ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Das Elend der Überwachung und Repression wird Staatsdoktrin. Rechtsförmiger Terror intern und extern (Varoufakis, https://propagandaschau.wordpress.com/2 ... on-nutzen/ “Ja, so ist es. Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen: Terrorismus. … Warum haben sie uns gezwungen, die Banken zu schließen? Um den Menschen Angst einzuflößen. Und wenn man versucht, den Terror zu verbreiten, nennt man dieses Phänomen Terrorismus. Aber ich vertraue darauf, dass die Angst nicht gewinnt.” ).
Wann endlich wird das verhandelte Gesetz der Öffentlichkleit vorgestellt? Eine
Bankrotterklärung
die das sich so nennende parlamentarische demokratische BRD System und seine Repräsentierenden fortgesetzt unterzeichnen.
Verhandlungen zwischen Gast und SW, sie sind im Gegensatz dazu, vor dem Maßstab des „Anstandsgefühl(s) aller billig und gerecht“ (Definition Sittenwidrigkeit) demokratisch denkenden Menschen von unglaublicher Sittsamkeit.
Wann endlich wird das verhandelte Gesetz der Öffentlichkleit vorgestellt? Eine
Bankrotterklärung
die das sich so nennende parlamentarische demokratische BRD System und seine Repräsentierenden fortgesetzt unterzeichnen.
Verhandlungen zwischen Gast und SW, sie sind im Gegensatz dazu, vor dem Maßstab des „Anstandsgefühl(s) aller billig und gerecht“ (Definition Sittenwidrigkeit) demokratisch denkenden Menschen von unglaublicher Sittsamkeit.
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- Admina
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Prostituiertenschutzgesetz & Paranoia: Große Koalition profiliert sich als Stalker
Die jüngste Berichterstattung von „Süddeutsche.de“ (10.7.2015) und „Spiegel.Online“ (11.07.2015) zu weiteren Verschärfungen im geplanten „Prostituiertenschutzgesetz“ bestätigt die Berechtigung der Kritik an diesem Gesetz: Unter dem Vorwand des „Schutzes“ erfolgt tatsächlich eine massive Beschneidung der Rechte von Sexarbeiter/innen. Die neuerdings durchgesickerten Verschärfungen sprechen unzweideutig die Sprache der Repression gegenüber Sexarbeiter/innen:
Örtliche Meldepflicht: Sexarbeiter/innen müssen in allen Städten und Gemeinden, in denen sie lediglich kurzfristig und vorübergehend tätig sind, zuvor bei örtlichen Behörden zwecks Meldung vorstellig werden! Die Einführung derartiger, praktisch nicht einhaltbarer Auflagen dient nur dem Zweck einer totalen Rundumüberwachung mit dem Ziel der Kriminalisierung. Nach dem Motto „nachstellen, bedrängen, verfolgen“ mausert sich der Staat zum Stalker einer ganzen Berufsgruppe.
Ordnungswidrigkeit bei erstmaligem Verstoß: Der Verstoß gegen die Meldepflicht soll gleich beim ersten Mal, nicht erst bei beharrlichem Zuwiderhandeln als Ordnungswidrigkeit geahndet werden: SPD-Schwesig & CDU/CSU wissen, wie extrem unpopulär die erstmals seit der Nazi-Zeit wieder praktizierte Meldepflicht unter Sexarbeiter/innen ist. Jene Politiker, die immerzu die „Freiwilligkeit“ der Prostitutionsausübung anmahnen, setzen nun unverblümt auf Zwangsmittel, um Meldepflicht und Zwangsregistrierung von Sexarbeiter/innen durchzudrücken. Dass die Große Koalition auf Zwangsmittel gegen Sexarbeiter/innen setzt, zeigt vor allem eines: Selbst die Gesetzes-Macher sind nicht davon überzeugt, dass Meldepflicht und Zwangsregistrierung von Sexarbeiter/innen als Wohltaten zu ihrem Schutz empfunden werden.
Das Ziel der Maßnahme ist unverkennbar: Die Zahl der Abschiebungen migrantischer Sexarbeiter/innen nach § 55 Aufenthaltsgesetz wird sprunghaft zunehmen. So bedient die Bundesregierung de facto die Ausländerfeindlichkeit, die sie in Sonntagsreden wortreich beklagt.
Angriff auf „Gelegenheitsprostitution“: Die geplante Ausweitung der Regelungen des Prostituiertenkontrollgesetzes auf so genannte „Gelegenheitsprostitution“ verdeutlicht die auf die ganze Gesellschaft zielende repressive Stoßrichtung des Gesetzeswerks. Nicht nur um professionelle Prostitution geht es, sondern um die Disziplinierung von freizügigem Sexualverhalten im weitesten Sinne: All jene, die ein einziges Mal in ihrem Leben Sex mit anderen haben und dabei – aus welchen Gründen auch immer – Geld entgegennehmen, sollen einer Registrierungspflicht unterliegen. Allein die Androhung damit, offiziell als „Kontrollmädchen“ geführt zu werden, dürfte Abschreckung genug sein. Darauf setzt die Große Koalition. Wenn staatlichen Maßnahmen zum Prostitutions-Ausstieg schon notorisch erfolglos sind, so versucht man es jetzt mit der Androhung einer Zwangs-Stigmatisierung, um einem vermuteten Einstieg in die Prostitution vorzubeugen.
Unter führenden Politiker/innen der Großen Koalition nimmt die Aversion gegen Sexarbeit in der Prostitution damit erkennbar paranoide Züge an.
Ein Ergebnis dieser Politik lässt sich mit Sicherheit voraussagen: Man stellt Sexarbeiter/innen, die sich bislang in der falschen Sicherheit wiegten, ihre berufliche Betätigung sei quasi im Selbstlauf auf dem Weg der rechtlichen Anerkennung, gezielt außerhalb des Gesetzes. Man stempelt sie zu Outlaws, treibt sie in die Illegalität. Keine schäbige Maßnahme und keine Niedertracht lässt diese Bundesregierung aus, um eine ganze Berufsgruppe erneut ins gesellschaftliche Abseits zu drängen.
Werden Sexarbeiter/innen wieder wie Kriminelle behandelt, so dürfte eines klar sein: Die seit anderthalb Jahrzehnten im Sinken begriffene „Rotlichtkriminalität“ wird wieder sprunghaft ansteigen und von interessierter Seite wird wieder mehr Polizei zwecks Prostitutionsüberwachung eingefordert werden.
Wer aber ständig an der Repressions-Spirale dreht, sollte sich auf Widerstand gefasst machen. Doña Carmen e.V. wird repressive Maßnahmen gegen Sexarbeiter/innen auch weiterhin schonungslos kritisieren und öffentlich anprangern.
http://www.donacarmen.de/prostituierten ... s-stalker/
Die jüngste Berichterstattung von „Süddeutsche.de“ (10.7.2015) und „Spiegel.Online“ (11.07.2015) zu weiteren Verschärfungen im geplanten „Prostituiertenschutzgesetz“ bestätigt die Berechtigung der Kritik an diesem Gesetz: Unter dem Vorwand des „Schutzes“ erfolgt tatsächlich eine massive Beschneidung der Rechte von Sexarbeiter/innen. Die neuerdings durchgesickerten Verschärfungen sprechen unzweideutig die Sprache der Repression gegenüber Sexarbeiter/innen:
Örtliche Meldepflicht: Sexarbeiter/innen müssen in allen Städten und Gemeinden, in denen sie lediglich kurzfristig und vorübergehend tätig sind, zuvor bei örtlichen Behörden zwecks Meldung vorstellig werden! Die Einführung derartiger, praktisch nicht einhaltbarer Auflagen dient nur dem Zweck einer totalen Rundumüberwachung mit dem Ziel der Kriminalisierung. Nach dem Motto „nachstellen, bedrängen, verfolgen“ mausert sich der Staat zum Stalker einer ganzen Berufsgruppe.
Ordnungswidrigkeit bei erstmaligem Verstoß: Der Verstoß gegen die Meldepflicht soll gleich beim ersten Mal, nicht erst bei beharrlichem Zuwiderhandeln als Ordnungswidrigkeit geahndet werden: SPD-Schwesig & CDU/CSU wissen, wie extrem unpopulär die erstmals seit der Nazi-Zeit wieder praktizierte Meldepflicht unter Sexarbeiter/innen ist. Jene Politiker, die immerzu die „Freiwilligkeit“ der Prostitutionsausübung anmahnen, setzen nun unverblümt auf Zwangsmittel, um Meldepflicht und Zwangsregistrierung von Sexarbeiter/innen durchzudrücken. Dass die Große Koalition auf Zwangsmittel gegen Sexarbeiter/innen setzt, zeigt vor allem eines: Selbst die Gesetzes-Macher sind nicht davon überzeugt, dass Meldepflicht und Zwangsregistrierung von Sexarbeiter/innen als Wohltaten zu ihrem Schutz empfunden werden.
Das Ziel der Maßnahme ist unverkennbar: Die Zahl der Abschiebungen migrantischer Sexarbeiter/innen nach § 55 Aufenthaltsgesetz wird sprunghaft zunehmen. So bedient die Bundesregierung de facto die Ausländerfeindlichkeit, die sie in Sonntagsreden wortreich beklagt.
