ohne Zahlung irgendeines Entgeltes wieder verlassen.
35
Den Kunden, die das Laufhaus der Klägerin aufsuchen, wird damit gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügen gegen Entgelt eingeräumt. Diese - entgeltliche - Gelegenheit wird den Kunden nach der dargestellten Konzeption des Hauses allerdings nicht von der Klägerin selbst eingeräumt, sondern nur von den jeweiligen Prostituierten. Nur diesen gegenüber wendet der Kunde, der der eigentlich Vergnügungssteuerpflichtige ist, seine finanziellen Mittel auf, sei es für das sexuelle Vergnügungen selbst, sei es für die bloße Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen. Zwischen der Klägerin und den Kunden besteht ein solches „entgeltliches“ Verhältnis nicht. Aber auch im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Prostituierten wird der Tatbestand nicht erfüllt. Diese bezahlen an die Klägerin zwar eine Tagespauschale - und damit ein „Entgelt“. Es kann aber sicher keine Rede davon sein, dass die Prostituierten dieses „Entgelt“ an die Klägerin entrichten, weil diese ihnen die Gelegenheit zu einer sexuellen Vergnügung einräumen würde.
36
2. Die Klägerin ist Steuerschuldnerin.
37
Gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung ist Steuerschuldner der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmerin der Veranstaltung ist die Klägerin nicht. Ausgehend davon, dass der Begriff der Veranstaltung gleich bedeutend ist mit dem des zu versteuernden „Vergnügens“, kann hier nur die jeweilige Prostituierten die Unternehmerin der Veranstaltung im Sinne des Absatzes 1 und damit die eigentliche Steuerschuldnerin sein. Denn wie ausgeführt, bietet nur sie und nicht die Klägerin den Kunden gegen Entgelt die Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen.
38
Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt nach § 3 Absatz 2 der Satzung aber auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Diese Regelung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen, mithin also auch einen weiteren Abgabenpflichtigen zu bestimmen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot folgt allerdings, dass ein Haftungstatbestand auf denjenigen Betroffenen begrenzt bleiben muss, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Willkürlich ist eine Haftungsbestimmung dann nicht, wenn die haftbar gemachte Person in einem besonderen Verhältnis, einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder der betroffene Haftende einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes leistet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>, m.w.N.). Die in § 3 Abs. 2 der Satzung enthaltene Haftungsbestimmung kann in diesem Sinne verfassungskonform ausgelegt werden. Soweit die Haftschuld an die bloße Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten anknüpft, kann auch hier die nicht ausdrücklich aufgenommene Entgeltlichkeit der Raumüberlassung in den Tatbestand hineingelesen werden, denn bezogen auf die in § 1 der Satzung der Besteuerung unterliegenden Steuergegenstände erscheint es fernliegend, dass eine Raumüberlassung unentgeltlich erfolgen könnte.
39
In diesem Sinne gilt die Klägerin als Mitunternehmerin im Sinne des § 3 Abs. 2 der Satzung und ist folglich Steuerschuldnerin. Sie stellt den Prostituierten in ihrem Laufhaus gegen eine Tagespauschale von 105 EUR Zimmer zur Verfügung, in denen diese den Kunden gegen Entgelt die Gelegenheit einräumen können, sich sexuell zu vergnügen. Die besondere Beziehung zum Steuergegenstand, die ihre Haftungsschuld begründet, besteht damit zwar nicht auf Grund einer besonderen rechtlichen Beziehung zum Steuertatbestand, da sie rechtlich lediglich die Raumüberlassung gewährt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>, m.w.N.). Auch dürfte in Anbetracht der Höhe der Tagespauschale nicht unbedingt von einer besonderen wirtschaftlichen Beziehung zum Steuertatbestand auszugehen sein (vgl. insoweit bereits zweifelnd in Bezug auf einen wirtschaftlichen Vorteil auch bei einer besonders hohen Miete VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>). Die Klägerin leistet aber einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes. Sie ist die Betreiberin des Laufhauses. Sie vermietet nicht nur die Zimmer an die Prostituierten, sondern ist verantwortlich für das Gesamtkonzept des Betriebes, der allein auf Grund seiner Größe und seines „Ambiente“ geeignet erscheint, mehr Kunden zu erreichen als ein „klassisches“ Bordell. Es ist auch die Klägerin, die für dieses Gesamtkonzept auf der Homepage des Laufhauses wirbt und so maßgeblich dazu beiträgt, dass das besondere Konzept bei den potentiellen Kunden bekannt wird. Insoweit unterscheidet sich die Klägerin wesentlich von einem Vermieter, der seinen Mietern lediglich die Räumlichkeiten überlässt. Denn vor allem auf diese zusätzlichen Leistungen wie Werbung und Bereitstellung eines besonderen Ambientes ist es zurückzuführen, dass der Steuertatbestand letztlich verwirklicht wird.
40
3. Soweit die Beklagte für Vergnügungen nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 der Satzung als Bemessungsgrundlage den Flächenmaßstab gewählt hat (§ 4 Abs. 3 der Satzung), für den die Veranstaltungsfläche maßgeblich ist (§ 5 Abs. 3 Satz 1 der Satzung), begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Mit der Vergnügungssteuer soll der Aufwand des sich Vergnügenden besteuert werden, weshalb der Steuermaßstab auf diesen Aufwand bezogen sein muss. Am sachgerechtesten ist es daher immer, der Besteuerung den individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand zu Grunde zu legen. Für Veranstaltungen, bei denen sich der individuelle Aufwand nicht oder kaum zuverlässig erfassen lässt, hat das Vergnügungssteuerrecht jedoch Ersatzmaßstäbe in der Gestalt der Pauschsteuer herausgebildet; bei ihr sieht es von dem wirklichen Vergnügungsaufwand ab und erfasst statt dessen den wahrscheinlichen Vergnügungsaufwand, den es einfachen äußeren Umständen entnimmt; hierfür setzt es Durchschnittssätze fest (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Die weitgehende Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabes hat, wird allerdings durch Art. 3 Abs. 1 GG eine Grenze gesetzt. Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabes einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht ist und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Ersatzmaßstab muss deshalb zumindest einen „lockeren Bezug“ zum Vergnügungsaufwand des sich Vergnügenden aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwandes wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - a.a.O., st. Rspr.). Weiterhin erfordert eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Vergnügungssteuerlast, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Vergnügungsaufwand betreibt. Die Steuer muss daher auf den Benutzer der Veranstaltung abwälzbar sein. Hierfür genügt die kalkulatorische Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, a.a.O., st. Rspr.).
41
Der Flächenmaßstab, bei dem es sich um einen pauschalierten Steuermaßstab handelt, stellt gemessen an diesen Anforderungen einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab bei Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung dar. Die Ermittlung des individuellen Aufwands ist bei einem Steuertatbestand, der darauf abstellt, dass der sich Vergnügende finanzielle Mittel für die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen aufwendet, im Grunde nicht feststellbar, so dass ein sachgerechter Grund besteht, die Steuer durch eine Pauschale zu erheben. Der Flächenmaßstab, der sich pauschal nach der Größe der Veranstaltungsfläche bemisst, weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, da es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwandes mit der Größe eines Betriebes wächst (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.02.1987 - 14 S 330/86 -, BWVPr 1987, 184). Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz in der Fassung vom 01.04.1964 <GBl>). Auch wenn diese damalige Pauschalsteuer an andere Voraussetzungen anknüpfte wie die Satzungsregelung der Beklagten, so zeigt diese frühere Regelung doch, dass eine Pauschalierung der Vergnügungssteuer nach dem Flächenmaßstab grundsätzlich als zulässig angesehen wurde (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.02.2004 - 14 B 163/04 - <juris>). Bedenken dagegen, dass die Steuer nicht auf Abwälzbarkeit angelegt wäre, bestehen nicht.
42
Ist die Besteuerung nach dem Flächenmaßstab damit grundsätzlich zulässig, durfte die Beklagte bei der Festsetzung der Vergnügungssteuer für das Laufhaus die „Veranstaltungsfläche“ zu Grunde legen. Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume. Dies sind im Falle des Laufhauses die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (346,87 m²), nicht jedoch die übrigen Flächen des Betriebes.
43
Die Größe der „Veranstaltungsfläche“ kann, neben dem Erfordernis der Zugänglichkeit für das Publikum, nicht losgelöst vom Steuertatbestand ermittelt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut selbst, denn maßgebend ist die Fläche, auf der die Veranstaltung stattfindet. Dies bedeutet, dass Flächen eines Betriebes, die der Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht dienen können, nicht für die Steuerfestsetzung herangezogen werden können. Unterliegt der Vergnügungssteuer - wie hier - die einem Kunden gegen Entgelt gezielt eingeräumte Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen, beschränkt sich die maßgebliche „Veranstaltungsfläche“ damit auf die Flächen, die dem Kunden für die Inanspruchnahme dieser Gelegenheit zur Verfügung gestellt werden. Denn nur dort, wo er finanzielle Mittel aufwendet, um diese Gelegenheit wahrzunehmen, findet im eigentlichen Sinne die „Veranstaltung“ statt.
