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Nicht in den Schritt fassen
Eine Expertenrunde sucht nach Lösungen für die offensiven Prostituierten aus Osteuropa in Schöneberg. Doch bisher vermeldet nur die Hurenorganisation Hydra Erfolge
An manchen Tagen stolzieren sie schon morgens um zehn Uhr in Highheels vor dem Sexkaufhaus LSD auf und ab. Anderntags tauchen sie im Dunkeln an der Ecke Potsdamer Straße Kurfürstenstraße auf: Prostituierte aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Im Unterschied zu den alteingessenen Huren bieten die Osteuropäerinnen ihre Dienste ziemlich lautstark und direkt feil. Anwohner, Gewerbetreibende und Kitas sind deshalb in Aufruhr. Zugespitzt hat sich die Stimmung, als Anfang Oktober bekannt wurde, dass über dem Sexkaufhaus ein Großbordell entstehen soll. Am Dienstag beschäftigte sich nun eine Expertenrunde unter Leitung des Bezirksbürgermeisters Ekkehard Band (SPD) mit den Problemen.
Hurenorganisationen, Streetworkerprojekte, Treber- und Drogenhilfe, Schutz- und Kriminalpolizei, alle Stadträtinnen und Stadträte, Quartiersmanagement und Innenverwaltung - wirklich alle Interessengruppen und Zuständigkeiten waren bei dem Treffen im Bezirksamt vertreten. Sogar die evangelische Kirche, in der Person des Pfarrers der Zwölf-Apostel-Gemeinde. Doch das Ergebnis fällt mehr als ernüchternd aus. "Das war qualifizierte Zeitverschwendung", fasste ein Teilnehmer seinen Eindruck zusammen. "Eine kleinere Runde wäre vielleicht ergiebiger gewesen."
Vielleicht. Denn das Problem lässt sich kaum lösen. Prostitution ist ein legales Geschäft und das Karree Potsdamer Straße Bülowstraße, Froben- und Kurfürstenstraße seit Jahrzehnten als Straßenstrich ausgewiesen. Dazu kommt, dass das Gebiet am U-Bahnhof Kürfürstenstraße baurechtlich nicht als Wohn-, sondern als Kerngebiet gilt. Auch wenn es das Bezirksamt mit dem Hinweis auf die unerträgliche Belastung für den Kiez versuchen will: Ein Bordell lässt sich dort nur schwer verbieten.
Summa summarum war die Expertenrunde nicht mehr als ein großes Brainstorming, bei dem aber keine neuen Ideen produziert wurden. Vorschläge wie die Totalsperrung der Frobenstraße, die Einrichtung eines Sperrbezirks und mehr Kontrollen und Überwachung durch die Polizei wirkten, als seien sie der Mottenkiste der 90er-Jahre entlehnt. Damals hatten Anwohner und Gewerbetreibende gegen die zunehmende Prostitution von drogenabhängigen Frauen aufbegehrt.
Wirklich neu ist nur, was die autonome Hurenorganisation Hydra unternommen hat: Seit drei Wochen ist eine ihrer Streetworkerinnen mit einer Dolmetscherin für bulgarisch und ungarisch auf dem Straßenstrich unterwegs. Die beiden versuchen, Kontakte zu den Osteuropäerinnen zu knüpfen. "Wir sind noch in der vertrauensbildenden Phase", erzählt die Hydra-Mitarbeiterin der taz. Bei den Frauen sei ein großes Interesse nach Möglichkeiten für die Gesundheitsvorsorge zu spüren.
"Wir verstehen unsere Arbeit nicht als Kontrolle", betont die Hydra-Vertreterin. Es sei auch nicht das Anliegen, die Frauen davon abzubringen, sich auf der Straße zu prostituieren. Die Osteuropäerinnen seien wesentlich temperamentvoller als die deutschen Huren. Dass sie sehr laut seien, werde von Außenstehenden als Aggressivität gedeutet, sei aber nicht böse gemeint. In einem Punkt gibt sie den Kritikern aber recht: "Man rennt nicht hinter den Männern her und fasst ihnen in den Schritt", wenn man ein Geschäft anbahne. Das versuche die Dolmetscherin den Frauen auch nahe zu bringen. Doch das Projekt steht auf wackligen Beinen. Die Finanzierung für die Dolmetscherin ist nur bis Ende des Jahres gesichert. PLUTONIA PLARRE
TAZ
http://www.taz.de/nc/1/archiv/print-arc ... 118f4bf8e1
Eine Expertenrunde sucht nach Lösungen für die offensiven Prostituierten aus Osteuropa in Schöneberg. Doch bisher vermeldet nur die Hurenorganisation Hydra Erfolge
An manchen Tagen stolzieren sie schon morgens um zehn Uhr in Highheels vor dem Sexkaufhaus LSD auf und ab. Anderntags tauchen sie im Dunkeln an der Ecke Potsdamer Straße Kurfürstenstraße auf: Prostituierte aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Im Unterschied zu den alteingessenen Huren bieten die Osteuropäerinnen ihre Dienste ziemlich lautstark und direkt feil. Anwohner, Gewerbetreibende und Kitas sind deshalb in Aufruhr. Zugespitzt hat sich die Stimmung, als Anfang Oktober bekannt wurde, dass über dem Sexkaufhaus ein Großbordell entstehen soll. Am Dienstag beschäftigte sich nun eine Expertenrunde unter Leitung des Bezirksbürgermeisters Ekkehard Band (SPD) mit den Problemen.
Hurenorganisationen, Streetworkerprojekte, Treber- und Drogenhilfe, Schutz- und Kriminalpolizei, alle Stadträtinnen und Stadträte, Quartiersmanagement und Innenverwaltung - wirklich alle Interessengruppen und Zuständigkeiten waren bei dem Treffen im Bezirksamt vertreten. Sogar die evangelische Kirche, in der Person des Pfarrers der Zwölf-Apostel-Gemeinde. Doch das Ergebnis fällt mehr als ernüchternd aus. "Das war qualifizierte Zeitverschwendung", fasste ein Teilnehmer seinen Eindruck zusammen. "Eine kleinere Runde wäre vielleicht ergiebiger gewesen."
Vielleicht. Denn das Problem lässt sich kaum lösen. Prostitution ist ein legales Geschäft und das Karree Potsdamer Straße Bülowstraße, Froben- und Kurfürstenstraße seit Jahrzehnten als Straßenstrich ausgewiesen. Dazu kommt, dass das Gebiet am U-Bahnhof Kürfürstenstraße baurechtlich nicht als Wohn-, sondern als Kerngebiet gilt. Auch wenn es das Bezirksamt mit dem Hinweis auf die unerträgliche Belastung für den Kiez versuchen will: Ein Bordell lässt sich dort nur schwer verbieten.
Summa summarum war die Expertenrunde nicht mehr als ein großes Brainstorming, bei dem aber keine neuen Ideen produziert wurden. Vorschläge wie die Totalsperrung der Frobenstraße, die Einrichtung eines Sperrbezirks und mehr Kontrollen und Überwachung durch die Polizei wirkten, als seien sie der Mottenkiste der 90er-Jahre entlehnt. Damals hatten Anwohner und Gewerbetreibende gegen die zunehmende Prostitution von drogenabhängigen Frauen aufbegehrt.
Wirklich neu ist nur, was die autonome Hurenorganisation Hydra unternommen hat: Seit drei Wochen ist eine ihrer Streetworkerinnen mit einer Dolmetscherin für bulgarisch und ungarisch auf dem Straßenstrich unterwegs. Die beiden versuchen, Kontakte zu den Osteuropäerinnen zu knüpfen. "Wir sind noch in der vertrauensbildenden Phase", erzählt die Hydra-Mitarbeiterin der taz. Bei den Frauen sei ein großes Interesse nach Möglichkeiten für die Gesundheitsvorsorge zu spüren.
"Wir verstehen unsere Arbeit nicht als Kontrolle", betont die Hydra-Vertreterin. Es sei auch nicht das Anliegen, die Frauen davon abzubringen, sich auf der Straße zu prostituieren. Die Osteuropäerinnen seien wesentlich temperamentvoller als die deutschen Huren. Dass sie sehr laut seien, werde von Außenstehenden als Aggressivität gedeutet, sei aber nicht böse gemeint. In einem Punkt gibt sie den Kritikern aber recht: "Man rennt nicht hinter den Männern her und fasst ihnen in den Schritt", wenn man ein Geschäft anbahne. Das versuche die Dolmetscherin den Frauen auch nahe zu bringen. Doch das Projekt steht auf wackligen Beinen. Die Finanzierung für die Dolmetscherin ist nur bis Ende des Jahres gesichert. PLUTONIA PLARRE
TAZ
http://www.taz.de/nc/1/archiv/print-arc ... 118f4bf8e1
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Mal schaun wie das gemanaged wird
Migrationssexwork und Quatiersmanagement
Das Rotlicht blendet
aus:
Jungle Woprld
In Berlin-Schöneberg ist ein Großbordell geplant, mitten in einem Wohn- und Geschäftsviertel. Anwohner, Unternehmer und das Bezirksamt sind dagegen, denn das teuer bezahlte »soziale Gleichgewicht« im Viertel soll bewahrt werden. von jana brenner
»Hausfrauenstrich, Drogenstrich, Transenstrich, Parkplatzstrich«, zählt Regine Wosnitza auf, während sie die Kurfürstenstraße im Berliner Stadtteil Schöneberg entlangläuft, »hier kann man einfach alles haben.« An der Ecke Kurfürstenstraße und Potsdamer Straße stehen vor dem Sex-Shop »Love Sex Dreams« (LSD) Prostituierte in kurzen Röcken und hohen Stiefeln. Drinnen gibt es Porno-DVDs, draußen Sex gegen Bares. Die Potsdamer Straße hat hier noch gar nichts vom so nahen Potsdamer Platz: keine zahlungskräftigen Touristen, keine moderne Architektur, keine schicken Bars. Stattdessen Ein-Euro-Läden, Imbissbuden, ein türkischer Supermarkt, in dem die jungen Frauen hinter den Kassen allesamt Kopftücher tragen. »Die Kaufkraft ist niedrig«, sagt Regine Wosnitza, »außerdem gibt es viel Leerstand.« Leer stehen auch die Etagen über dem LSD. Aber nicht mehr lange, wenn es nach einem unbekannten Mieter ginge. Er will hier ein so genanntes Laufhaus eröffnen, ein Großbordell mit 40 Zimmern auf drei Etagen.
Prostitution gab es schon immer im Kiez. Die Anwohner haben sich damit arrangiert. »Ich kenne keinen, der sagt, die Prostitution muss hier ganz verschwinden«, sagt Wosnitza von der Interessenvertretung Potsdamer Straße, in der sich die dort ansässigen Geschäftsleute organisiert haben. Auch sie selbst habe keine Angst. »Ist ja schließlich noch nie was passiert.«
Doch vor ungefähr einem halben Jahr habe sich etwas dramatisch verändert, der Zustand sei schlicht unerträglich geworden. »Auf einmal sind Dutzende osteuropäische Frauen hier aufgetaucht.« Und die seien mit rabiaten Methoden auf Freiersuche gegangen. »Sie fassen Passanten einfach in den Schritt, fangen Streit an, wenn die Männer nicht mitgehen wollen.« Sie warteten halbnackt vor Kindergärten auf Kunden, sprächen Männer in Kneipen an. Auch ihre Zuhälter seien brutaler, schlügen den Prostituierten auf offener Straße ins Gesicht. Damit nicht genug machten jene »osteuropäischen Frauen« den deutschen Prostituierten die Preise kaputt. So »beklagte eine alteingesessene Hure« in der taz, dass sie »ohne Kondom zu Dumpinglöhnen« arbeiteten. Teilweise solle Oralverkehr ohne Gummi gerade einmal fünf Euro kosten.
Sollte das so sein, könnte es den Freiern vermutlich nur Recht sein. Nachfrage gibt es genug in Deutschland: 1,2 Millionen Männer kaufen sich täglich Sex. Geschätzte 400 000 Frauen verdienen ihr Geld als Sexarbeiterinnen, mehr als die Hälfte davon sind Migrantinnen. Statistisch gesehen haben 80 Prozent der deutschen Männer mindestens ein Mal in ihrem Leben Kontakt mit einer Hure, jeder vierte holt sich regelmäßig Befriedigung gegen Bezahlung.
Kein Wunder, dass dort, wo das Geschäft mit dem käuflichen Sex bereits gut läuft, noch weitergehende Pläne geschmiedet werden. Doch seit der Bauantrag für das Großbordell beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg liegt, ist die Aufregung groß. Noch mehr Huren bedeuten noch mehr Freier, befürchten Anwohner und Geschäftsleute. Dass die »aggressiven Straßenprostituierten« dann im Bordell arbeiten würden, glauben sie nicht. Die Hurenorganisation Hydra habe das auf einer Anwohnerversammlung bestätigt. Straße und Haus seien zwei getrennte Arbeitsbereiche. Jedenfalls würde eine Zunahme der Prostitution die Situation im Kiez weiter verschlimmern. Man befürchtet, dass alle wegziehen, die es sich leisten können, und die Geschäftsleute ihre Läden dicht machen werden. Der Kiez würde »kippen«, heißt es.
Das Bezirksamt pflichtet den Anwohnern bei und kündigte großspurig an, den Bauantrag von vornherein abzulehnen. Das könnte allerdings schwierig werden. Denn rein baurechtlich spricht nichts gegen ein Bordell über dem LSD. Das heruntergekommene Gebäude mit der verwaschenen blauen Front befindet sich im so genannten Kerngebiet. Verboten sind Bordelle aber lediglich in Wohngebieten. Und als »sittenwidrig« gilt Prostitution seit 2002 ohnehin nicht mehr. Die Kommunalpolitiker müssten sich also etwas einfallen lassen. Das wollen sie auch, versprechen sie immer wieder. Bezirksbürgermeister Ekkehard Band von der SPD will mit dem Verbot eine »soziale Entmischung« verhindern und den Kiez »vor dem kompletten Absturz retten«.
Denn das »soziale Gleichgewicht« im Kiez, so zerbrechlich wie karamelisierter Milchschaum, kommt nicht von ungefähr, sondern ist städteplanerisch hart erarbeitet und teuer bezahlt. »Quartiersmanagement« heißt das Zauberwort. Ein Quartiersmanagement bekommen nur Viertel mit schlechter sozialer Diagnose: viele Arbeitslose, viele Sozialhilfeempfänger, viele Migranten, viel Abwanderung in andere Stadtteile. Quartiersmanager arbeiten in 33 Gebieten in Berlin. Mit verschiedenen Projekten sollen sie das »Sozialgefüge stabilisieren, Anonymität auflösen, soziale Kontrolle aufbauen und eine Basis für das Engagement von interessierten Bewohnern schaffen«. 15,4 Millionen Euro erhalten die Quartiersmanagements der Hauptstadt im Jahr 2008 aus dem Projekt »Soziale Stadt« vom Bund, den Ländern und der EU. Der Kiez um die Potsdamer Straße gehört zum Quartiersmanagement Magdeburger Platz, das es seit 1999 gibt. 190 000 Euro bekommt es in diesem Jahr.
Gerade in der letzten Zeit konnten sich die Städteplaner einiger Erfolge rühmen. Besserverdienende zogen ins Quartier, vor allem Medienleute. Die Kinder- und Jugendarbeit wurde verbessert, erste Cafés eröffneten. Das alles will man sich nicht kaputtmachen lassen.
Was sich das offenbar ungewöhnlich einfallsreiche Quartiersmanagement gegen das »störende Rotlicht« überlegt hat, mutet nicht sozial an. »Wachmänner in Uniform und Verkaufsstände, die den Platz einnehmen, auf dem jetzt die Frauen stehen«, das sei doch eine angemessene Lösung des Problems, heißt es auf seiner Homepage. »Prostitution kann nur innerhalb einer gesunden Mischung urbanen Lebens von Anwohnern und Geschäftsleuten ertragen werden und nicht in massiver Konzentration.« Dazu geben sie den Ratschlag der Polizei weiter, »auch kleinste Rechtswidrigkeiten anzuzeigen«.
Anwohner und Bezirksvertreter sind mittlerweile nicht mehr die einzigen, denen die Nerven flattern. Auch dem Betreiber des LSD wurde es zu heiß. Er wehrte sich per Anwalt gegen die Berichterstattung der taz, in der es hieß, er selbst habe den Bauantrag für das Bordell gestellt. Und um das LSD ist es in den vergangenen Wochen verdächtig ruhig geworden. Die aggressiven Huren aus »Osteuropa« seien auf einmal alle weg. »Wir wissen auch nicht, wo die sind«, sagt Wosnitza. Das Viertel scheint seiner Vorstellung einer »gesunden Mischung urbanen Lebens« vorerst näher gekommen zu sein.
http://www.jungle-world.com/seiten/2007/45/10930.php
Das Rotlicht blendet
aus:
Jungle Woprld
In Berlin-Schöneberg ist ein Großbordell geplant, mitten in einem Wohn- und Geschäftsviertel. Anwohner, Unternehmer und das Bezirksamt sind dagegen, denn das teuer bezahlte »soziale Gleichgewicht« im Viertel soll bewahrt werden. von jana brenner
»Hausfrauenstrich, Drogenstrich, Transenstrich, Parkplatzstrich«, zählt Regine Wosnitza auf, während sie die Kurfürstenstraße im Berliner Stadtteil Schöneberg entlangläuft, »hier kann man einfach alles haben.« An der Ecke Kurfürstenstraße und Potsdamer Straße stehen vor dem Sex-Shop »Love Sex Dreams« (LSD) Prostituierte in kurzen Röcken und hohen Stiefeln. Drinnen gibt es Porno-DVDs, draußen Sex gegen Bares. Die Potsdamer Straße hat hier noch gar nichts vom so nahen Potsdamer Platz: keine zahlungskräftigen Touristen, keine moderne Architektur, keine schicken Bars. Stattdessen Ein-Euro-Läden, Imbissbuden, ein türkischer Supermarkt, in dem die jungen Frauen hinter den Kassen allesamt Kopftücher tragen. »Die Kaufkraft ist niedrig«, sagt Regine Wosnitza, »außerdem gibt es viel Leerstand.« Leer stehen auch die Etagen über dem LSD. Aber nicht mehr lange, wenn es nach einem unbekannten Mieter ginge. Er will hier ein so genanntes Laufhaus eröffnen, ein Großbordell mit 40 Zimmern auf drei Etagen.
Prostitution gab es schon immer im Kiez. Die Anwohner haben sich damit arrangiert. »Ich kenne keinen, der sagt, die Prostitution muss hier ganz verschwinden«, sagt Wosnitza von der Interessenvertretung Potsdamer Straße, in der sich die dort ansässigen Geschäftsleute organisiert haben. Auch sie selbst habe keine Angst. »Ist ja schließlich noch nie was passiert.«
Doch vor ungefähr einem halben Jahr habe sich etwas dramatisch verändert, der Zustand sei schlicht unerträglich geworden. »Auf einmal sind Dutzende osteuropäische Frauen hier aufgetaucht.« Und die seien mit rabiaten Methoden auf Freiersuche gegangen. »Sie fassen Passanten einfach in den Schritt, fangen Streit an, wenn die Männer nicht mitgehen wollen.« Sie warteten halbnackt vor Kindergärten auf Kunden, sprächen Männer in Kneipen an. Auch ihre Zuhälter seien brutaler, schlügen den Prostituierten auf offener Straße ins Gesicht. Damit nicht genug machten jene »osteuropäischen Frauen« den deutschen Prostituierten die Preise kaputt. So »beklagte eine alteingesessene Hure« in der taz, dass sie »ohne Kondom zu Dumpinglöhnen« arbeiteten. Teilweise solle Oralverkehr ohne Gummi gerade einmal fünf Euro kosten.
