Comic "Die HURE H"

Mittlerweile drei Bücher:
Die Hure H
Die Hure H zieht ihre Bahnen
Die Hure H wirft den Handschuh
www.reprodukt.com
International erfolgreich:
Im Englischen: W The Whore
Im Französischen: la putain P
Die Graphikerin Anke Feuchtenberger Jg. 63 wurde in Berlin (DDR) geboren und belegt heute eine Professur an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Graphik in Hamburg, wo sie auch lebt.
www.feuchtenbergerowa.de
Die Schriftstellerin Katrin de Vries Jg. 59 lebt in Dollart, Ostfriesland.
Die Kunstfigur HURE H, über die bereits ein erster Band bei Reprodukt erschien, ist ein Langzeitprojekt der Schriftstellerin Katrin de Vries und der Zeichnerin Anke Feuchtenberger.
Vor vielen Jahren kam der Band "Die Hure H" heraus – ein damals provozierender Band im Querformat, ein Bild pro Seite und eine Darstellung von Weiblichkeit, die die Leser entweder zu kompromißloser Ablehnung oder Begeisterung zwang. Manche zählen diese Publikation zum Eindrucksvollsten, was der deutsche Comic in den Neunzigern hervorgebracht hat.

Die HURE H erlebt nicht das, was sich die Medien oder unser Allerweltswissen unter den Abenteuern einer Hure vorstellen mögen.
Aber die HURE H-Geschichten spielen mit all dem, was der kulturelle Komplex "Hure" hinter starren Klischees gewaltsam zu verbergen sucht, und machen die Schönheit und Gefährlichkeit des Verborgenen erfahrbar.
Es sind traurige Geschichten, aber doch eher keine Comicgeschichten(?), eher handele es sich um gezeichnete Theoreme, auf philosophischer Ebene, die auch den Ansprüchen einer postmodernen Psychoanalyse standzuhalten vermögen und zwar gegossen in eine "geradezu traumlogische Form heißt es in den einschlägigen Rezensionen.
Ich vermute, die Geschichten basieren auf einem negativen SexarbeiterInnen-Konzept: Wo kein Begehren ist, weil es ja Beruf oder Job oder Notwendigkeit des Gelderwerbs ist, kann auch nichts (Liebe?) erobert werden. Also heißt die Schlussfolgerung: Huren seien einsam.
Die Hure H wird infolgedessen auch nicht bei der Ausübung ihrer Arbeit geschildert, so wie es den Klitschees einer unsensiblen Medienmaschinerie oft entspricht, sondern auf ihren vergeblichen Eroberungszügen in Sachen Liebe, Heirat, Unabhängigkeit. Vgl. die Debatten hier im Forum zu SW und Beziehung.
Dabei wird evt. nicht gesehen, daß diese Probleme der sozialen Abwertung von Prostitution also dem Prostiutionsstigma geschuldet sind und nicht der eigentlichen sexuelle Befriedigung spendenden und die Menschen/Männer beglückenden Tätigkeit.
Doch Kunstwerke und Medienprodukte, die das Leiden von Sexarbeiterinnen darstellen sind, weil im Trend des herrschenden Mainstream liegend, leider oftmals sehr erforlgreich ohne wirklich gut oder wahr sein zu müssen.
So empfand ich es z.B. bei der Medienwelle aus ausschließlich positiven bürgerlichen Rezensionen und Literaturkritiken zum Roman "Hure" von Nelly Arcan. Eine Literaturstudentin, die unter der Tätigkeit als Sexarbeiterin sehr gelitten hat und eben sehr sensibel alle möglichen Problemzonen auslotet, aber das Wesen der Sexarbeit nie begriffen hat und sich darin erstrecht nicht hatte als liebender Mensch emanzipieren können.

Auch manches oben über die anspruchsvollen ethischen statt voyeuristischen Inhalte reklamierte hat sich evt. mit dem 3. Band auch wieder relativiert, denn der Verlag schreibt:
Wie weit kann die existenzielle Wanderung, mit der die Hure H ihre Leser und Betrachter in den ersten beiden Bänden verstört und entzückt hat, noch gehen? Gibt es noch eine Steigerung, ein bislang unberührtes Territorium?
In drei neuen Bilderzählungen rührt der abschließende 3. Band an eine überaus heikle Stelle: Es ist die intime Naht, zu der die strengsten Rituale der menschlichen Kultur mit dem Natürlichen verwachsen sind.
Was haben Tier und Pflanze mit der kostbaren Balance zwischen Mann und Frau zu tun? Was verraten uns das Vegetative, das Animalische über die steilsten und kältesten Anstrengungen unserer Arbeit? Die Hure H erlebt es. Und die Bilder des neuen "Hure H"-Bandes durchstoßen dabei eine Schallmauer des Obszönen.

Eine spannend klingende Annäherung an unser zweifelsohne brisantes Arbeit-, Lebens- und Foren-Thema. Lohnt sich, das mal genauer zu betrachten. In der Medienwelt finden sich unzählige und nur überschwänglich positive Rezensionen. Wer von Euch hat es schon angeschaut und gelesen? Eure Kommentare sind erwünscht.
.