Seminar für Kunden von SexarbeiterInnen in Berlin

Wenn ihr etwas über Events erfahrt, die für eure KollegInnen von Interesse sein könnten - Hier rein damit!
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fraences
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Seminar für Kunden von SexarbeiterInnen in Berlin

Beitrag von fraences »

Auf Wunsch von Stephanie eröffne ich diesen Thread.

Seminar für Kunden von SexarbeiterInnen
Vom 13. – 15. 12. 2013 in Berlin
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Klaus Fricke
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RE: Seminar für Kunden von SexarbeiterInnen in Berlin

Beitrag von Klaus Fricke »

Weitere Informationen:

Veranstalter: Deutsche Aidshilfe: Seminarankündigung 2013

Konzepttreffen Prävention für Kunden in der Prostitution


vom 13. - 15. 12. 2013 in Berlin

Ort: Berlin
Zielgruppe: Kunden von Sexarbeiterinnen
Moderatorin: Stephanie Klee, Berlin
Trainerinnen: Gabriele Schreiter und Torsten Freitag
Teilnehmer/innenzahl: 12
Teilnahmekosten: keine
Fahrtkostenerstattung: ja
Anmeldung an: Deutsche AIDS-Hilfe e.V., Wilhelmstr. 138, 10963 Berlin
Rückfragen an: Jens Carstensen, Tel.: 030/690087-29

Anmeldeschluss: 29.11.2013
Seminarkennnummer: 4F-3298





Freier, die Kunden von Prostituierten, geraten immer dann in den Fokus der Kritik, wenn es um Gewalt, Zwang, risikoreiches und unfaires Verhalten gegenüber Sexarbeiterinnen geht. In der Auseinandersetzung fällt dann schnell auf, dass angeblich keiner Kunden kennt, keiner weiß, wie man sie finden und ansprechen und noch viel weniger, wie man ggf. Einfluss auf ihr Verhalten ausüben kann. Von einer öffentlichen Positionierung der Kunden kann man ebenfalls nicht ausgehen; die Äußerungen in den Foren sind nur Einzelmeinungen und werden zudem anonym geschrieben. Auch ist ein Netzwerk oder Zusammenschluss von Kunden in Deutschland nicht in Sicht.

Nichts desto trotz soll Kunden auf dem Seminar Raum geboten werden, sich über ihre Wünsche und Bedürfnisse auszutauschen, Erfahrungen in der Prostitution zu thematisieren, über Sexualität im Allgemeinen und im Einzelnen zu diskutieren, und ggf. Überlegungen anzustellen, wie sie sich in gesellschaftspolitische und gesundheitliche Präventionsarbeit einbringen wollen.

*Stephanie*
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Beitrag von *Stephanie* »

Ihr seid klasse - danke an Fraencis und Klaus,
das nenne ich Teamarbeit! Danke!
In dem Seminar wird in einem partizipativen Ansatz Kunden von SexarbeiterInnen der Raum gegeben, sich über Ihre Wünsche, Bedürfnisse und Erfahrungen auszutauschen.
Alles kann - nichts muss.
Für Fragen stehe ich gern zur Verfügung: 0174-9199246

Stephanie

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Beitrag von *Stephanie* »

Die Deutsche AIDS-Hilfe trägt alle Kosten:
Anfahrt, Hotel, Essen, etc.

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Melanie_NRW
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RE: Seminar für Kunden von SexarbeiterInnen in Berlin

Beitrag von Melanie_NRW »

Gibts da auch irgendwo einen Link für?

Finde das online leider nirgends :(

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Marc of Frankfurt
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Paysexkunden-Seminar

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Es gibt von der DAH ein Jahres-Seminarprogramm. Darin wirst du es bestimmt finden.
___


Auch ist ein Netzwerk oder Zusammenschluss von Kunden in Deutschland nicht in Sicht.
Das kann sich ja nach dem Treffen schlagartig ändern. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Koalition die Freierstrafbarkeit für Kunden von sog. Zwangsprostituierten einführen will.





