Hier folgt eine gute Argumentationshilfe gegen falsche Argumente
Soll Prostitution verboten werden? Nein, sagt der Politikwissenschaftler John Meadowcroft in seinem Beitrag für den sehr lesenswerten englisch sprachigen Sammelband „Prohibitions“ des Institute of Economic Affairs, in dem die Verbotspolitik des Staates aus liberaler Perspektive untersucht wird.
Er hält nicht die Prostitution an sich, sondern das Verbot der Prostitution für moralisch fragwürdig.
Prostitution sei eine Dienstleistung, die den Sexarbeitern – Frauen und Männern – die Möglichkeit gibt, ein Einkommen zu erzielen und den Kunden die Möglichkeit, Sexualität außerhalb konventioneller Beziehungen auszuleben, entweder weil eine solche Beziehung nicht vorhanden ist oder weil bestimmte Praktiken und Bedürfnisse in diesen Beziehungen nicht ausgelebt werden können.
Der Staat solle statt das Verbot zu erlassen, ein vernünftiges legales Rahmenwerk schaffen, dass die Belästigung nicht beteiligter Personen ausschließt, Kontrollmöglichkeiten und Transparenz schafft.
In dem Aufsatz untersucht er auch ausführlich die Argumente, die für ein Verbot der Prostitution ins Feld geführt werden.
Der Markt für sexuelle Dienstleistungen
Der Markt für sexuelle Dienstleistungen bestehe aus 3 Segmenten:
- Der Straßenprostitution,
- den Bordellen und
- den Escort-Services.
Den schlechten Ruf verdanke das Gewerbe vor allem der Straßenprostitution, die in der Tat hohe Zahlen für Drogenabhängigkeit und Gewalt aufweist und oft von Passanten und Anwohnern als störend empfunden wird. Sie ist die sichtbarste Form der Prostitution und präge deshalb auch das Image. In ihr seien aber nach den vorhandenen Daten nur 20% der Prostituierten beschäftigt.
Die größte Zahl der Prostituierten arbeitet in Bordellen und im Escort-Bereich, die in der Öffentlichkeit viel weniger zur Kenntnis genommen werden.
Die Einkommen der dort beschäftigten Frauen liegen im Schnitt etwa dreimal so wie der Lohn für manuelle Tätigkeiten und im Escort-Bereich könnte eine Frau in Großbritannien jährlich mehr als 50.000 Pfund verdienen.
Legal oder illegal?
Einige Länder wie Deutschland, Australien, die Niederlande, Ungarn, Großbritannien und der Staat Nevada in den USA verfolgten die Strategie Prostitution unter Auflagen zu legalisieren.
Verboten ist die Prostitution hingegen in großen Teilen der islamischen Welt und in Schweden. Während in islamischen Staaten wie dem Iran und Somalia, Prostituierte sogar mit der Todesstrafe bedroht werden, kriminalisiert Schweden vor allem die Kunden sexueller Dienstleistungen.
In vielen europäischen Ländern gibt es inzwischen Kampagnen, die das Verbot der Prostitution fordern.
Meadowcroft untersucht die Argumente, die dafür und dagegen sprechen. Er bezieht sich auf die Ausführungen von John Stuart Mill, wonach individuelle Freiheit nur dann eingeschränkt werden darf, wenn anderen mit diesen Handlungen Schaden zugefügt werde.
Gegen die Prostitution würde vorgebracht: (1) Dass sie zum einen den dort beschäftigten Frauen schaden würde, weil sie ökonomisch ausgebeutet würden. (2) Und, dass die Gesellschaft geschädigt werde, da von der Prostitution negative externe Effekte ausgingen.
1. Argument: Ökonomische Ausbeutung von Frauen?
Vertreter der Ausbeutungsthese tragen vor, dass die Frauen, die in der Prostitution tätig wären, keine Alternative dazu hätten und deshalb die Wahl nicht „freiwillig“ sei. Dabei werde in der Regel kein Unterschied zwischen der Straßenprostitution und den anderen Bereichen der Sexarbeit gemacht.
