sexworker.at/exit = Aus- Umstieg, Huren-Karriere Management

Du willst aus dem Sexbusiness aussteigen und einen "bürgerlichen" Job annehmen - oder noch besser: dich gemeinsam mit anderen Aussteigern selbstständig machen? Möglicherweise wirst du hier entdeckt...
Benutzeravatar
Mandy
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 749
Registriert: 18.07.2007, 15:21
Wohnort: Wien
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Mandy »

Find ich super Marc!

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Geschäftsplan für UnternehmerInnen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ausstieg oder besser

Perspektiven nach der Sexarbeit



Es gibt verschiedene Perspektiven bzw. unterschiedlich attraktive Wege. Z.B.:
  1. Wohlfahrt/Sozialhilfe/Harz IV (wenn nichts anderes mehr geht)

    "Bei nüchterner Betrachtung führt Prostitution als Vollerwerb ziemlich geradewegs in die Altersarmut..."
    [Berufsratgeber f. Huren (s.u.), S. 16, 81]
    (Professionalisierungsdilemma Prostitution)
  2. Angestelltenverhältnis oder prekärbeschäftigt z.B. nach Umschulung (unter Verlust aller SW-Freiheiten).
    Z.B. schlecht bezahlte und psychisch-physisch (über-)fordernde Altenpflege
  3. Berufseintritt nach abgeschlossenem Studium
    (Privileg von Studentensexworkern).
  4. Selbstständig nach Gründung/Übernahme einer eigenen Firma.
  5. Weggeheiratet werden/eine gute Partie machen.
  6. Privatier mit mindestens 800.000 Euro auf der hohen Kante.
    Kalkulation und Risikoabschätzung im Berufsratgeber f. Huren [S. 94 ff.]



Zum Punkt 'selbst aufgebaute Selbstständigkeit' hier ein schöner Link:

Businessplan

(Ist normalerweise ein formales Papier, um abhängig machenden Bankkredit zu erhalten.)
Ist aber auch eine schöne Check-/To Do-Liste zur eigenen Organisation der Existenzgründung.

Insbesondere dieses Muster-Formular von der Trainerin Sabine Asgodom aus München:
http://www.asgodom-selbststaendig.de/Bu ... m-live.pdf
(PDF - 12 Seiten)

Erfahrungsberichte von selbstständigen Frauen, die sie beraten hat und in ihrem Buch vorstellt:
http://www.asgodom-selbststaendig.de/fs-portaits.html

www.asgodom-selbststaendig.de

Mehr Tipps auf Gewerkschaftsseiten für Selbstständige:
viewtopic.php?p=11928#11928





Aber Achtung:

Falle(n) Prostitution
  1. Das notwendige zurückgelegte Geld zur Existenzgründung wurde nicht ordnungsgemäß versteuert
    (Privatinsolvenz geht nicht für Steuerschulden).
  2. Das anfangs reichlich erarbeitete Geld ist inzwischen verbraucht, nachdem aufgrund von Marktflaute/Rezession, altersbedingter Nachfragerückgang und/oder burn-out weniger Umsatz erwirtschaftet wurden.
  3. Ausbildung als solide Zukunftsinvestition wurde versäumt, weil den Marktbedürfnissen/-erfordernissen folgend zu früh in die Sexarbeit eingestiegen wurde.
  4. Es wurde gar nicht geplant (Perspektivlosigkeit/Dauerparty/nicht therapierte Opferhaltung) oder sich verkalkuliert
    (typisch für viele prekären Freiberufler/Freelancer und für eine Subkulturbranche mit Schwarzarbeitstradition. Fehlendes Wissen über Ausgebendisziplin, Vermögensbildung, Finanzkalkulation und Steuergestaltung).
  5. Prostitutionsstigma be-/verhindert Paarbildung mit bürgerlichem Partner.
    Gefahr durch einen milieunahen Partner (Zuhälter) getäuscht worden zu sein.
  6. Zusätzlich: Armutsfalle Kinder
(Sorry, wenn diese Liste die Fast-Unmöglichkeit von Erfolg suggeriert)





Ist dieses Posting hilfreich für jemanden?

Wer hat noch bessere Tipps und Links?






.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 02.04.2008, 21:40, insgesamt 1-mal geändert.

Hanna
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 908
Registriert: 08.10.2007, 19:06
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Hanna »

hallo Marc,

dieses Posting kommt vermutlich der Wahrheit zeimlich nahe und ist außerdem gut formuliert.

Es gibt vielleicht noch drei zusätzliche Varianten, die du berücksichtigen mußt:
1. MigrantInnen, die weniger soziale Probleme haben, da sie fern von der Heimat agieren und mit dem hier verdienten Geld sich in ihrer Heimat vielleicht wirklich eine Existenz aufbauen können. (diese entwicklung ist noch zu jung als daß man Langfristprognosen anstellen könnte)
2. Teilzeit- und Altersprostituierte, die im Prinzip saniert sind (oder Rentenempfängerinnen) und sich damit ein Zubrot verdienen
3. Hartz IV Betrügerinnen

die Summe von 800000 Euro für einen Privatier ist zu hoch gegriffen, bzw. hängt vom Alter ab, in dem man aussteigt. Wie ich Micha Ebner kenne unterstellt er vermutlich ein Ausstiegsalter von 30 Jahren und dann brauchst du natürlich einen so hohen Kapitalstock.
Was ferner übersehen wird, daß man sich ja auch mit 400 Euro jobs ohne sich damit zu überlasten sein Erspartes aufbessern kann.
und die Hartz IV Betrügerei ist in D ubiquitär so daß diese Rechnungen etwas abstrakt sind. Wie ist das in Ö?

