Steuern und Steuerpolitik

Wo melde ich meinen Beruf an, mit welcher Steuerlast muss ich rechnen, womit ist zu rechnen, wenn ich die Anmeldung verabsäume, ... Fragen über Fragen. Hier sollen sie Antworten finden.
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fraences
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Keine Steuer in Polen für das Sexgewerbe

Beitrag von fraences »

Folgende Artikel steht in der Spiegel Ausgabe 10/2011

Warum geben Polen beim Finanzamt so oft an, im Sexgewerbe zu arbeiten?

Arthur M. Brzezinski, Steuerberater im Kalisz.:
In der Tat behaupten zehn Prozent derjenigen, als Prostituierte zu arbeiten.
Das ist ein Trick, um Steuern zu sparen.
Prostitution ist in Polen weder illegal, noch müssen auf die Einkünfte Steuern gezahlt werden.
So versuchen viele, ihr schwarz erarbeitetes Geld zu waschen.
Die FA kommen aber langsam dahinter und führen jetzt intensive Verhöre, z. B. darüber , welche sexuellen Dienstleistungen zu welchem Preis erbracht werden.

@ehemaliger_User
Nicht soweit nach Australien-Polen ist das Land
Lieben Gruß
Fraences
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Marc of Frankfurt
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Re: Keine Steuer in Polen für das Sexgewerbe

Beitrag von Marc of Frankfurt »

          Bild
fraences hat geschrieben:Prostitution ist in Polen weder illegal, noch müssen auf die Einkünfte Steuern gezahlt werden.

Das war mir und vielen von Euch sicher auch gar nicht bekannt, dass im Nachbarland die Sexworker von der Steuer befreit sind.

Sexworker sind damit den Frauen in der Versorgungsehe gleichgestellt.

Ich finde das eine beachtenswerte Antidiskriminierungsmaßnahme, die sicher viele Heimlichkeiten in der Branche überflüssig macht, was in anderen Ländern Sexarbeiter verletztlich und ausbeutbar macht und viele in die Illegalität drängt.





Prostitution is the only profession in Poland that is not taxed, but sex workers may be asked by authorities to prove that is what they do, since prostitution is not recognized as legitimate work, and therefore receive no social benefits. [Wikipedia]


Poles claim 'prostitution'- for tax purposes.
Prostitution is the only source of income that is not taxed in Poland


Warsaw Business - 14th February 2011

Every tenth taxpayer whose income is investigated by the Polish tax office claims to be a prostitute, reports daily Gazeta Wyborcza.

Although all forms of pimping are against the law in Poland, exchanging money in return for sex remains legal, provided that services are not rendered by a third person.

Prostitution is the only source of income that is not taxed in Poland. However, tax officials are no longer prepared to believe that so many Poles earn a living from selling their bodies, the daily writes.

In Lodz, those who explain discrepancies in their income by saying that they are prostitutes are interviewed in a “discreet” room and asked to provide evidence, such as hotel receipts, photographs, or even the contact details of their clients.

Tax officials reportedly employ similar procedures in Poznan and in Silesia.

From Warsaw Business Journal
www.wbj.pl/article-53241-poles-claim-pr ... poses.html





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Beitrag von fraences »

Ein weitere Aspekt ist:
In den 80 Jahren kamen extrem viele Polinnen hier nach Deutschland um im Sexgewerbe zu arbeiten.
Jetzt wäre der Umkehr dran.
Polen ein ideale Land für Sexworker.
Ich versuche mal raus zu kriegen, seit wann das so ist.
Hat mich selbst sehr überrascht.
Liebe Grüße
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Re: Doppelbesteuerung vorbeugen

Beitrag von sailfan66 »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:Das wissen evt. noch nicht alle Sexworker und Vermieter:

saarbruecker-zeitung hat geschrieben:Wenn eine Prostituierte ihre Tätigkeit in seinem Etablissement beendet, muss er ihr den Gesamtbetrag der einbehaltenen Tagespauschalen auf einem speziellen Formular bestätigen, damit sie den Betrag später auf ihre Steuern anrechnen lassen kann.

Evt. kann mal jemand so ein Beispiel-Formular hier im Forum einstellen, damit das Verfahren mit den Belegen und wie diese Vorsteuer verrechnet wird in der eigenen spätere Steuererklärung noch bekannter und vertrauter wird...

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Re: Bagatellsteuer

Beitrag von Rudolf63 »

Marc of Frankfurt hat geschrieben:NRW-Städte wollen Sex-Gebühren einführen Tages-Vignetten für Huren, Maut für Freier

Aber jetzt macht die Idee richtig Karriere. Duisburg will eine Sexsteuer, Gelsenkirchen, Sprockhövel, Essen, überall wird darüber nachgedacht.
Gelsenkirchen langt jetzt richtig zu - und zwar rückwirkend zum 01.01.2003!!!
Am 11.10.2010 hat die Stadt Gelsenkirchen die Satzung zur Vergnügungssteuer überarbeitet und "sexuelle Dienstleistungen" aufgenommen. Die Steuer ist rückwirkend zum 01.01.2003 zu entrichten.
Laut meinem Telefonat mit der zuständigen Stadtkämmerei betrifft die Steuer alle Dienstleister, Agenturen, Clubs, etc., die Räumlichkeiten haben. Pro Veranstaltungstag fallen 5,60€ pro angefangener 10qm an:

Stadt Gelsenkirchen, Vergnügungssteuer

Das dürften für einige doch erhebliche Nachzahlungren sein...