Hier ein paar Arbeitsmaterialien:

"Hands off our clients!"
Advocacy and activism tool kit
against the criminalisation of clients
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=135513#135513

Freier-Forschung - Freier das unbekannte Wesen
www.sexworker.at/freierforschung

Richtige Wahl der Kondomgröße
Kinsey Research Institut: "Falsche Kondomanwendung ist wie keine Kondomanwendung"

Sexworker untersuchen ihre Kunden selbst auf STI vor dem Akt: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1310

Wie können sich Paysexkunden mit Sexworker-NGOs strategisch clever vernetzen, ohne dass sie als Schowies in den Medien rüberkommen, etwa wie die die in Frankreich teilweise reaktionär rufen: "Hände weg von meiner Hure" ;-)

So wie es für Schwule und Lesben Coming-out Gruppen gibt, braucht es die auch für Sexworker und Prostitutionskunden?! Sexworker-Stammtische kultivieren wir auch in manchen Städten
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=59323#59323 SW only

Zu für Sexworker bisweilen extrem belastende Freierforen, gäbe es auch einiges anzumerken und es braucht dort mutige Prostitutionskunden, die für die Sache von Sexworkern vermitteln können...
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=66581#66581

Was wissen Kunden eigentlich über ihre Marktmacht? Nachfragermärkte? Unterschiedliche Power von Geld vs. Sex im patriarchalen, globalen, neoliberal entgrenzten Kapitalismus? Wie sieht es aus mit der zeitlichen Dimension wie Nachhaltigkeit bezüglich Geld vs. Sex? Wo gibt es Ähnlichkeiten und Unterschiede bei der Stigmatisierung/beim Stigma-Management? (Z.B. die Sexarbeiter_in ist die ganze Zeit sichtbar am Arbeitsplatz oder in der Werbung und kann rel. leicht Opfer von Stigmatisierung werden, während der Kunden nur kurzzeitig im Bordell anzutreffen ist). Leiten sich aus solchen Asymmetrien gewisse Verantwortlichkeiten ab? Welche?

Selbstbestimmung: Ist mann eher ein emotionaler Kunde oder ein professioneller Kunde? ...

Freier gibt es viel mehr als Sexworker! Sei können wesentlich dabei helfen die Prostitutionslandschaft, die Prostitutionsregulierung aufzuklären, die für Sexworker sehr unübersichtlich und für beide diskriminierend ist. Freier haben teilweise eine viel längere Prostitutionserfahrung und meist sind sie älter und haben mehr Berufs- oder Lebenserfahrung... Helfen können Prostitutionskunden z.B. hier im Sexworker Forum beim Aufbau der für die Emanzipation der Prostitution notwendigen Fachinformations-Sammlungen:
www.sexworker.at/lokal
www.sexworker.at/international
www.sexworker.at/prostg
www.bit.ly/sexworkatlas
...

In den Medien wird von Prostitutionsgegnern immer nur einseitig auf seelische Gefahren für Sexworker und Frauen abgehoben was die "Käuflichkeit" betrifft. Aber auch für den männlichen Kunden ist das eine seelisch-philosophisch-weltanschauliche Herausforderung. Hier fehlt es eindeutig an öffentlichen Diskursen und positiver Wertebildung jenseits von egoistisch-hedonistischer Lustbefriedigung. Was bringt Prostitution als Wert für die Gesellschaft für eine befriedigte/befriedete Männerschaft/Arbeiterschaft?
Von einer öffentlichen Positionierung der Kunden kann man ebenfalls nicht ausgehen
Das sollte sich ändern. Sich nur auszutauschen wie es im Ankündigungstext heißt ist unter der derzeitigen Situation eindeutig zu wenig.

Hier eine Philosophie der Wollust zur Einstimmung
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=43748#43748

ehemaliger User
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Re: Paysexkunden-Seminar

Beitrag von ehemaliger User »

gelöscht (wegen döspaddeliger Anwendung von falschen Buttons)
Zuletzt geändert von ehemaliger User am 22.11.2013, 11:50, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Paysexkunden-Seminar

Beitrag von ehemaliger User »

Zitat Marc: "Was bringt Prostitution als Wert für die Gesellschaft für eine befriedigte/befriedete Männerschaft/Arbeiterschaft?"