44
Die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer erfüllen diese Erfordernisse. Auf den Flächen dieser Zimmer findet die Veranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung statt. Die Zimmer sind auch „dem Publikum zugänglich“, denn es handelt sich nicht etwa um Privatzimmer der Prostituierten, sondern um Zimmer, die diese zur Ausübung ihres Gewerbes nutzen. Damit sind sie gerade darauf ausgerichtet, dass Kunden - und damit „das Publikum“ - sie aufsuchen und Zugang zu ihnen haben. Im Übrigen entspricht es gerade der Konzeption eines „Laufhauses“, dass jedermann zu den einzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten kann, wenn er sich mit der Prostituierten darauf einigt. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten überlassen bleibt, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer gewährt oder nicht, schließt die Eigenschaft der Zimmerflächen als Veranstaltungsfläche nicht aus. Ausschlaggebend ist allein, dass die Zimmer nach ihrer Bestimmung dazu dienen, einer wechselnden Kundschaft Raum zu bieten.
45
Die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria sind jedoch nicht Veranstaltungsfläche im Sinne des § 5 Abs. 3 der Satzung. Zwar sind auch diese Flächen dem Publikum zugänglich. Es fehlt jedoch insoweit am erforderlichen Bezug zu der zu besteuernden „Veranstaltung“. Auf diesen Flächen wird den Besuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgeltes die Gelegenheit eingeräumt, sich sexuell zu vergnügen. Nach den Angaben der Gesellschafterin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wurden, können diese Flächen von den Besuchern des Laufhauses unentgeltlich genutzt werden. Die Kontakthoffläche dient nach der Konzeption des Laufhauses - entgegen ihrer Bezeichnung - auch nicht der Kontaktaufnahme zwischen Prostituierter und potentiellem Kunden, so dass der Besucher auf dieser Fläche zwar die dort aufgestellten Spielgeräte nutzen kann, ihm hier jedoch noch nicht gegen Entgelt die Gelegenheit eingeräumt wird, sich sexuell zu vergnügen. Dies ist ebenfalls in der Cafeteria nicht der Fall, wo eine Kontaktaufnahme ausdrücklich nicht erwünscht ist und wo im Übrigen für Getränke die üblichen Gaststättenpreise verlangt werden. Insoweit unterscheidet sich der Betrieb der Klägerin in seiner Konzeption wesentlich von solchen Betrieben, in denen für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ein Entgelt bereits bei Zutritt verlangt wird, sei es in Form eines „Eintrittsgeldes“, sei es in Form von überhöhten Preisen für Speisen und/oder Getränke.
46
Die Beklagte durfte die Fläche der Zimmer ihrer Festsetzung letztlich auch zu Grunde legen, obwohl die Klägerin ihr diese Fläche nicht als Veranstaltungsfläche angegeben hatte. Gemäß § 12 Abs. 4 der Satzung sind Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung spätestens innerhalb von 1 Woche nach Aufnahme bzw. Einstellung des Betriebes der Steuerabteilung schriftlich anzuzeigen. Dabei sind die für die Berechnung der Steuer notwendigen Flächen anzugeben und auf Nachfrage zu belegen. Bei nicht oder nicht vollständig abgebebenen Erklärungen oder Anzeigen ist die Steuerabteilung der Beklagten nach § 12 Abs. 7 der Satzung berechtigt, Schätzungen vorzunehmen. Hier hatte die Klägerin auf Nachfrage der Beklagten lediglich die Fläche des Kontakthofes als Veranstaltungsfläche angegeben. Ihre Erklärung war damit unvollständig, so dass die Beklagte zur Schätzung berechtigt war, die sie anhand der ihr vorliegenden Baupläne vorgenommen hat. Dass sie hierbei zu einer unzutreffenden Gesamtfläche der Zimmer gekommen wäre, hat die Klägerin selbst nicht behauptet.
47
Für die Festsetzung der Steuer ist deshalb von einer Veranstaltungsfläche von 346,87 m² auszugehen.
48
4. Der von der Beklagten in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8 EUR je m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
49
Das grundsätzlich weite Ermessen des Satzungsgebers hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes wird lediglich durch das rechtsstaatliche Übermaßverbot einer Erdrosselungswirkung als äußerster Grenze der Besteuerung eingeschränkt. Ein unzulässiger Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit wäre nur dann anzunehmen, wenn die Besteuerung es in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen unmöglich werden ließe, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen, wobei insoweit ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet als Maßstab zu nehmen ist, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet (BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, DVBl. 2005, 1208 ff.). Es liegen dem Gericht keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Steuersatz von 8 EUR je m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat in diesem Sinne eine erdrosselnde Wirkung auf die Betreiber von Einrichtungen der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Art haben könnte. Die Klägerin selbst hat von Problemen wirtschaftlicher Art, die sich aus der Höhe des Steuersatzes für sie ergeben könnten, bereits nichts berichtet. Und auch der Umstand, dass die Klägerin trotz der Erhebung der Vergnügungssteuer beabsichtigt, ihr Angebot zu erweitern (vgl. die Anzeige auf ihrer Homepage: „2. O.G. Eröffnung demnächst“) und es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gibt, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten kann (vgl. Anzeige im Stuttgarter Wochenblatt vom 08.10.2009: „Prostitution ist ein legaler Beruf“ und Neue Württembergische Zeitung vom 27.12.2008, Südwest-Aktiv: Bordell läuft auch ohne Messe) spricht eindeutig dagegen, dass mit der Höhe des Steuersatzes in unzulässiger Weise in die Berufsfreiheit eingegriffen würde.
50
Soweit der Steuersatz von 8 EUR/m² pauschal für jeden angefangenen Kalendermonat gilt, mithin nicht danach differenziert wird, wie lange ein Zimmer am Tag oder wie oft ein Zimmer im Monat tatsächlich genutzt wird, führt auch dies nicht zu seiner Rechtswidrigkeit. Die Steuererhebung auf Grund eines zulässigen Pauschalmaßstabes, wie hier dem Flächenmaßstab, bringt es mit sich, dass die Steuer nicht nach dem individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand erhoben wird, d.h. im konkreten Fall danach, wie oft ein Zimmer am Tag bzw. im Monat tatsächlich dazu dient, einem Kunden die Gelegenheit zu geben, sich sexuell zu vergnügen. Die mangelnde Differenzierung ist somit alleine dem zu Grunde liegenden Steuermaßstab geschuldet, der der Steuererhebung in zulässiger Weise Durchschnittssätze zu Grunde legt.
51
Unter Zugrundelegung einer Veranstaltungsfläche von 346,87 m², beträgt die für den zu besteuernden Zeitraum von Februar bis Dezember 2008 bei einem Steuersatz von 8 EUR/m² je angefangenem Kalendermonat festzusetzende Vergnügungssteuer damit insgesamt aber nur 30.524,56 EUR und nicht 53.504 EUR.
52
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
53
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
54
Beschluss vom 10. Dezember 2009
55
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 53.504,-- EUR festgesetzt.
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_re ... os=0&anz=1
BORDELLE
Vergnügen, nur wo es Sex gibt
Steuerrecht gilt auch für Bordelle. Vergnügungssteuerpflichtig sind dort aber nur Räume, in denen es auch richtig zur Sache geht. Das hat ein deutsches Gericht entschieden.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart stellte der Betreiberin eines Bordells in Aussicht, dass sie voraussichtlich statt der geforderten 53.000 Euro nur rund 30.000 Euro bezahlen muss. Das Urteil soll an diesem Freitag verkündet werden.
Die Bordellbetreiberin stellt 35 Zimmer tageweise den Prostituierten zur Verfügung. 33 davon hat sie nach eigenen Angaben vermietet. Überdies stehen Besuchern ein sogenannter Kontakthof sowie eine Cafeteria zur Verfügung.
Die Stadt hatte bei der Steuererhebung die Gesamtfläche des Bordells zugrunde gelegt. Dies sah der Vorsitzende Richter Wolfgang Gaber jedoch anders. Denn in der Vergnügungssteuersatzung der Stadt sei ausschließlich erwähnt, dass für die «gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen» Steuern zu entrichten sind.
Würde das Bordell Eintritt verlangen, wäre die Sache klar, meinte Gaber. Das Gericht sei deshalb zu der vorläufigen Auffassung gekommen, dass lediglich die Räume, die von den Prostituierten angemietet werden können, steuerpflichtig sind. Damit würden nur die Zimmer für die Steuerberechnung gelten, nicht aber die öffentlichen Räume. Der Anwalt der Stadt räumte ein, dass ein Satzungsproblem vorliege.
http://www.news.de/gesellschaft/8550360 ... ex-gibt/1/
VG Stuttgart Urteil vom 10.12.2009, 8 K 3904/09
Vergnügungssteuer für bordellartige Einrichtung ("Laufhaus")
Leitsätze
Die Erhebung von Vergnügungssteuern für die "gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen" durch den kommunalen Satzungsgeber ist zulässig, soweit sie den finanziellen Aufwand des sich Vergnügenden abschöpft. Das Erfordernis der Entgeltlichkeit der Einräumung der Gelegenheit muss Tatbestandsmerkmal des Steuergegenstandes sein.
