Im distanzierten Gaffermodus
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- Admina
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Im distanzierten Gaffermodus
SEXARBEIT
Im distanzierten Gaffermodus
Fotos aus voyeuristischer Perspektive, Tabuisierung der Freiergewalt, Reduzierung der Sexarbeit auf den Strassenstrich: Wie die Medien nicht nur von den wahren Problemen am Zürcher Sihlquai ablenken, sondern auch neue kreieren.
«Wenn die Medien von einer Vergewaltigung am Zürcher Strassenstrich berichten, beobachten wir oft, dass es am folgenden Wochenende zu Nachahmungstaten am Sihlquai kommt», sagt Michael Herzig, Bereichsleiter Sucht und Drogen der Stadt Zürich und damit auch für die Betreuung der Sexarbeiterinnen am Sihlquai zuständig. «Natürlich sind die Medien für die Gewalt nicht direkt verantwortlich», hält Herzig fest, «aber sie sind sich viel zu wenig bewusst, was sie mit ihrer Berichterstattung auslösen können und wie wichtig es ist, differenziert über das Thema ‹Strassenstrich› zu schreiben». So sei es beispielsweise fatal, wenn in Berichten konkrete Preise genannt werden, weil die Freier dann auf diesem Preis beharren oder ihn unterbieten wollen, dabei sei es die Sexarbeiterin, die den Preis festlegen müsse. Eine ähnlich fatale Wirkung haben Sätze wie «Sex ohne Gummi ist an der Tagesordnung», der vor zwei Jahren im «Blick» zu lesen war.
Fassbare Freiergewalt
Michael Herzig kritisiert die Medienberichterstattung auch in anderer Hinsicht: «Gerade das Thema ‹Gewalt› wird sehr einseitig unter dem Aspekt des Frauenhandels aufgegriffen», sagt er. «Die Gewalt geht in diesen Fällen von ausländischen Frauenhändlern oder Zuhältern aus, von Fremden.» Die Freiergewalt hingegen werde kaum thematisiert, denn diese Gewalt komme mitten aus unserer Gesellschaft, was offenbar viele nicht wahrhaben wollen. «Tatsache ist: Die Freier am Sihlquai bilden einen repräsentativen Querschnitt der männlichen Bevölkerung dieses Landes ab», sagt Herzig.
Im Oktober hat die Stadt Zürich unter Federführung der Frauenberatung Flora Dora gemeinsam mit ungarischen Partnerorganisationen einen Bericht publiziert, der die Freiergewalt am Sihlquai fassbar macht. Momentan könnten sich die Freier «fast alles erlauben», denn das Angebot auf dem Strassenstrich sei höher als die Nachfrage. Das setzt die Prostituierten, die nahezu ausschliesslich aus Ungarn stammen und mehrheitlich Roma sind, unter Druck. Wie die Sexarbeiterinnen aussagen, sind sie wöchentlich demütigenden und gewalttätigen Handlungen von Freiern oder auch Passanten ausgesetzt: Sie werden am Strassenrand beschimpft, begrapscht, belästigt und mit Gegenständen beworfen, etwa mit brennenden Zigaretten. Sie berichten von Freiern, die sie ausrauben würden oder sich weigerten, für den Service zu zahlen, von Freiern, die während des Verkehrs ihr Kondom abstreifen, die sich nicht an die vereinbarten Sexpraktiken halten, die Gewalt anwenden und vergewaltigen.
«Den gewalttätigen Freiern geht es auf dem Strassenstrich nicht um das Ausleben ihrer Sexualität», sagt Michael Herzig. «Es geht um Macht und Dominanz.» Die Motive der Freier seien eine fatale Mischung aus Sexismus und Rassismus. Die Sexarbeiterinnen seien Frauen, Ausländerinnen und Roma, und es sei kein Zufall, dass sich die Täter diese Opfer suchen. «Leider ist die öffentliche Wahrnehmung eine andere: Die Probleme kommen von aussen, und Fremde sind dafür verantwortlich. Diese Wahrnehmung ist falsch und blendet aus, dass die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen hausgemacht ist und die Gewalttäter unter uns leben. Fatalerweise wird diese selektive Wahrnehmung von vielen Medien übernommen», sagt Herzig.
Entweder Opfer oder Bestien
Eine «Einseitigkeit der Berichterstattung» kritisiert auch Doro Winkler von der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ). Der Zürcher Sihlquai stehe seit Monaten im Zentrum der Berichterstattung über das Thema «Prostitution». «Dabei finden rund achtzig Prozent der Sexarbeit weitgehend unbemerkt in Bordellen, Kontaktbars, privaten Wohnzimmern oder Hotels statt», sagt Winkler. Als sichtbarster Teil des Sexgewerbes werde der Strassenstrich aber viel stärker wahrgenommen. Viele LeserInnen würden die Prostitution mit der Situation am Sihlquai gleichsetzen, was eine verzerrte Wahrnehmung sei.
Was Winkler an der Berichterstattung besonders stört, ist die Bildebene, weil dort die Perspektive der Freier dominiere: «Ganz egal, ob es um einen Prozess wegen Menschenhandels oder um den neuen Zürcher Strichplatz in Altstetten geht, die Medien zeigen stets Bilder, auf denen High Heels, lange Beine und ein spärlich bekleideter Schambereich zu sehen sind.» Winkler nennt diesen Blick die «distanzierte Gafferposition». «Über die Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse der Sexarbeiterinnen erhalte ich so als Leserin keine Informationen. Ich erfahre nichts über das Warten auf die Kunden bei jeder Witterung und die Kälte oder Langeweile dabei. Was es heisst, die ganze Nacht in High Heels zu stehen, und wie erlösend es ist, sie am Morgen auszuziehen.» Die Sexarbeiterinnen kommen in der Berichterstattung entweder als Opfer oder als sexhungrige Bestien vor. «Sie bleiben Objekte ohne Geschichte und Hintergründe», sagt Winkler.
«Die Wirkung der Medienberichterstattung auf die Situation am Sihlquai lässt sich nicht messen», sagt die Medienwissenschaftlerin Martina Leonarz. Aber auch sie hält fest, dass die Prostituierten weitgehend Objekte bleiben – biografie- und identitätslos. «Sie bleiben uns fremd, wodurch es schwierig wird, Empathie zu empfinden.» Insbesondere Pendlerzeitungen wie «20 minuten» oder «Blick am Abend» und deren Onlineplattformen hätten einen Hang zur Boulevardisierung und Skandalisierung, denen eine differenzierte Berichterstattung zum Opfer falle. «Diese Ausprägung betrifft übrigens nicht nur das Thema ‹Sexarbeit›. Ich stelle generell fest, dass das Frauenbild gerade in diesen Medien rückschrittlich ist.»
Armut, die die Schweiz nicht kennt
Die sozialen und ökonomischen Hintergründe der Frauen am Sihlquai werden medial kaum beleuchtet. Im Gegensatz dazu fasst der erwähnte Bericht diese Hintergründe detailliert zusammen: Die meisten dieser Frauen stammen aus dem Nordosten Ungarns, rund um die beiden Städte Nyiregyhaza und Miskolc, oder aus dem Südosten. Es sind strukturschwache Regionen, in denen die Armut sehr ausgeprägt ist. Die Romabevölkerung ist davon in besonderem Masse betroffen: Aktuell beträgt die Arbeitslosigkeit innerhalb der Romagemeinschaft über achtzig Prozent, rund siebzig Prozent leben in Armut.
«Diese Armut ist mit jener in Westeuropa nicht vergleichbar», sagt Katalin Szoboszlai. Die Sozialarbeiterin leitet in Nyiregyhaza den Verein Periferia, der sich um Obdachlose und Arme kümmert. «Die Mehrheit der Roma lebt in Ghettos, in denen es kein fliessendes Wasser und keine Kanalisation gibt.» In ihren Häusern oder Plattenbauwohnungen seien teilweise keine Heizungen vorhanden, auch Medikamente fehlten. «Es ist ein Leben, in dem die eigene Existenz permanent gefährdet ist, das von Hunger und Kälte geprägt wird. Ein Leben ohne Perspektiven. In Ungarn existiert dafür der Begriff ‹nyomor›», sagt Szoboszlai. Er lässt sich am ehesten mit «Tiefenarmut» übersetzen. «Die Situation auf dem Zürcher Strassenstrich ist auf diese Tiefenarmut zurückzuführen. Es handelt sich nicht um ein Romaproblem», sagt Szoboszlai.
Noch vor zehn Jahren gab es am Sihlquai keine ungarischen Prostituierten. Das hat sich seit dem EU-Beitritt Ungarns 2004 massiv geändert. Ein Abkommen mit der EU erlaubt es volljährigen Ungarinnen, für maximal drei Monate als selbstständige Dienstleistungserbringerinnen in der Schweiz zu arbeiten. Die meisten Frauen halten sich folglich immer nur wenige Wochen in Zürich auf. Danach kehren sie entweder zurück oder ziehen für weitere drei Monate in ein anderes EU-Land weiter, um dort auf dem Strassenstrich zu arbeiten. Die kurzen Aufenthalte haben für die Frauen zur Folge, dass eine nachhaltige sozialmedizinische Betreuung kaum möglich ist. Und weil die ungarischen Frauen «die hiesigen Rahmenbedingungen wie auch die Sprache kaum kennen, sind sie besonders hohen Risiken ausgesetzt, insbesondere hinsichtlich Ausbeutung, Zwang und Gewalt», heisst es im Freiergewaltbericht.
Angesichts dieser sozialen, ökonomischen und rechtlichen Hintergründe bezeichnet Michael Herzig den Zürcher Strassenstrich als System der Ausbeutung – auch ohne den zusätzlich ausbeuterischen Aspekt des Frauenhandels. «Der Freier profitiert von einem massiven Wohlstandsunterschied.»
Freier haben eine Verantwortung
Die mediale Fokussierung auf den Strassenstrich ist aus einem weiteren Grund problematisch: «Inhaltlich wird oft nicht unterschieden zwischen Frauenhandel und selbstbestimmter Sexarbeit», sagt Doro Winkler vom FIZ. In der öffentlichen Wahrnehmung fehle dadurch oft das Bewusstsein, dass längst nicht alle Sexarbeiterinnen Opfer von Frauenhandel seien. «Für die Bekämpfung von Frauenhandel wie auch für die Unterstützung der selbstständigen Sexarbeiterinnen ist dieser Unterschied aber wichtig, denn es braucht ganz unterschiedliche Massnahmen zur Stärkung der Frauen in den verschiedenen Situationen.» Die Zusammenarbeit unter Fachleuten hingegen sei in den letzten zehn Jahren im Bereich des Frauenhandels und der Freiergewalt besser geworden, sagt Winkler.