Angriff auf „Gelegenheitsprostitution“: Die geplante Ausweitung der Regelungen des Prostituiertenkontrollgesetzes auf so genannte „Gelegenheitsprostitution“ verdeutlicht die auf die ganze Gesellschaft zielende repressive Stoßrichtung des Gesetzeswerks. Nicht nur um professionelle Prostitution geht es, sondern um die Disziplinierung von freizügigem Sexualverhalten im weitesten Sinne: All jene, die ein einziges Mal in ihrem Leben Sex mit anderen haben und dabei – aus welchen Gründen auch immer – Geld entgegennehmen, sollen einer Registrierungspflicht unterliegen. Allein die Androhung damit, offiziell als „Kontrollmädchen“ geführt zu werden, dürfte Abschreckung genug sein. Darauf setzt die Große Koalition. Wenn staatlichen Maßnahmen zum Prostitutions-Ausstieg schon notorisch erfolglos sind, so versucht man es jetzt mit der Androhung einer Zwangs-Stigmatisierung, um einem vermuteten Einstieg in die Prostitution vorzubeugen.
Unter führenden Politiker/innen der Großen Koalition nimmt die Aversion gegen Sexarbeit in der Prostitution damit erkennbar paranoide Züge an.
Ein Ergebnis dieser Politik lässt sich mit Sicherheit voraussagen: Man stellt Sexarbeiter/innen, die sich bislang in der falschen Sicherheit wiegten, ihre berufliche Betätigung sei quasi im Selbstlauf auf dem Weg der rechtlichen Anerkennung, gezielt außerhalb des Gesetzes. Man stempelt sie zu Outlaws, treibt sie in die Illegalität. Keine schäbige Maßnahme und keine Niedertracht lässt diese Bundesregierung aus, um eine ganze Berufsgruppe erneut ins gesellschaftliche Abseits zu drängen.
Werden Sexarbeiter/innen wieder wie Kriminelle behandelt, so dürfte eines klar sein: Die seit anderthalb Jahrzehnten im Sinken begriffene „Rotlichtkriminalität“ wird wieder sprunghaft ansteigen und von interessierter Seite wird wieder mehr Polizei zwecks Prostitutionsüberwachung eingefordert werden.
Wer aber ständig an der Repressions-Spirale dreht, sollte sich auf Widerstand gefasst machen. Doña Carmen e.V. wird repressive Maßnahmen gegen Sexarbeiter/innen auch weiterhin schonungslos kritisieren und öffentlich anprangern.
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Ich stelle die Informationen hier ein, da Sie letztlich von bundesweitem Interesse sind. Sie sind zudem eine Konkretisierung dessen, was laut SPD/Grün Bremen in einem neuen Gesetz zur Regulierung der sexuellen und erotischen Dienstleistungen zu stehen hat, da ausdrücklich auf den Entwurf von Grün/SPD HB aus der 18. Legislaturperiode, das "Bremer Prostituionsstättengesetz" Bezug genommen wird.
Auszug aus dem Koalitionsvertrag SPD/Grün Bremen für die 19. Legislatur der Bremer Bürgerschaft
Erste Quelle
Jonas Kuckuck
http://www.buhev.de/seiten/index.html
(und: siehe Anlage)
Kapitel: Inneres
Abschnitt: Bürgerservice und öffentliche Ordnung
Zeile
3643 - Es gilt für Sexarbeit und Prostitution Regelungen zu schaffen, die vorhandene gesell-
3644 - schaftliche Diskriminierungen durch rechtliche Gleichstellung mit anderen
3645 - selbstständigen Tätigkeiten abbauen, die aber gleichfalls einen wirksamen Schutz
3646 - vor wirtschaftlicher Ausbeutung in der Prostitution sicherstellen und den Kampf ge-
3647 - gen kriminellen Menschenhandel verbessern können. Hierfür wollen wir umfassende
3648 - Regelungen für den Betrieb von Prostitutionsstätten schaffen. Inhaltliche Basis hier-
3649 - für ist der in der 18. LP von den beiden Bürgerschaftsfraktionen erarbeitete
3650 - „Gesetzentwurf eines Prostitutionsstättengesetzes“. Unsere hierin niedergelegten
3651 - Vorstellungen werden wir im Rahmen der Reform des Prostitutionsgesetzes über
3652 - den Bundesrat einbringen. Ein strafrechtliches Verbot der Ausübung oder
3653 - Inanspruchnahme lehnen wir ausdrücklich ab.
Sehr interessant, dass die Regulierung des Feldes der erotischen und sexuellen Dienstleistungen ins Aufgabenfeld des Inneren (Sicherheit) und darin speziell der öffentlichen Ordnung eingeordnet werden Auch wenn "Bügerservice" mit im Betreff steht, als solcher wird Sexarbeit sicher nicht im Verstand der MdBB's kategorisiert sein. Diese Normalisierung wurde und wird der SW durch Jahrhunderte des (Bremer) Protestantismus verwehrt.
Ein kleiner Auszug aus dem Gesetzesentwurf von 2013 (Text siehe http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 814#129814 )
"§ 4 Versagungsgründe
(1) die Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte ist zu versagen,
f. wenn zu befürchten ist, dass er oder sie (BetreiberIn, K.F.) Vorschriften des oder Auflagen aufgrund des Bremischen Prostitutionsstättengesetzes, des Gesundheitsrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird (Hrvhbg. K.F.)"
Zum Vergleich die Betriebsversagungsgründe laut Bremer Gaststättengesetz (wobei natürlich nicht zweifelsfrei ist, ob der Betrieb einer Modellwohnung mit z. B. vier Arbeitszimmern vergleichbar mit den Risiken und Störungen ist, die von einer Eckkneipe ausgehen, aber sei es drum, nehmen wir die Regelungen des Gaststättengesetze einmal als Vergleichsmaßstab)
Quelle
http///bremen.beck.de/?vpath=bibdata\ges\brgastg\cont\brgastg.inh.htm&typ=&printtyp=AllDoc&btprint=Drucken.pdf
"§ 2 Erlaubnis
...
(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gaststättenbetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt."
An unsere Rechtskundigen:
ist der Terminus
"wenn zu befürchten ist ... nicht einhalten wird" hinreichend juristisch klar oder doch eher unbestimmt und öffnet insofern dem Verwaltungshandeln einen "quasi rechtsfreien Raum" (Renzikowski zum Handeln der Polizei gegenüber "Prostitutionsstätten" bis 2002, Quelle: BMFSFJ, 2012, Regulierung von Prostitution und Prostitutionsstätten, Plädoyer für eine gewerberechtliche Reglementierung der Prostitution, S. 17 f)
- Dateianhänge
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- 2015-2019, Koalitionsv. Grün-SPD HB.pdf
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Zitat aus dem Spiegel-Artikel:
"So sollen Prostituierte direkt mit einem Bußgeld belegt werden, wenn sie ihre Anmeldebestätigung nicht vorweisen können. Im ersten Entwurf aus Schwesigs Hause hatte es noch geheißen, dass die Verstöße "beharrlich" sein müssten, um als Ordnungswidrigkeit geahndet werden zu können. "
Ich weiß um die Einnahmesituation vieler SW; manche SW der Armutsprostitution leben von der Hand in den Mund und haben keinerlei Vermögen, auf das sie zurückgreifen können. Schon wenn kleine Probleme auftreten, müssen sie sich bei Kolleginnen oder Kunden Geld leihen, was sie hinterher nicht oder kaum zurückzahlen können ...
Und das trotz teilweise hohem Ausbildungsstand und Akademisierung.
Woher sollen sie das Bußgeld nehmen, außer noch mehr zu arbeiten ... noch längere Arbeitszeiten ... noch weniger freie Tage ... noch mehr Männer ...
Sie werden das Bußgeld sicherlich nicht als Kellnerin oder Kassiererin im Supermarkt verdienen.
So fördert Frau Schwesig Prostitution!
So wird der Staat selbst zum Ausbeuter und größten Zuhälter!
Frau Schwesig macht sich mit ihrem Gesetzentwurf, bzw. ihrer Unfähigkeit, sich gegen die CDU/CSU durchzusetzen, selbst zur Ober-Zuhälterin der Nation.
Demnächst arbeiten die SWs eben auch für Frau Schwesig ...
Angesichts der häufigen Clubwechsel ist eine ständige Neuanmeldung bar jeglicher Realität, oder werden die Registrierungsbehörden einen Service 24h/7d anbieten? Bei der Finanzlage im öffentlichen Dienst garantiert nicht! Selbst die gutmütigsten und anpassungsbereitesten SW können solche Forderungen nicht erfüllen und kommen damit in rechtliche Fallen.
Ich habe noch nie erlebt, dass in Deutschland mit einer Personen- oder Berufsgruppe so umgegangen wird.
Das ganze Gutmenschentum und die ganze Toleranz (auch Toleranz gegenüber Minderheiten, einschließlich sexuellen Minderheiten), die den Kindern schon im Kindergarten und in der Schule eingetrichtert wird, führt sich mit diesem Gesetz völlig ad absurdum. Das Gesetz lehrt nur eines: null Toleranz gegenüber SW, null Toleranz gegenüber jeglicher Form von Sex gegen Gegenleistung.