Vermietet der Betreiber eines Laufhauses Zimmer an selbstständig tätige Prostituierte, in denen diese den Kunden gegen Entgelt gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügen einräumen, können die Prostituierten als Unternehmerinnen der Veranstaltung zur Vergnügungssteuer veranlagt werden. Leistet der Betreiber einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes (hier: Verantwortlichkeit für Gesamtkonzept des Betriebes, Werbung), kann der Satzungsgeber ihn in zulässiger Weise als weiteren Abgabenschuldner bestimmen, wenn er die Haftschuld an die entgeltliche Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten anknüpft.
Der Flächenmaßstab, der sich pauschal nach der Größe der Veranstaltungsfläche bemisst, stellt einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab bei der Besteuerung der entgeltlichen gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen dar. Er weist den erforderlichen "lockeren Bezug" auf, da es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwandes mit der Größe eines Betriebes wächst.
Die Größe der Veranstaltungsfläche kann nicht losgelöst vom Steuertatbestand ermittelt werden. Flächen eines Betriebes, die der Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht dienen können, dürfen für die Steuerfestsetzung nicht herangezogen werden. Unterliegt der Vergnügungssteuer die einem Kunden gegen Entgelt gezielt eingeräumte Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen, beschränkt sich die maßgebliche Veranstaltungsfläche auf die Flächen, die dem Kunden gegen Entgelt für die Inanspruchnahme dieser Gelegenheit zur Verfügung gestellt werden.
Tenor
Der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 werden aufgehoben, soweit die darin festgesetzte Vergnügungssteuer den Betrag von 30.524,56 EUR übersteigt.
Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt 3/5, die Beklagte 2/5 der Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Veranlagung zu Vergnügungssteuern für ein „Laufhaus“.
2
Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die gewerbliche Zimmervermittlung und der Betrieb von Animierlokalen, Nachtclubs, Wellness-, FKK-Clubs, Gaststätten und ähnlichem ist. Im Stadtgebiet der Beklagten hat sie eine Fläche von 2.551,36 m² im ersten und zweiten Obergeschoss eines Gebäudes „zum Betrieb eines Laufhauses/Bordell/Vergnügungseinrichtung mit Gaststätten“ angemietet. Zum 12.02.2008 wurde der Betrieb im „1. Bauabschnitt“ aufgenommen. Dieser umfasst einen Teil der Fläche des ersten Obergeschosses, die genutzt wird als „Kontakthof“ (209,10 m²), Cafeteria für Raucher und Nichtraucher (52,91 m²), Elektro-, Sanitär-, Umkleide und Putzräume, Büro, zwei Kantinen sowie für 33 Zimmer, die an Prostituierte vermietet werden (346,87 m²).
3
Der Gemeinderat der Beklagten hat in öffentlicher Sitzung vom 18.12.2007 seine Vergnügungssteuersatzung neu gefasst. Die Satzung trat zum 01.10.2008 in Kraft. In der Vorlage zur Neufassung führte der Oberbürgermeister der Beklagten u.a. aus, dass sich die Notwendigkeit einer Neufassung auch aus tatsächlichen Entwicklungen ergebe, mit denen sich die Stadt zunehmend auseinanderzusetzen habe (Betrieb von FKK- und Saunaclubs, Laufhäusern u.ä.). Der Vorschlag der Verwaltung versuche, bezogen auf die Verhältnisse im Stadtgebiet, ausgewogen fiskalische und ordnungspolitische Aspekte zu berücksichtigen. Die künftige Satzung solle noch einigermaßen überschaubar sein, grundsätzlich eher unerwünschte Vergnügungen besteuern und dies mit dem Versuch in sich stimmiger Steuersätze. Der Satzungsentwurf beinhalte erstmals die Besteuerung bestimmter Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund. Die Verwaltung habe versucht, die Tatbestände aufzunehmen, die absehbar zu erwarten bzw. auf Grund von z.B. Baugesuchen bereits bekannt seien. Durch Vergleich von Satzungen anderer Städte seien Steuersätze festgelegt worden. Wie aufwändig und wie erfolgreich sich die Besteuerung von Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund gestalten werde, könne nur die Zukunft aufzeigen. Die Verwaltung sei jedenfalls der Auffassung, dass ordnungs- und speziell baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten.
4
Die Vergnügungssteuersatzung enthält u.a. folgende Regelungen:
5
§ 1 Steuergegenstand
6
(1) Die Stadt XXX erhebt eine Vergnügungssteuer. Der Vergnügungssteuer unterliegen:
...
das Halten von Filmkabinen zur Vorführung von Sex- und Pornofilmen
Nachtlokale, Tabledance-Lokale oder vergleichbare Betriebe mit erotischen Darbietungen
die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen, sowie ähnlichen Einrichtungen
Erotik- und Sexmessen
...
7
§ 3 Steuerschuldner und Haftung
(1) Steuerschuldner ist der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung.
(2) Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
...
8
§ 4 Erhebungsform, Bemessungsgrundlagen
...
(3) Für Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 wird die Steuer nach dem Flächenmaßstab erhoben.
9
§ 5 Maßstäbe
...
(3) Für den Flächenmaßstab ist die Veranstaltungsfläche maßgeblich. Als Veranstaltungsfläche gelten alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume.
...
10
§ 8 Steuersatz beim Flächenmaßstab
(1) Die Steuer bemisst sich bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 nach der Veranstaltungsfläche.
(2) Die Steuer beträgt für jeden angefangenen Kalendermonat je qm der Veranstaltungsfläche 5 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 8 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 4.
...
11
§ 12 Anzeige- und Erklärungspflichten
...
(4) Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 sind spätestens innerhalb von 1 Woche nach Aufnahme bzw. Einstellung des Betriebes der Steuerabteilung schriftlich anzuzeigen. Dabei sind die für die Berechnung der Steuer notwendigen Flächen anzugeben und auf Nachfrage zu belegen.
...
(7) Bei nicht oder nicht vollständig abgegebenen Erklärungen oder Anzeigen nach den Absätzen (1) bis (5) ist die Steuerabteilung berechtigt, Schätzungen vorzunehmen.
12
Mit Schreiben vom 12.03.2008 informierte die Beklagte die Klägerin über das Inkrafttreten der Satzung und bat um Mitteilung der genauen Veranstaltungsfläche. Unter dem 29.07.2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die derzeitige Veranstaltungsfläche 209,10 m² betrage.
13
Mit Bescheid vom 12.11.2008 setzte die Beklagte Vergnügungssteuern in Höhe von insgesamt 53.504 EUR gegen die Klägerin fest. Der Anlage zum Steuerbescheid ist zu entnehmen, dass für das „Laufhaus“ 608 m² für 11 Monate zu Grunde gelegt wurden. Weil die Angabe der Veranstaltungsfläche unvollständig gewesen sei, sei eine Schätzung nach § 12 Abs. 7 der Vergnügungssteuersatzung erfolgt.
14
Die Klägerin erhob gegen den Bescheid am 09.12.2008 Widerspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Sie trug im Wesentlichen vor: Sie sei nicht Steuerschuldnerin. Sie betreibe lediglich eine gewerbliche Zimmervermietung und vermiete einzelne Zimmer gegen eine Tagespauschale an Prostituierte, die in den Räumen ihrem Gewerbe nachgehen könnten. Das Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten stelle keine Beziehung zum Steuertatbestand her, weil rechtlich gesehen lediglich die Raumüberlassung gewährt werde. Sie, die Klägerin, ziehe aus dem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil. Sie schaffe lediglich die Möglichkeit für Dritte, den die Steuerpflicht begründenden Tatbestand zu verwirklichen. Die Regelungen über den Flächenmaßstab seien wegen des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. Die Steuer belaufe sich auf 8 EUR/m² und angefangenen Kalendermonat unabhängig davon, ob und wie oft die Fläche tatsächlich zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen vorgenommen würden. Die Steuer betrage damit für eine Prostituierte, die ein Zimmer und damit eine bestimmte Fläche für einen Tag im Monat nutze, dasselbe wie wenn sie das Zimmer bzw. die Fläche während mehrerer Tage im Monat oder den ganzen Monat lang nutze. Jedenfalls sei aber die dem Steuerbescheid zu Grunde gelegte Veranstaltungsfläche falsch. Eine Schätzung hätte nicht erfolgen dürfen. Davon abgesehen gelte die Satzung nur für die dem Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderoberäume. Dem Publikum zugänglich sei aber nur der sog. Kontakthof mit einer Fläche von 209,10 m². Bei den übrigen Flächen handele es sich um Büroräume, Kantinen und vermietete Zimmer, die dem Publikum nicht zugänglich seien. Bei den vermieteten Zimmern entscheide die einzelne Mieterin, wer Zugang zu dem Raum habe.
15
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 22.05.2009 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab, weil weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestünden, noch eine unbillige Härte vorliege.
16
Am 24.06.2009 beantragte die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Über den Antrag - 8 K 2393/09 - ist noch nicht entschieden.
