20%Mietminderung b.Störung der häuslichen Ruhe d.Prostituion

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translena
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20%Mietminderung b.Störung der häuslichen Ruhe d.Prostituion

Beitrag von translena »

Mietminderung von 20 % bei Störung der häuslichen Ruhe durch in Nachbarwohnung ausgeübte Prostitution
Ruhestörung durch Klingeln im Halbstundenrhythmus und im Hausflur herumirrende Freier


Kommt es durch eine in einer Nachbarwohnung ausgeübte Prostitution zu Ruhestörungen in Form von Klingeln im Halbstundenrhythmus bis in die frühen Morgenstunden hinein und im Hausflur herumirrenden Freiern, so rechtfertigt dies eine Mietminderung von 20 %. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Wiesbaden hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall minderte der Mieter einer Wohnung seine Miete. Hintergrund dessen war, dass es von der in einer Nachbarwohnung ausgeübten Prostitution zu Störungen der häuslichen Ruhe kam. So wurde von 10 Uhr morgens bis in die frühen Morgenstunden des nächsten Tages im Halbstundenrhythmus in der Nachbarwohnung geklingelt. Zudem irrten häufig Freier im Hausflur herum und suchten nach der betreffenden Wohnung. Dabei kam es vor, dass die Freier auch an fremden Wohnungen klopften. Da der Vermieter das Minderungsrecht nicht anerkannte, kam der Fall vor Gericht.
Recht zur Mietminderung aufgrund Ruhestörung durch Wohnungsprostitution bejaht

Das Amtsgericht Wiesbaden entschied zu Gunsten des Mieters. Er habe seine Bruttomiete um 20 % mindern dürfen. Denn aufgrund der geschilderten Beeinträchtigungen durch die Wohnungsprostitution sei der Wohnwert gemindert gewesen.
http://www.kostenlose-urteile.de/AG-Wie ... s20789.htm

Klaus Fricke
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RE: 20%Mietminderung b.Störung der häuslichen Ruhe d.Prostit

Beitrag von Klaus Fricke »

AHA

Die Mietminderung finde ich, sofern der geschilderte Störungs-Sachverhalt real war/ist, nachvollziehbar.

In der Folge dieser Mietminderung wäre nachvollziehbar, dass die Miete für die zur Sexarbeit genutzte Wohnung die entgangenen Mieteinnahmen aus anderen Vermietungen kompensieren müsste. Dies müsste, sofern es zu einer Prüfung der Miethöhe der für Sexarbeit genutzten Objekte kommt, in die Kalkulation eingehen, insbesondere wenn, wie absehbar, wohl verstärkt auf wucherische Mieten geprüft werden wird, um den geplanten Tatbestand der "Ausbeutung" oder den vorhandenen Tatbestand des Wuchers nachzuweisen.

Ein interessantes Urteil, da es konkrete Störungen zum Anlass nimmt, um eine konkrete Kompensation festzulegen und nicht eine abstrakte, potenielle, typisierte Störung als Entscheidungsgrundlage heranzieht, nur weil es um Sexarbeit geht. Hört sich nach Normalisierung und juristischer Gleichbehandlung an. Dagegen habe ich nichts einzuwenden (wie gesagt, sofern der Störungs-Sachverhalt zweifelsfrei ist und die Mietminderung im Rahmen desssen liegt, was bei fortgesetzter "Ruhestörung" üblich ist).

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

Das zeigt eben die ganz unterschiedliche Herangehensweise im öffentlichen Bau(planungs)recht einerseits, und im zivilen Gewerbemietrecht andererseits, wo es immer auf konkrete, und im übrgen dann auch darzulegende und zu beweisende Störungen ankommt...

Kasharius grüßt

Klaus Fricke
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RE: 20%Mietminderung b.Störung der häuslichen Ruhe d.Prostit

Beitrag von Klaus Fricke »

Lieber Kasharius,

ja, ich sehe einmal mehr, in der Systematik unserer Rechtsprechung verirre ich mich wie im Labyrinth des Daidalos. Ist die Einheit der Rechtsordnung der Faden der Ariadne, der hinaushilft?