Zumindest die Variante mit der "befriedeten Arbeiterschaft" ist dann aber auch ziemlich ambivalent, so aus klassisch dogmatisch linker Sicht gesprochen *lach*

Klaus Fricke
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RE: Seminar für Kunden von SexarbeiterInnen in Berlin

Beitrag von Klaus Fricke »

@ Marc
Im Jahresprogramm eher nicht zu finden, da das Seminar kurzfristig organisiert wurde

@ Melanie und alle
Link gibt es leider nicht. Aber wenn von Euch jemand in Kundenforen aktiv ist, wäre es eventuell eine gute Idee dort auf das Seminar hinzuweisen und es zu empfehlen. Es gibt sicher nur wenige in diesen Foren schreibende Kunden, die sich angesprochen fühlen dürften, aber es gibt welche.

Eigene Aktivitäten:
Die wenigen Kunden des Bremersexforums zu denen ich noch Kontakt habe, obwohl mir mein Account gesperrt wurde (hatte mich u.a. für verantwortliches Verhalten seitens der Kunden, gegen Abwertungen und Rassismus und für angemessene Honorare von SW ausgesprochen - das war dann irgendwann zu viel), habe ich bereits informiert und teilnehmen werde ich als langjähriger Kunde natürlich auch.

Grüße
Klaus

Martin*
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Beitrag von Martin* »

@Klaus
Auch wenn das Seminar kurzfristig organisiert wird, so denke ich, dass es hier gut beworben wurde und Stephanie alle ihr zur Verfügung stehenden Kanäle genutzt hat. Es gibt 12 Plätze und wie Du habe ich mich bereits infomiert und angemeldet. Freue mich auf ein spannendes Seminar mit spannenden Menschen.

Schöne Grüße
Martin*

*Stephanie*
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Beitrag von *Stephanie* »

Danke an Alle - Ihr wißt, ich bin nicht so Foren- und Internet-afin - bzw. die A.Sch.-Aktion und das gesamte politische Drum-Herum zehren an meiner Zeit und Nerven.
Zu dem Seminar:
Da es kurzfristig (wegen Restmittel) erst möglich war, müssen wir einiges hinnehmen, was anders gewünscht wäre: z. B. die kurze Info- und Anmeldezeit. ABer seit 2 Jahren bin ich an der Finanzierung dran und will jetzt die Chance nicht ungenutzt vorüber ziehen lassen. Ihr wißt, wie das mit dem Geld ist - für Empowerment in der Prostitution und dazu gehört auch das Freiersein wird eher nichts gegeben.

Es wird auf der anderen Seite im Seminar nicht viel vorgegeben, d. h.: Alles kann - nichts muss. Auf diesen partizipativen Ansatz will ich nicht verzichten: die Teilnehmer = die Kunden/Gäste von SexarbeiterInnen entscheiden.
Also: wer über "Ficken" entlich mal laut und deutlich reden will, ist herzlich willkommen.
Wer sich über SexarbeiterInnen und die guten und schlechten Erfahrungen mit ihnen austauschen will, ist ebenfalls herzlich willkommen.
Wer über Frau A.Sch. abhetzen will, auch der findet seinen Raum.
Kondome, AO, Triebabfuhr, Verliebtheit, Respekt, Kraft - alles her damit. Und gern noch viel mehr!
Stephanie

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Beitrag von *Stephanie* »

An alle Interessierten und besonders die engagierten Kunden, die sich zu dem Seminar schon angemeldet hatten,
heute hat die DAH - auf Druck der BzgA - das Seminar abgesagt. Die DAH wird das allen TrainerInnen und Teilnehmern mitteilen.
Ich bin sauer, enttäuscht, entsetzt und frage mich: wer sind für mich die richtigen Partner?
Dabei geht es um Macht und Geld und Ideen + + + Spielchen hinter den Kulissen.
Später mehr
Stephanie

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Arum
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Beitrag von Arum »

@Stephanie, schreckliche Nachricht, die Du da hast. Es steht schon zu befürchten, dass sich da welche von der allgemeinen Schwarzer-Stimmung haben beeinflussen lassen. Es gibt keinen anderen möglichen Ort?

Ich hätte selber gerne teilgenommen, Berlin ist mir leider aber zu weit.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

Martin*
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Beitrag von Martin* »

@Stephanie
Wie gemein ist das denn! DU bist zu recht sauer, enttäuscht und entsetzt!!! Die ganze Energie und Vorbereitung - über 2 Jhare - für nix! Nur weil es Menschen gibt, die ihre Machtspiele durchziehen! Anstatt an für die gute Idee zu arbeiten, wird nach Druck von einer Seite einfach alles abgesagt!
Mehr als schade, da es soetwas überhaupt noch nicht gab und es absolut wichtig ist sich mit den Freiern zu beschäftigen. Denn es gibt hier noch viel unbekannten und bekannten bedarf. Hier ist wirklich eine riesen Chance vertan worden!

