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Marc of Frankfurt
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Rechte statt Razzien - Gedenktag ggn. Gewalt an SW - 17. Dez

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Razzien-Republik Deutschland

Oder: Wie die Polizei gegen Prostitution agitiert


Man hört hierzulande von Drogenrazzien und Doping-Razzien, Razzien gegen Globalisierungsgegner und Schwarzarbeit, Razzien gegen Produzenten und Konsumenten rechtsradikaler Musik und Kinderpornographie, Razzien gegen islamistische Terroristen und korrupte Strukturen in der Wirtschaft. Und jüngst erst die Rede von „online-Razzien“.


Die Aufzählung ist beliebig. Sie könnte fortgesetzt werden. Sie belegt: Gesellschaftliche Fragen werden in Deutschland in hohem Maße mit polizeilichen Mitteln „geregelt“ und damit bestenfalls verwaltet. Von einer „Lösung“ der dahinter stehenden Probleme durch ein angemessenes soziales Handeln mag man ja kaum noch sprechen.


Eine spezielle Art von Razzien fehlt aber in obiger Auflistung. Ich meine die permanenten Polizeirazzien im Prostitutionsgewerbe. Diesen Razzien kommt unter allen ähnlichen Polizei-Aktionen eine Sonderstellung zu. Denn sie richten sich gegen einen gesamten Wirtschaftszweig und stempeln damit die hier tätigen Personen ab, insbesondere die Berufsgruppe der Prostituierten.


Es gibt keine andere Berufsgruppe in der Bundesrepublik Deutschland, deren wirtschaftliches Handeln in einer derart diskriminierenden Art und Weise strafrechtlich, „geregelt“ wird. Was zeigt das? Es verdeutlicht: An der rechtlichen Diskriminierung und tatsächlichen Kriminalisierung von Prostitution hat auch das 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz der damaligen rot-grünen Bundesregierung nichts Wesentliches geändert. Lediglich die beiden Strafrechtsparagrafen § 180a (damals „Förderung“, heute „Ausbeutung von Prostituierten“) und §181a StGB („Zuhälterei“) wurden geringfügig geändert, um die diskriminierende strafrechtliche Sonderkontrolle von Prostitution zeitgemäß zu gestalten, nicht aber um sie abzuschaffen und die Verhältnisse in der Prostitution zivil- und arbeitsrechtlich zu regeln.


Wir von Doña Carmen e.V. fordern seit vielen Jahren eine Beendigung der menschenunwürdigen Razzien im Prostitutionsgewerbe und fordern: Rechte statt Razzien. Aber wir haben uns nicht darauf beschränkt, dies bloß zu fordern. Wir haben auch die Razzien dokumentiert, mit denen das Prostitutionsgewerbe in der Bundesrepublik Deutschland systematisch und ständig überzogen wird.


Ich empfehle allen, die gerade diesen Artikel lesen, sich den neuen „Razzien-Spiegel“ auf der Website von Doña Carmen e.V. selbst anzuschauen und sich das Ausmaß der hierzulande üblichen Kriminalisierung von Prostitution vor Augen zu führen. Also: http://www.donacarmen.de und dort „Razzien“ bzw. „Razzien-Spiegel“ anklicken und sich die Liste der Razzien durchaus mal in Ruhe anzuschauen oder herunter zu laden, um sie Freunden und Kolleginnen zu zeigen … Und ich glaube, Ihnen nicht zu viel zu versprechen, wenn ich sage: Eine solche Auflistung von Razzien gegen das Prostitutionsgewerbe in der Bundesrepublik Deutschland haben Sie bisher sicherlich noch nicht zu Gesicht bekommen.


Unzweifelhaft belegt diese Auflistung, dass Prostitution hierzulande - trotz des Geredes von Legalisierung - weiterhin diskriminiert und die grundgesetzlich garantierte freie Berufsausübung in dieser Branche von Seiten des Staates systematisch behindert wird.


Die unter http://www.donacarmen.de veröffentlichte Liste der Bordellrazzien sollte fortgeschrieben werden. Wer von Razzien hört oder selbst eine solche Polizei-Aktion geraten ist, sollte sich an Doña Carmen wenden und dies mitteilen. Damit das schreiende Unrecht gegenüber dem Prostitutionsgewerbe glaubhaft dokumentiert wird und niemand sagen kann, er oder sie habe von nichts gewusst. Nur durch die aktive Mithilfe aller Kolleginnen im Gewerbe ist es für uns möglich, den vorliegenden „Razzien-Spiegel“ zu vervollständigen und stets auf den neusten Stand zu bringen. Schließlich handelt es sich um eine wichtige Information zu den aktuellen Arbeitsbedingungen, die man bei Bedarf jederzeit auf unserer Website abrufen kann.


Selbstverständlich nennen wir keine Namen von einzelnen Einrichtungen, die von der Polizei durchsucht wurden, da wir die herrschende Diskriminierung nicht noch einmal reproduzieren wollen.


Eine erste Analyse der bisher aufgelisteten Razzien lesen Sie hier demnächst. Bis dahin verbleibe ich


Ihre Rosina
vom Team Doña Carmen e.V.


(Tel./ Fax: 069-7675 2880 - Email: donacarmen@t-online.de - http://www.donacarmen.de)

kollegin.de/magazin/meldung.asp?AID=1686163




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Razzien-Republik Deutschland (Teil II)

Ein Blick auf die Spitze des Eisberges


Wie ich vor kurzem an dieser Stelle dargelegt habe, hat Doña Carmen e.V. auf ihrer Website http://www.donacarmen.de einen „Razzien-Spiegel“ veröffentlicht. Jeder und jedem, der gerade diesen Artikel liest, sei geraten, sich selbst davon zu überzeugen, in welchem Ausmaß, mit welcher Beständigkeit und Systematik das Prostitutionsgewerbe hierzulande überwacht und kriminalisiert wird.


Doña Carmen e.V. hat - ausgehend von den massiven Polizeirazzien in den Jahren 1999 und 2000 im Bordellgewerbe von Frankfurt/Main – die öffentliche Berichterstattung über Polizeirazzien im Prostitutionsgewerbe der Bundesrepublik Deutschland verfolgt und den Versuch unternommen, ein genaueres Bild dieser Polizeipraxis zu zeichnen. Im Zeitraum der acht Jahre von 2000 bis 2007 (Stand Dezember 07) haben wir über eine regelmäßige Medien- und Internetrecherche, aber auch durch eigene Beobachtungen und Mitteilungen von Kolleginnen insgesamt 266 größere Razzien von regionaler bzw. überregionaler Bedeutung im bundesdeutschen Prostitutionsgewerbe erfasst [ca. 33 größere Razzien/a].


Die nunmehr vorliegende Aufstellung von Razzien im hiesigen Prostitutionsgewerbe hat es unseres Wissens in dieser Form bislang noch nicht gegeben. Kein BKA-Lagebild, keine polizeiliche Kriminalstatistik zu den Straftatbeständen der ‚Zuhälterei’ oder des ‚Menschenhandels’ ist in der Lage darzustellen, wie aus einer rechtlich verankerten Prostitutionsgegnerschaft systematisch, gezielt und flächendeckend polizeilich gegen das Prostitutionsgewerbe agiert wird.


Dabei können die hier dargestellten und nach Maßgabe der veröffentlichten Informationen analysierten 266 Polizeirazzien keinesfalls als vollständiges Bild betrachtet werden. Bei aller Aufmerksamkeit sind uns sicherlich immer noch viele Bordell-Razzien schlicht entgangen…


Angesichts des allgemeinen Trends zu einer Sensationsberichterstattung in den Medien der Republik erscheinen in der Regel nur spektakuläre Großrazzien als Gegenstand der Berichterstattung. Eine Aktion etwa, bei der 20 Polizisten ein Bordell durchsuchen und Identitätsfeststellungen von Prostituierten und ihren Kunden vornehmen, ist - zumindest nach unseren Erfahrungen - für Medien in großstädtischen Ballungsräumen wie dem Rhein-Main-Gebiet kein Thema, über das berichtet werden müsste.


Wenn Sebastian Laudan, Leiter der Inspektion Migrationskriminalität beim LKA Berlin davon sprach, dass allein in der Bundeshauptstadt Berlin jährlich „rund 500 Razzien“ im Zusammenhang mit illegaler Prostitution stattfinden (DIE ZEIT, 3/2002), oder der Einsatzleiter einer Razzia in Minden / Westfalen gegenüber der Presse erklärte, seine Beamten seien „fast wöchentlich mit einem Rotlichteinsatz beschäftigt“ (Mindener Tagblatt, 07.07.2003), dann wird klar, dass die abgedroschene Phrase, man würde nur die „Spitze des Eisbergs“ zu Gesicht bekommen, im Falle der Rotlicht-Razzien tatsächlich zutrifft und zudem von der Polizei offiziell bestätigt wird.


Es gibt nach unseren Erfahrungen ein weitläufiges und zugleich engmaschiges Netz ständiger und regelmäßiger Polizeikontrollen gegenüber Einrichtungen des Prostitutionsgewerbes, die in den veröffentlichten Polizeiberichten gar keine Erwähnung mehr finden. Denn es ist nicht im Interesse der Polizei, sich bei ihren Überwachungsaktivitäten in die Karten schauen zu lassen. Und es gibt in der von Prostitutionsgegnerschaft geprägten und auch unter diesem Gesichtspunkt weitgehend gleichgeschalteten bundesdeutschen Presselandschaft gegenwärtig kein Bestreben, die menschenverachtende Praxis der Razzien im Prostitutionsgewerbe in Frage zu stellen.


Kritik gibt es höchstens, wenn die Polizei mal über die Strenge schlägt. Und auch dann nur zaghaft. Ob rechts oder links - grundsätzlich gibt man sich staatstragend und nimmt das System der Razzien im Prostitutionsgewerbe einfach hin. Irgendwas wird schon dran sein, glaubt man, sonst würde die Polizei solchen Aufwand gar nicht betreiben.


Welche Trends sich aus dem „Razzien-Spiegel“ ableiten lassen - dazu möchte ich an dieser Stelle demnächst mehr berichten. Bis dahin wünsche ich allen eine razzienfreie Zeit und gute Geschäfte.


Ihre Rosina
vom Team Doña Carmen e.V.


(Tel./ Fax: 069-7675 2880 - Email: donacarmen@t-online.de - http://www.donacarmen.de)

kollegin.de/magazin/meldung.asp?AID=1687609
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Razzia im Rotlichtmilieu

Beitrag von annainga »

18 Kontrollen

Razzia im Rotlichtmilieu

22.11.2007, Brilon/Winterberg.