Gruß,
Rudolf

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Beitrag von fraences »

Warum muessen Prostituierte Sexsteuer zahlen? http://www.welt.de/wirtschaft/article13 ... arien.html
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Kleinvieh

Beitrag von Marc of Frankfurt »

zu dem Artikel:


Kommunale Bagatellsteuern


Norbert Walter-Borjans (SPD, NRW-Finanzminister) war Kämmerer in Köln.

Josef-Rainer Frantzen, Leiter des Kassen- und Steueramtes, ist für die Kölner Sex-Steuer (Ausweitung der Vergnügungssteuer auf das Sexgewerbe) verantwortlich: „Die Steuer bringt deutlich mehr Geld in die Kasse als die Erhebung kostet“.

Die Einnahmen der Sex-Steuer von 850.000 Euro/Jahr entsprechen gerade mal den Personalausgaben für ca. 8 qualifizierte Sachbearbeiter (Arbeitgeberbrutto 70.000 Euro/Jahr, BatIIa + Betriebsausgaben für den Arbeitsplatz).
  • Kölner Sex-Steuer

    Seit 7 Jahren (2004):

    Sexworker zahlt 6 Euro/Tag oder maximal 150 Euro/Monat (25 Arbeitstage)

    Betreiber zahlt 3 Euro/(10m² und Tag)
Stadt nimmt 850.000 Euro/Jahr ein (2010).

Sexsteuer hat einen Anteil von 0,000.2 oder 0,02% am Haushalt der Millionenmetropole (3,2 Mrd. Euro/Jahr).





Es darf in Deutschland nichts doppelt besteuert werden. Deshalb müssen die Gemeinden und Städte suchen, ob sie etwas finden, für das Bund und Land nicht schon Geld eintreiben.

Da Sexworker ja bereits Einkommensteuer und davon Vorsteuer nach Düsseldorfer Verfahren bezahlen müssen, ist die Frage ob hier nicht eine Doppelbesteuerung von Sexarbeitseinkünften und ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit vorliegt.

Auch kann man argumentieren, dass eine Besteuerung von sowohl den Sexarbeitern als auch den Betreibern einer zusätzlichen Doppelbesteuerung der Sexworker gleich kommt, weil ja die Sexworker das Geld zuerst verdienen und körperlich erarbeiten müssen, was dann an Mietzahlungen an die Betreiber geht!!!

"man habe auch schon bei der Sex-Steuer Prozesse gewonnen"
Wer kennt Quellen und hat Links zu den Urteilen? :006

Eberhard Kanski, Vorstandsmitglied beim Bund der Steuerzahler NRW, setzt sich gegen Bagatellsteuern ein. Aber wohl nicht im Feld Prostitution.

Reiner Holznagel, Geschäftsführer vom Bund der Steuerzahler (BdSt), hat gegenüber Dona Carmen e.V. erklärt sein Verband wolle sich nicht in der Angelegenheit der umstrittene Sonderbesteuerung von Prostituierten engagieren. La Muchacha Seite 20:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=97641#97641




  • Kölner Betten-Steuer offiziell: „Kulturförderabgabe“

    Seit Oktober 2010

    Hoteliers zahlen 5% vom Übernachtungspreis
Stadt hofft auf von 7 Mio. Euro/Jahr d.h. 0,002 oder 2 Promille vom Gesamthaushalt der Stadt.

Es musste von den Hotels noch kein Euro überwiesen werden. Denn die Lobbyverbände laufen Sturm, eine Klage vor dem Verwaltungsgericht ist anhängig. Zudem seien die Hoteliers von der Bundesregierung ja bei der Mehrwertsteuer entlastet worden.

Solch eine Lobby haben die Sexworker und Betreiber von Prostitutionsarbeitstätten leider nicht.



  • Essen: Solariumsteuer

    geplant ab 2011

    Betreiber zahlen 20 Euro/(Monat und Sonnenbank)
Erwartete Einnahmen 150.000 Euro/Jahr entsprächen 0,000.1 von 1,4 Mrd Euro (2010).



...
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 07.05.2011, 10:36, insgesamt 2-mal geändert.

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WDR-Monitor-Sendung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

off topic:


Abhaken und durchwinken:

wie das Finanzamt bei den Reichen und Selbstständigen wegschaut



"Wer vermögend ist, ein Unternehmen hat, dem muss das Finanzamt erst mal glauben, was er so als Gewinn und als Verlust angibt."

Das Land Bayern hat ca. 400 Mio Euro in elektronische Risikomanagement Computersysteme, die Auffälligkeiten in den Steuerakten automatisch aufspüren sollen, gesteckt so Georg Fahrenschon, Bayrischer Finanzminister, CSU. Aber: Werner Stupka, Steuerexperte ver.di: "Es gibt in Bayern keine funktionierenden Risiko-Management-Systeme im Bereich der Betriebsprüfung, im Bereich der Steuerfahndung und im Bereich der Veranlagung von Gewerbetreibern und Freiberuflern. Es gibt nur im Bereich der Arbeitnehmereinkünfte ein funktionierendes Risiko-Management-System."


Nur alle 13,7 Jahre (alle 15 Jahre in Bayern) bekommt ein Selbstständiger oder Unternehmer Besuch vom Betriebsprüfer.

Die Bundesländer prüfen nur 5% (Hamburg), 18% (Bayern) oder 39% (Sachsen) ihrer Einkommensmillionäre pro Jahr.


Eine Sonderprüfung eines Einkommenmillionärs erbringe durchschnittlich zusätzliche 100.000 Euro an Steuereinnahmen.

Jeder Steuerfahnder erbringe ca. 1.000.000 Euro/Jahr zusätzliche Einkünfte.