Sollte das so sein, könnte es den Freiern vermutlich nur Recht sein. Nachfrage gibt es genug in Deutschland: 1,2 Millionen Männer kaufen sich täglich Sex. Geschätzte 400 000 Frauen verdienen ihr Geld als Sexarbeiterinnen, mehr als die Hälfte davon sind Migrantinnen. Statistisch gesehen haben 80 Prozent der deutschen Männer mindestens ein Mal in ihrem Leben Kontakt mit einer Hure, jeder vierte holt sich regelmäßig Befriedigung gegen Bezahlung.
Kein Wunder, dass dort, wo das Geschäft mit dem käuflichen Sex bereits gut läuft, noch weitergehende Pläne geschmiedet werden. Doch seit der Bauantrag für das Großbordell beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg liegt, ist die Aufregung groß. Noch mehr Huren bedeuten noch mehr Freier, befürchten Anwohner und Geschäftsleute. Dass die »aggressiven Straßenprostituierten« dann im Bordell arbeiten würden, glauben sie nicht. Die Hurenorganisation Hydra habe das auf einer Anwohnerversammlung bestätigt. Straße und Haus seien zwei getrennte Arbeitsbereiche. Jedenfalls würde eine Zunahme der Prostitution die Situation im Kiez weiter verschlimmern. Man befürchtet, dass alle wegziehen, die es sich leisten können, und die Geschäftsleute ihre Läden dicht machen werden. Der Kiez würde »kippen«, heißt es.
Das Bezirksamt pflichtet den Anwohnern bei und kündigte großspurig an, den Bauantrag von vornherein abzulehnen. Das könnte allerdings schwierig werden. Denn rein baurechtlich spricht nichts gegen ein Bordell über dem LSD. Das heruntergekommene Gebäude mit der verwaschenen blauen Front befindet sich im so genannten Kerngebiet. Verboten sind Bordelle aber lediglich in Wohngebieten. Und als »sittenwidrig« gilt Prostitution seit 2002 ohnehin nicht mehr. Die Kommunalpolitiker müssten sich also etwas einfallen lassen. Das wollen sie auch, versprechen sie immer wieder. Bezirksbürgermeister Ekkehard Band von der SPD will mit dem Verbot eine »soziale Entmischung« verhindern und den Kiez »vor dem kompletten Absturz retten«.
Denn das »soziale Gleichgewicht« im Kiez, so zerbrechlich wie karamelisierter Milchschaum, kommt nicht von ungefähr, sondern ist städteplanerisch hart erarbeitet und teuer bezahlt. »Quartiersmanagement« heißt das Zauberwort. Ein Quartiersmanagement bekommen nur Viertel mit schlechter sozialer Diagnose: viele Arbeitslose, viele Sozialhilfeempfänger, viele Migranten, viel Abwanderung in andere Stadtteile. Quartiersmanager arbeiten in 33 Gebieten in Berlin. Mit verschiedenen Projekten sollen sie das »Sozialgefüge stabilisieren, Anonymität auflösen, soziale Kontrolle aufbauen und eine Basis für das Engagement von interessierten Bewohnern schaffen«. 15,4 Millionen Euro erhalten die Quartiersmanagements der Hauptstadt im Jahr 2008 aus dem Projekt »Soziale Stadt« vom Bund, den Ländern und der EU. Der Kiez um die Potsdamer Straße gehört zum Quartiersmanagement Magdeburger Platz, das es seit 1999 gibt. 190 000 Euro bekommt es in diesem Jahr.
Gerade in der letzten Zeit konnten sich die Städteplaner einiger Erfolge rühmen. Besserverdienende zogen ins Quartier, vor allem Medienleute. Die Kinder- und Jugendarbeit wurde verbessert, erste Cafés eröffneten. Das alles will man sich nicht kaputtmachen lassen.
Was sich das offenbar ungewöhnlich einfallsreiche Quartiersmanagement gegen das »störende Rotlicht« überlegt hat, mutet nicht sozial an. »Wachmänner in Uniform und Verkaufsstände, die den Platz einnehmen, auf dem jetzt die Frauen stehen«, das sei doch eine angemessene Lösung des Problems, heißt es auf seiner Homepage. »Prostitution kann nur innerhalb einer gesunden Mischung urbanen Lebens von Anwohnern und Geschäftsleuten ertragen werden und nicht in massiver Konzentration.« Dazu geben sie den Ratschlag der Polizei weiter, »auch kleinste Rechtswidrigkeiten anzuzeigen«.
Anwohner und Bezirksvertreter sind mittlerweile nicht mehr die einzigen, denen die Nerven flattern. Auch dem Betreiber des LSD wurde es zu heiß. Er wehrte sich per Anwalt gegen die Berichterstattung der taz, in der es hieß, er selbst habe den Bauantrag für das Bordell gestellt. Und um das LSD ist es in den vergangenen Wochen verdächtig ruhig geworden. Die aggressiven Huren aus »Osteuropa« seien auf einmal alle weg. »Wir wissen auch nicht, wo die sind«, sagt Wosnitza. Das Viertel scheint seiner Vorstellung einer »gesunden Mischung urbanen Lebens« vorerst näher gekommen zu sein.
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"68" und die Prostitutionsfolgen
Im Laufhaus verdient der Staat leichter mit an der Prostitution. Schleichend werden die Frauen von der Straße vertrieben.
Berlin will nicht mehr “arm, aber sexy” sein, sondern eher reich und primitiv. Allein in den letzten 5 Jahren, also nach der Einführung eines neuen rot-grünen Prostituiertengesetzes, wurden im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 12 Kleinbordelle geschlossen, in Tempelhof 5 und in Mitte 4. Laut Radio Berlin-Brandenburg fürchten derzeit rund 20 Bordellbetreiberinnen um ihre Existenz, weil Bauämter der Stadt mit Schließungsverfügungen gegen sie vorgehen - mit der Begründung: Wohnen und Prostitution passen nicht zusammen.
So argumentiert etwa Charlottenburgs Baustadtrat Hans-Dieter Gröhler (CDU) und kann sich dabei auf die geltende Rechtsprechung stützen: Fast sämtliche höchstrichterlichen Urteile verneinen die Möglichkeit der Ausübung von Prostitution in Misch- bzw. allgemeinen Wohngebieten. Für die Prostitution ist nach wie vor allein das Gewerbegebiet vorgesehen.
Hinter dieser Argumentation steckt der Drang, den Einzelhandel - die Wir-AG, das Kleinbordell - zu verdrängen zugunsten von Malls, Arcaden - Laufhäusern, Großbordellen. Bei dem Prostituiertengesetz ging es auch und vor allem um das Besteuern der Einnahmen von Prostituierten. Steuerfahnder machten danach sogar Jagd auf heroinabhängige Mädchen, die z. B. an der Kurfürstenstraße anschaffen gehen. In Großbordellen muss der Fiskus das nicht: Es reicht ihm, wenn die Betreiber ihre Mieteinnahmen (etwa 80 Euro pro Tag und Mädchen) versteuern. Insofern ist die schleichende Vertreibung der von den Frauen selbst organisierten Kleinbordelle mindestens politisch gewollt.
Laut der Mitinitiatorin des Prostituiertengesetzes, der grünen MdB Irmingard Schewe-Gerigk, sind die Großbordelle in Industriegebieten, wo in den bis zu 60 Zimmern wie am Fließband “gearbeitet” wird, “ein Wirtschaftsfaktor und der Staat kassiert große Summen”. Die auf dem Straßenstrich stehenden Frauen wehren sich dagegen, in solche Laufhäuser abgedrängt zu werden. Als eine Marzahner PDS-Bezirksverordnete den Mädchen, die nachts an der Straße nach Biesdorf standen, was Gutes tun wollte, indem sie sich für ein Laufhaus einsetzte, bekam sie von ihnen zu hören: “Nein, das wollen wir nicht.” Auf dem Straßenstrich könne man kommen und gehen, wie man wolle, auch müsse man nicht für ein Zimmer zahlen - und dann kämen womöglich keine Freier.
In Spiegel-Online gibt es derzeit eine von Alice Schwarzer angestoßene Debatte, in der sie behauptet, dass das neue Prostituiertengesetz die Ausbeutungssituation in den Großbordellen verschlimmert habe. Sie erzählt vom Laufhaus “Colosseum” in Augsburg: “Dort hatte die Polizei bei einem Großeinsatz 30 Frauen zu Einzelbefragungen mitgenommen und der Staatsanwalt anschließend Anklage erhoben. Denn die Frauen hatten zum Beispiel eine ‘Anwesenheitspflicht’ von 13 Stunden, von 14 Uhr bis 3 Uhr nachts, mussten sich im Kontaktraum permanent splitternackt aufhalten, durften nicht telefonieren, mussten alle Wünsche der Freier erfüllen, sonst wurde ihnen das vom Lohn abgezogen etc. Doch der Bordellbetreiber gewann den Prozess, denn er hat dank des neuen Gesetzes ein ‘Weisungsrecht’ und ‘Kontrollbefugnisse’. Das Gericht argumentierte: Schließlich sei die Prostitution heute ein ‘ganz normales Gewerbe’.”
Die Frankfurter Hurenorganisation “Dona Carmen” geht davon aus, dass über 80% der Prostituierten heute Ausländerinnen sind - für die das neue Gesetz überhaupt nichts bringe. Sie benötigen zuvörderst eine Arbeitserlaubnis - eine Art “Green Card”. In Österreich, wo es so etwas Ähnliches bereits gibt, kam es daraufhin zu einem kuriosen Skandal: Man hatte einer osteuropäischen Frau erlaubt, in einem Wiener Bordell zu arbeiten. Nach einiger Zeit wollte sie dort aufhören und stattdessen als Putzfrau arbeiten. Das wurde ihr jedoch nicht gestattet - und mit Abschiebung gedroht.
Dona Carmen ist sich mit Alice Schwarzer einig, dass das neue Prostitutionsgesetz zur Verschärfung der Lage sogar noch beigetragen hat. Auch SPD, Grüne, FDP sowie PDS/Die Linke folgten inzwischen dieser Erkenntnis und haben sich gegen eine Schließung der Wohnungsbordelle ausgesprochen. Im Juni wurde auf Verlangen des Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen in Charlottenburg-Wilmersdorf vom SPD-Wirtschaftsstadtrat ein runder Tisch einberufen, an dem neben der Beratungsstelle Hydra die Gewerkschaft Ver.di und der CDU-Baustadtrat sitzen. Im Juli wurde dann den Prostituierten zugesichert, vorerst keine Kleinbordelle mehr zu schließen.
Diese sind eine direkte Folge von “68″. Bis dahin gab es in Westberlin fast nur Prostituierte mit Zuhältern. Als dann immer mehr linke Frauen anfingen, im “Milieu” zu arbeiten, entstanden auch bald die ersten Frauengruppen, die zuhälterfreie Kleinbordelle eröffneten. Das derzeitige Hickhack um dieses selbst organisierte Gunstgewerbe hat also auch etwas mit der Zurückdrängung aller antiautoritären “68er-Impulse” zu tun. Die CDU-Familienministerin von der Leyen droht sogar, alle Prostituierten dahingehend zu bearbeiten, dass sie wieder zurück an Heim und Herd finden. Die englischen Prostituierten hatten dagegen bereits 1969 vehement protestiert: “Home-Fucking is destroying Prostitution!” hieß ihre Parole.
Autor:
Helmut Höge
-----------------------
Diese (für mich) etwas eigentümliche Sichtweise der Dinge gibt es zu lesen auf der taz:
http://www.taz.de/1/leben/alltag/artike ... 07c8f5fcdb
Berlin will nicht mehr “arm, aber sexy” sein, sondern eher reich und primitiv. Allein in den letzten 5 Jahren, also nach der Einführung eines neuen rot-grünen Prostituiertengesetzes, wurden im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 12 Kleinbordelle geschlossen, in Tempelhof 5 und in Mitte 4. Laut Radio Berlin-Brandenburg fürchten derzeit rund 20 Bordellbetreiberinnen um ihre Existenz, weil Bauämter der Stadt mit Schließungsverfügungen gegen sie vorgehen - mit der Begründung: Wohnen und Prostitution passen nicht zusammen.
So argumentiert etwa Charlottenburgs Baustadtrat Hans-Dieter Gröhler (CDU) und kann sich dabei auf die geltende Rechtsprechung stützen: Fast sämtliche höchstrichterlichen Urteile verneinen die Möglichkeit der Ausübung von Prostitution in Misch- bzw. allgemeinen Wohngebieten. Für die Prostitution ist nach wie vor allein das Gewerbegebiet vorgesehen.
Hinter dieser Argumentation steckt der Drang, den Einzelhandel - die Wir-AG, das Kleinbordell - zu verdrängen zugunsten von Malls, Arcaden - Laufhäusern, Großbordellen. Bei dem Prostituiertengesetz ging es auch und vor allem um das Besteuern der Einnahmen von Prostituierten. Steuerfahnder machten danach sogar Jagd auf heroinabhängige Mädchen, die z. B. an der Kurfürstenstraße anschaffen gehen. In Großbordellen muss der Fiskus das nicht: Es reicht ihm, wenn die Betreiber ihre Mieteinnahmen (etwa 80 Euro pro Tag und Mädchen) versteuern. Insofern ist die schleichende Vertreibung der von den Frauen selbst organisierten Kleinbordelle mindestens politisch gewollt.
Laut der Mitinitiatorin des Prostituiertengesetzes, der grünen MdB Irmingard Schewe-Gerigk, sind die Großbordelle in Industriegebieten, wo in den bis zu 60 Zimmern wie am Fließband “gearbeitet” wird, “ein Wirtschaftsfaktor und der Staat kassiert große Summen”. Die auf dem Straßenstrich stehenden Frauen wehren sich dagegen, in solche Laufhäuser abgedrängt zu werden. Als eine Marzahner PDS-Bezirksverordnete den Mädchen, die nachts an der Straße nach Biesdorf standen, was Gutes tun wollte, indem sie sich für ein Laufhaus einsetzte, bekam sie von ihnen zu hören: “Nein, das wollen wir nicht.” Auf dem Straßenstrich könne man kommen und gehen, wie man wolle, auch müsse man nicht für ein Zimmer zahlen - und dann kämen womöglich keine Freier.
In Spiegel-Online gibt es derzeit eine von Alice Schwarzer angestoßene Debatte, in der sie behauptet, dass das neue Prostituiertengesetz die Ausbeutungssituation in den Großbordellen verschlimmert habe. Sie erzählt vom Laufhaus “Colosseum” in Augsburg: “Dort hatte die Polizei bei einem Großeinsatz 30 Frauen zu Einzelbefragungen mitgenommen und der Staatsanwalt anschließend Anklage erhoben. Denn die Frauen hatten zum Beispiel eine ‘Anwesenheitspflicht’ von 13 Stunden, von 14 Uhr bis 3 Uhr nachts, mussten sich im Kontaktraum permanent splitternackt aufhalten, durften nicht telefonieren, mussten alle Wünsche der Freier erfüllen, sonst wurde ihnen das vom Lohn abgezogen etc. Doch der Bordellbetreiber gewann den Prozess, denn er hat dank des neuen Gesetzes ein ‘Weisungsrecht’ und ‘Kontrollbefugnisse’. Das Gericht argumentierte: Schließlich sei die Prostitution heute ein ‘ganz normales Gewerbe’.”
Die Frankfurter Hurenorganisation “Dona Carmen” geht davon aus, dass über 80% der Prostituierten heute Ausländerinnen sind - für die das neue Gesetz überhaupt nichts bringe. Sie benötigen zuvörderst eine Arbeitserlaubnis - eine Art “Green Card”. In Österreich, wo es so etwas Ähnliches bereits gibt, kam es daraufhin zu einem kuriosen Skandal: Man hatte einer osteuropäischen Frau erlaubt, in einem Wiener Bordell zu arbeiten. Nach einiger Zeit wollte sie dort aufhören und stattdessen als Putzfrau arbeiten. Das wurde ihr jedoch nicht gestattet - und mit Abschiebung gedroht.
Dona Carmen ist sich mit Alice Schwarzer einig, dass das neue Prostitutionsgesetz zur Verschärfung der Lage sogar noch beigetragen hat. Auch SPD, Grüne, FDP sowie PDS/Die Linke folgten inzwischen dieser Erkenntnis und haben sich gegen eine Schließung der Wohnungsbordelle ausgesprochen. Im Juni wurde auf Verlangen des Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen in Charlottenburg-Wilmersdorf vom SPD-Wirtschaftsstadtrat ein runder Tisch einberufen, an dem neben der Beratungsstelle Hydra die Gewerkschaft Ver.di und der CDU-Baustadtrat sitzen. Im Juli wurde dann den Prostituierten zugesichert, vorerst keine Kleinbordelle mehr zu schließen.
Diese sind eine direkte Folge von “68″. Bis dahin gab es in Westberlin fast nur Prostituierte mit Zuhältern. Als dann immer mehr linke Frauen anfingen, im “Milieu” zu arbeiten, entstanden auch bald die ersten Frauengruppen, die zuhälterfreie Kleinbordelle eröffneten. Das derzeitige Hickhack um dieses selbst organisierte Gunstgewerbe hat also auch etwas mit der Zurückdrängung aller antiautoritären “68er-Impulse” zu tun. Die CDU-Familienministerin von der Leyen droht sogar, alle Prostituierten dahingehend zu bearbeiten, dass sie wieder zurück an Heim und Herd finden. Die englischen Prostituierten hatten dagegen bereits 1969 vehement protestiert: “Home-Fucking is destroying Prostitution!” hieß ihre Parole.
Autor:
Helmut Höge
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Diese (für mich) etwas eigentümliche Sichtweise der Dinge gibt es zu lesen auf der taz:
http://www.taz.de/1/leben/alltag/artike ... 07c8f5fcdb
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"Dona Carmen ist sich mit Alice Schwarzer einig, dass das neue Prostitutionsgesetz zur Verschärfung der Lage sogar noch beigetragen hat. Auch SPD, Grüne, FDP sowie PDS/Die Linke folgten inzwischen dieser Erkenntnis und haben sich gegen eine Schließung der Wohnungsbordelle ausgesprochen."
hm ..... kann ich mir kaum vorstellen .....
hm ..... kann ich mir kaum vorstellen .....
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Die ZDF-Mona Liesa Dokumentation zum Berliner StraßenStrichStreit
Streit um Sperrbezirk
Die Anwohner rund um die Potsdamer Straße in Berlin hatten sich mit dem Straßenstrich dort arrangiert. Doch seit etwa einem halben Jahr hat sich die Szene drastisch verändert. Dagegen protestieren jetzt die Anwohner. Bisher ohne Erfolg. Der Beitrag als Video.
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/ ... Popup=true
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Streit um Sperrbezirk
Die Anwohner rund um die Potsdamer Straße in Berlin hatten sich mit dem Straßenstrich dort arrangiert. Doch seit etwa einem halben Jahr hat sich die Szene drastisch verändert. Dagegen protestieren jetzt die Anwohner. Bisher ohne Erfolg. Der Beitrag als Video.
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/ ... Popup=true
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Berlin: Razzia auf dem Straßenstrich
Mit einem Großeinsatz geht die Polizei in Schöneberg gegen einen 14-köpfigen Zuhälterring vor. Den Verdächtigen wird Menschenhandel vorgeworfen. Das zu beweisen dürfte aber schwierig werden
Die Polizei hat einen Schlag gegen die Zuhälterszene geführt. Bei einem Großeinsatz in Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein wurden am Mittwochabend 16 Objekte durchsucht und zwei Personen festgenommen. In Berlin erfolgte die Razzia in Schöneberg auf einem Teilabschnitt des Straßenstrichs Kurfürstenstraße und in einer Pension in der Fuggerstraße. 160 Beamte waren im Einsatz. “Wir sind zufrieden”, kommentierte die Leiterin des Dezernats für Menschenhandel im Landeskriminalamt, Heike Rudat, die Aktion am Donnerstag.