Empirisch werde das Argument aber nicht gestützt, dass nur Frauen in diesem Gewerbe tätig seien, die keine Alternative hätten. Nachweislich seien in dem Gewerbe Frauen mit unterschiedlichem sozioökonomischem Hintergrund tätig. Studien fanden gerade im Escort-Bereich einen hohen Anteil von Beschäftigten mit Universitätsabschluss. Eine der umfangreichsten Studien aus den USA kam zu dem Ergebnis, dass etwa ein Drittel der weiblichen Prostituierten einem Milieu mit vergleichsweise hohem Einkommen entstammen.
Ethisch betrachtet, sei Prostitution einer Sonderform der sexuellen Freiheit. Wenn jedes Individuum das Recht hat seinen Sexualpartner selbst zu wählen, dann schließe das auch das Recht ein, das aus finanziellen Motiven zu tun.
Das zu verneinen hieße, dem Staat das Recht einzuräumen, zu entscheiden, welche Form von einvernehmlichem Sex zwischen Erwachsenen erlaubt und welche verboten sein soll. Dies wäre ein massiver Eingriff in die persönliche Freiheit und das Recht auf Eigentum an der eigenen Person.
Das Recht von Frauen über den eigenen Körper zu verfügen, werde nicht durch die Sexarbeit, sondern durch ihr Verbot eingeschränkt.
2. Argument: Schaden an der Gesellschaft
Die zweite Art von Argumenten für ein Verbot von Prostitution stellt nicht die Rechte der Frau, sondern den Schutz der Gesellschaft in den Vordergrund. Prostitution trete mit verschiedenen anderen Formen von Kriminalität wie Drogenmissbrauch und Menschenhandel auf, trage zur Verbreitung von Geschlechtskrankheiten, Belästigung und dem Scheitern von Beziehungen, Ehen und der Zerstörung von Familien bei.
Der Autor macht darauf aufmerksam, dass viele Vorwürfe, die gegen die Prostitution vorgebracht werden, wie den Schaden für Ehen und die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten, auch auf andere sexuelle Aktivitäten wie Seitensprünge und One-night-stands zu treffen. Konsequenter Weise müsste man diese dann auch verbieten – was zum Beispiel in vielen islamischen Ländern der Fall ist.
Die Verbindung zu illegalen Aktivitäten ergäbe sich aus dem rechtlichen Status der Prostitution, die in vielen Staaten entweder verboten oder sich in einer rechtlichen Grauzone bewegt. Unter solchen Zuständen nähme sich die organisierte Kriminalität dieses Gewerbes an. Ähnlich wie zur Zeit des Alkoholverbotes auch Alkoholausschank in der Regel mit kriminellen Aktivitäten verbunden war. Der beste Weg, dies zu überwinden sei, die Prostitution zu einem normalen Wirtschaftssektor zu machen. Insgesamt zeige die Empirie, dass der legale oder illegale Status wenig Einfluss auf die Zahl der Prostituierten in einem Land hätte.
Zu den Argumenten, dass Prostitution auch denjenigen schadet, die nicht in den Akt involviert sind, gehört die Behauptung, dass Prostitution das Bild von der Überlegenheit des Mannes festschreibe. Der Autor sieht aber im Gegenteil Freier, die für Sex bezahlen müssen, gegenüber einer Frau in einer viel schwächeren Position als Männer, die Sex haben, ohne finanzielle Gegenleistung erbringen zu müssen.
Es sei an sich schon falsch davon auszugehen, dass Frauen eine einheitliche „Klasse“ mit gemeinsamem Erfahrungshorizont bilden.
Aus dem Umstand, dass einige Frauen – und auch einige Männer – diesem Gewerbe nachgehen, lasse sich kein Rückschluss auf die Position anderer Männer und Frauen in der Gesellschaft ziehen.
http://liberalesinstitut.wordpress.com/ ... oten-sein/
- John Meadowcroft
„Prohibitions“
Institute of Economic Affairs
http://www.iea.org.uk/sites/default/fil ... 429pdf.pdf
140 Seiten
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