Eine schwierige Rolle hat dabei die Polizei – sie muss gleichzeitig strafen und schützen: «Einerseits hat die Polizei sicherheitspolizeiliche Aufgaben, die repressiv sind, andererseits kriminalpolizeiliche Aufgaben, die unter anderem darin bestehen, die Sexarbeiterinnen vor Frauenhandel und Freiergewalt zu schützen», sagt Michael Herzig, Bereichsleiter Sucht und Drogen der Stadt Zürich. «Dieser strukturell angelegte Zielkonflikt untergräbt das Vertrauen der Sexarbeiterinnen in die Polizei. Darum legen wir grossen Wert auf die Unterstützung der Frauen bei Anzeigen und Aussagen gegen Gewalttäter. Tatsächlich kam es in letzter Zeit zu einigen Verurteilungen.»
Doro Winkler vom FIZ wünscht sich mehr Verantwortungsbewusstsein und Unterstützung vonseiten der Freier – ohne diese zu kriminalisieren. Die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration hat dafür eigens die Website Verantwortlicherfreier.ch eingerichtet. Diese informiert darüber, woran Frauenhandel zu erkennen ist, wie den Frauen geholfen werden kann und was auf gar keinen Fall getan werden sollte. Fortschritte erhofft sich Winkler auch im Bereich des Opferschutzes, der noch immer unzureichend ist. «Nur für aussagebereite Opfer besteht ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht. Wer nicht aussagt, hat nur minimalen Zugang zu den Unterstützungsleistungen, die ihnen das Opferhilfegesetz zuerkennen würde. Wir fordern Schutz und Sicherheit für alle Opfer, unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft und ihrem Aufenthaltsstatus», sagt Winkler.
In einem Jahr wird der Strassenstrich am Sihlquai nicht mehr existieren. Der neue Zürcher Strichplatz verlagert sich in ein Industriequartier in Altstetten. In Bezug auf die Freiergewalt sei das ein Schritt in die richtige Richtung, finden Herzig und Winkler gleichermassen. Für eine wirkliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Lebensumstände der Frauen reiche das aber noch nicht.
Link zum Bericht: www.tinyurl.com/dorabericht
Gegen Gewalt an Frauen
Wenn in der Zeitung ExpertInnen befragt werden – warum sind es fast immer Männer? Warum zeigt das Fernsehen den Strassenstrich aus der Perspektive der Freier? Warum wird über Kleider und Frisuren von Politikerinnen oft mehr berichtet als über ihre Politik? «Medienmacht Frauenbild» ist das Thema der diesjährigen Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen», die am 25. November beginnt.
Auf einem Podium in Bern diskutieren Medienfrauen über Frauenbilder; weitere Veranstaltungen drehen sich um Geschlechterbilder im Film, die Darstellung der Sexarbeit und rechtliche Fragen zu Schönheitsoperationen. Abendspaziergänge mit Wen-Do-Selbstverteidigungstrainerinnen zeigen Frauen, wie sie selbstbewusst und sicher unterwegs sein können. Zu den rund vierzig Veranstaltungen kommen Ausstellungen und eine Frauenfilmreihe in der Berner Reitschule.
Detailliertes Programm: www.16tage.ch.
http://www.woz.ch/-3411
Im distanzierten Gaffermodus
Fotos aus voyeuristischer Perspektive, Tabuisierung der Freiergewalt, Reduzierung der Sexarbeit auf den Strassenstrich: Wie die Medien nicht nur von den wahren Problemen am Zürcher Sihlquai ablenken, sondern auch neue kreieren.
«Wenn die Medien von einer Vergewaltigung am Zürcher Strassenstrich berichten, beobachten wir oft, dass es am folgenden Wochenende zu Nachahmungstaten am Sihlquai kommt», sagt Michael Herzig, Bereichsleiter Sucht und Drogen der Stadt Zürich und damit auch für die Betreuung der Sexarbeiterinnen am Sihlquai zuständig. «Natürlich sind die Medien für die Gewalt nicht direkt verantwortlich», hält Herzig fest, «aber sie sind sich viel zu wenig bewusst, was sie mit ihrer Berichterstattung auslösen können und wie wichtig es ist, differenziert über das Thema ‹Strassenstrich› zu schreiben». So sei es beispielsweise fatal, wenn in Berichten konkrete Preise genannt werden, weil die Freier dann auf diesem Preis beharren oder ihn unterbieten wollen, dabei sei es die Sexarbeiterin, die den Preis festlegen müsse. Eine ähnlich fatale Wirkung haben Sätze wie «Sex ohne Gummi ist an der Tagesordnung», der vor zwei Jahren im «Blick» zu lesen war.
Fassbare Freiergewalt
Michael Herzig kritisiert die Medienberichterstattung auch in anderer Hinsicht: «Gerade das Thema ‹Gewalt› wird sehr einseitig unter dem Aspekt des Frauenhandels aufgegriffen», sagt er. «Die Gewalt geht in diesen Fällen von ausländischen Frauenhändlern oder Zuhältern aus, von Fremden.» Die Freiergewalt hingegen werde kaum thematisiert, denn diese Gewalt komme mitten aus unserer Gesellschaft, was offenbar viele nicht wahrhaben wollen. «Tatsache ist: Die Freier am Sihlquai bilden einen repräsentativen Querschnitt der männlichen Bevölkerung dieses Landes ab», sagt Herzig.
Im Oktober hat die Stadt Zürich unter Federführung der Frauenberatung Flora Dora gemeinsam mit ungarischen Partnerorganisationen einen Bericht publiziert, der die Freiergewalt am Sihlquai fassbar macht. Momentan könnten sich die Freier «fast alles erlauben», denn das Angebot auf dem Strassenstrich sei höher als die Nachfrage. Das setzt die Prostituierten, die nahezu ausschliesslich aus Ungarn stammen und mehrheitlich Roma sind, unter Druck. Wie die Sexarbeiterinnen aussagen, sind sie wöchentlich demütigenden und gewalttätigen Handlungen von Freiern oder auch Passanten ausgesetzt: Sie werden am Strassenrand beschimpft, begrapscht, belästigt und mit Gegenständen beworfen, etwa mit brennenden Zigaretten. Sie berichten von Freiern, die sie ausrauben würden oder sich weigerten, für den Service zu zahlen, von Freiern, die während des Verkehrs ihr Kondom abstreifen, die sich nicht an die vereinbarten Sexpraktiken halten, die Gewalt anwenden und vergewaltigen.
«Den gewalttätigen Freiern geht es auf dem Strassenstrich nicht um das Ausleben ihrer Sexualität», sagt Michael Herzig. «Es geht um Macht und Dominanz.» Die Motive der Freier seien eine fatale Mischung aus Sexismus und Rassismus. Die Sexarbeiterinnen seien Frauen, Ausländerinnen und Roma, und es sei kein Zufall, dass sich die Täter diese Opfer suchen. «Leider ist die öffentliche Wahrnehmung eine andere: Die Probleme kommen von aussen, und Fremde sind dafür verantwortlich. Diese Wahrnehmung ist falsch und blendet aus, dass die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen hausgemacht ist und die Gewalttäter unter uns leben. Fatalerweise wird diese selektive Wahrnehmung von vielen Medien übernommen», sagt Herzig.
Entweder Opfer oder Bestien
Eine «Einseitigkeit der Berichterstattung» kritisiert auch Doro Winkler von der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ). Der Zürcher Sihlquai stehe seit Monaten im Zentrum der Berichterstattung über das Thema «Prostitution». «Dabei finden rund achtzig Prozent der Sexarbeit weitgehend unbemerkt in Bordellen, Kontaktbars, privaten Wohnzimmern oder Hotels statt», sagt Winkler. Als sichtbarster Teil des Sexgewerbes werde der Strassenstrich aber viel stärker wahrgenommen. Viele LeserInnen würden die Prostitution mit der Situation am Sihlquai gleichsetzen, was eine verzerrte Wahrnehmung sei.
Was Winkler an der Berichterstattung besonders stört, ist die Bildebene, weil dort die Perspektive der Freier dominiere: «Ganz egal, ob es um einen Prozess wegen Menschenhandels oder um den neuen Zürcher Strichplatz in Altstetten geht, die Medien zeigen stets Bilder, auf denen High Heels, lange Beine und ein spärlich bekleideter Schambereich zu sehen sind.» Winkler nennt diesen Blick die «distanzierte Gafferposition». «Über die Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse der Sexarbeiterinnen erhalte ich so als Leserin keine Informationen. Ich erfahre nichts über das Warten auf die Kunden bei jeder Witterung und die Kälte oder Langeweile dabei. Was es heisst, die ganze Nacht in High Heels zu stehen, und wie erlösend es ist, sie am Morgen auszuziehen.» Die Sexarbeiterinnen kommen in der Berichterstattung entweder als Opfer oder als sexhungrige Bestien vor. «Sie bleiben Objekte ohne Geschichte und Hintergründe», sagt Winkler.
«Die Wirkung der Medienberichterstattung auf die Situation am Sihlquai lässt sich nicht messen», sagt die Medienwissenschaftlerin Martina Leonarz. Aber auch sie hält fest, dass die Prostituierten weitgehend Objekte bleiben – biografie- und identitätslos. «Sie bleiben uns fremd, wodurch es schwierig wird, Empathie zu empfinden.» Insbesondere Pendlerzeitungen wie «20 minuten» oder «Blick am Abend» und deren Onlineplattformen hätten einen Hang zur Boulevardisierung und Skandalisierung, denen eine differenzierte Berichterstattung zum Opfer falle. «Diese Ausprägung betrifft übrigens nicht nur das Thema ‹Sexarbeit›. Ich stelle generell fest, dass das Frauenbild gerade in diesen Medien rückschrittlich ist.»
Armut, die die Schweiz nicht kennt
Die sozialen und ökonomischen Hintergründe der Frauen am Sihlquai werden medial kaum beleuchtet. Im Gegensatz dazu fasst der erwähnte Bericht diese Hintergründe detailliert zusammen: Die meisten dieser Frauen stammen aus dem Nordosten Ungarns, rund um die beiden Städte Nyiregyhaza und Miskolc, oder aus dem Südosten. Es sind strukturschwache Regionen, in denen die Armut sehr ausgeprägt ist. Die Romabevölkerung ist davon in besonderem Masse betroffen: Aktuell beträgt die Arbeitslosigkeit innerhalb der Romagemeinschaft über achtzig Prozent, rund siebzig Prozent leben in Armut.