Bundesländern, zu denen die Steuerverwaltung gehören, bleibe davon aber nur 10%, weil der Rest an Bund und Länderfinanzausgleich abzugeben sind. Daher gibt es zu wenig Personal, zu wenig Finanzprüfungen, zu wenig Steuereinnahmen und unerkannte Wirtschaftskriminalität.

Gerhar Schick von den Grünen fordert eine Bundessteuerverwaltung.


www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2011/0505/reiche.php5
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 07.05.2011, 16:05, insgesamt 1-mal geändert.

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Subventionen statt immer nur Steuern

Beitrag von Marc of Frankfurt »

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Clubbesitzer Achim Megger aus Unna, der in Unna als Bürgermeisterkandidat antrat und von dem das Finanzamt noch 1,5 Millionen Euro haben möchte
(„die haben bei der Steuerschätzung gedacht, ich habe eine Fabrik“)

Alles werde subventioniert, warum nicht auch das älteste Gewerbe der Welt? Zumal die Erotikbranche weltweit Milliarden Umsätze mache und auch Steuern bezahle – meistens zumindest.

„Wir brauchen einen Erotikkommissar in Brüssel“, sagt er und grinst: „Ich würde zur Verfügung stehen.“


www.derwesten.de/staedte/unna/Geh-wech- ... 14540.html

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nina777
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Urteil Finanzgericht NdS

Beitrag von nina777 »

9.5.2011

Modellwohnungen fürs Gewerbe

Einkünfte, die aus der Vermietung an Prostituierte erzielt werden, sind nach einer Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nicht aus Vermietung und Verpachtung. Sie unterliegen daher (neben der Einkommensteuer) auch der Gewerbesteuer.


In dem vom Niedersächsichen Finanzgericht entschiedenen Fall hat der Kläger die Wohnungen entweder direkt oder durch Zwischenschaltung von Mittelsmännern an die Frauen überlassen, damit diese in den Wohnungen der Prostitution nachgehen konnten. Mit der Überlassung der Wohnung an die Prostituierten bzw. die zwischengeschalteten Hauptmieter hat er Einnahmen erzielt, die als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 2 S. 1 EStG zu qualifizieren sind. Nach dieser Vorschrift ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn diese weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs oder als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Zwar stellt die Vermietung von Gebäudeteilen im Allgemeinen keine gewerbliche Tätigkeit dar; dies gilt jedoch nicht, wenn zur Tätigkeit eines Vermieters noch weitere besondere Umstände hinzutreten, die die Vermietungstätigkeit zu einer gewerblichen Tätigkeit werden lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine gewerbliche Tätigkeit dann gegeben, wenn Unterkünfte an Prostituierte vermietet werden und der Vermieter durch organisatorische Maßnahmen den Kontakt mit den Prostituierten erleichtert und fördert1. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Nach den in den Urteilen des Amtsgerichts getroffenen Feststellungen hat der Kläger “seit Jahren”, mindestens aber in den Jahren 1997, 1998, 2002 und 2003 die Wohnungen an Frauen gegen Zahlung einer Tagesmiete überlassen, damit diese in den Wohnungen der Prostitution nachgehen konnten. Gegen diese Feststellungen hat der Kläger keine Einwendungen erhoben, so dass sich das Gericht diese Feststellungen zu Eigen machen kann2. Das Finanzgericht hält diese Feststellungen aus den nachfolgenden Gründen für zutreffend und macht sich diese zu Eigen.

Nach den Protokollen der polizeilichen Überprüfungen und Durchsuchungen sind die betreffenden Wohnungen im gesamten Zeitraum, in dem die Überprüfungen durchgeführt worden sind, milieutypisch äußerst spärlich eingerichtet gewesen. Außerdem waren sie an eine Vielzahl von häufig wechselnden Prostituierten vermietet. Letzteres zeigt die Vielzahl der Frauen, die während der Überprüfungen dort angetroffen wurden. So wurden bei den sporadischen Überprüfungen der Wohnungen in den Jahren 1998 bis 2005 in den Wohnungen der K-Straße 2 14 verschiedene Frauen, in den Wohnungen der K-Str. 2 3 verschiedene Frauen, in der G-Str. 27 verschiedene Frauen und in der H-Str. 5 verschiedene Frauen angetroffen, die alle die Wohnung nach eigener Aussage nur für eine kurze Zeit nutzten. Diese Frauen gingen der Prostitution nach und warben für ihre Dienste in Zeitungsinseraten.

Auch die Anstellung des H. als Hausmeister, der vom Kläger für seine Dienste bezahlt wurde und auch einmal das Geld im Auftrag des Klägers von den Prostituierten in Empfang genommen hat, ist ein starkes Indiz dafür, dass der Kläger die Wohnungen bzw. die Zimmer in den Wohnungen an die Frauen vermietet hat, damit diese dort der Prostitution nachgehen konnten. Weitere gewichtige Indizien für den gewerblichen Charakter der Tätigkeit des Klägers sind außerdem das Vorhalten von Mietvertragsvordrucken, in denen sich die mietende Person verpflichtet, im Besitz einer gültigen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu sein und der zeitnahen Einzug der von den Prostituierten zu entrichtenden Entgelte, die er persönlich vorgenommen hat. So haben entweder er oder seine damalige Freundin die Tageseinnahmen teilweise täglich aber doch mehrmals in der Woche von den Frauen abgeholt. Bei dieser Sachlage ist es nicht erforderlich, dass weitere Tätigkeiten des Klägers wie zum Beispiel der Ausschank von Getränken hinzutreten müssen, um dessen Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit einordnen zu können.