Die Gruppe zur Bekämpfung der Schwarzarbeit beim Hochsauerlandkreis hat in enger Zusammenarbeit mit Polizei und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit Hamm in der vergangenen Woche eine Razzia im Rotlichtmilieu unternommen.

Kontrolliert wurden zwei Betriebe in Winterberg und jeweils einer in Gudenhagen und in Bestwig. Insgesamt wurden 18 Frauen im Alter zwischen 18 und 50 Jahren überprüft. Bei den Kontrollen wurden Verstöße gegen das Schwarzarbeitsgesetz, die Gewerbeordnung und das Aufenthaltsgesetz festgestellt.

Alle Frauen gaben an, selbstständig tätig zu sein.

Gewerbeanmeldungen konnten jedoch in über 30 Prozent der Fälle nicht vorgelegt werden. Darüber hinaus, so teilt der Kreis mit, bestehe der Verdacht, dass einige Frauen nicht selbstständig tätig sind, sondern vielmehr in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Die Ermittlungen dauern derzeit noch an.

Der Westen

ein laden in winterberg hatte nach der razzia einige tage geschlossen (verstörte kunden, verstörte sexarbeiter, verstörte betreiber), wer kommt für den kostenausfall auf?
das mit der gewerbeanmeldung verstehe ich nicht. mir wurde sie versagt, mit der begründung "sexarbeit" sei kein gewerbe. aber ich bin auch im angrenzenden gebiet tätig und einheitliche regelungen bezüglich sexarbeit gibt es nicht.

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Schweriner Politkrimmi:
Freier als Razzia-Opfer - Starke SW

Bezahlte Liebe – Der Stadtpräsident und das Mädchen Isabel K.


Verkehr im RotlichtMilieu, ein als Pfand hinterlassener Dienst-Laptop mit angeblich brisanten Daten: Schwerins Stadtpräsident Andreas Lange (32) steht unter Beschuss. Der CDU-Politiker war angeblich Stammgast bei einer stadtbekannten Hure. Er klebt (noch) an seinem Amt.

Schwerin (OZ) Ein grauer, sanierter Altbau in der Schweriner Müllerstraße: Fahles Licht beleuchtet den Durchgang zum Hinterhof. Die runde Plastikabdeckung der Lampe ist zerbrochen. Den Waschbeton zieren schwarze Graffiti. An der Fassade weist ein Messingschild den Weg zu Ärzten und Physiotherapeuten. Nur über den schmalen Durchgang ist das Treppenhaus im hinteren Bereich des Gebäudes zu erreichen. Im vierten Stock wohnt Isabel K., bis vor einigen Monaten Prostituierte. Zu ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung, in der die blonde Frau mit den hellblauen Augen in den vergangenen fünf Jahren ihre Freier empfing, führen 60 Stufen.

60 Stufen, die bis vor einigen Monaten auch der Schweriner Stadtpräsident Andreas Lange (32) regelmäßig zurückgelegt haben soll. Das zumindest behauptet Isabel K. „Manchmal kam er dreimal pro Woche, manchmal einmal. Lange war ein Jahr lang mein Stammkunde“, sagt die 24-Jährige und zündet sich eine Zigarette an. „Er kam am späten Vormittag. Er kam mittags. Er kam mitten in der Nacht. Wie es ihm gerade passte“, so Isabel K. An einigen Tagen habe er sie auch in ihrem Studio aufgesucht. Isabel K. hatte ein Appartement angemietet – direkt gegenüber vom Stadthaus, in dem Lange als Stadtpräsident sein Büro hat. An anderen Tagen sei sie zu Lange in dessen Wohnung gekommen, sagt sie. Bis zu 1000 Euro pro Liebesdienst soll der CDU-Politiker bezahlt haben – anfänglich in bar, später mit Kreditkarte.

„Nach einigen Monaten bekam er finanzielle Probleme. Er schuldete mir 5.000 Euro. Er soll auch bei anderen Prostituierten Schulden haben“, sagt die Ex-Hure. Pikant: Als Pfand für seine Liebesdienst-Schulden habe er seinen Dienst-Laptop bei ihr zurückgelassen [Freier in der Schuldenfalle - Das hört man selten]. „Ich habe in seinem Beisein sogar das persönliche Passwort geändert, als Garantie, dass er seine Schulden zahlt.“ Lange hatte am vergangenen Freitag erklärt, auf dem Rechner befänden sich keine wichtigen Daten. Isabel K. präsentiert allerdings einen USB-Stick, auf dem nicht nur Schwerins Haushalts-Konsolidierungsplan 2007, sondern auch die Kontakt-Daten aller CDU-Fraktionsmitglieder gespeichert sind – inklusive Handy-Nummern. Zuvor soll ihr Lange, der als Rechtsanwalt in einer Schweriner Kanzlei tätig ist, seinen Anwaltsausweis und seine Kreditkarte überlassen haben. 800 Euro habe er zunächst in Raten zu jeweils 200 Euro abgestottert. 3000 Euro habe später ihr Anwalt von Lange eingetrieben, sagt Isabel K. Sie belegt ihre Aussagen mit der Aufzeichnung eines Telefonats mit Lange, in dem diese Zahlung ausführlich besprochen wird.

Als vor einem halben Jahr die Polizei bei einer Razzia in ihrer Wohnung den Dienst-Computer des Stadtpräsidenten beschlagnahmt, nimmt die Geschichte ihren Lauf. Erstmals dringen jetzt Details von Langes delikatem Liebesleben an die Öffentlichkeit. Lange selbst gibt sich wortkarg. Am Montagabend erklärte er vor den Stadtvertretern nur, er habe den Laptop in einer Wohnung „vergessen“. Dass er Liebesdienste von einer Prostituierten in Anspruch genommen habe, dementiert der CDU-Politiker allerdings mit keiner Silbe. Gestern Mittag erklärte er der OZ: „Spontan kann ich nichts dazu sagen.“ Zu einem angekündigten weiteren Telefonat kommt es nicht. Lange ruft die OZ nicht zurück.

Dass er sich bislang bei seinen Aussagen zu seinem Dienst-Laptop auf seinen Mandantenschutz berufen habe, ist für die Ex-Prostituierte K. unbegreiflich: „Er ist weder mein Anwalt, noch hat er meines Wissens beruflich mit der Razzia zu tun.“ Nur einer von beiden kann die Wahrheit sagen.

Gestern Abend muss Lange vor der CDU-Stadtfraktion Rede und Antwort stehen. „Die Fakten müssen auf den Tisch“, erklärt CDU-Fraktionschef Gert Rudolf, warnt aber vor Vorverurteilungen. Die Opposition hält sich mit Rücktrittsforderungen zurück. SPD-Fraktionschefin Manuela Schwesig betont, die Angelegenheit habe zwar „eine politische Dimension“. Zunächst sei es jedoch die Aufgabe der Union, den Vorgang aufzuklären. Linksfraktionschef Gert Böttger fordert Lange auf, Klartext zu reden: „Ein weiteres Schweigen in der Sache macht die Situation eher schwieriger.“ Nur Lange selbst könne Licht in die ganze Geschichte bringen. „Andreas Lange muss jetzt alles tun, um weiteren Schaden vom Amt des Stadtpräsidenten abzuwenden“, sagt Böttger, der die CDU auffordert, Stellung zum Vorgang zu nehmen. Böttger: „Die CDU ist jetzt dringend am Zug.“ Doch der Stadtpräsident schweigt weiter. Etst heute will er sich öffentlich erklären.

Lange war im Mai 2007 Nachfolger von Stadtpräsident Armin Jäger (CDU) geworden. Der Nachwuchspolitiker hatte sich zwischen Dezember 2004 und Februar 2005 im Wahlkampfteam von Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) innerhalb der CDU einen Namen gemacht. Zuvor war er bereits im Wahlkampfteam von Schwerins Oberbürgermeister Norbert Claussen (CDU) tätig gewesen. Jäger hatte im März angekündigt, sich künftig nur noch um seinen Posten als Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion kümmern zu wollen. Der CDU-Fraktionschef hatte Lange zuvor maßgeblich protegiert. Beide gehören seit Jahren ein und derselben Schweriner Anwaltskanzlei an.

Entsprechend zurückhaltend gibt sich der bisherige Mentor. Es wäre „schade, wenn ein so begabter Politiker wie Lange über so eine Sache stolpern würde“, sagt Jäger.

Über einen Rücktritt Langes wird innerhalb der Union allenfalls hinter vorgehaltener Hand gesprochen. Lediglich Innenminister Lorenz Caffier meldete sich gestern zu Wort. Er wolle Langes Privatleben nicht kommentieren. „Doch jeder, der in öffentlichen Ämtern ist, muss bestimmte Normen erfüllen. Darüber muss man reden“ [So indirekt formuliert man ein Prostitutionsverbot für Amtspersonal], fordert Caffier.

JÖRG KÖPKE

http://www.ostseezeitung.de/ar/mantel_m ... 57d1c1fbeb




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PEINLICHE POLIT-POSSE IN SCHWERIN

Sex, Lügen und ein Laptop


Von Jörg Diehl, Schwerin

Der Schweriner CDU-Stadtpräsident Andreas Lange galt als Polittalent im Nordosten. Dann überließ er einer Prostituierten seinen Dienstcomputer - jetzt ist seine Karriere am Ende. SPIEGEL ONLINE traf Ex-Hure Isabel, die den Skandal ausgelöst hat.


Schwerin - Ruft man Isabel K. auf dem Handy an, dröhnt statt des Freizeichens eine Pop-Hymne aus dem Hörer: "Es ist zu spät, sich zu entschuldigen", röhrt da eine Männerstimme auf Englisch. Und noch ehe Isabels rauchiges "Ja" die Musik schließlich ablöst, schwant dem Anrufer, dass er mit einer sehr resoluten Person zu tun haben wird.

K. trägt eine dreiviertellange Stoffhose, Stiefel, einen Wollpullover. Ihre Haare sind kurz und blond, die Fingernägel lang und rot, das Gesicht blass und gepierct. Die 24-Jährige könnte Krankenschwester sein, Schuhverkäuferin oder Lehramtsstudentin, doch Isabel hat keinen Schulabschluss und arbeitete zuletzt als Prostituierte. Drei Jahre lang schaffte sie in Appartements, in der Hamburger Herbertstraße und in ihrer Wohnung mitten in Schwerin an. "Ich habe viel Geld verdient", sagt sie.

Jetzt sitzt die junge Frau an einem Glastisch in ihrer schmucken Einbauküche und zieht ruhig an einer Zigarette mit weißem Filter, Marke "Davidoff". "Ja", haucht sie und bläst dabei den Rauch gen Zimmerdecke, "diese Sache ist ganz schön aufregend."