«Diese Armut ist mit jener in Westeuropa nicht vergleichbar», sagt Katalin Szoboszlai. Die Sozialarbeiterin leitet in Nyiregyhaza den Verein Periferia, der sich um Obdachlose und Arme kümmert. «Die Mehrheit der Roma lebt in Ghettos, in denen es kein fliessendes Wasser und keine Kanalisation gibt.» In ihren Häusern oder Plattenbauwohnungen seien teilweise keine Heizungen vorhanden, auch Medikamente fehlten. «Es ist ein Leben, in dem die eigene Existenz permanent gefährdet ist, das von Hunger und Kälte geprägt wird. Ein Leben ohne Perspektiven. In Ungarn existiert dafür der Begriff ‹nyomor›», sagt Szoboszlai. Er lässt sich am ehesten mit «Tiefenarmut» übersetzen. «Die Situation auf dem Zürcher Strassenstrich ist auf diese Tiefenarmut zurückzuführen. Es handelt sich nicht um ein Romaproblem», sagt Szoboszlai.
Noch vor zehn Jahren gab es am Sihlquai keine ungarischen Prostituierten. Das hat sich seit dem EU-Beitritt Ungarns 2004 massiv geändert. Ein Abkommen mit der EU erlaubt es volljährigen Ungarinnen, für maximal drei Monate als selbstständige Dienstleistungserbringerinnen in der Schweiz zu arbeiten. Die meisten Frauen halten sich folglich immer nur wenige Wochen in Zürich auf. Danach kehren sie entweder zurück oder ziehen für weitere drei Monate in ein anderes EU-Land weiter, um dort auf dem Strassenstrich zu arbeiten. Die kurzen Aufenthalte haben für die Frauen zur Folge, dass eine nachhaltige sozialmedizinische Betreuung kaum möglich ist. Und weil die ungarischen Frauen «die hiesigen Rahmenbedingungen wie auch die Sprache kaum kennen, sind sie besonders hohen Risiken ausgesetzt, insbesondere hinsichtlich Ausbeutung, Zwang und Gewalt», heisst es im Freiergewaltbericht.
Angesichts dieser sozialen, ökonomischen und rechtlichen Hintergründe bezeichnet Michael Herzig den Zürcher Strassenstrich als System der Ausbeutung – auch ohne den zusätzlich ausbeuterischen Aspekt des Frauenhandels. «Der Freier profitiert von einem massiven Wohlstandsunterschied.»
Freier haben eine Verantwortung
Die mediale Fokussierung auf den Strassenstrich ist aus einem weiteren Grund problematisch: «Inhaltlich wird oft nicht unterschieden zwischen Frauenhandel und selbstbestimmter Sexarbeit», sagt Doro Winkler vom FIZ. In der öffentlichen Wahrnehmung fehle dadurch oft das Bewusstsein, dass längst nicht alle Sexarbeiterinnen Opfer von Frauenhandel seien. «Für die Bekämpfung von Frauenhandel wie auch für die Unterstützung der selbstständigen Sexarbeiterinnen ist dieser Unterschied aber wichtig, denn es braucht ganz unterschiedliche Massnahmen zur Stärkung der Frauen in den verschiedenen Situationen.» Die Zusammenarbeit unter Fachleuten hingegen sei in den letzten zehn Jahren im Bereich des Frauenhandels und der Freiergewalt besser geworden, sagt Winkler.
Eine schwierige Rolle hat dabei die Polizei – sie muss gleichzeitig strafen und schützen: «Einerseits hat die Polizei sicherheitspolizeiliche Aufgaben, die repressiv sind, andererseits kriminalpolizeiliche Aufgaben, die unter anderem darin bestehen, die Sexarbeiterinnen vor Frauenhandel und Freiergewalt zu schützen», sagt Michael Herzig, Bereichsleiter Sucht und Drogen der Stadt Zürich. «Dieser strukturell angelegte Zielkonflikt untergräbt das Vertrauen der Sexarbeiterinnen in die Polizei. Darum legen wir grossen Wert auf die Unterstützung der Frauen bei Anzeigen und Aussagen gegen Gewalttäter. Tatsächlich kam es in letzter Zeit zu einigen Verurteilungen.»
Doro Winkler vom FIZ wünscht sich mehr Verantwortungsbewusstsein und Unterstützung vonseiten der Freier – ohne diese zu kriminalisieren. Die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration hat dafür eigens die Website Verantwortlicherfreier.ch eingerichtet. Diese informiert darüber, woran Frauenhandel zu erkennen ist, wie den Frauen geholfen werden kann und was auf gar keinen Fall getan werden sollte. Fortschritte erhofft sich Winkler auch im Bereich des Opferschutzes, der noch immer unzureichend ist. «Nur für aussagebereite Opfer besteht ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht. Wer nicht aussagt, hat nur minimalen Zugang zu den Unterstützungsleistungen, die ihnen das Opferhilfegesetz zuerkennen würde. Wir fordern Schutz und Sicherheit für alle Opfer, unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft und ihrem Aufenthaltsstatus», sagt Winkler.
In einem Jahr wird der Strassenstrich am Sihlquai nicht mehr existieren. Der neue Zürcher Strichplatz verlagert sich in ein Industriequartier in Altstetten. In Bezug auf die Freiergewalt sei das ein Schritt in die richtige Richtung, finden Herzig und Winkler gleichermassen. Für eine wirkliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Lebensumstände der Frauen reiche das aber noch nicht.
Link zum Bericht: www.tinyurl.com/dorabericht
Gegen Gewalt an Frauen
Wenn in der Zeitung ExpertInnen befragt werden – warum sind es fast immer Männer? Warum zeigt das Fernsehen den Strassenstrich aus der Perspektive der Freier? Warum wird über Kleider und Frisuren von Politikerinnen oft mehr berichtet als über ihre Politik? «Medienmacht Frauenbild» ist das Thema der diesjährigen Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen», die am 25. November beginnt.
Auf einem Podium in Bern diskutieren Medienfrauen über Frauenbilder; weitere Veranstaltungen drehen sich um Geschlechterbilder im Film, die Darstellung der Sexarbeit und rechtliche Fragen zu Schönheitsoperationen. Abendspaziergänge mit Wen-Do-Selbstverteidigungstrainerinnen zeigen Frauen, wie sie selbstbewusst und sicher unterwegs sein können. Zu den rund vierzig Veranstaltungen kommen Ausstellungen und eine Frauenfilmreihe in der Berner Reitschule.
Detailliertes Programm: www.16tage.ch.
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Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Ähem
weil Männer als Experten meist seriöser wirken? (zumindest immer noch so wahrgenommen werden; leider)
Deren Aussage hat da eh kaum relevanz. Die müssen komplexe Zusammenhänge die sie seit Jahren untersuchen in zwei schön prägnanten Sätzen zusammenfassen.
@nicole6
Naja, gerade Strukturelle Gewalt wird nicht nur von Männern ausgeübt. Tatsächlich steigt mit der Emanzipation auch der Anteil von Frauen die Gewalttaten (auch gegen Männer) verüben. EIn beispiel wäre für mich die Betreiberin der Escortagentur die ihre Mitarbeiterinnen erpresst. Auch dass ist Gewalt.
Mich störts noch mehr, dass hier immer die Mann/Frau Trennung vorgenommen wird.
Ja, bei uns werden ca. 80% der Gewalttaten von Männern verübt, aber zu etwa 70% treffen sie Männer. Und zwar welche die nie Täter waren.
Und glaub mir, es ist als Mann nochmal schwerer Unterstützung zu finden. Der Mann als Opfer ist etwas das in der Patriachalen Wahrnehmung, die leider noch immer vorherrscht, einfach nicht existiert, bzw. als schwach abgetan und ignoriert wird.
Ich wär generell für Aktionen gegen Gewalt. Egal von wem und gegen wen. Leider werden solche Kampangnen einfach zu wenig beachtet, sonst könnte man in deren Rahmen noch mal genauer auf einzelne Dinge (also speziell SWs, Speziell Häusliche Gewalt, speziell Gewalt im Krieg, etc) eingehen.
Und es ist immer leichter die Opfer zu bemitleiden, als sich die Strukturen anzusehen die Täter hervorbringen, oder indirekt unterstützen.
weil Männer als Experten meist seriöser wirken? (zumindest immer noch so wahrgenommen werden; leider)
Deren Aussage hat da eh kaum relevanz. Die müssen komplexe Zusammenhänge die sie seit Jahren untersuchen in zwei schön prägnanten Sätzen zusammenfassen.
@nicole6
Naja, gerade Strukturelle Gewalt wird nicht nur von Männern ausgeübt. Tatsächlich steigt mit der Emanzipation auch der Anteil von Frauen die Gewalttaten (auch gegen Männer) verüben. EIn beispiel wäre für mich die Betreiberin der Escortagentur die ihre Mitarbeiterinnen erpresst. Auch dass ist Gewalt.
Mich störts noch mehr, dass hier immer die Mann/Frau Trennung vorgenommen wird.
Ja, bei uns werden ca. 80% der Gewalttaten von Männern verübt, aber zu etwa 70% treffen sie Männer. Und zwar welche die nie Täter waren.
Und glaub mir, es ist als Mann nochmal schwerer Unterstützung zu finden. Der Mann als Opfer ist etwas das in der Patriachalen Wahrnehmung, die leider noch immer vorherrscht, einfach nicht existiert, bzw. als schwach abgetan und ignoriert wird.
Ich wär generell für Aktionen gegen Gewalt. Egal von wem und gegen wen. Leider werden solche Kampangnen einfach zu wenig beachtet, sonst könnte man in deren Rahmen noch mal genauer auf einzelne Dinge (also speziell SWs, Speziell Häusliche Gewalt, speziell Gewalt im Krieg, etc) eingehen.
Und es ist immer leichter die Opfer zu bemitleiden, als sich die Strukturen anzusehen die Täter hervorbringen, oder indirekt unterstützen.
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Secutor:
"...Naja, gerade Strukturelle Gewalt wird nicht nur von Männern ausgeübt...."
nicht immer, aber fast immer!
Und die Besitzer der Positionen dieser strukturellen Gewalt
sind Männer.
Innerhalb des Patriarchats sind Männer auch Opfer IHRER
EIGNEN STRUKTUR ! Das ist nicht neu!
"...Tatsächlich steigt mit der Emanzipation auch der Anteil von Frauen die Gewalttaten (auch gegen Männer) verüben..."