Der Staat betreibt die totale Überwachung des Sexlebens!
Und mit Gesundheitsprävention - für die ich mich immer eingesetzt habe - hat dieser Schwachsinn absolut gar nichts mehr zu tun!
Eddy
"So sollen Prostituierte direkt mit einem Bußgeld belegt werden, wenn sie ihre Anmeldebestätigung nicht vorweisen können. Im ersten Entwurf aus Schwesigs Hause hatte es noch geheißen, dass die Verstöße "beharrlich" sein müssten, um als Ordnungswidrigkeit geahndet werden zu können. "
Ich weiß um die Einnahmesituation vieler SW; manche SW der Armutsprostitution leben von der Hand in den Mund und haben keinerlei Vermögen, auf das sie zurückgreifen können. Schon wenn kleine Probleme auftreten, müssen sie sich bei Kolleginnen oder Kunden Geld leihen, was sie hinterher nicht oder kaum zurückzahlen können ...
Und das trotz teilweise hohem Ausbildungsstand und Akademisierung.
Woher sollen sie das Bußgeld nehmen, außer noch mehr zu arbeiten ... noch längere Arbeitszeiten ... noch weniger freie Tage ... noch mehr Männer ...
Sie werden das Bußgeld sicherlich nicht als Kellnerin oder Kassiererin im Supermarkt verdienen.
So fördert Frau Schwesig Prostitution!
So wird der Staat selbst zum Ausbeuter und größten Zuhälter!
Frau Schwesig macht sich mit ihrem Gesetzentwurf, bzw. ihrer Unfähigkeit, sich gegen die CDU/CSU durchzusetzen, selbst zur Ober-Zuhälterin der Nation.
Demnächst arbeiten die SWs eben auch für Frau Schwesig ...
Angesichts der häufigen Clubwechsel ist eine ständige Neuanmeldung bar jeglicher Realität, oder werden die Registrierungsbehörden einen Service 24h/7d anbieten? Bei der Finanzlage im öffentlichen Dienst garantiert nicht! Selbst die gutmütigsten und anpassungsbereitesten SW können solche Forderungen nicht erfüllen und kommen damit in rechtliche Fallen.
Ich habe noch nie erlebt, dass in Deutschland mit einer Personen- oder Berufsgruppe so umgegangen wird.
Das ganze Gutmenschentum und die ganze Toleranz (auch Toleranz gegenüber Minderheiten, einschließlich sexuellen Minderheiten), die den Kindern schon im Kindergarten und in der Schule eingetrichtert wird, führt sich mit diesem Gesetz völlig ad absurdum. Das Gesetz lehrt nur eines: null Toleranz gegenüber SW, null Toleranz gegenüber jeglicher Form von Sex gegen Gegenleistung.
Der Staat betreibt die totale Überwachung des Sexlebens!
Und mit Gesundheitsprävention - für die ich mich immer eingesetzt habe - hat dieser Schwachsinn absolut gar nichts mehr zu tun!
Eddy
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@Eddy
Volle Übereinstimmung.
Und das die SPD einknickt, war mehr als klar. Wer auf die gesetzt hat, hat voll auf den falschen Pferd gesetzt.
Das ganze Prostituierten KONTROLLgesetz ist in der Fülle der einzelnen Punkte kurz unter der Schwelle eines Verbot der Prostitution.
Wir erfahren, eh nur Bröckchenweiser aus der Presse ( Spiegel und andere Presse ,denen liegen ja die Entwürfe vor) was für Reppressionen auf die Branche zu kommt.
Auch das hat nichts mit Demokratischen Abläufe mehr zu tun. Wahrscheinlich werden wir erst kurz bevor es auf der Tagesordnung des Bundestag steht, es zu lesen bekommen.
Volle Übereinstimmung.
Und das die SPD einknickt, war mehr als klar. Wer auf die gesetzt hat, hat voll auf den falschen Pferd gesetzt.
Das ganze Prostituierten KONTROLLgesetz ist in der Fülle der einzelnen Punkte kurz unter der Schwelle eines Verbot der Prostitution.
Wir erfahren, eh nur Bröckchenweiser aus der Presse ( Spiegel und andere Presse ,denen liegen ja die Entwürfe vor) was für Reppressionen auf die Branche zu kommt.
Auch das hat nichts mit Demokratischen Abläufe mehr zu tun. Wahrscheinlich werden wir erst kurz bevor es auf der Tagesordnung des Bundestag steht, es zu lesen bekommen.
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Es ist wohl so, dass in dieser Regierungskoalition die SPD-Führung in Form von Hr. Gabriel alles durchwinkt, was CDU/CSU will.
Ich möchte nur darauf hinweisen, dass diese Anmelde- / Regestrierungspflicht praktisch dem früheren Bockschein entspricht. Die Ordnungsbehörden werden es sicher wieder schaffen, dass unter dem Deckmantel der "Begrenzung" eine Anmeldung nur auszustellen, wenn der entsprechende Obulus fließt. War ja alles schon mal da.
Scheinbar braucht es bei diesem Thema kein demokratisches Gesetzgebungs-Verfahren geschweige eine transparente Ausführungsordnung.
Gruß Jupiter
Ich möchte nur darauf hinweisen, dass diese Anmelde- / Regestrierungspflicht praktisch dem früheren Bockschein entspricht. Die Ordnungsbehörden werden es sicher wieder schaffen, dass unter dem Deckmantel der "Begrenzung" eine Anmeldung nur auszustellen, wenn der entsprechende Obulus fließt. War ja alles schon mal da.
Scheinbar braucht es bei diesem Thema kein demokratisches Gesetzgebungs-Verfahren geschweige eine transparente Ausführungsordnung.
Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.
(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)
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Re: RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Es ist viel, viel schlimmer als den Bockschein. Der Bockschein war nichtberufspezifische, galt für alle Menschen die häufigwechselnde Verkehr hatten (HWG). Und beruhte auf 1957 Geschlechtskrankheitsgesetz.Jupiter hat geschrieben: Ich möchte nur darauf hinweisen, dass diese Anmelde- / Regestrierungspflicht praktisch dem früheren Bockschein entspricht. Die Ordnungsbehörden werden es sicher wieder schaffen, dass unter dem Deckmantel der "Begrenzung" eine Anmeldung nur auszustellen, wenn der entsprechende Obulus fließt.
Gruß Jupiter
Hier geht es um speziell um einen berufspezifische Erfassung lückenloses Bewegungsprofil!
Das gab es letztmalig in Deutschland 1939 mit Reichsministererlass unter Nationalsozialismus.
Es fand auch keine doppelt, dreifache Registrierung statt.
Was jetzt ist durch
1) Zwangsberatung bei Gesundheitsamt
2) bei eine andere Behörde die Registrierung mit Prüfung auf Einsichtsfähigkeit
3) Meldepflicht durch die Betreiber an die Behörden
4) Jede örtliche Arbeitsaufenthalt in der jeweilige Kommune
(besonders problematisch für den Escortsektor)
und das Mitführen des Hurenpasses(Lichtbildnachweisdokument)
und den Behörden, Betreiber und auf Verlangen dem Kunden vorzuzeigen.
Warum der „Bockschein“ nicht das Gleiche ist, wie die Zwangsregistrierung
http://www.voice4sexworkers.com/?s=bockschein
Die Gläserne Prostituierte 2.0
-Kontrollmädchen 2.0
http://www.donacarmen.de/wp-content/upl ... hen2.0.pdf
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@Eddy
auch von mir volle Zustimmung.
@all
es bleibt zu hoffen, daß durch inner- und vor allem außerparlamentarischem Protest in den nach der Sommerpause anstehenden parlamentarischen Beratungen doch noch effektiver Gegendruck erzeugt wird. Sonst wird wohl doch Karlsruhe und der EuGH/EGMR das letztt Wort haben. Das muss auch nicht lange dauern, wie ja die anhängigen Verfassungsbeschwerden gegen das gerade erst in Kraft getretene Tarifeinheitsgesetz beweisen.
Kasharius grüßt
auch von mir volle Zustimmung.
@all
es bleibt zu hoffen, daß durch inner- und vor allem außerparlamentarischem Protest in den nach der Sommerpause anstehenden parlamentarischen Beratungen doch noch effektiver Gegendruck erzeugt wird. Sonst wird wohl doch Karlsruhe und der EuGH/EGMR das letztt Wort haben. Das muss auch nicht lange dauern, wie ja die anhängigen Verfassungsbeschwerden gegen das gerade erst in Kraft getretene Tarifeinheitsgesetz beweisen.
Kasharius grüßt
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Von wegen Schutz der Frau
Die Verhandlungen über ein Prostitutionsgesetz zeigen: Die Union will Sexarbeit am liebsten grundsätzlich verbieten.
