Laufen in Stöckelschuhen

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Was es nicht alles gibt:
Volkshochschulkurs 8 51 20

Laufen in High Heels
Stuttgarter Zeitung, Verena Mayer, 15.07.2012 14:27 Uhr

Noch nie war Lernen so spitze. Es ist Freitagabend in Stuttgart, draußen scheint die Sonne. Doch die Schülerinnen im immer wärmer werdenden Raum C 202 der Volkshochschule am Rotebühlplatz kleben auf ihren Stühlen. Sie wollen sogar bleiben, als der Unterricht offiziell zu Ende ist. Nichts ist spannender als das, was die Lehrerin zu sagen hat. Der Stoff von Jessica Vanessa Cristelli kann die Schülerinnen weiterbringen. Sie kennt die Antwort auf jede ihrer lebenswichtigen Fragen: "Wie überstehe ich die Nacht?" "Hört der Schmerz jemals auf?" "Wie kann man vergessen?"

Willkommen in Kurs 8 51 20. Der Kurs, in dem frau lernt, in High Heels zu gehen. Und zwar so, dass sie nicht dauernd umknickt, geschwollene Füße bekommt oder allzu wankelmütig wirkt. "In diesem Kurs lernst du richtig und elegant in High Heels zu laufen. Hier bekommst du Tipps und Tricks wie du eine Partynacht in High Heels überstehst" – so steht es im Programmheft. Das Angebot war eigentlich für junge Frauen bis 28 gedacht. Doch zur Überraschung der Organisatoren haben sich auch nicht mehr ganz so junge Frauen für das würdevolle Laufen auf Hacken interessiert. Wie sich überhaupt sehr viele Leute für Kurs 8 51 20 anmelden wollten. Deshalb hat die Volkshochschule dem ersten Kurs am vergangenen Freitag spontan einen zweiten hinzugefügt. Dieser findet morgen statt. Und im nächsten Semester ist die Stöckelstunde mit Jessica Vanessa Cristelli wieder fest eingeplant. Die Stuttgarter Volkshochschule hat sozusagen den Volkshochschuh entdeckt.

Rauf kommen die Schülerinnen alle. Die zehn Frauen zwischen 14 und 49 Jahren stehen in Schuhen mit Absätzen, die sie sieben bis 16 Zentimeter größer machen. Knifflig ist das Obenbleiben. "Ich fühle mich wie ein Storch im Salat", sagt Isabel. "Ich würde gerne länger in High Heels laufen können", bekennt Maja. "Ich habe Angst, stecken zu bleiben", gesteht Katharina. Neben ihren Stühlen liegen Chucks, Halbschuhe und Ballerinas. Jessica Vanessa Cristelli kennt diese Sorgen. Auch sie hat mal flach angefangen. Inzwischen wandelt sie auf zwölf Zentimeter hohen Stöckeln durch den Tag, durch den ganzen Tag. Die Schultern nach hinten gedrückt, die Brust raus, den Bauch rein und auf keinen Fall nach unten geschaut. Beim Stelzen kommt es auf die Haltung an.

Kurs gegen die Absatzkrise

"Was ischn des?", fragt eine Frau. Im Flur vor Raum C 202 üben die klappernden Störche inzwischen Treppensteigen. "Ein High-Heels-Kurs", erfährt die Frau. "Oh", staunt sie und geht leichtfüßig die Stufen ins Erdgeschoss hinunter.

23 Euro kostet der Kurs an der Stuttgarter Volkshochschule. Er dauert laut Programmheft zweieinviertel Stunden. In der ersten Stöckelschuhschule Deutschlands, sie ist in Berlin platziert, kosten drei Lehrstunden 99 Euro. Auch in manchen Schuhläden können Frauen inzwischen lernen, in den Schuhen der Topmodels zu gehen. Für 120 Minuten nimmt die Trainerin 28 Euro. Die Absatzkrise der Frauen fördert die Absätze der Findigen. Und von Anwälten. In Hamburg wurden die Bewohner einer Mietwohnung dazu verurteilt, die mit Fliesen und Laminat ausgelegten Zimmer nicht mit High Heels zu begehen. Der Lärm für die Nachbarn einen Stock tiefer sei unzumutbar. Jessica Vanessa Cristelli hat dieses Problem nicht. Der Raum unter C 202 ist zu dieser Stunde bereits leer.