Martin*

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fraences
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Beitrag von fraences »

@Martin @Arum

So sehe ich es auch. Liebe Stephanie, ich weiß wie viel Herzblut Du in die Seminare legst, und das macht mich traurig diese absurde Entscheidung zu hören.

Gerade, wo die Freier so stark stigmatisiert werden und nicht sich so offen äußern können, wäre diese Tagung ein tolle Austausch gewesen.

Wir müssen unabhängiger werden und unsere Dinge autonom durch ziehen. Lass uns genau daran weiter arbeiten.

Liebe Grüße, Fraences
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Beitrag von *Stephanie* »

Hallo,
es sind Machtspiele zwischen Harriet Langanke/sex-sicher mit der BzgA als Partner und der DAH.
Anscheinend hat jemand ein "Alleinvertretungsrecht" in Deutschland, wenn es um Kunden geht. Auch wenn dieser jemand dann keine Ideen und keine Mitstreiter hat und auch einen anderen Ansatz verfolgt.
Es reicht halt im Berein Prostitution nicht, eine Idee zu haben. Man braucht auch die Unabhängigkeit und das Geld.
@ liebe Fraencis
Was ich selbst immer wieder predige, habe ich - mal wieder - am eigenen Leib erfahren müssen.

Für Sexarbeit kriegst Du zwar nicht immer ein Lob oder ein positives Feedback, doch immerhin Geld. Und wenn Kunden zurückkommen, ist das auch quasi eine Güte. Im politischen Kontext wirst Du dagegen nur getreten und verachtet.
Stephanie

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Marc of Frankfurt
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Grundsätzlich über Sexwork & Politik

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Solche "Politik" gibt es natürlich auch in der Prostitution etwas zwischen Betreibern (in den Medien gerne Zuhälter-Krieg genannt) oder zwischen Sexworkern (ausländerfeindlich: "die machen doch alles ohne Kondom", Zickenkrieg...) und bekanntlich auch zwischen Prostituiertenberatungsstellen (Liste).

Fies wird es bekanntlich immer besonders dann, wenn es ums Geld geht (Tabu Geld, "da hört die Freundschaft auf") und Triebe ins Spiel kommen z.B. "Gier" bei Vielverdienern oder -auf der anderen Seite des Spektrums- die "Existenzangst" bei Leuten in Not.





Der Unterschied zwischen Sexwork und Politik ist m.E. primär der, dass in der vom Direkttausch (barter trade) geprägten Sexarbeit quasi ein "Leben im hier und jetzt" verwirklicht werden kann, wo Feedback unmittelbar fließt, was die Sache so angenehm klar und auch einfach macht.

Bei Politik und Geschäftemacherei handelt es sich hingegen um einen mitunter jahrelangen Aufbauprozess, wo unter viel Arbeitseinsatz bei gleichzeitigem Entlohnungsaufschub erstmal investiert werden muß, wo dann erst in Zukunft und auch nur eventuell eine Rendite fließt (Wette auf die Zukunft, bisweilen als "Spekulation" abgewertet. Vgl. Psychologie der Zeit).

Während Karriere, Politik und Wirtschaft ein Investment und Wette auf die Zukunft sind, ist Sexwork eine archaisch-natürliche Lebens- und Arbeitsweise ("ältestes Gewerbe" www.bit.ly/sexworkgeschichte ...läd langsam). Dieses Konkurrenzverhältnis der Wirtschafts-Systeme begründet nach meiner Überzeugung die Misoharlotry, die Sexwork-Feindlichkeit.