"Diese Sache" ist die tragische Geschichte eines Mannes, der als konservativer Polit-Aufsteiger von sich reden machte und inzwischen tief gefallen ist. Eines Mannes, der "die Begeisterung und das Selbstwertgefühl der Schweriner stärken" wollte, als er im Mai sein Amt als Stadtpräsident, also als Vorsitzender des Gemeinderats antrat. Und der damals von sich sagte, er wolle "kein politischer Eunuch sein".

Die Provinz-Politposse, deren Protagonist der Stadtpräsident ist, nimmt ihren Anfang am 30. Oktober. Morgens um halb sieben klingeln Kriminalpolizisten und eine Staatsanwältin Isabel aus dem Bett. Die Beamten haben einen Durchsuchungsbeschluss - es geht um Bandendiebstahl, in den K.s Lebensgefährte verwickelt sein soll - und stellen die Wohnung auf den Kopf. Erst nach Stunden rücken sie ab, nicht ohne jedoch zuvor einen Laptop der Marke "Dell" zu beschlagnahmen, der politisch brisant werden soll.



Offene Rechnung: Liebesdienste im Wert von 4200 Euro

Denn dieser Computer, so will es Isabel den Ermittlern sogleich zu Protokoll gegeben haben, gehört dem Schweriner CDU-Stadtpräsidenten Andreas Lange, 33. Der sei seit Januar 2007 regelmäßig ihr Freier gewesen, erinnert sich die Blondine im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Seinen Laptop habe er bei ihr als Pfand für seine Schulden hinterlegt. Liebesdienste im Wert von 4200 Euro habe der Rechtsanwalt damals nicht bezahlt, behauptet Isabel, die nach eigenen Angaben inzwischen nicht mehr als Prostituierte arbeitet, sondern Arbeitslosengeld bezieht [Berufsneuorientierung nach der Sexarbeitskarriere nicht gelungen oder befindet sie sich nur in der präkarisierenden Übergangsphase?].

Lange, der gestern von seinem Amt zurückgetreten ist, weil er "weiteren Schaden für die Stadt, die Stadtverwaltung und für meine Familie abwenden" will, hat bislang nicht bestritten, Kontakt zu K. gehabt zu haben. Der Computer sei jedoch kein Pfand gewesen, sondern von ihm schlichtweg in der Wohnung vergessen worden, erklärte er Journalisten. Auch hätten sich keine sensiblen Daten auf dem Rechner befunden. Mehr könne er wegen seiner anwaltlichen Schweigepflicht nicht sagen.

"Das stimmt so natürlich nicht", sagt Isabel und zündet sich die nächste Zigarette an. "Auf dem USB-Stick, der in der Computertasche lag, waren Adresslisten, Finanzplanungen und Kalkulationen der Stadt. Ich glaube nicht, dass die für meine Augen bestimmt waren." Reporter des NDR und der "Schweriner Volkszeitung" hätten die Dokumente ebenfalls gesehen. Gestern Abend dann sei der Datenträger von der Polizei beschlagnahmt worden [Beweissicherung durch Medienzeugen - clever?].



"Computer? Da bin ich gut drin!"

"Wir haben außerdem noch gemeinsam das Passwort geändert, damit ich Zugriff auf den Rechner habe. Ich hätte ihn ja verkauft, wenn ich das Geld von Andreas nicht bekommen hätte", so Isabel. Das alte Kennwort habe "Friedrich1" gelautet. Doch nachdem ihr Anwalt dem säumigen Zahler am 26. November eine Klage ins Haus schickte - in dem Dokument sind nach Informationen von SPIEGEL ONLINE detailliert sexuelle Dienstleistungen aufgeführt -, übergab Lange seinem Juristenkollegen wenige Tage später 3000 Euro in bar [professionelles Sexworker-Inkasso].

"Ich kann nicht sagen, dass er mir leid tut", sagt Isabel. "Er hätte eben am besten gleich bezahlt." In ihren Augen sei Lange ein labiler, leicht zu beeinflussender Mensch und "schwieriger Kunde" gewesen, der eigentlich Hilfe brauche [Erstaunliche Diskrepanz zwischen dieser Frauenwahrnehmung und seinem parteipolitischen Status]. "Ich habe nie verstanden, warum er ausgerechnet in der Stadt, in der er ziemlich bekannt war, zu Prostituierten ging. In meinen Augen war das dumm." Doch sei es nicht "ihre Aufgabe gewesen", so rechtfertigt sich Isabel wohl vor allem vor sich selbst, "auf Andreas aufzupassen" [John-School ware da sinnvoll :-)].

Dem Ex-Stadtpräsidenten, der gestern und heute nicht auf Anrufe und E-Mails von SPIEGEL ONLINE reagierte, droht nun weiteres Ungemach: Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Schwerin gegen ihn. Der 33-Jährige steht im Verdacht, Verwahrungsbruch begangen und gegen das Landesdatenschutzgesetz verstoßen zu haben. Eine hohe Strafe hat der Anwalt wohl nicht zu befürchten, doch der Schaden für seine politische und berufliche Karriere dürfte immens sein.

Isabel ist unterdessen guter Dinge. Mit ihrer Vergangenheit als Hure habe sie abgeschlossen. "Ich muss schließlich an meine Tochter denken, die wird auch älter und irgendwann bekommt sie das mit", sagt sie. Gefragt, was sie denn beruflich machen wolle, antwortet die Blondine mit dem braven Gesicht, ohne einen Moment zu zögern: "Was mit Computern. Da bin ich gut drin!" Dann prustet sie los.

Orignal mit Fotostrecke (3 Bilder von ihr und ihm):
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0 ... 01,00.html





Siehe auch die Themen:

Freier als Opfer:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1187

Inkasso für SW:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1944





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Marc of Frankfurt
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Razzien-Statistik

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Langsam kommt es einem vor, als wäre hier ...


... ein Trainingslager für das SEK"


„SEK“ ist das Kürzel für Sonder-Einsatz-Kommando der Polizei. Solche Sonder-Einsatzkommandos werden nicht selten bei Razzien eingesetzt. Dies musste zu seinem Leidwesen der Betreiber einer Table-Dance-Bar in Sachsen erfahren:


Zwei Hundertschaften Polizei und Sondereinsatzkommando (SEK) durchsuchten dort im August 2003 - unterstützt von einem Hubschrauber und einem Spezialfahrzeug mit Wärmebildkameras besagte Bar. Die Vermutung, dass der Betreiber die Prostitution fördere, ließ sich jedoch nicht halten. Der betroffene Betreiber machte der Polizei eine fünfstellige Rechnung für die mit dem Polizeieinsatz einhergehenden Zerstörungen auf. Da der Betrieb schon einmal von der Polizei durchsucht wurde, erklärte der Betreiber: „Langsam kommt es einem vor, als wäre hier ein Trainingslager für das SEK.“ (Quelle: Sächsische Zeitung, 9.08.03)


Dies ist nur eines der mehr als 260 Beispiele von Razzien gegen das Prostitutionsgewerbe, die wir von Dona Carmen e.V. auf unserer Website http://www.donacarmen.de dokumentiert haben. Und auch an dieser Stelle möchte ich nicht versäumen alle, die diesen Text gerade lesen, zu bitten, unsere Website anzuklicken und sich mit eigenen Augen ein Bild von der systematischen Kriminalisierung des hiesigen Prostitutionsgewerbes durch Polizeirazzien zu machen.


Der Betreiber hatte mit seiner sarkastischen Bemerkung vom „Trainingslager der SEK“ gar nicht so Unrecht: Bei immerhin jeder zehnten von uns dokumentierten Razzia im Prostitutionsgewerbe waren Spezialeinsatzkommandos der Polizei mit von der Partie: Sondereinsatzkommandos (SEK), Mobile Einsatzkommandos (MEK), Bundespolizei und in einem Fall sogar die GSG 9.


Natürlich geht es nicht immer so martialisch zu. Zumal sich Razzien im Prostitutionsgewerbe ständig abwechseln mit scheinbar harmlosen und zur Routine gewordenen Polizeikontrollen. So hieß es im vergangenen Jahr über die Situation in München während der Fußball-WM:


„Die Polizei kontrolliert trotzdem die Bordelle der Stadt intensiver denn je. Jeden Abend sind während der WM Milieustreifen unterwegs, acht Beamte insgesamt… Die Beamten gehen unangekündigt in die Betriebe… Die Frauen gehen auf die Zimmer und holen ihre Papiere, für die meisten ist das Procedere Routine. Bei einem Rundgang durch sieben Betriebe regt sich nur eine Frau auf über ‚Stasimethoden’. .. Anhand der Listen, die die Milieustreifen erstellen, weiß die Polizei zudem, wie viel Prostituierte gerade wo in München tätig sind… Jedes Bordell muss zu Nicht-WM-Zeiten damit rechnen, mindestens einmal im Monat kontrolliert zu werden“, so Peter Breitner; Leiter des zuständigen Dezernats 13. (Quelle: Süddeutsche Zeitung, 03.07.06)


Im Unterschied zu den regelmäßigen Polizeikontrollen geht es bei den größeren Razzien oft ganz anders zur Sache. In den Jahren 2000 bis 2007 haben wir auf dem „Razzien-Spiegel“ bei http://www.donacarmen.de insgesamt 266 Razzien von regionaler/überregionaler Bedeutung im Prostitutionsgewerbe dokumentiert. Mit 60 Razzien lag der Höhepunkt dieser Entwicklung im Jahr 2002, dem ersten Jahr des angeblich die Prostitution legalisierenden Prostitutionsgesetzes. Seitdem nahm die jährliche, in den Medien erwähnte Zahl der Razzien schrittweise ab. Mit Ausnahme freilich des Jahres 2006 (Fußballweltmeisterschaft), in dem die Zahl der in den Medien erwähnten Bordellrazzien wieder auf 37 hochschnellte. Im Jahr 2007 wurden von uns bislang dagegen „nur“ 7 Großrazzien im Prostitutionsgewerbe registriert.


Daraus ergibt sich, dass im Schnitt pro Jahr immerhin etwa 33 größere Razzien im Prostitutionsgewerbe der Bundesrepublik Deutschland stattfinden.


Bei 237 von 266 dokumentierten Razzien lagen Angaben zur Zahl der betroffenen Städte und Gemeinden vor. Insgesamt waren dabei 342 Gemeinden betroffen, was bei den insgesamt 266 Razzien in den vergangenen 8 Jahre hochgerechnet etwas mehr als 380 von Razzien gegen das Prostitutionsgewerbe betroffene Gemeinden bedeutet.


Wenn man bedenkt, dass ganze Landstriche der Bundesrepublik offiziell zum Sperrgebiet für Prostitution erklärt sind, bestätigt das den Eindruck, dass Razzien im Rotlicht hierzulande flächendeckend erfolgen.


