Von Höhepunkt zu Höhepunkt
Kapitel 1
Schon als Jugendliche wollte ich dieses Dorf in der Provinz verlassen. Als ich mit neunzehn Jahren einen Bundeswehrsoldaten heiratete, zogen wir in eine nahe gelegene Kleinstadt. Das war zwar ein erster Schritt, aber ich träumte davon, dort zu leben, wo andere Urlaub machen. Weil Jahre ins Land gezogen sind, ich mittlerweile wieder Single und mit meinem gegenwärtigen Leben unzufrieden bin, habe ich beschlossen, meine Zukunft selber in die Hand zu nehmen. Auch wenn das bedeutet, Sicherheiten aufzugeben und Risiken einzugehen. Was ich anstrebe, ist folgendes: Ich will in der Sonne und am Meer leben, weniger arbeiten, mir meine Zeit selber einteilen können und viel Geld verdienen. Und vor allen Dingen will ich mich nicht mehr mit meinem Job verstecken müssen! Denn das muss ich bislang. Ich arbeite seit vielen Jahren nebenberuflich als Prostituierte. Und eine Prostituierte kann ihrer Familie nicht einfach eingestehen, dass sie eine Prostituierte ist. Auch ihren Freunden und Bekannten muss sie das verheimlichen. Denn, wer will schon eine Prostituierte zur Tochter, Schwester, Partnerin oder Freundin? Ich kenne da jedenfalls niemanden! Mit diesem Nebenjob fülle ich seit vielen Jahren meine Kasse so auf, dass ich mir etwas leisten kann. Und auch etwas sparen. Ich gehöre zu den Menschen, die ihre finanziellen Sicherheiten brauchen, um auch mit Freude etwas ausgeben zu können. Jetzt will ich versuchen, mich als Callgirl selbstständig zu machen. Da dies in der dörflichen Gegend, in der ich lebe, unmöglich ist und mir die Geheimhaltung meiner Tätigkeit auch in größeren deutschen Städten ungewiss erscheint, bin ich mit zwei gefüllten Koffern nach Athen geflogen. Das ist weit genug von meinem bisherigen Wohnort entfernt, um unerkannt in dieser Branche arbeiten zu können, und es liegt am Meer!
Ich bin in einem kleinen, relativ preiswerten Hotel abgestiegen. Vorläufig im Athener Stadtteil Piräus. Um erste Informationen über mein Metier einzuholen, habe ich mir die englischsprachige Wochenzeitung *Athens World * gekauft und bei den Kleinanzeigen finde ich, was ich suche: In der Rubrik *Escort* annoncieren Frauen, die Sex verkaufen. Ich lese alle Anzeigen aufmerksam durch und entscheide, eine Frau anzurufen, die sich als *Lovely English Lady * ausgibt. Da sie nicht, wie viele andere, mit ihrem jugendlichen Alter wirbt oder sich als Model bezeichnet, hoffe ich, sie könne vielleicht schon etwas älter sein. Denn das bin ich auch. Ich bin zweiundvierzig Jahre alt. Also lange nicht mehr die Jüngste, hatte aber auch in den letzten Jahren immer noch Erfolg in meinem Beruf. Ich verkaufe mich als Fünfunddreißigjährige. Das ist ein sehr attraktives Alter. Viele junge Männer mögen eine Mittdreißigerin im Bett. Und es gibt auch eine große Anzahl älterer Herren, die nicht nur auf junges Gemüse stehen. Also, im Prinzip bin ich im goldrichtigen Alter, um mich als Prostituierte selbstständig zu machen und viel Geld zu verdienen. Ich bin hübsch. Auf meine Art. Ich habe langes blondes Haar, blaue Augen, bin schlank, gepflegt, charmant und immer gut gekleidet. Und ich kann sehr sexy auftreten, wenn ich das will. Die Mitte Dreißig glaubt mir fast jeder.