Eine sog. "Prostitutionsfalle" entsteht immer erst dann, weil durch Spezialisierung auf Sexarbeit nicht gleichzeitig auch mit der notwendigen Vollzeitanstrengung eine bürgerliche Karriere in Politik oder Wirtschaft verfolgt werden kann. Dieses Investititionsdefizit kann über die Jahre meist nicht mehr eingeholt werden (Ausstiegsprobleme, Altersarmutsprobleme, Stigma- und exklusionsbedingte Probleme kummulieren sich...). D.h. bei Sexarbeit ist die sog. Wette auf die Zukunft oftmals mit der grundsätzlichen Entscheidung Sexworker zu werden verknüpft, dh. in einer tabuisierten, stigmatisierten und teilweise immer noch kriminalisierten Branche zu arbeiten (Exklusion), während sie beim Politiker oder Unternehmer oder Menschen in eine bürgerlichen Karriere nur von einzelnen Berufsentscheidungen, Investitutionsprojekten oder Koalitionen abhäng gemacht wird (Inklusion).

Weil der Konflikt bei Sexarbeit grundsätzlich verortet ist, deshalb können manche Zeitgenossen auch nur glauben dass Sexwork nur unter Zwang oder Täuschung möglich sei ("90%...").

Dabei ist das grundätzliche Problem der Konflikt zwischen "Natur- und Kulturarbeit". Die Sexworker verkaufen teilweise etwas, was sie natürlich geschenkt bekommen haben (ihre sexuelle Attraktivität "Körper verkaufen"), während alle anderen Arbeiter in der modernen arbeitsteiligen Fremdversorgungswirtschaft immer nur verkaufen können, was sie zuvor erarbeitet haben. Menschen müssen also immer in Vorleistung treten. Es braucht immer Vorfinanzierung d.h. Kredit. Unser ganzes Geldsystem basiert auf Fiat-Money, auf durch Verschuldung geschöpftes Buchgeld privater Konzerne. Das erzeugt einen universellen Arbeitszwang, der dann auf Prostitution projiziert werden kann um ihn dort stellvertretend abzustrafen. So Tabu wie die Prostitution ist daher auch das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE), welches genau im selben Problemkomplex von Verschuldung und Arbeitszwang ansetzt. Und was die individuelle Unabhängigkeit und finanzielle Zukunftsplanung betrifft, da fängt frau am besten mit der finanziellen Aufklärung der Sexworker über Altersvorsorge an (PDF). Wir brauchen wirtschaftlich erfolgreich und nachhaltig abgesicherte Sexworker, wenn wir überhaupt mit Personalpolitik für gute Sexworker-Interessenvertretung weitermachen wollen.





Wenn wir aus solchen politischen Konfliktsitution als Veranstalter heraus wollen, sollten wir überlegen, wie wir Aufklärungsarbeit und Sexbiz zusammenführen können. Können wir die Emanzipations-Projekte der Sexworker-Vereine nicht durch Prostitution finanzieren, ohne als Zuhälter kriminalisiert zu werden oder beschimpft zu werden wie gerade Dona Carmen durch Schwarzer? Mitgliedsbeitrag im Self-Regulatory Board (SRB siehe englisches PDF) oder der SW-Gewerkschaft und -Kammer. Oder gibt es andere (begünstigte) Rechtsformen wie SW-Religionsgemeinschaft oder SW-Stiftung um die wir uns kümmern müssen? In Indien haben die Sexworker eine eigene Genossenschafts-Bank neben dem SRB. Wir brauchen evt. eine Event-Agentur, die Wochenenden oder Fahrten gestaltet, wo Paysex/Sexwork und Emanzipations-Fortbildungen gemeinsam zu haben sind. Sexparties mit Selbsterfahrungskomponente. Bordellarbeit mit Erwachsenenfortbildung... Vieles ist ja bereits in Ansätzen und Pilotprojekten vorhanden und erfolgreich getestet worden.

Klaus Fricke
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RE: Seminar für Kunden von SexarbeiterInnen in Berlin

Beitrag von Klaus Fricke »

Guten Abend,

sobald ich eine Absage von der DAH bekomme, werde ich dazu Stellung nehmen und mein Bedaueren und meine Verwunderung zum Ausdruck bringen, dass das Seminar, welches in D wohl erstmals die Chance zu einer Selbstorganisation von bekennenden Kunden der Sexarbeit eröffnet hätte, abgesagt worden ist, nicht ohne die Forderung zu stellen, dass solch ein Seminar unter der Schirmherrschaft der DAH und unter Leitung von ProSexWork und SaferSex Aktivistinnen und in Kooperation mit bekennenden Kunden der Sexarbeit sobald möglich zu organisieren sei.