Kommentar von Simone Schmollack
taz, 13.7.15
http://taz.de/Kommentar-Prostitutionsgesetz/%215212224/
Nichts wird in Deutschland ohne Gesetz, Ausführungsbestimmung oder irgendeine Vorschrift geregelt. Auch nicht die Prostitution, ein Gewerbe, das sich von jeher auf seine Weise organisiert. Das muss man nicht gut finden. Aber man sollte realistisch bleiben. Es gibt Bereiche im Leben, die lassen sich nicht gesetzlich festlegen: Körpergewicht, Schulnoten, Müsli am Morgen, die Anzahl der Kinder in der Familie, Liebe, Sex.
Das scheint die Politik anders zu sehen, zumindest bei käuflichem Sex. Seit die Koalition beschlossen hat, das Prostitutionsgesetz von 2002 durch das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz abzulösen, verhandeln beide Seiten immer wieder heftig. Eigentlich sollen mit dem überarbeiteten Gesetz Zwangsprostitution und Menschenhandel eingedämmt werden. Zumindest die Union ist vor allem mit diesem Argument in die Verhandlungen getreten.
Je länger die Verhandlungen dauern zum neuen Gesetz, das schon in seinem Namen mittlerweile den Schutz von SexarbeiterInnen trägt, umso stärker drängt sich der Eindruck auf, dass es eben darum gar nicht geht. Sondern um etwas ganz anderes: Nämlich die Prostitution grundsätzlich zu verbieten.
Was haben eine Kondompflicht für Freier, Anmeldepflichten für SexarbeiterInnen, Standortvorgaben für Sexfahrzeuge mit dem Schutz von Prostituierten zu tun? Warum müssen sie Belehrungen von GesundheitsberaterInnen über sich ergehen lassen, wo doch ihr Körper ihr wichtigstes Gut ist, für das sie selbst am besten zu sorgen wissen?
Kurioserweise ist in den jüngsten Verhandlungen von Zwangsprostitution und Menschenhandel nicht mehr die Rede. Das ist richtig so, denn beides wird anders besser bekämpft. Statt dessen wird um Kleinigkeiten wie die Anzahl von Anmeldeorten gefeilscht. Das ist unehrlich und zeugt eher von einer Doppelmoral, als dass es Frauen schützt.
Die Verhandlungen über ein Prostitutionsgesetz zeigen: Die Union will Sexarbeit am liebsten grundsätzlich verbieten.
Kommentar von Simone Schmollack
taz, 13.7.15
http://taz.de/Kommentar-Prostitutionsgesetz/%215212224/
Nichts wird in Deutschland ohne Gesetz, Ausführungsbestimmung oder irgendeine Vorschrift geregelt. Auch nicht die Prostitution, ein Gewerbe, das sich von jeher auf seine Weise organisiert. Das muss man nicht gut finden. Aber man sollte realistisch bleiben. Es gibt Bereiche im Leben, die lassen sich nicht gesetzlich festlegen: Körpergewicht, Schulnoten, Müsli am Morgen, die Anzahl der Kinder in der Familie, Liebe, Sex.
Das scheint die Politik anders zu sehen, zumindest bei käuflichem Sex. Seit die Koalition beschlossen hat, das Prostitutionsgesetz von 2002 durch das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz abzulösen, verhandeln beide Seiten immer wieder heftig. Eigentlich sollen mit dem überarbeiteten Gesetz Zwangsprostitution und Menschenhandel eingedämmt werden. Zumindest die Union ist vor allem mit diesem Argument in die Verhandlungen getreten.
Je länger die Verhandlungen dauern zum neuen Gesetz, das schon in seinem Namen mittlerweile den Schutz von SexarbeiterInnen trägt, umso stärker drängt sich der Eindruck auf, dass es eben darum gar nicht geht. Sondern um etwas ganz anderes: Nämlich die Prostitution grundsätzlich zu verbieten.
Was haben eine Kondompflicht für Freier, Anmeldepflichten für SexarbeiterInnen, Standortvorgaben für Sexfahrzeuge mit dem Schutz von Prostituierten zu tun? Warum müssen sie Belehrungen von GesundheitsberaterInnen über sich ergehen lassen, wo doch ihr Körper ihr wichtigstes Gut ist, für das sie selbst am besten zu sorgen wissen?
Kurioserweise ist in den jüngsten Verhandlungen von Zwangsprostitution und Menschenhandel nicht mehr die Rede. Das ist richtig so, denn beides wird anders besser bekämpft. Statt dessen wird um Kleinigkeiten wie die Anzahl von Anmeldeorten gefeilscht. Das ist unehrlich und zeugt eher von einer Doppelmoral, als dass es Frauen schützt.
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Allein die Tatsache, dass man die, die man schützen will, mit Bußgeldern bedroht (die nur durch noch mehr Sexarbeit erwirtschaftet werden können - wie denn sonst?), beweist, dass der Begriff "ProstituiertenSCHUTZgesetz" eine Lüge ist, ein perfider Etikettenschwindel, mit dem man sich leicht die Zustimmung der (unwissenden) Abgeordneten, die sich nicht in die Materie vertiefen, erheischen kann, wenn welcher MdB kann es sich leisten, nicht für den Schutz der SW einzutreten?
Eddy
Eddy
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Ich finde die Dynamik auch bemerkenswert, mit der im Prozess der Gesetzesformulierung in den letzten Wochen eigentliche Absichten sowohl auf verbal-politischer als auch auf administrativ-juristischer Ebene noch einmal anders zutage treten.
Anfangs war es noch die semantisch völlig unfruchtbare Auseinandersetzung um die Zielobjekte. Da wurde das Anliegen eines Prostituiertenschutzgesetzes an der Erscheinungsform von Zwangsprostitution festgemacht und entwickelt. Ich denke schon, dass die politische Präsenz des Pro-Sexwork eine Wirkung hatte. Die Schwarzer'sche Gleichsetzung von Prostitution und Zwangsprostitution konnte sich politisch und legalistisch nicht durchsetzen. Auch die Idee eines gesellschaftlichen Konsenses über eine prostitutionsfreie Gesellschaft ("Schweden") wurde aufgegeben.
Dann gab es viele Monate, die ziemlich pragmatisch bestimmt schienen. Ein Regelungsbedarf wurde von allen Seiten konstatiert und von den Regierungsparteien wurde die Devise formuliert, dass es zukünftig um den Schutz legitimer und legaler Sexarbeit gehe.
Ich selbst war manchmal geneigt zu glauben, dass die Fachausschüsse ihren Arbeitsauftrag subjektiv tatsächlich so verstanden haben. Immer noch neige ich dazu, nicht alles in diesem Prozess für eine Nebelstrategie zu halten.
Aber in der Endphase gewinnen andere Einflüsse die Überhand. Die Offenheit, dass es um Eindämmung der Prostitution geht, ist von der politischen Qualität her neu.
Dieses Ziel der Eindämmung muss offensichtlich nicht mehr verschleiert werden. Es dominiert nun jede Rede von angeblichem Schutz. Das Gesetz wird zum Lenkungsinstrument gesellschaftlicher Verhältnisse.
Vielleicht taugt als Analogie dazu das Nichtraucherschutzgesetz. Man will nicht nur (nichtrauchende) Menschen vor dem Rauch schützen. Das Gesetz ist erst dann erfolgreich, wenn die Zahl der Raucher kontinuierlich sinkt. Wenn möglichst viele Raucher sich in ihrer Freiheit empfindlich, aber nicht totalitär eingeschränkt sehen, ist dies der eigentliche Erfolg des Gesetzes.
Statistisch relevant zu lenken ohne das Individuum in den Grundrechten zu beschneiden, das ist staatliche Kunst. Paysex wird ja nicht per se verboten...
Ich glaube nicht, dass der politische Kampfbegriff eines "ProstituiertenKONTROLLgesetzes" hier hilft. Die Konotation mit einer nationalsozialistischen Ideologie lenkt eher ab. Es geht nicht um den Zugriff auf, nicht um die totale Kontrolle von Individuen, sondern um moderne staatliche Steuerungsmechanismen, die nicht individuell, sondern statistisch evaluiert werden.
Insofern finde ich den Gedanken von Kasharius interessant (und will ihn verstärken), dass sich in der aktuellen Endphase der Gesetzesformulierung Brüche zeigen. Was als "wasserdicht" angekündigt wurde, gerät in Widersprüche, die für das Verfassungsgericht relevant werden. Kann man ein Gesetz zum Schutz für Individuen ankündigen und faktisch daraus ein Lenkungsinstrument machen, das unverholen die angeblich zu Schützenden in intimsten Bereichen der Freiheit beschneidet um die Sache an sich zu reduzieren?
Viel Hoffnung ist da nicht: Lenken darf der Staat, wenn er es demokratisch will. Je offener er dazu steht, desto stärker ist seine demokratische Legitimation.
Gilt das auch selbst dann, wenn sich die Medien mit ihren Kommentaren am Ende darüber einig sind, dass das Gesetz ein anderes Ziel verfolgt als sein Titel besagt?
Anfangs war es noch die semantisch völlig unfruchtbare Auseinandersetzung um die Zielobjekte. Da wurde das Anliegen eines Prostituiertenschutzgesetzes an der Erscheinungsform von Zwangsprostitution festgemacht und entwickelt. Ich denke schon, dass die politische Präsenz des Pro-Sexwork eine Wirkung hatte. Die Schwarzer'sche Gleichsetzung von Prostitution und Zwangsprostitution konnte sich politisch und legalistisch nicht durchsetzen. Auch die Idee eines gesellschaftlichen Konsenses über eine prostitutionsfreie Gesellschaft ("Schweden") wurde aufgegeben.