Als Fazit sollte man daher wirklich beherzigen: vor dem Einstieg in die Sexarbeit ist eine ordentliche berufliche Ausbildung und ein paar Jahre Berufspraxis erstrebenswert. Kommt man als (zu) junges Mädel in die Sexarbeit ist die Gefahr sehr groß, daß einem das Geld zwischen den Fingern zerrinnt

lg, Hanna
Augen gab uns Gott ein Paar / um zu schauen rein und klar / um zu GLAUBEN was wir lesen / wär ein Aug' genug gewesen (aus HH. zur Teleologie)

Benutzeravatar
Zwerg
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 18072
Registriert: 15.06.2006, 19:26
Wohnort: 1050 Wien
Ich bin: engagierter Außenstehende(r)

Tagelöhnerprinzip

Beitrag von Zwerg »

Ich denke das Problem ist hauptsächlich das Taglöhnerprinzip. Ich selbst habe über viele Jahre hinweg auf Provisionsbasis (mit täglicher Abrechnung) gearbeitet und kenne das Problem nur zu gut. Wenn man täglich 200 Euro verdient, hat man fast immer 200 Euro in der Tasche - es wird aber selten wirklich viel mehr daraus. Auch die vermeintliche Aussicht auf den nächsten "guten Job" - der aber vielleicht nicht, oder zu spät kommt, verleitet einem unwillkürlich zum "blauäugig sein".

Was ich nicht so stehen lassen möchte ist die Aussage, dass MigrantInnen weniger soziale Probleme hätten. Ich selbst beobachte es immer häufiger, dass diese Frauen (und Männer) einfach ein anderes Verhältnis zum Geld haben. Sie leben wesentlich sparsamer (zumindest mir bietet sich dieses Bild). Bzgl. Steuer und Sozialversicherung erkenne ich nahezu keinen Unterschied zu hiesigen StaatsbürgerInnen - bei beiden Gruppen herrscht hier "Kopf in den Sand"-Einstellung.

Christian

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Studie der Prostitutionsverhältnisse und diese zu überwinden

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ergebnisbericht

Die prekären Lebenssituationen mancher Frauen in der Sexarbeit und
wie versucht wird ihnen zu helfen.



Vom Land NRW, EU-Sozialfond und Diakonie gefördertes Modellprojekt
geleitet von der Diakonie/evangelischen Kirche

www.proFrida.de - für Frauen in den Arbeitsmarkt
1.2006-8.2007

zur beruflichen Qualifizierung von SexarbeiterInnen (26 Frauen)
und von Gewalt betroffenen Frauen (27).


Wieso diese Gruppen zusammenfassen?
Ist das ein kirchlich-politisches Statement über Sexarbeit?
[s.u. vgl. auch Leopold S. 87 ]





Projekte-Netzwerk:

zwei Frauenhäuser und die zwei Sexwork-Beratungstellen Madonna e.V. Bochum und Mitternachts-Mission e.V. Dortmund,
Verein zur Förderung der Frauenerwerbstätigkeit im Revier e. V. (VFFR e. V.) und Bildungsinstitut Münster e. V. (BIMS e. V.), Gesllschaft für innovative Beschäftigungsförderung (GIB) u.a.
unter Leitung des Diakonischen Werkes Westfalen, der evangelischen Kirche, Münster.