17
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 hat die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Zur Klarstellung hielt sie fest:
18
Gegenüber der XXX wird damit gemäß der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Stadt XXX vom 18.12.2007 für den Zeitraum vom 01.02.2008 (Eröffnung am 12.02.2008) bis 31.12.2008 eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 53.504 EUR festgesetzt. Die Festsetzung erfolgt für eine Veranstaltungsfläche von 608 m² (davon entfallen 209,10 m² auf den Kontakthof, 52, 91 m² auf die Cafeteria und 346,87 m² auf die Zimmer 1 bis 33; vgl. insgesamt beigefügten Plan) zu einem Satz von monatlich 8 EUR je m² Veranstaltungsfläche.
19
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung sei der Unternehmer der Veranstaltung. Dies sei die Klägerin, die das Laufhaus betreibe. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung, die Veranstaltungsfläche anzugeben, nicht nachgekommen. Die Mitteilung, dass die Veranstaltungsfläche 209,10 m² betrage, habe sich nur auf die Fläche des Kontakthofes bezogen und nicht auf die übrigen dem Publikum zugänglichen Flächen. Die Stadt habe deshalb anhand der vorhandenen Pläne die Flächen ermittelt und den Bescheid erlassen. Die Flächen der Zimmer seien zu Recht mit in die Vergnügungssteuerberechnung einbezogen worden. Diese Flächen seien der Klägerin zuzurechnen. Sie betreibe das Laufhaus und stelle bezüglich der Zimmer nicht nur eine gewerbliche Vermieterin dar. Dies zeige sich auch auf der Homepage des Laufhauses, auf der es ausdrücklich heiße: „Ca. 900 m² sind eröffnet. 35 Zimmer eröffnet (bis 95 demnächst)“. Auch bei - unterstellter - (Unter-) Vermietung der Zimmer sei das Betreiben des Laufhauses mit sämtlichen dem Publikum zugänglichen Flächen (mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume) der Klägerin zuzuordnen, da sie damit die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ermögliche. Sie trete keinesfalls nur als gewerbliche Zimmervermieterin auf, die in keinem Zusammenhang mit der dort stattfindenden Tätigkeit stehe. Eine Differenzierung danach, wie die Fläche zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen vorgenommen würden, sei nicht erforderlich. Im Steuer- und Abgabenrecht sei anerkannt, dass typisierende Betrachtungen angestellt werden und Pauschalierungen erfolgen könnten.
20
Die Klägerin hat am 16.10.2009 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Unter Berufung auf ihr Vorbringen im Antragsverfahren macht sie im Wesentlichen geltend: Die Festlegung von Steuerschuldnern müsse auf diejenigen Betroffenen begrenzt bleiben, die in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand stünden. Sie, die Klägerin, überlasse lediglich Räume, so dass keine rechtliche Beziehung zum Steuertatbestand des § 1 Nr. 4 der Satzung bestehe. Die Steuer, die sich ausschließlich an der Veranstaltungsfläche orientiere, sei nicht steuergerecht. Denn sie mache keinen Unterschied, ob der Raum oder die Veranstaltungsfläche wenige Tage im Monat genutzt werde oder den vollen Monat. Der pauschale Betrag von 8 EUR pro m² Veranstaltungsfläche verursache eine erdrosselnde Wirkung, denn er bewirke eine erdrückende Steuerlast. Zugleich sei er willkürlich, da er weder die tatsächliche Inanspruchnahme noch die Anzahl der Kunden berücksichtige. Die Schätzung, dass die Veranstaltungsfläche 608 m² betrage, sei willkürlich. Die Höhe der Vergnügungssteuer sei ebenfalls willkürlich gewählt. In vergleichbaren Fällen habe beispielsweise die Stadt Köln die Vergnügungssteuer auf 2 EUR je angefangene 10 m² Veranstaltungsfläche festgelegt und bei Hinzutreten weiterer Sachverhalte gesteigert.
21
In der mündlichen Verhandlung hat die Gesellschafterin der Klägerin angegeben, dass derzeit 33 Zimmer an Prostituierte vermietet würden. Diese hielten sich in ihren Zimmern auf und warteten dort auf die Kunden. Vom Kontakthof aus gingen sternförmig Flure ab. Die Flure ergäben einen Rundgang, der die Kunden an den Zimmern vorbeiführe. Die Türen seien auch mal zu. Die Mieterin entscheide, wen sie mit in das Zimmer nehme. Für die Zimmer werde eine Tagespauschale von 105 EUR brutto von der Mieterin erhoben. Mit der Tagespauschale werde der Zeitraum von 10 Uhr früh bis 4 Uhr nachts abgegolten. Die Zimmer seien alle etwa gleich groß. Sie seien nicht immer alle belegt. Es komme auch vor, dass ein Zimmer längere Zeit nicht belegt sei. Über die Belegung führe sie Buch. Die Prostituierten mieteten die Zimmer entweder telefonisch oder nach persönlicher Vorsprache. Es sei ein ständiger Wechsel an Mieterinnen. Diese würden in den Zimmern nicht wohnen. Die Cafeteria sei kein Animierlokal. Es sei nicht erwünscht, dass die Prostituierten dort mit den Kunden Kontakt aufnähmen. Die Preise in der Cafeteria seien „normal“. Für ein Bier werde beispielsweise 1,90 EUR verlangt. Es würden dort auch Sportübertragungen gezeigt. Auf der Fläche des Kontakthofs finde wenig statt. Es seien dort ein paar Unterhaltungsgeräte aufgestellt, für die Spielgerätesteuer gezahlt werde, und ein Dart. Zudem seien dort Internet-Terminals aufgestellt und drei Bistrotische mit Sitzgelegenheit. Bedient werde an diesen Tischen nicht. Es werde jedoch toleriert, wenn ein Gast sein Getränk aus der Cafeteria mit zur Kontakthoffläche nehme. Es komme auch vor, dass Prostituierte ihre Kunden mit an die Spielgeräte begleiteten. Es sei jedoch nicht so, dass dort im eigentlichen Sinne die Kontakte hergestellt würden zwischen Kunde und Prostituierter.
22
Die Klägerin beantragt,
23
den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 aufzuheben.
24
Die Beklagte beantragt.
25
die Klage abzuweisen.
26
Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im Antragsverfahren. Dort hatte sie im wesentlichen vorgetragen, dass die Veranstaltungsfläche mit 608 m² nicht zu hoch angesetzt sei, nachdem die Klägerin auf ihrer Homepage damit werbe, dass 900 m² eröffnet seien. Im Übrigen rechne sie sich auf ihrer Homepage die vermieteten Zimmer auch zu. Sie sei damit nicht lediglich gewerbliche Vermieterin, sondern betreibe selbst das Laufhaus. Ob bzw. welche Personen nebeneinander die Steuer schuldeten und daher als Gesamtschuldner in Betracht kämen, spiele keine Rolle.
27
In der mündlichen Verhandlung betonte der Vertreter der Beklagten, dass sich der Betrieb der Klägerin als ein einheitliches Gesamtkonzept darstelle, für das sie auch als solches werbe. Die an die Prostituierten vermieteten Zimmer könnten nicht losgelöst vom übrigen Raumangebot gesehen werden, weshalb auch der Kontakthof und die Cafeteria Veranstaltungsfläche im Sinne der Satzung seien. Ohne den Kontakthof, die Flure, mithin das „Ambiente“ könnten die Prostituierten ihr Gewerbe nicht ausüben.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
29
Die Klage ist zulässig und in dem im Tenor zum Ausdruck kommenden Umfang auch begründet. Der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin eine Vergnügungssteuer für die Fläche des „Kontakthofs“ und der Cafeteria in Höhe von 22.979,44 EUR festgesetzt wurde. Die Erhebung einer Vergnügungssteuer in Höhe von 30.524,56 EUR für die Fläche der Zimmer, die die Klägerin an Prostituierte vermietet, erfolgte hingegen rechtmäßig. Die Bescheide waren deshalb aufzuheben, soweit darin eine Vergnügungssteuer von mehr als 30.524,56 EUR festgesetzt worden war (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); die Klage im Übrigen war abzuweisen.
30
1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide sind die Art. 105 Abs. 2 a GG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1, 9 Abs. 4 KAG i.V.m. den Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 18.12.2007. Soweit in dieser Satzung die Erhebung der Vergnügungssteuer nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 an die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen, sowie ähnlichen Einrichtungen“ anknüpft, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Es handelt sich insoweit um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist.