Ziel der Razzia war die deutsche Zuhälterszene. Nach Angaben von Justizsprecher Michael Grunwald richtet sich das Ermittlungsverfahren gegen eine Gruppe von 14 mutmaßlichen Zuhältern. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf Menschenhandel, Zuhälterei und der Ausbeutung von Prostituieren. Zwei der 14 Männer wurden am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt. Ob sie in Untersuchungshaft kamen oder gegen Kaution frei, war bei Redaktionsschluss nicht bekannt.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 14 Männer den Abschnitt Kurfürstenstraße zwischen der Einem- und der Genthinerstraße als Revier für sich reklamierten. Mindestens 20 überwiegend deutsche Frauen sollen dort für sie anschaffen gehen. Die Frauen, die in der Nähe des Café Einstein stehen, werden von Insidern “Barbie-Puppen” genannt. Zum Stringtanga tragen sie hohe weiße Lederstiefel, haben blonde wallende Haare, üppige Brüste und sind tief dekolletiert. Im Vergleich dazu wirken die Osteuropäerinnen und die Drogenfrauen, die im ersten Teilstück der Kurfürstenstraße stehen, ziemlich ärmlich.
“Das ist eine ganz andere Kategorie”, sagte ein Kenner der Szene. “Da steckt Geld hinter.” Anwohner haben beobachtet, dass manchmal ein Campingwagen vorfährt, in dem sich Kleidung und Dessous befinden - offenbar eine fahrende Garderobe für die Frauen auf dem Strich.
Mit der jüngsten Debatte um die Prostitution in Schöneberg und der geplanten Einrichtung eines Großbordells an der Potsdamer Ecke Kurfürstenstraße habe die Razzia nichts zu tun, betonte Dezernatsleiterin Rudat. Wie berichtet, gehen an der Kreuzung vor dem Sexkaufhaus LSD und den umliegenden Seitenstraßen vermehrt Prostituierte aus Bulgarien und Rumänien dem Gewerbe nach. Anwohner und Geschäftsleute klagen über das aggressive Verhalten, mit dem Freier angeworben werden. Berichtet wird zudem von Szenen, in denen die Frauen von ihren männlichen Begleitern handgreiflich zur Ordnung gerufen wurden. Selbst tagsüber sitzen diese osteuropäischen Zuhälter ganz offen in einer Bäckerei an der Kurfürstenstraße herum und beobachten ihre Frauen, die draußen in der Kälte auf dem Bürgersteig stehen.
Doch offenbar ist es der Polizei mit der Razzia nach monatelanger Ermittlungsarbeit zumindest gelungen, einen deutschen Zuhälterring auszuheben. Die Beweislage in solchen Fällen ist schwierig, wenn die betroffenen Frauen nicht auspacken. Ohne die Aussage der Frauen sei kaum etwas zu machen, bestätigt Rudat. Zu dem konkreten Fall will sie sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht äußern. Allgemein sei es aber so, dass den Huren von ihren Zuhältern 80 bis 90 Prozent der Einahmen abgenommen würden.
Der Originalartikel in der TAZ:
http://www.taz.de/nc/1/archiv/print-arc ... 8b67080d33
Berlin
Razzia unter Rotlicht
Bei einer Großrazzia mit 160 Einsatzkräften in Berlin und Brandenburg haben Polizisten Bordelle und Privatwohnungen durchsucht. Den Personen aus dem Rotlichtmilleu wird Menschenhandel und Zuhälterei vorgeworfen.
Nicht nur auf Schönebergs „Straßenstrich“ machte sich am Mittwochabend Unruhe breit: Rund 160 Polizisten durchsuchten bei einer Großrazzia in Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein rund 16 Bordelle und private Wohnungen. Dabei wurden in Berlin zwei Deutsche verhaftet. Ihnen wird Menschenhandel, Ausbeutung zur Prostitution und Zuhälterei vorgeworfen. Auch im brandenburgischen Velten sowie im schleswig-holsteinischen Bönningstedt sollen Haftbefehle gegen zwei mutmaßliche Zuhälter vollstreckt worden sein.
Die Sonderkommission „Iskariot“ der Berliner Polizei „zur zielgerichteten Bekämpfung der Milieukriminalität in Schöneberg Nord“ ermittelt bereits seit Monaten gegen eine Zuhälterbande, die aus 14 Mitgliedern besteht.
Gegen 20.30 Uhr rückten die Rotlichtfahnder mit Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) in Schöneberg-Nord an. An der Froben-/Ecke Bülowstraße überwältigten die Elitepolizisten die beiden mit Haftbefehl gesuchten mutmaßlichen Zuhälter aus Berlin. Zudem kontrollierten die Beamten Bordelle und Wohnungen auf dem „Straßenstrichbereich“ rund um die Einemstraße, Kurfürstenstraße sowie eine Pension in der Fuggerstraße. Sie soll als Treffpunkt für Prostituierte dienen. Die Pension sowie der Straßenstrichbereich werden als „geschlossene Einheit“ gesehen, hieß es bei der Staatsanwaltschaft gestern. Dieser Bereich ist nach Angaben der Ermittler in der Hand der mutmaßlichen Zuhälterbande. Für die zur Prostitution gezwungenen Frauen bedeutet das: Die Zuhälter bestimmten durch „klar definierte Regeln“, wie es im Bericht heißt, wann, wie lange und zu welchen Bedingungen die Frauen anschaffen gehen. Für die Tatverdächtigen sollen mindestens 20 Frauen – überwiegend Deutsche – gearbeitet haben. Die Fahnder sicherten bei der Großrazzia verschiedene Beweismittel, die nun ausgewertet werden müssen. Ein Kripo-Ermittler sprach von einem „sehr erfreulichen Erfolg“, der mit dieser groß angelegten Aktion erzielt wurde.
In Schöneberg-Nord hatte es in den vergangenen Monaten schon einmal Aufruhr gegeben: Als bekannt wurde, dass an der Potsdamer Straße Ecke Kurfürstenstraße ein Großbordell geplant ist, formierten sich Anwohner, Kita-Betreiber und Geschäftsleute gegen die Pläne. Ein Investor will dort ein 40-Zimmer-Bordell in den obersten drei Etagen des ehemaligen „Wegert-Hauses“ einrichten. Bürgerinitiativen und Anwohner kämpfen nach wie vor dagegen.
Der Tempelhof-Schöneberger Baustadtrat Bernd Krömer sagte gestern, die Entscheidung zum Bau des Großbordells falle nach dem 7. Dezember. Der Investor hatte um einer Verlängerung der „Äußerungsfrist“ gebeten, die an diesem Tag abläuft. Nach Rechtslage sei ein solches Projekt „grundsätzlich zulässig“, auch wenn die Behörde gegen einen Bordellbau ist, sagte Krömer. Der Fall werde geprüft. Noch dieses Jahr soll das Ergebnis feststehen.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 30.11.2007) TagesspiegelTagesspiegelTAZ
Nachtrag
Dieses Urteil beschreibt die ausbeuterischen Verhältnisse genau:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=80687#80687
Die Polizei hat einen Schlag gegen die Zuhälterszene geführt. Bei einem Großeinsatz in Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein wurden am Mittwochabend 16 Objekte durchsucht und zwei Personen festgenommen. In Berlin erfolgte die Razzia in Schöneberg auf einem Teilabschnitt des Straßenstrichs Kurfürstenstraße und in einer Pension in der Fuggerstraße. 160 Beamte waren im Einsatz. “Wir sind zufrieden”, kommentierte die Leiterin des Dezernats für Menschenhandel im Landeskriminalamt, Heike Rudat, die Aktion am Donnerstag.
Ziel der Razzia war die deutsche Zuhälterszene. Nach Angaben von Justizsprecher Michael Grunwald richtet sich das Ermittlungsverfahren gegen eine Gruppe von 14 mutmaßlichen Zuhältern. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf Menschenhandel, Zuhälterei und der Ausbeutung von Prostituieren. Zwei der 14 Männer wurden am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt. Ob sie in Untersuchungshaft kamen oder gegen Kaution frei, war bei Redaktionsschluss nicht bekannt.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 14 Männer den Abschnitt Kurfürstenstraße zwischen der Einem- und der Genthinerstraße als Revier für sich reklamierten. Mindestens 20 überwiegend deutsche Frauen sollen dort für sie anschaffen gehen. Die Frauen, die in der Nähe des Café Einstein stehen, werden von Insidern “Barbie-Puppen” genannt. Zum Stringtanga tragen sie hohe weiße Lederstiefel, haben blonde wallende Haare, üppige Brüste und sind tief dekolletiert. Im Vergleich dazu wirken die Osteuropäerinnen und die Drogenfrauen, die im ersten Teilstück der Kurfürstenstraße stehen, ziemlich ärmlich.
“Das ist eine ganz andere Kategorie”, sagte ein Kenner der Szene. “Da steckt Geld hinter.” Anwohner haben beobachtet, dass manchmal ein Campingwagen vorfährt, in dem sich Kleidung und Dessous befinden - offenbar eine fahrende Garderobe für die Frauen auf dem Strich.
Mit der jüngsten Debatte um die Prostitution in Schöneberg und der geplanten Einrichtung eines Großbordells an der Potsdamer Ecke Kurfürstenstraße habe die Razzia nichts zu tun, betonte Dezernatsleiterin Rudat. Wie berichtet, gehen an der Kreuzung vor dem Sexkaufhaus LSD und den umliegenden Seitenstraßen vermehrt Prostituierte aus Bulgarien und Rumänien dem Gewerbe nach. Anwohner und Geschäftsleute klagen über das aggressive Verhalten, mit dem Freier angeworben werden. Berichtet wird zudem von Szenen, in denen die Frauen von ihren männlichen Begleitern handgreiflich zur Ordnung gerufen wurden. Selbst tagsüber sitzen diese osteuropäischen Zuhälter ganz offen in einer Bäckerei an der Kurfürstenstraße herum und beobachten ihre Frauen, die draußen in der Kälte auf dem Bürgersteig stehen.
Doch offenbar ist es der Polizei mit der Razzia nach monatelanger Ermittlungsarbeit zumindest gelungen, einen deutschen Zuhälterring auszuheben. Die Beweislage in solchen Fällen ist schwierig, wenn die betroffenen Frauen nicht auspacken. Ohne die Aussage der Frauen sei kaum etwas zu machen, bestätigt Rudat. Zu dem konkreten Fall will sie sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht äußern. Allgemein sei es aber so, dass den Huren von ihren Zuhältern 80 bis 90 Prozent der Einahmen abgenommen würden.
Der Originalartikel in der TAZ:
http://www.taz.de/nc/1/archiv/print-arc ... 8b67080d33
Berlin
Razzia unter Rotlicht
Bei einer Großrazzia mit 160 Einsatzkräften in Berlin und Brandenburg haben Polizisten Bordelle und Privatwohnungen durchsucht. Den Personen aus dem Rotlichtmilleu wird Menschenhandel und Zuhälterei vorgeworfen.
Nicht nur auf Schönebergs „Straßenstrich“ machte sich am Mittwochabend Unruhe breit: Rund 160 Polizisten durchsuchten bei einer Großrazzia in Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein rund 16 Bordelle und private Wohnungen. Dabei wurden in Berlin zwei Deutsche verhaftet. Ihnen wird Menschenhandel, Ausbeutung zur Prostitution und Zuhälterei vorgeworfen. Auch im brandenburgischen Velten sowie im schleswig-holsteinischen Bönningstedt sollen Haftbefehle gegen zwei mutmaßliche Zuhälter vollstreckt worden sein.
Die Sonderkommission „Iskariot“ der Berliner Polizei „zur zielgerichteten Bekämpfung der Milieukriminalität in Schöneberg Nord“ ermittelt bereits seit Monaten gegen eine Zuhälterbande, die aus 14 Mitgliedern besteht.
Gegen 20.30 Uhr rückten die Rotlichtfahnder mit Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) in Schöneberg-Nord an. An der Froben-/Ecke Bülowstraße überwältigten die Elitepolizisten die beiden mit Haftbefehl gesuchten mutmaßlichen Zuhälter aus Berlin. Zudem kontrollierten die Beamten Bordelle und Wohnungen auf dem „Straßenstrichbereich“ rund um die Einemstraße, Kurfürstenstraße sowie eine Pension in der Fuggerstraße. Sie soll als Treffpunkt für Prostituierte dienen. Die Pension sowie der Straßenstrichbereich werden als „geschlossene Einheit“ gesehen, hieß es bei der Staatsanwaltschaft gestern. Dieser Bereich ist nach Angaben der Ermittler in der Hand der mutmaßlichen Zuhälterbande. Für die zur Prostitution gezwungenen Frauen bedeutet das: Die Zuhälter bestimmten durch „klar definierte Regeln“, wie es im Bericht heißt, wann, wie lange und zu welchen Bedingungen die Frauen anschaffen gehen. Für die Tatverdächtigen sollen mindestens 20 Frauen – überwiegend Deutsche – gearbeitet haben. Die Fahnder sicherten bei der Großrazzia verschiedene Beweismittel, die nun ausgewertet werden müssen. Ein Kripo-Ermittler sprach von einem „sehr erfreulichen Erfolg“, der mit dieser groß angelegten Aktion erzielt wurde.
In Schöneberg-Nord hatte es in den vergangenen Monaten schon einmal Aufruhr gegeben: Als bekannt wurde, dass an der Potsdamer Straße Ecke Kurfürstenstraße ein Großbordell geplant ist, formierten sich Anwohner, Kita-Betreiber und Geschäftsleute gegen die Pläne. Ein Investor will dort ein 40-Zimmer-Bordell in den obersten drei Etagen des ehemaligen „Wegert-Hauses“ einrichten. Bürgerinitiativen und Anwohner kämpfen nach wie vor dagegen.
Der Tempelhof-Schöneberger Baustadtrat Bernd Krömer sagte gestern, die Entscheidung zum Bau des Großbordells falle nach dem 7. Dezember. Der Investor hatte um einer Verlängerung der „Äußerungsfrist“ gebeten, die an diesem Tag abläuft. Nach Rechtslage sei ein solches Projekt „grundsätzlich zulässig“, auch wenn die Behörde gegen einen Bordellbau ist, sagte Krömer. Der Fall werde geprüft. Noch dieses Jahr soll das Ergebnis feststehen.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 30.11.2007) TagesspiegelTagesspiegelTAZ
Nachtrag
Dieses Urteil beschreibt die ausbeuterischen Verhältnisse genau:
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Politik für Bestandsschutz
Berliner Abgeordnetenhaus
Alle Parteien sind für Wohnungsbordelle
Mehrere Berliner Bezirke haben Wohnungsbordelle aufgrund fehlender baurechtlicher Voraussetzungen gekündigt. Unterstützung erhielten sie dabei vom Oberverwaltungsgericht, das eine Störung der Nachbarn sieht. Doch SPD, CDU, FDP, Linke und Grüne sind sich einig, dass die Freudenhäuser erhalten bleiben sollen.
Eine Studie des Institutes für sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis hat ergeben, dass von den allermeisten Bordellen in Berliner Wohngebieten keine Störung der Nachbarschaft ausgeht.
Die Wohnungsbordelle in den Berliner Bezirken sollen erhalten bleiben. Darüber herrschte am Montag unter allen Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses Einigkeit. „Wir haben die absurde Situation, dass mit der Legalisierung der Prostitution die Grundlage für die Verdrängung geschaffen wurde“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Mehrere Bezirke hatten Wohnungsbordelle aufgrund fehlender baurechtlicher Voraussetzungen in den vergangenen Monaten gekündigt. Unterstützung erhielten sie dabei vom Oberverwaltungsgericht, das in Bordellen oder bordellartigen Betrieben grundsätzlich eine Störung der Nachbarn sieht.
Im Rahmen einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses herrschte dagegen Einigkeit, dass die ausgesprochenen oder geplanten Kündigungen die Situation der Prostituierten verschlechterten. Wolf kündigte an, am 18. Dezember in einem Spitzengespräch zwischen Innen-, Wirtschafts- und Stadtentwicklungsverwaltung sowie dem Polizeipräsidenten, einigen Bezirken und dem Bundesverband für sexuelle Dienstleistungen (BSD www.BuSD.de ) möglichst schnell eine einheitliche Regelung zu finden. Bereits am Montag hatte der Wirtschaftsausschuss Beteiligte zu einer Anhörung geladen. Margarete von Galen, die einige der gekündigten Bordelle juristisch vertritt, hatte die aktuelle Rechtslage dargestellt. Demnach wurden Wohnungsbordelle in der Stadt bis zur Verabschiedung des Prostituiertengesetzes im Jahr 2002 geduldet. Erst mit Einführung des Gesetzes, das die Prostitution nicht mehr als sittenwidrig einstuft, seien Probleme mit den Behörden aufgetreten. Warum jetzt fehlende baurechtliche Voraussetzungen für die Kündigungen herangezogen würden, sei nicht klar.
Stefanie Klee, Gründerin und Vorsitzende des Bundesverbandes für sexuelle Dienstleistungen, unterstrich die Selbstbestimmtheit der Frauen, die in einem Wohnungsbordell arbeiteten. Eine Studie des Institutes für sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis habe darüber hinaus ergeben, dass von den allermeisten Bordellen in Berliner Wohngebieten keine Störung der Nachbarschaft ausgehe. Die bislang erteilten Schließungsbeschlüsse seien ohne Prüfung aufgrund von anonymen Hinweisen erfolgt.
Auch in den Bezirken regt sich Widerstand. Gesundheitsstadträtin Martina Schmiedhofer (Grüne), Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD) aus Charlottenburg-Wilmersdorf und Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) aus Tempelhof-Schöneberg mahnten eine einheitliche Linie Berlins an. „Hier muss die Rechtsprechung der Lebenswirklichkeit angepasst werden“, sagte Schmiedhofer.
Einigkeit bestand unter allen Parteien und geladenen Bezirksvertretern darin, dass ein Sperrbezirk für Berlin auch künftig nicht in Frage komme. Nach Angaben von Evrim Baba (Linke) sieht Lichtenberg, das ursprünglich hart gegen Wohnungsbordelle vorgehen wollte, von einer Kündigung ab, bis eine landesweite, einheitliche Regelung gefunden ist.
Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes existieren rund 500 Bordelle oder bordellartige Betriebe in Berlin.
http://www.welt.de/berlin/article142652 ... delle.html
Kleine Chance für kleine Bordelle
Die pauschalen Drohungen, Wohnungsbordelle zu schließen, sind nicht zeitgemäß, finden Politiker aller Parteien. Denn Prostitution ist legal und sollte nicht über das Baurecht verboten werden
VON WALTRAUD SCHWAB
Alle Parteien im Abgeordnetenhaus wollen den Streit über die Schließung von Wohnungsbordellen beilegen. Das ist das Ergebnis der Anhörung im Wirtschaftsausschuss am Montag.
Damit hat die Lobbyarbeit der Prostituierten, die seit Frühjahr Sturm gegen die vermehrte Schließung von Wohnungsbordellen in Berlin Sturm laufen, erste Erfolge. Es hat sich herumgesprochen, was Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) treffend formuliert: Es sei "die absurde Situation entstanden", dass die Prostituierten, nachdem ihr Gewerbe durch das Prostitutionsgesetz legalisiert worden ist, nun durch die Anwendung des Baurechts verdrängt werden.