Mehr dazu demnächst an dieser Stelle.


Ihre Rosina
vom Team Doña Carmen e.V.


(Tel./ Fax: 069-7675 2880 - Email: donacarmen@t-online.de - http://www.donacarmen.de)

Quelle:
http://kollegin.de/magazin/magazin.asp

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BGH vs. BAW

Beitrag von Marc of Frankfurt »

off topic
of interest

Urteil des Bundesgerichtshofs - Staatschutzsenat

Razzien gegen Globalisierungskritiker vor dem G8-Gipfel, angeordnet von Bundesstaatsanwältin Harms waren rechtswidrig, weil Kritiker keine Terroristen sind.


http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... os=0&anz=3
http://www.tagesschau.de/inland/bgh6.html
http://www.tagesspiegel.de/politik/deut ... 22,2450297
http://www.jungewelt.de/2008/01-05/062.php

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SW-Steuer - Augsburger FKK-Club

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Schwarzarbeit im Rotlicht-Milieu?

Von Stefan Krog

In der Nacht auf Samstag vor dem "FKK-Club" Colosseum nahe dem Gaskessel: Mit etwa 20 VW-Bussen rücken der Zoll und die Augsburger Kripo an. Im Gepäck haben die Beamten einen Durchsuchungsbeschluss für das Großbordell. Zur gleichen Zeit werden fünf weitere Objekte in Süddeutschland durchsucht. Insgesamt sind 220 Beamten im Einsatz. Der Verdacht: Schwarzarbeit im ältesten Gewerbe der Welt.

Das Großbordell hat die Augsburger Kriminalpolizei schon länger im Visier und taucht dort regelmäßig auf. Zuletzt wurden vor fünf Wochen die Geschäftsführerin (48) und ein 37-Jähriger, von dem die Kripo vermutet, dass er der örtliche Chef ist, verhaftet (wir berichteten). Der Haftbefehl gegen die Frau wurde zwischenzeitlich außer Vollzug gesetzt. Der Verdacht lautet auf organisierten Menschenhandel.

[Siehe hier die umfangreiche und kritische Analyse vom Juristen P. Thiee in la Muchacha (Die Frau), Zeitung von www.DonaCarmen.de Ausgabe 2007]

Hinter den Kulissen des gepflegt wirkenden "FKK-Clubs" sollen rüde Umgangsformen mit den Frauen herrschen, glaubt die Kripo. Von Zwangsprostitution ist die Rede. Doch der Nachweis ist nicht einfach. Vor zwei Jahren wurde ein Verfahren mangels Beweisen vom Gericht gar nicht erst zugelassen. Doch in einem anderen Verfahren wurde ein Zuhälter verurteilt, der eine 18-Jährige unter anderem im Colosseum anschaffen ließ.

[Die war evt. nicht aus Deutschland also kam der Menschenhandelsparagraph zur Anwendung. Dort steht Mindestalter 21 Jahre - und schon hat die Zuhälterfalle zugeschnappt.]

In der Nacht auf Samstag wurde in eine ganz andere Richtung ermittelt. Es geht um Schwarzarbeit. Offiziell arbeiten die Frauen in dem Etablissement auf eigene Rechnung und bezahlen Miete. Doch die Behörden vermuten, dass die Frauen de facto abhängig beschäftigt sind. Etwa 60 Zeugen, darunter auch Prostituierte, wurden in den VW-Bussen vor der Tür nacheinander von den Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls vernommen. Die Polizei sperrte die Gubener Straße komplett ab.

[Wenn es Scheinselbstständigkeit ist, werden von den sog. Arbeitgebern auch sämtliche Sozialabgaben verlangt. So kann man das bisher so boomende Geschäftsmodell FKK-Club wirtschaftlich unrentierlich machen und die Prostitution eindämmen. Ob das wirklich gelingt bleibt abzuwarten. Möglicherweise macht ein anderer Profiteur den Laden in kürze neu auf und die Arbeitsbedingungen sind dann evt. noch mieser für die Frauen.]

Gegen vier Beschuldigte (eine Frau und drei Männer zwischen 37 und 48 Jahren), die das Großbordell gemeinsam leiten sollen, wird nun wegen des Verdachts auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt ermittelt. Derartiges betrifft normalerweise eher Chefs von Baufirmen oder Kurierdiensten, den klassischen Schwarzarbeit-Branchen. Konkret sollen die mutmaßlichen Bordell-Leiter versäumt haben, die Frauen bei der Sozialversicherung anzumelden, so Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai.

Die Aktion dauerte bis in den frühen Samstagmorgen. Es wurden auch Unterlagen beschlagnahmt, die nun ausgewertet werden müssen.

Quelle





Mehr:
Lokalnachrichten Augsburg:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=35368#35368





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 10.10.2008, 01:04, insgesamt 2-mal geändert.

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Erste Zoll-Razia - Scharzarbeit unter Rotlicht?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Dienstvertrag statt Arbeitsvertrag!

Überlegungen von Doña Carmen zur vertraglichen Ausgestaltung von Beschäftigungsverhältnissen in der Prostitution

Teil 1


Es war in der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 2008. Reger Wochenendbetrieb in einem größeren Augsburger Prostitutionsetablissement. Plötzlich fuhren 20 VW-Busse vor. Nein, keine Kunden, sondern wieder mal die Kripo. Straße abgeriegelt, Durchsuchungsbeschluss.

„Die Polizei taucht dort regelmäßig auf“, wusste die ‚Augsburger Allgemeine’ zu berichten. Die auf Bordellrazzien stets besonders scharfe bayerische Polizei macht den Betreiber/innen schon länger zu schaffen. Bisher probierte man es mit dem Vorwurf der so genannten „Zwangsprostitution“. Allerdings glücklos. So wurde vor zwei Jahren ein Verfahren gegen dieses Etablissement mangels Beweisen vom Gericht gar nicht erst zugelassen.

Aus diesem Grund - so scheint es - hat man sich nun mal was ganz Neues einfallen lassen: Der Vorwurf lautet jetzt: „Schwarzarbeit“. Und deshalb war auch der für die Umsetzung des 2004 neu gefassten Schwarzarbeits-Gesetzes zuständige Zoll mit von der Partie. Damit die ganze Aktion nach dem üblichen Schema von Prostitutions-Razzien verläuft - „überfallartig, geschäftsschädigend, kriminalisierend“ - und damit öffentlichkeitswirksam gegen das Prostitutionsgewerbe inszeniert werden konnte, wurden insgesamt 220 Beamte eingesetzt (siehe auch den stets aktualisierten „Razzien-Spiegel“ auf der www.donacarmen.de). Über 60 „Zeugen“ (darunter auch viele Prostituierte) wurden die ganze Nacht hindurch in den mitgebrachten VW-Bussen unmittelbar vor dem Etablissement vernommen.

Da war selbst die Öffentlichkeit baff: „Derartiges betrifft normalerweise eher Chefs von Baufirmen oder Kurierdiensten, den klassischen Schwarzarbeits-Branchen“, schrieb eine örtliche Zeitung. Doch das könnte sich in Zukunft ändern. Während die Polizei bei Bordellrazzien in erster Linie den Ausländerbehörden und der Steuerfahndung Amtshilfe geleistet hat, kommt nun immer öfter der neuerdings für Schwarzarbeit zuständige Zoll mit ins Spiel. Statt lediglich Steuerhinterziehung lautet der Vorwurf dann zusätzlich auf Nichtabführen von Beiträgen zur Sozialversicherung. Und das kann (nachträglich) richtig teuer werden, sowohl für die Frauen wie für die Betreiber/innen von Prostitutions-Etablissements.

Der Vorwurf der Schwarzarbeit aber beruht auf einer Unterstellung, die erst einmal bewiesen werden muss: dass nämlich die in der Prostitution tätigen Frauen nicht selbständig arbeiten, sondern eine „abhängige“ und somit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben. Doch trifft diese Annahme überhaupt zu? Stimmt sie mit den Tatsachen überein?

Das ist zunächst eine rechtliche Frage, für deren Beantwortung es klare Kriterien geben muss, wenn das Ganze sich nicht in reiner Willkür erschöpfen soll. Aber gerade mit dem Vorwurf der Schwarzarbeit wird immer auch Stimmung gemacht: mal gegen die staatlicherseits auf Armuts-Niveau gedrückten Hartz-IV-Empfänger, die für sich und ihre Angehörigen etwas hinzuverdienen müssen, um nicht zu hungern, mal gegen Migrantinnen, mal gegen ganze Branchen.

Nun - so scheint es - wird diese Keule gegen das Prostitutionsgewerbe eingesetzt. So war jüngst erst in der letztes Jahr vom Bundesfamilienministerium veröffentlichen „wissenschaftlichen“ Auswertung des Prostitutionsgesetzes zu lesen: „Die Befragung von Prostituierten ergab, dass Prostitution weitgehend Schwarzarbeit ist.“

Diese Aussage ist eine unhaltbare Behauptung, da nur 305 Frauen befragt wurden, die Befragung nicht repräsentativ und zur Beurteilung des Themas ‚Schwarzarbeit’ überhaupt nicht geeignet war. Das können wir von Doña Carmen mit Fug und Recht behaupten, da wir selbst an dieser Befragung der Frauen beteiligt waren. Die verallgemeinernde Behauptung, „Prostitution ist weitgehend Schwarzarbeit“, erweist sich daher als dreiste Stigmatisierung der im Prostitutionsgewerbe tätigen Menschen, die man ja aus der deutschen Geschichte gewohnt ist. Unter den Nazis galten Prostituierte als arbeitsscheue „Asoziale“ und wurden als solche verfolgt und ins KZ geworfen. Seit dem rot-grünen Prostitutionsgesetz wird Prostitution zwar als „Arbeit“ anerkannt, aber - wie sich immer mehr herausstellt - offenbar vor allem als „Schwarzarbeit“. So lässt sich die traditionelle Stigmatisierung von Prostitution unter neuem Vorzeichen trefflich fortsetzen. Und zwar von denen, die mit dem Prostitutionsgesetz von 2002 und der mit ihm verbundenen Absicht, Beschäftigungsverhältnisse im Prostitutionsgewerbe zu ermöglichen, grandios Schiffbruch erlitten haben.

Zur Klärung der eigentlichen Frage, wie es um abhängige Beschäftigung im bundesdeutschen Prostitutionsgewerbe bestellt ist, möchte ich mich demnächst an dieser Stelle weiter äußern.