31
Das in Art. 105 Abs. 2 a GG enthaltene Verbot von gleichartigen Steuern wird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkömmlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen die Vergnügungssteuer zählt (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 26.02.1985 - 2 BvL 14/84 -, BVerfGE 69, 174, 183; BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968). Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere Konsumfähigkeit des Steuerpflichtigen. Sie sollen einen besonderen Aufwand, also eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermögen erfassen. Ausschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Veranstaltungen, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind, scheiden als vergnügungssteuerpflichtig aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 1532/88 - NVwZ 1989, 1152; st. Rspr.). Eine Besteuerung von „sexuellen Vergnügungen“ durch den Satzungsgeber setzt demnach voraus, dass der sich Vergnügende hierfür finanzielle Mittel aufwendet. Derartige Steuern werden zwar, soweit ersichtlich, nicht seit jeher als traditioneller Fall einer Aufwandsteuer angesehen (vgl. insoweit wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.06.2009 - 14 A 1577/07 - <juris>). Werden Steuern für entgeltliche sexuelle Vergnügungen erhoben, so zielen sie aber darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu belasten. Sie beruhen auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein - entgeltliches - Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3/03 -, NVwZ 2004, 1128 für Tanzveranstaltungen). Steuergegenstand der von der Beklagten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erhobenen Steuer ist zwar nicht direkt der Aufwand für die „sexuelle Vergnügung“, vielmehr wird die Steuer bereits für die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ erhoben. Auch dieser, von der Beklagten gewählte Steuergegenstand, erfasst aber letztlich den finanziellen (Mehr-) Aufwand, den ein Konsument bereit ist, für sexuelle Vergnügungen zu leisten. Besteuert wird auch hier die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden - wenn auch nicht erst dann, wenn er sich tatsächlich sexuell vergnügt, sondern bereits dann, wenn ihm hierzu gezielt die Gelegenheit gegeben wird und er für die Einräumung der Gelegenheit finanzielle Mittel aufwendet. Insoweit sprechen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass Betriebe wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs einerseits und Bordelle andererseits, trotz ihrer in der Regel unterschiedlichen Konzeptionen, in einem Steuertatbestand zusammen gefasst werden. Die - bloße - Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen kann sowohl in derartigen Bars/Clubs als auch in Bordellen gegen Entgelt gezielt eingeräumt werden. Dies erfordert allerdings bei der Festsetzung der Steuer eine genaue Prüfung, ob der Kunde bzw. Besucher derartiger Betriebe auch tatsächlich für die bloße Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen, die finanziellen Mittel aufwendet.
32
Soweit in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nicht ausdrücklich geregelt ist, dass die gezielte Einräumung der Gelegenheit nur dann der Vergnügungssteuer unterliegt, wenn sie entgeltlich erfolgt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Regelung. Eine entgeltliche Veranstaltung liegt vor, wenn für die Entgegennahme der oder Teilnahme an der Vergnügung direkte finanzielle Aufwendungen notwendig sind, z.B. Eintrittsgelder. Auch finanzielle Aufwendungen, die nur indirekt mit der Veranstaltung verbunden sind, bestätigen die Entgeltlichkeit der Vergnügungsentgegennahme, z.B. erhöhte Getränkepreise, die ein „Eintrittsgeld“ mit umfassen. Der Begriff „Veranstaltung“ ist weit zu fassen. Veranstaltung ist jede persönliche oder maschinelle, aktive oder passive Darbietung, die der Unterhaltung im weitesten Sinne dient, aber nicht einen reinen Leistungsaustausch beinhaltet. Der Begriff Veranstaltung ist mit demjenigen der Vergnügung im Wesentlichen identisch (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 3 Rdnr. 165). Gemessen hieran ist das Erfordernis der Entgeltlichkeit ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Steuergegenstandes nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann in die Regelung hinein gelesen werden, dass von dem Steuertatbestand nur die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
33
Letztlich bestehen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen auch nicht deshalb, weil die Beklagte sie vor allem deshalb eingeführt hat, um ordnungs- und speziell baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterziehen zu können. Der kommunale Satzungsgeber ist bei herkömmlichen kommunalen Steuern mit örtlich begrenztem Wirkungskreis und begrenzter Belastungsintensität - wie hier der Vergnügungssteuer - zur Regelung von Lenkungssteuern zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabengesetz, § 3 Rdnr. 162 m.w.N.). Der Beklagten war es deshalb erlaubt, den Lenkungszweck der Steuer deutlicher in den Vordergrund zu rücken und den Finanzierungszweck zurücktreten zu lassen.
34
Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Das Laufhaus, das die Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betreibt, ist ein Bordell. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vermietet sie an selbstständig tätige Prostituierte Zimmer gegen eine Tagespauschale von 105 EUR. Die Prostituierten warten bei geöffneter Zimmertür auf ihre Kunden, die durch die Flure des Hauses „laufen“. Kommt eine Vereinbarung zwischen Prostituierter und Kunde zu Stande, kann er ihre Dienste in dem von ihr angemieteten Zimmer beanspruchen. Der Besuch des Laufhauses kostet keinen Eintritt. Der Gast darf das Haus auch ohne Zahlung irgendeines Entgeltes wieder verlassen.
35
Den Kunden, die das Laufhaus der Klägerin aufsuchen, wird damit gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügen gegen Entgelt eingeräumt. Diese - entgeltliche - Gelegenheit wird den Kunden nach der dargestellten Konzeption des Hauses allerdings nicht von der Klägerin selbst eingeräumt, sondern nur von den jeweiligen Prostituierten. Nur diesen gegenüber wendet der Kunde, der der eigentlich Vergnügungssteuerpflichtige ist, seine finanziellen Mittel auf, sei es für das sexuelle Vergnügungen selbst, sei es für die bloße Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen. Zwischen der Klägerin und den Kunden besteht ein solches „entgeltliches“ Verhältnis nicht. Aber auch im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Prostituierten wird der Tatbestand nicht erfüllt. Diese bezahlen an die Klägerin zwar eine Tagespauschale - und damit ein „Entgelt“. Es kann aber sicher keine Rede davon sein, dass die Prostituierten dieses „Entgelt“ an die Klägerin entrichten, weil diese ihnen die Gelegenheit zu einer sexuellen Vergnügung einräumen würde.
36
2. Die Klägerin ist Steuerschuldnerin.
37
Gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung ist Steuerschuldner der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmerin der Veranstaltung ist die Klägerin nicht. Ausgehend davon, dass der Begriff der Veranstaltung gleich bedeutend ist mit dem des zu versteuernden „Vergnügens“, kann hier nur die jeweilige Prostituierten die Unternehmerin der Veranstaltung im Sinne des Absatzes 1 und damit die eigentliche Steuerschuldnerin sein. Denn wie ausgeführt, bietet nur sie und nicht die Klägerin den Kunden gegen Entgelt die Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen.
38
Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt nach § 3 Absatz 2 der Satzung aber auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Diese Regelung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen, mithin also auch einen weiteren Abgabenpflichtigen zu bestimmen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot folgt allerdings, dass ein Haftungstatbestand auf denjenigen Betroffenen begrenzt bleiben muss, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Willkürlich ist eine Haftungsbestimmung dann nicht, wenn die haftbar gemachte Person in einem besonderen Verhältnis, einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder der betroffene Haftende einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes leistet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>, m.w.N.). Die in § 3 Abs. 2 der Satzung enthaltene Haftungsbestimmung kann in diesem Sinne verfassungskonform ausgelegt werden. Soweit die Haftschuld an die bloße Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten anknüpft, kann auch hier die nicht ausdrücklich aufgenommene Entgeltlichkeit der Raumüberlassung in den Tatbestand hineingelesen werden, denn bezogen auf die in § 1 der Satzung der Besteuerung unterliegenden Steuergegenstände erscheint es fernliegend, dass eine Raumüberlassung unentgeltlich erfolgen könnte.
39
In diesem Sinne gilt die Klägerin als Mitunternehmerin im Sinne des § 3 Abs. 2 der Satzung und ist folglich Steuerschuldnerin. Sie stellt den Prostituierten in ihrem Laufhaus gegen eine Tagespauschale von 105 EUR Zimmer zur Verfügung, in denen diese den Kunden gegen Entgelt die Gelegenheit einräumen können, sich sexuell zu vergnügen. Die besondere Beziehung zum Steuergegenstand, die ihre Haftungsschuld begründet, besteht damit zwar nicht auf Grund einer besonderen rechtlichen Beziehung zum Steuertatbestand, da sie rechtlich lediglich die Raumüberlassung gewährt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>, m.w.N.). Auch dürfte in Anbetracht der Höhe der Tagespauschale nicht unbedingt von einer besonderen wirtschaftlichen Beziehung zum Steuertatbestand auszugehen sein (vgl. insoweit bereits zweifelnd in Bezug auf einen wirtschaftlichen Vorteil auch bei einer besonders hohen Miete VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>). Die Klägerin leistet aber einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes. Sie ist die Betreiberin des Laufhauses. Sie vermietet nicht nur die Zimmer an die Prostituierten, sondern ist verantwortlich für das Gesamtkonzept des Betriebes, der allein auf Grund seiner Größe und seines „Ambiente“ geeignet erscheint, mehr Kunden zu erreichen als ein „klassisches“ Bordell. Es ist auch die Klägerin, die für dieses Gesamtkonzept auf der Homepage des Laufhauses wirbt und so maßgeblich dazu beiträgt, dass das besondere Konzept bei den potentiellen Kunden bekannt wird. Insoweit unterscheidet sich die Klägerin wesentlich von einem Vermieter, der seinen Mietern lediglich die Räumlichkeiten überlässt. Denn vor allem auf diese zusätzlichen Leistungen wie Werbung und Bereitstellung eines besonderen Ambientes ist es zurückzuführen, dass der Steuertatbestand letztlich verwirklicht wird.
