Handel mit der Ware Mensch
Experte Tatzgern: "Szene schwer überschaubar, Opfer schwierig zu identifizieren"
Oberösterreicher soll 20 Frauen aus Osteuropa zur Prostitution gezwungen haben.
Aufzählung Frauen sehen sich oft nicht als Opfer.
Linz/Wien. Zwei Jahre lang soll ein 48-Jähriger aus dem Bezirk Linz-Land junge Frauen aus Tschechien und der Slowakei in Österreich zur Prostitution gezwungen haben. Der Leasingarbeiter soll den Frauen versprochen haben, dass sie als Tänzerinnen arbeiten könnten. Stattdessen habe er sie als Prostituierte verkauft.
Ein Opfer flüchtete aus dem Auto eines Freiers, nachdem dieser sie vergewaltigt haben soll, und zeigte den 48-Jährigen an. Insgesamt sollen 20 Frauen betroffen sein. Der Verdächtige wurde wegen des Verdachts auf grenzüberschreitenden Prostitutionshandel, Zuhälterei und Menschenhandel angezeigt. Gegen den Freier wird wegen Vergewaltigung ermittelt, er selbst erstattete Anzeige wegen Verleumdung.
Immer wieder werden Frauen in Österreich Opfer von Menschenhandel. So hat die beim Verein Lefö angesiedelte Beratungsstelle für Betroffene des Frauenhandels im Jahr 2010 mehr als 240 Frauen betreut.
100 Opfer im Jahr 2010
Zweck des Menschenhandels kann Organhandel oder Ausbeutung als Arbeitskraft sein, die meisten Fälle betreffen aber Prostitution, wie Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Innenministerium, erklärt. 2010 gab es dort 23 Anzeigen wegen Menschenhandels, je 47 wegen Zuhälterei und grenzüberschreitender Prostitution. 100 Opfer konnten identifiziert werden. Die Dunkelziffer sei aber hoch: Insgesamt gebe es österreichweit 5500 angemeldete Prostituierte und bis zu 4000 Illegale.
Wie viele Opfer von Menschenhandel betroffen sind, sei aufgrund der Vorgehensweise der Täter schwer zu sagen. Kamen früher viele Prostituierte aus der Ukraine oder Russland, so beobachtet Tatzgern seit zwei Jahren einen Trend zu Sexarbeiterinnen aus den neuen EU-Staaten. Diese würden nur wenige Tage in einer Stadt bleiben und dann weiterziehen, "um ja nicht als Opfer von Menschenhandel erkannt zu werden". Daher sei die Szene "schwer überschaubar und Opfer für die Exekutive schwierig zu identifizieren". Dazu käme, dass sich Opfer selbst oft gar nicht als solche sehen, "wenn die Schwelle des Ertragbaren nicht lange und massiv überschritten wird". Erst, wenn das Ausmaß der Gewalt unerträglich wird, suchen sie Hilfe. Sie würden oft auch manipuliert oder unter Druck gesetzt.
Schlupfloch im Gesetz
So nimmt es kaum wunder, dass nur wenige Täter mit der Höchststrafe – die Strafandrohung bei Menschenhandel mit Gewalteinwirkung beträgt bis zu zehn Jahre Haft – bestraft werden. Das Strafmaß für Menschenhandel ohne Ausübung von Gewalt liegt bei sechs Monaten bis drei Jahre – vergangene Woche wurde eine EU-Richtlinie verabschiedet, wonach die Maximalhöhe auf fünf Jahre angehoben werden muss.
Prinzipiell hält Tatzgern die Strafen für streng genug – jedoch müsste der Begriff der Ausbeutung "praktikabler definiert werden". Denn Menschenhandel liegt nur dann vor, wenn es zu Ausbeutung kommt – und diese sei zu ungenau definiert. Zum Beispiel werde argumentiert, es sei ja keine Ausbeutung, wenn eine Frau von 1000 Euro Tagesverdienst nur 200 behalten dürfe – schließlich seien Kost und Logis ja gratis.
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefa ... cob=552505
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Ich sehe das Problem nicht ganz so.... So lange es vorkommen kann, dass sich 3 SexarbeiterInnen über uns mit der Polizei in Verbindung setzen - um auszusagen - und wir dann als Antwort beim Journaldienst erhalten "Kommen Sie Morgen" (und dies ist uns passiert), werden die Täter ungestraft bleiben. "Morgen" waren die SW nicht mehr zur Aussage bereit - sie hatten das Vertrauen, dass ihnen geholfen wird, verloren.
Am gleichen Tag wurden 2 SW zur Untersuchung zwangsvorgeführt (mit jeweils 3 PolizistInnen) - und am Straßenstrich waren mehr als ein Dutzend PolizistInnen damit beschäftigt die gleichen SW mehrfach hintereinander zu kontrollieren!
Die falschen Ressourcen an den falschen Stellen - Rechtlosigkeit der SexarbeiterInnen und der völlige Vertrauensverlust von SexarbeiterInnen an das System - das sind die Ursachen, dass Unrecht geschehen kann!
christian