9 Teilprojekte

73 Frauen konnten teilnehmen von 50 geplanten Plätzen. Davon 41 Deutsche, 44 Sexworker.

20 Monate Projektlaufzeit.





Projekt-Elemente:
  • Akquise der Teilnehmerinnen.
    [Wer macht hier ein Geschäft mit SexarbeiterInnen?]
    SexarbeiterInnen wollen und konnten anonym mit Künstlername teilnehmen.
    Sexarbeiter lassen sich nur über tragfähige menschliche Kontakte gewinnen.
    Es muß möglich sein Sexarbeit und Fortbildung in den Lebensalltag zu integrieren.
    Wichtig war es Teilnahme zu ermöglichen auch für SexarbeiterInnen, die i.a. nicht im System des SGB II-Bezugs stehen wie z.B. Frauenhausbewohnerinnen.
  • Profiling
    [Begriff der Kriminalistik. Ist das ein Statement im Sinne von Cesare Lombroso (1835-1909): "Sexarbeiterinnen sind das weibliche Äquivalent des Berufsverbrechers"?]
    Entwicklung eines Fragebogens in Anlehnung an die Methode der 5 Säulen der Identität (nach Petzold).
  • Coaching/Lernberatung
    Beziehungsarbeit zur Gruppenbildung
    Motivationsgespräche wg. Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz.
    Krisenintervention nahm zu viel Zeit in Anspruch.
    Hilfe zur Selbsthilfe
    Komm-Struktur funktionierte nur begrenzt.
    Zielfindungsberatung/Perspektivgespräche zur wirklichkeitsanpassten Karriereplanung
    [Warum wird das Wort Karriere eigendlich in Anführungszeichen gesetzt. Hat man internalisiert, daß die Frauen kaum Chancen haben?]
  • Hilfen
    Bewerbungsunterlagenerstellung
    Schuldenregulierung
    Behördengänge
    [Mehr in der Liste S. 26]
  • Basisqualifizierungen (4 Monate):
    niedrigschwelliges Angebot für lernungewohnte Teilnehmerinnen
    Deutsch, Deutsch als Fremdsprache, Grundrecharten, EDV, Telkommunikation, Selbstbehauptung und Selbststärkung.
    Erfahrene SexarbeiterInnen als Co-TrainerInnen.
    Kreatives Arbeiten/Talente entdecken
    Gestaltung einer 2,50 m x 3,50 m große Plakatwand zur Fußball-WM
  • Fachliche Qualifizierungen als Alternativen incl. nichtanerkanntes Teilnahmezertifikat (8 Monate bei 20 Wochenunterrichtsstunden):
    Marketing/Verkauf
    Hauswirtschaft/Pflege
    [das entweder-oder an dieser Stelle erscheint mir verfrüht in einer Berufsorientierungsphase]
    Bildungsinstitut Münster BIMS e.V.
  • Praktika in beteiligten Organisationen und Firmen (3 Monate).
    Wichtig zur erneuten Erprobung des Selbst in der bürgerlichen Arbeitswelt.
    Ausstieg aus der Prostitution.
    Problem des Outings des bisherigen Lebensweg. Annahme der eigenen Biographie.
    Teilweise erlebte Solidarität.
  • Existenzgründungsvorbereitende Hilfen:
    Erstellung eines Gründungskonzeptes durch eine professionelle Gründungsberaterin.
    Wg. der zu kurzen Projekt-Laufzeit konnte keine Gründung realisiert werden. 4 Frauen arbeiten daran. Mehr Unterstützungsbedarf wurde deutlich. [Logisch!]
    Mentoring zu organisieren bleibt eine Zukunftsaufgabe.
  • Pressekonferenzen (23.2.2006 ) und Medienarbeit
    zur Akquise der TeilnehmerInnen
    zur Mediensensibilisierung und Aufklärung
    zur Projektpromotion
    siehe z.B. den TV-Beitrag und meinen Kommentar im Posting oben.
    Die Veranstalter haben schlechte Medienerfahrung machen müssen, wie sie sonst nur SW spüren. Die Medien haben sich nur für Sexworker als Pflegerinnen interessiert [S. 75].
  • Vernetzungstreffen und Workshops der VeranstalterInnen
    Methodenmix zwischen Sozialarbeit und Ausbildung.
  • Landesweite Fachtagung der 'Helferindustrie' am 15.6.7
    Nette Grußworte und elementare Wirtschafts-/Marktinfos für die Sozialarbeiterinnen und Netzwerker.
    Fachreferate:
    - Prof. Dr. Gabriele Michalitsch, Wien/Budapest: Qualifiziert – segregiert – integriert: Arbeitsmarktpartizipation von Frauen [S. 79]
    - Dipl.-Soz. Beate Leopold, Berlin: „Was kann sie denn?“ - Weibliche Erwerbstätigkeit und unsichtbare Kompetenzen [S. 84]
  • Projektabschlußphase und Betätigung als Festveranstalter am 31.8.7
    Mittelverwendungsnachweise und ein schöner Projektbericht [s.u.] wurden produziert.
    Sicherung der Erfahrungen.
    Kontakte mit der Politik wurden genutzt um Bedarfe für künftige Projektfinanzierungen für Sozialarbeiter, Trainer und ihre KlientInnen vorzutragen.
  • Kein anerkanntes Abschlußzertifikat
  • Krisenintervention bei den Regeleinrichtung ist sichergestellt

    Eindrucksvoll ist der Projektbericht von Madonna, die auf die Erfahrungen in den Projekten NEUSTART und ANAKO zurückgreifen können [S. 30], und er ist mehr als doppelt so ausführlich ist wie der von Mitternachtsmission [S. 25] :-(
    www.madona-ev.de -> Projektarbeit -> ANAKO



Projekt-Kosten:

unbekannt/geheim/Diskretionsbedarf?/Wettbewerb der 9 Projekte?
Politischer Hebeleffekt: Staat bezahlt und Kirche leitet?
[Sexarbeit ist da oft entwaffnend ehrlich, was das Verhältnis von Geld zu Dienstleistung betrifft.]

Z.B. zwei 400-Euro-Stellen und Honorarkräfte zur aufsuchenden Akquise bei der Mitternachtsmission.
Für Profiling/Coaching wurde 1/2 Stelle und für die Basisqualifizierung 1,5 Stellen finanziert bei Madonna.

(Oben steht irgendwas von 1 Mio Euro ESF-Mittel was 10 akademischen/leitenden Vollzeit-Jahresstellen entspräche bzw. 5 bezogen auf die Projektlaufzeit also max. 1/2-1 je Projekt.)





Projekt-Ergebnisse:

"Insgesamt gesehen hat das Projekt allen teilnehmenden Frauen als Orientierungshilfe gedient und ihr
Selbstbewusstsein gestärkt."

"alle 73 Frauen gestärkt sind und die
Arbeitsfähigkeit (wieder)hergestellt ist.
17 Frauen ... haben ... eine Arbeit aufgenommen" [23 % also weniger als 1/4 haben das 'Klassenziel' erreicht.]

Darunter mehrere 1,-Euro-/400,-Euro-Jobs.
Eine Teilnehmerin wurde von einem kirchlichen Träger nur zum Putzen eingestellt [S. 44].
[Ziel war reguläre Erwerbstätigkeit d.h. Zugang zum 1. Arbeitsmarkt.]

Existenzgründungen war keine gelungen [Dabei wissen wir heutzutage schon von Schulen, wo in Arbeitsgemeinschaften Firmen zu Ausbildungszwecken gegründet werden].

[Unbeantwortet ist für mich ferner die Frage ob Sexarbeiter sich grundsätzlich mehr für abhängige oder selbstständige Beschäftigungsverhältnisse nach ihrer aktiven Sexarbeit eignen.]