Das Gericht ist anhand der vorliegenden Unterlagen davon überzeugt, dass der Kläger selbst im eigenen Namen und nicht für seine Mutter oder L die Verträge abgeschlossen, die Mieten von den Prostituierten vereinnahmt hat und damit selbst gewerbliche Einkünfte erzielt hat.

Sämtliche Prostituierte, die sich zur Frage der Mietzahlungen geäußert haben, haben erklärt, dass sie die Miete entweder direkt an den Kläger oder über einen Mittelsmann Miete an diesen gezahlt haben. Es liegen insoweit aus den Streitjahren mehr als 30 Aussagen und aus dem Jahr 2005 die Aussagen der 17 von den Beamten des FinanzamtFuSt vernommenen Frauen vor und keine der vernommenen Frauen hat erwähnt, dass die Lebensgefährtin oder die Mutter des Klägers als Vermieterin aufgetreten seien und die Miete an diese gezahlt worden sei. Auch die übrigen Mieter haben ausgesagt, dass er ihnen gegenüber nicht im Namen der L bzw. seiner Mutter gehandelt, sondern die Mietverträge im eigenen Namen abgeschlossen hat. Damit steht fest, dass Kläger im eigenen Namen gehandelt hat. Tritt der Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt nach § 164 Abs. 2 BGB der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln nicht in Betracht, d.h. das Rechtsgeschäft ist ein Eigengeschäft des angeblichen Vertreters. Der Kläger hat weder bei der Überlassung der Modellwohnungen noch bei der Vermietung der übrigen Mietobjekte wie ein Hausverwalter im Namen der Grundstückseigentümerin, sondern immer im eigenen Namen gehandelt. Darüber hinaus sind L und die Mutter des Klägers ganz offensichtlich nie als Vermieterinnen aufgetreten.

Ebenso fehlt es an einer Weiterleitung der Einnahmen, die notwendig ist, um das Handeln im Auftrag eines anderen zu begründen. Soweit der Kläger behauptet, die von den Prostituierten vereinnahmten Mieten an seine Mutter oder L weitergeleitet zu haben, hat er diese Behauptung nicht im Ansatz durch nachprüfbare Unterlagen oder andere Beweismittel substantiiert. Die Nachweise zur Weiterleitung sind aber erforderlich, weil der Kläger über die Konten seiner Mutter uneingeschränkt verfügen und diese wie eigene Konten verwalten konnte. Darüber hinaus hatte L keinen Zugriff auf die Mietkonten, da sie im Gegensatz zum Kläger für diese Konten keine Vollmacht besaß. Sie konnte damit nicht auf die Einnahmen und Überschüsse aus der Vermietung zugreifen. Der Ausschluss der L von jeder Verfügungsmöglichkeit über die Einnahmen spricht eindeutig gegen die Annahme, dass der Kläger in ihrem Namen gehandelt hat. Wäre L tatsächlich Vermieterin der Wohnungen gewesen, hätte es nahe gelegen, dass eine Weiterleitung der Einnahmen erfolgt oder zumindest jährlich Abrechnungen des vermeintlichen Hausverwalters über die Einnahmen und die Ausgaben vorgenommen werden und die Auszahlung des verbleibenden Überschusses bzw. die Nachforderung eines sich aus der Abrechnung ergebenden Fehlbetrages an den Auftraggeber, in diesem Fall L, erfolge. Solche Abrechnungen liegen jedoch nicht vor. Der Kläger hat außerdem in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er L monatlich einen Betrag in Höhe von 1.700 EUR gezahlt habe. Wenn der Kläger die Mieten tatsächlich an L weitergeleitet hätte, hätte er über weitere Mittel verfügen müssen, um diese Zahlungen überhaupt leisten zu können. Der Kläger hat aber nach eigenem Bekunden über keine eigenen Mittel verfügt. Abgesehen davon wäre die Zahlung eines Betrages an L zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht erforderlich gewesen, wenn sie, wie behauptet, die Mieten erhalten hätte. Die Gesamtumstände lassen einzig den Schluss zu, dass der Kläger die Mietzinsforderungen im eigenen Namen vereinnahmt hat.

Soweit der Kläger darauf hinweist, dass in den Häusern auch normale Mieter gewohnt haben, ist dies für das vorliegende Verfahren unerheblich, weil das Finanzamt die entsprechenden Mieteinnahmen im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt und nicht den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet hat.

Die Schätzung der Einkünfte durch das Finanzamt ist nicht zu beanstanden; das Gericht macht sich diese Schätzung zu Eigen. Soweit das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln kann, hat es sie zu schätzen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO) oder wenn er Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Im finanzgerichtlichen Verfahren stehen diese Schätzungsbefugnisse auch dem Gericht zu, das nach § 96 Abs.1 Satz 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Danach hat auch das Gericht die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige seinen abgabenrechtlichen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt. Eine Verletzung der Mitwirkungspflichten führt insofern nicht nur zu einer Begrenzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs.1 Satz 1 FGO), sondern auch zu einer Minderung des in § 96 Abs.1 Satz 1 FGO vorgesehenen Beweismaßes. Der Grad der grundsätzlich erforderlichen Gewissheit (“Überzeugung”) reduziert sich in der Weise, dass der Sachverhalt aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen festgestellt werden darf und sich das Gericht über etwa gegebene Zweifel in tatsächlicher Hinsicht hinwegsetzen kann3.