Berlin ist neben Rostock die einzige Stadt in Deutschland, in der es keine Sperrbezirke gibt. In den letzten Jahrzehnten haben sich deshalb überall in der Stadt Prostituierte in Wohnungen selbstständig gemacht, um so, ohne Zuhälter und nach eigenem Gusto, dem sexuellen Dienstleistungsgewerbe nachzugehen. Solange Prostitution verboten war, wurden diese individuell betriebenen Kleinbordelle als "gewerbliche Zimmervermietung" bei den Ämtern angemeldet. Eigentlich hätten sie auch damals baurechtlich geprüft werden müssen, aber die Bauämter sind dem nicht nachgegangen, erklärt die Rechtsanwältin Margarete von Galen in der Anhörung im Wirtschaftsausschuss. Sie vertritt Bordellbetreiberinnen, die nun, nach der Legalisierung der Prostitution, aufgefordert wurden, ihre Betriebe zu schließen. Warum es dazu gekommen ist, kann auch sie nicht erklären.
Die bezirklichen Bauämter können die Schließung verfügen, wenn die Wohnungsbordelle in Wohngebieten liegen. Denn es gibt gerichtliche Entscheidungen, die seit Jahren mantraartig immer wieder verfügen, dass Bordelle milieubedingte Begleiterscheinungen nach sich zögen - wie Lärm, Kriminalität, Belästigung der Nachbarn. In einem Wohngebiet sind diese nicht statthaft. Keines dieser Urteile, und zuletzt hat das Berliner Oberverwaltungsgericht diese Ansicht 2007 noch einmal bestätigt, ist je in die Beweisaufnahme gegangen, bemängelt Margarete von Galen. Im Klartext: Die Gerichte haben nie geprüft, ob das Bordell, das schließen sollte, tatsächlich die Nachbarschaft stört.
Die Anwendung des Baurechts ist Bezirkssache. Deshalb wird das Problem unterschiedlich gehandhabt. Die härteste Gangart von allen fährt der Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Dies, obwohl die anderen Stadträte und die Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks gegen ein pauschales Vorgehen gegen Bordelle votieren. Der Wirtschaftsstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Marc Schulte (SPD), fordert deshalb in der Anhörung dazu auf, landesweite Regelungen zu schaffen, die die Kriterien festlegen, nach denen Bordelle rechtlich akzeptiert werden können. Bis dahin, versichert er, werden die Schließungsverfügungen in seinem Bezirk ausgesetzt. Er fordert, wie alle Anwesenden, einen runden Tisch, an dem Politiker, Polizei, Bauämter, Gesundheitsämter, Prostituierte und ihre Vertreterinnen diese Bedingungen formulieren. Tatsächlich wird es dazu ein erstes Treffen am 18. Dezember beim Wirtschaftssenator geben, obwohl noch strittig ist, ob das Land den Bezirken überhaupt in die Zuständigkeit hineinreden darf.
http://www.taz.de/nc/1/archiv/print-arc ... 7ce8c9ea3b
Alle Parteien sind für Wohnungsbordelle
Mehrere Berliner Bezirke haben Wohnungsbordelle aufgrund fehlender baurechtlicher Voraussetzungen gekündigt. Unterstützung erhielten sie dabei vom Oberverwaltungsgericht, das eine Störung der Nachbarn sieht. Doch SPD, CDU, FDP, Linke und Grüne sind sich einig, dass die Freudenhäuser erhalten bleiben sollen.
Eine Studie des Institutes für sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis hat ergeben, dass von den allermeisten Bordellen in Berliner Wohngebieten keine Störung der Nachbarschaft ausgeht.
Die Wohnungsbordelle in den Berliner Bezirken sollen erhalten bleiben. Darüber herrschte am Montag unter allen Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses Einigkeit. „Wir haben die absurde Situation, dass mit der Legalisierung der Prostitution die Grundlage für die Verdrängung geschaffen wurde“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Mehrere Bezirke hatten Wohnungsbordelle aufgrund fehlender baurechtlicher Voraussetzungen in den vergangenen Monaten gekündigt. Unterstützung erhielten sie dabei vom Oberverwaltungsgericht, das in Bordellen oder bordellartigen Betrieben grundsätzlich eine Störung der Nachbarn sieht.
Im Rahmen einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses herrschte dagegen Einigkeit, dass die ausgesprochenen oder geplanten Kündigungen die Situation der Prostituierten verschlechterten. Wolf kündigte an, am 18. Dezember in einem Spitzengespräch zwischen Innen-, Wirtschafts- und Stadtentwicklungsverwaltung sowie dem Polizeipräsidenten, einigen Bezirken und dem Bundesverband für sexuelle Dienstleistungen (BSD www.BuSD.de ) möglichst schnell eine einheitliche Regelung zu finden. Bereits am Montag hatte der Wirtschaftsausschuss Beteiligte zu einer Anhörung geladen. Margarete von Galen, die einige der gekündigten Bordelle juristisch vertritt, hatte die aktuelle Rechtslage dargestellt. Demnach wurden Wohnungsbordelle in der Stadt bis zur Verabschiedung des Prostituiertengesetzes im Jahr 2002 geduldet. Erst mit Einführung des Gesetzes, das die Prostitution nicht mehr als sittenwidrig einstuft, seien Probleme mit den Behörden aufgetreten. Warum jetzt fehlende baurechtliche Voraussetzungen für die Kündigungen herangezogen würden, sei nicht klar.
Stefanie Klee, Gründerin und Vorsitzende des Bundesverbandes für sexuelle Dienstleistungen, unterstrich die Selbstbestimmtheit der Frauen, die in einem Wohnungsbordell arbeiteten. Eine Studie des Institutes für sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis habe darüber hinaus ergeben, dass von den allermeisten Bordellen in Berliner Wohngebieten keine Störung der Nachbarschaft ausgehe. Die bislang erteilten Schließungsbeschlüsse seien ohne Prüfung aufgrund von anonymen Hinweisen erfolgt.
Auch in den Bezirken regt sich Widerstand. Gesundheitsstadträtin Martina Schmiedhofer (Grüne), Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD) aus Charlottenburg-Wilmersdorf und Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) aus Tempelhof-Schöneberg mahnten eine einheitliche Linie Berlins an. „Hier muss die Rechtsprechung der Lebenswirklichkeit angepasst werden“, sagte Schmiedhofer.
Einigkeit bestand unter allen Parteien und geladenen Bezirksvertretern darin, dass ein Sperrbezirk für Berlin auch künftig nicht in Frage komme. Nach Angaben von Evrim Baba (Linke) sieht Lichtenberg, das ursprünglich hart gegen Wohnungsbordelle vorgehen wollte, von einer Kündigung ab, bis eine landesweite, einheitliche Regelung gefunden ist.
Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes existieren rund 500 Bordelle oder bordellartige Betriebe in Berlin.
http://www.welt.de/berlin/article142652 ... delle.html
Kleine Chance für kleine Bordelle
Die pauschalen Drohungen, Wohnungsbordelle zu schließen, sind nicht zeitgemäß, finden Politiker aller Parteien. Denn Prostitution ist legal und sollte nicht über das Baurecht verboten werden
VON WALTRAUD SCHWAB
Alle Parteien im Abgeordnetenhaus wollen den Streit über die Schließung von Wohnungsbordellen beilegen. Das ist das Ergebnis der Anhörung im Wirtschaftsausschuss am Montag.
Damit hat die Lobbyarbeit der Prostituierten, die seit Frühjahr Sturm gegen die vermehrte Schließung von Wohnungsbordellen in Berlin Sturm laufen, erste Erfolge. Es hat sich herumgesprochen, was Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) treffend formuliert: Es sei "die absurde Situation entstanden", dass die Prostituierten, nachdem ihr Gewerbe durch das Prostitutionsgesetz legalisiert worden ist, nun durch die Anwendung des Baurechts verdrängt werden.
Berlin ist neben Rostock die einzige Stadt in Deutschland, in der es keine Sperrbezirke gibt. In den letzten Jahrzehnten haben sich deshalb überall in der Stadt Prostituierte in Wohnungen selbstständig gemacht, um so, ohne Zuhälter und nach eigenem Gusto, dem sexuellen Dienstleistungsgewerbe nachzugehen. Solange Prostitution verboten war, wurden diese individuell betriebenen Kleinbordelle als "gewerbliche Zimmervermietung" bei den Ämtern angemeldet. Eigentlich hätten sie auch damals baurechtlich geprüft werden müssen, aber die Bauämter sind dem nicht nachgegangen, erklärt die Rechtsanwältin Margarete von Galen in der Anhörung im Wirtschaftsausschuss. Sie vertritt Bordellbetreiberinnen, die nun, nach der Legalisierung der Prostitution, aufgefordert wurden, ihre Betriebe zu schließen. Warum es dazu gekommen ist, kann auch sie nicht erklären.
Die bezirklichen Bauämter können die Schließung verfügen, wenn die Wohnungsbordelle in Wohngebieten liegen. Denn es gibt gerichtliche Entscheidungen, die seit Jahren mantraartig immer wieder verfügen, dass Bordelle milieubedingte Begleiterscheinungen nach sich zögen - wie Lärm, Kriminalität, Belästigung der Nachbarn. In einem Wohngebiet sind diese nicht statthaft. Keines dieser Urteile, und zuletzt hat das Berliner Oberverwaltungsgericht diese Ansicht 2007 noch einmal bestätigt, ist je in die Beweisaufnahme gegangen, bemängelt Margarete von Galen. Im Klartext: Die Gerichte haben nie geprüft, ob das Bordell, das schließen sollte, tatsächlich die Nachbarschaft stört.
Die Anwendung des Baurechts ist Bezirkssache. Deshalb wird das Problem unterschiedlich gehandhabt. Die härteste Gangart von allen fährt der Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Dies, obwohl die anderen Stadträte und die Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks gegen ein pauschales Vorgehen gegen Bordelle votieren. Der Wirtschaftsstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Marc Schulte (SPD), fordert deshalb in der Anhörung dazu auf, landesweite Regelungen zu schaffen, die die Kriterien festlegen, nach denen Bordelle rechtlich akzeptiert werden können. Bis dahin, versichert er, werden die Schließungsverfügungen in seinem Bezirk ausgesetzt. Er fordert, wie alle Anwesenden, einen runden Tisch, an dem Politiker, Polizei, Bauämter, Gesundheitsämter, Prostituierte und ihre Vertreterinnen diese Bedingungen formulieren. Tatsächlich wird es dazu ein erstes Treffen am 18. Dezember beim Wirtschaftssenator geben, obwohl noch strittig ist, ob das Land den Bezirken überhaupt in die Zuständigkeit hineinreden darf.
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Die Straßenkinder von Berlin
Über 7000 Kinder leben in Deutschland auf der Straße. Viele von ihnen zieht es nach Berlin - allein in der Hauptstadt kämpfen über 4000 von ihnen ums Überleben. Sie wohnen in Abbruchhäusern und verdienen ihr Geld mit Betteln, Prostitution und Diebstahl. Die meisten Straßenkinder kommen aus zerrütteten Verhältnissen, wurden Opfer von Gewalt oder haben alkoholkranke Eltern. Streetworker vom Projekt "Klik" kümmern sich um die Berliner Straßenkinder ...
Über 7000 Kinder leben in Deutschland auf der Straße. Viele von ihnen zieht es nach Berlin - allein in der Hauptstadt kämpfen über 4000 von ihnen ums Überleben. Sie wohnen in Abbruchhäusern und verdienen ihr Geld mit Betteln, Prostitution und Diebstahl. Die meisten Straßenkinder kommen aus zerrütteten Verhältnissen, wurden Opfer von Gewalt oder haben alkoholkranke Eltern. Streetworker vom Projekt "Klik" kümmern sich um die Berliner Straßenkinder ...
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Eierwürfe gegen Prostituierte
In Schöneberg soll ein Großbordell entstehen. Die Debatte wird aggressiver
Birgitt Eltzel
Prostituierte aus Osteuropa, die vor dem Erotikkaufhaus LSD an der Potsdamer Straße auf Kunden warten, sind mehrfach mit Eiern beworfen worden. "Sie wurden von Männern geschubst und bedrängt", sagt Katharina Cetin von der Hurenhilfsorganisation Hydra. Ob das Anwohner, Freier oder Zuhälter waren, weiß niemand. Cetin beklagt eine wachsende Aggressivität. Sie bezeichnet das Klima für das Prostitutionsgewerbe in Berlin als "eisig": Wohnungsbordelle, die teilweise seit Jahrzehnten ohne Beschwerden arbeiten, werden in einigen Bezirken plötzlich mit Berufung auf das Baurecht geschlossen (wir berichteten). Auch gegen die Sexarbeiterinnen auf der Straße regt sich Unmut.
Seitdem bekannt wurde, dass im ehemaligen Wegert-Haus an der Potsdamer-/Ecke Kurfürstenstraße ein Großbordell eröffnen soll, gibt es Ärger im Rotlichtkiez. Die Anwohner wollen nicht nur kein Großbordell, sie wollen überhaupt weniger Prostitution. Noch bis zum Freitag läuft die Anhörungsfrist für die potenziellen Betreiber. Der Bezirk will das sogenannte Laufhaus nicht genehmigen. Das ist schwierig, weil es im sogenannten Kerngebiet baurechtlich zulässig wäre. Anwohnerklagen über Belästigungen sind den Behörden als Argumentationshilfe sehr willkommen.
Nicht mehr sittenwidrig
Cetin befürchtet, dass sich das noch verstärkt: "Immerhin wurde ja kürzlich schon einmal das Wort vom Sperrbezirk in die Debatte geworfen." Das würde eine fatale Entwicklung in Gang setzen, sagt sie: "Zuhälterei, Wucher und Drogenabhängigkeit zentriert an einem Ort." Denn Huren und Freier verschwänden ja nicht, sie würden nur quasi unsichtbar - "versteckt in Wohnungen oder getarnten Bordellen". Die Kriminalität werde damit, wie es Erfahrungen anderer Städte zeigten, steigen. Unter den deutschen Großstädten haben nur Berlin und Rostock keine Sperrbezirke, in München gibt es 27.
Zwar ist nach einem runden Tisch Anfang November die Idee eines Sperrbezirks an der Kurfürstenstraße offiziell vom Tisch. Doch Cetin argwöhnt, dass das nicht von Dauer ist: "Die Situation dort ist aufgeheizt." Mit anderen Hydra-Frauen hat sie im November drei Wochen Streetwork vor dem Erotikkaufhaus geleistet. Sie hat Prostituierte aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn beraten. Hydra hatte eine Dolmetscherin im Einsatz, die mit den Frauen sprach, ihnen Tipps zum Verhalten gab. Am Montag startete der zweite Drei-Wochen-Turnus intensiver Straßensozialarbeit von Hydra im Gebiet, danach sollen sich ortsansässige Projekte um die Osteuropäerinnen kümmern.
Seit der Liberalisierung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 gilt Prostitution in Deutschland nicht mehr als sittenwidrig. Prostituierte können ein Gewerbe anmelden, als Angestellte in Bordellen arbeiten, sich krankenversichern, der Gewerkschaft beitreten. "Einen großen Zuwachs an Prostituierten gab es dadurch aber in Berlin nicht", sagt Cetin. Die Prostitution in Berlin habe sich schon seit dem Mauerfall und den politischen Veränderungen in Mittel- und Osteuropa verändert, sagt Petra Schwarz, Sprecherin der Senatsfrauenverwaltung. "Schon seit damals kommen Frauen aus Osteuropa in die Stadt."
Wie viele Frauen und Männer in Berlin anschaffen, weiß indes keiner so genau. Obwohl das Sexgewerbe in der Hauptstadt ein Wirtschaftsfaktor mit einem jährlichen Umsatz von 300 Millionen Euro sein soll, gibt es kaum nachprüfbare Daten. Nach Hydra-Angaben arbeiten in Berlin zwischen 6 000 und 8 000 Prostituierte, es gibt etwa 900 Bordelle und bordellähnliche Betriebe. Noch weniger weiß man über die Freier. Immer wieder wird nur eine Zahl kolportiert, die in den 1980er-Jahren einmal von Hydra errechnet wurde: Deutschlandweit sollen täglich über eine Million Männer in den Puff gehen.
In Berlin haben sie die Auswahl: Es gibt die traditionellen Straßenstrichs rund um die Kurfürstenstraße, in der Oranienburger Straße, im Tiergarten und an der Straße des 17. Juni, manchmal stehen Frauen auch in Außengebieten wie der Bundesstraße 1/5 nahe der Biesdorfer Kirche. Es gibt Viertel wie den Stuttgarter Platz am Bahnhof Charlottenburg mit Bars und Pensionen, Massagestudios und Sexkinos. Es gibt diskrete Wohnungsbordelle, die sich bis 2002 als Zimmervermietung oder Pensionen tarnten. Und seit zwei Jahren hat der Saunaclub Artemis in Halensee geöffnet, der auf vier Etagen siebzig Frauen und hunderten Besuchern Platz bietet. Die Polizei hat bisher weder durch die Straßenprostitution noch durch Wohnungsbordelle oder den Saunaklub eine damit zusammenhängende erhöhte Kriminalität registriert, sagt ein Sprecher.
"Berlin hat immer einen liberalen Umgang mit der Prostitution gepflegt", sagt Frauenverwaltungssprecherin Schwarz. Und dabei solle es bleiben: "Es geht darum, dass die Frauen freiwillig, selbstbestimmt, zu fairen und hygienischen Bedingungen arbeiten können." Allerdings solle es auch keine übermäßige Konzentration der Rotlichtszene an einem Ort geben, wie angesichts des geplanten Großbordells für die Kurfürstenstraße befürchtet werde müsste: "Das hätte einen ähnlichen Effekt wie die Einrichtung von Sperrbezirken."
http://www.berlinonline.de/berliner-zei ... 07381.html
Birgitt Eltzel
Prostituierte aus Osteuropa, die vor dem Erotikkaufhaus LSD an der Potsdamer Straße auf Kunden warten, sind mehrfach mit Eiern beworfen worden. "Sie wurden von Männern geschubst und bedrängt", sagt Katharina Cetin von der Hurenhilfsorganisation Hydra. Ob das Anwohner, Freier oder Zuhälter waren, weiß niemand. Cetin beklagt eine wachsende Aggressivität. Sie bezeichnet das Klima für das Prostitutionsgewerbe in Berlin als "eisig": Wohnungsbordelle, die teilweise seit Jahrzehnten ohne Beschwerden arbeiten, werden in einigen Bezirken plötzlich mit Berufung auf das Baurecht geschlossen (wir berichteten). Auch gegen die Sexarbeiterinnen auf der Straße regt sich Unmut.
Seitdem bekannt wurde, dass im ehemaligen Wegert-Haus an der Potsdamer-/Ecke Kurfürstenstraße ein Großbordell eröffnen soll, gibt es Ärger im Rotlichtkiez. Die Anwohner wollen nicht nur kein Großbordell, sie wollen überhaupt weniger Prostitution. Noch bis zum Freitag läuft die Anhörungsfrist für die potenziellen Betreiber. Der Bezirk will das sogenannte Laufhaus nicht genehmigen. Das ist schwierig, weil es im sogenannten Kerngebiet baurechtlich zulässig wäre. Anwohnerklagen über Belästigungen sind den Behörden als Argumentationshilfe sehr willkommen.
Nicht mehr sittenwidrig
Cetin befürchtet, dass sich das noch verstärkt: "Immerhin wurde ja kürzlich schon einmal das Wort vom Sperrbezirk in die Debatte geworfen." Das würde eine fatale Entwicklung in Gang setzen, sagt sie: "Zuhälterei, Wucher und Drogenabhängigkeit zentriert an einem Ort." Denn Huren und Freier verschwänden ja nicht, sie würden nur quasi unsichtbar - "versteckt in Wohnungen oder getarnten Bordellen". Die Kriminalität werde damit, wie es Erfahrungen anderer Städte zeigten, steigen. Unter den deutschen Großstädten haben nur Berlin und Rostock keine Sperrbezirke, in München gibt es 27.