Nur 3 Abbrecherinnen, weil das Netzwerk intensive persönliche Betreuung für die Projektlaufzeit sicherstellen konnte.
Eine, weil sie ausgewiesen wurde [S. 68].

6 Frauen sind aus der Sexarbeit ausgestiegen. 6 Frauen waren es schon vorher [16 % der 44-6=38 aktiven Sexworker].

Prostituierte sind i.a. nicht im SGBII-Bezug (HarzVI) und werden über die Instrumente der Arbeitsagenturen meist nicht erreicht.
Der "Zwang zur Arbeitslosigkeit" um überhaupt gefördert oder gar qualifiziert werden zu können, gehört z.B. für SexarbeiterInnen abgeschafft (Da sollten sich mal die Abolutionisten drum kümmern:-).
Zu Prüfen ist ob ein Unterhaltsgeld gezahlt werden kann, um den existenziellen Geldverdiendruck zugunsten des Lernens abzubauen.

Eindeutige Erfolge sind zumindest:
- Das Projekt konnte überhaupt finanziert und durchgeführt werden.
- Das Projekt hat die Vernetzung der Projekte und Ämter gefördert.
- Das Projekt hat ein großes Medienecho hervorgerufen.
- Das Projekt hat Problembewustsein auch bei den Veranstaltern und Finanziers geschaffen, die hoffentlich in die Politik und Wirtschaft hineindiffundieren werden.
- Es konnten viele Erfahrungen gesammelt und dokumentiert werden.

Zur Frage der Vertreterin des Ministeriums "ob spezielle Maßnahmen mehr helfen oder mehr stigmatisieren" [S. 78]:

Es wird kontinuierliche Begleitung benötigt, wenn isolierte weil stigmatisierte Sexarbeiter sich in die Mainstreamgesellschaft und den Arbeitsmarkt integrieren können sollen.

[Coming-out Gruppen für SexarbeiterInnen werden landesweit und flächendeckend benötigt (Legalisierungsworkshops). Es ist viel Beziehungsarbeit zu leisten, um die zerstörerische Wirkung des Prostitutionsstigmas und der polizeilichen Kontrolle/Verfolgung zu 'konterkarieren'.]

Weitere Betreuung ist erforderlich, um den Erfolg zu sichern. Aber es gibt derzeit keine anschließende und erstrecht keine dauerhafte Finanzierung.

Daher sollten/müssen neue effiziente Lösungen des Coachings und der Fortbildung für Sexworker gefunden werden, die bei gegebenen knappen Stellen- und Finanzierungsmöglichkeiten allen nachfragenden SexarbeiterInnen angeboten werden können.

Mehr Dolmetscher erforderlich (hohe Zahl Migrantinnen).

Selbstbehauptungstraining wäre gut gewesen.
[Biographiearbeit, Stigmamanagement und Stigmadekonstruktion als Voraussetzung, um überhaupt Lernfähigkeit möglich zu machen.]
Die Veranstalter haben es übersehen/zu leichtfertig genommen beim Projekt-unter-titel "... für von Gewalt betroffene Frauen und Prostituierte", daß die Klientinnen nicht unter einem solchen Label erkannt und schon gar nicht verwechselt werden wollen. Sic!

Manche/viele TeilnehmerInnen sind sich über ihre Kompetenzen in der Sexarbeit/in der Sexarbeit gewonnenen Kompetenzen erstmals deutlich bewußt geworden.
[vgl. auch diese mittelprächtige Zusammenfassung von Sexarbeiterkompetenzen von Leopold S. 89]

Es bedarf (Gründungs-)Beratung in einem geschützten nichtverurteilendem, lebensweisenakzeptierenden Rahmen (z.B. Schutz durch und Akzeptanz von Arbeitsnamen für Sexworker).

Fühlen Sexworker sich angesprochen und integriert, wird deutlich über welche vielfältigen Schlüsselqualifikationen und Motivation sie verfügen. [D.h. umgekehrt das Prostitutionsstigma bestätigt sich als eine wirksame Methode der Exklusion nichtnormkonformer Frauen.]

Problem zur Adaption an einen bürgerlichen Tageszeitplan. Kurse und Behördengänge wurden daher nicht auf Vormittage gelegt und flexibel organisiert.

Lösungen für Krankheitssituationen und Kinderbetreuung müßen gefunden werden bzw. bereitstehen, um überhaupt mit Hilfe und Lernen etc. anfangen zu können.

Sehr früh verheiratete Frauen und sehr früh in die Sexarbeit eingestiegene Frauen haben teilweise analoge Problemlagen[, was den Konnex der Sozialinstitutionen Ehe und Prostitution im Patriachat bestätigt. Dies ist m.E. die zugrundeliegende Verbindung und nicht die unterschwellig transportierte abolutionistische Botschaft "Prostitution = Gewalt gegen Frauen" !!! ]

[Kernproblem ist es Wege zu finden und anderen aufzuzeigen, wie Frauen/Menschen finanzielle Unabhängigkeit und Autonomie für sich sicherstellen können. Das kann in der Ehe genauso wie in der Sexarbeit funktionieren, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Teilhabegerechtigkeit herrschen. Doch Autonomie der Menschen war nicht immer vorrangiges staatliches und kirchliches Interesse.]

www.proFrida.de
[Server heute leider down, daher statt Link der Projektbericht unten zum download]





Sexarbeiter-Forderungen:

Sexarbeiter sollen bereits zur Projektierungsphase beteiligt werden, wenn für und über die Köpfe der meisten Sexarbeiter hinweg Wohltätigkeiten geplant werden und diesen kein Hautgout von Alibifunktion anhaften soll.