Der Kläger hat keine Einkommensteuererklärungen abgegeben; ebenso wenig hat er Unterlagen oder Aufzeichnungen im Sinne des § 22 Umsatzsteuergesetz vorgelegt, die als Grundlage für die Schätzung herangezogen werden können. Insofern bestand dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis für das Finanzamt und besteht diese für das Gericht weiterhin, weil die Besteuerungsgrundlagen nicht anderweitig ermitteln werden können. Die mit einer Schätzung immer einhergehende Unsicherheit darf sich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirken, solange die Finanzbehörde nicht bewusst zu hoch schätzt4. Ist die Schätzung erforderlich, weil der Steuerpflichtige seinen Erklärungspflichten nicht genügt, kann sie sich an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren5.

Von diesen Grundsätzen ausgehend liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Besteuerungsgrundlagen bewusst zum Nachteil des Klägers geschätzt worden sind. Das Finanzamt hat seiner Schätzung eine Bruttomiete in Höhe von 100,00 DM je Prostituierter pro Tag zu Grunde gelegt. Dies ist exakt der Betrag, den die weitaus überwiegende Zahl der in den Jahren 2000 bis 2005 unabhängig von einander vernommenen Prostituierten als Tagesmiete, oder im Fall der Zahlung an einen “Zwischenmieter” als den auf den Kläger entfallenden Anteil genannt hat. Insoweit ergibt sich aus der Aussage und der eidesstattlichen Versicherung der E. nichts Gegenteiliges. Auch sie bestätigt eine tägliche Zahlung von 125 EUR an den einen Dritten, die der Höhe nach dem Betrag entspricht, den auch die anderen Frauen an die vermeintlichen “Hauptmieter” gezahlt haben. Das dieser Betrag ungekürzt dem Dritten verblieben ist, hat auch sie nicht behauptet, vielmehr gab sie an, nicht zu wissen, wer die Miete letztendlich erhalten hat. Da der Kläger die Zahlung der Miete durch die “Hauptmieter” in anderer Form, z.B. als monatliche Miete nicht nachge-wiesen hat, ist damit auch in diesem Fall die Annahme der Weiterleitung eines anteiligen Betrages in Höhe von 50,00 EUR an den Kläger die wahrscheinlichste der denkbaren Möglichkeiten. Das Finanzamt hat ebenfalls berücksichtigt, dass nach Aussage der Prostituierten der Sonntag mietfrei war und deshalb nur mit 25 Tagen im Monat kalkuliert. Das Gericht hält diese Schätzung der Einnahmen für sachgerecht und folgt ihr uneingeschränkt.

Die Einwendungen des Klägers gegen die Höhe der geschätzten Einnahmen sind nicht stichhaltig. Soweit er anführt, dass nur 14 Wohnungen vorhanden gewesen seien, von denen sich drei in der H-Str. in einem nicht vermietbaren Zustand befänden, kann dieser Einwand die Kalkulation des Finanzamt nicht beeinflussen, weil sich aus den vorliegenden Protokollen ergibt, dass sie jedenfalls in den Streitjahren genutzt worden sind. Danach wurden die Wohnungen in der H-Str. zumindest bis zum Jahr 2001 von Prostituierten genutzt. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verhältnisse bis zum Jahr 2003 geändert haben, sind den Akten nicht zu entnehmen. Die späteren Baumaßnahmen und die Unbewohnbarkeit einer Wohnung im Jahr 2005 lassen keine Rückschlüsse auf das Jahr 2003 zu. Außerdem hat das Finanzamt bei der Schätzung eine Belegung der Wohnungen mit jeweils nur einer Frau unterstellt, obwohl ein Teil der Wohnungen teilweise mit mehreren Prostituierten belegt gewesen ist. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn der Kalkulation die Mietzahlung von 16 Prostituierten zu Grunde gelegt wird. Soweit der Kläger vorträgt, dass in einzelnen Monaten keine Miete oder eine wesentlich geringere Miete gezahlt worden sei, hätte er zur Substantiierung und Glaubhaftmachung seines Vorbringens Aufzeichnungen über seine tatsächlichen Einnahmen vorlegen können und müssen; hat diese aber nicht vorgelegt.

Auch die vom Finanzamt dem Schätzungswege berücksichtigten Betriebsausgaben sind nicht zu beanstanden, da mit den Positionen “sonstige Kosten, Schuldzinsen, Erhaltungsaufwendun-gen und Energie, Grundsteuer, Abfallgebühren” alle üblicherweise anfallenden Kosten in die Schätzung der Ausgabenhöhe eingeflossen sind. Soweit der Kläger meint, dass die Betriebsausgaben nicht richtig ermittelt worden seien, kann diesem Einwand nicht gefolgt werden, da er die Höhe der Betriebsausgaben nicht glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen hat. Soweit er nunmehr einräumt, dass er L monatlich ca.01.700 EUR gezahlt habe, sind in den Betriebsausgaben sonstige Kosten in einer Höhe abgezogen, die die Annahme begründen, dass Zahlungen an L hierin enthalten sind. Der Kläger kann nicht die Kosten der AfA für die Gebäude als Betriebsausgabe abziehen, da er nicht die Anschaffungskosten der Gebäude getragen hat. Für den Abzug von Herstellungskosten durch AfA als Betriebsausgaben ist allein entscheidend, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im eigenen betrieblichen Interesse selbst trägt und er das Wirtschaftsgut für betriebliche Zwecke nutzen darf6. Mit den Anschaffungskosten der Gebäude wirtschaftlich belastet ist jedoch nicht der Kläger, sondern L, die Gebäude erworben und die Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungskosten aufgenommen hat. Der Kläger hat keine Beträge zur Tilgung der Darlehensforderungen geleistet, sondern lediglich die Hypothekenzinsen gezahlt, die bei ihm auch als Betriebsausgaben berücksichtigt worden sind. Für das Haus in der H-Str. hat er in den Streitjahren keine Kosten getragen, die als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Inanspruchnahme von AfA berechtigen. Die Klage ist daher abzuweisen.