Ich wähle die Mobilnummer der *Lovely English Lady * und sie meldet sich mit einem freundlichen:
*Hallo!*
*Hallo! Mein Name ist Anika. Ich bin gerade in Athen angekommen und würde hier gerne als Callgirl arbeiten. Wäre es möglich, dass Sie mir einige Informationen geben? Über die Preise, die Hotels und so weiter?*
*Oh!* Kurze Pause. *Welche Nationalität hast du?*
*Ich bin Deutsche.*
*Bist du alleine hier?*
*Ja.*
*Wie alt bist du?*
*Zweiundvierzig.*
*Hast du schon mal in dem Gewerbe gearbeitet?*
*Ja, viele Jahre. Nebenberuflich. Vielleicht können wir uns mal irgendwo auf einen Kaffee treffen und miteinander reden?*
*Okay.* Wieder eine kurze Pause. *Lass mich darüber nachdenken. Ruf mich morgen früh wieder an. Bye, bye!*
Sie hat aufgelegt und ich verstehe ihr Zögern. Sie weiß nicht, ob ich wirklich diejenige bin, für die ich mich ausgebe. Ich könnte auch die Ehefrau eines Kunden sein, die ihre Telefonnummer im Handy ihres Mannes gefunden hat. Es gibt so viele Möglichkeiten. Dass sie mich warten lässt und überlegt, ist vollkommen in Ordnung. Eine andere Anzeige in der *Athens World *, die mich interessiert, ist von einem Escort Service. Wenn ich so tue, als ob ich mich bei ihnen bewerben will, bekomme ich vielleicht wichtige Informationen über mein künftiges Arbeitsgebiet. Als ich die angegebene Mobilnummer wähle, meldet sich eine Frauenstimme auf Griechisch.
*Entschuldigung, sprechen Sie auch Englisch?*, frage ich höflich.
*Ja, natürlich! Hier ist der Escort Service *Seven Heaven *. Womit kann ich Ihnen dienen?*
*Guten Tag. Ich heiße Gaby. Ich bin Deutsche, fünfunddreißig Jahre alt und würde mich gerne bei Ihnen bewerben, um im Escort tätig zu werden.*
*Hast du das denn schon mal gemacht? Hast du Erfahrung als Prostituierte?*
*Ja, seit über zehn Jahren.*
*Wo bist du jetzt?*
*Ich bin momentan in Athen.*
*Aha. Einen Augenblick. Könntest du dich mit mir treffen? Ich muss dich natürlich sehen, bevor ich weiteres mit dir bespreche. Du bist Fünfunddreißig. Das ist nicht mehr jung!*
*Ich weiß, aber Sie können sich ja selber ein Bild von mir machen. Ich kann mich jederzeit mit Ihnen treffen.*
*Gut. Unser Büro ist in der Innenstadt. Kannst du in zwei Stunden im Café Rena, schräg gegenüber der *Akropolis * Metro Station, sein?*
*Ja, das kann ich schaffen. Also um 16.00 Uhr in dem Café?*
*Genau. Bis später, Gaby. Gaby war dein Name, ja?*
*Richtig, und wie ist ihr Name?
*Ach entschuldige, ich bin Elena! Bis später dann!*
*Bis später, Elena!*
Ich sehe auf die Uhr. Das heißt, ich muss mich schnell hübsch machen und in Schale werfen. Ich entscheide mich für ein rotes, ärmelloses, knielanges Etuikleid. Das ist sehr schick und betont meine Figur. Auch wenn ich nicht für diesen Escort Service arbeiten will, möchte ich einen guten Eindruck machen, um an die Informationen zu kommen, die ich für meine eigene Firma brauche. Da meine Haare mal wieder schwer zu bändigen sind, bürste ich sie bei herunter hängendem Kopf kräftig durch, kämme sie zurück, lasse ihnen viel Volumen, dränge sie in eine Löwenmähne und sprühe Haarspray auf. Meine Augen schminke ich so, dass ihr Blau bestens zur Geltung kommt. Auf Lippenstift verzichte ich. Jetzt nur noch etwas von meinem Lieblingsparfüm, dem *Must de Cartier * aufsprühen, und als ich mich von allen Seiten im Spiegel betrachte, weiß ich, dass ich nicht mehr tun kann! Ich ziehe rote Pumps an, entscheide mich für eine kleine, goldene Handtasche, und verlasse das Hotel, um mir ein Taxi zu nehmen.
Für 19 Euro fährt mich ein unfreundlicher Taxifahrer in die Innenstadt. Als ich in der Nähe der Akropolis Station aussteige, habe ich noch reichlich Zeit. Ich suche als erstes das Café auf, in dem ich mit Elena verabredet bin, und spaziere anschließend ein wenig in der Gegend herum. Hier fängt die Plaka, die Altstadt Athens, mit ihren kleinen Gassen, Geschäften und Restaurants an, und ich bewege mich nur auf den schattigen Straßenseiten, weil die Sonne ganz ordentlich brennt. Um 15.50 Uhr betrete ich das Café Rena und setze mich an einen der kleinen runden Tische. Bei der draußen herrschenden Hitze ist es sehr angenehm, sich in einem klimatisierten Raum aufzuhalten. Als die Kellnerin kommt, bestelle ich mir eine Cola Light. Bloß keine Getränke mit Zucker! Die gehen nur auf die Hüfte. Eine kleine Frau mittleren Alters, mit schwarzem, kurzem Haar, betritt das Café, sieht sich um, nickt mir zu und ich nicke zurück. Das muss Elena sein. Sie steuert auf mich zu und begrüßt mich mit Handschlag.