Sexarbeiter und Sexarbeiter-Lehrer und Sexarbeiter-Sozialarbeiter sollen gemeinsam Projekte konzipieren und ihre Finanzierung organisieren, andernfalls werden die Sexarbeiter ihre Interessen nur sekundär oder indirekt berücksichtigt sehen.

"Nothing about us, without us."






SEXWORKER.AT Angebote und Konzept 'Sexarbeiter-Akademie':

www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=817

www.sexworker.at/phpBB2/index.php?c=41





.
Dateianhänge
profrida Abschlußbericht07.pdf
119 Seiten
(6.59 MiB) 1293-mal heruntergeladen
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 13.09.2009, 08:21, insgesamt 2-mal geändert.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

A bayerische Gaudi

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Der Filmclip

zum Vortrag von oben

(Prof. Dr. Gabriele Michalitsch, Wien/Budapest: Qualifiziert - segregiert - integriert: Arbeitsmarktpartizipation von Frauen)

www.Schluss-mit-dem-Unsinn.de





Lieben Gruß an Hanna,
Marc

Hanna
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 908
Registriert: 08.10.2007, 19:06
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Hanna »

:005 :003 :005 :003 :005

man soll nicht sagen daß unter Beckstein sich nichts geändert hat!
Gibt es Untersuchungen für unserem Job? glaube da ticken die Uhren etwas anders.

:008 für Marc
Hanna
Augen gab uns Gott ein Paar / um zu schauen rein und klar / um zu GLAUBEN was wir lesen / wär ein Aug' genug gewesen (aus HH. zur Teleologie)

straightsix1970
UserIn
UserIn
Beiträge: 35
Registriert: 09.03.2008, 19:21
Wohnort: Raum Pfalz
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von straightsix1970 »

Gratuliere Marc of Frankfurt zu dem meiner Meinung nach absolut treffenden Artikel vom 02.04.08

Meiner Erfahrung nach realistisch und ungeschoent und somit hilfreich.

Respekt!

Juergen

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Abstiegs-Spirale einer Nicht-mehr-dazu-gehörigen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Valerie

Ein Spielfilm von Birgit Möller

Völlig pleite und ohne Aufträge strandet das luxusverwöhnte Foto-Model Valerie (29) am Weihnachtsabend im noblen Hotel Hyatt in Berlin.


Unfähig sich ihrer neuen Situation zu stellen, schläft sie fortan in ihrem Wagen in der Tiefgarage des Hotels und beginnt ein Doppelleben, aus dem sie sich erst (aber nur zeitweise) durch die Freundschaft mit dem Tiefgaragenwärter André (32) befreien kann.

Bild



Perspektivlos - Obdachlos

Kurz vor Weihnachten ist das einst erfolgreiche Foto-Model Valerie (29) in ihrer Heimatstadt Berlin gestrandet. Zwar hat sie noch ein Zimmer im exklusiven Hyatt aber eigentlich ist sie völlig pleite und ohne Perspektive. Valerie ist unfähig sich auf die neue Situation einzustellen. Ihrer befreundeten Kollegin Isa lügt sie eitel Sonnenschein vor und weder der Chefin ihrer Agentur noch ihrem reichen Gönner Isenberg offenbart sie die Dringlichkeit ihrer Lage.

Als Valerie ihr Hotelzimmer verlassen muss, hat sie nicht mal mehr das Geld um die Gebühren der Tiefgarage zu zahlen. So verbringt sie die Nächte fortan in ihrem Wagen und lebt wie ein blinder Passagier in der Welt der Schönen und Wohlhabenden. Verzweifelt sucht sie die Nähe zu dem angesagten Fotografen Jaro (38), der ihr zwar noch einmal umsonst Fotos macht, aber darüber hinaus nicht bereit ist, sich um sie zu kümmern. Zwar hatten Valerie und er eine Affäre, aber Jaro hat nun eine neue, fast zehn Jahre jüngere Geliebte.



Gestrandet in einer Bar

Valerie strandet am Weihnachtsabend in einer einfachen Bar, wo sie die etwas heruntergekommene Charlotte (40) kennen lernt. Mit ihr flirtet sie ein paar Männer an und lässt sich zu Drinks einladen, denn sie hat mittlerweile keinen Cent mehr im Portemonnaie. Völlig betrunken findet sie ihren Wagen in der Tiefgarage nicht mehr. Der junge Tiefgaragenwärter André (32) hilft ihr ...



Gelegenheit/Notwendigkeit zur Prostitution

Von einer Bekanntschaft aus der Hotelbar, läßt sie sich mit in seine Suite nehmen, weil sie nichts zu essen und zu schlafen hat. Der vermutet später in ihr eine Prostituierte und sie einigen sich auf die von ihm vorgeschlagenen 300. Aber sie bekommt einen Lachanfall, während sie zögerlich-umständlich seine Hose öffnen will, er schlägt sie und der Job ist futsch. Sie schlägt zurück, haut ab, aber vergißt ihre Handtasche, die er auch nicht mehr herausrückt. Am nächsten morgen findet sie ihre Handtasche von der Gattin in den Müll geworfen.

Nach mehreren weiteren Nächten in ihrem Auto, welches sie mangels Geld nicht aus der Tiefgarage auslösen kann, bekommt sie eine Anzeige wegen illegaler Prostitution und Kontaktanbahnung in der Hotelbar. Würde der Fotograph ihr nicht mit einer Wohnsitzadresse aushelfen, säße sie zum Filmende in einer Arrestzelle...