Das stimmt. Nur die Motive sind sehr verschieden!
Männer üben Gewalt gegen Frauen aus aus reinem Machtwahn.
Durch Emanzipation wagen nun ab und zu Frauen sich
dagegen zu wehren!
Das ist wie bei der Mafia. Die mordet auch nicht, wenn ihre
Machtstellung nicht gefährdet ist!
Und wie bei der Mafia, die Schutzgelder erpresst, so ist das
Patriarchat. Männer bieten sich an, Frauen zu schützen,
vor dem Männersystem, bei dem sie selbst Vertreter sind!
Perverser geht das nicht!
Wenn ich Schutz vor Gewalt suche, dann sicher nicht bei irgend einem Mann!
(ich bin ja nicht blöd, um einen bekannten Werbespruch zu zitieren!)
Erst vor kurzem (ich berichtete im Italien-Teil davon) wurde
eine Frau freigesprochen, die ihren Mann tötete.
Der Richter wertete auf Notwehr. Der Mann hatte seine Frau
jahrelang gequält und terrorisiert.
Der Begriff "Gewalt im Krieg" ist ein Hendiayoin!
Das ist wie "ein schwarzer Rappe" , "nasses Wasser".
"...Und es ist immer leichter die Opfer zu bemitleiden,
als sich die Strukturen anzusehen die Täter hervorbringen,
oder indirekt unterstützen...."
anscheinend ist dies der Presse und den Medien noch nicht bekannt!
Genau das umgekehrte ist nämlich der Fall!
Bei Gewalttaten werden den Verbrechern wesentlich mehr
Energien gewidmet, als den Betroffenen!
Die Ausnahme ist nur, wenn die verbrecherischen Aktionen
von Personen an Machtpositionen ausgeführt werden.
Dann verschwinden die Täter!
Nicole
"...Naja, gerade Strukturelle Gewalt wird nicht nur von Männern ausgeübt...."
nicht immer, aber fast immer!
Und die Besitzer der Positionen dieser strukturellen Gewalt
sind Männer.
Innerhalb des Patriarchats sind Männer auch Opfer IHRER
EIGNEN STRUKTUR ! Das ist nicht neu!
"...Tatsächlich steigt mit der Emanzipation auch der Anteil von Frauen die Gewalttaten (auch gegen Männer) verüben..."
Das stimmt. Nur die Motive sind sehr verschieden!
Männer üben Gewalt gegen Frauen aus aus reinem Machtwahn.
Durch Emanzipation wagen nun ab und zu Frauen sich
dagegen zu wehren!
Das ist wie bei der Mafia. Die mordet auch nicht, wenn ihre
Machtstellung nicht gefährdet ist!
Und wie bei der Mafia, die Schutzgelder erpresst, so ist das
Patriarchat. Männer bieten sich an, Frauen zu schützen,
vor dem Männersystem, bei dem sie selbst Vertreter sind!
Perverser geht das nicht!
Wenn ich Schutz vor Gewalt suche, dann sicher nicht bei irgend einem Mann!
(ich bin ja nicht blöd, um einen bekannten Werbespruch zu zitieren!)
Erst vor kurzem (ich berichtete im Italien-Teil davon) wurde
eine Frau freigesprochen, die ihren Mann tötete.
Der Richter wertete auf Notwehr. Der Mann hatte seine Frau
jahrelang gequält und terrorisiert.
Der Begriff "Gewalt im Krieg" ist ein Hendiayoin!
Das ist wie "ein schwarzer Rappe" , "nasses Wasser".
"...Und es ist immer leichter die Opfer zu bemitleiden,
als sich die Strukturen anzusehen die Täter hervorbringen,
oder indirekt unterstützen...."
anscheinend ist dies der Presse und den Medien noch nicht bekannt!
Genau das umgekehrte ist nämlich der Fall!
Bei Gewalttaten werden den Verbrechern wesentlich mehr
Energien gewidmet, als den Betroffenen!
Die Ausnahme ist nur, wenn die verbrecherischen Aktionen
von Personen an Machtpositionen ausgeführt werden.
Dann verschwinden die Täter!
Nicole
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Ich bin mir jetzt nicht sicher ob für diese DIskussion nicht ein eigener Threat von Vorteil wäre.
Der Meinung, dass Gewalt von Männern nur aus reinem Machtwahn heraus entsteht kann ich mich ebenso wenig anschließen wie der, dass Frauengewalt immer Notwehr ist.
Das ist eine zu einfache, sehr feministisch geprägte Sicht der Dinge. Wir werden aber innerhalb der Gesellschaft nicht nur von Geschlechterrollen, sondern auch von Religion, Hautfarbe, Vermögen (den marxistischen Klassenbegriff will ich hier nicht unbedingt verwenden) und vielen anderen Faktoren beeinflusst.
Was der Konkrete Auslöser für Gewalt war kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Das Patriachat ist aus meiner Sicht eine unzureichende Erklärung für Gewalt Mann->Mann und
Frau->Frau. Nach einer Statistik aus Berlin sind 10-20% der Fälle von Häuslicher Gewalt Frau->Mann, ich denke da nicht dass es da nur um Notwehr ging.
Ein weiteres Beispiel ist das berühmte Video von der bewusstlosen Demonstrantin ("Women in the blue bra") in Kairo, die von Polizisten weiter geschlagen wird. Die Gewalt hing sicher nicht damit zusammen dass sie eine Frau war. Das mehrer Polizisten daneben zu sehen waren wie sie auf ihren Begleiter gesprungen sind, wurde in den Medien nicht einmal erwähnt.
Mit Krieg meine ich gegen Nichtkombatanten. Und da scheint einfach jede Machtstruktur die Ausübung von Gewalt zu erleichtern. Es gibt aus den Gefangenenlagern in Irak und Afganistan genug Berichte (und Beweisfotos) von massiver Sexueller Gewalt die auch von Soldatinen an gefangenen Männern verübt wurde.
Und ja, auch die Täter werden thematisiert, aber auf eine Voyeuristische Art und Weise. Ungefähr so wie in den meisten Slasher-Filmen die Serienmörder thematisiert werden. Mit einer Faszination für "das Böse", aber ohne eine Untersuchung der Gründe für ihre Gewalt und die Strukturen die sie ihnen ermöglichen oder erleichtern.
Gefährlich wird es besonders dann wenn Ideologien ins Spiel kommen. Ein Schönes Beispiel wären da der Fall Türk oder Kachelmann, wo eigentlich jeder Berichterstatter von Anfang an für die eine oder andere Seite war. Und eine Untersuchung, oder die Unschuldsvermutung für unnötig befand, weil von Vornherein die Schuld/Unschuld feststand.
Wieso würdest du dich nicht an einen Mann wenden?
Die meisten Männer die ich kenne sind keine Patriarchen und äußerst hilfsbereit. Davon abgesehen sind auch die meisten Trainer im Bereich der Selbstverteidigung/Deeskalation (zur Zeit noch) Männer.
Nicht das Frauen das nicht genau so gut könnte, allerdings habe ich selbst in den Kampfsportvereinen in denen ich war gemerkt, dass sich viele Frauen immer noch schwer mit der Ausübung (selbst im kontrollierten Rahmen) von Gewalt tun und darum schnell wieder aufhören. Die, die dabei bleiben stehen dann aber den Männern um nichts nach und gewinnen durchaus auch bei Kämpfen und Turnieren.
(Aber Frauen fürn Kampfsport anzuwerben ist zwar meine Lieblingsbeschäftigung, gehört dann aber doch in ein anderes Forum)
Der Meinung, dass Gewalt von Männern nur aus reinem Machtwahn heraus entsteht kann ich mich ebenso wenig anschließen wie der, dass Frauengewalt immer Notwehr ist.
Das ist eine zu einfache, sehr feministisch geprägte Sicht der Dinge. Wir werden aber innerhalb der Gesellschaft nicht nur von Geschlechterrollen, sondern auch von Religion, Hautfarbe, Vermögen (den marxistischen Klassenbegriff will ich hier nicht unbedingt verwenden) und vielen anderen Faktoren beeinflusst.
Was der Konkrete Auslöser für Gewalt war kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Das Patriachat ist aus meiner Sicht eine unzureichende Erklärung für Gewalt Mann->Mann und
Frau->Frau. Nach einer Statistik aus Berlin sind 10-20% der Fälle von Häuslicher Gewalt Frau->Mann, ich denke da nicht dass es da nur um Notwehr ging.
Ein weiteres Beispiel ist das berühmte Video von der bewusstlosen Demonstrantin ("Women in the blue bra") in Kairo, die von Polizisten weiter geschlagen wird. Die Gewalt hing sicher nicht damit zusammen dass sie eine Frau war. Das mehrer Polizisten daneben zu sehen waren wie sie auf ihren Begleiter gesprungen sind, wurde in den Medien nicht einmal erwähnt.
Mit Krieg meine ich gegen Nichtkombatanten. Und da scheint einfach jede Machtstruktur die Ausübung von Gewalt zu erleichtern. Es gibt aus den Gefangenenlagern in Irak und Afganistan genug Berichte (und Beweisfotos) von massiver Sexueller Gewalt die auch von Soldatinen an gefangenen Männern verübt wurde.
Und ja, auch die Täter werden thematisiert, aber auf eine Voyeuristische Art und Weise. Ungefähr so wie in den meisten Slasher-Filmen die Serienmörder thematisiert werden. Mit einer Faszination für "das Böse", aber ohne eine Untersuchung der Gründe für ihre Gewalt und die Strukturen die sie ihnen ermöglichen oder erleichtern.
Gefährlich wird es besonders dann wenn Ideologien ins Spiel kommen. Ein Schönes Beispiel wären da der Fall Türk oder Kachelmann, wo eigentlich jeder Berichterstatter von Anfang an für die eine oder andere Seite war. Und eine Untersuchung, oder die Unschuldsvermutung für unnötig befand, weil von Vornherein die Schuld/Unschuld feststand.
Wieso würdest du dich nicht an einen Mann wenden?
Die meisten Männer die ich kenne sind keine Patriarchen und äußerst hilfsbereit. Davon abgesehen sind auch die meisten Trainer im Bereich der Selbstverteidigung/Deeskalation (zur Zeit noch) Männer.
Nicht das Frauen das nicht genau so gut könnte, allerdings habe ich selbst in den Kampfsportvereinen in denen ich war gemerkt, dass sich viele Frauen immer noch schwer mit der Ausübung (selbst im kontrollierten Rahmen) von Gewalt tun und darum schnell wieder aufhören. Die, die dabei bleiben stehen dann aber den Männern um nichts nach und gewinnen durchaus auch bei Kämpfen und Turnieren.