Zwar ist nach einem runden Tisch Anfang November die Idee eines Sperrbezirks an der Kurfürstenstraße offiziell vom Tisch. Doch Cetin argwöhnt, dass das nicht von Dauer ist: "Die Situation dort ist aufgeheizt." Mit anderen Hydra-Frauen hat sie im November drei Wochen Streetwork vor dem Erotikkaufhaus geleistet. Sie hat Prostituierte aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn beraten. Hydra hatte eine Dolmetscherin im Einsatz, die mit den Frauen sprach, ihnen Tipps zum Verhalten gab. Am Montag startete der zweite Drei-Wochen-Turnus intensiver Straßensozialarbeit von Hydra im Gebiet, danach sollen sich ortsansässige Projekte um die Osteuropäerinnen kümmern.
Seit der Liberalisierung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 gilt Prostitution in Deutschland nicht mehr als sittenwidrig. Prostituierte können ein Gewerbe anmelden, als Angestellte in Bordellen arbeiten, sich krankenversichern, der Gewerkschaft beitreten. "Einen großen Zuwachs an Prostituierten gab es dadurch aber in Berlin nicht", sagt Cetin. Die Prostitution in Berlin habe sich schon seit dem Mauerfall und den politischen Veränderungen in Mittel- und Osteuropa verändert, sagt Petra Schwarz, Sprecherin der Senatsfrauenverwaltung. "Schon seit damals kommen Frauen aus Osteuropa in die Stadt."
Wie viele Frauen und Männer in Berlin anschaffen, weiß indes keiner so genau. Obwohl das Sexgewerbe in der Hauptstadt ein Wirtschaftsfaktor mit einem jährlichen Umsatz von 300 Millionen Euro sein soll, gibt es kaum nachprüfbare Daten. Nach Hydra-Angaben arbeiten in Berlin zwischen 6 000 und 8 000 Prostituierte, es gibt etwa 900 Bordelle und bordellähnliche Betriebe. Noch weniger weiß man über die Freier. Immer wieder wird nur eine Zahl kolportiert, die in den 1980er-Jahren einmal von Hydra errechnet wurde: Deutschlandweit sollen täglich über eine Million Männer in den Puff gehen.
In Berlin haben sie die Auswahl: Es gibt die traditionellen Straßenstrichs rund um die Kurfürstenstraße, in der Oranienburger Straße, im Tiergarten und an der Straße des 17. Juni, manchmal stehen Frauen auch in Außengebieten wie der Bundesstraße 1/5 nahe der Biesdorfer Kirche. Es gibt Viertel wie den Stuttgarter Platz am Bahnhof Charlottenburg mit Bars und Pensionen, Massagestudios und Sexkinos. Es gibt diskrete Wohnungsbordelle, die sich bis 2002 als Zimmervermietung oder Pensionen tarnten. Und seit zwei Jahren hat der Saunaclub Artemis in Halensee geöffnet, der auf vier Etagen siebzig Frauen und hunderten Besuchern Platz bietet. Die Polizei hat bisher weder durch die Straßenprostitution noch durch Wohnungsbordelle oder den Saunaklub eine damit zusammenhängende erhöhte Kriminalität registriert, sagt ein Sprecher.
"Berlin hat immer einen liberalen Umgang mit der Prostitution gepflegt", sagt Frauenverwaltungssprecherin Schwarz. Und dabei solle es bleiben: "Es geht darum, dass die Frauen freiwillig, selbstbestimmt, zu fairen und hygienischen Bedingungen arbeiten können." Allerdings solle es auch keine übermäßige Konzentration der Rotlichtszene an einem Ort geben, wie angesichts des geplanten Großbordells für die Kurfürstenstraße befürchtet werde müsste: "Das hätte einen ähnlichen Effekt wie die Einrichtung von Sperrbezirken."
http://www.berlinonline.de/berliner-zei ... 07381.html
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Literaturhinweis
Beiträge zur Statistik der Berliner Prostitution
Zeitschrift Archives of Dermatological Research
Verlag Springer Berlin / Heidelberg
ISSN 0340-3696 (Print) 1432-069X (Online)
Heft Volume 107, Numbers 1-3 / Februar 1911
Kategorie Original-Abhandlungen
DOI 10.1007/BF02445610
Seiten 143-150
Subject Collection Medizin
SpringerLink Date Donnerstag, 10. August 2006
kostenpflichtig.
springerlink.com/content/bh3v61u781mw8423/
Welcher Student oder Wissenschaftler hat Zugang zu dieser Zeitschrift?
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Betreiber will vor Gericht für Sex-Hotel kämpfen
In Berlin bahnt sich ein spektakulärer Rechtsstreit im Rotlichtmilieu an: Das Stadtplanungsamt verbietet einem Geschäftsmann, ein Sex-Hotel auf dem Straßenstrich zu eröffnen. Nun droht dieser mit einer Klage - und fordert ein monatliches Ausfallgeld von 40.000 Euro.
Berlin - Der Mann hat Geheimratsecken und ein unschuldiges Lächeln. Sein Sakko ist ihm leicht zu groß, am linken Arm baumelt eine klotzige, silberne Uhr. Ismael Karaca heißt er mit bürgerlichem Namen, seine Freunde, sagt er, nennen ihn Isi. Isi sorgt seit nunmehr einem halben Jahr in Berlin für Aufregung, jetzt stellt er sich erstmals der Öffentlichkeit.
Isi Karaca plant das erste Laufhaus der Stadt, ein Etagenhotel, in dem sich Prostituierte für bezahlten Beischlaf Zimmer mieten, für 20 Euro pro Tag, von elf Uhr vormittags bis sechs Uhr morgens. Zusammen mit seiner Frau will er das Etablissement betreiben.
"Laufhaus, nicht Bordell", betont Karaca, die Unterscheidung ist ihm wichtig. Im Bordell arbeiteten die Frauen für den Betreiber, er hingegen sei nur der Vermieter der Zimmer. "Was die Damen hinter den Türen machen, ist mir egal."
Eine Falzbroschüre in babyblau und pink beschreibt die Vorzüge der Einrichtung: Von "umweltgerechter Entsorgung der Kondome" ist darin die Rede. Von einer "Kommunikationsebene" für Prostituierte mit "psychologischer Betreuung, Massage und Friseur". Auch einen Kaffeeautomat, sagt Karaca, soll es später mal geben.
Im Rotlicht-Business hat der 44-Jährige einige Erfahrung: Seit August 2007 betreibt er einen Tabledance-Laden im Stadtteil Wilmersdorf. Sich selbst sieht Karaca vor allem als Geschäftsmann. "Was ich mache, ist zwar keine Bücherei", sagt er. "Aber ich lebe davon gut, und ich habe vor, durch das Laufhaus noch besser zu leben."
Die Stadt Berlin stellt er mit seinem Puff-Projekt indes vor ein großes Problem: Denn ausgerechnet im ehemaligen Wegert-Haus, Ecke Potsdamer Straße/Kurfürstenstraße, soll das Laufhaus eingerichtet werden. Das Sex-Hotel läge damit mitten im stadtbekannten Straßen- und Babystrich. Die Bezirksverwaltung fürchtet, das ohnehin von Prostitution geprägte Viertel könnte dadurch vollends umkippen.
Im vergangenen Jahr hat sich das Milieu rund ums Wegert-Haus sichtbar verschlimmert. Neue Prostituierte kamen in Scharen, viele aus Osteuropa. Die ärmsten unter ihnen, berichten Anwohner, verkehren mit ihren Kunden für fünf Euro ohne Kondom, im Freien. Ein Mitarbeiter der im Viertel ansässigen Zwölf-Apostel-Kirche berichtet von "prügelnden Zuhältern", von "Mädchen, die sich auf Motorhauben legen, um potentielle Kunden am Wegfahren zu hindern".
"Seit etwa einem Jahr hat die Prostitution im Viertel eine neue Stufe erreicht", bestätigt Siegmund Kroll, Leiter des Stadtplanungsamtes Schöneberg/Tempelhof. Der Stadtteil drifte dadurch zusehends ab: "Anwohner beschweren sich über aggressive Prostituierte, Gewerbetreibende klagen, dass immer weniger Kunden kommen."
Beim Laufhaus zog die Regierung dann die Notbremse. Mitte Februar schmetterte der Baustadtrat Karacas Geschäftsgesuch ab. Er berief sich dabei auf Paragraph 15 der Baunutzungsverordnung, laut dem die Stadt Nutzungen von speziellen Gebäuden unterbinden kann, wenn davon "Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind".
"Ein solches Etablissement wäre eine zusätzliche Belastung, die die Gegend vielleicht nicht mehr verkraftet", begründet Kroll die Entscheidung. "Herr Karaca plant in seinem Etablissement fast 50 Betten. Wenn die im Drei-Schichten-Betrieb belegt sind, wird das auf die Umgebung gewaltige Auswirkungen haben."
Karaca hingegen ist der festen Überzeugung, sein Laufhaus könnte die Situation im Kiez sogar verbessern, da sich die Prostitution von der Straße hinter verschlossene Türen verlagere. Durch Duschen und die Pflicht der Prostituierten, alle 14 Tage ein Attest vorzulegen, würden sich auch die Hygienebedingungen verbessern. Wachmänner und regelmäßige Polizeikontrollen im Etablissement sollen die Sicherheit im Viertel verbessern, und letztlich, sagt Karaca, würde vom Laufhaus sogar der Staat profitieren: "Schließlich zahle ich Steuern."
Doch Experten bezweifeln, dass ein Laufhaus im Straßenstrich positive Auswirkungen hat. "Wir gehen aber eher davon aus, dass das zusätzliche Angebot nicht zu einer Verdrängung bestehender Strukturen führen würde, sondern zu einer weiteren Konzentration", sagt Kroll. Ein Laufhaus werde den Straßenstrich nicht ersetzen, sagt Stephanie Klee von der Agentur "Highlights", die selbst anschaffen geht, der "Welt".
Der Streit zwischen Karaca und der Stadt dürfte bald vor Gericht gehen: Gegen den Ablehnungsbescheid der Bezirksverwaltung hat Karacas Anwalt Leander Gast bereits Einspruch eingelegt. Habe dies keinen Erfolg, solle die Sache der zuständigen Senatsverwaltung vorgelegt werden, sagt Gast. Lehne auch diese das Gesuch ab, folge die Klage. Zudem fordert Karaca von der Stadt Schadensersatz. Bereits sei 1. Januar zahlt er für das Wegert-Haus die Miete, seit diesem Zeitpunkt will er monatlich ein Ausfallgeld von 40.000 Euro.
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 50,00.html
Berlin - Der Mann hat Geheimratsecken und ein unschuldiges Lächeln. Sein Sakko ist ihm leicht zu groß, am linken Arm baumelt eine klotzige, silberne Uhr. Ismael Karaca heißt er mit bürgerlichem Namen, seine Freunde, sagt er, nennen ihn Isi. Isi sorgt seit nunmehr einem halben Jahr in Berlin für Aufregung, jetzt stellt er sich erstmals der Öffentlichkeit.
Isi Karaca plant das erste Laufhaus der Stadt, ein Etagenhotel, in dem sich Prostituierte für bezahlten Beischlaf Zimmer mieten, für 20 Euro pro Tag, von elf Uhr vormittags bis sechs Uhr morgens. Zusammen mit seiner Frau will er das Etablissement betreiben.
"Laufhaus, nicht Bordell", betont Karaca, die Unterscheidung ist ihm wichtig. Im Bordell arbeiteten die Frauen für den Betreiber, er hingegen sei nur der Vermieter der Zimmer. "Was die Damen hinter den Türen machen, ist mir egal."
Eine Falzbroschüre in babyblau und pink beschreibt die Vorzüge der Einrichtung: Von "umweltgerechter Entsorgung der Kondome" ist darin die Rede. Von einer "Kommunikationsebene" für Prostituierte mit "psychologischer Betreuung, Massage und Friseur". Auch einen Kaffeeautomat, sagt Karaca, soll es später mal geben.
Im Rotlicht-Business hat der 44-Jährige einige Erfahrung: Seit August 2007 betreibt er einen Tabledance-Laden im Stadtteil Wilmersdorf. Sich selbst sieht Karaca vor allem als Geschäftsmann. "Was ich mache, ist zwar keine Bücherei", sagt er. "Aber ich lebe davon gut, und ich habe vor, durch das Laufhaus noch besser zu leben."
Die Stadt Berlin stellt er mit seinem Puff-Projekt indes vor ein großes Problem: Denn ausgerechnet im ehemaligen Wegert-Haus, Ecke Potsdamer Straße/Kurfürstenstraße, soll das Laufhaus eingerichtet werden. Das Sex-Hotel läge damit mitten im stadtbekannten Straßen- und Babystrich. Die Bezirksverwaltung fürchtet, das ohnehin von Prostitution geprägte Viertel könnte dadurch vollends umkippen.
Im vergangenen Jahr hat sich das Milieu rund ums Wegert-Haus sichtbar verschlimmert. Neue Prostituierte kamen in Scharen, viele aus Osteuropa. Die ärmsten unter ihnen, berichten Anwohner, verkehren mit ihren Kunden für fünf Euro ohne Kondom, im Freien. Ein Mitarbeiter der im Viertel ansässigen Zwölf-Apostel-Kirche berichtet von "prügelnden Zuhältern", von "Mädchen, die sich auf Motorhauben legen, um potentielle Kunden am Wegfahren zu hindern".
"Seit etwa einem Jahr hat die Prostitution im Viertel eine neue Stufe erreicht", bestätigt Siegmund Kroll, Leiter des Stadtplanungsamtes Schöneberg/Tempelhof. Der Stadtteil drifte dadurch zusehends ab: "Anwohner beschweren sich über aggressive Prostituierte, Gewerbetreibende klagen, dass immer weniger Kunden kommen."
Beim Laufhaus zog die Regierung dann die Notbremse. Mitte Februar schmetterte der Baustadtrat Karacas Geschäftsgesuch ab. Er berief sich dabei auf Paragraph 15 der Baunutzungsverordnung, laut dem die Stadt Nutzungen von speziellen Gebäuden unterbinden kann, wenn davon "Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind".
"Ein solches Etablissement wäre eine zusätzliche Belastung, die die Gegend vielleicht nicht mehr verkraftet", begründet Kroll die Entscheidung. "Herr Karaca plant in seinem Etablissement fast 50 Betten. Wenn die im Drei-Schichten-Betrieb belegt sind, wird das auf die Umgebung gewaltige Auswirkungen haben."
Karaca hingegen ist der festen Überzeugung, sein Laufhaus könnte die Situation im Kiez sogar verbessern, da sich die Prostitution von der Straße hinter verschlossene Türen verlagere. Durch Duschen und die Pflicht der Prostituierten, alle 14 Tage ein Attest vorzulegen, würden sich auch die Hygienebedingungen verbessern. Wachmänner und regelmäßige Polizeikontrollen im Etablissement sollen die Sicherheit im Viertel verbessern, und letztlich, sagt Karaca, würde vom Laufhaus sogar der Staat profitieren: "Schließlich zahle ich Steuern."
Doch Experten bezweifeln, dass ein Laufhaus im Straßenstrich positive Auswirkungen hat. "Wir gehen aber eher davon aus, dass das zusätzliche Angebot nicht zu einer Verdrängung bestehender Strukturen führen würde, sondern zu einer weiteren Konzentration", sagt Kroll. Ein Laufhaus werde den Straßenstrich nicht ersetzen, sagt Stephanie Klee von der Agentur "Highlights", die selbst anschaffen geht, der "Welt".
Der Streit zwischen Karaca und der Stadt dürfte bald vor Gericht gehen: Gegen den Ablehnungsbescheid der Bezirksverwaltung hat Karacas Anwalt Leander Gast bereits Einspruch eingelegt. Habe dies keinen Erfolg, solle die Sache der zuständigen Senatsverwaltung vorgelegt werden, sagt Gast. Lehne auch diese das Gesuch ab, folge die Klage. Zudem fordert Karaca von der Stadt Schadensersatz. Bereits sei 1. Januar zahlt er für das Wegert-Haus die Miete, seit diesem Zeitpunkt will er monatlich ein Ausfallgeld von 40.000 Euro.
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Stadtteilarbeit mit Sexworkerbeteiligung
Berlin Update
Quatiersmanagment / Stadtteilselbstverwaltung
Bsp.:
www.tiergarten-sued.de oder
www.schoeneberger-norden.de
Sprachmittlerinnen/kulturelle Mediatoren machen Streetwork bei den Migrantinnen/Frauen auf dem Straßenstrich:
http://www.tiergarten-sued.de/Sprachmit ... 983.0.html
Aufklärungsveranstaltung Prostitution am 4. März:
http://www.tiergarten-sued.de/Infoabend ... 092.0.html
Bordell-Antrag Potsdamer/Ecke Kurfürstenstraße im ehem. Wegert-Haus/jetzt LSD abgelehnt:
http://www.tiergarten-sued.de/Bordell-A ... 090.0.html
Imposanter Pressespiegel
Geplantes Bordell an der Potsdamer Straße abgelehnt - ÜBERBLICK BERICHTERSTATTUNG in den Medien:
http://www.tiergarten-sued.de/Pressespi ... 961.0.html
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Quatiersmanagment / Stadtteilselbstverwaltung
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Aufklärungsveranstaltung Prostitution am 4. März:
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Bordell-Antrag Potsdamer/Ecke Kurfürstenstraße im ehem. Wegert-Haus/jetzt LSD abgelehnt:
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Medien-Klatsch
Sex-and-the-city-Ladies erobern Berlin

Kim Cattrall ist die männerfressende "Amanda/Semantha"
http://www.welt.de/berlin/article199592 ... erlin.html

Kim Cattrall ist die männerfressende "Amanda/Semantha"
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Kindstötung
Ungelöstes gesellschaftliches Problem:
Beruf und Mutterschaft, Sexarbeit und Mutterschaft und
Sexarbeit aus Not, wenn kein anderer Beruf offen steht...
Kindstötungs-Drama in Berlin wird inszeniert gegen Prostitution, was sonst so nicht gegen Ehe und Familie gemacht würde.
Berliner-Kurier:
Das Elend im Todes-Bordell von Treptow
In diesem traurigen Puff-Klo starb ein Baby
Aber die willigen Damen lauern schon wieder vor ihren Zimmern auf neue Freier
[Bild vergrößern] Der Mini-Raum misst kaum zwei Quadratmeter. In dieser Traurigkeit gebar Phen ihr kleines Mädchen und tötete es hier.
Der Mini-Raum misst kaum zwei Quadratmeter. In dieser Traurigkeit gebar Phen ihr kleines Mädchen und tötete es hier. Oberst
Treptow - Freudenhaus – von wegen! Es ist so ein trostloser Ort, das "rio76", denn hier starb ein Baby, Es ist gerade mal zwei Monate her, dass eine Thai-Hure auf dem Bordell-Klo ihr Kind erstickte, und doch gibt es hier wieder schnellen Sex für wenig Geld. "Service von 15 bis 5 Uhr morgens!" Mit diesem handgeschriebenen Zettel begrüßt das Rio-Team seine Kunden. Von toten Kindern und flüchtigen Kolleginnen wollen die drallen Damen nichts mehr wissen. Vanessa (23), Daienne (22), Tina (25) und ihre Freundinnen stehen vor ihren Zimmern Spalier.
"Hallo, komm rein!" Nach einer halben Minute öffnet sich die schwarze Tür zum Etablissement. Eine kleine Thai-Frau in Unterwäsche steht am Eingang. Sie hat den Besucher zuvor durchs Guckloch taxiert. Nein, es ist nicht die Hure, die ihr Kind tötete. Phen ist flüchtig. Aber so ähnlich hat sie wohl auch ausgesehen.