  • Regie: Birgit Möller
    mit Agata Buzek in der Rolle des Models Valerie
    Buch: Milena Baisch, Ilja Haller, Birgit Möller, Ruth Rehmet, Elke Sudmann
    Kamera: Kolja Raschke
    Schnitt: Piet Schmelz
    Ton: Juri von Krause
    Musik: Christian Conrad
    Szenenbild: Dorothee von Bodelschwing
    Produzenten: Susann Schimk, Jörg Trentmann Produktion: credofilm GmbH in Koproduktion mit ZDF/Das kleine Fernsehspiel und der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb), gefördert vom Medienboard Berlin-Brandenburg
    Redaktion: Lucas Schmidt
    Länge: 80'13''
    Trotz Filmförderung durch das Medienboard Berlin Brandenburg war es eine Low-Budget-Produktion.




Im Jahr 2006 realisiert Birgit Möller mit ihrem dffb-Abschlussfilm "Valerie" ihr Kinoregiedebüt. Der Film erhielt zahlreiche Auszeichnungen - den Federico Fellini Award beim 6. Tiburon International Film Festival, den Preis für Beste Regie & Film New European Film Festival in Vitoria-Gasteiz (Spanien), den Preis für Best Feature beim 12. Berlin & Beyond Film Festival sowie den Golden Starfish Award beim 15. Hamptons International Film Festival.

Seit April 2008 ist Birgit Möller für drei Monate als Stipendiatin der Villa Aurora in Los Angeles, Zeit genug neue Projekte vorzubereiten, vielleicht sogar in den USA.

daskleinefernsehspiel.zdf.de/ZDFde/inhalt/11/0,1872,7185355,00.html?dr=1


Diskrepanz zwischen Schein und Sein. Ein Interview mit Birgit Möller.
http://daskleinefernsehspiel.zdf.de/ZDF ... 63,00.html





Eine Gescheiterte/Fallengelassene wird zur Ausgestoßenen/Gefallenen. Zwar findet sie viele kreative Lösungen zum kurzfristigen Überleben in der alltäglichen Welt des schönen Scheines, muß aber scheibchenweise scheitern, weil sie nicht mehr den Zutritt auf der ihr vertrauten sozialen Stufe bekommt.

Eine eskalierende Diskrepanz zwischen Sein und Schein ihrer nunmehr prekarisierten Identität macht ihr die Gesellschaft zusätzlich zum Vorwurf.


Nur die Schönheit der Schauspielerin macht dieses Thema erträglich und den Film sehenswert.





.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Forschung für Sexworker

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Wie man einE Ex-SexarbeiterIn wird.
Den Wechsel heraus aus einer anrüchigen Karriere gestalten.



Becoming an Ex–Sex Worker
Making Transitions Out of a Deviant Career


Teela Sanders
University of Leeds, United Kingdom

Feminist Criminology, Vol. 2, No. 1, 74-95 (2007)


This article has four core aims:

First, to identify the processes of change women undertake to leave sex work through a typology of transitions. The typology suggests four dominant ways out of sex work as
  • reactionary,
  • gradual planning,
  • natural progression, and
  • "yo-yoing."



Bild
vergrößern / enlarge



Second, the article argues against the low self-control theory by asserting that sex workers engage in specific deviant "careers" rather than stable deviant roles and, therefore, exit to "complete conformist" once sex work is ceased.

Third, it rejects Mansson and Hedin’s claim that the "emotional commitment" of individual women is the key factor to leaving but instead argues that structural, political, cultural, and legal factors as well as cognitive transformations and agency are key determinants in trapping women in the industry.

Fourth, the article challenges the U.K. policy context that reinforces "exiting" through compulsory rehabilitation and the criminalization of sex work.

Key Words: sex work • transitions • deviant career • exiting • desistance

Käufliche Information:
http://fcx.sagepub.com/cgi/content/abstract/2/1/74

Darauf aufbauend: Exiting Prostitution: An Integrated Model (2010):
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1667&start=157

Ausstiegsbroschüren für die Helfer:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=31253#31253





.
Dateianhänge
Teela Sanders, Becomming an Ex-Sex Worker.pdf
22 pages, many tips
(97.74 KiB) 1427-mal heruntergeladen
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 02.07.2011, 22:24, insgesamt 7-mal geändert.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Vanessa in der BILD-Serie Nebenjob Prostitution

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Eine Berufstransformation von Sexarbeit zur bürgerlichen Selbsständigkeit.

Eine Karriere vom privaten Escortservice zur geschäftlichen Existenzgründung
Mithilfe medialer Unterstützung durch ein provokatives Outing (Gonzo Marketing).

Unsere Userin Vanessa:



BILD:
Nebenjob Prostitution! In BILD sagen Frauen, warum sie anschaffen

Daniela (28) verrät: Ich bin Hobby-Hure



Von VERENA MÜLLER-ROHDE

Nürnberg/Bayreuth – Perfekt gestyltes langes Haar, elegantes Kostüm, teure rahmenlose Brille. Wer Daniela Kerling (28, Friseurin) auf der Straße trifft, sieht eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Und ahnt dabei nicht, welches Geschäft sie betreibt, wenn sie nach Feierabend ihr Kosmetik-Lifestyle-Studio verlässt...

Daniela (28) alias „Vanessa Eden“

Wunderschöne Brüste, lange blonde Haare, makellose Haut. Daniela (28) alias „Vanessa Eden“ verführt mit ihrem Traumkörper nach Feierabend reiche Männer

Unter dem Künstlernamen „Vanessa Eden“ arbeitet die schöne Blonde als Hure!