Bis dahin alles Gute

Ihre Rosina vom Team Doña Carmen e.V.
http://www.donacarmen.de/?p=230





Teil 2

Ich habe kürzlich an dieser Stelle dargelegt, dass Polizeirazzien im Prostitutionsgewerbe immer öfter in Begleitung von Zollbeamten erfolgen. Deren Aufgabe ist die Überprüfung von Schwarzarbeit. Die nachweislich gezielt von oben verbreitete Annahme, in Prostitutions-Etablissements würde überwiegend schwarzgearbeitet, beruht jedoch in der Regel nicht auf fundierter Kenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten. Aktionen zur Aufdeckung von Schwarzarbeit in Prostitutionsbetrieben erweisen sich in der Regel als Fortsetzung der allgegenwärtigen polizeilichen Reglementierung und Stimmungsmache gegen das Prostitutionsgewerbe. Das wird schon durch die Art der öffentlichen Inszenierung solcher Polizei-Aktionen deutlich.

Ein wirkliches Interesse an der Klärung und Lösung der eigentlichen Probleme ist dagegen nicht erkennbar: Wann handelt es sich bei Prostitution um eine abhängige, sozialversicherungspflichtige Tätigkeit, wann um selbständige Tätigkeit? Gibt es jenseits dieser beiden Pole möglicherweise rechtliche Konstellationen, die gegenwärtige Prostitutionstätigkeit angemessener beschreiben und ihr daher besser gerecht werden?

Es ist doch bezeichnend, dass es über diese Fragen weit und breit keine ernsthaft geführte, zielorientierte öffentliche Debatte gibt. Von einem erkennbaren Wunsch nach Einbeziehung der Betroffenen einmal ganz zu schweigen. Stattdessen repressiver Polizei-Aktionismus auf Kosten des Prostitutionsgewerbes. Welch ein elendes Niveau für einen Staat, der vorgibt, eine moderne Zivilgesellschaft zu repräsentieren!

Zunächst: Es gibt ernst zu nehmende Argumente dafür, dass Prostitutionstätigkeit - auch in Bordellen - gar keine abhängige Beschäftigung ist, Prostituierte somit gar nicht den Arbeitnehmerinnen-Status haben und folglich auch gar nicht schwarzarbeiten können. Ein zentrales Argument gegen die Annahme klassischer abhängiger Beschäftigung in Prostitutions-Etablissements wäre die Tatsache, dass Prostituierte nur sehr äußerlich in die betriebliche Organisation eines Etablissements „eingebunden“ sind. Sie nehmen zwar Räumlichkeiten eines Bordells oder eines bordellähnlichen Betriebs in Anspruch, Art und Umfang der Erbringung sexueller Dienstleistungen erfolgt aber durchweg in eigener Regie. Dies ist ja mit dem vom Prostitutionsgesetz vorgeschriebenen „eingeschränkten Weisungsrecht“ von Bordellbetreibern als gesetzlicher Standard sogar noch einmal unterstrichen worden.

Entgegen allen öffentlichen Vorurteilen von „sklavenähnlichen Verhältnissen“ im Prostitutionsgewerbe ist eine Kontrolle im Sinne einer Überwachung der persönlichen Arbeitsleistung in quasi-öffentlichen Einrichtungen wie etwa Bordellen geradezu kontraproduktiv für die Anbahnung und Realisierung eines Geschäftes mit einem Kunden.

Die Frauen sind frei in der Auswahl und in der Ablehnung ihrer Kundschaft, sind frei in der Wahl der gewährten sexuellen Dienstleistungen, unterliegen keinen Preisvorgaben für die einzelne Dienstleistung seitens der Betreiber und können ihre Anwesenheit im Prostitutions-Etablissement häufig relativ frei gestalten. Eine Kontrolle oder gar Dokumentation von Anwesenheitszeiten findet nicht statt. Die einzige Vorgabe ist die Erwirtschaftung der betrieblichen Kosten für den Tag, an dem Räumlichkeiten eines Prostitutions-Etablissements in Anspruch genommen werden, d. h. der Unkosten (einschließlich eines Gewinns) der Betreiber/innen.

Das Überwachen des organisatorischen Betriebsablaufs innerhalb größerer Häuser unterliegt weitgehend Wirtschaftern, die nicht so sehr die Frauen, als vielmehr das Verhalten der Kunden kontrollieren. Von fremdbestimmter Tätigkeit im Sinne einer Fremdbestimmung durch die Betriebsorganisation des jeweiligen Etablissements kann kaum gesprochen werden. Die Frauen sind in der Regel frei in der Aushandelung der Tage, an denen sie ihre Dienste erbringen wollen. Häufig erfolgt die Arbeit unter saisonalen Gesichtspunkten (Messen etc.) äußerst flexibel, verbunden mit mehrfachen Ortswechseln bzw. Wechseln der Etablissements bzw. Auftraggeber. Für Prostitutonsmigrantinnen ist das Phänomen der Pendelmigration empirisch erwiesen, d. h. Phasen längerer Anwesenheitszeiten und intensiverer Arbeit folgen längere Phasen von Nichtanwesenheit.

Im Krankheitsfall besteht meist die Möglichkeit, sich durch eine Ersatzkraft vertreten zu lassen. Es spricht einiges dafür, dass eigene Aquisitions- und Werbemaßnahmen aufgrund des Verbots der Werbung für Prostitution und der damit verbundenen erhöhten Kosten unterlassen werden. Gleichwohl ist in Zukunft damit zu rechnen, dass die Aufnahme einer Tätigkeit im Prostitutionsgewerbe vermehrt beim Finanzamt angemeldet und eine eigene Krankenversicherung beantragt wird. Eine Entkriminalisierung von Prostitutionstätigkeit würde mit der Zeit dazu führen, dass die Frauen für Ihre Anwesenheit in Prostitutionsetablissements Rechnungen stellen als Einkommensnachweis für das Finanzamt führen.

Wo nicht abhängig gearbeitet wird, da kann auch keine Schwarzarbeit existieren, d. h. keine Vorenthaltung von Sozialversicherungs-Abgaben. Razzien wegen Schwarzarbeit wären also überflüssig wie ein Kropf.





Teil 3

Vieles spricht - wie zuletzt an dieser Stelle dargelegt - meines Erachtens für die Annahme, dass Frauen in der Prostitution oft eine selbständige Tätigkeit statt einer abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit ausüben. Dabei muss selbstverständlich jede einzelne Tätigkeit für sich betrachtet werden.

Was spricht für „selbständige Tätigkeit“? Dafür gibt es eine ganze Reihe von Kriterien, die nicht alle im Einzelnen vorhanden, wohl aber im Wesentlichen vorliegen sollten. Dazu gehören u. a.:
  • Tätigkeit für eine unbestimmte Zahl von Auftraggebern;
  • Einkünfte von verschiedenen Auftraggebern;
  • weniger als 5/6 des Einkommens von jeweils einem Auftraggeber;
  • die Möglichkeit besteht, Aufträge eines Auftraggebers abzulehnen, Aufträge von anderen Auftraggebern anzunehmen;
  • Beschäftigung von anderen (versicherungspflichtigen) Mitarbeiterinnen;
  • Zahlung von Gewerbesteuern;
  • eigene Betriebsnummer beim Arbeitsamt beantragt;
  • eigene Büroräume u. eigenes Türschild;
  • eigener Telefonbucheintrag;
  • keine Vermengung geschäftlicher Kosten mit privaten Kontenbewegungen;
  • keine Vereinbarung einer regelmäßigen Arbeits- und Abwesenheitszeit und damit keine Führung eines Anwesenheitsnachweises;
  • kein Anspruch auf Fortzahlung und Vergütung im Krankheitsfall;
  • rechtliche Möglichkeit, sich im Krankheitsfall durch eine Ersatzkraft vertreten zu lassen;
  • bei Krankheit darf man nicht erledigte Aufträge zurückgeben;
  • keine Pflicht, sich bei Auftraggeber krank zu melden;
  • Weisungsfreiheit hinsichtlich Ort, Zeit, Dauer und Inhalt der Tätigkeit;
  • keine Bindung an feste Arbeitszeiten / Kernzeiten / Arbeitszeiterfassung mit eigenem Zeitkonto;
  • keine ständige Dienst- und Abrufbereitschaft, keine Einteilung in Dienstpläne und keine „erwartete“ Anwesenheit;
  • keine fremdbestimmte Tätigkeit in einer fremden Betriebsorganisation mit persönlicher Arbeitspflicht;
  • eigene Aquisitionsmaßnahmen, Werbung;
  • eigene berufliche Haftpflichtversicherung;
  • Vergütung durch Rechnungsstellung;
  • Anmeldung der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beim Finanzamt etc.
Eine selbständige Tätigkeit wäre vor diesem Hintergrund vermutlich eher im Falle von Wohnungsprostitution, der Kombination von Wohnungs- und Bordellprostitution bzw. Escortprostitution oder gelegentlicher Nebenerwerbsprostitution (auch in Bordellen und Clubs) anzunehmen.

Natürlich gibt es umgekehrt auch Argumente, die gegen eine selbständige Tätigkeit bzw. für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung in der Prostitution sprechen. Gegen eine rein selbständige Tätigkeit sprechen die Verabredung einer Anwesenheit zu den betriebsüblichen Zeiten und die Erbringung sexueller Dienstleistung ausschließlich in den Prostitutions-Etablissements. Ein Indiz für eingeschränkte Selbständigkeit wäre auch die überwiegende Beschäftigung durch jeweils nur einen Bordellbetreiber. Erbringen die Frauen ihre Dienstleistungen persönlich, ohne besonderen Kapitaleinsatz, oder werben sie nicht selbst für ihre Tätigkeit, so kann dies als Indiz für eine abhängige Beschäftigung gelten.

Aber gerade hier sollte man genauer hinschauen. Denn „abhängige Beschäftigung“ ist nicht automatisch gleichbedeutend mit einem Arbeitnehmerstatus der betreffenden Frauen.

Bei abhängiger Beschäftigung ist zu unterscheiden zwischen

1) wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit, wie sie im klassischen Arbeitnehmer- oder Angestelltenverhältnis vorliegt und

2) der davon unterschiedenen Situation wirtschaftlicher Abhängigkeit bei gleichzeitiger persönlicher Unabhängigkeit, die (laut Arbeitsrecht) die arbeitnehmerähnliche Person bzw. (laut Sozialrecht) die „arbeitnehmerähnliche Selbständige“ auszeichnet.

Wer die Situation vieler Prostitutions-Etablissements kennt, der weiß, dass die Frauen hier zwar oftmals wirtschaftlich abhängig, aber zugleich persönlich selbständig arbeiten. Die wirtschaftliche Abhängigkeit kommt darin zum Ausdruck, dass Frauen überwiegend für einen Auftraggeber tätig sind, d. h. für diesen mehr als die Hälfte ihrer persönlichen Arbeitszeit aufbringen müssen. Die Frauen beziehen dann (mindestens) die Hälfte ihres durch Arbeit erworbenen Gesamteinkommens von nur einem Auftraggeber.