Im Flur sieht es etwas schmuddelig aus. Mit vergilbten Türrahmen und dunklem Teppichboden. Na ja, darauf sieht man wenigstens nicht die Flecken. Dieser Geruch: Billig- Deo gemischt mit scharfem Reiniger. Es beißt in der Nase.
Die Thai-Frau weist mit der rechten Hand den Weg. Nette Geste, aber an der Bar links vom Eingang ist doch niemand. Das Mobiliar scheint selbst gezimmert zu sein. Die Thai-Frau schnurrt: "Halbe Stunde 50 Euro. Französisch und Verkehr. Alles komplett!" Während eine halbe Treppe höher ihre drei üppigeren Kolleginnen, Südamerikanerinnen, halb nackt vor den Zimmern warten – mit verschränkten Armen.
Es ist nicht wirklich einladend im "rio76". Aber das war die Welt der Hure Phen. Eine Welt, in der die junge Frau ein Baby gebar. Das Kind, ein kleines Mädchen, es starb auf dem Klo. Der Mini- Raum ist nicht einmal zwei Quadratmeter groß und gelb gestrichen. Dort schloss sich die sanfte Phen (Name geändert) ein, nachdem ihre Wehen eingesetzt hatten. Das war in der Nacht zum 5. April, einem verregneten Samstag. Spaziergänger fanden die kleine Leiche einen Tag später am Müggelturm (KURIER berichtete). Zuhälter Wilfried K. hatte das Kind da entsorgt, dann die mörderische Hure weggeschafft.
Phen flüchtete mit dem Bangkok-Flieger und tauchte im Getümmel der Millionen- Metropole unter. Ein tödliches Risiko: Schnappt man sie dort, landet Phen in der thailändischen Todeszelle. Aber im "rio76" geht auch dann das Leben weiter.
K. TRAMPE, C. KEIKUS
Berliner Kurier, 22.06.2008
http://www.berlinonline.de/berliner-kur ... 23492.html
Fall in Salzburg:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=31828#31828
Hilfen:
Babyklappe
Anonyme Geburt
www.anonymegeburt.org
Kinderbetreuung:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=898
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=2032 (SW-only)
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Beruf und Mutterschaft, Sexarbeit und Mutterschaft und
Sexarbeit aus Not, wenn kein anderer Beruf offen steht...
Kindstötungs-Drama in Berlin wird inszeniert gegen Prostitution, was sonst so nicht gegen Ehe und Familie gemacht würde.
Berliner-Kurier:
Das Elend im Todes-Bordell von Treptow
In diesem traurigen Puff-Klo starb ein Baby
Aber die willigen Damen lauern schon wieder vor ihren Zimmern auf neue Freier
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Der Mini-Raum misst kaum zwei Quadratmeter. In dieser Traurigkeit gebar Phen ihr kleines Mädchen und tötete es hier. Oberst
Treptow - Freudenhaus – von wegen! Es ist so ein trostloser Ort, das "rio76", denn hier starb ein Baby, Es ist gerade mal zwei Monate her, dass eine Thai-Hure auf dem Bordell-Klo ihr Kind erstickte, und doch gibt es hier wieder schnellen Sex für wenig Geld. "Service von 15 bis 5 Uhr morgens!" Mit diesem handgeschriebenen Zettel begrüßt das Rio-Team seine Kunden. Von toten Kindern und flüchtigen Kolleginnen wollen die drallen Damen nichts mehr wissen. Vanessa (23), Daienne (22), Tina (25) und ihre Freundinnen stehen vor ihren Zimmern Spalier.
"Hallo, komm rein!" Nach einer halben Minute öffnet sich die schwarze Tür zum Etablissement. Eine kleine Thai-Frau in Unterwäsche steht am Eingang. Sie hat den Besucher zuvor durchs Guckloch taxiert. Nein, es ist nicht die Hure, die ihr Kind tötete. Phen ist flüchtig. Aber so ähnlich hat sie wohl auch ausgesehen.
Im Flur sieht es etwas schmuddelig aus. Mit vergilbten Türrahmen und dunklem Teppichboden. Na ja, darauf sieht man wenigstens nicht die Flecken. Dieser Geruch: Billig- Deo gemischt mit scharfem Reiniger. Es beißt in der Nase.
Die Thai-Frau weist mit der rechten Hand den Weg. Nette Geste, aber an der Bar links vom Eingang ist doch niemand. Das Mobiliar scheint selbst gezimmert zu sein. Die Thai-Frau schnurrt: "Halbe Stunde 50 Euro. Französisch und Verkehr. Alles komplett!" Während eine halbe Treppe höher ihre drei üppigeren Kolleginnen, Südamerikanerinnen, halb nackt vor den Zimmern warten – mit verschränkten Armen.
Es ist nicht wirklich einladend im "rio76". Aber das war die Welt der Hure Phen. Eine Welt, in der die junge Frau ein Baby gebar. Das Kind, ein kleines Mädchen, es starb auf dem Klo. Der Mini- Raum ist nicht einmal zwei Quadratmeter groß und gelb gestrichen. Dort schloss sich die sanfte Phen (Name geändert) ein, nachdem ihre Wehen eingesetzt hatten. Das war in der Nacht zum 5. April, einem verregneten Samstag. Spaziergänger fanden die kleine Leiche einen Tag später am Müggelturm (KURIER berichtete). Zuhälter Wilfried K. hatte das Kind da entsorgt, dann die mörderische Hure weggeschafft.
Phen flüchtete mit dem Bangkok-Flieger und tauchte im Getümmel der Millionen- Metropole unter. Ein tödliches Risiko: Schnappt man sie dort, landet Phen in der thailändischen Todeszelle. Aber im "rio76" geht auch dann das Leben weiter.
K. TRAMPE, C. KEIKUS
Berliner Kurier, 22.06.2008
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Fall in Salzburg:
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Hilfen:
Babyklappe
Anonyme Geburt
www.anonymegeburt.org
Kinderbetreuung:
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Szene-Bericht (Gastro)
Das Revival des Stutti
Lange war der Stuttgarter Platz ein Inbegriff für Rotlichtszene und Billigshops. Gastronomen wollen ihn mit neuen Angeboten aufwerten
24. August 2008, 03:15 Uhr
Von Franz Michael Rohm; Mitarbeit: Dirk Westphal
Hure Chantal greift schon mal zu drastischen Methoden, wenn sie einen Freier in die thailändische Oben-ohne-Bar am Stuttgarter Platz locken will. Nicht selten langt sie wie ihre Kolleginnen vorbeiflanierenden Männern ungeniert an die Hose, um sie mit einem zotigen Animierspruch in das Tabledance-Etablissement zu locken. Es ist eine Szene, für die der Stuttgarter Platz jahrelang stand - schäbiges Amüsement zwischen Glücksspiel, ramschigen Export-Import-Läden und Bordellen. Seit jedoch die Deutsche Bahn und der Senat eine Aufwertung des Quartiers beschlossen haben, besserte sich die Situation. Hilfe kommt dabei von Geschäftsinhabern, die die Gegend gastronomisch aufwerten. Sie investieren in neue Gerichte und werten Lokale auf. Gute Küche gegen Schmuddelkiez, lautet die Devise.
Eines der Restaurants ist das " www.Focaccino.de ". Mittags treffen sich dort Dutzende Menschen aus den umliegenden Büros und genießen Dolce-vita-Atmosphäre am "Stutti"; wie Anwohner und Gäste den Platz nennen. Die Inhaber Riccardo Pugliesi und Cristian Carulli bieten mittags nicht nur fantasievoll belegte Teigzungen an. Ab dem frühen Abend servieren sie ausgezeichnete sizilianische Küche. "Genau das richtige Konzept für den Stutti", sagt Riccardo, den der Kiez an seine sizilianische Heimatstadt Catania erinnert.
Vor einem Jahr hatten sie die Idee, an den Stutti zu ziehen. "Jeder, dem ich davon erzählte, fragte, ob ich verrückt sei", erinnert sich Riccardo. Doch der Gastronom sah bereits erste Anzeichen einer positiven Veränderung. Ein wichtiges Argument war die Fertigstellung des neuen S-Bahnhofs Charlottenburg, der für etwa 15 Millionen Euro komplett neu einige Hundert Meter Richtung Wilmersdorfer Straße versetzt wurde, damit Umsteiger schneller an der U-Bahn sind. "Dadurch erhielt der vordere Teil des Stutti eine enorme Aufwertung", sagt Cristian Carullo, den die Rotlichtbars am Platz jedoch nicht nur stören, denn sie brächten auch viele Besucher an den Platz.
Sieben Lokale besetzen das Halbrund des hinteren Stuttgarter Platzes, bei gutem Wetter sitzen dort Lebenskünstler, Schauspieler, Architekten, Agentur-Menschen und Touristen auf den Terrassen in fast mediterranem Flair. "Eine Kiezoase wie kaum eine zweite in der Stadt", schwärmt Gastronom Hans Auth. Er ist seit 19 Jahren einer von drei Geschäftführern des "Dollinger", einer der gastronomischen Institutionen des Platzes. "Wir haben von morgens bis nachmittags Sonne." Vormittags sitzen Mütter an den Bistrotischen und beobachten den Nachwuchs, der den Spielplatz an der verkehrsberuhigten Rönneburger Straße bevölkert. Der 61-jährige Wirt mit dickem Schnauzbart und halblangem Haar ist froh, dass neue Lokale am Stutti aufmachen. "Natürlich ist das Konkurrenz, aber es bedeutet eben auch, der Platz lebt wieder auf", sagt er und nennt das "Café Lebensart" und das Bistro "Crema", die vor einem Jahr in unmittelbarer Nachbarschaft des "Dollinger" eröffneten. Vier lange Jahre ging es geschäftlich am Stutti "nur abwärts, fast dreißig Prozent", berichtet Auth. Seit diesem Frühjahr verzeichnet er erstmals wieder Umsatzsteigerungen.
Auth leitete vor dem "Dollinger zehn Jahre zuvor das Lokal "Deichgraf" am Spandauer Schifffahrtskanal. Er weiß, was seine bürgerlich-alternative Klientel wünscht. "Gute Qualität, immer neue Ideen und vor allem, dass wir bei den Preisen auf dem Teppich bleiben", sagt er. Und: Man müsse als Gastwirt flexibel bleiben: Seit einiger Zeit fährt er zu einem Brandenburger Viehzüchter, kauft dort halbe Tiere, die er selbst entbeint und auslöst. So konnte er seine Kosten beim Fleischeinkauf trotz stark gestiegener Preise fast konstant halten.
Eugen Hochmann und Sabine Febel eröffneten Anfang März am Stutti ein Bistro. Das Publikum am Platz fasziniert sie: "Dös is irre, was bei uns reinkommt", wundert sich der aus Regensburg stammende Wirt, "alles, von Afrikanern bis Russen". Ihr Bistro lebt vor allem von den Kunden der umliegenden Hostels und preiswerten Hotels, deren internationale und oft jugendliche Gäste gerne auf die preiswerten Brotzeiten zurückgreifen. Das Geschäft läuft so gut, dass demnächst der Schankraum vergrößert wird.
Von der Wilmersdorfer bis zur Kaiser-Friedrich-Straße ist der östliche Teil des Stutti nach wie vor fest in der Hand von Billigshops. Wann an dem Teil östlich der Kaiser-Friedrich-Straße der Aufschwung stattfindet, ist ungewiss.
Im "Voltaire", knapp hundert Meter westlich der Kaiser-Friedrich-Straße, liefert das nahe Hotel "Charlottenburger Hof" den Grundstock der Kundschaft. Seit 25 Jahren firmiert das Tag-und-Nacht-"Café am Stutti". Schichtleiterin Amana Birkner kennt das "Voltaire" seit den 80er-Jahren. Sie hat den Niedergang des Stutti erlebt, als man ab einer bestimmten Uhrzeit "schon ein mulmiges Gefühl auf der Straße hatte". Umso mehr freut es sie, "dass wieder ein frischer, angenehmer Wind weht". Der weht auch im "Voltaire", das komplett renoviert wurde und nun ein Rund-um-die-Uhr Vollküchen-Konzept bietet. Kellnerin Silvia Riedel ist begeistert und hofft, dass es am Platz "weiter aufwärts geht und die bunte Mischung erhalten bleibt".
Wenn am späten Nachmittag die Küche des "Focaccino" aufmacht, findet ein interessanter Wechsel der Gäste statt. Nach den vielen Büromenschen, die schnell eine Focaccia (Fladenbrot) und den mittlerweile kiezbekannt exzellenten Capuccino schlürfen, Brasilereicca-Kaffee einer kleinen Familien-Rösterei aus Catania, kommen die Genießer. Sie trinken einen saftigen Rotwein aus Sizilien, gabeln vorzügliche Linguine mit Scampi und sizilianischen Kirschtomaten und stibben die Soße mit dem selbst gebackenen runden Focaccia-Weißbrot auf. Riccardo Pugliesi glaubt, dass in dem Kiez alles noch viel besser wird: "Warte noch zwei, drei Jahre, dann geht der Kiez richtig ab."
http://www.welt.de/wams_print/arti23665 ... tutti.html
Ist das nun ein Gastroführer-Schleichwerbeartikel, der mit Rotlicht-Schauder LeserInnen anlocken will?
Die Lage von oben:
http://maps.google.de/maps?f=q&sll=51.1 ... 6&t=k&z=17
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Lange war der Stuttgarter Platz ein Inbegriff für Rotlichtszene und Billigshops. Gastronomen wollen ihn mit neuen Angeboten aufwerten
24. August 2008, 03:15 Uhr
Von Franz Michael Rohm; Mitarbeit: Dirk Westphal
Hure Chantal greift schon mal zu drastischen Methoden, wenn sie einen Freier in die thailändische Oben-ohne-Bar am Stuttgarter Platz locken will. Nicht selten langt sie wie ihre Kolleginnen vorbeiflanierenden Männern ungeniert an die Hose, um sie mit einem zotigen Animierspruch in das Tabledance-Etablissement zu locken. Es ist eine Szene, für die der Stuttgarter Platz jahrelang stand - schäbiges Amüsement zwischen Glücksspiel, ramschigen Export-Import-Läden und Bordellen. Seit jedoch die Deutsche Bahn und der Senat eine Aufwertung des Quartiers beschlossen haben, besserte sich die Situation. Hilfe kommt dabei von Geschäftsinhabern, die die Gegend gastronomisch aufwerten. Sie investieren in neue Gerichte und werten Lokale auf. Gute Küche gegen Schmuddelkiez, lautet die Devise.
Eines der Restaurants ist das " www.Focaccino.de ". Mittags treffen sich dort Dutzende Menschen aus den umliegenden Büros und genießen Dolce-vita-Atmosphäre am "Stutti"; wie Anwohner und Gäste den Platz nennen. Die Inhaber Riccardo Pugliesi und Cristian Carulli bieten mittags nicht nur fantasievoll belegte Teigzungen an. Ab dem frühen Abend servieren sie ausgezeichnete sizilianische Küche. "Genau das richtige Konzept für den Stutti", sagt Riccardo, den der Kiez an seine sizilianische Heimatstadt Catania erinnert.
Vor einem Jahr hatten sie die Idee, an den Stutti zu ziehen. "Jeder, dem ich davon erzählte, fragte, ob ich verrückt sei", erinnert sich Riccardo. Doch der Gastronom sah bereits erste Anzeichen einer positiven Veränderung. Ein wichtiges Argument war die Fertigstellung des neuen S-Bahnhofs Charlottenburg, der für etwa 15 Millionen Euro komplett neu einige Hundert Meter Richtung Wilmersdorfer Straße versetzt wurde, damit Umsteiger schneller an der U-Bahn sind. "Dadurch erhielt der vordere Teil des Stutti eine enorme Aufwertung", sagt Cristian Carullo, den die Rotlichtbars am Platz jedoch nicht nur stören, denn sie brächten auch viele Besucher an den Platz.
Sieben Lokale besetzen das Halbrund des hinteren Stuttgarter Platzes, bei gutem Wetter sitzen dort Lebenskünstler, Schauspieler, Architekten, Agentur-Menschen und Touristen auf den Terrassen in fast mediterranem Flair. "Eine Kiezoase wie kaum eine zweite in der Stadt", schwärmt Gastronom Hans Auth. Er ist seit 19 Jahren einer von drei Geschäftführern des "Dollinger", einer der gastronomischen Institutionen des Platzes. "Wir haben von morgens bis nachmittags Sonne." Vormittags sitzen Mütter an den Bistrotischen und beobachten den Nachwuchs, der den Spielplatz an der verkehrsberuhigten Rönneburger Straße bevölkert. Der 61-jährige Wirt mit dickem Schnauzbart und halblangem Haar ist froh, dass neue Lokale am Stutti aufmachen. "Natürlich ist das Konkurrenz, aber es bedeutet eben auch, der Platz lebt wieder auf", sagt er und nennt das "Café Lebensart" und das Bistro "Crema", die vor einem Jahr in unmittelbarer Nachbarschaft des "Dollinger" eröffneten. Vier lange Jahre ging es geschäftlich am Stutti "nur abwärts, fast dreißig Prozent", berichtet Auth. Seit diesem Frühjahr verzeichnet er erstmals wieder Umsatzsteigerungen.
Auth leitete vor dem "Dollinger zehn Jahre zuvor das Lokal "Deichgraf" am Spandauer Schifffahrtskanal. Er weiß, was seine bürgerlich-alternative Klientel wünscht. "Gute Qualität, immer neue Ideen und vor allem, dass wir bei den Preisen auf dem Teppich bleiben", sagt er. Und: Man müsse als Gastwirt flexibel bleiben: Seit einiger Zeit fährt er zu einem Brandenburger Viehzüchter, kauft dort halbe Tiere, die er selbst entbeint und auslöst. So konnte er seine Kosten beim Fleischeinkauf trotz stark gestiegener Preise fast konstant halten.
Eugen Hochmann und Sabine Febel eröffneten Anfang März am Stutti ein Bistro. Das Publikum am Platz fasziniert sie: "Dös is irre, was bei uns reinkommt", wundert sich der aus Regensburg stammende Wirt, "alles, von Afrikanern bis Russen". Ihr Bistro lebt vor allem von den Kunden der umliegenden Hostels und preiswerten Hotels, deren internationale und oft jugendliche Gäste gerne auf die preiswerten Brotzeiten zurückgreifen. Das Geschäft läuft so gut, dass demnächst der Schankraum vergrößert wird.
Von der Wilmersdorfer bis zur Kaiser-Friedrich-Straße ist der östliche Teil des Stutti nach wie vor fest in der Hand von Billigshops. Wann an dem Teil östlich der Kaiser-Friedrich-Straße der Aufschwung stattfindet, ist ungewiss.
Im "Voltaire", knapp hundert Meter westlich der Kaiser-Friedrich-Straße, liefert das nahe Hotel "Charlottenburger Hof" den Grundstock der Kundschaft. Seit 25 Jahren firmiert das Tag-und-Nacht-"Café am Stutti". Schichtleiterin Amana Birkner kennt das "Voltaire" seit den 80er-Jahren. Sie hat den Niedergang des Stutti erlebt, als man ab einer bestimmten Uhrzeit "schon ein mulmiges Gefühl auf der Straße hatte". Umso mehr freut es sie, "dass wieder ein frischer, angenehmer Wind weht". Der weht auch im "Voltaire", das komplett renoviert wurde und nun ein Rund-um-die-Uhr Vollküchen-Konzept bietet. Kellnerin Silvia Riedel ist begeistert und hofft, dass es am Platz "weiter aufwärts geht und die bunte Mischung erhalten bleibt".
