Guten Tag.
Frau Sievers wiederholt ein Argument, das die gesamte Debatte gegen die Prostitution und ihren eigenen Beitrag durchzieht. Auch wenn es eine Geduldsprobe ist, ich zitiere:
"Es liegt in der
Natur der Sache, dass man über die Anzahl von Prostituierten sowie die Freiwilligkeit oder Unfreiwilligkeit ihrer Tätigkeit
wenig verlässliche Daten erheben kann, da Sexarbeit auch nach ihrer Legalisierung im
Verborgenen blüht. Man kann daher allein von
Schätzwerten ausgehen, die auf Erfahrung beruhen.
Selbstverständlich ist es für Polizisten, Sozialarbeiter, Mediziner und besonders die Angehörigen von Prostituierten kein großes Geheimnis, dass bei
achtzig bis neunzig Prozent der Huren von
Freiwilligkeit keine Rede sein kann." (Hervorhebungen KF)
Also folgende Aussagen werden als wahr behauptet
1. Es können nur wenige verlässliche Daten erhoben werden, denn SW blüht im Verborgenen
2. Es gibt nur Schätzwerte
3. Bei achtzig bis neunzig Prozent der SW kann von Freiwilligkeit keine Rede sein
Das erste was auffällt Die Aussagen 1. und 2. stehen in einem Spannungsverhältnis zu Aussage 3. Entweder es gibt keine verlässlichen Zahlen oder die Zahl 80 bis 90 % ist verlässlich und es gibt verlässlich Zahlen. Bei Abgabe von Leistungsnachweisen würde das in Schule, Uni und Beruf keinen guten Eindruck machen. X kann nicht gleichzeitig 1 und -1 sein. (Ich hoffe, dass mich Mathematiker keines Besseren belehren)
Aussage 1:Erhebung von verlässlichen Daten ist kaum möglich
Für Bremen liegen verlässliche Daten zur Größe der Gruppe von Sexarbeiterinnen vor, die in der Zeit vom 31.11.bis zum 09.12.2013 in Wohnungen ihrer Tätigkeit nachgegangen sind und Werbung auf der Hostessen-Meile geschaltet hatten. Damit ist zweifelsfrei der größte Teil der so in Bremen in Wohnungen im Haupterwerb tätigen SW erfasst. Im Zeitraum wurden 290 Anzeigen erfasst. Am Stichtag der Auswertung, dem 09.12.2013 waren 244 Anzeigen geschaltet. Der Mittelwert im Beobachtungszeitraum waren 253,4 geschaltete Anzeigen. Es kann davon ausgegangen werden
dass die Gruppe der im Haupterwerb in Wohnungen in Bremen tätigen Sexarbeiterinnen um die Größe von 250 schwankt.
Es war methodisch leicht, diese Daten zu erheben,
auch wenn dafür einiges an Arbeit erforderlich war.
Aussage 2: Es sind nur Schätzungen möglich
Jede sozialwissenschaftliche Erhebung, die Vergleichszahlen präsentiert, spricht über Gruppen, die nach bestimmten Kriterien definiert, mit hoffentlich klaren Fragestellungen betrachtet und schliesslich verallgemeinernd in Daten dargestellt werden. Die so gewonnen Daten sind keine Schätzungen, sondern Ergebnisse, die zu interpretieren und zu bewerten sind. Ein weiteres Ergebnis der Bremer Erhebung: Im Erhebungszeitraum gingen 71 Sexarbeiterinnen aus dem rumänischen Sprachraum in Bremen ihrer Tätikeit (Haupterwerb) in Wohnungen nach. Drei davon reisten im Erhebungszeitraum aus Bremen ab. Vier weitere waren nicht zu erreichen. Mit 64 von Ihnen (100 %) wurde das persönliche oder telefonische Gespräch geführt. Dreizehn von Ihnen wollten an der Erhebung nicht teilnehmen, nicht ausführlich mit uns sprechen oder wir hatten nur kurzen telefonischen Kontakt zu Ihnen. Keine von ihnen hat eine Aussage gemacht, die auf Unfreiwilligkeit der Tätigkeit schliessen lies. Sie haben das Gespräch aber letztlich abgelehnt. Vier machten Angaben zu ihrer persönlichen Situation, wollten aber micht, dass diese Angaben in eine Erhebung Eingang finden, die von Ihnen namentlich (Arbeitsname) zu unterzeichnen war. Keine von ihnen hat eine Aussage gemacht, die auf Unfreiwilligkeit der Tätigkeit schliessen lies. 47 machten Aussagen und bestätigten diese durch Unterschrift. Eine dieser Aussagen ist:
Ich gehe der Tätigkeit aus eigenem, freien Willen nach. Ergebnis:
Zustimmungen zu dieser Aussage
47 = 73 %
Enthaltungen zu dieser Aussage
4 = 6 %
Keine Antwort zu dieser Aussage
13 = 20 %
(Rundungsverlust = 1 %)
Ergebnisse, keine Schätzungen. Es lassen sich in Bremen verlässliche Zahlen zum Umfang der im Haupterwerb in Wohnungen tätigen Sexarbeiterinnen ermitteln. Dies gilt insbesondere für die Sexarbeiterinnen die muttersprachlich Rumänisch sind.
Aussage 3: achtzig bis neuzig Prozent der SW arbeitet unfreiwillig
Diese These wird ohne Vorlage irgendwelcher Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Erhebungen aufgestellt. Es gibt keine Erhebungen, die diese Aussage rechtfertigen. Der Behauptung fehlt jede Grundlage. Sie ist eine moderne Legende. Früher sagte man Märchen dazu. Sie wird dadurch nicht besser, dass sie von Polizist_innen, Sozialarbeiter_innen oder Journalist_innen wiederholt wird. Die Behauptung ist nichts als ein Phantasieprodukt. Sie ist noch nicht einmal eine Schätzung.
Die Bremer Erhebung unter Sexarbeiterinnen, die im Haupterwerb in Wohnungen tätig und muttersprachlich Rumänisch sind, hat keine Fälle unfreiwillig tätiger Sexarbeiterinnen ermitteln können, folgendes
Ergebnis: Gruppe der sich selbst als unfreiwillig tätig Wahrnehmenden: 0 = 0 %
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