Dann gab es viele Monate, die ziemlich pragmatisch bestimmt schienen. Ein Regelungsbedarf wurde von allen Seiten konstatiert und von den Regierungsparteien wurde die Devise formuliert, dass es zukünftig um den Schutz legitimer und legaler Sexarbeit gehe.
Ich selbst war manchmal geneigt zu glauben, dass die Fachausschüsse ihren Arbeitsauftrag subjektiv tatsächlich so verstanden haben. Immer noch neige ich dazu, nicht alles in diesem Prozess für eine Nebelstrategie zu halten.
Aber in der Endphase gewinnen andere Einflüsse die Überhand. Die Offenheit, dass es um Eindämmung der Prostitution geht, ist von der politischen Qualität her neu.
Dieses Ziel der Eindämmung muss offensichtlich nicht mehr verschleiert werden. Es dominiert nun jede Rede von angeblichem Schutz. Das Gesetz wird zum Lenkungsinstrument gesellschaftlicher Verhältnisse.
Vielleicht taugt als Analogie dazu das Nichtraucherschutzgesetz. Man will nicht nur (nichtrauchende) Menschen vor dem Rauch schützen. Das Gesetz ist erst dann erfolgreich, wenn die Zahl der Raucher kontinuierlich sinkt. Wenn möglichst viele Raucher sich in ihrer Freiheit empfindlich, aber nicht totalitär eingeschränkt sehen, ist dies der eigentliche Erfolg des Gesetzes.
Statistisch relevant zu lenken ohne das Individuum in den Grundrechten zu beschneiden, das ist staatliche Kunst. Paysex wird ja nicht per se verboten...
Ich glaube nicht, dass der politische Kampfbegriff eines "ProstituiertenKONTROLLgesetzes" hier hilft. Die Konotation mit einer nationalsozialistischen Ideologie lenkt eher ab. Es geht nicht um den Zugriff auf, nicht um die totale Kontrolle von Individuen, sondern um moderne staatliche Steuerungsmechanismen, die nicht individuell, sondern statistisch evaluiert werden.
Insofern finde ich den Gedanken von Kasharius interessant (und will ihn verstärken), dass sich in der aktuellen Endphase der Gesetzesformulierung Brüche zeigen. Was als "wasserdicht" angekündigt wurde, gerät in Widersprüche, die für das Verfassungsgericht relevant werden. Kann man ein Gesetz zum Schutz für Individuen ankündigen und faktisch daraus ein Lenkungsinstrument machen, das unverholen die angeblich zu Schützenden in intimsten Bereichen der Freiheit beschneidet um die Sache an sich zu reduzieren?
Viel Hoffnung ist da nicht: Lenken darf der Staat, wenn er es demokratisch will. Je offener er dazu steht, desto stärker ist seine demokratische Legitimation.
Gilt das auch selbst dann, wenn sich die Medien mit ihren Kommentaren am Ende darüber einig sind, dass das Gesetz ein anderes Ziel verfolgt als sein Titel besagt?
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na ja, wie man es auch dreht und wendet: Auf allen Ebenen sollte dieser geplante Gesetzentwurf, wenn er den hält was er Schlimmes verspricht, weiter bekämpft werden. Vielleicht dann auch bis hin zu zivilem Ungehorsam, was die Zwangsregristierung und Beratung betrifft...? Wie gesagt: Art und Intensität der Proteste bestimmen m.E. allein die SW , aber eine sog. konzertierte Aktion so kurz nach der parlamenarischen Sommerpause - das wäre doch was...
Kasharius grüßt und bleibt dran am THema
na ja, wie man es auch dreht und wendet: Auf allen Ebenen sollte dieser geplante Gesetzentwurf, wenn er den hält was er Schlimmes verspricht, weiter bekämpft werden. Vielleicht dann auch bis hin zu zivilem Ungehorsam, was die Zwangsregristierung und Beratung betrifft...? Wie gesagt: Art und Intensität der Proteste bestimmen m.E. allein die SW , aber eine sog. konzertierte Aktion so kurz nach der parlamenarischen Sommerpause - das wäre doch was...
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Ist ja schön und gut, aber die Zwangsregistrierung zu verweigern, können sich nur priviligierter und gutverdienende SexarbeiterInnen leisten.
Außerdem wird bestimmt seitens der Betreiber, die jetzt zum Oberaufseher ernannt werden und bestimmt nicht in die Gefahr laufen wollen, keine KOnzessionierung bewilligt zu bekommen, nochmal Druck auf die SexarbeiterInnen ausgeübt.
Alles sehr klug eingefähdelt von den Gesetzmacher.
Es ist ein Gesetz zu Eindämmerung und Verhinderung von Prostitution.
"Legalisation sucks"
Außerdem wird bestimmt seitens der Betreiber, die jetzt zum Oberaufseher ernannt werden und bestimmt nicht in die Gefahr laufen wollen, keine KOnzessionierung bewilligt zu bekommen, nochmal Druck auf die SexarbeiterInnen ausgeübt.
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Wenn das Gesetz nach der Sommerpause beschlossen wird und die SW sich an jedem anderen Arbeitsplatz bei den Behoerden anmelden muessen, was mir als unmoeglich erscheint, dann sollten die Politiker sich vielleicht folgendes ueberlegen:
Jede SW meldet sich nur EINMAL persoenlich mit Personalausweis in einer Behoerde in einer beliebigen Stadt in Deutschland an. Die SW bekommt also dann den beruechtigten Hurenausweis mit einer was weiss ich Identifikationsnummer und Mitteilung einer Hotline-Telefonnummer, die selbstverstaendlich kostenlos und an 24 Stunden /die Woche erreichbar ist. Wenn eine SW also ihren Arbeitsplatz in Deutschland wechselt, geht sie dann nicht mehr zu der zustaendigen Behoerde , sondern ruft einfach bei der Hotline-Telefonnummer an, sagt ihre Identifikationsnummer auf und ihren momentanen Arbeitsplatzstandort.
Jede SW meldet sich nur EINMAL persoenlich mit Personalausweis in einer Behoerde in einer beliebigen Stadt in Deutschland an. Die SW bekommt also dann den beruechtigten Hurenausweis mit einer was weiss ich Identifikationsnummer und Mitteilung einer Hotline-Telefonnummer, die selbstverstaendlich kostenlos und an 24 Stunden /die Woche erreichbar ist. Wenn eine SW also ihren Arbeitsplatz in Deutschland wechselt, geht sie dann nicht mehr zu der zustaendigen Behoerde , sondern ruft einfach bei der Hotline-Telefonnummer an, sagt ihre Identifikationsnummer auf und ihren momentanen Arbeitsplatzstandort.
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ich stelle hier nachfolgend mal die Leitsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 1993 ein. Der Zweite Senat hatte über die Neufassung von Vorschriften der §§ 218 ff. StGB in der Fassung des damaligen Schwangeren- und Familienhilfegesetzes zu befinden. Dieses Gesetz sah unter anderem eine obligatorische, zum Austragen der Schwangerschaft ermutiegende Beratungspflicht der zur Abtreibung entschlossenen FRau vor; wenn man also so will - eine ergebnisorientierte Zwangsberatung! Auch hier ging es um das Abwägen bedeutender Grundrechtspositionen. Bei allem Unterschied im Detail lassen sich hier durchaus Parallelen zum jetzt geplanten neuen ProstG erkennen. Vielleicht also kann auch diese Entscheidung die Diskussion über und den Kampf gegen das neue ProstG befruchten.
Hier die Leitsätze:
. Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben, auch das ungeborene, zu schützen. Diese Schutzpflicht hat ihren Grund in Art. 1 Abs. 1 GG; ihr Gegenstand und - von ihm her - ihr Maß werden durch Art. 2 Abs. 2 GG näher bestimmt. Menschenwürde kommt schon dem ungeborenen menschlichen Leben zu. Die Rechtsordnung muß die rechtlichen Voraussetzungen seiner Entfaltung im Sinne eines eigenen Lebensrechts des Ungeborenen gewährleisten. Dieses Lebensrecht wird nicht erst durch die Annahme seitens der Mutter begründet.
2. Die Schutzpflicht für das ungeborene Leben ist bezogen auf das einzelne Leben, nicht nur auf menschliches Leben allgemein.
3. Rechtlicher Schutz gebührt dem Ungeborenen auch gegenüber seiner Mutter. Ein solcher Schutz ist nur möglich, wenn der Gesetzgeber ihr einen Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verbietet und ihr damit die grundsätzliche Rechtspflicht auferlegt, das Kind auszutragen. Das grundsätzliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs und die grundsätzliche Pflicht zum Austragen des Kindes sind zwei untrennbar verbundene Elemente des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes.