Wenn am späten Nachmittag die Küche des "Focaccino" aufmacht, findet ein interessanter Wechsel der Gäste statt. Nach den vielen Büromenschen, die schnell eine Focaccia (Fladenbrot) und den mittlerweile kiezbekannt exzellenten Capuccino schlürfen, Brasilereicca-Kaffee einer kleinen Familien-Rösterei aus Catania, kommen die Genießer. Sie trinken einen saftigen Rotwein aus Sizilien, gabeln vorzügliche Linguine mit Scampi und sizilianischen Kirschtomaten und stibben die Soße mit dem selbst gebackenen runden Focaccia-Weißbrot auf. Riccardo Pugliesi glaubt, dass in dem Kiez alles noch viel besser wird: "Warte noch zwei, drei Jahre, dann geht der Kiez richtig ab."
http://www.welt.de/wams_print/arti23665 ... tutti.html
Ist das nun ein Gastroführer-Schleichwerbeartikel, der mit Rotlicht-Schauder LeserInnen anlocken will?
Die Lage von oben:
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Flatrate-Bordell Frauenverachtend?
Erstes Berliner Bordell bietet Flatrate an
Alles, so oft man will, für 70 Euro. Aber Grünen-Politiker warnen vor dem Sex-Club
Von Konstantin Marrach
„Bei uns kannst Du fast alles haben. So oft Du willst, so lange Du kannst.“
Mit diesem Slogan wirbt ein Bordell, das jetzt im Süden Berlins eröffnet worden ist. Für einen Pauschalpreis von 70 Euro soll Mann dort so oft Sex haben können, wie er möchte.
Im Preis inbegriffen sind, laut Homepage des Sex-Clubs, auch alle Getränke, sowohl alkoholische als auch alkoholfreie. Angepriesen werden 15 Prostituierte zwischen 21 und 25 Jahren.
Allerdings gilt der Flatrate-Preis nur tagsüber (geöffnet meist zwischen 10 und 16 Uhr). Abends (meist 20 bis 1 Uhr) zahlt der Kunde 100 Euro.
Einen Klub mit ähnlichem Flatrate-Konzept gibt es bereits in Heidelberg.
Unmoralisch, frauenverachtend, kriminell? „Nein, dieses Angebot ist völlig absurd“, meint Anja Kofbinger, frauenpolitische Sprecherin der Grünen. „Wenn ein Freier fünf Mal mit einer Frau aufs Zimmer geht und nur 70 Euro zahlt, bringt das kaum Gewinn. Daran verdient im Zweifel nur der Klub, nicht aber die Frau.“
Und Kofbinger kündigt an: „Wir werden das Bordell jetzt genau überprüfen.“
24.10.2008
© 2008 BZ Berlin
http://www.bz-berlin.de/BZ/boulevard/20 ... trate.html
Alles, so oft man will, für 70 Euro. Aber Grünen-Politiker warnen vor dem Sex-Club
Von Konstantin Marrach
„Bei uns kannst Du fast alles haben. So oft Du willst, so lange Du kannst.“
Mit diesem Slogan wirbt ein Bordell, das jetzt im Süden Berlins eröffnet worden ist. Für einen Pauschalpreis von 70 Euro soll Mann dort so oft Sex haben können, wie er möchte.
Im Preis inbegriffen sind, laut Homepage des Sex-Clubs, auch alle Getränke, sowohl alkoholische als auch alkoholfreie. Angepriesen werden 15 Prostituierte zwischen 21 und 25 Jahren.
Allerdings gilt der Flatrate-Preis nur tagsüber (geöffnet meist zwischen 10 und 16 Uhr). Abends (meist 20 bis 1 Uhr) zahlt der Kunde 100 Euro.
Einen Klub mit ähnlichem Flatrate-Konzept gibt es bereits in Heidelberg.
Unmoralisch, frauenverachtend, kriminell? „Nein, dieses Angebot ist völlig absurd“, meint Anja Kofbinger, frauenpolitische Sprecherin der Grünen. „Wenn ein Freier fünf Mal mit einer Frau aufs Zimmer geht und nur 70 Euro zahlt, bringt das kaum Gewinn. Daran verdient im Zweifel nur der Klub, nicht aber die Frau.“
Und Kofbinger kündigt an: „Wir werden das Bordell jetzt genau überprüfen.“
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I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
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- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Links Flatrate-Sexclubs
www.pussy-club.eu
Auch diese Clubs arbeiten so und bekommt garkeine guten SW-Noten:
viewtopic.php?t=2462 (SW-only)
viewtopic.php?t=1117 (")
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Weihnachtsgeschäft?
Knigge für den Straßenstrich
Die Szene an der Kurfürstenstraße ist rauer geworden, seit Prostituierte aus Osteuropa dort arbeiten. Benimmkurse haben das Klima etwas verbessert. Aber die Stellen der Sozialarbeiterinnen sind befristet.
Warten auf Freier. Zu Weihnachten war es eher ruhig auf dem Straßenstrich an der Kurfürstenstraße. Anwohner fürchten dennoch, dass der Kiez kippt. - Foto: Ullstein-Volkreich
Von Tanja Buntrock
27.12.2008
Heiligabend, kurz nach 18 Uhr. Auf der Kurfürstenstraße spiegelt sich das Licht von Autoscheinwerfern in den Pfützen des Asphalts. Es sind wenige Autos, die an diesem Abend hier vorbeikommen. Hinter den hell erleuchteten Fenstern der Häuser bescheren sich Familien, Paare und Freunde, in der Apostelkirche liest der Pfarrer aus der Weihnachtsgeschichte. Draußen, im sanften Nieselregen, steht Jacqueline an der Ecke Frobenstraße und wartet. Sie wartet hier schon seit morgens ums elf. Jacqueline – schulterlanges blondes Haar – trägt eine dicke Daunenjacke, Jeans und knöchelhohe Schneeschuhe mit Plateausohle. Keine aufreizende Kleidung, keine Lackstiefel zum Minirock – dass Jacqueline hier ihren Körper verkauft, merkt man nur daran, dass sie seit Stunden am Bordstein an der Kurfürsten-/Ecke Frobenstraße steht: hier, am wohl ältesten Straßenstrich der Stadt, an der Grenze zwischen Tiergarten und Schöneberg.
„Scheiße läuft’s“, sagt Jacqueline, 36, die in Wirklichkeit nicht Jacqueline heißt, aber sich wenigstens ein wenig Würde bewahren möchte und deshalb ihren richtigen Namen nicht nennt. „Einen einzigen Freier hatte ich heute erst.“ Wenn Jacqueline spricht, bleiben ihre blau geschminkten Augenlider halb geschlossen. Sie ist auf Heroin. Deshalb steht sie seit sechs Jahren hier auf dem Drogenstrich. Sie muss sich durch das Geld mit dem schnellen Sex ihren nächsten Schuss finanzieren. Sie sagt, an Weihnachten laufe das Geschäft eben schlechter. Viel schlimmer sei aber, dass es „generell schlechter“ laufe, seit sich die osteuropäischen Huren vor gut eineinhalb Jahren „hier breitgemacht haben und uns alteingesessenen Prostituierten verdrängen“. Außerdem betrieben die Osteuropäerinnen „Preisdumping“. Rund 25 Euro verlangen die Drogenhuren von ihren Freiern, „die Bulgarinnen machen’s aber schon für 15 Euro“, sagt Jacqueline.
Es war ein Aufschrei durch den Kiez gegangen, als im Spätsommer 2007 plötzlich osteuropäische Frauen – die meisten aus Bulgarien oder Rumänien – den Straßenstrich bevölkerten und ihre Dienste anboten. In aufreizenden Kleidern und Posen kamen sie, um zumeist vor dem Erotikkaufhaus LSD (Love, Sex, Dreams) zu stehen. Anwohner, Gewerbetreibende, Familien und Kita-Erzieherinnen klagten über die aggressivere Art der Straßenprostitution der Osteuropäerinnen, die nicht davor zurückschreckten, männliche Passanten anzuquatschen oder gar die Türen der an der Kreuzung haltenden Autos aufrissen, um den Fahrern Sex anzubieten. War die Straßenprostitution bis dahin eher unauffällig, so kippte die Stimmung plötzlich. Die Bulgarinnen scherten sich nicht um die rund 200 Meter „Schamabstand“ zwischen den Stellplätzen der Kurfürstenstraße zur belebten Potsdamer Straße. Von Brüllereien, gewalttätigen Szenen auf der Straße und offenem Geschlechtsverkehr in der zweiten Reihe war die Rede.
Das Ganze eskalierte, als bekannt wurde, dass ein privater Investor aus Westdeutschland in den oberen Etagen des LSD-Hauses ein Großbordell, ein sogenanntes Laufhaus, mit 40 Zimmern errichten will. Bürgerinitiativen und -sprechstunden wurden gegründet, Unterschriften dagegen gesammelt, der Bezirk genehmigte das Laufhaus nicht. Der Investor klagte. Nun liegt die Sache beim Verwaltungsgericht – frühestens Anfang 2009 ist mit einer Entscheidung zu rechnen. Doch wie ist die Lage nun im Kiez, mehr als ein Jahr nachdem die Osteuropäerinnen hergekommen sind?
„Es ist ruhiger geworden. Durch unsere Projekte hat sich viel getan“, sagt Jörg Krohmer vom Quartiersmanagement (QM) Magdeburger Platz. Es sei viel „hysterisiert worden“ von den Anwohnern. Viele der Geschichten, von bulgarischen Huren, die Passanten aggressiv in den Schritt fassten, oder von ihren „Aufpassern“ – früher nannte man sie Zuhälter – an den Haaren über den Asphalt geschleift wurden, würden wie eine Legende weitererzählt. Außerdem wisse so gut wie jeder, der hierherzieht, worauf er sich einlässt. Den Straßenstrich als solchen bekomme man hier eh nicht weg, sagt er. Doch statt über die Situation zu klagen, werbe das QM dafür, dass die Bürger etwas für ihren Kiez tun, sich mehr einbringen und durch Projekte die Schönheit des Kiezes wieder herausstellten.
Dass sich die Lage beruhigt haben soll, sieht Michaela Klose vom Frauentreff „Olga“ in der Kurfürstenstraße anders. Sie kümmert sich in der Kontakt- und Beratungsstelle um drogenabhängige Frauen und Prostituierte. Erst Anfang Dezember sei wieder ein „neuer Schwung Bulgarinnen“ hergekommen. Sie breiteten sich immer mehr aus im Kiez. Nicht nur vorm LSD an der Ecke Potsdamer Straße und in der Kurfürstenstraße stünden sie jetzt, sondern seien sogar wieder zur Lützowstraße vorgedrungen. Zwar habe man das Problem im vergangenen Jahr gut in den Griff bekommen, doch Michaela Klose sieht die Gefahr, dass die Stimmung bald wieder kippen könnte. Denn bis vor kurzem noch waren zwei Sozialarbeiterinnen, die dolmetschen konnten, ständig im Einsatz: Sie hätten mit den neu eingetroffenen Prostituierten aus Osteuropa regelrechte „Benimmkurse“ gemacht: Nicht nur Sexual- und Hygieneaufklärung, sondern auch Regeln, wie sie sich hier im Kiez zu verhalten haben. „Mithilfe der Dolmetscherinnen ist es gelungen, den Frauen klarzumachen, dass sie sich hier nicht so aggressiv verhalten können wie beispielsweise in Hamburg im Sperrbezirk.“ Doch die Finanzierung für die beiden Stellen läuft Ende dieses Jahres aus.
Wie es dann weitergeht, weiß Michaela Klose nicht. „Man muss hier immer wieder bei null anfangen. Kaum hatten wir einigen ein paar Regeln beigebracht, waren die schon wieder weg und es kamen Neue.“ Die Osteuropäerinnen kämen aus armen Dörfern in ihren Heimatländern. Die meisten böten hier in Berlin ihre Sexdienste an, um das schnelle Geld zu machen und damit ihre Kinder und den Rest der Familie in der Heimat zu finanzieren. „Über die Feiertage sind die fast alle weg, zu Hause, beim Ehemann und den Kindern. Aber danach werden sie wieder herkommen“, sagt Michaela Klose.
Fred Eichhorn, Wirt in Puschels Pub in der Potsdamer Straße, kennt den Kiez seit knapp 30 Jahren. Er engagiert sich im Quartiersrat, unter anderem auch, um das Problem mit der Ausweitung des Straßenstriches im Kiez in den Griff zu bekommen. „Teilweise standen die hier vorm Laden. Die quatschen meine Kunden an und am Ende heißt es für die: Was draußen stattfindet, findet auch in der Kneipe statt“, sagt der 47-Jährige. Er habe Sorge, dass der ohnehin durch den „normalen“ Straßenstrich und die Drogenszene belastete Kiez richtig kippe. Die osteuropäischen Frauen drängten anfangs auch in seinen Pub. „Die haben sich am Tresen einen Kaffee bestellt und nach fünf Minuten fingen die an, meine Kunden anzuquatschen.“ Inzwischen hat er einen Blick dafür und schickt die Frauen sofort raus. Sein Publikum sei gemischt, Stammkunden und viele Touristen, die hier Fußball auf Premiere schauten. „Die sich immer mehr ausweitende Prostitution ist schlecht für das Image der Gegend und fürs Geschäft", sagt Eichhorn.
Während Fred Eichhorn in Puschels Pub seinen Gästen Kekse vom Weihnachtsteller anbietet, steht Jacqueline noch immer an der Ecke Froben- und Kurfürstenstraße. Drei Minuten habe „die Nummer“ gedauert, die sie mit ihrem bislang einzigen Freier am Heiligabend hatte. 25 Euro hat sie für den Sex verlangt, aber der Freier habe ihr 30 gegeben – weil Weihnachten ist.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 27.12.2008)
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Stras ... 70,2692381
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Die Szene an der Kurfürstenstraße ist rauer geworden, seit Prostituierte aus Osteuropa dort arbeiten. Benimmkurse haben das Klima etwas verbessert. Aber die Stellen der Sozialarbeiterinnen sind befristet.
Warten auf Freier. Zu Weihnachten war es eher ruhig auf dem Straßenstrich an der Kurfürstenstraße. Anwohner fürchten dennoch, dass der Kiez kippt. - Foto: Ullstein-Volkreich
Von Tanja Buntrock
27.12.2008
Heiligabend, kurz nach 18 Uhr. Auf der Kurfürstenstraße spiegelt sich das Licht von Autoscheinwerfern in den Pfützen des Asphalts. Es sind wenige Autos, die an diesem Abend hier vorbeikommen. Hinter den hell erleuchteten Fenstern der Häuser bescheren sich Familien, Paare und Freunde, in der Apostelkirche liest der Pfarrer aus der Weihnachtsgeschichte. Draußen, im sanften Nieselregen, steht Jacqueline an der Ecke Frobenstraße und wartet. Sie wartet hier schon seit morgens ums elf. Jacqueline – schulterlanges blondes Haar – trägt eine dicke Daunenjacke, Jeans und knöchelhohe Schneeschuhe mit Plateausohle. Keine aufreizende Kleidung, keine Lackstiefel zum Minirock – dass Jacqueline hier ihren Körper verkauft, merkt man nur daran, dass sie seit Stunden am Bordstein an der Kurfürsten-/Ecke Frobenstraße steht: hier, am wohl ältesten Straßenstrich der Stadt, an der Grenze zwischen Tiergarten und Schöneberg.
„Scheiße läuft’s“, sagt Jacqueline, 36, die in Wirklichkeit nicht Jacqueline heißt, aber sich wenigstens ein wenig Würde bewahren möchte und deshalb ihren richtigen Namen nicht nennt. „Einen einzigen Freier hatte ich heute erst.“ Wenn Jacqueline spricht, bleiben ihre blau geschminkten Augenlider halb geschlossen. Sie ist auf Heroin. Deshalb steht sie seit sechs Jahren hier auf dem Drogenstrich. Sie muss sich durch das Geld mit dem schnellen Sex ihren nächsten Schuss finanzieren. Sie sagt, an Weihnachten laufe das Geschäft eben schlechter. Viel schlimmer sei aber, dass es „generell schlechter“ laufe, seit sich die osteuropäischen Huren vor gut eineinhalb Jahren „hier breitgemacht haben und uns alteingesessenen Prostituierten verdrängen“. Außerdem betrieben die Osteuropäerinnen „Preisdumping“. Rund 25 Euro verlangen die Drogenhuren von ihren Freiern, „die Bulgarinnen machen’s aber schon für 15 Euro“, sagt Jacqueline.
Es war ein Aufschrei durch den Kiez gegangen, als im Spätsommer 2007 plötzlich osteuropäische Frauen – die meisten aus Bulgarien oder Rumänien – den Straßenstrich bevölkerten und ihre Dienste anboten. In aufreizenden Kleidern und Posen kamen sie, um zumeist vor dem Erotikkaufhaus LSD (Love, Sex, Dreams) zu stehen. Anwohner, Gewerbetreibende, Familien und Kita-Erzieherinnen klagten über die aggressivere Art der Straßenprostitution der Osteuropäerinnen, die nicht davor zurückschreckten, männliche Passanten anzuquatschen oder gar die Türen der an der Kreuzung haltenden Autos aufrissen, um den Fahrern Sex anzubieten. War die Straßenprostitution bis dahin eher unauffällig, so kippte die Stimmung plötzlich. Die Bulgarinnen scherten sich nicht um die rund 200 Meter „Schamabstand“ zwischen den Stellplätzen der Kurfürstenstraße zur belebten Potsdamer Straße. Von Brüllereien, gewalttätigen Szenen auf der Straße und offenem Geschlechtsverkehr in der zweiten Reihe war die Rede.
Das Ganze eskalierte, als bekannt wurde, dass ein privater Investor aus Westdeutschland in den oberen Etagen des LSD-Hauses ein Großbordell, ein sogenanntes Laufhaus, mit 40 Zimmern errichten will. Bürgerinitiativen und -sprechstunden wurden gegründet, Unterschriften dagegen gesammelt, der Bezirk genehmigte das Laufhaus nicht. Der Investor klagte. Nun liegt die Sache beim Verwaltungsgericht – frühestens Anfang 2009 ist mit einer Entscheidung zu rechnen. Doch wie ist die Lage nun im Kiez, mehr als ein Jahr nachdem die Osteuropäerinnen hergekommen sind?
„Es ist ruhiger geworden. Durch unsere Projekte hat sich viel getan“, sagt Jörg Krohmer vom Quartiersmanagement (QM) Magdeburger Platz. Es sei viel „hysterisiert worden“ von den Anwohnern. Viele der Geschichten, von bulgarischen Huren, die Passanten aggressiv in den Schritt fassten, oder von ihren „Aufpassern“ – früher nannte man sie Zuhälter – an den Haaren über den Asphalt geschleift wurden, würden wie eine Legende weitererzählt. Außerdem wisse so gut wie jeder, der hierherzieht, worauf er sich einlässt. Den Straßenstrich als solchen bekomme man hier eh nicht weg, sagt er. Doch statt über die Situation zu klagen, werbe das QM dafür, dass die Bürger etwas für ihren Kiez tun, sich mehr einbringen und durch Projekte die Schönheit des Kiezes wieder herausstellten.
Dass sich die Lage beruhigt haben soll, sieht Michaela Klose vom Frauentreff „Olga“ in der Kurfürstenstraße anders. Sie kümmert sich in der Kontakt- und Beratungsstelle um drogenabhängige Frauen und Prostituierte. Erst Anfang Dezember sei wieder ein „neuer Schwung Bulgarinnen“ hergekommen. Sie breiteten sich immer mehr aus im Kiez. Nicht nur vorm LSD an der Ecke Potsdamer Straße und in der Kurfürstenstraße stünden sie jetzt, sondern seien sogar wieder zur Lützowstraße vorgedrungen. Zwar habe man das Problem im vergangenen Jahr gut in den Griff bekommen, doch Michaela Klose sieht die Gefahr, dass die Stimmung bald wieder kippen könnte. Denn bis vor kurzem noch waren zwei Sozialarbeiterinnen, die dolmetschen konnten, ständig im Einsatz: Sie hätten mit den neu eingetroffenen Prostituierten aus Osteuropa regelrechte „Benimmkurse“ gemacht: Nicht nur Sexual- und Hygieneaufklärung, sondern auch Regeln, wie sie sich hier im Kiez zu verhalten haben. „Mithilfe der Dolmetscherinnen ist es gelungen, den Frauen klarzumachen, dass sie sich hier nicht so aggressiv verhalten können wie beispielsweise in Hamburg im Sperrbezirk.“ Doch die Finanzierung für die beiden Stellen läuft Ende dieses Jahres aus.