1 Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18. Februar 2011 – 4 K 237/08

2 BFH, Urteil vom 12.04.1988- VIII R 250/81, BFH/NV 1989, 44

3 vgl. BFH, Urteil vom 10.01.1978, VII R 106/74, BFHE 124, 305, BStBl II 1978, 311

4 BFH, Urteil vom 15.02.1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462 Klein/Rüsken, AO Kommentar 10. Aufl., § 162 R. 38

5 vgl. BFH, Beschluss vom 13.07.2000, IV R 55/99, BFH/NV 2002, 1498 m.w.N.

6 BFH, Urteil vom 25.02.2010 – IV R 2/07, BFHE 228, 431, BStBl II 2010,

http://www.rechtslupe.de/steuerrecht/ei ... rbe-329201

http://dejure.org/dienste/vernetzung/re ... K%20237/08
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Betreiber-Vergnügungssteuer in BW

Beitrag von Marc of Frankfurt »

(Gefunden von ehemaliger_User siehe Stuttgart. Danke.)


Rechtskräftiges Berufungsurteil: Gemeinden in Baden-Württemberg dürfen Veranstalter von sexuellen Vergnügungen besteuern

VGH Baden-Württemberg



Pressemitteilung vom 16.05.2011 zum
Urteil 2 S 196/10 vom 23.02.2011

Der für das kommunale Abgabenrecht zuständige 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat in einem am 16.05.2011 bekanntgegebenen Urteil vom 23.02.2011 entschieden, dass der Betreiber eines Bordells zur Vergnügungssteuer herangezogen werden darf.

Die Klägerin betreibt in Leinfelden-Echterdingen ein sog. "Laufhaus" mit 33 Zimmern, die an Prostituierte vermietet werden, einem Kontakthof mit verschiedenen Spiel- und Fernsehgeräten und einem Café.

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen erhebt seit 01.01.2008 von den Unternehmen, die bestimmte Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund veranstalten, Vergnügungssteuer, darunter auch für die "gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen".

Für das Jahr 2008 setzte sie gegenüber der Klägerin eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 53.504 Euro [entspricht ca. 1.600 Euro/Zimmer, 4,40 Euro/Tag und Sexworkerzimmer] fest.



Mit ihrer dagegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, nicht sie, sondern allenfalls die bei ihr tätigen Prostituierten seien Steuerschuldner. Zudem sei der Flächenmaßstab eine unzulässige Bemessungsgrundlage, weil er den individuellen Vergnügungsaufwand nicht ausreichend berücksichtige. Sachgerechter sei eine Anknüpfung der Steuer an die zeitliche Nutzung der Zimmer durch die Prostituierten.



Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat den Vergnügungssteuerbescheid nur in Höhe von 30.524,56 Euro als rechtmäßig angesehen. Es meinte, die Flächen des Kontakthofs und des Cafés dürften im Rahmen des Flächenmaßstabs nicht berücksichtigt werden, und gab der Klage daher teilweise statt.



Auf die Berufung der Beklagten hat der VGH das Urteil abgeändert und die Erhebung der Vergnügungssteuer bei der Klägerin insgesamt für rechtmäßig erklärt.

[ Wäre sie also mal besser nicht in Berufung gegangen. Jetzt muß sie nach zusätzlichen Prozesskosten für die Revision jährlich 23.000 Euro oder 700 Euro/Zimmer mehr Steuern zahlen als nach dem ersten Urteil. ;-( Anm. ]

Die Vergnügungssteuer sei eine typische örtliche Aufwandsteuer, die auf dem allgemeinen Gedanken beruhe, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leiste, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden könne, heißt es in der Begründung des Berufungsurteils. Gegenstand der Vergnügungssteuer könnten Vergnügungen jeglicher Art sein und damit auch Vergnügungen sexueller Art.

[ Die Frage ist aber, ob sexuelle Dienstleistungen für einen Teil der Kunden nicht einem Grundnahrungsmittel gleichkommen. Sonst müßte auch das kinderlose Vergnügen in der Ehe besteuert werden (Gleichstellung). ]

Unerheblich sei, dass die Steuer nicht bei den sich vergnügenden Besuchern der jeweiligen Einrichtung, die sie im Grunde treffen solle, sondern zur Vereinfachung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben werde. Es reiche in diesem Zusammenhang aus, wenn dieser die Möglichkeit habe, die Steuer auf die Besucher abzuwälzen.

Dass im Fall der Klägerin eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sei nicht ersichtlich.

[ Seit wann kümmern sich Gerichte um die Marktgesetze? Dazu sind Verwaltungsrechtler nunmal nicht ausgebildet. Und ein entsprechendes Gutachten von Marktwirtschaftlern des Sexbiz existiert m.E. bislang nicht. Vgl. Pauperismus und ehernes Lohngesetz ]

Es verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, die Vergnügungssteuer nach der Veranstaltungsfläche zu bemessen, so der VGH weiter. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche würden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen werden könnten. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz stehe auch in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stelle so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Aufwand her.

[ Dass der Umsatz de facto vielmehr von einem häufigen Wechsel attraktiver Sexworker abhängt, ist der Grund, warum so viele Betreiber probleme mit Personalakquise haben, die aufrund Menschenhandels-Paragraphen im StGB kriminalisiert ist. ]

Zu Recht habe die Stadt auch die Klägerin und nicht die einzelnen Prostituierten als Steuerschuldnerin herangezogen.

