Prozentuale Abrechnung in Massagesalons?

Hier können SexarbeitInnen ihren Arbeitsplatz bzw. ihre Arbeitsbedingungen beschreiben. Was erlebt Ihr alles in Eurem Beruf?
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DanaBahama
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Prozentuale Abrechnung in Massagesalons?

Beitrag von DanaBahama »

Das man auf "Prozente" arbeiten kann ist ja bekannt. Meist liegt dabei das Verhältnis Betreiber/SW bei 50/50 (Deutschland) und bei 40/60 (Schweiz).
Nun meine Frage: Wie sieht es in Massagestudios aus?
Ich kenne eines, wo die SW gerade mal ein Drittel (!!) von dem bekommt was der Gast bezahlt (von 90€/1h verbleiben der SW gerade mal 30€/h). Ist das nun ein "Ausnahmefall" oder ist das üblich?
Man beachte das die SW dort nicht angestellt ist, sondern trotzdem selbständig arbeitet!

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fraences
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Beitrag von fraences »

Hallo DanaBahama,

auf meine langjährige Sexworker Tätigkeit (28 Jahre) ist mir nur ein SM Studio in Düsseldorf bekannt, die so abrechnet.
Ich persönlich halte dieser Abrechnung für absolut nicht gerechtfertigt.
Da Frau die meiste Arbeit erbringt, sollte ihr mindestens 50% wenn nicht 60-80% zu stehen.
Mich wundert es immer wieder, das solche Betriebe Frauen finden.
Liebe Grüße
Fraences
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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bei Massagesalons findet sich manchmal die informelle Regel, dass der niedrige Prozentsatz sich nur auf die offiziellen, nichtsexuellen Massageangebote bezieht, aber die MasseurIn zusätzliche 'Extras' für sich alleine abrechnen kann.



Zum Vorurteil, dass ein Betreiberanteil von über 50% wg. Zuhälterei/Ausbeutung nicht erlaubt sei:
Mancher Bordell-Betreiber konnten auch schon vor Gericht für sich erstreiten, mehr als 50% fordern zu dürfen und zwar dann, wenn er einen entsprechend größeren Anteil an der Leistungserbringung hat (z.B. Kosten für weiteres Hauspersonal wie Empfangsdame, KöchIn, Gärtner..., Kapitalkosten für Luxusausstattung...).



Letztlich entscheiden die meisten Sexworker bei der Stellensuche ja auch nicht nach Prozentsätzen des Betriebes, sondern danach was bezogen auf ihren persönlichen Einsatz z.B. am Wochenende insgesamt rausspringt. Muß man also erst selbst ausprobieren oder kann evt. die dortigen Kolleginnen fragen.



Wieviel man mindestens verdienen muß:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=89783#89783

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Zwerg
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Prozentuale Abrechnung in Massagesalons?

Beitrag von Zwerg »

Gisela Zoren (Dortmunder Mitternachtsmission) hat über Facebook folgenden Beitrag zum Thema gepostet:

Gisela Zohren: ....... Nun aber zu der Regelung 60:30. Sie ist eindeutig sittenwidrig! Es gibt dazu auch mehrere Urteile. Empfehlt doch der SW dass sie dagegen vorgehen soll. Wäre doch mal schön, wenn sich endlich mal eine wehrt, dann würde in der Sexarbeit auch vieles anders sein.

Lieben Gruß Gisela

Zur Erklärung: Etliche Überschriften der hier im Sexworker Forum (im öffentlichen Bereich!) geposteten Beiträge werden automatisch auf Facebook übertragen (wie gesagt: Nur aus dem öffentlich zugänglichen Bereich - und nur die Überschriften mit Link auf die Beiträge)

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Marc of Frankfurt
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nicht mehr schlechthin sittenwidrig

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Zur Sittenwidrigkeit:

(Bürgerliches Gesetzbuch)


Wenn man also davon absieht dass Prostitution und die Organisation von freiwilliger, selbstbestimmter Prostitution seit Einführung des ProstG www.sexworker.at/prostg im Jahre 2002 "nicht mehr schlechthin sittenwidrig" ist,

dann kommt es also darauf an, was eine BetreiberIn alles für die Sexworker und gemeinsamen Kunden zum Geschäftserfolg beträgt:


Das kann z.B. sein:
- Werbung/Marketing damit das Haus voll ist
- Sicherheit durch Technik und Personal
- Callcenter, damit die Sexworker vom Telefondienst entlastet sind
- dadurch die Vorselektion vieler angenehmer, solventer Kunden
- Verpflegung, haute cusine
- Wellness
- Masseur für Sexworker
- Beautysalon
- Luxusambiente
- Bäderlandschaft
- sonstiges Hauspersonal
- BDSM-Equipment, Toys und Kostüme
- Wäscheservice
- Fortbildung
- Internet
- Kabelfernsehen/Playstation/Videoentertainmentsysteme überall
- Verbrauchsmaterialien
- Bereich exkusiv nur für die Sexworker
- schöne Mitarbeiterunterkünfte
- Reinigungs- und Desinfektionsservices
- Shuttleservice zum Flughafen etc.
- Ticketbuchung und Reisebüroservice z.B. für ausländische oder reisende Sexworker
- Webagenturdienstleistungen für zusätzliche Sexworkerhomepages
- in-house Gesundheitsservice und STD-Check
- Finanz- und Versicherungsberatung (unabh. Berater kommt ins Bordell)
- Lebensberatung, Konfliktmanagement
- ...