Wie es dann weitergeht, weiß Michaela Klose nicht. „Man muss hier immer wieder bei null anfangen. Kaum hatten wir einigen ein paar Regeln beigebracht, waren die schon wieder weg und es kamen Neue.“ Die Osteuropäerinnen kämen aus armen Dörfern in ihren Heimatländern. Die meisten böten hier in Berlin ihre Sexdienste an, um das schnelle Geld zu machen und damit ihre Kinder und den Rest der Familie in der Heimat zu finanzieren. „Über die Feiertage sind die fast alle weg, zu Hause, beim Ehemann und den Kindern. Aber danach werden sie wieder herkommen“, sagt Michaela Klose.
Fred Eichhorn, Wirt in Puschels Pub in der Potsdamer Straße, kennt den Kiez seit knapp 30 Jahren. Er engagiert sich im Quartiersrat, unter anderem auch, um das Problem mit der Ausweitung des Straßenstriches im Kiez in den Griff zu bekommen. „Teilweise standen die hier vorm Laden. Die quatschen meine Kunden an und am Ende heißt es für die: Was draußen stattfindet, findet auch in der Kneipe statt“, sagt der 47-Jährige. Er habe Sorge, dass der ohnehin durch den „normalen“ Straßenstrich und die Drogenszene belastete Kiez richtig kippe. Die osteuropäischen Frauen drängten anfangs auch in seinen Pub. „Die haben sich am Tresen einen Kaffee bestellt und nach fünf Minuten fingen die an, meine Kunden anzuquatschen.“ Inzwischen hat er einen Blick dafür und schickt die Frauen sofort raus. Sein Publikum sei gemischt, Stammkunden und viele Touristen, die hier Fußball auf Premiere schauten. „Die sich immer mehr ausweitende Prostitution ist schlecht für das Image der Gegend und fürs Geschäft", sagt Eichhorn.
Während Fred Eichhorn in Puschels Pub seinen Gästen Kekse vom Weihnachtsteller anbietet, steht Jacqueline noch immer an der Ecke Froben- und Kurfürstenstraße. Drei Minuten habe „die Nummer“ gedauert, die sie mit ihrem bislang einzigen Freier am Heiligabend hatte. 25 Euro hat sie für den Sex verlangt, aber der Freier habe ihr 30 gegeben – weil Weihnachten ist.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 27.12.2008)
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Stras ... 70,2692381
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RE: Lokalnachrichten: BERLIN
Weniger Messer auf den Straßen
Das verschärfte Waffengesetz zeigt Wirkung – seit April hat sich die Zahl der beschlagnahmten Stichwaffen verdreifacht. Innensenator Ehrhart Körting ist vom Erfolg des Waffenverbots überzeugt - die Gewerkschaft der Polizei übt hingegen Kritik.
Das verschärfte Waffengesetz zeigt offenbar Wirkung: Seit dem 1. April dieses Jahres hat die Polizei 800 Verstöße registriert, meist wurden verbotene Messer gefunden. Das bedeutet, dass die Beamten bis zu 150 Anzeigen pro Monat geschrieben haben – dreimal so viel wie in den Vorjahren. Auf die verbotenen Messer waren die Beamten überwiegend während ihrer täglichen Einsätze gestoßen – etwa bei Kontrollen vor einer Demo, bei Wohnungdurchsuchungen oder Verkehrsüberwachungen. Spezielle Sonderkontrollen, also „Messer-Razzien“, habe es nicht gegeben, hieß es bei der Polizei. Doch es werde intensiv bei regelmäßigen Kontrollen an kriminalitätsbelasteten Orten auch nach verbotenen Waffen geschaut.
Kontrolliert werden darf nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG), wenn ein Anfangsverdacht besteht. An einem „kriminalitätsbelasteten Ort“, wie dem Kottbusser Tor in Kreuzberg, dürfen Personen auch ohne Verdacht durchsucht werden. So handhaben es auch andere Städte, beispielsweise Amsterdam. Dort darf zum Beispiel im Rotlicht-Viertel jemand auch ohne Grund von der Polizei durchsucht werden. Die vom Bundestag beschlossene Novellierung hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) mit initiiert. Seitdem sind einhändig zu bedienende Klappmesser unabhängig von der Klingenlänge und feststehende Messer mit einer Klingenlänge von mehr als zwölf Zentimetern verboten.
„Das Verbot greift offensichtlich“, sagte Körting. „Ich gehe davon aus, dass sich durch die Praxis der Polizei das Verbot auch langsam in den Köpfen derer festsetzt, die Messer dabei haben. Damit wirkt es auch präventiv.“ Auch die CDU-Fraktion sieht das Messerverbot als „ersten Schritt in die richtige Richtung“, sagte deren innenpolitischer Sprecher Frank Henkel. Mit Blick auf die Sicherheit der Berliner könne dies nur gut sein.
Besonders bei Jugendlichen sitzen die Messer locker. Erfasst wurden die Attacken nur bei der Jugendgruppengewalt. Im Jahr 2007 wurden 735 Fälle von Jugendgruppengewalt registriert, bei denen die jungen Delinquenten Stichwaffen eingesetzt oder bei sich hatten. Daneben gibt es in eine Vielzahl von anderen Messervorfällen; in der Statistik werden die Waffen aber nicht gesondert erfasst.
Skeptischer fällt die Beurteilung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zur Bilanz des Messerverbots aus. Da es viel weniger Polizeibeamte in Berlin gibt als noch vor sechs Jahren, gebe es auch weniger Kontrollmöglichkeiten. „Die Zahlen der Waffenverstöße würden viel höher ausfallen, wenn die Polizei einen größeren Kontrolldruck ausüben könnte.“ Das sieht auch die FDP so. „Es reicht nicht, ständig die Gesetze zu verschärfen. Wir müssen stärker kontrollieren“, sagt Innenexperte Björn Jotzo. Er glaube nicht, dass allein durch die Verschärfung des Waffenrechts die Kriminalitätsbelastung abnehme.
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Waffe ... 70,2607067
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Die Meldung ist zwar nicht ganz taufrisch, aber wegen des unterstrichenen Abschnittes doch (im negativen Sinne) bemerkenswert....
Christian
Das verschärfte Waffengesetz zeigt Wirkung – seit April hat sich die Zahl der beschlagnahmten Stichwaffen verdreifacht. Innensenator Ehrhart Körting ist vom Erfolg des Waffenverbots überzeugt - die Gewerkschaft der Polizei übt hingegen Kritik.
Das verschärfte Waffengesetz zeigt offenbar Wirkung: Seit dem 1. April dieses Jahres hat die Polizei 800 Verstöße registriert, meist wurden verbotene Messer gefunden. Das bedeutet, dass die Beamten bis zu 150 Anzeigen pro Monat geschrieben haben – dreimal so viel wie in den Vorjahren. Auf die verbotenen Messer waren die Beamten überwiegend während ihrer täglichen Einsätze gestoßen – etwa bei Kontrollen vor einer Demo, bei Wohnungdurchsuchungen oder Verkehrsüberwachungen. Spezielle Sonderkontrollen, also „Messer-Razzien“, habe es nicht gegeben, hieß es bei der Polizei. Doch es werde intensiv bei regelmäßigen Kontrollen an kriminalitätsbelasteten Orten auch nach verbotenen Waffen geschaut.
Kontrolliert werden darf nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG), wenn ein Anfangsverdacht besteht. An einem „kriminalitätsbelasteten Ort“, wie dem Kottbusser Tor in Kreuzberg, dürfen Personen auch ohne Verdacht durchsucht werden. So handhaben es auch andere Städte, beispielsweise Amsterdam. Dort darf zum Beispiel im Rotlicht-Viertel jemand auch ohne Grund von der Polizei durchsucht werden. Die vom Bundestag beschlossene Novellierung hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) mit initiiert. Seitdem sind einhändig zu bedienende Klappmesser unabhängig von der Klingenlänge und feststehende Messer mit einer Klingenlänge von mehr als zwölf Zentimetern verboten.
„Das Verbot greift offensichtlich“, sagte Körting. „Ich gehe davon aus, dass sich durch die Praxis der Polizei das Verbot auch langsam in den Köpfen derer festsetzt, die Messer dabei haben. Damit wirkt es auch präventiv.“ Auch die CDU-Fraktion sieht das Messerverbot als „ersten Schritt in die richtige Richtung“, sagte deren innenpolitischer Sprecher Frank Henkel. Mit Blick auf die Sicherheit der Berliner könne dies nur gut sein.
Besonders bei Jugendlichen sitzen die Messer locker. Erfasst wurden die Attacken nur bei der Jugendgruppengewalt. Im Jahr 2007 wurden 735 Fälle von Jugendgruppengewalt registriert, bei denen die jungen Delinquenten Stichwaffen eingesetzt oder bei sich hatten. Daneben gibt es in eine Vielzahl von anderen Messervorfällen; in der Statistik werden die Waffen aber nicht gesondert erfasst.
Skeptischer fällt die Beurteilung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zur Bilanz des Messerverbots aus. Da es viel weniger Polizeibeamte in Berlin gibt als noch vor sechs Jahren, gebe es auch weniger Kontrollmöglichkeiten. „Die Zahlen der Waffenverstöße würden viel höher ausfallen, wenn die Polizei einen größeren Kontrolldruck ausüben könnte.“ Das sieht auch die FDP so. „Es reicht nicht, ständig die Gesetze zu verschärfen. Wir müssen stärker kontrollieren“, sagt Innenexperte Björn Jotzo. Er glaube nicht, dass allein durch die Verschärfung des Waffenrechts die Kriminalitätsbelastung abnehme.
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Waffe ... 70,2607067
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Die Meldung ist zwar nicht ganz taufrisch, aber wegen des unterstrichenen Abschnittes doch (im negativen Sinne) bemerkenswert....
Christian
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12.01.2009
Kein Sex vor der Kita
Bürgermeister will Prostitution berlinweit vor sozialen und kirchlichen Institutionen verbieten
von Birgitt Eltzel
Berlin - In der Nähe von Kitas, Schulen, Spielplätzen, Krankenhäusern sowie sozialen und kirchlichen Einrichtungen soll in Berlin künftig die Prostitution verboten werden. Das fordert zumindest der Bürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Ekkehard Band (SPD).
Er begründet seine Forderung mit der Situation rund um die Kurfürstenstraße: „Die Lage hat sich in den vergangenen zwei Jahren dramatisch verschärft“, sagt er der Berliner Zeitung. Geschäfte mit der käuflichen Liebe würden längst nicht mehr nur auf dem Straßenstrich abgewickelt, sondern auch in angrenzenden Straßen. „Selbst vor dem Elisabeth-Krankenhaus stehen Prostituierte“, so Band. Auch die Bereiche vor Kitas und Schulen würden nicht verschont. In den betroffenen Gebieten von Schöneberg-Nord und Tiergarten-Süd gibt es elf Kitas, Schulen und soziale Einrichtungen, ein Krankenhaus sowie mehrere kirchliche Einrichtungen.
Bereits seit einigen Jahren wird über die Prostitution im Bezirk diskutiert. Denn ausgerechnet im ehemaligen Wegert-Haus an der Potsdamer/Kurfürstenstraße sollte ein Großbordell eingerichtet werden. Über einem bereits bestehenden Erotikkaufhaus sollten 48 Zimmer für Prostituierte entstehen. Der Bezirk erteilte wegen befürchteter negativer Auswirkungen auf den Kiez keine Genehmigung für das Laufhaus, obwohl ein solches dort baurechtlich zulässig wäre. Die Senatsstadtentwicklungsverwaltung bestätigte die Entscheidung. Jetzt ist der Investor vor das Verwaltungsgericht gezogen, bestätigte sein Anwalt Leander Gast. Laut einem Gerichtssprecher soll die Entscheidung im Laufe dieses Jahres fallen.
Wie das Verfahren ausgeht, ist ungewiss. „Wenn das Gericht unsere Auffassung nicht teilt, käme eine weitere unerträgliche Belastung auf das Gebiet zu“, sagt Bürgermeister Band. Bereits jetzt hätten Einwohner eine Bürgerinitiative gebildet. Sie seien nachts mit Taschenlampen durch die Wohngebiete gegangen, um zu verhindern, dass in Autos sexuelle Handlungen stattfinden.
Der Bezirksbürgermeister betont aber auch, dass er keinen regelrechten Sperrbezirk will. In solchen ist Prostitution generell verboten. Durch Sperrbezirke wird nach Einschätzung von Experten die Prostitution nur verdrängt, die Kriminalität steigt. Laut Band wäre es aber ratsam, „dass wenigstens in unmittelbarer Nähe von Jugend- und Sozialeinrichtungen“ keine Frauen mehr auf Freier warten dürfen. Der Bezirk sei bereits mit der Senatsbildungsverwaltung im Gespräch: „Denn es geht ja um Jugendschutz.“ Angestrebt werde keine Lex Kurfürstenstraße, sondern eine berlinweite Verordnung – juristisch unangreifbar.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hält dagegen eine, „wie immer auch geartete“, Einführung von Sperrbezirken allenfalls für die „ultima ratio“ aller möglichen Vorgehensweisen. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Parlament rät er stattdessen zu einem vernetzten Vorgehen von Senats- und Bezirksverwaltungen mit im Gebiet tätigen Initiativen und Vereinen. Im Gegensatz zum Bezirk Tempelhof-Schöneberg schätze der Senat die Situation im Umkreis der Kurfürstenstraße als „statisch“ ein: „Die Straßenprostitution ist in diesem Bereich seit Jahrzehnten etabliert.“
Nach Ansicht der Innenverwaltung hatte sich die Lage nur kurzzeitig zugespitzt – als 2007 nach der EU-Osterweiterung Frauen aus Rumänien, Bulgarien, Tschechien, Polen und Ungarn dorthin strömten. Durch sehr schnell einsetzende Straßensozialarbeit habe die Situation entspannt werden können, so Körting.
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Erlaubt, aber nicht erwünscht
Die Kurfürstenstraße ist Berlins bekanntester Straßenstrich. Prostituierte stehen auch an der Oranienburger Straße, im Tiergarten und der Straße des 17. Juni. Prostitution gilt seit 2002 nicht mehr als sittenwidrig.
Gegen die Prostitution an der Kurfürstenstraße haben sich seit 2007 verschiedene Initiativen gebildet. Mit Aktionen zum Kiezfrühling 2008 eroberten sich Anwohner die Straßen zurück. Für Prostituierte gibt es diverse Hilfs- und Beratungsangebote.
http://www.berlinonline.de/berliner-zei ... hp?fromrss
Kein Sex vor der Kita
Bürgermeister will Prostitution berlinweit vor sozialen und kirchlichen Institutionen verbieten
von Birgitt Eltzel
Berlin - In der Nähe von Kitas, Schulen, Spielplätzen, Krankenhäusern sowie sozialen und kirchlichen Einrichtungen soll in Berlin künftig die Prostitution verboten werden. Das fordert zumindest der Bürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Ekkehard Band (SPD).
Er begründet seine Forderung mit der Situation rund um die Kurfürstenstraße: „Die Lage hat sich in den vergangenen zwei Jahren dramatisch verschärft“, sagt er der Berliner Zeitung. Geschäfte mit der käuflichen Liebe würden längst nicht mehr nur auf dem Straßenstrich abgewickelt, sondern auch in angrenzenden Straßen. „Selbst vor dem Elisabeth-Krankenhaus stehen Prostituierte“, so Band. Auch die Bereiche vor Kitas und Schulen würden nicht verschont. In den betroffenen Gebieten von Schöneberg-Nord und Tiergarten-Süd gibt es elf Kitas, Schulen und soziale Einrichtungen, ein Krankenhaus sowie mehrere kirchliche Einrichtungen.
Bereits seit einigen Jahren wird über die Prostitution im Bezirk diskutiert. Denn ausgerechnet im ehemaligen Wegert-Haus an der Potsdamer/Kurfürstenstraße sollte ein Großbordell eingerichtet werden. Über einem bereits bestehenden Erotikkaufhaus sollten 48 Zimmer für Prostituierte entstehen. Der Bezirk erteilte wegen befürchteter negativer Auswirkungen auf den Kiez keine Genehmigung für das Laufhaus, obwohl ein solches dort baurechtlich zulässig wäre. Die Senatsstadtentwicklungsverwaltung bestätigte die Entscheidung. Jetzt ist der Investor vor das Verwaltungsgericht gezogen, bestätigte sein Anwalt Leander Gast. Laut einem Gerichtssprecher soll die Entscheidung im Laufe dieses Jahres fallen.
Wie das Verfahren ausgeht, ist ungewiss. „Wenn das Gericht unsere Auffassung nicht teilt, käme eine weitere unerträgliche Belastung auf das Gebiet zu“, sagt Bürgermeister Band. Bereits jetzt hätten Einwohner eine Bürgerinitiative gebildet. Sie seien nachts mit Taschenlampen durch die Wohngebiete gegangen, um zu verhindern, dass in Autos sexuelle Handlungen stattfinden.
Der Bezirksbürgermeister betont aber auch, dass er keinen regelrechten Sperrbezirk will. In solchen ist Prostitution generell verboten. Durch Sperrbezirke wird nach Einschätzung von Experten die Prostitution nur verdrängt, die Kriminalität steigt. Laut Band wäre es aber ratsam, „dass wenigstens in unmittelbarer Nähe von Jugend- und Sozialeinrichtungen“ keine Frauen mehr auf Freier warten dürfen. Der Bezirk sei bereits mit der Senatsbildungsverwaltung im Gespräch: „Denn es geht ja um Jugendschutz.“ Angestrebt werde keine Lex Kurfürstenstraße, sondern eine berlinweite Verordnung – juristisch unangreifbar.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hält dagegen eine, „wie immer auch geartete“, Einführung von Sperrbezirken allenfalls für die „ultima ratio“ aller möglichen Vorgehensweisen. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Parlament rät er stattdessen zu einem vernetzten Vorgehen von Senats- und Bezirksverwaltungen mit im Gebiet tätigen Initiativen und Vereinen. Im Gegensatz zum Bezirk Tempelhof-Schöneberg schätze der Senat die Situation im Umkreis der Kurfürstenstraße als „statisch“ ein: „Die Straßenprostitution ist in diesem Bereich seit Jahrzehnten etabliert.“
Nach Ansicht der Innenverwaltung hatte sich die Lage nur kurzzeitig zugespitzt – als 2007 nach der EU-Osterweiterung Frauen aus Rumänien, Bulgarien, Tschechien, Polen und Ungarn dorthin strömten. Durch sehr schnell einsetzende Straßensozialarbeit habe die Situation entspannt werden können, so Körting.
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Erlaubt, aber nicht erwünscht
Die Kurfürstenstraße ist Berlins bekanntester Straßenstrich. Prostituierte stehen auch an der Oranienburger Straße, im Tiergarten und der Straße des 17. Juni. Prostitution gilt seit 2002 nicht mehr als sittenwidrig.
Gegen die Prostitution an der Kurfürstenstraße haben sich seit 2007 verschiedene Initiativen gebildet. Mit Aktionen zum Kiezfrühling 2008 eroberten sich Anwohner die Straßen zurück. Für Prostituierte gibt es diverse Hilfs- und Beratungsangebote.
http://www.berlinonline.de/berliner-zei ... hp?fromrss
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.