40
3. Soweit die Beklagte für Vergnügungen nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 der Satzung als Bemessungsgrundlage den Flächenmaßstab gewählt hat (§ 4 Abs. 3 der Satzung), für den die Veranstaltungsfläche maßgeblich ist (§ 5 Abs. 3 Satz 1 der Satzung), begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Mit der Vergnügungssteuer soll der Aufwand des sich Vergnügenden besteuert werden, weshalb der Steuermaßstab auf diesen Aufwand bezogen sein muss. Am sachgerechtesten ist es daher immer, der Besteuerung den individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand zu Grunde zu legen. Für Veranstaltungen, bei denen sich der individuelle Aufwand nicht oder kaum zuverlässig erfassen lässt, hat das Vergnügungssteuerrecht jedoch Ersatzmaßstäbe in der Gestalt der Pauschsteuer herausgebildet; bei ihr sieht es von dem wirklichen Vergnügungsaufwand ab und erfasst statt dessen den wahrscheinlichen Vergnügungsaufwand, den es einfachen äußeren Umständen entnimmt; hierfür setzt es Durchschnittssätze fest (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Die weitgehende Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabes hat, wird allerdings durch Art. 3 Abs. 1 GG eine Grenze gesetzt. Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabes einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht ist und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Ersatzmaßstab muss deshalb zumindest einen „lockeren Bezug“ zum Vergnügungsaufwand des sich Vergnügenden aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwandes wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - a.a.O., st. Rspr.). Weiterhin erfordert eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Vergnügungssteuerlast, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Vergnügungsaufwand betreibt. Die Steuer muss daher auf den Benutzer der Veranstaltung abwälzbar sein. Hierfür genügt die kalkulatorische Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, a.a.O., st. Rspr.).
41
Der Flächenmaßstab, bei dem es sich um einen pauschalierten Steuermaßstab handelt, stellt gemessen an diesen Anforderungen einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab bei Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung dar. Die Ermittlung des individuellen Aufwands ist bei einem Steuertatbestand, der darauf abstellt, dass der sich Vergnügende finanzielle Mittel für die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen aufwendet, im Grunde nicht feststellbar, so dass ein sachgerechter Grund besteht, die Steuer durch eine Pauschale zu erheben. Der Flächenmaßstab, der sich pauschal nach der Größe der Veranstaltungsfläche bemisst, weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, da es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwandes mit der Größe eines Betriebes wächst (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.02.1987 - 14 S 330/86 -, BWVPr 1987, 184). Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz in der Fassung vom 01.04.1964 <GBl>). Auch wenn diese damalige Pauschalsteuer an andere Voraussetzungen anknüpfte wie die Satzungsregelung der Beklagten, so zeigt diese frühere Regelung doch, dass eine Pauschalierung der Vergnügungssteuer nach dem Flächenmaßstab grundsätzlich als zulässig angesehen wurde (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.02.2004 - 14 B 163/04 - <juris>). Bedenken dagegen, dass die Steuer nicht auf Abwälzbarkeit angelegt wäre, bestehen nicht.
42
Ist die Besteuerung nach dem Flächenmaßstab damit grundsätzlich zulässig, durfte die Beklagte bei der Festsetzung der Vergnügungssteuer für das Laufhaus die „Veranstaltungsfläche“ zu Grunde legen. Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume. Dies sind im Falle des Laufhauses die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (346,87 m²), nicht jedoch die übrigen Flächen des Betriebes.
43
Die Größe der „Veranstaltungsfläche“ kann, neben dem Erfordernis der Zugänglichkeit für das Publikum, nicht losgelöst vom Steuertatbestand ermittelt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut selbst, denn maßgebend ist die Fläche, auf der die Veranstaltung stattfindet. Dies bedeutet, dass Flächen eines Betriebes, die der Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht dienen können, nicht für die Steuerfestsetzung herangezogen werden können. Unterliegt der Vergnügungssteuer - wie hier - die einem Kunden gegen Entgelt gezielt eingeräumte Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen, beschränkt sich die maßgebliche „Veranstaltungsfläche“ damit auf die Flächen, die dem Kunden für die Inanspruchnahme dieser Gelegenheit zur Verfügung gestellt werden. Denn nur dort, wo er finanzielle Mittel aufwendet, um diese Gelegenheit wahrzunehmen, findet im eigentlichen Sinne die „Veranstaltung“ statt.
44
Die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer erfüllen diese Erfordernisse. Auf den Flächen dieser Zimmer findet die Veranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung statt. Die Zimmer sind auch „dem Publikum zugänglich“, denn es handelt sich nicht etwa um Privatzimmer der Prostituierten, sondern um Zimmer, die diese zur Ausübung ihres Gewerbes nutzen. Damit sind sie gerade darauf ausgerichtet, dass Kunden - und damit „das Publikum“ - sie aufsuchen und Zugang zu ihnen haben. Im Übrigen entspricht es gerade der Konzeption eines „Laufhauses“, dass jedermann zu den einzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten kann, wenn er sich mit der Prostituierten darauf einigt. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten überlassen bleibt, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer gewährt oder nicht, schließt die Eigenschaft der Zimmerflächen als Veranstaltungsfläche nicht aus. Ausschlaggebend ist allein, dass die Zimmer nach ihrer Bestimmung dazu dienen, einer wechselnden Kundschaft Raum zu bieten.
45
Die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria sind jedoch nicht Veranstaltungsfläche im Sinne des § 5 Abs. 3 der Satzung. Zwar sind auch diese Flächen dem Publikum zugänglich. Es fehlt jedoch insoweit am erforderlichen Bezug zu der zu besteuernden „Veranstaltung“. Auf diesen Flächen wird den Besuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgeltes die Gelegenheit eingeräumt, sich sexuell zu vergnügen. Nach den Angaben der Gesellschafterin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wurden, können diese Flächen von den Besuchern des Laufhauses unentgeltlich genutzt werden. Die Kontakthoffläche dient nach der Konzeption des Laufhauses - entgegen ihrer Bezeichnung - auch nicht der Kontaktaufnahme zwischen Prostituierter und potentiellem Kunden, so dass der Besucher auf dieser Fläche zwar die dort aufgestellten Spielgeräte nutzen kann, ihm hier jedoch noch nicht gegen Entgelt die Gelegenheit eingeräumt wird, sich sexuell zu vergnügen. Dies ist ebenfalls in der Cafeteria nicht der Fall, wo eine Kontaktaufnahme ausdrücklich nicht erwünscht ist und wo im Übrigen für Getränke die üblichen Gaststättenpreise verlangt werden. Insoweit unterscheidet sich der Betrieb der Klägerin in seiner Konzeption wesentlich von solchen Betrieben, in denen für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ein Entgelt bereits bei Zutritt verlangt wird, sei es in Form eines „Eintrittsgeldes“, sei es in Form von überhöhten Preisen für Speisen und/oder Getränke.
46
Die Beklagte durfte die Fläche der Zimmer ihrer Festsetzung letztlich auch zu Grunde legen, obwohl die Klägerin ihr diese Fläche nicht als Veranstaltungsfläche angegeben hatte. Gemäß § 12 Abs. 4 der Satzung sind Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung spätestens innerhalb von 1 Woche nach Aufnahme bzw. Einstellung des Betriebes der Steuerabteilung schriftlich anzuzeigen. Dabei sind die für die Berechnung der Steuer notwendigen Flächen anzugeben und auf Nachfrage zu belegen. Bei nicht oder nicht vollständig abgebebenen Erklärungen oder Anzeigen ist die Steuerabteilung der Beklagten nach § 12 Abs. 7 der Satzung berechtigt, Schätzungen vorzunehmen. Hier hatte die Klägerin auf Nachfrage der Beklagten lediglich die Fläche des Kontakthofes als Veranstaltungsfläche angegeben. Ihre Erklärung war damit unvollständig, so dass die Beklagte zur Schätzung berechtigt war, die sie anhand der ihr vorliegenden Baupläne vorgenommen hat. Dass sie hierbei zu einer unzutreffenden Gesamtfläche der Zimmer gekommen wäre, hat die Klägerin selbst nicht behauptet.
47
Für die Festsetzung der Steuer ist deshalb von einer Veranstaltungsfläche von 346,87 m² auszugehen.