Wäre es schon dunkel, könnte das Treiben auf dem Rotebühlplatz anrüchig wirken. Zehn Frauen in engen Hosen, legeren Kleidern und hohen Schuhen stolzieren den Gehweg auf und ab. Es handelt sich um Teil zwei der praktischen Übung: Stöckeln auf Asphalt. Zwei Polizisten beobachten die Frauen staunend aus ihrem Auto heraus. Dann fahren sie weiter. Noch ist es nicht dunkel. "Mit der Fußspitze zuerst auftreten", sagt Jessica Vanessa Cristelli zu einer Teilnehmerin, die das Gehen auf "Risikogebieten" wie Kopfsteinpflaster lernen will. "Mit dem Absatz nicht den Boden berühren", empfiehlt Cristelli einem Mädchen, das über einen Gitterschacht stakst. "Nicht auf den Boden schauen", mahnt die Leh­rerin eine Schülerin, die von ihrem Mann ­Zwölf-Zentimeter-Heels geschenkt bekommen hat. Und den Kurs gleich dazu. "Vergessen Sie, dass Sie hohe Schuhe tragen", rät Jessica Vanessa Cristelli, die den Frauen "helfen will, sich gut und weiblich in High Heels zu fühlen".

Kurse wie diesen mögen die Funktio­näre beim Deutschen Volkshochschul-Verband in Bonn nicht sonderlich. Also bei dem Verband, der über sich und seine angeschlossenen Institute behauptet: "Frauenförderung und Geschlechtergerechtigkeit sind ausdrückliche Ziele." Die perfekte Inszenierung der äußeren weiblichen Werte scheint diese Ziele zu konterkarieren. Zumal sich das häufige optische Verlängern der Beine im Alter rächt. Orthopäden wissen das, und Krankenkassen kennen die Studien. Doch offiziell drückt sich der Bonner Verband freundlich aus. Das Programm der Volkshochschulen sei sehr viel vielfältiger geworden, sagt Bernd Passens, Referent für berufliche Weiterbildung in Bonn. "Deshalb gibt es wohl auch Kurse, die einen zum Schmunzeln bringen." Passens versichert allerdings, dass die überwiegende Zahl der Angebote dem entspreche, was man unter Weiterbildung verstehe.

Ein Stöckelkurs gehöre nicht unbedingt zur Kernaufgabe einer Volkshochschule, weiß Elvira Schuster. "Aber wenn er gut ankommt, ist er genauso wichtig wie ein Computerkurs", sagt die Pressereferentin, die ebenfalls bei Jessica Vanessa Cristelli auf hohem Niveau gehen lernt. "Wollen Sie eine Übung im Rennen machen?", fragt die Lehrerin. "Nein", rufen die Schülerinnen. Sie trainieren konzentriert das elegante Obenbleiben. Dass sie von einer Gruppe junger Männer beobachtet werden, scheinen sie gar nicht zu merken.

In Raum C 202 wird Wasser ausgeschenkt. Die Frauen hängen ermattet in den Stühlen. 45 Minuten in High Heels sind anstrengend. Zeit für ein bisschen Theorie. Die passende Absatzhöhe findet man so: auf die Zehenspitzen stellen; verliert man das Gleichgewicht, ist der imaginäre Stiletto zu hoch. Die beste Übung geht so: ein Ei mit Klebeband unter der Ferse befestigen und darauf achten, dass es beim Laufen nicht zerbricht. Der wichtigste Rat lautet so: auf die Füße hören. Wenn sie schmerzen, Schuhe ausziehen.