Sie stelle nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten zur Verfügung, vielmehr liege die Gesamtkonzeption des "Laufhauses" ausschließlich in ihren Händen. Aufgrund dieser unternehmerischen Tätigkeit würden ihr auch die entsprechenden Einnahmen zufließen.

[ Sexworker ihrerseits werden ja in Köln z.B. auch besteuert (s.o.). Da für einen Unternehmer Steuern gleich Kosten sind, die an den Kunden d.h. die Mieterinnen d.h. Sexworker weitergegeben werden, landen sie sowieso bei diesen. Hier beginnt die Verteilungsfrage d.h. die schwierige volkswirtschaftliche Frage der Preiselastizitäten erneut. Wer trägt welchen Anteil von Kostensteigerungen: Kunde, Sexworker, Betreiber, Allgemeinheit? Da die Sexdienstleistungspreise seit Jahren fallend sind, sind es die Kunden eher nicht. Also ist das schwächste Glied der Wertschöpfungskette der Sexworker. Gut dass das Gericht hier die armen Sexworker wie gewohnt in Schutz nimmt und vor Ausbeutung zu schützen sich anheischig macht ;-) ]

Schließlich hat die Stadt nach Auffassung des VGH der Steuererhebung zu Recht nicht nur die Flächen der Zimmer der Prostituierten, sondern auch diejenigen des Kontakthofs und des Cafés zugrunde gelegt. Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden finde zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau machten aber gerade auch der Kontakthof und das Café den besonderen Charakter des Bordells aus und trügen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten solle den Kunden anziehen und sei deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen auch der Klägerin verbunden.

[ Da wäre ein Ortstermin erforderlich gewesen, um zu entscheiden, ob es sich bei den Leerflächen wirklich um Luststeigerung im Sinne arkadischer Räume der Vorfreude oder eher um trostlose, unbeheizbare, ungenutzte, runtergekommene Leerflächen aus vergangenen Nutzungszeiten handelt. ]

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az. 2 S 196/10).

www.datev.de/portal/ShowPage.do?pid=dpi&nid=121222





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Beitrag von ehemaliger_User »

Das Urteil ist eine absolute Frechheit. Der Betreiberin bleibt nichts anderes übrig, als die Kosten auf die Frauen weiterzugeben D.h, es kommt noch Umsatzsteuer und event. Gewerbesteuer dazu.

Die SDL können aus Marktgründen diese Kosten nicht auf die Kunden abwälzen.

Sollen sie auf der Strasse arbeiten?

Muss ich jetzt als Vermieter einer Wohnung kontrollieren, ob meine MieterInnen nicht der Prostitution nachgehen weil ich sonst von der Stadt zur Vergnügungssteuer veranlagt werde? (die "gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen")

Ist das nicht auch bei Hotels der Fall? Oder wenn ich in meinen 4 Wänden regelmässig Orgien veranstalte?

Stuttgart plante eine Waffensteuer - nach heftigen Protesten liess der Kämmerer die Pläne fallen. Pferdesteuer? Hab ich noch nichts von gehört.

Klar, die Kunden gehen deswegen nicht auf die Strasse, somit können die Verwaltungen machen was sie wollen.

Ich hoffe nur, dass die Betreiberin Beschwerde beim BVG wegen der Nichtzulassung der Revision einlegt.
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Das würde die These unterstützen, dass die Prostitutionskontrolle und -besteuerung sich gegen die Unterschicht wendet, vergleichbar der Anti-Drogenpolitik.

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Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:Das würde die These unterstützen, dass die Prostitutionskontrolle und -besteuerung sich gegen die Unterschicht wendet, vergleichbar der Anti-Drogenpolitik.
Da es keine bedeutende Mittelschicht mehr gibt, eher: Vergleichbar JEDER Politik.

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Welt der Banken und Stiftungen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

off topic
Fortsetzung

Hessischer Steuerfahnder-Skandal
„Großes Unrecht geschehen“


Der Ex-Abteilungsleiter der Frankfurter Steuerfahndung, Frank Wehrheim, spricht im FR-Interview über die Zerschlagung seiner überaus erfolgreichen Abteilung und darüber, dass Warnungen vor Prüfungen in Großbanken gang und gäbe sind.

...
90er Jahre: Durchsuchung der Commerzbank brachte rund eine Milliarde Mark an Steuernachzahlungen ein.
...
Nach Ihren Erfolgen haben sie große Probleme bekommen. Die Abteilung wurde zerschlagen, 4 Fahnder aus dem Job gedrängt. Beamte, die gegen Banken und im Schwarzgeldskandal der Hessen-CDU ermittelt hatten, wurden mit falschen Gutachten für psychisch krank erklärt.
...
ein skandalöses Verhalten der Führung der Deutschen Steuergewerkschaft, dass sie sich nicht für diese Beamten einsetzt, sondern die Meinung der Finanzverwaltung vertritt.
...
Die Behörde braucht dringend einen Mobbingbeauftragten.
...
Ich glaube nicht, dass wir wirklich in der Lage sind, große Konzerne so zu prüfen, dass wir da wirklich bis ans Eingemachte vordringen. Es ist auch fraglich, ob die Steuerfahndung Frankfurt heute stark genug aufgestellt ist.
...
Im Jahr 2010 wurde die Deutsche Bank vor einer Durchsuchung gewarnt.
...
schon bei der Parteispendenaffäre in den 80er Jahren gab es das in einigen Bundesländern, dass Informationen zu Ermittlungsvorhaben vorab zu den beschuldigten Firmen transportiert wurden.
...
Gefühl gehabt, dass in meine Tätigkeit entscheidend eingegriffen wurde ab 2001 (Roland Koch Ministerpräsident in Hessen 1999-2010)
...
Man bekommt schlichtweg gesagt: In dem Fall ermitteln Sie nicht weiter, das ermittelt ein Kollege. Und später stellt man fest, dass diese Fälle gar nicht ermittelt und verfolgt wurden.
...
ehemalige hessische Finanzminister Karlheinz Weimar (1999-2010) erklärte zu meiner großen Verwunderung später Fälle von Steuerhinterziehung im Ausland und Stiftungen in Liechtensteinhätten hätten dem Staat im Schnitt rund 208 Euro eingebracht, weil es sich um viele Rentner mit kleinen Beträgen gehandelt haben soll.