*Ich bin Elena.*
*Und ich bin Gaby. Schön, dass Sie Zeit für mich haben, Elena!*
*Na ja. Ein neues Gesicht ist für einen Escort Service immer interessant. Wohnst du in Athen?*
*Nein, noch nicht. Ich bin nur für eine Woche hier, um die Lage zu checken. Ich überlege, im Herbst hierher zu ziehen, ab September.*
*Okay! Also, wie ich sehe, bist du hübsch und hast eine gute Figur. Du bist gepflegt. Aber eben schon fünfunddreißig Jahre alt. Bist du wirklich erst Fünfunddreißig? Oder doch schon älter?*
*Ich bin achtunddreißig Jahre alt. Aber ich verkaufe mich immer noch als Fünfunddreißigjährige. Und ich denke, das geht noch durch.*
Elena lacht auf.
*Ja, wir machen uns alle jünger. Das ist nichts Neues in unserer Branche. Doch die meisten unserer Frauen sind wirklich viel jünger als du. Du wärst die älteste in dem Team. Aber im Prinzip hast du mit den anderen nichts zu tun. Ich würde Fotos von dir machen und dich in unseren Katalog aufnehmen. Also, es läuft folgendermaßen: Die Frauen, die für uns arbeiten, machen das alle hauptberuflich, sind also rund um die Uhr zu erreichen, und müssen unter Umständen innerhalb einer Stunde an dem Ort sein, wo der Kunde sie erwartet. Wie sie das mit ihrer Familie regeln, ist ihre Sache. Bleiben wir mal bei dir. Du würdest einen Anruf von uns bekommen und wir würden dir die Anschrift und Telefonnummer eines Kunden und die Uhrzeit des Termins durchgeben. Zu gegebener Zeit machst du dich auf den Weg. Entweder mit dem Taxi, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit deinem eigenen Auto. Das bleibt ganz dir überlassen. Wichtig ist nur, dass du pünktlich bei dem Kunden erscheinst. Die Normalzeit für einen Termin beträgt fünfundvierzig Minuten bis maximal eine Stunde. Normal ist: Safer Sex in allen möglichen Stellungen und Oralverkehr ohne Kondom.*
Die Kellnerin kommt und Elena bestellt einen Kaffee Frappé mit viel Zucker und Milch. Sie fährt fort:
*Der Kunde bezahlt dir den mit uns vereinbarten Preis. Normal sind 200 Euro für eine Stunde. Für Analverkehr zahlt er extra. Diese Details sind jetzt nicht so wichtig. Jedenfalls nimmst du das Geld mit nach Hause. Spätestens am nächsten Tag wirst du uns die Hälfte des Geldes übergeben. Wir verabreden uns irgendwo telefonisch mit dir oder schicken dir einen Boten nach Hause. Ganz wie du willst. Auf jeden Fall ist die andere Hälfte des vereinbarten Geldes deines! Gibt dir der Kunde Trinkgeld, ist das natürlich auch deines. Sollte er sich jedoch während des Termins spontan z.B. für Analverkehr entscheiden, oder eine weitere Stunde anhängen wollen, was vorher nicht mit uns vereinbart war, musst du den Betrag mit abkassieren, uns aber die Hälfte davon abgeben. Wir halten immer Rücksprache mit den Kunden und erfahren was gelaufen ist. Von daher macht es keinen Sinn, uns etwas zu verheimlichen!*
Elena trinkt an ihrem Kaffee und zündet sich eine Zigarette an.