Grüße
Klaus

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Stephanie

ach Menno...! :017

Aber fühle Dich von mir solidarisch gedrückt :007

Kasharius grüßt und versteht die Welt nicht mehr

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RE: Seminar für Kunden von SexarbeiterInnen in Berlin

Beitrag von Klaus Fricke »

Guten Tag,

Ich stelle die Informationen an dieser Stelle ein, da ich meine, sie können in der weiteren Diskussion um die Förderung von Netzwerken für ProSWKund_innen wichtig sein:

Der Deutschlandfunk, erlaubte es am 02.12.2013, 12:21 Uhr, im Rahmen seiner Sendung "Informationen am Mittag" Frau Anetta Wildmann-Mauz, CDU, geschäftsführende parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerum und stellvertretende Bundesvorsitzende der Frauenunion, in einem Interview zum Prostitutionsgesetz Stellung zu nehmen. Frau W-M äusserte sich auch zu Kunden von SW (von Kundinnen war nicht die Rede und es war lediglich die Rede von Kunden und Sexarbeiterinnen, TS und Sexarbeiter kamen nicht vor).

Zitate:
"Und im Übrigen ist es auch wichtig für einen Freier, durchaus, wenn er das Gefühl hat, hier stimmt etwas nicht, sich den Ordnungsbehörden zu offenbaren, denn auch damit hilft er, entsprechende Straftatbestände dann aufzuklären" ... "Ich bin der festen Überzeugung, dass sich viele Männer mehr Gedanken darüber machen, welche Dienstleistungen - auch unter welchen Bedingungen sie erbracht werden - sich anzuschauen und Gedanken zu machen, wenn er weiß, dass er auch dafür belangt werden kann, wenn er sich entsprechenden Diensten bedient."

Dass die CDU Frau Wildmann-Mauz eine Befürworterin repressiver Maßnahmen gegen SW ist, sollte klar sein. Sie möchte Kunden der SW zwingen, Aufklärungsarbeit bei Straftaten zu leisten. Die geplante Freierbestrafung soll die Möglichkeit schaffen, Kunden der SW zu belangen und so auch Informationen abzuschöpfen (Deal?).

In beiden Beiträgen räumt Frau Wildmann-Mauz allerdings ein, das Kunden der SW durchaus verantwortungsbewusst handelnde Menschen sind und die zusätzliche Repression dieses Verhalten verstärken soll. NaJa, wenn sie sich da nicht täuscht. Ich glaube eher, die Kunden werden einen langen Schuh machen, wenn sie strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt werden. Aber die Mehrheit der Politiker_innen scheinen nach wie vor Repression für das erste Mittel der Wahl zu halten, obwohl Strafrecht ultima Ratio staatlichen Handelns zu sein hat. Ich habe es verstanden. Die Keule des Neandertals ist immer noch Richtschnur der Macht.

Nun stehen allerdings die Annahme, Kunden der SW seinen durchaus verantwortungsbewusst handelnde Menschen und die Absage eines Kundenseminares der DAH durch Intervention der BzgA (siehe @stephanie in ihrem Post oben "es sind Machtspiele zwischen Harriet Langanke/sex-sicher mit der BzgA als Partner und der DAH.") in einem gewissen Spannungsverhältnis, gar Widerspruch zueinander. Dazu wäre Frau Wildmann-Mauz als geschäftsführende parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerum bei Gelegenheit zu befragen. Ihr sollte doch bewusst sein, dass eine Veränderung lediglich durch das Strafrecht, ohne zivilgesellschaftlichen Konsens und ohne Förderung, zumindest aber ohne Tolerierung zivilgesellschaftlichen Engagements wenig Früchte trägt.

Im Fall des DAH Kunden-Seminars, ist scheinbar selbst Tolerierung hochamtlich nicht gewollt. Eventuell gerade deswegen nicht gewollt, da es sich um einen Selbsthilfeansatz, handelt, der aus dem SW kommt und von Kunden der SW nicht nur als Plattform zum Austausch sondern auch als Option genutzt wird, eine öffentliche Stimme in enger Kooperation mit anderen selbstorganisierten ProSWAktiven zu bekommen.

Primat der Repression. Systematisch krank

Grüße Klaus

der diesen Beitrag natürlich sowohl dem Deutschlandradio, als auch Frau Wildmann-Mauz zur Verfügung gestellt hat