Das ist völliger Unsinn. In Liechtenstein kann man nur Stiftungen eröffnen, wenn man viel Geld hat. Allein die Kosten sind immens. Da müssen Kunden schon sechs- bis siebenstellige Summen anlegen. Darunter lohnt sich eine solche Anlage nicht.

So etwas kann nicht stimmen und entlarvt, wie der Minister sein Amt geführt hat.


www.fr-online.de/politik/-grosses-unrec ... index.html

www.de.wikipedia.org/wiki/Karlheinz_Wei ... ff.C3.A4re

Wehrheim erhielten 2009 den Whistleblower-Preis.

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Re: Welt der Banken und Stiftungen

Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:So etwas kann nicht stimmen und entlarvt, wie der Minister sein Amt geführt hat.
Fragt sich nur was da nicht stimmen kann.

Meiner Meinung nach hat der Minister seine Aufgabe hervorragend erfüllt. Genau um das zu tun ist er schließlich zum Minister gemacht worden.

Es wird immer einzelne geben, die bereit sind für einen Titel und den Schein Macht zu haben das Volk zu verkaufen.

Letztlich ist Berlusconi in Italien doch nur ein kleiner Fisch, der in das Licht der Öffentlichkeit gekommen ist, weil er auf diese Arbeitsteilung verzichtet und Kapital und Posten in einer Person vereinigt. Wer schon für die italienische "Demo"kratie fürchtet kann für die deutsche jede Hoffnung aufgeben. Wer Minister wird bestimmen die Medien. Und es gibt keine einzige einigermaßen einflußreiche Medienanstalt, die nicht morgen Konkurs anmelden müsste, wenn ihr heute die Kredite gekündigt werden.

Das Verhalten des Ministers war somit nahezu perfekt, allenfalls könnte man ihm vorwerfen, dass es ihm und seinen Kollegen noch (?) nicht gelungen ist das Internet unter Kontrolle zu bringen, so dass einzelne wie wir uns noch immer darüber austauschen können.

Absolut, Marc, so etwas kann nicht stimmen. Aber es entlarvt nicht, wie der Minister sein Amt geführt hat, sondern es entlarvt die Demokratietheorie von einer den Volkswillen repräsentierenden Regierung als völlig wertlose show.

Liebe Grüße, Aoife
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RE: Steuern und Steuerpolitik

Beitrag von Jupiter »

Die dubiosen Machenschaften unter Regie von Robert Koch sind uralt und schon lange bekannt.

Ich verstehe nicht, warum dies aufgewärmt wird.

Gruß Jupiter
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Re: RE: Steuern und Steuerpolitik

Beitrag von Aoife »

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Jupiter hat geschrieben:... unter Regie von Robert Koch...

Ich verstehe nicht, warum dies aufgewärmt wird.
Nur bei dieser (Fehl?-)Deutung.

Sieht man hingegen, dass Robert Koch keine Regie geführt hat, sondern nur eine austauschbare Galleonsfigur war, die sich für die "Ehre" und äußerst geringen Machtzuwachs dafür hergegeben hat die Interessen des Kapitals durchzusetzen, so bleibt die Sache solange hochaktuell, wie diese Strukturen existieren.

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RE: Steuern und Steuerpolitik

Beitrag von Jupiter »

Oh Entschuldigung: Ich meinte Roland Koch, dem langjährigen Ministerpräsident von Hessen.

Aoife, ich denke, dass er aber eine besonders üble Sorte im Politikbetrieb war. Ich denke nur an die ehrverletzenden Wahlkampfparolen.
Dagegen ist Sarazzin ein Weisenknabe.
Die wichtigsten Punkte bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Roland_Koch

Und heute, erst Bilfinger Berger, dann UBS, ich denke das sagt alles.

Gruß Jupiter
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Re: RE: Steuern und Steuerpolitik

Beitrag von Aoife »

          Bild
Jupiter hat geschrieben:Oh Entschuldigung: Ich meinte Roland Koch, dem langjährigen Ministerpräsident von Hessen.
Hab's auch nicht gemerkt, wie du an meiner Antwort sehen kannst :002

Mit der "besonders üblen Sorte" hast du sicherlich Recht, Jupiter. Jedoch denke ich, dass er deshalb ausgemustert wurde, nicht wgen den Inhalten seiner Politik, sondern weil gewünscht wird, dass genau diese Politik auf verbindlichere Weise dem Volk als "Sachzwänge" verkauft werden soll. Daher denke ich, dass Roland Koch zwar altbekannt ist, er sich als "Unfall" aber nach wie vor dafür eignet aufzuzeigen, was üblicherweise unauffälliger abläuft.

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