4. Der Schwangerschaftsabbruch muß für die ganze Dauer der Schwangerschaft grundsätzlich als Unrecht angesehen und demgemäß rechtlich verboten sein (Bestätigung von BVerfGE 39, 1 [44]). Das Lebensrecht des Ungeborenen darf nicht, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit, der freien, rechtlich nicht gebundenen Entscheidung eines Dritten, und sei es selbst der Mutter, überantwortet werden.
5. Die Reichweite der Schutzpflicht für das ungeborene menschliche Leben ist im Blick auf die Bedeutung und Schutzbedürftigkeit des zu schützenden Rechtsguts einerseits und damit kollidierender Rechtsgüter andererseits zu bestimmen. Als vom Lebensrecht des Ungeborenen berührte Rechtsgüter kommen dabei - ausgehend vom Anspruch der schwangeren Frau auf Schutz und Achtung ihrer Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) - vor allem ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie ihr Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) in Betracht. Dagegen kann die Frau für die mit dem Schwangerschaftsabbruch einhergehende Tötung des Ungeborenen nicht eine grundrechtlich in Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition in Anspruch nehmen.
6. Der Staat muß zur Erfüllung seiner Schutzpflicht ausreichende Maßnahmen normativer und tatsächlicher Art ergreifen, die dazu führen, daß ein - unter Berücksichtigung entgegenstehender Rechtsgüter - angemessener und als solcher wirksamer Schutz erreicht wird (Untermaßverbot). BVerfGE 88, 203 (203)BVerfGE 88, 203 (204) Dazu bedarf es eines Schutzkonzepts, das Elemente des präventiven wie des repressiven Schutzes miteinander verbindet.
7. Grundrechte der Frau tragen nicht so weit, daß die Rechtspflicht zum Austragen des Kindes - auch nur für eine bestimmte Zeit - generell aufgehoben wäre. Die Grundrechtspositionen der Frau führen allerdings dazu, daß es in Ausnahmelagen zulässig, in manchen dieser Fälle womöglich geboten ist, eine solche Rechtspflicht nicht aufzuerlegen. Es ist Sache des Gesetzgebers, solche Ausnahmetatbestände im einzelnen nach dem Kriterium der Unzumutbarkeit zu bestimmen. Dafür müssen Belastungen gegeben sein, die ein solches Maß an Aufopferung eigener Lebenswerte verlangen, daß dies von der Frau nicht erwartet werden kann (Bestätigung von BVerfGE 39, 1 [48 ff.]).
8. Das Untermaßverbot läßt es nicht zu, auf den Einsatz auch des Strafrechts und die davon ausgehende Schutzwirkung für das menschliche Leben frei zu verzichten.
9. Die staatliche Schutzpflicht umfaßt auch den Schutz vor Gefahren, die für das ungeborene menschliche Leben von Einflüssen aus dem familiären oder weiteren sozialen Umfeld der Schwangeren oder von gegenwärtigen und absehbaren realen Lebensverhältnissen der Frau und der Familie ausgehen und der Bereitschaft zum Austragen des Kindes entgegenwirken.
10. Der Schutzauftrag verpflichtet den Staat ferner, den rechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im allgemeinen Bewußtsein zu erhalten und zu beleben.
11. Dem Gesetzgeber ist es verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht verwehrt, zu einem Konzept für den Schutz des ungeborenen Lebens überzugehen, das in der Frühphase der Schwangerschaft in Schwangerschaftskonflikten den Schwerpunkt auf die Beratung der schwangeren Frau legt, um sie für das Austragen des Kindes zu gewinnen, und dabei auf eine indikationsbestimmte Strafdrohung und die Feststellung von Indikationstatbeständen durch einen Dritten verzichtet.
12. Ein solches Beratungskonzept erfordert Rahmenbedingungen, die positive Voraussetzungen für ein Handeln der Frau zugunsten des ungeborenen Lebens schaffen. Der Staat trägt für die Durchführung des Beratungsverfahrens die volle Verantwortung.
13. Die staatliche Schutzpflicht erfordert es, daß die im Interesse der Frau notwendige Beteiligung des Arztes zugleich Schutz für das ungeborene Leben bewirkt.
14. Eine rechtliche Qualifikation des Daseins eines Kindes als Schadensquelle kommt von Verfassungs wegen (Art. 1 Abs. 1 GG) nicht in Betracht. Deshalb verbietet es sich, die Unterhaltspflicht für ein Kind als Schaden zu begreifen.
15. Schwangerschaftsabbrüche, die ohne Feststellung einer Indikation nach der Beratungsregelung vorgenommen werden, dürfen nicht für ge-BVerfGE 88, 203 (204)BVerfGE 88, 203 (205)rechtfertigt (nicht rechtswidrig) erklärt werden. Es entspricht unverzichtbaren rechtsstaatlichen Grundsätzen, daß einem Ausnahmetatbestand rechtfertigende Wirkung nur dann zukommen kann, wenn das Vorliegen seiner Voraussetzungen unter staatlicher Verantwortung festgestellt werden muß.
16. Das Grundgesetz läßt es nicht zu, für die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs, dessen Rechtmäßigkeit nicht festgestellt wird, einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Die Gewährung von Sozialhilfe für nicht mit Strafe bedrohte Schwangerschaftsabbrüche nach der Beratungsregelung in Fällen wirtschaftlicher Bedürftigkeit ist demgegenüber ebensowenig verfassungsrechtlich zu beanstanden wie die Fortzahlung des Arbeitsentgelts.
17. Der Grundsatz der Organisationsgewalt der Länder gilt uneingeschränkt, wenn eine bundesgesetzliche Regelung lediglich eine von den Ländern zu erfüllende Staatsaufgabe vorsieht, nicht jedoch Einzelregelungen trifft, die behördlich-administrativ vollzogen werden könnten.
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv088203.html
Kasharius grüßt erwartungsfroh
ich stelle hier nachfolgend mal die Leitsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 1993 ein. Der Zweite Senat hatte über die Neufassung von Vorschriften der §§ 218 ff. StGB in der Fassung des damaligen Schwangeren- und Familienhilfegesetzes zu befinden. Dieses Gesetz sah unter anderem eine obligatorische, zum Austragen der Schwangerschaft ermutiegende Beratungspflicht der zur Abtreibung entschlossenen FRau vor; wenn man also so will - eine ergebnisorientierte Zwangsberatung! Auch hier ging es um das Abwägen bedeutender Grundrechtspositionen. Bei allem Unterschied im Detail lassen sich hier durchaus Parallelen zum jetzt geplanten neuen ProstG erkennen. Vielleicht also kann auch diese Entscheidung die Diskussion über und den Kampf gegen das neue ProstG befruchten.
Hier die Leitsätze:
. Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben, auch das ungeborene, zu schützen. Diese Schutzpflicht hat ihren Grund in Art. 1 Abs. 1 GG; ihr Gegenstand und - von ihm her - ihr Maß werden durch Art. 2 Abs. 2 GG näher bestimmt. Menschenwürde kommt schon dem ungeborenen menschlichen Leben zu. Die Rechtsordnung muß die rechtlichen Voraussetzungen seiner Entfaltung im Sinne eines eigenen Lebensrechts des Ungeborenen gewährleisten. Dieses Lebensrecht wird nicht erst durch die Annahme seitens der Mutter begründet.
2. Die Schutzpflicht für das ungeborene Leben ist bezogen auf das einzelne Leben, nicht nur auf menschliches Leben allgemein.
3. Rechtlicher Schutz gebührt dem Ungeborenen auch gegenüber seiner Mutter. Ein solcher Schutz ist nur möglich, wenn der Gesetzgeber ihr einen Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verbietet und ihr damit die grundsätzliche Rechtspflicht auferlegt, das Kind auszutragen. Das grundsätzliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs und die grundsätzliche Pflicht zum Austragen des Kindes sind zwei untrennbar verbundene Elemente des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes.
4. Der Schwangerschaftsabbruch muß für die ganze Dauer der Schwangerschaft grundsätzlich als Unrecht angesehen und demgemäß rechtlich verboten sein (Bestätigung von BVerfGE 39, 1 [44]). Das Lebensrecht des Ungeborenen darf nicht, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit, der freien, rechtlich nicht gebundenen Entscheidung eines Dritten, und sei es selbst der Mutter, überantwortet werden.
5. Die Reichweite der Schutzpflicht für das ungeborene menschliche Leben ist im Blick auf die Bedeutung und Schutzbedürftigkeit des zu schützenden Rechtsguts einerseits und damit kollidierender Rechtsgüter andererseits zu bestimmen. Als vom Lebensrecht des Ungeborenen berührte Rechtsgüter kommen dabei - ausgehend vom Anspruch der schwangeren Frau auf Schutz und Achtung ihrer Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) - vor allem ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie ihr Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) in Betracht. Dagegen kann die Frau für die mit dem Schwangerschaftsabbruch einhergehende Tötung des Ungeborenen nicht eine grundrechtlich in Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition in Anspruch nehmen.
6. Der Staat muß zur Erfüllung seiner Schutzpflicht ausreichende Maßnahmen normativer und tatsächlicher Art ergreifen, die dazu führen, daß ein - unter Berücksichtigung entgegenstehender Rechtsgüter - angemessener und als solcher wirksamer Schutz erreicht wird (Untermaßverbot). BVerfGE 88, 203 (203)BVerfGE 88, 203 (204) Dazu bedarf es eines Schutzkonzepts, das Elemente des präventiven wie des repressiven Schutzes miteinander verbindet.