(Aber Frauen fürn Kampfsport anzuwerben ist zwar meine Lieblingsbeschäftigung, gehört dann aber doch in ein anderes Forum)
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Stimmt zwar beides, hat aber nichts miteinander zu tun.Secutor hat geschrieben:Naja, gerade Strukturelle Gewalt wird nicht nur von Männern ausgeübt. Tatsächlich steigt mit der Emanzipation auch der Anteil von Frauen die Gewalttaten (auch gegen Männer) verüben.
Gerade durch das Einbinden von weniger weiblich agierenden Frauen in das System struktureller Gewalt (Politikerinnen, Staatsanwältinnen, Polizistinnen) schützt sich das Patricharchat vor der Erkenntnis seines eigenen Versagens.
Und geschlechtsbezogene Prozentzahlen von Gewalttätigkeit sind wenig aussagekräftig, weil bereits die Definition von Gewalttätigkeit ein geschlechtliches bias erhält: Typisch männliches coping wird als kriminell, typisch weibliches als psychisch gestört definiert. Und das System, das solch unerträglichen Stress erzeugt, dass diese Copingmechanismen überhaupt auftreten müssen ist fein raus ...
Lassen wir diese moralisch-ideologische Grenzziehung aber einmal beiseite, so zeigt sich, dass nicht zielführendes Verhalten geschlechtsübergreifend gleich ist - und so häufig, dass nicht die Einzelpersonen als seltene Ausnahmen angeschuldigt werden dürfen, sondern das Problem eindeutig in den gesellschaftlichen Strukturen zu sehen ist.
Wie C.G.Jung und R.Laing festgestellt haben: In einer von Grund auf gestörten Gesellschaft können nur gestörte Persönlichkeiten scheinbar "normal funktionieren". "Patriarchat" ist eine der Möglichkeiten diese gestörte Gesellschaftsform zu benennen, "schizoid/schizogen" wäre eine andere Möglichkeit. Wenn wir den Begriff Patriarchat verwenden, so müssen wir uns immer bewußt bleiben, dass das mit einzelnen Männern und Frauen nichts zu tun hat - der Schwarzer'sche Versuch patriarchalische Strukturen beizubehalten und nur innerhalb dieses Rahmens "Männer" durch "Frauen" zu ersetzen zeigt wie dumm das ist.
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
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an Secutor:
"...Wieso würdest du dich nicht an einen Mann wenden?
Die meisten Männer die ich kenne sind keine Patriarchen und äußerst hilfsbereit. ..."
Du bist ja auch keine Frau!
Deswegen bist du "Patriarchenblind" !
Wenn ich durch eine Stadt gehe, und mir kommt ein Gruppe Männer entgegen, dann wechsle ich zur anderen Strassenseite.
Wenn ich auf der anderen Strassenseite ein Gruppe Frauen entgegen kommen sehe, dann wechsele ich ebenfalls zur
anderen Strassenseite, weil ich mich dann sicherer fühle.
schau mal hier auf die neuen Daten der Männergewalt in Italien:
viewtopic.php?p=126792#126792
Als alleinlebende Sexarbeiterin bin ich auf jeden Fall sicherer
als mit einem Mann zusammen!
Nicole
"...Wieso würdest du dich nicht an einen Mann wenden?
Die meisten Männer die ich kenne sind keine Patriarchen und äußerst hilfsbereit. ..."
Du bist ja auch keine Frau!
Deswegen bist du "Patriarchenblind" !
Wenn ich durch eine Stadt gehe, und mir kommt ein Gruppe Männer entgegen, dann wechsle ich zur anderen Strassenseite.
Wenn ich auf der anderen Strassenseite ein Gruppe Frauen entgegen kommen sehe, dann wechsele ich ebenfalls zur
anderen Strassenseite, weil ich mich dann sicherer fühle.
schau mal hier auf die neuen Daten der Männergewalt in Italien:
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Als alleinlebende Sexarbeiterin bin ich auf jeden Fall sicherer
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Nicole
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Nun ich werde regelmäßig von radikal Kommunisitisch-Feministischen Freundinnen auf Misstände aufmerksam gemacht, und geschlagen wenn ich was falsches mache.
Es war nie meine Absicht Gewalt gegen Frauen zu verharmlosen. Ich wollte nur sagen, dass allgemein etwas gegen Gewalt und die Strukturen die sie ermöglichen getan werden sollte.
Ich muss sagen ich verstehe deinen Post nicht wirklich. Du bist Sexarbeiterin, und wenn ich mir deine Beiträge so ansehe außerdem verdammt selbstbewusst. Wenn du Männern unterstellst dass sie Gewaltätig wären, wieso hast d dann diesen Job?
Oder lese ich da jetzt was heraus, was gar nicht drinnsteht?
Wenn jemand den ich kenne von Gewalt betroffen ist dann versuche ich zu helfen, unabhängig vom Geschlecht.
Wenn mir af der Straße eine Gruppe von Männern entgegen kommt, und ihr Verhalten deutet darauf hin, dass sie möglicherweise zu denen gehören die die Fähigkeit Gewalt auszuüben als "männlich" betrachten, dann wechsel ich auch die Straßenseite.
Ich gerate ungern in eine Prügelei.
Es war nie meine Absicht Gewalt gegen Frauen zu verharmlosen. Ich wollte nur sagen, dass allgemein etwas gegen Gewalt und die Strukturen die sie ermöglichen getan werden sollte.
Ich muss sagen ich verstehe deinen Post nicht wirklich. Du bist Sexarbeiterin, und wenn ich mir deine Beiträge so ansehe außerdem verdammt selbstbewusst. Wenn du Männern unterstellst dass sie Gewaltätig wären, wieso hast d dann diesen Job?
Oder lese ich da jetzt was heraus, was gar nicht drinnsteht?
Wenn jemand den ich kenne von Gewalt betroffen ist dann versuche ich zu helfen, unabhängig vom Geschlecht.
Wenn mir af der Straße eine Gruppe von Männern entgegen kommt, und ihr Verhalten deutet darauf hin, dass sie möglicherweise zu denen gehören die die Fähigkeit Gewalt auszuüben als "männlich" betrachten, dann wechsel ich auch die Straßenseite.
Ich gerate ungern in eine Prügelei.
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ciao Secutor,
was ist der Unterschied von "selbstbewusst" und "verdammt selbstbewusst"?
Ich "unterstelle" den Männern nicht, dass sie zur Gewalt gegen
Frauen neigen, es IST so!
Hast du die Notiz nicht gelesen die ich im Link angegeben habe?
Ausserdem reicht dazu ein kurzer Blick in die Geschichte der
vergangenen 3000 Jahre!
Ich verstehe nicht, wieso ich nicht als SW arbeiten sollte?
Bäckerinnen, Masseurinnen, Automechanikerinnen,
Mathematikerinnen, Bäuerinnen usw, haben alle mit Männern
zu tun. Wieso stellst du ihren Beruf nicht in Frage?
Ausserdem lebe ich als allein stehende SW sicherer als in
einer Gemeinschaft oder, noch gefährlicher, in einer Ehe mit einem Mann!
Gegen eine "Ehe" mit einer Frau hätte ich nichts einzuwenden!
Nicole.
was ist der Unterschied von "selbstbewusst" und "verdammt selbstbewusst"?
Ich "unterstelle" den Männern nicht, dass sie zur Gewalt gegen
Frauen neigen, es IST so!
Hast du die Notiz nicht gelesen die ich im Link angegeben habe?
Ausserdem reicht dazu ein kurzer Blick in die Geschichte der
vergangenen 3000 Jahre!
Ich verstehe nicht, wieso ich nicht als SW arbeiten sollte?
Bäckerinnen, Masseurinnen, Automechanikerinnen,
Mathematikerinnen, Bäuerinnen usw, haben alle mit Männern
zu tun. Wieso stellst du ihren Beruf nicht in Frage?
Ausserdem lebe ich als allein stehende SW sicherer als in
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Gegen eine "Ehe" mit einer Frau hätte ich nichts einzuwenden!
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Liebe Nicole,
Du schreibst, dass Männer zur Gewalt gegen Frauen neigen. Diesen Satz möchte ich so nicht stehen lassen. Es gibt sehr wohl Männer, die überhaupt nicht zu Gewalt gegen Lebewesen neigen, Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung komplett ablehnen.
Eine Sozialarbeiterin, die zu einem Treffen alleine erziehender Menschen eingeladen hatte, machte mir klar, ich solle fernbleiben weil Männer grundsätzlich die Rede an sich ziehen und die Frauen dann verstummen lässt. Das hat mir sehr zu denken gegeben - und es trifft absolut zu. Das Thema spielt dabei überhaupt keine Rolle - ob im Beruf oder sonst wo.
Es kann doch aber nur ein Umdenken stattfinden, wenn wir Männer von dieser Problematik erfahren und uns dann selbstkritisch betrachten. Wenn wir uns "bekämpfen" kommen wir keinen Schritt weiter. Wir müssen darum schon bei der Erziehung unserer Kinder die richtigen Weichen stellen! Und sind es oft nicht gerade die Mütter, die kleine Patriarchen heranziehen?
Du schreibst, dass Männer zur Gewalt gegen Frauen neigen. Diesen Satz möchte ich so nicht stehen lassen. Es gibt sehr wohl Männer, die überhaupt nicht zu Gewalt gegen Lebewesen neigen, Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung komplett ablehnen.
Eine Sozialarbeiterin, die zu einem Treffen alleine erziehender Menschen eingeladen hatte, machte mir klar, ich solle fernbleiben weil Männer grundsätzlich die Rede an sich ziehen und die Frauen dann verstummen lässt. Das hat mir sehr zu denken gegeben - und es trifft absolut zu. Das Thema spielt dabei überhaupt keine Rolle - ob im Beruf oder sonst wo.
Es kann doch aber nur ein Umdenken stattfinden, wenn wir Männer von dieser Problematik erfahren und uns dann selbstkritisch betrachten. Wenn wir uns "bekämpfen" kommen wir keinen Schritt weiter. Wir müssen darum schon bei der Erziehung unserer Kinder die richtigen Weichen stellen! Und sind es oft nicht gerade die Mütter, die kleine Patriarchen heranziehen?
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@ehemaliger_Userehemaliger_User hat geschrieben:
Eine Sozialarbeiterin, die zu einem Treffen alleine erziehender Menschen eingeladen hatte, machte mir klar, ich solle fernbleiben weil Männer grundsätzlich die Rede an sich ziehen und die Frauen dann verstummen lässt. Das hat mir sehr zu denken gegeben - und es trifft absolut zu. Das Thema spielt dabei überhaupt keine Rolle - ob im Beruf oder sonst wo.