Bild


Wir müssen mal die einschlägigen Urteile raussuchen...
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 27.01.2011, 11:36, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von fraences »

Hallo
so kenne ich die Regelung auch. Es ist die Zeit gekommen, wo das Geld nicht mehr so easy zu verdienen ist, sich gegen solche Machenschaften zu Wehr zusetzen. Jegliche Abzockern von Zuhälter, geldgierige Betreibern und Kontrollfreaks in den Staatsorganen dürfen nicht zu Kosten, der an der Basis der hart arbeitende Sexworkern gehen. Ich kenne Gisela Zohren persönlich und bewundere ihr unermäßlichen und langjährigen Einsatz für Sexworker in Dortmund.Viele liebe Grüße Fraences
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Beitrag von Zwerg »

@fraences

Auch wir kennen und schätzen Gisela, die wir auf diversen Fachtagungen kennen lernen durften :-)

Es bleibt eigentlich immer die Möglichkeit "öffentlichen" Druck über unser Forum aufzubauen.... Wir können von unserer Warte durchaus sagen, dass wir derartige Abrechnungsmodalitäten für nicht empfehlenswert halten - und das wir somit SexarbeiterInnen nicht raten können, darauf einzugehen.

Da unsere Besucherzahlen jenseits der 20 000 täglich liegen, dringt das in den meisten Fällen durch.

Liebe Grüße

christian

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Dass solche angeblichen "Prozentregeln über Sittenwidrigkeit" im Umlauf sind, liegt daran, dass es immer noch nur ganz wenige Betreiber gibt, die es wagen mehrere Dinge aus obiger Sexworker-Wunschliste umzusetzen und so zu investieren wie in 'normalen' Firmen auch. Das ist so, weil bis 2002 die "Förderung der Prostitution" und das galt insbesondere für die Schaffung guter Arbeitsbedingungen per Strafgesetzbuch verboten war (Kriminalisierung der Prostitution).


Da wir das alles wissen, ist es besonders wichtig für die weitere Anerkennung von Sexwork als Branche, hier im öffentlichen Forum immer die Unterschiede und die Existenz von beiden Gruppen zu betonen: Es gibt eine Skala von fürsorglichen Betreibern bis hin zu ausbeuterischen Betreibern.

(Wenn man davon absieht, dass ein Betreiber d.h. Unternehmer immer ein Ausbeuter ist im Sinne von Mehrwertbeschneider nach Karl Marx.)

Generalisierung finde ich gefährlich.

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fraences
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Beitrag von fraences »

Hallo,
da ich selbst lange Betreiberin gewesen bin, verstehe ich durch aus die Nöten, Probleme , Verantwortung und Risiko was es heist ein Sexbetrieb zu führen.
Ich stimme Dir voll zu Marc, das man sehr genau hinschauen soll.
Es muss ja auch Betreiber geben, da nicht jeder Sexworker sich die Arbeit machen will oder auch nicht kann.
Meine Anliegen war , wenn auch mit der legitime Absicht, geht es meine Mitarbeiterinnen gut, so fühlen sie sich wohl und haben Spaß bei er Arbeit.
Dies merkt ein Gast sehr schnell und es entsteht dadurch eine positive Stimmung, die sich letztendlich auf das gesamte Geschäftsgebahren auswirkt.
Liebe Grüße
Frarnces
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Beitrag von fraences »

Hallo Christian,
von allen Initiativen, die ich im Laufe meiner Tätigkeit kennen gelernt habe, ist das was Du und dein Team hier zustande gebracht habt, das Beste was es geben kann.
Zum ersten Mal habe ich das Gefühl es entwickelte sich zunehmend ein Gefühl der Solidarität.
Für die jetzige Zeit , die starke Gegenwind aufzeigt , und letztendlich Rückstritte in der Zielsetzung der Hurenbewegung leider zu verzeichnen, ist dies das optimale Instrument europaweit.
Zumal hier überwiegend , die Basis , die Möglichkeit hat selbst zusprechen.

Nochmal ein ganz großen Dank das es Euch gibt.
Liebe Grüße
Fraences
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Beitrag von Zwerg »

@fraences

Ich bin nur ein Teil des Ganzen und (seit dem internationalen Hurentag letzten Jahres) bin ich auch nicht mehr Eigentümer von sexworker.at - Unsere Aoife und Nina777 (beide aktive SexarbeiterInnen) haben sich bereit erklärt, die Verantwortung zu übernehmen und sind nunmehr die ChefInnen des Forums und haben somit auch unsere Legitimation unterstrichen.

In Bezug auf Kompetenz beziehen wir Diese von den hier aktiven SexarbeiterInnen - die einzigen ExpertInnen zum Thema - deren Erfahrungen und Meinungen für uns zielgebend sind.

Wie gesagt: Ich selbst bin nur ein Teil - und ich bin froh, dabei sein zu dürfen.

Liebe Grüße

christian

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Marc of Frankfurt
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Anteil der SW

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Quoten bzw. Anteile von Webcam-Sexworkern liegen alle unter 50% !!!

www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=94465#94465