7. Grundrechte der Frau tragen nicht so weit, daß die Rechtspflicht zum Austragen des Kindes - auch nur für eine bestimmte Zeit - generell aufgehoben wäre. Die Grundrechtspositionen der Frau führen allerdings dazu, daß es in Ausnahmelagen zulässig, in manchen dieser Fälle womöglich geboten ist, eine solche Rechtspflicht nicht aufzuerlegen. Es ist Sache des Gesetzgebers, solche Ausnahmetatbestände im einzelnen nach dem Kriterium der Unzumutbarkeit zu bestimmen. Dafür müssen Belastungen gegeben sein, die ein solches Maß an Aufopferung eigener Lebenswerte verlangen, daß dies von der Frau nicht erwartet werden kann (Bestätigung von BVerfGE 39, 1 [48 ff.]).
8. Das Untermaßverbot läßt es nicht zu, auf den Einsatz auch des Strafrechts und die davon ausgehende Schutzwirkung für das menschliche Leben frei zu verzichten.
9. Die staatliche Schutzpflicht umfaßt auch den Schutz vor Gefahren, die für das ungeborene menschliche Leben von Einflüssen aus dem familiären oder weiteren sozialen Umfeld der Schwangeren oder von gegenwärtigen und absehbaren realen Lebensverhältnissen der Frau und der Familie ausgehen und der Bereitschaft zum Austragen des Kindes entgegenwirken.
10. Der Schutzauftrag verpflichtet den Staat ferner, den rechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im allgemeinen Bewußtsein zu erhalten und zu beleben.
11. Dem Gesetzgeber ist es verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht verwehrt, zu einem Konzept für den Schutz des ungeborenen Lebens überzugehen, das in der Frühphase der Schwangerschaft in Schwangerschaftskonflikten den Schwerpunkt auf die Beratung der schwangeren Frau legt, um sie für das Austragen des Kindes zu gewinnen, und dabei auf eine indikationsbestimmte Strafdrohung und die Feststellung von Indikationstatbeständen durch einen Dritten verzichtet.
12. Ein solches Beratungskonzept erfordert Rahmenbedingungen, die positive Voraussetzungen für ein Handeln der Frau zugunsten des ungeborenen Lebens schaffen. Der Staat trägt für die Durchführung des Beratungsverfahrens die volle Verantwortung.
13. Die staatliche Schutzpflicht erfordert es, daß die im Interesse der Frau notwendige Beteiligung des Arztes zugleich Schutz für das ungeborene Leben bewirkt.
14. Eine rechtliche Qualifikation des Daseins eines Kindes als Schadensquelle kommt von Verfassungs wegen (Art. 1 Abs. 1 GG) nicht in Betracht. Deshalb verbietet es sich, die Unterhaltspflicht für ein Kind als Schaden zu begreifen.
15. Schwangerschaftsabbrüche, die ohne Feststellung einer Indikation nach der Beratungsregelung vorgenommen werden, dürfen nicht für ge-BVerfGE 88, 203 (204)BVerfGE 88, 203 (205)rechtfertigt (nicht rechtswidrig) erklärt werden. Es entspricht unverzichtbaren rechtsstaatlichen Grundsätzen, daß einem Ausnahmetatbestand rechtfertigende Wirkung nur dann zukommen kann, wenn das Vorliegen seiner Voraussetzungen unter staatlicher Verantwortung festgestellt werden muß.
16. Das Grundgesetz läßt es nicht zu, für die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs, dessen Rechtmäßigkeit nicht festgestellt wird, einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Die Gewährung von Sozialhilfe für nicht mit Strafe bedrohte Schwangerschaftsabbrüche nach der Beratungsregelung in Fällen wirtschaftlicher Bedürftigkeit ist demgegenüber ebensowenig verfassungsrechtlich zu beanstanden wie die Fortzahlung des Arbeitsentgelts.
17. Der Grundsatz der Organisationsgewalt der Länder gilt uneingeschränkt, wenn eine bundesgesetzliche Regelung lediglich eine von den Ländern zu erfüllende Staatsaufgabe vorsieht, nicht jedoch Einzelregelungen trifft, die behördlich-administrativ vollzogen werden könnten.
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Nachtrag: Hier noch jene Passagen aus dem Urteil, die sich mit der Beratungspflicht befassen:
Geht der Gesetzgeber in Erfüllung seiner Schutzpflicht zu einem Beratungskonzept über, so bedeutet das, daß die Schutzwirkung für das ungeborene Leben maßgeblich - präventiv - durch eine beratende Einflußnahme auf die einen Schwangerschaftsabbruch erwägende Frau erreicht werden soll. Das Beratungskonzept ist darauf angelegt, das Verantwortungsbewußtsein der Frau zu stärken, die - unbeschadet der Verantwortlichkeiten des familiären und weiteren sozialen Umfeldes sowie des Arztes (vgl. unten V. und VI.) - letztlich den Abbruch der Schwangerschaft tatsächlich bestimmt und insofern verantworten muß (Letztverantwortung). Das erfordert Rahmenbedingungen, die positive Voraussetzungen für ein Handeln der Frau zugunsten des ungeborenen Lebens schaffen. Nur dann kann trotz des Verzichts auf eine Feststellung von Indikationstatbeständen als Voraussetzung für einen Schwangerschaftsabbruch gleichwohl von einer Schutzwirkung des Beratungskonzepts für das ungeborene Leben ausgegangen werden (1.). Allerdings ist es nicht zulässig, nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche für gerechtfertigt (nicht rechtswidrig) zu erklären, deren Vornahme Frauen nach Beratung in den ersten zwölf Wochen von einem Arzt verlangen (2.). Im übrigen ist der Gesetzgeber nicht gehalten, die sich aus dem grundsätzlichen Verbot des Schwangerschaftsabbruchs an sich aufdrängenden Folgerungen in jeder Hinsicht zu ziehen, wenn das Beratungskonzept um seiner Wirksamkeit willen bestimmte Ausnahmen fordert (3.).
197
1. a) Zu den notwendigen Rahmenbedingungen eines Beratungskonzepts gehört an erster Stelle, daß die Beratung für die Frau zur Pflicht gemacht wird und ihrerseits darauf ausgerichtet ist, die Frau zum Austragen des Kindes zu ermutigen. Dabei muß die Beratung nach Inhalt, Durchführung und Organisation geeignet sein, der Frau die Einsichten und Informationen zu vermitteln, deren sie für eine verantwortliche Entscheidung über die FortsetBVerfGE 88, 203 (270)BVerfGE 88, 203 (271)zung oder den Abbruch der Schwangerschaft bedarf (siehe dazu im einzelnen unten IV.).
198
b) Darüber hinaus müssen die Personen in das Schutzkonzept einbezogen werden, die - sei es positiv, sei es negativ - in einem Schwangerschaftskonflikt auf den Willen der Frau Einfluß nehmen können. Dies gilt insbesondere für den Arzt, den die Schwangere zur Durchführung des Abbruchs aufsucht. Außer ihr und der Person, die sie beraten hat, weiß oft nur er um die Existenz des Ungeborenen; zudem ist der Arzt nach ärztlichem Berufsverständnis ohnehin zu dessen Schutz berufen (siehe dazu unten V.). In das Schutzkonzept einzubeziehen sind aber auch Personen des familiären und des weiteren sozialen Umfeldes einer schwangeren Frau, die diese, wie aus Berichten von Beratern und Ärzten sowie aus wissenschaftlichen Untersuchungen hervorgeht, häufig - und dies nicht selten in strafwürdiger Weise - gegen das Kind beeinflussen (siehe dazu unten VI.).
199
c) Aus den zu D.II.5.a) und b) genannten Gründen muß die Beratungsregelung davon absehen, den Rechtfertigungsgrund einer allgemeinen Notlagenindikation vorzusehen. Er würde ihrem Konzept zuwiderlaufen. Die Beratungsregelung will wirksamen Schutz dadurch erreichen, daß sie die Frau um ihrer Aufgeschlossenheit gegenüber der Beratung willen davor bewahrt, eine sie rechtfertigende Notlage darlegen und sich deren Feststellung unterziehen zu müssen. Das hat unvermeidlich zur Folge, daß die Beratungsregelung die Möglichkeit einer Rechtfertigung durch die allgemeine Notlagenindikation nicht verheißen kann. Nur wenn die Beratungsregelung generell und ausnahmslos von der Feststellung des Vorliegens einer sozialen Notlage absieht, kann sie erreichen, daß Frauen die Beratung annehmen und sich ihr nicht im Blick auf eine erstrebte Beurteilung ihrer Entscheidung als rechtmäßig - und daran möglicherweise geknüpfte günstige Rechtsfolgen - verschließen. Die Beratungsregelung mutet es daher Frauen zu, auf die persönliche BVerfGE 88, 203 (271)BVerfGE 88, 203 (272)Entlastung zu verzichten, die in einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des von ihnen beabsichtigten Abbruchs liegen kann, auch wenn bei ihnen im Einzelfall eine allgemeine Notlage ohne weiteres nachvollziehbar erscheinen mag.