Daniela/Vanessa verrät: „Ich werde vorwiegend von Geschäftsmännern aus dem Ausland, zum Beispiel aus Norwegen, Schweden oder der Schweiz gebucht, die beruflich in Deutschland sind.“

Daniela (28) alias „Vanessa Eden“

Ein Luxus-Callgirl. Das in vier Stunden 950 Euro verdient.

Seit 2004 begleitet und verwöhnt Daniela betuchte Herren. Warum verkauft sie ihren perfekten Körper?

„Eigentlich komme ich aus der Gastronomie“, sagt sie. „Da hab‘ ich nicht schlecht verdient, 2.000 Euro pro Monat. Allerdings hat mir das nicht gereicht. Ich wollte mehr – und vor allem wollte ich mein eigener Chef sein.“

Das Geld, das sie als Escort-Lady verdient, hat sie jetzt in einen großen hellen Laden investiert. Ihr eigenes Lifestyle-Studio Egoistin, das sie unter ihrem bürgerlichen Namen führt. Sie schwärmt: „Ein eigenes Geschäft war immer mein Traum und durch die Arbeit als Escort-Lady konnte ich ihn verwirklichen.“

Daniela alias Vanessa steht mutig zu ihrem Doppelleben. Auch tagsüber.

So bietet sie ihren Kundinnen nicht nur Make-Up-Beratung, sondern auch sexy Partys, bei denen sie die Frauen in die Geheimnisse der Lust einweiht.


Daniela alias Vanessa Eden mit Kundin in ihrem Beautystudio
Brav mit Brille: Daniela schminkt eine Kundin in ihrem Lifestyle-Studio
Foto: Daniel Löb


Ob sie sich dafür schämt?

Nein. Daniela ist überzeugt: „Ehrlich währt am längsten. Auch wenn mir die eine oder andere Kundin abspringt, weil sie Probleme damit hat, dass ich noch einen anderen Job mache. Aber die Frauen sollten das als Vorteil sehen, sie profitieren doch von meiner Erfahrung!“

Wenn das Studio genug abwirft, will sich Vanessa aus dem Huren-Job zurückziehen. Ihr größter Wunsch ist der nach Normalität: „Wenn ich eine Beziehung habe, wenn es beruflich gut läuft – dann werde ich vielleicht ein ganz bürgerliches Leben haben...“

Original natürlich nicht ohne BILD:
http://www.bild.de/BILD/entertainment/e ... 74338.html





Mehr zu dieser BILD-Serie bei:
Bücher zu Studentinnen-SexarbeiterInnen:
viewtopic.php?t=2371

Mehr zu Vanessa:
Luxus-Escort-Lady bei Pelzig unterhält sich, ARD/BR3:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=2813
Deutschland unsere Escort-Girls, RTL2:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=2488
Homepage:
http://www.vanessa-eden.de

Mehr Ökonomiestudien Sexarbeit:
viewtopic.php?p=29962

Mehr Medienkompetenz Sexwork:
viewtopic.php?t=943





.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 25.05.2008, 16:24, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Ausstiegs-/Umstiegserfahrungen von Domenica:

Beitrag von Marc of Frankfurt »

BILD:
Domenica zurück auf dem Kiez

Fünf Jahre war Deutschlands bekannteste Ex-Hure abgetaucht. Jetzt zog sie als Rentnerin wieder nach St. Pauli: „ Ich wäre sonst völlig vereinsamt.“


Von Maik BRODERSEN (Text) und Patrick LUX (Fotos)

Sie ist wieder da – mit 20 Kilo mehr auf den Rippen! Deutschlands bekannteste Ex-Hure Domenica Niehoff (62) ist seit Kurzem in Hamburg gemeldet, wohnt in einer 2-Zimmer-Wohnung auf St. Pauli. BILD-Besuch bei der Mutter aller Huren, die sich fünf Jahre in Boos, einem kleinen Dorf in der Eiffel, verkrochen hatte.

„Endlich bin ich wieder auf meinem Kiez“, strahlt Domenica. Als sie die Haustür geöffnet hat, reißt sie die Arme hoch. Im Eingang stapeln sich noch Umzugskartons, Marek (43) drängelt sich vorbei, entschuldigt sich, schnappt sich eine große Kiste und schleppt die ins Wohnzimmer. „Er ist ein sehr guter Freund, ohne ihn hätte ich den Umzug niemals geschafft.“
Domenica kehrt zurück nach St. Pauli

Domenica, Zigarette im Mundwinkel: „In Boos war das so langweilig, ich hab nur gekocht, gefuttert, gekocht, gefuttert. Ehrlich, ich bin da völlig vereinsamt.“

Im Umzugs-Chaos macht Domenica Kaffee, sagt: „Ich brauche jetzt erst mal Zeit, die Wohnung einzurichten. 500 Euro bezahle ich im Monat für 50 Quadratmeter, das geht doch, oder?“ Dann kriegt sie einen höllischen Hustenanfall. „Ich paffe zwei Schachteln am Tag, hab Diabetes und hab’s mit den Bronchien. Egal, Hauptsache ich bin wieder zu Hause. Hier auf’m Kiez bleibe ich jetzt für immer! Mein Rentnersitz. Ich hab einen schönen Wintergarten und gucke direkt auf die ‚Juwelengasse‘“, lacht sie. Domenica meint die Schmuckstraße, dort ist der Transenstrich.

Dann hustet sie nochmal, holt ein Fernglas raus: „Ich sehe jede Falte! Die Hamburger Frauen sind immer noch so schön wie früher.“ Den Humor hat Domenica nicht verloren.