Das finde ich aber als eine erschreckende Erfahrung für ein Mann. Ich persönlich hasse pauschale Ausgrenzungen.
Sicherlich muss man differenzieren, wenn es einen Raum gibt, wo überwiegend Frauen dran teilnehmen, die Gewalt durch Männer erfahren haben, das sie einen geschützten Raum haben. Aber da wo es um allgemeinen Diskussionen geht, finde ich es schlicht weg übertrieben. Ich denke nicht, das es zur Förderung des Selbstbewusstsein von Frauen geht, sie abzugrenzen vor Männer. Eher das Gegegenteil : Nämlich die Erfahrung zu machen, das nicht alle Männer gewaltätig sind. Und Mundtod hat mich persönlich noch nie ein Mann bekommen:)
Liebe Grüße, Fraences
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Wenn man Aussagen im Sozialbereich macht, dann sind diese
Aussagen IMMER statistisch zu sehen!
Das heisst aber nicht, dass keine Allgemeinaussagen möglich sind!
Im Gegenteil, Allgemeinaussagen sind einfacher zu treffen,
als die Aussage über eine genau bestimmte Person!
Ich kann hier nur noch einmal auf die neueste Statistik der
Regierung Italiens verweisen, die ich im Italienkapitel übersetzte.
Wenn pro Jahr etwa die Hälfte der Frauen eines Landes von
Männern zumindest einmal belästigt werden, in vielen Fällen
bedroht, psychisch niedergemacht, geschlagen, geprügelt,
vergewaltigt, und alle 2 Tage ermordet werden, dann erlaube ich mir
die Allgemeinaussage, das "Männer" als Kategorie gewalttätig sind.
Und dann ist es sinnlos, dass dann jemand kommt und sagt,
dass "nicht alle" so sind!
Das habe auch auch nicht geschrieben, und das sagt auch die
Statistik nicht!
Die Statistik sagt ja gerade, dass es noch Ausnahmen gibt!
Noch!
Weil die Statistik auch sagt, dass die Männergewalt zunimmt.
Das ist wie bei der Mafia.
Die hält auch ruhig, solange ihre Machtposition ungefährdet ist!
Schon die Aussage, dass "nicht alle" Männer so sind, sollte
eben die "nicht alle Männer" beschämen!
Ich habe diese Statistik ja nicht erfunden, ich habe sie nur
übersetzt und hier eingestellt.
Ich könnt eure eigenen Gedanken dazu machen!
Tucholsky schrieb einmal: "Soldaten sind Mörder".
Sie sind zumindest potentielle Mörder, und werden dazu
ausgebildet, bekommen Orden, und werden geehrt.
Nicole
Aussagen IMMER statistisch zu sehen!
Das heisst aber nicht, dass keine Allgemeinaussagen möglich sind!
Im Gegenteil, Allgemeinaussagen sind einfacher zu treffen,
als die Aussage über eine genau bestimmte Person!
Ich kann hier nur noch einmal auf die neueste Statistik der
Regierung Italiens verweisen, die ich im Italienkapitel übersetzte.
Wenn pro Jahr etwa die Hälfte der Frauen eines Landes von
Männern zumindest einmal belästigt werden, in vielen Fällen
bedroht, psychisch niedergemacht, geschlagen, geprügelt,
vergewaltigt, und alle 2 Tage ermordet werden, dann erlaube ich mir
die Allgemeinaussage, das "Männer" als Kategorie gewalttätig sind.
Und dann ist es sinnlos, dass dann jemand kommt und sagt,
dass "nicht alle" so sind!
Das habe auch auch nicht geschrieben, und das sagt auch die
Statistik nicht!
Die Statistik sagt ja gerade, dass es noch Ausnahmen gibt!
Noch!
Weil die Statistik auch sagt, dass die Männergewalt zunimmt.
Das ist wie bei der Mafia.
Die hält auch ruhig, solange ihre Machtposition ungefährdet ist!
Schon die Aussage, dass "nicht alle" Männer so sind, sollte
eben die "nicht alle Männer" beschämen!
Ich habe diese Statistik ja nicht erfunden, ich habe sie nur
übersetzt und hier eingestellt.
Ich könnt eure eigenen Gedanken dazu machen!
Tucholsky schrieb einmal: "Soldaten sind Mörder".
Sie sind zumindest potentielle Mörder, und werden dazu
ausgebildet, bekommen Orden, und werden geehrt.
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Ich denke die Statistik sagt nicht mehr und nicht weniger aus, als wie Männer in einem bestimmten sozialen environment reagieren. In diesem Fall dem italienischen, was aber nicht bedeuten soll, dass das deutsche beispielsweise gesünder ist.
Hieraus den Schluss ziehen zu wollen, dass Männer so *sind* halte ich für unzulässig.

Liebe Grüße, Aoife
Hieraus den Schluss ziehen zu wollen, dass Männer so *sind* halte ich für unzulässig.

Es können auch 5000 oder 10000 Jahre sein, ich möchte das nicht zu eng behaupten. Aber es gibt eine Grenze an der dieses Verhalten als Massenproblem aufgetreten ist, und auch schon vor dieser Grenze gab es Männer - für mich ein wichtiger Grund anzunehmen, dass es sich bei den ohne geschichtliche Perspektive als wesenhaft erscheinenden Problemen nur um reaktive Probleme auf eine nicht menschengemäße Sozialumgebung handelt.nicole6 hat geschrieben:Ausserdem reicht dazu ein kurzer Blick in die Geschichte der
vergangenen 3000 Jahre!
Liebe Grüße, Aoife
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in solchen Diskussionen ist das größte Problem die Sprache selbst.
Die Wortinhalte im wissenschaftlichen Sinn unterscheiden sich
IMMER von denen im Alltag. Manchmal gibt es Kerninhalte die
überschneiden, aber das war es dann schon. Meist sind die
Übereinstimmungen nur in Grenzbereichen der Wortinhalte.
Und wenn es dann zum Ideenaustausch kommt, dann geschieht
es regelmäßig, dass zwei Personen das gleiche Wort benutzen, aber
unterschiedliche Inhalte damit verbinden.
Bei der Verwendung des Worte "Mann" denken die meisten
Bürger an einen Sammelbegriff, in dem viele Kategorien
(unzulässigerweise) in einem Wort vereint werden!
Da ist als erstes "Mann" als biologische Kategorie.
In der Biologie gibt es Lebewesen, die bis zu 13 Arten von Sexkategorien haben!
Als zweites, "Mann" als Produkt primärer und sekundärer
sozialer Erziehungen.
Hier kann es vorkommen, dass eine Erziehung zum "Mann"
an einem Lebewesen der biologischen Kategorie "Frau"
exerziert wird, oder umgekehrt.
Drittens, "Mann" als politische und juristische Aktions- und Machteinheit.
Das zeigt sich in den Geschlechtsbezeichnungen von
Berufsgruppen, die erst in vergangenen Jahrzehnten aufgeweicht sind,
aber in stark patriarchalen Ländern wie Italien festgehalten werden.
So gibt es keine weibliche Bezeichnung von "Bürgermeister" oder "Minister" !
Man sagt und schreibt noch "il sindaco" = DER Bürgermeister,
auch wenn es eine Frau ist! Allerdings, wenn Männer sich in
weibliche Berufsgruppen drängen, dann übernehmen sie NICHT
die weibliche Anrede "Frau...." ! Dann wird ein neues Mann-bezogenes
Wort von den Männern erfunden.
Viertens, "Mann" als Kategorie von "Gender", also von selbstgefühlten
Verhaltensmustern, die in früheren Kulturen bis zu 6 Gruppen
kannten, und nicht nur 2 (Frau / Mann) wie heute.
Auch vor einer Million Jahren gab es "Männer".
Aber das Wort hat hier eine völlig andere Bedeutung und Inhalt
als wenn man sagt (bzw. schreibt): "...die Männer in Italien..." ,
und wieder anders, wenn man schreibt: "der Hodenkrebs bei Männern....."
Der letzte Fall kann vorkommen bei biologischen Männern,
aber mit Gender weiblich, und/oder auch juristischem weiblichen Geschlecht!
Das Verhalten der "Männer" heute in der patriarchalen Struktur,
die sie selbst zu verantworten haben, fordert sie auf,
sich schizophren zu benehmen, und zu werden.
Schizophren deswegen, weil sie sich selbst die soziale Rolle
auferlegten, ihre Gefühle vom Verstand abzuspalten.
Und das ist definitionsgemäß "schizophren".
Da aber die Gefühle der Bereich der Psyche sind, welche
Entscheidungen fällen müssen, haben die Männer somit ein
politisches und soziales System geschaffen, was nicht funktionieren kann.
Die wichtigen Entscheidungen werden von ihnen nicht gefällt.
Diese Schizophrenie ist eine eingebaute, vorgeschriebene
Dummheit und Ignoranz des Patriarchats.
Solche eingebauten Blockierer gibt es in allen patriarchalen
Systemen, das Militär ist ein Beispiel ersten Ranges.
Je höher der Rang, um so dümmer der Ranginhaber.
Grund: Aufstieg durch Gehorsam, nicht durch Kritikfähigkeit!
(Ergebnis eines Forschungsauftrages, welches das US-Militär an
einen führenden Psychologen gab, Siegfried Steufert)
Nicole
Die Wortinhalte im wissenschaftlichen Sinn unterscheiden sich
IMMER von denen im Alltag. Manchmal gibt es Kerninhalte die
überschneiden, aber das war es dann schon. Meist sind die
Übereinstimmungen nur in Grenzbereichen der Wortinhalte.
Und wenn es dann zum Ideenaustausch kommt, dann geschieht
es regelmäßig, dass zwei Personen das gleiche Wort benutzen, aber
unterschiedliche Inhalte damit verbinden.
Bei der Verwendung des Worte "Mann" denken die meisten
Bürger an einen Sammelbegriff, in dem viele Kategorien
(unzulässigerweise) in einem Wort vereint werden!
Da ist als erstes "Mann" als biologische Kategorie.
In der Biologie gibt es Lebewesen, die bis zu 13 Arten von Sexkategorien haben!
Als zweites, "Mann" als Produkt primärer und sekundärer
sozialer Erziehungen.
Hier kann es vorkommen, dass eine Erziehung zum "Mann"
an einem Lebewesen der biologischen Kategorie "Frau"
exerziert wird, oder umgekehrt.