200
Die Grundrechtspositionen der Frau fordern einen Rechtfertigungsgrund der allgemeinen Notlagenindikation nicht; ihnen kann auch in anderer Weise entsprochen werden (vgl. dazu D. III.3.). Doch darf die Orientierung über die Rechtspflicht zum Austragen des Kindes und ihre Grenzen auch bei einer Beratungsregelung, die unvermeidlich auf eine Notlagenindikation verzichtet, nicht verlorengehen. Auch im konkreten Schwangerschaftskonflikt kann die normative Orientierung auf den Schutz des ungeborenen Lebens nicht entfallen; der verfassungsrechtliche Rang des Rechtsguts des ungeborenen menschlichen Lebens muß dem allgemeinen Rechtsbewußtsein weiterhin gegenwärtig bleiben (sog. positive Generalprävention). Auch eine Beratungsregelung muß daher in der Rechtsordnung unterhalb der Verfassung zum Ausdruck bringen, daß ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen rechtmäßig sein kann, wenn der Frau durch das Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die - vergleichbar den Fällen der medizinischen und embryopathischen Indikation (§ 218a Abs. 2 und 3 StGB n.F.) - so schwer und außergewöhnlich ist, daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt. Diese Orientierung gibt der verantwortlich handelnden Frau die Grundlage, ihr Handeln zu beurteilen. Dies gerade ist der Kern der Verantwortung, die der Frau mit einer Beratungsregelung überlassen ist; aus ihrer Wahrnehmung kann freilich eine Rechtfertigung nicht folgen (vgl. D.III.2.b.aa).
201
d) Schließlich verlangt eine Beratungsregelung, die vorwiegend auf präventiven Schutz setzt, daß ein Angebot sozialer Hilfen für Mutter und Kind - auch tatsächlich - bereitsteht, das durch Beseitigung oder Linderung konkreter Bedrängnisse und sozialer Nöte BVerfGE 88, 203 (272)BVerfGE 88, 203 (273)eine Entscheidung der Eltern für das Kind stützen und die Frau zum Austragen des Kindes ermutigen kann (vgl. oben D.I.3.).
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv088203.html
Kasharius grüßt erneut
Geht der Gesetzgeber in Erfüllung seiner Schutzpflicht zu einem Beratungskonzept über, so bedeutet das, daß die Schutzwirkung für das ungeborene Leben maßgeblich - präventiv - durch eine beratende Einflußnahme auf die einen Schwangerschaftsabbruch erwägende Frau erreicht werden soll. Das Beratungskonzept ist darauf angelegt, das Verantwortungsbewußtsein der Frau zu stärken, die - unbeschadet der Verantwortlichkeiten des familiären und weiteren sozialen Umfeldes sowie des Arztes (vgl. unten V. und VI.) - letztlich den Abbruch der Schwangerschaft tatsächlich bestimmt und insofern verantworten muß (Letztverantwortung). Das erfordert Rahmenbedingungen, die positive Voraussetzungen für ein Handeln der Frau zugunsten des ungeborenen Lebens schaffen. Nur dann kann trotz des Verzichts auf eine Feststellung von Indikationstatbeständen als Voraussetzung für einen Schwangerschaftsabbruch gleichwohl von einer Schutzwirkung des Beratungskonzepts für das ungeborene Leben ausgegangen werden (1.). Allerdings ist es nicht zulässig, nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche für gerechtfertigt (nicht rechtswidrig) zu erklären, deren Vornahme Frauen nach Beratung in den ersten zwölf Wochen von einem Arzt verlangen (2.). Im übrigen ist der Gesetzgeber nicht gehalten, die sich aus dem grundsätzlichen Verbot des Schwangerschaftsabbruchs an sich aufdrängenden Folgerungen in jeder Hinsicht zu ziehen, wenn das Beratungskonzept um seiner Wirksamkeit willen bestimmte Ausnahmen fordert (3.).
197
1. a) Zu den notwendigen Rahmenbedingungen eines Beratungskonzepts gehört an erster Stelle, daß die Beratung für die Frau zur Pflicht gemacht wird und ihrerseits darauf ausgerichtet ist, die Frau zum Austragen des Kindes zu ermutigen. Dabei muß die Beratung nach Inhalt, Durchführung und Organisation geeignet sein, der Frau die Einsichten und Informationen zu vermitteln, deren sie für eine verantwortliche Entscheidung über die FortsetBVerfGE 88, 203 (270)BVerfGE 88, 203 (271)zung oder den Abbruch der Schwangerschaft bedarf (siehe dazu im einzelnen unten IV.).
198
b) Darüber hinaus müssen die Personen in das Schutzkonzept einbezogen werden, die - sei es positiv, sei es negativ - in einem Schwangerschaftskonflikt auf den Willen der Frau Einfluß nehmen können. Dies gilt insbesondere für den Arzt, den die Schwangere zur Durchführung des Abbruchs aufsucht. Außer ihr und der Person, die sie beraten hat, weiß oft nur er um die Existenz des Ungeborenen; zudem ist der Arzt nach ärztlichem Berufsverständnis ohnehin zu dessen Schutz berufen (siehe dazu unten V.). In das Schutzkonzept einzubeziehen sind aber auch Personen des familiären und des weiteren sozialen Umfeldes einer schwangeren Frau, die diese, wie aus Berichten von Beratern und Ärzten sowie aus wissenschaftlichen Untersuchungen hervorgeht, häufig - und dies nicht selten in strafwürdiger Weise - gegen das Kind beeinflussen (siehe dazu unten VI.).
199
c) Aus den zu D.II.5.a) und b) genannten Gründen muß die Beratungsregelung davon absehen, den Rechtfertigungsgrund einer allgemeinen Notlagenindikation vorzusehen. Er würde ihrem Konzept zuwiderlaufen. Die Beratungsregelung will wirksamen Schutz dadurch erreichen, daß sie die Frau um ihrer Aufgeschlossenheit gegenüber der Beratung willen davor bewahrt, eine sie rechtfertigende Notlage darlegen und sich deren Feststellung unterziehen zu müssen. Das hat unvermeidlich zur Folge, daß die Beratungsregelung die Möglichkeit einer Rechtfertigung durch die allgemeine Notlagenindikation nicht verheißen kann. Nur wenn die Beratungsregelung generell und ausnahmslos von der Feststellung des Vorliegens einer sozialen Notlage absieht, kann sie erreichen, daß Frauen die Beratung annehmen und sich ihr nicht im Blick auf eine erstrebte Beurteilung ihrer Entscheidung als rechtmäßig - und daran möglicherweise geknüpfte günstige Rechtsfolgen - verschließen. Die Beratungsregelung mutet es daher Frauen zu, auf die persönliche BVerfGE 88, 203 (271)BVerfGE 88, 203 (272)Entlastung zu verzichten, die in einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des von ihnen beabsichtigten Abbruchs liegen kann, auch wenn bei ihnen im Einzelfall eine allgemeine Notlage ohne weiteres nachvollziehbar erscheinen mag.
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Die Grundrechtspositionen der Frau fordern einen Rechtfertigungsgrund der allgemeinen Notlagenindikation nicht; ihnen kann auch in anderer Weise entsprochen werden (vgl. dazu D. III.3.). Doch darf die Orientierung über die Rechtspflicht zum Austragen des Kindes und ihre Grenzen auch bei einer Beratungsregelung, die unvermeidlich auf eine Notlagenindikation verzichtet, nicht verlorengehen. Auch im konkreten Schwangerschaftskonflikt kann die normative Orientierung auf den Schutz des ungeborenen Lebens nicht entfallen; der verfassungsrechtliche Rang des Rechtsguts des ungeborenen menschlichen Lebens muß dem allgemeinen Rechtsbewußtsein weiterhin gegenwärtig bleiben (sog. positive Generalprävention). Auch eine Beratungsregelung muß daher in der Rechtsordnung unterhalb der Verfassung zum Ausdruck bringen, daß ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen rechtmäßig sein kann, wenn der Frau durch das Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die - vergleichbar den Fällen der medizinischen und embryopathischen Indikation (§ 218a Abs. 2 und 3 StGB n.F.) - so schwer und außergewöhnlich ist, daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt. Diese Orientierung gibt der verantwortlich handelnden Frau die Grundlage, ihr Handeln zu beurteilen. Dies gerade ist der Kern der Verantwortung, die der Frau mit einer Beratungsregelung überlassen ist; aus ihrer Wahrnehmung kann freilich eine Rechtfertigung nicht folgen (vgl. D.III.2.b.aa).
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d) Schließlich verlangt eine Beratungsregelung, die vorwiegend auf präventiven Schutz setzt, daß ein Angebot sozialer Hilfen für Mutter und Kind - auch tatsächlich - bereitsteht, das durch Beseitigung oder Linderung konkreter Bedrängnisse und sozialer Nöte BVerfGE 88, 203 (272)BVerfGE 88, 203 (273)eine Entscheidung der Eltern für das Kind stützen und die Frau zum Austragen des Kindes ermutigen kann (vgl. oben D.I.3.).
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv088203.html
Kasharius grüßt erneut