Wirtschaftliche Abhängigkeit bei gleichzeitiger persönlicher Selbständigkeit scheint mir ein immer wiederkehrendes Strukturmuster von Beschäftigungsverhältnissen in der Prostitution zu sein. Bei den Frauen in der Prostitution würde es sich somit vielfach nicht um klassische Arbeitnehmerinnen, sondern vielmehr um so genannte „arbeitnehmerähnliche Personen“ handeln, deren Rechte u. a. im Tarifvertragsgesetz § 12a, im Arbeitsschutzgesetz § 3, im Arbeitsgerichtsgesetz § 5 Abs. 2 und im Bundesurlaubsgesetz § 2 geregelt sind.

Bekanntlich war die ausschließliche Fixierung des Prostitutionsgesetzes von 2002 auf die soziale Absicherung über sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ebenso ein Flop wie die einseitige Beschränkung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf die Ausarbeitung eines so genannten „Musterarbeitsvertrags“ für Prostituierte. Die Auswertung des Gesetzes durch das Familienministerium hat das noch einmal deutlich unterstrichen. Dona Carmen hat demgegenüber bereits frühzeitig - als andere noch an die Segnungen des Prostitutionsgesetzes glaubten - auf die Notwendigkeit eines den realen Verhältnissen entsprechenden „Dienstvertrages für arbeitnehmerähnliche selbständige Prostituierte“ hingewiesen. Wir haben darüber nicht nur geredet, sondern einen solchen Dienstvertrag gemeinsam mit der Gewerkschaft ‚Nahrung, Genuss, Gaststätten’ (NGG) auch ausgearbeitet.

Diesen Dienstvertrag möchte ich hier an dieser Stelle demnächst vorstellen.





Teil 4

Der Dienstvertrag, den Doña Carmen gemeinsam mit der Gewerkschaft NGG entwickelt hat, soll den spezifischen Verhältnissen in der Prostitution angemessener Rechnung tragen, als dies ein klassischer Arbeitsvertrag könnte. Er geht davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der jeweiligen Prostituierten nicht um eine abhängige Beschäftigung handelt, die mit persönlicher Abhängigkeit einhergeht, sondern dass es sich bei den Frauen um eine „arbeitnehmerähnliche Person“ handelt.

Eine arbeitnehmerähnliche Person ist wie ein Arbeitnehmer von einem Auftraggeber wirtschaftlich abhängig, wegen fehlender Eingliederung in die betriebliche Organisation und bei im Wesentlichen freier Zeitbestimmung jedoch nicht persönlich abhängig wie ein Arbeitnehmer. Insofern ist sie zugleich selbständige Unternehmerin. Dies besondere Geschäftsverhältnis sollte auch in einer entsprechenden vertraglichen Gestaltung ihren Ausdruck finden.


Der Status der „Arbeitnehmerähnlichkeit“ bedeutet, dass die betreffende Prostituierte „sozial schutzwürdig“ ist. Schutzwürdigkeit heißt dabei, dass sie unter das Arbeitsschutzgesetz, das Arbeitsgerichtsgesetz, das Tarifvertragsgesetz und das Bundesurlaubsgesetz fällt, heißt aber auch, dass sie sozialrechtlich verpflichtet ist, als Selbständige sich zu 100 % selbst in der gesetzlichen Rentenversicherung zu versichern. Dieser Umstand wie auch die Tatsache, dass die Frauen in diesem Verhältnis nicht mit der anteiligen Zuzahlung der Betreiber/innen zu den vier Sozialversicherungskassen rechnen können, wäre - gemessen an den Standards eines Normalarbeitsverhältnisses - ein Nachteil für die betroffenen Frauen.



Gleichwohl werden hier den Frauen soziale Schutzrechte nicht mutwillig und illegal vorenthalten und prekäre Beschäftigungsverhältnisse auf dem untersten Level zementiert. Dieser Vorwurf würde Betreiber/innen von Prostitutions-Etablissements fortan nicht mehr treffen, wenn sie mit dem Dienstvertrag von Doña Carmen arbeiten würden. Denn durch zusätzlich zur Vergütung gewährte freiwillige soziale Leistungen der Betreiber/innen wird dem Anliegen des notwendigen Sozialversicherungsschutzes Rechnung getragen: Die zusätzlichen sozialen Leistungen bestehen zum einen aus einem gesetzlichen Anspruch der Frauen auf bezahlten Urlaub bzw. ein entsprechende Urlaubsentgelt sowie aus einer an die Dauer des monatlichen Dienstverhältnisses gekoppelten freiwilligen sozialen Zuzahlung der Betreiber/innen zur Sozialversicherung, sofern die Frauen sich selbst nachweislich freiwillig versichert haben. Damit wird ein Anreiz zum Eingehen eines solchen Versicherungsschutzes gewährt.



Man mag dies alles gering schätzen, aber sozialversicherungsrechtlich wäre dies eine reale Verbesserung gegenüber einem völlig prekären Beschäftigungsverhältnis. Betreiber/innen von Prostitutions-Etablissements würden damit nicht - wie beim klassischen Arbeitnehmer- / Arbeitgeberverhältnis - anteilig 50 % in alle vier Sozialversicherungskassen zahlen. Aber sie würden dennoch einen für sie kalkulierbaren Beitrag zur sozialen Sicherung der Frauen leisten, der sich auf längere Sicht rechnet. Denn sozial besser abgesicherte Beschäftigungsverhältnisse sprechen sich unter den Frauen schnell herum und könnten so zu einer höheren Belegungszahl der Etablissements und damit auch zu größerer finanziellen Planungssicherheit führen.

Insbesondere für die Migrantinnen unter den Prostituierten, denen die Ausübung einer selbständigen Prostitutionstätigkeit nicht durch ausländerrechtliche Auflagen verwehrt ist, hätten erhebliche Vorteile, wenn sich Betreiber/innen dazu durchringen würden, ihnen einen Dienstvertrag anzubieten. Die Vorteile für die Frauen wären ziemlich handfest. Denn der - hinsichtlich der Berufsangabe im Übrigen neutral formulierte - Vertrag dokumentiert, dass die Frauen einer regulären Beschäftigung nachgehen, für die sie gegenüber Dritten einen entsprechenden monatlichen Einkommensnachweis vorlegen könnten.

Konkrete Vorteile:
  • Aufenthalt: Eine solche Bescheinigung erleichtert es den Frauen, in Deutschland einen eigenständigen, vom Ehemann unabhängigen Aufenthaltsstatus zu erlangen und ist ein Vorteil, wenn es darum geht, statt eines befristeten einen unbefristeten Aufenthaltsstatus zu erlangen. Der Nachweis eines regelmäßigen monatlichen Einkommens in ausreichender Höhe eröffnet die Chance, bei der Ausländerbehörde einen Familiennachzug zu beantragen.
  • Sozialversicherung: Der Nachweis des regelmäßigen monatlichen Einkommens ist die Voraussetzung für einen eigenständigen Zugang zur Krankenversicherung. Man kann sich nun selbst krankenversichern entsprechend der Höhe des eigenen Einkommens, nicht aber nach einem von den Krankenkassen meistens zu hoch veranschlagten fiktiven Einkommen.
  • Steuer: Ein regelmäßiger monatlicher Einkommensnachweis ist eine wichtige Grundlage für eine realistische Besteuerung und damit für eine vollständige Legalisierung der eigenen Tätigkeit. So kann man sich einer willkürlichen Einstufung durch die Finanzbehörden entziehen.
  • Öffentliche und private Dienstleistungen: Viele Rechte und Leistungen öffentlicher Institutionen in diesem Land kann man erst in Anspruch nehmen, wenn man einen Nachweis über ein reguläres monatliches Einkommen vorlegen kann.
    Beispiele:
    • Wohnungsamt: Erst mit einem regulären Einkommensnachweis kann man sich dort Wohnung suchend melden und hat u. U. Anspruch auf eine Sozialwohnung;
    • Jobcenter: Bei zu geringem Einkommen kann man unter Vorlage eines Einkommensnachweises ergänzendes ALG II beantragen;
    • Kindergarten: Ein Einkommensnachweis ist Voraussetzung für eine mögliche finanzielle Beihilfe. Auch bei privaten Dienstleistungen wie etwa der Eröffnung eines
    • Bankkontos ist die Vorlage einer Verdienstbescheinigung erforderlich.
  • Betreiber/innen, die den bei ihnen tätigen Frauen solche Konditionen anbieten können, hätten ihr Etablissement sicherlich gut belegt. Um zu prüfen, ob der vorliegende Dienstvertrag tatsächlich wasserdicht ist und nicht im Nachhinein Forderungen der Sozialversicherungsträger auf die Betroffenen zukommen, könnten sich Betreiber/innen gleich im ersten Monat der Anstellung einer Frau bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einem Prüfungsverfahren gemäß dem „Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit“ unterziehen. Der Vorteil: Eine rückwirkende Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen ist dann ausgeschlossen. Und noch eins:
  • Razzien wie die jüngst in Augsburg, wo es um die angebliche Schwarzarbeit von Frauen in der Prostitution geht, könnte sich die Polizei gegenüber solchen Etablissements dann abschminken.
Ob Betreiber/innen von Prostitutions-Etablissements auf Polizei und Behörden starren wie das Kaninchen auf die Schlange, oder ob sie es vorziehen, neue kreative Wege zu gehen – diese Entscheidung bleibt ihnen selbst überlassen. Wir von Doña Carmen stehen mit unseren Erfahrungen und Details zum Dienstvertrag, die man hier nicht im Einzelnen darlegen kann, gerne zur Verfügung, wenn es darum geht, die Rechte des Prostitutionsgewerbes als Ganzes und die der dort tätigen Frauen zu befördern.

Bis dahin alles Gute

Ihre Rosina

vom Team Doña Carmen e.V.

Tel./ Fax: 069-7675 2880
donacarmen@t-online.de
www.donacarmen.de





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 31.03.2008, 21:41, insgesamt 4-mal geändert.

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Beitrag von Lycisca »

Obwohl in A weiterhin die Sittenwidrigkeit der Prostitution verhindert, dass es "angestellte Prostituierte" gibt, hat der Unabhängige Finanzsenat (höchste Instanz unterhalb von Verfassungs- bzw. Verwaltungsgericht) schon länger ein solches Konstrukt geschaffen.