Drittens, "Mann" als politische und juristische Aktions- und Machteinheit.
Das zeigt sich in den Geschlechtsbezeichnungen von
Berufsgruppen, die erst in vergangenen Jahrzehnten aufgeweicht sind,
aber in stark patriarchalen Ländern wie Italien festgehalten werden.
So gibt es keine weibliche Bezeichnung von "Bürgermeister" oder "Minister" !
Man sagt und schreibt noch "il sindaco" = DER Bürgermeister,
auch wenn es eine Frau ist! Allerdings, wenn Männer sich in
weibliche Berufsgruppen drängen, dann übernehmen sie NICHT
die weibliche Anrede "Frau...." ! Dann wird ein neues Mann-bezogenes
Wort von den Männern erfunden.
Viertens, "Mann" als Kategorie von "Gender", also von selbstgefühlten
Verhaltensmustern, die in früheren Kulturen bis zu 6 Gruppen
kannten, und nicht nur 2 (Frau / Mann) wie heute.
Auch vor einer Million Jahren gab es "Männer".
Aber das Wort hat hier eine völlig andere Bedeutung und Inhalt
als wenn man sagt (bzw. schreibt): "...die Männer in Italien..." ,
und wieder anders, wenn man schreibt: "der Hodenkrebs bei Männern....."
Der letzte Fall kann vorkommen bei biologischen Männern,
aber mit Gender weiblich, und/oder auch juristischem weiblichen Geschlecht!
Das Verhalten der "Männer" heute in der patriarchalen Struktur,
die sie selbst zu verantworten haben, fordert sie auf,
sich schizophren zu benehmen, und zu werden.
Schizophren deswegen, weil sie sich selbst die soziale Rolle
auferlegten, ihre Gefühle vom Verstand abzuspalten.
Und das ist definitionsgemäß "schizophren".
Da aber die Gefühle der Bereich der Psyche sind, welche
Entscheidungen fällen müssen, haben die Männer somit ein
politisches und soziales System geschaffen, was nicht funktionieren kann.
Die wichtigen Entscheidungen werden von ihnen nicht gefällt.
Diese Schizophrenie ist eine eingebaute, vorgeschriebene
Dummheit und Ignoranz des Patriarchats.
Solche eingebauten Blockierer gibt es in allen patriarchalen
Systemen, das Militär ist ein Beispiel ersten Ranges.
Je höher der Rang, um so dümmer der Ranginhaber.
Grund: Aufstieg durch Gehorsam, nicht durch Kritikfähigkeit!
(Ergebnis eines Forschungsauftrages, welches das US-Militär an
einen führenden Psychologen gab, Siegfried Steufert)
Nicole
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Absolut Nicole - und ich sehe das Problem vor allem darin, dass wir die Inhalte auch weniger im wissenschaftlichen Sprachgebrauch geübten vermitteln wollen (sollten).nicole6 hat geschrieben:in solchen Diskussionen ist das größte Problem die Sprache selbst.
Deshalb spreche ich selbst bei diesen erwiesenen Zusammenhängen:
lieber von hierarchischen Systemen als von "Männern" - letztlich werden vom patriarchalen System Frauen (fast) genauso schizophren gemacht wie Männer ... ich glaube mich zu erinnern dass ich an anderer Stelle schon erwähnt habe, dass das mein Hauptproblem mit Quotenregelungen ist - in einem kranken System diejenigen Frauen zu "fördern", denen es bei aller Anstrengung nicht ganz so gut wie den gestörtesten Männern gelingt sich krank zu verhalten kann das System nicht heilen.nicole6 hat geschrieben:Da aber die Gefühle der Bereich der Psyche sind, welche
Entscheidungen fällen müssen, haben die Männer somit ein
politisches und soziales System geschaffen, was nicht funktionieren kann.
...
Je höher der Rang, um so dümmer der Ranginhaber.
Liebe Grüße, Aoife
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Fachveröffentlichung Sexworker-Hilfe
Hier gibt es jetzt die oben im 1. Posting zitierte Studie / Handbuch zum download kommentiert:
Es wird Zeit, dass Sexworker selbst ihre Versorgungswerke betreiben und dafür auch die staatliche Unterstützung einfordern (Bsp. Australien) oder dass Sexworker als Mitarbeiter_innen in den für sie aufgesetzten Hilforganisationen paritätisch beteiligt werden...
Methodenhandbuch Straßenstrich-Sozialarbeit für Sexworker-Migranten:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=126901#126901
Es wird Zeit, dass Sexworker selbst ihre Versorgungswerke betreiben und dafür auch die staatliche Unterstützung einfordern (Bsp. Australien) oder dass Sexworker als Mitarbeiter_innen in den für sie aufgesetzten Hilforganisationen paritätisch beteiligt werden...
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Re: Fachveröffentlichung Sexworker-Hilfe

Genau hier liegt die Wurzel des Problems, wenn in Australien irgend etwas besser läuft, so liegt es nicht ursächlich an der Geldverteilung, denn diese folgt nur dem Bewußtsein. Ist dieses wie in Deutschland auf Hierarchie eingeschworen ("Obrigkeitsgläubigkeit"), so kann kein Geld etwas daran ändern. Die von dir, Marc, beklagte "feindliche Übernahme" der Hurenbewegung durch Sozialakademiker ist nur Ausdruck dieser Tatsache.Marc of Frankfurt hat geschrieben:... sehr wahrscheinlich geprägt von den real-existierenden großen Problemen und den Hierarchieunterschieden ...
Scum rises til the top - es ist ausschließlich ein Problem unseres eigenen Bewußtseins, wenn wir die Richtung in die Abschaum sich ansammelt als "sozial höherstehend" empfinden. Und hiermit möchte ich keineswegs beispielsweise studierte Sozialarbeiter herausdeuten, sondern das gesamte Volk, das hypnotisiert an den Wert von Politikern glaubt, die lieber mit studierten angeblichen Stellvertretern (von Sozialarbeitern bis Polizisten) über die Betroffenen sprechen als diese selbst an Entscheidungen zu beteiligen.
Nun werden wir das Denken des gesamten Volks zwar nicht von jetzt auf nachher ändern können - aber zumindest können wir bei richtiger Analyse vermeiden unsere Kräfte zu verschwenden, indem wir beispielsweise primär versuchen australische Geldverteilungsmuster zu erreichen. Selbst wenn die Aufgabe unlösbar sein sollte - der Versuch über etwas so sekundäres wie Geld etwas zu bewegen ist nicht nur Garant für das Scheitern, sondern stärkt noch zusätzlich die problemverursachenden Strukturen.
Liebe Grüße, Aoife
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- Admina
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RE: Im distanzierten Gaffermodus
Füdli, Stöckelschuhe und viel, viel Fleisch
Wenn in digitalen oder gedruckten Medien der Umgang mit Prostitution thematisiert wird, dann darf eine passende Fotografie dazu nicht fehlen. Erstaunlicherweise wird nun aber stets das Gleiche gezeigt: Füdli, Stöckelschuhe und viel, viel Fleisch.
Es ist die Perspektive des Freiers, der an den einschlägigen Orten mit dem Auto auf und ab fährt und aufs Trottoir späht – auf der Suche nach entgeltlichem Sex. Was er dabei zu erblicken hofft, sind spärlich bekleidete, junge Frauen in Stöckelschuhen. Und genau dieses Bild wird auch in den meisten Medien, seien es nun digitale oder gedruckte, gezeigt, wenn es darum geht, einen Bericht über die Prostitution zu illustrieren; erstaunlicherweise sind es seit gut drei Jahren schweizweit stets die gleichen Fotografien: kopflose Frauen, von hinten und leicht von unten fotografiert, und bevorzugterweise jene, die viel Haut und Fleisch zeigen. Warum aber diese Eintönigkeit und Monotonie, warum die Zementierung eines Klischees in fast allen Medien? Nicole Aeby, Kuratorin, freie Bildredaktorin und Beraterin, hat im Auftrag der Stadtzürcher Fachstelle für Gleichstellung und der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) die Prostitutionsbilder analysiert und ihren Befund am Montagabend an einer öffentlichen Veranstaltung im Stadthaus vorgestellt. Sie hat für ihre Analyse mit Fotografen und Bildredaktoren diverser Medienhäuser gesprochen und sich die Fotografien in Zeitungen und Online-Portalen angeschaut – und ist zum eingangs erwähnten Ergebnis gekommen: Freierperspektive und immer die gleichen Bilder.
«Falsche» Bilder
Dazu kommt, dass in einigen Medien «falsche» Bilder verwendet werden. Ein Bericht über den Strassenstrich in Luzern wird mit einer Fotografie vom Zürcher Sihlquai illustriert, die Reportage über eine Prostituierte in Genua ebenfalls mit einem Sihlquaibild, oder dann muss sogar der Stiletto-Lauf (zugunsten von Opfern von Menschenhandel) als Darstellung von Prostitution herhalten. Nicole Aeby spricht von einem hilflosen und gefährlichen Umgang mit solchen Fotografien, von Symbolbildern, die immer wieder benutzt werden und bei denen der Leser sofort merkt: Aha, es geht um den Strassenstrich. Der reduzierte und voyeuristische Blick dieser Symbolbilder, so Aeby, gebe die Vorurteile mancher Leser und wohl auch mancher Redaktoren wieder – und zementiere sie. Koni Nordmann, ehemaliger Fotograf und Medienberater, zeigte sich am Montagabend erstaunt darüber, dass die Medien einem derart aktuellen und brisanten Thema wie der Prostitution nicht mehr Zeit, Kreativität und Intelligenz widmeten.
Hinter Büschen versteckt
Bei der Befragung von Fotografen und Fotografinnen hat Nicole Aeby erfahren, dass ihre Arbeit am Strassenstrich als schwierig empfunden wird – und die meisten froh sind, wenn sie den Ort des Geschehens so rasch wie möglich wieder verlassen können. Nur wenige Fotografen reden mit den Prostituierten und holen sich das Einverständnis für die Aufnahmen, einzelne tun dies und zahlen sogar dafür; wenn auch einen bescheidenen Betrag. Andere fotografieren aus dem fahrenden Auto, hinter Büschen versteckt oder von einer Brücke hinunter. Ausnahmen von dieser Arbeitsweise gibt es, beispielsweise von der ehemaligen NZZ-Fotografin Janine Schranz, die in einem Langzeitprojekt Zürcher Strassenprostituierte kennengelernt und fotografiert hat. Doro Winkler von der FIZ oder AL-Gemeinderat Alecs Recher bedauerten am Montag einhellig, dass in den Pressebildern viele Aspekte von Prostitution nicht dargestellt werden: der Arbeitsplatz, die Freier, das Warten, die Kälte oder die geschwollenen Füsse nach einer langen Nacht in Stöckelschuhen.
http://www.nzz.ch/aktuell/zuerich/stadt ... 1.17869792


Wenn in digitalen oder gedruckten Medien der Umgang mit Prostitution thematisiert wird, dann darf eine passende Fotografie dazu nicht fehlen. Erstaunlicherweise wird nun aber stets das Gleiche gezeigt: Füdli, Stöckelschuhe und viel, viel Fleisch.