*Gut, das habe ich alles verstanden und das sind Konditionen, die ich aus Deutschland kenne. Was für Dienste bietet *Seven Heaven * den Kunden an?*
*Viele. Wir versuchen soweit alles abzudecken, was die Kunden sich wünschen. Ich sag es mal so: Ausgeschlossen sind Pädophilie und ähnliche kriminelle sexuelle Praktiken. Das wäre meine nächste Frage an dich. Was machst du? Was kannst du? Und welche Sprachen sprichst du?*
*Ich spreche Deutsch, Englisch, Niederländisch und ein kleines bisschen Französisch. Ich habe unter anderem als Domina gearbeitet und kann verschiedene Rollen spielen. Was nehmt ihr z.B. für eine Domination? Und für Rollenspiele?*
*Hin und wieder haben wir jemanden, der dominiert werden will. Aber das ist eigentlich nichts für die Griechen. Die dominieren lieber selber. Sind eben alle Machos. Nur, wenn jemand danach fragt, wären wir froh, eine Dame mehr in unserem Kreis zu haben, die dieses Feld abdecken könnte. Wir verlangen für eine Session 400 Euro. Andere Rollenspiele kosten den Kunden 300 Euro. Das wären also immerhin noch 150 Euro für dich!*
*Ich habe noch eine Frage, Elena. Wie werden die An und Abfahrtskosten des Termins verrechnet?*
*An und Abfahrt gehen auf deine Kappe. Dafür übernehmen wir die Inserate in einigen englisch und griechisch sprachigen Zeitungen und im Internet. Wir machen die Termine mit den Kunden. Wir geben dir eine gute Arbeit. Du kannst viel bei uns verdienen, und brauchst dich selber um so gut wie nichts zu kümmern. Du tust einfach nur deine Arbeit und steckst hinterher eine ganz schöne Summe Geld ein!*
*Danke, Elena. Das ist erst mal genug Information für mich. Jetzt kommt es nur noch auf dich, bzw. auf euch an, ob ihr mich im September eventuell einstellen würdet.*
*Gaby! Ich denke da gibt es keine Probleme. Du darfst dich nur nicht gehen lassen, musst immer gepflegt sein, und alles machen, was der Kunde von dir verlangt. Der Kunde ist König! Das ist uns ganz wichtig. Es gibt keine Verweigerungen, wenn vorher etwas telefonisch abgesprochen wurde. Du musst jeden Kunden akzeptieren. Auch wenn er dick oder hässlich, unbequem ist, oder stinkt. Wir versuchen schon seit Jahren einen angenehmen und freundlichen Kundenstamm zu halten. Und ich denke, das ist uns auch gelungen. Wir sind sehr um das Wohl unserer Mitarbeiterinnen bemüht. Eine wirklich schlechte Behandlung unserer Damen würden wir niemals zulassen! Ich würde sagen, andere Einzelheiten werden wir im September noch mit dir durchgehen. Was sagst du?*
Ich habe längst alles erfahren, was ich wollte. Deshalb sage ich:
*Prima! So machen wir das. Wenn ich im September komme, rufe ich dich an. Vielen Dank für deine Zeit, Elena!*
*Gerne. Ich übernehme deine Cola!*, sagt sie, und zückt ihr Portemonnaie.
*Vielen Dank!*, erwidere ich, und nehme meine Handtasche. Elena legt das abgezählte Geld auf den Tisch, wir erheben uns beide und verlassen gleichzeitig das Café. Auf dem Bürgersteig nicken wir uns noch einmal zu und jede von uns schlägt eine andere Richtung ein.
Am nächsten Morgen rufe ich wieder die *Lovely English Lady * an. Sie ist freundlich, und hat sich entschieden mich zu treffen. Ich notiere mir die Adresse eines Cafés, das sie als Treffpunkt vorschlägt, und wir vereinbaren eine Uhrzeit. Am Nachmittag mache ich mich mit dem Bus auf nach Glyfada, einem südlichen Stadtteil Athens, der direkt an der Küste liegt. Von dort aus nehme ich ein Taxi zur vereinbarten Adresse. Wir haben am Telefon darüber gesprochen, wie wir uns erkennen. Sie sagte: *Ich habe langes, blondes Haar. * Und ich entgegnete ihr: *Ich ebenfalls *. Auf der Terrasse des Cafés, in dem wir verabredet sind, muss ich nicht lange warten bis sich eine mittelgroße, leichtfüßige, ihre Handtasche schwingende Blondine, suchend zwischen den Tischen umsieht. Als sie in meine Richtung schaut, gebe ich ihr ein kleines Zeichen mit der Hand und sie nähert sich mir langsam, mich aufmerksam betrachtend.