48
4. Der von der Beklagten in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8 EUR je m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
49
Das grundsätzlich weite Ermessen des Satzungsgebers hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes wird lediglich durch das rechtsstaatliche Übermaßverbot einer Erdrosselungswirkung als äußerster Grenze der Besteuerung eingeschränkt. Ein unzulässiger Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit wäre nur dann anzunehmen, wenn die Besteuerung es in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen unmöglich werden ließe, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen, wobei insoweit ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet als Maßstab zu nehmen ist, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet (BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, DVBl. 2005, 1208 ff.). Es liegen dem Gericht keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Steuersatz von 8 EUR je m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat in diesem Sinne eine erdrosselnde Wirkung auf die Betreiber von Einrichtungen der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Art haben könnte. Die Klägerin selbst hat von Problemen wirtschaftlicher Art, die sich aus der Höhe des Steuersatzes für sie ergeben könnten, bereits nichts berichtet. Und auch der Umstand, dass die Klägerin trotz der Erhebung der Vergnügungssteuer beabsichtigt, ihr Angebot zu erweitern (vgl. die Anzeige auf ihrer Homepage: „2. O.G. Eröffnung demnächst“) und es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gibt, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten kann (vgl. Anzeige im Stuttgarter Wochenblatt vom 08.10.2009: „Prostitution ist ein legaler Beruf“ und Neue Württembergische Zeitung vom 27.12.2008, Südwest-Aktiv: Bordell läuft auch ohne Messe) spricht eindeutig dagegen, dass mit der Höhe des Steuersatzes in unzulässiger Weise in die Berufsfreiheit eingegriffen würde.
50
Soweit der Steuersatz von 8 EUR/m² pauschal für jeden angefangenen Kalendermonat gilt, mithin nicht danach differenziert wird, wie lange ein Zimmer am Tag oder wie oft ein Zimmer im Monat tatsächlich genutzt wird, führt auch dies nicht zu seiner Rechtswidrigkeit. Die Steuererhebung auf Grund eines zulässigen Pauschalmaßstabes, wie hier dem Flächenmaßstab, bringt es mit sich, dass die Steuer nicht nach dem individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand erhoben wird, d.h. im konkreten Fall danach, wie oft ein Zimmer am Tag bzw. im Monat tatsächlich dazu dient, einem Kunden die Gelegenheit zu geben, sich sexuell zu vergnügen. Die mangelnde Differenzierung ist somit alleine dem zu Grunde liegenden Steuermaßstab geschuldet, der der Steuererhebung in zulässiger Weise Durchschnittssätze zu Grunde legt.
51
Unter Zugrundelegung einer Veranstaltungsfläche von 346,87 m², beträgt die für den zu besteuernden Zeitraum von Februar bis Dezember 2008 bei einem Steuersatz von 8 EUR/m² je angefangenem Kalendermonat festzusetzende Vergnügungssteuer damit insgesamt aber nur 30.524,56 EUR und nicht 53.504 EUR.
52
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
53
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
54
Beschluss vom 10. Dezember 2009
55
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 53.504,-- EUR festgesetzt.
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_re ... os=0&anz=1
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
-
- Senior Admin
- Beiträge: 5025
- Registriert: 08.05.2008, 15:31
- Wohnort: Minden
- Ich bin: SexarbeiterIn
6.12.2010
Sexsteuer
Ab heute Tagestickets für Straßenstrich
DORTMUND. Jetzt wird es ernst für die Prostituierten am Dortmunder Straßenstrich: Ab sofort wird bei ihnen die Sexsteuer kassiert.
Bereits im Juli hatte der Rat die Einführung der "Vergnügungssteuer auf sexuelle Dienstleistungen" beschlossen, wie die Sexsteuer offiziell heißt. Sie gilt offiziell seit dem 1. August. Prostituierte sollen sechs Euro pro Arbeitstag zahlen.
Lange Zeit war aber einer praktikablen Lösung gearbeitet wurden, um die Steuer auch außerhalb von Clubs kassieren zu können. Für den Straßenstrich an der Ravensberger Straße werden nun täglich Tagestickets für 6 Euro ausgegeben, die im Club Escort an der Einfahrt zum Straßenstrich zu haben sind.
Der Andrang hielt sich - wohl auch mit Blick auf das aktuelle Wetter - am ersten Tag in Grenzen. Knapp 40 Tickets gingen bis zum frühen Nachmittag in der Bar des Clubs Escort über die Theke.
Informationen für Prostituierte
Aushänge in sechs Sprachen - außer in deutsch und englisch auch in türkisch, russisch, bulgarisch und rumänisch sorgen dafür, dass alle Prostituierten, die am Straßenstrich in der Nordstadt arbeiten, über die Regelung Bescheid wissen. Darüberhinaus fanden zwei Info-Veranstaltungen im Beratungscontainer der Hilfsorganisation Kober an der Ravensberger Straße statt. "Der Start heute vormittag verlief dann recht problemlos", berichtet Elke Rehpöhler von Kober.
Im Laufe der Woche sollen dann auch die Kontrollen am Straßenstrich anlaufen. Die sind bis zur Bildung einer speziellen, vierköpfigen Einsatztruppe des Steueramtes Sache des Ordnungsamtes. Ordnungsgelder werde man am Anfang aber wohl noch nicht kassieren, kündigte Stadtsprecher Michael Meinders an. Und noch ist auch unklar, wie hoch später ein Bußgeld für Steuersünderinnen ausfallen könnte.
Stadt arbeitet an Konzept
Auf der anderen Seite weckt die Sexsteuer für den Straßenstrich Begehrlichkeiten nach mehr Engagement der Stadt zur Verbesserung der Situation an der Ravensberger Straße. Mehr Toiletten und sanitäre Anlagen für die Frauen hatte jüngst u.a. die CDU gefordert.
Man werde sich mit der neuen Sozialdezernentin Birgit Zoerner Gedanken über ein Konzept für den Straßenstrich machen, kündigt dazu Ordnungsdezernent Wilhelm Steitz an. Wobei es in erste Linie um Sicherheit und Gesundheitsschutz für die dort arbeitenden Frauen gehe. Die Stadt habe auf der anderen Seite kein Interesse, den Standort Ravensberger Straße weiter aufzuwerten und die Attraktivität des Straßenstrichs noch zu erhöhen. "Das ist", weiß Steitz, "immer eine Gratwanderung."
http://www.marler-zeitung.de/nachrichte ... 330,347799

Sexsteuer
Ab heute Tagestickets für Straßenstrich
DORTMUND. Jetzt wird es ernst für die Prostituierten am Dortmunder Straßenstrich: Ab sofort wird bei ihnen die Sexsteuer kassiert.
Bereits im Juli hatte der Rat die Einführung der "Vergnügungssteuer auf sexuelle Dienstleistungen" beschlossen, wie die Sexsteuer offiziell heißt. Sie gilt offiziell seit dem 1. August. Prostituierte sollen sechs Euro pro Arbeitstag zahlen.
Lange Zeit war aber einer praktikablen Lösung gearbeitet wurden, um die Steuer auch außerhalb von Clubs kassieren zu können. Für den Straßenstrich an der Ravensberger Straße werden nun täglich Tagestickets für 6 Euro ausgegeben, die im Club Escort an der Einfahrt zum Straßenstrich zu haben sind.
Der Andrang hielt sich - wohl auch mit Blick auf das aktuelle Wetter - am ersten Tag in Grenzen. Knapp 40 Tickets gingen bis zum frühen Nachmittag in der Bar des Clubs Escort über die Theke.
Informationen für Prostituierte
Aushänge in sechs Sprachen - außer in deutsch und englisch auch in türkisch, russisch, bulgarisch und rumänisch sorgen dafür, dass alle Prostituierten, die am Straßenstrich in der Nordstadt arbeiten, über die Regelung Bescheid wissen. Darüberhinaus fanden zwei Info-Veranstaltungen im Beratungscontainer der Hilfsorganisation Kober an der Ravensberger Straße statt. "Der Start heute vormittag verlief dann recht problemlos", berichtet Elke Rehpöhler von Kober.
Im Laufe der Woche sollen dann auch die Kontrollen am Straßenstrich anlaufen. Die sind bis zur Bildung einer speziellen, vierköpfigen Einsatztruppe des Steueramtes Sache des Ordnungsamtes. Ordnungsgelder werde man am Anfang aber wohl noch nicht kassieren, kündigte Stadtsprecher Michael Meinders an. Und noch ist auch unklar, wie hoch später ein Bußgeld für Steuersünderinnen ausfallen könnte.
Stadt arbeitet an Konzept
Auf der anderen Seite weckt die Sexsteuer für den Straßenstrich Begehrlichkeiten nach mehr Engagement der Stadt zur Verbesserung der Situation an der Ravensberger Straße. Mehr Toiletten und sanitäre Anlagen für die Frauen hatte jüngst u.a. die CDU gefordert.
Man werde sich mit der neuen Sozialdezernentin Birgit Zoerner Gedanken über ein Konzept für den Straßenstrich machen, kündigt dazu Ordnungsdezernent Wilhelm Steitz an. Wobei es in erste Linie um Sicherheit und Gesundheitsschutz für die dort arbeitenden Frauen gehe. Die Stadt habe auf der anderen Seite kein Interesse, den Standort Ravensberger Straße weiter aufzuwerten und die Attraktivität des Straßenstrichs noch zu erhöhen. "Das ist", weiß Steitz, "immer eine Gratwanderung."
http://www.marler-zeitung.de/nachrichte ... 330,347799

I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Tagesticket: ein Knöllchen nur für SW?
Der Dortmunder Straßenstrich ist damit letztlich ein kommunal betriebenes Open-Air-Bordell geworden
Das gab es allerdings bereits im Mittelalter, als Bordelle vom Stadtrat oder Klöstern betrieben wurden z.B. in Frankfurt und im heiligen Köln.