Es ist die Perspektive des Freiers, der an den einschlägigen Orten mit dem Auto auf und ab fährt und aufs Trottoir späht – auf der Suche nach entgeltlichem Sex. Was er dabei zu erblicken hofft, sind spärlich bekleidete, junge Frauen in Stöckelschuhen. Und genau dieses Bild wird auch in den meisten Medien, seien es nun digitale oder gedruckte, gezeigt, wenn es darum geht, einen Bericht über die Prostitution zu illustrieren; erstaunlicherweise sind es seit gut drei Jahren schweizweit stets die gleichen Fotografien: kopflose Frauen, von hinten und leicht von unten fotografiert, und bevorzugterweise jene, die viel Haut und Fleisch zeigen. Warum aber diese Eintönigkeit und Monotonie, warum die Zementierung eines Klischees in fast allen Medien? Nicole Aeby, Kuratorin, freie Bildredaktorin und Beraterin, hat im Auftrag der Stadtzürcher Fachstelle für Gleichstellung und der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) die Prostitutionsbilder analysiert und ihren Befund am Montagabend an einer öffentlichen Veranstaltung im Stadthaus vorgestellt. Sie hat für ihre Analyse mit Fotografen und Bildredaktoren diverser Medienhäuser gesprochen und sich die Fotografien in Zeitungen und Online-Portalen angeschaut – und ist zum eingangs erwähnten Ergebnis gekommen: Freierperspektive und immer die gleichen Bilder.
«Falsche» Bilder
Dazu kommt, dass in einigen Medien «falsche» Bilder verwendet werden. Ein Bericht über den Strassenstrich in Luzern wird mit einer Fotografie vom Zürcher Sihlquai illustriert, die Reportage über eine Prostituierte in Genua ebenfalls mit einem Sihlquaibild, oder dann muss sogar der Stiletto-Lauf (zugunsten von Opfern von Menschenhandel) als Darstellung von Prostitution herhalten. Nicole Aeby spricht von einem hilflosen und gefährlichen Umgang mit solchen Fotografien, von Symbolbildern, die immer wieder benutzt werden und bei denen der Leser sofort merkt: Aha, es geht um den Strassenstrich. Der reduzierte und voyeuristische Blick dieser Symbolbilder, so Aeby, gebe die Vorurteile mancher Leser und wohl auch mancher Redaktoren wieder – und zementiere sie. Koni Nordmann, ehemaliger Fotograf und Medienberater, zeigte sich am Montagabend erstaunt darüber, dass die Medien einem derart aktuellen und brisanten Thema wie der Prostitution nicht mehr Zeit, Kreativität und Intelligenz widmeten.
Hinter Büschen versteckt
Bei der Befragung von Fotografen und Fotografinnen hat Nicole Aeby erfahren, dass ihre Arbeit am Strassenstrich als schwierig empfunden wird – und die meisten froh sind, wenn sie den Ort des Geschehens so rasch wie möglich wieder verlassen können. Nur wenige Fotografen reden mit den Prostituierten und holen sich das Einverständnis für die Aufnahmen, einzelne tun dies und zahlen sogar dafür; wenn auch einen bescheidenen Betrag. Andere fotografieren aus dem fahrenden Auto, hinter Büschen versteckt oder von einer Brücke hinunter. Ausnahmen von dieser Arbeitsweise gibt es, beispielsweise von der ehemaligen NZZ-Fotografin Janine Schranz, die in einem Langzeitprojekt Zürcher Strassenprostituierte kennengelernt und fotografiert hat. Doro Winkler von der FIZ oder AL-Gemeinderat Alecs Recher bedauerten am Montag einhellig, dass in den Pressebildern viele Aspekte von Prostitution nicht dargestellt werden: der Arbeitsplatz, die Freier, das Warten, die Kälte oder die geschwollenen Füsse nach einer langen Nacht in Stöckelschuhen.
http://www.nzz.ch/aktuell/zuerich/stadt ... 1.17869792


Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Fakten und Infos über Prostitution
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Fakten und Infos über Prostitution
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- UserIn
- Beiträge: 32
- Registriert: 14.01.2012, 23:36
- Ich bin: Keine Angabe
(Massen)Medien sind - zumindest bis zu einem gewissen Grad - immer ein Spiegel der Gesellschaft, für die sie gemacht werden. Solange in der Gesellschaft kein Umdenken stattfindet, werden es auch die Medien nicht tun.
Gibt es Fotostrecken, die die Arbeitsplätze der Damen aus ihrer Sicht zeigen? Solche Projekte fände ich sehr viel interessanter, sowohl in der Umsetzung als auch in der Betrachtung ... aber natürlich ist das sehr viel anstrengender als die Herumduckerei hinter irgendwelchen Autos und das Knipsen von Bildern, deren Niveau denen des handelsüblichen Spanners nicht übersteigen.
Gibt es Fotostrecken, die die Arbeitsplätze der Damen aus ihrer Sicht zeigen? Solche Projekte fände ich sehr viel interessanter, sowohl in der Umsetzung als auch in der Betrachtung ... aber natürlich ist das sehr viel anstrengender als die Herumduckerei hinter irgendwelchen Autos und das Knipsen von Bildern, deren Niveau denen des handelsüblichen Spanners nicht übersteigen.
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- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Foto Dilemma
Ja es gibt sie die sex-positiven Fotostrecken von Pro-Sexwork-Künstlern und häufig Ex Sexworkern...
Sammelthema Kunst und Ausstellungen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=501
Dass es keine gescheiten Bilder gibt und Vojeurismus vorherrscht, liegt auch daran, dass wir uns nicht zeigen (wollen/können; Selbstschutz, Sexualitätstabu), und daher nicht den Medien die Bilder geben können, wie es für beide Seiten gut oder wünschenswert ist.
Damit wir werbewirksam in die Medien gehen können, brauchen Sexworker mehr Sicherheit basierend auf (1) einem voll-legalisierten/entkriminalisierten Geschäftsmodell was zudem wirtschaftlich gut läuft (Nachhaltigkeit) und (2) ein geoutetes Privatleben wo man liebevolle Unterstützung hat (Herkunfts-/Wahlfamilie). Vorbild ist z.B. die zur Betreiberin aufgestiegene Ex-Sexarbeiterin Felicitas aus Berlin und einige wenige andere Sexworker auch hier aus dem Forum.
Für Betreiber, Buchautoren und Künstler etc. ist es immer einfacher in die Medienöffentlichkeit zu treten als für nur Sexworker, weil wir im Focus des Stigmas stehen wegen Objektivierung von Sexualität und Vermarktung von Körperlichkeit.
Daher haben diese Leute und Medienpartner (Betreiber machen oft die Werbung für Sexworker, Künstler wollen das wir mitmachen) eine besondere Verantwortung und die beginnt mit Problembewußtheit und Dialogfähigkeit. Das gilt genauso für Sexwork-Beratungsstellen, die z.B. in Zürich auf dem Straßenstrich präsent sind und regelrecht als Anlaufstelle und damit Mediator zwischen Sexworkern und Medien dienen könnten, aber eher selbst nur genervt über die Medien schimpfen.
Es sollte einen speziellen Medien-Kompetenz-Dialog geben ( www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=943 ), was aber bisher ein Überforderung sowohl der dafür nicht bezahlten und nicht ausgebildeten Sozialarbeiter und auch der migrantischen Sexworker ist. Kunstprojekte (soziale Skulpturen) wie im Hydra e.V.-Umfeld in Berlin oder von Dona Carmen e.V. in Frankfurt sind da seltene positive Ausnahmen wo wir weitermachen können (Sex Worker Awareness, Media Training, Coming-out Workshop, Sexworker Stammtische...).
Sammelthema Kunst und Ausstellungen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=501
Dass es keine gescheiten Bilder gibt und Vojeurismus vorherrscht, liegt auch daran, dass wir uns nicht zeigen (wollen/können; Selbstschutz, Sexualitätstabu), und daher nicht den Medien die Bilder geben können, wie es für beide Seiten gut oder wünschenswert ist.
Damit wir werbewirksam in die Medien gehen können, brauchen Sexworker mehr Sicherheit basierend auf (1) einem voll-legalisierten/entkriminalisierten Geschäftsmodell was zudem wirtschaftlich gut läuft (Nachhaltigkeit) und (2) ein geoutetes Privatleben wo man liebevolle Unterstützung hat (Herkunfts-/Wahlfamilie). Vorbild ist z.B. die zur Betreiberin aufgestiegene Ex-Sexarbeiterin Felicitas aus Berlin und einige wenige andere Sexworker auch hier aus dem Forum.
Für Betreiber, Buchautoren und Künstler etc. ist es immer einfacher in die Medienöffentlichkeit zu treten als für nur Sexworker, weil wir im Focus des Stigmas stehen wegen Objektivierung von Sexualität und Vermarktung von Körperlichkeit.
Daher haben diese Leute und Medienpartner (Betreiber machen oft die Werbung für Sexworker, Künstler wollen das wir mitmachen) eine besondere Verantwortung und die beginnt mit Problembewußtheit und Dialogfähigkeit. Das gilt genauso für Sexwork-Beratungsstellen, die z.B. in Zürich auf dem Straßenstrich präsent sind und regelrecht als Anlaufstelle und damit Mediator zwischen Sexworkern und Medien dienen könnten, aber eher selbst nur genervt über die Medien schimpfen.
Es sollte einen speziellen Medien-Kompetenz-Dialog geben ( www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=943 ), was aber bisher ein Überforderung sowohl der dafür nicht bezahlten und nicht ausgebildeten Sozialarbeiter und auch der migrantischen Sexworker ist. Kunstprojekte (soziale Skulpturen) wie im Hydra e.V.-Umfeld in Berlin oder von Dona Carmen e.V. in Frankfurt sind da seltene positive Ausnahmen wo wir weitermachen können (Sex Worker Awareness, Media Training, Coming-out Workshop, Sexworker Stammtische...).