Der folgende Rechtssatz zitiert eine Berufungsentscheidung des Steuersenats für Wien, UFSW, GZ RV/0087-W/05 vom 17.12.2007
Frauen, die ihren Lebensunterhalt in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit von einem Bordellbetreiber durch Prostitution verdienen und im betrieblichen Organismus des Bordellbetriebes eingegliedert sind, erzielen keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, sondern sind sie auf Grund des Inhaltes des abgeschlossenen Vertragsverhältnisses unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu qualifizieren.

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Marc of Frankfurt
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Geheimprostitution illegal - nähe Zürich

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Polizeikontrolle in Kontaktbar

Bäretswil/ZH. In einer Kontaktbar wurden fünf Frauen verhaftet, die illegal der Prostitution nachgegangen waren.

Bei einer Polizeikontrolle in einer Kontaktbar in Bäretswil haben Kantonspolizisten am späten Freitagabend, 14. März, zehn Personen kontrolliert. Fünf Frauen, welche illegal der Prostitution nachgegangen waren, wurden verhaftet. Die Arretierten und der Barbetreiber werden wegen Widerhandlung gegen das Ausländergesetz bei der Staatsanwaltschaft See/Oberland zur Anzeige gebracht. Die Frauen, vier Brasilianerinnen und eine Ungarin, werden anschliessend dem Migrationsamt des Kantons Zürich zugeführt.

http://polizeinews.ch/page/40150/6





Fünf Verhaftungen im «Frohberg»

Illegale Prostituierte in Adetswiler Kontaktbar


Bäretswil: 16. März 2008 23:07
frohberg0.jpg (Anrissbild 1)
Isabel Heusser

In der «Kontaktbar Frohberg» in Adetswil nahm die Polizei am Freitag fünf Frauen wegen Prostitution fest. (Bild: Thomas Hulliger)

Im «Frohberg» in Adetswil wurden am Freitagabend fünf illegale Prostituierte verhaftet. Noch immer kein Grund für die Gemeinde, zu handeln.

Bei einer Polizeikontrolle in einer Kontaktbar haben Kantonspolizisten am späten Freitagabend zehn Personen kontrolliert. Wie es in einer Medienmitteilung heisst, wurden fünf Frauen verhaftet. Sie seien illegal der Prostitution nachgegangen.

Die Arretierten und der Barbetreiber werden wegen Widerhandlung gegen das Ausländergesetz bei der Staatsanwaltschaft See/Oberland angezeigt. Die Frauen, vier Brasilianerinnen und eine Ungarin, würden anschliessend dem Migrationsamt des Kantons Zürich zugeführt, heisst es in der Mitteilung weiter.

Ob es sich dabei um den «Frohberg» handelt, wollte Martin Sorg, Sprecher der Kantonspolizei, nicht bestätigen, doch laut seinen Aussagen gibt es kaum einen Zweifel, dass es sich tatsächlich um besagtes Lokal handelt.
«Nur eine Single-Bar»

Illegale Prostitution? Gegen solche Vorwürfe hatte sich der Pächter des «Frohbergs», Giuseppe Giordano, immer gewehrt. Seit einem knappen Jahr ist für die Adetswiler Bevölkerung klar, dass es sich beim «Frohberg» um ein Bordell handelt (wir berichteten). Das zu bestätigen, ist aber schwierig.

Giordano hatte den Betrieb als Single-Bar bezeichnet. Die Zimmer würden als Hotelzimmer vermietet, und die Damen, die sich an der Bar befänden, seien Touristinnen. Der Pächter Giordano war gestern Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

In Adetswil hatte die Nutzung des «Frohbergs» seit dem Pächterwechsel im vergangenen Jahr für Aufregung gesorgt. Eine lose Interessengemeinschaft wollte gegen den Betrieb vorgehen - passiert ist nichts. Einer der Nachbarn, der in der Interessengemeinschaft mitwirkt, sagt: «Ich bin froh, dass endlich etwas gelaufen ist.» Die Aktivitäten der Interessegemeinschaft hätten abgenommen, zurzeit würde nicht viel passieren, sagt er.


Weniger Betrieb als sonst

«Von der Gemeinde können wir nichts erwarten, sie reagiert nicht.» In der vergangenen Woche sei es um den «Frohberg» herum ziemlich laut gewesen - besonders am besagten Freitag, in der Nacht, habe mehr Betrieb geherrscht als sonst.

«Draussen waren sehr viele Autos mit Nummernschildern aus den verschiedensten Kantonen parkiert.» Von der Razzia hat der Nachbar nichts mitbekommen. Aber: «Tags darauf, am Samstag, war der Platz vor dem ‹Frohberg› wie leergefegt.» Dies sei ungewöhnlich gewesen, sagte der Nachbar weiter.
Gemeinde wird kaum handeln

Die Gemeinde Bäretswil kam im letzten Mai zum Schluss, dass die Rechtslage der Behörde keinen Spielraum für konkrete Massnahmen zulässt. Das sei auch heute, nach den Verhaftungen, immer noch der Fall, bestätigt der Gemeindeschreiber Felix Wanner. Offenbar sieht man auch nach den Verhaftungen keinen Handlungsbedarf. «Der Tatbestand hat sich nicht geändert», sagt Wanner.

Wie Martin Sorg auf Anfrage sagte, würden in solchen Etablissements immer wieder solche Kontrollen durchgeführt. «Die Polizei wartet nicht darauf, dass etwa eine Beschwerde aus der Nachbarschaft kommt, um dann auszurücken», sagt Sorg weiter. Er weist darauf hin, dass solche Kontaktbars oft in einer gesetzlichen Grauzone operieren. «Viele kommen als Touristinnen, bleiben eine Weile und verschwinden dann wieder.»

Dass es sich beim «Frohberg» in Adetswil nicht nur um eine harmlose Single-Bar handelt, steht spätestens seit vergangenem Freitag fest. Wie es nach den Verhaftungen mit dem Betrieb weitergeht, bleibt unklar. Am gestrigen frühen Sonntagabend war der «Frohberg» geschlossen.

http://www.zo-online.ch/article4167/Res ... ohberg.htm

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Marc of Frankfurt
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Hamburg

Beitrag von Marc of Frankfurt »

BILD: Nach den Schüssen an der Süderstraße und im Restaurant Schweinske

Neue Soko „Rotlicht“: Erste Festnahme!


Der bullige Muskel-Mann (21) wollte sich gerade ein leckeres Mittagessen gönnen. Plötzlich blickte er in die Läufe von Maschinenpistolen, war vom schwer bewaffneten MEK (Mobiles Einsatzkommando) umstellt!

Großrazzia der Polizei – 70 Beamte im Kampf gegen das Hamburger Rotlicht-Milieu!
Erste Festnahme!

Während die Ermittlungen nach den Schüssen an der Süderstraße (Hamm) noch andauern, ging es diesmal um die Aufklärung der blutigen Auseinandersetzung im Jenfelder „Schweinske“-Lokal an der Rodigallee.

Sechs Männer hatten sich dort am 10. Dezember auf eine Gruppe von vier Türken gestürzt. Zeugen berichteten, dass der Jugoslawe Nue R. (21) dann sogar eine Waffe zog, feuerte. Die Türken schossen zurück! Panik im Restaurant, Gäste warfen sich zu Boden.

Drei der Angreifer (21, 21, 26) wurden in die Oberschenkel getroffen, schrieen vor Schmerzen auf. Sie mussten verletzt ins Krankenhaus.

Die Polizei hatte zunächst keine heiße Spur. Denn die Angeschossenen schweigen bis heute. Ein Ermittler: „Typisch bei Milieu-Streitigkeiten.“

Nach und nach gelang es der Polizei, die Namen der restlichen Gang-Mitglieder zu ermitteln. Zwei Jugoslawen (24, 28) wurden verhaftet – jetzt auch noch ihr Bandenboss!

Die Polizei war ihm schon seit Tagen auf den Fersen. Um Punkt 14 Uhr dann der Befehl zum Zugriff. Nue R. (21) hatte gerade ein Restaurant in der Ahrensburger Straße betreten. Schon stürmten vermummte Elitepolizisten herein.

Zeitgleich wurden weitere 19 Durchsuchungsbeschlüsse im Osten Hamburgs, Glinde, Elmshorn und Neubrandenburg vollstreckt.

Auch am Straßenstrich Süderstraße stoppten Polizeiwagen. Fahnder durchsuchten eine Huren-Steige im Luisenweg. Dort sollen einige der Verdächtigen verkehrt haben.

Original mit Fotostrecke
http://www.bild.de/BILD/hamburg/aktuell ... 45774.html





mehr Razzien in Hamburg:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=10495#10495





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RAZZIA über 20 Beamte in Wien

Beitrag von ETMC »

Heute hat es uns mal nach langer Zeit erwischt mit einer groß angelegten Razzia wurde unser club in 1140 gestürmt, sofort alle Zimmer durchsucht, 3 anwesende Gäste aus den Zimmern geholt... (ob das legal ist...???)

Wirklich nett was die Aufzeichnungen so alles zeigen - wie zb die Drohung wenn die Damen die Fragebögen nicht ausfüllen werden sie mitgenommen (Tondokument schon bei unserem Anwalt) Anschreien und Einschüchtern der anwesenden Damen, ja das zwingen zur Aussage ist nun wieder üblich....

Die völlig verschreckten Frauen die sich gegen diese Willkür wehren wollten wurden gleich damit bedroht sie würden mitgenommen wenn sie nicht machen was die Herren Beamten fordern. (alles aufgezeichnet und nachhörbar)

Dokumente wie Mietverträge wurden ohne Nachfrage einfach mitgenommen.... oh ja das ist nicht wirklich korrekt....

Die Cam wurde zerstört, als man sie wegdrehen wollte....

Ja sie sind nicht zimperlich wenn sie wissen das sie nicht gerade nach den Buchstaben des Gesetzes vorgehen die Herren.

Wiedermal wurden legal arbeitende Sexarbeiterinnen kontrolliert, schikaniert und verängstigt -

und die illegalen 2 Strassen weiter bleiben unbehelligt in ihren Wohnungen und können weiter ohneservice anbieten und werden nie von solchen Razzien heimgesucht.

Gestern noch im TV sprach der Herr von der Task Force von Zusammenarbeit und Kontrollen vor der EM nun sie sind schon unterwegst die Herren Kontrolleure, diesmal aber wurden ihre Verhaltensweisen aufgezeichnet und werden dem BIA durch unseren Anwalt übergeben - denn es reicht wie unmenschlich die Herren mit den legalen Sexarbeiterinnen umgehen, es reicht wie sie die Frauen wie Vieh behandeln, diejenigen die schützen sollen sind wiedermal in guter alter GESTAPO Manier eingefallen und es fällt mir immer schwerer den Sinn solcher Razzien zu erkennen - sollen doch die Frauen vor Gewalt beschützt werden und werden dann dank Razzia völlig verängstigt zurückgelassen...
#
DAS sollten sich die Hilfsorganisationen mal anschauen und die Frauen nach so einer Streßsituation befragen.....
liebe Grüsse
ETMC
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Benjamin Franklin (1706-90),
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Re: RAZZIA über 20 Beamte in Wien

Beitrag von Zwerg »

ETMC hat geschrieben:DAS sollten sich die Hilfsorganisationen mal anschauen und die Frauen nach so einer Streßsituation befragen.....
Tut mir leid, dass zu hören - ich kann Deinen Zorn gut verstehen...