Wenn sich die Beratungsstelle für Prostituierte vom Sozialdienst kath. Frauen www.KOBER-DO.de jetzt dafür einspannen läßt, die neuen kommunalen Steuerregeln den Sexworkern klar zu machen, steht das ganz in dieser Traditionslinie.

Allerdings wäre eine Initiative wünschenswert, die Sexworker zu beraten diese neuen Kosten -so wie es alle Unternehmer machen- an die Kunden weitergeben zu können.
Dazu könnte man z.B. Plakate und Flugblätter über Mindest-Dienstleistungspreise drucken und verteilen... Es könnte vorgedruckte Quittungsbelege über den Steueranteil für den Prostitutionkunden geben wo dann auch noch Platz ist für eine gedruckte Safer6-Präventionsbotschaft und ein Feld: "Heute bediente sie ... XXX". "Wir freuen uns über Deinen nächsten geilen Besuch, ruf mich an. www.hinter-hornbach.de "...
Alternativ hätte man sich ja auch ein Eintrittsentgeld vom Kunden so wie in einem Parkhaus mit Schranke und Kassenautomat oder mit Drehkreuz so wie im Pascha in Köln und anderen Laufhäusern vorstellen können. Warum wurde das nicht in der Presse breit durchdiskutiert? Fürchtet die Presse die Diskussionsmacht der gut vernetzten anonymen Prostitutionskunden?
Theorie des runinösen Preiskampfes und Politik Mindestlohn:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=39353#39353
.
Das gab es allerdings bereits im Mittelalter, als Bordelle vom Stadtrat oder Klöstern betrieben wurden z.B. in Frankfurt und im heiligen Köln.
Wenn sich die Beratungsstelle für Prostituierte vom Sozialdienst kath. Frauen www.KOBER-DO.de jetzt dafür einspannen läßt, die neuen kommunalen Steuerregeln den Sexworkern klar zu machen, steht das ganz in dieser Traditionslinie.

Allerdings wäre eine Initiative wünschenswert, die Sexworker zu beraten diese neuen Kosten -so wie es alle Unternehmer machen- an die Kunden weitergeben zu können.
Dazu könnte man z.B. Plakate und Flugblätter über Mindest-Dienstleistungspreise drucken und verteilen... Es könnte vorgedruckte Quittungsbelege über den Steueranteil für den Prostitutionkunden geben wo dann auch noch Platz ist für eine gedruckte Safer6-Präventionsbotschaft und ein Feld: "Heute bediente sie ... XXX". "Wir freuen uns über Deinen nächsten geilen Besuch, ruf mich an. www.hinter-hornbach.de "...
Alternativ hätte man sich ja auch ein Eintrittsentgeld vom Kunden so wie in einem Parkhaus mit Schranke und Kassenautomat oder mit Drehkreuz so wie im Pascha in Köln und anderen Laufhäusern vorstellen können. Warum wurde das nicht in der Presse breit durchdiskutiert? Fürchtet die Presse die Diskussionsmacht der gut vernetzten anonymen Prostitutionskunden?
Theorie des runinösen Preiskampfes und Politik Mindestlohn:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=39353#39353
.
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Forts. Dortmunder Staßenstrich-Steuer
BILD:
Sex Euro, bitte! Weil der Stadt Dortmund Dreck und Haushaltsloch gegen den Strich gehen... Huren müssen jetzt Sex-Steuer zahlen
Weil Dortmund Dreck und Haushaltsloch gegen den Strich gehen: Huren müssen jetzt Tickets ziehen
Vergnügungs-Ticket
Am Strassenstrich gilt ab sofort die Sex-Steuer
Die Tagestickets für die Huren sind Pflicht. Wer ohne erwischt wird, muss draufzahlen
07.12.2010 - 00:08 UHR
Von NINA KLUSSMANN und NINA JABLONSKI
Dortmund – Prostitution in Dortmund ist seit Montag richtig teuer. Doch nicht für die Freier, sondern für die Huren. Denn die müssen ab sofort Sex-Steuer zahlen!
Pro Arbeitstag müssen sie sich nun ein Tagesticket für 6 Euro im Club Escort kaufen. Wer vom Ordnungsamt ohne Ticket erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen.
Christian V. (38) vom Club Escort: „Für die einen sind 6 Euro zu viel Geld. Sie können es sich einfach nicht leisten. Die anderen finden’s in Ordnung, erhoffen sich dadurch aber bessere Arbeitsbedingungen.“
Im Jahr rechnet die Stadt mit insgesamt 750.000 Euro an Vergnügungssteuer-Einnahmen
[2.000 Euro pro Tag entspricht 340 Sexworker x 6 Euro].
Konkrete Pläne, was mit dem Geld passieren soll, gibt es derzeit jedoch nicht. Stadtsprecher Michael Meinders (35): „Natürlich hoffen wir, dass die Einnahmen irgendwann dem Dortmunder Norden zugute kommen. Zunächst soll die Sex-Steuer aber den Haushalt ausgleichen.“
Was die Stadtkasse entlastet, belastest die Prostituierten. Marion Detlefs (48) von der Hurenorganisation „Hydra“: „Die Frauen haben ohnehin wenig Rechte. Tagestickets sind ungerecht – zumindest, wenn nur die Frauen zahlen müssen.“
Ob auch Freier bald jedes Schäfer-Stündchen versteuern müssen, wird heute im Sozialausschuss debattiert. Die bisherige Idee: Schranken vor dem Straßenstrich, an denen die Männer abkassiert werden könnten.
http://www.bild.de/BILD/regional/ruhrge ... ahlen.html
Sex Euro, bitte! Weil der Stadt Dortmund Dreck und Haushaltsloch gegen den Strich gehen... Huren müssen jetzt Sex-Steuer zahlen
Weil Dortmund Dreck und Haushaltsloch gegen den Strich gehen: Huren müssen jetzt Tickets ziehen
Vergnügungs-Ticket
Am Strassenstrich gilt ab sofort die Sex-Steuer
Die Tagestickets für die Huren sind Pflicht. Wer ohne erwischt wird, muss draufzahlen
07.12.2010 - 00:08 UHR
Von NINA KLUSSMANN und NINA JABLONSKI
Dortmund – Prostitution in Dortmund ist seit Montag richtig teuer. Doch nicht für die Freier, sondern für die Huren. Denn die müssen ab sofort Sex-Steuer zahlen!
Pro Arbeitstag müssen sie sich nun ein Tagesticket für 6 Euro im Club Escort kaufen. Wer vom Ordnungsamt ohne Ticket erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen.
Christian V. (38) vom Club Escort: „Für die einen sind 6 Euro zu viel Geld. Sie können es sich einfach nicht leisten. Die anderen finden’s in Ordnung, erhoffen sich dadurch aber bessere Arbeitsbedingungen.“
Im Jahr rechnet die Stadt mit insgesamt 750.000 Euro an Vergnügungssteuer-Einnahmen
[2.000 Euro pro Tag entspricht 340 Sexworker x 6 Euro].
Konkrete Pläne, was mit dem Geld passieren soll, gibt es derzeit jedoch nicht. Stadtsprecher Michael Meinders (35): „Natürlich hoffen wir, dass die Einnahmen irgendwann dem Dortmunder Norden zugute kommen. Zunächst soll die Sex-Steuer aber den Haushalt ausgleichen.“
Was die Stadtkasse entlastet, belastest die Prostituierten. Marion Detlefs (48) von der Hurenorganisation „Hydra“: „Die Frauen haben ohnehin wenig Rechte. Tagestickets sind ungerecht – zumindest, wenn nur die Frauen zahlen müssen.“
Ob auch Freier bald jedes Schäfer-Stündchen versteuern müssen, wird heute im Sozialausschuss debattiert. Die bisherige Idee: Schranken vor dem Straßenstrich, an denen die Männer abkassiert werden könnten.
http://www.bild.de/BILD/regional/ruhrge ... ahlen.html
-
- PlatinStern
- Beiträge: 3836
- Registriert: 01.02.2007, 22:33
- Wohnort: nrw
- Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn
RE: Steuern und Steuerpolitik
dazu gab es auf dem radiosender wdr 5 gab es einen kurzen beitrag:
Tagesticket für den Strich - MEDIATHEK - WDR.de
Auf der Suche nach Einnahmen scheuen Kommunen auch nicht vor seltsamen Maßnahmen zurück: Dortmund greift seit Kurzem den Prostituierten auf dem Straßenstrich in die Tasche: Pro Kunde müssen sie einen Obulus entrichten.
(pro kunde stimmt nicht, es ist ein fester tagespreis)
http://www.wdr.de/mediathek/html/region ... strich.xml
Tagesticket für den Strich - MEDIATHEK - WDR.de
Auf der Suche nach Einnahmen scheuen Kommunen auch nicht vor seltsamen Maßnahmen zurück: Dortmund greift seit Kurzem den Prostituierten auf dem Straßenstrich in die Tasche: Pro Kunde müssen sie einen Obulus entrichten.
(pro kunde stimmt nicht, es ist ein fester tagespreis)
http://www.wdr.de/mediathek/html/region ... strich.xml