Zu Hause nur barfuß

Jessica Vanessa Cristelli ist 24 Jahre alt. Ihre ersten High Heels trug sie mit 15. Heimlich, weil die Mutter dagegen war. Heute ist sie jeden Tag darin unterwegs. Beim Autofahren, beim Hundausführen, beim Auf-die-Bahn-Rennen, bei der Arbeit. Die regulär 158 Zentimeter große Frau arbeitet bei der VHS im Personalbüro. "Sie laufen acht Stunden mit High Heels rum?", fragt Katharina. Die 16-Jährige besucht zum ersten Mal einen Kurs an der Volkshochschule. Jessica Vanessa Cristelli antwortet: "Ja, aber zu Hause gehe ich nur barfuß." "Haben Sie keine Probleme mit der Wirbelsäule?", will Katharina wissen, die den Kurs von ihrer Mutter geschenkt bekam – wenn sie schon auf Hacken laufen will, soll sie es wenigstens können. Jessica Vanessa Cristelli hat keine Probleme mit der Wirbelsäule und auch keine verkrüppelten Zehen. "Aber die Gefahr besteht schon, oder?", hakt Katharina nach. Das sei wie mit dem Rauchen, erklärt die 24-jährige Hochschuh-Dozentin. "Man weiß, dass es ungesund ist - aber man macht es trotzdem." Dann geht die Klasse wieder raus auf die Straße. Weiter üben, üben, üben.

Fortschritte: Informationen zum Gehen auf hohem Niveau gibt es bei der Volkshochschule Stuttgart, 0711 1873728.

[nicole6]

meine Standartpumps haben 12cm Absatz, und das bei flachem
Schuhvorderteil, oft trage ich aber auch 15cm, echte 15cm,
weil auch hier der Vorderteil flach ist, und ich habe keine Probleme,
weder mit dem Rücken, noch mit den Füßen noch sonst.
Ich kann auch den ganzen Tag damit gehen, Radfahren,
Autofahren, und das nach 40 Jahren High Heels!
Nicole

[friederike]

Geht mir genauso *grins*

High heels richten den weiblichen Körper einfach viel erotischer auf .... die VHS macht sich hier wirklich verdient, endlich einmal ein VHS-Kurs, der sich lohnt!

[nicole6]

ich wurde ab und zu "ermahnt" doch flache Schuhe zu benutzen.
Mit den 15cm-Absätzen würde ich meine Gesundheit ruinieren,
und da ich selbst schon 180cm groß bin, würde ich die meisten
Männer überragen, und das sei doch als Frau nicht gut.
Wenn ich das höre, dann frage ich die Person, wie ich denn bei
meinen Bergtouren ins Tal zurück kommen soll, denn dann ist
mein Fuß genau in der Position wie in den High Heels?
Soll ich etwa rückwärts gehen?
Und was die Größe angeht, welchen Grund gibt es, auf Männer
einzugehen die eitel sind und Minderwertigkeitskomplexe haben?
Die sollen doch besser zum Psychologen gehen!
Heute findet man auf Spiegel-online und web.de einen Artikel
über eine Untersuchung die besagt, daß im Durchschnitt die
Frauen intelligenter sind als Männer.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 44459.html
http://web.de/magazine/wissen/mensch/15 ... enner.html
Um zu dieser Einsicht zu kommen. brauche ich keine "wissenschaftliche"
Studie, aber auf sie hinzuweisen schadet auch nicht!
Für einige Männer sind das harte Brocken!
Zu einer Frau auf High Heels hinaufschauen zu müssen, können
sie eventuell noch ertragen, aber intelligenter ...!?!
(Nebenbei bemerkt, werde ich eher von kleinen Männern angemacht
als von großen oder durchschnittlichen.)

ciao!
Nicole

[Svea]

Um zum Thema zurück zu kommen, ich finde einen Stöckelkurs nicht so schlecht, denn was ich manchmal auf der Straße sehe lässt mich tatsächlich grübeln....

[Moonlight]

entweder man kann drauf laufen, oder nicht

Aber ein Seminar um zu lernen drauf zu laufen, naja Wenn man nicht weiß wohin mit seinem Geld *lach*

Trage schon seit meinem 18. Lebensjahr relativ hohe Schuhe, sei es Pumps, Stiefel oder jetzt diese Plateustiefel...

Habe festgestellt, je höher die Stiefel, je weniger kann man (zumindest ich) drauf laufen... muß ich dann aber auch nicht lernen um mir die Hacksen zu brechen...