Es wäre sicherlich Hilfreich, wenn das Material in die richtigen Hände gelangen würde!

Nachdenkliche Grüße

Christian

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Tanja_Regensburg
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Beitrag von Tanja_Regensburg »

ich bin schockiert und empört!
Verstehe deinen Zorn nur zu gut! Bitte halte uns auf dem Laufenden, was da passiert.... Ich hoffe dein Anwalt hat mehrere Kopien, nicht dass da plötzlich was verlorengeht....

Bin in Gedanken bei euch!
Busserl Tanja
Das Leben genießen, sich nicht über Kleinigkeiten ärgern und großzügig sein: dann gelingt der Tag heute, und der morgige auch. Liebe und tu, was du willst. (Aurelius Augustinus)

Hanna
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Beitrag von Hanna »

grauenhaft,
manchmal denk ich wirklich wir sind noch keinen schritt weitergekommen mit unseren bemühungen um legalisierung!
gute erholung von diesem schock wünscht
hanna
Augen gab uns Gott ein Paar / um zu schauen rein und klar / um zu GLAUBEN was wir lesen / wär ein Aug' genug gewesen (aus HH. zur Teleologie)

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Moon Dog
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Beitrag von Moon Dog »

Stimmt es, dass im neuen Saunaclub Funpalast gestern auch eine Razzia stattfand? Angeblich war ein diesbezügliches (mittlerweile gelöschtes) Posting im "Erotikforum"

fragt ein besorgter moon dog
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Lycisca
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Re: RAZZIA über 20 Beamte in Wien

Beitrag von Lycisca »

ETMC hat geschrieben: Wirklich nett was die Aufzeichnungen so alles zeigen - wie zb die Drohung wenn die Damen die Fragebögen nicht ausfüllen werden sie mitgenommen (Tondokument schon bei unserem Anwalt) Anschreien und Einschüchtern der anwesenden Damen, ja das zwingen zur Aussage ist nun wieder üblich....

Die völlig verschreckten Frauen die sich gegen diese Willkür wehren wollten wurden gleich damit bedroht sie würden mitgenommen wenn sie nicht machen was die Herren Beamten fordern. (alles aufgezeichnet und nachhörbar)
Da du ja als einiger der wenigen im Sexbusiness bereit bist, dich gegen Behördenwillkür zur Wehr zu setzten, würde ich an deiner Stelle daran denken, eine Grundrechtsbeschwerde der betroffenen Damen beim Unabhängigen Verwaltungssenat zu unterstützen, wegen Verletzung von Artikel 3 EMRK. Es liegt zwar (hoffentlich) keine Folter im engeren Sinn vor, doch nach deiner Beschreibung eine erniedrigende Behandlung, die nicht durch die Umstände gerechtfertigt war, die demnach also unverhältnismäßig war. Parallel dazu oder in Folge wäre dann nach meiner Ansicht eine Anzeige gegen die Beamten wegen des Verbrechen des Amtsmissbrauchs anzudenken.

Artikel 3 (Verbot der Folter): Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

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ETMC
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Beitrag von ETMC »

wir haben heute einzel und gruppenmediationen gemacht um den schock ein wenig zu kanalisieren, darüber sprechen hilft immer, die damen haben zugestimmt, dass wir ihre erlebnisse aufzeichnen - und die tondokumente werden wir mit der zustimmung des admins hier allgemein zugänglich machen, auch jeder weitere daraus resultierende übergriff wird wieder hier gepostet und an die öffentlichkeit gebracht.

Meiner Meinung ist die Öffentlichkeit die EINZIGE Chance die wir haben um etwas am Vorgehen der Behörden bei Razzien zu verändern.

Wenn man die Stimmen der Mädchen hört, ihre Angst ihre Verschreckung so kommt das einer Vergewaltigung sehr nahe, alle sind unsicher, verängstigt, und zutiefst in ihrer inneren Ruhe mißbraucht nach diesem Übergriff, wobei sich nun nach der mediation herausgestellt hat, dass die meisten Beamten der polizei korrekt waren bis auf 2 Ausnahmen, die auch genau beschrieben wurden, die Unguten Terror verbreitenden Beamten gehörten der KIAB Truppe an, die völlig unberechtigt und gesetzeswidrig gehandelt haben, KIAB Team für 1140 und 1190 involviertm Dienstnummern wurden schon erruiert.

Wie wir in Erfahrung bringen konnten, waren wir nicht die Einzigen, die ganze Linzer Strasse wurde "besucht"

Für mich als Österreicher ist es eine Schande wie in unserem freien Land mit freien Menschen umgegangen wird,

Wir sichten und sichern nun die gesamten Tondokumente, filtern die Nebengeräusche und werden dann alles veröffentlichn in der Hoffnung, diesem menschenverachtenden Verhalten der KIAB endlich Einhalt gebieten zu können.....

(KIAB Kontrolle illegler Ausländerbeschäftigung, dieser Truppe ignoriert völlige den geltenden Rechtsstatus von Prostituierten und unterstellt diesen unmündig und angestellt in einem Dienstverhältnis zu stehen eine Beschwerde unsererseits beim VWGH liegt schon zur Entscheidung immense Kosten und jede Menge Unannehmlichkeiten durch die Zur Wehr Setzung unsererseits sind schon lange ein dorniger Weg,

Aber Soll sein wenn es damit in für Allemal hilft die GESTAPO Methoden der KIAB zu beenden.
liebe Grüsse
ETMC
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Beitrag von Zwerg »

ETMC hat geschrieben:Wie wir in Erfahrung bringen konnten, waren wir nicht die Einzigen, die ganze Linzer Strasse wurde "besucht"
Auch ich habe Heute ähnliche "Meldungen" vernommen - auch bei den mir berichteten "Besuchen" wurde ähnlich unfreundlich verfahren. Ich würde gerne die Veröffentlichung mit unterstützen. Es kann nicht sein, dass SexarbeiterInnen ihrer Rechte beraubt werden - dagegen sollte man sich zur Wehr setzen.

Vielleicht gelingt es, eine offizielle Stelle zu einer Stellungnahme einzuladen. So weit wie es uns möglich ist, bin ich (als Person) bzw. sind wir (als Forengemeinde) mit dabei.

Christian

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Beitrag von ETMC »

die sehr mühsahme Auswertung der Tonaufzeichnungen (Die Cam wurde ja zerstört) zeigt bisher das wir folgendes aus Ton und Zeugenaussagen beweisen können.

* Halt die Goschn.......
* Füll des aus
* Du musst das ausfüllen sonst nehm ma di mit....
* Wer ist chef
* Wievile verdienst Du
* Wer bekommt das Geld
* Wo ist dein Arbeitspapier wo ist papiere papier papiere

usw.....

da diese UNterhaltung von der gesamten Situation nicht als Einzelaufnahme gemacht wurde sondern von der audio Raumaufzeichnung, die wir zum schutz der Damen im Vorraum haben wird es sicherlich noch eine Weile dauern bis wir alles glasklar ausgewertet haben....


Die Bestandaufnahme der Schäden hat ergeben, dass unsere Türschnalle bzw das Schloß des Eingangsbereiches zerstört wurden, die Cam ist defekt und unbrauchbar, mehrere kleine Schäden sind noch an den Zimmertüren, sonst ist alles ok.....

Weit größer sind die Aufwendungen und der finanzielle Schaden, der aber nicht im Vordergrund dieser Menschenverachtenden Aktion der KIAB und der Polizei steht.

Mediation von ca 4 Stunden in Einzelgesprächn und Grupengesprächen, da wir die amen nicht alleine in dieser Situation lassen konnten, Ausfall von 1 Club am Wochnende weil keine Dame sich traut zu arbeiten - 2 Damen kommen, bleiben aber nur 6 Stunden, 2 weitere Damen, die den Stempel der UNtersuchung nicht in der Karte hatten (sie waren erst am Abend der Razzia angereist) bekommen die Karte nach 1 Woche wieder - das alleine ist eine Bürokratische Frechheit - wir

Eine Sitzung mit unserem Anwalt hat ergeben, dass wir (2 Damen) nun Klage einreichen werden, weil im Gesetz die Grüne Karte gar nicht vorkommt, es steht im ProsG dass Frau sich registrieren muss und regelmäßig die Untersuchung machen muss, von einer Grünen Karte steht nicht einmal etwas drinnen, das ist nur BÜROKRATISCHER Verwaltungskram, der gesetzlich gar nicht gedeckt zu sein scheint - (Eine Verodnung, die nicht Gesetzteskonform ist - ist nichtig)

Ich frage mich natürlich wo denn in diesem Falle die Retter der Frauen sind - wahrscheinlich im Wochenende zuhause im Kleinbürgertum - hier gab es Frauen die massiv bedroht und eingeschüchtert wurden,nicht von Clubbetreibern und Zuhältern, sondern vom Arm des Gesetztes also den Vertretern unseres Freien Staates Österreich - in diesem Falle scheinen Hilfsorganisationen also nicht willens zu sein den Opfern zu helfen....

Ich kann es nicht verstehen, obwohl ich mich in den vielen Jahren im Rotlicht schon daran gewöhnt habe, dass wir in den Augen der anderen - Menschen 3ter Klasse sind.......

ein nun mit dem Kopf durch die Wand gehender

ETMC
liebe Grüsse
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Beitrag von Jason »

ETMC hat geschrieben:Meiner Meinung ist die Öffentlichkeit die EINZIGE Chance die wir haben um etwas am Vorgehen der Behörden bei Razzien zu verändern.
Das sehe ich auch so.
Wie stehen den die Medien wie Presse oder Lokalfernsehen dazu?
Kann man sie dazu bewegen einen offenen Brief an die Verantwortlichen zu veröffentlichen? Welches gesetzeskonforme Ziel haben denn solche Aktionen?
Es geht ja nicht darum, ob Kontrolle ja oder nein, sondern hauptsächlich um das wie. Mittlerweile geht es ja schon bei Durchsuchungen auf Baustellen diskreter zu.
Haben diese Rambo´s überhaupt ein Deeskalationstraining besucht?
> ich lernte Frauen zu lieben und zu hassen, aber nie sie zu verstehen <