*Hi Darling!*, begrüßt sie mich. *Ich bin Violet.*
*Hi, und ich bin Anika. Das heißt, mit richtigem Namen heiße ich Ilona. Danke, dass wir uns treffen können!*
*Lass uns ruhig bei unseren Künstlernamen bleiben. Das ist schon Okay!*
Sie nimmt Platz und schaut sich skeptisch um. Ich versichere ihr, dass ich alleine bin. Ich schätze, sie ist in meinem Alter oder sogar etwas älter. Sie bestellt einen schwarzen Tee und dann stellt sie mir Fragen: Wo ich wohne, wie lange ich bleiben will, ob ich Familie habe und so weiter. Ich beantworte alles wahrheitsgemäß, weil man mit Lügen nichts erreicht. Ich meine, das Lügen ist in unserem Beruf weit verbreitet. Wer trägt schon seinen richtigen Namen, gibt sein richtiges Alter an oder seine wahre Herkunft? Aber ich will ja etwas von Violet. Information und vielleicht sogar eine Freundschaft unter Kolleginnen. Wenn man so etwas anstrebt, muss man auch als Prostituierte ehrlich sein. Wir sind uns vom ersten Moment an sympathisch. Sie erzählt mir, dass sie seit über fünfzehn Jahren in Athen arbeitet, einen großen Kundenstamm hat, und nur in der *Athens World * annonciert. Dass sie manchmal in Hotels geht, aber viel lieber zuhause arbeitet. Sie nimmt normalerweise 150 Euro für eine Stunde. Nur Safer Sex, ohne Analverkehr. Der größte Teil ihrer Kunden sind Griechen. Aber immer wieder trifft sie auch Geschäftsleute aus aller Welt in den größeren Hotels, oder, wenn sie schon gut miteinander bekannt sind, kommen sie zu ihr nach Hause. Einmal klingelt ihr Handy. Sie sieht sich nervös um, steht auf, nimmt das Gespräch an, geht umher und telefoniert. Das einzige was ich verstanden habe, ist ihre Frage: *Hi Darling. Wie geht es dir? * Als sie wieder zu mir an den Tisch kommt, sagt sie lässig:
*Ein Termin für Montag früh. Christo. Ich kenne ihn seit vielen Jahren. Er kommt immer montags oder donnerstags. Aber er gibt nur 60 Euro. Da musst du am Anfang vielleicht auch hin und wieder flexibel sein. Nicht jeder Grieche hat 150 Euro für dich. Nicht in dieser Krise! Nur bei Besuchen in Luxushotels und bei den Geschäftsleuten darfst du auf keinen Fall mit dem Preis runtergehen. Die billigen Huren aus Bulgarien und Russland, die an der Straße stehen, und die Drogensüchtigen, die verkaufen sich für viel weniger. Ich habe gehört, teilweise für 30 Euro. Und sie machen alle Arten von ungeschütztem Sex. Grauenhaft!*
Violet erzählt mir, dass es über ganz Athen verteilt eine große Anzahl Stundenhotels gibt, in denen man sich mit dem Kunden verabreden kann; dass Prostitution, selbstständig ausgeübt, in Griechenland zwar illegal ist, aber durchaus praktiziert und toleriert wird. Das man nur achtgeben muss, der Polizei nicht direkt in die Arme zu laufen. Ihr sei das zum Glück noch nie passiert. Sie erzählt, früher habe sie öfter luxuriöse Hotels aufgesucht, um sich an deren Bar Kundschaft zu angeln. Und irgendwie ist sie wohl in der Stimmung und fragt mich, ob ich Lust dazu hätte, mal an einem Abend mit ihr zusammen Fischen zu gehen.
*Zu zweit geht so etwas viel besser als alleine. Man kann einem Interessenten, der uns beide gleichzeitig nimmt, auch ein gutes Angebot machen. Anstelle von 150 Euro nehmen wir nur 100 Euro für jede von uns. Das ist immer noch viel Geld.*
Sie redet wie ein Wasserfall. Ich bin begeistert, weil sie so offen zu mir ist. Ich habe so etwas, wie fischen gehen, noch nie gemacht. Bisher habe ich nur in einer Bar und in verschiedenen Clubs gearbeitet, und einmal hatte ich eine gut bezahlte Beziehung, bei der ich mich mit dem Herrn einmal wöchentlich in einem Hotel getroffen habe oder auch mal einen Abend mit ihm ausgegangen bin. Mich freut es, dass Violet mich sozusagen zum Fischen einlädt und wir etwas gemeinsam unternehmen werden. Wir unterhalten noch eine ganze Weile und verabreden uns schließlich für den nächsten Tag um 20.00 Uhr an der Plateia in Glyfada. Ich bin sehr glücklich über dieses Treffen mit Violet. Jetzt weiß ich genug, um mich als Callgirl in Athen selbstständig zu machen!
Liebe Grüße, Maria