Warum die Rückkehr? „Als mein Bruder Amando 2001 starb, hatte ich von ihm das Haus in Boos geerbt. Dort hatte ich einige Zimmer vermietet. Doch das klappte nicht. Allein den Öl-Tank zu füllen hat 1000 Euro gekostet, nach sechs Wochen war der leer. Ich vereinsamte da, hatte niemanden, außer zwei 80-jährige Nachbarinnen. Jetzt hab ich alles verkauft, für unter 100 000 Euro. Davon lebe ich.“

Es klingelt. Anna (58) steht da. Domenica ist ganz gerührt, beide nehmen sich in den Arm. Domenica: „Anna ist auch eine ehemalige Stiefelfrau, wir kennen uns 25 Jahre, haben beide in der Herberstraße geackert. Ich bin so glücklich, wieder in Hamburg zu sein, denn auf St. Pauli ist man niemals allein.“

Natürlich nicht ohne BILDer:
http://www.bild.de/BILD/hamburg/leute/2 ... 28024.html





Express: Kult-Objekt

Hure Domenica zurück auf St. Pauli


Hamburg - Fünf Jahre teilte sie ihr Leben nur noch mit zwei 80-jährigen Nachbarinnen. Mitten in der Vulkaneifel! Jetzt ist Domenica Niehoff (62), Deutschlands bekannteste Hure, wieder „zu Hause“. Sie zog zurück nach St. Pauli. In der Eifel war einfach nichts los!

Domenica in der Eifel: Das sollte eigentlich ihr Altersruhesitz werden.
Foto: Gottschalk

Sie kämpfte für die Rechte Prostituierter, war in Talkshows zu Gast und avancierte so zum gefragten Medienstar. Der Literat Wolf Wondraschek widmete ihr sogar ein Gedicht! Domenica kennt einfach jeder, sie war Hure, Domina, später Street-Workerin.

Nur in den letzten Jahren war es still um die gebürtige Kölnerin geworden. Kein Wunder, in der Eifel teilte sie ihr Leben mit zwei 80-jährigen Nachbarinnen. „In Boos war das so langweilig, ich hab nur gekocht, gefuttert, gekocht, gefuttert“, erzählt sie einer Ortszeitung.

Jetzt ist die dralle Ex-Hure zurück in St. Pauli - mit 20 Kilo mehr auf den Rippen! Fünf Jahre hat sie es in Boos (Eifel) ausgehalten. Von ihrem Bruder, der 2001 starb, erbte Domenica das Haus. Sie zog ein, vermietete auch Zimmer. Aber das klappte nicht: „Jetzt habe ich alles verkauft, für unter 100.000 Euro. Davon lebe ich.“

Und wie geht´s weiter? Auf St. Pauli hat Domenica eine 2-Zimmer-Wohnung gemietet. Von ihrem Wintergarten schaut sie direkt in die Schmuckstraße, auf den Transenstrich. Ein Fernglas liegt immer bereit, sie beobachtet das Treiben der Prostituierten!

„Ich sehe jede Falte! Die Hamburger Frauen sind immer noch so schön wie früher“, erzählt die humorvolle 62-Jährige. „Ich bin so glücklich, wieder in Hamburg zu sein, denn auf St. Pauli ist man niemals allein.“

http://www.express.de/nachrichten/news/ ... 39269.html





Deutschlands bekannteste Ex-Hure, über den Kiez und das Älterwerden

Domenica Niehoff, 62, ist Deutschlands bekannteste Ex-Hure. Jahrelang leistete sie auf dem Kiez vollen Körpereinsatz – zuletzt allerdings als Streetworkerin, die den Mädchen beim Ausstieg aus dem Milieu half. Nachdem sie eine Zeitlang in Boos (Eifel) gelebt hat, ist Domenica vor vier Wochen auf den Kiez zurückgekehrt. Dort lebt sie jetzt in einer kleinen Wohnung. WELT ONLINE sprach mir ihr über St. Pauli, Freier und das Älterwerden.

Domenica
Foto: dpa
1988: Domenica mit weit ausladendem Dekollete am Fenster

WELT ONLINE: Sind Sie froh, wieder in Hamburg zu sein?

Domenica Niehoff: Natürlich. Jeder redet mit jedem, jeder fragt jeden was. Man hilft einander auf St. Pauli.

WELT ONLINE: In der Eifel war das nicht so?

Domenica: Da kennen Sie die Bauern aus der Eifel nicht! Die sind von einem ganz anderen Schlag als die Leute vom Kiez.

WELT ONLINE: Wie lange haben Sie nicht auf dem Kiez gelebt?

Domenica: Das waren bestimmt mehr als zehn Jahre, obwohl ich immer Kontakt hatte.

WELT ONLINE: Was hat sich in dieser Zeit verändert?

Domenica: Ich sehe die Veränderung in der „Kaffeeklappe“. Das ist eine Organisation der Diakonie, die Prostituierten beim Ausstieg aus dem Milieu hilft. Da sind Gott sei Dank jetzt junge Aussteigerinnen. Die sind nicht so verrottet, wie wir es damals zum Teil waren. Die sehen noch gut aus, sind jünger und hübscher, gepflegter und haben bestimmt Chancen, ein neues Leben anzufangen. Für den Drogenstrich in St. Georg sage ich Ihnen aber genau das Gegenteil: Den Mädels, die auf Droge sind, geht es ganz schlecht. Sie haben Eiterbeulen und Abszesse an Armen und Beinen durch die Spritzen.

Domenica
Foto: Reto Klar
Domenica Niehoff heute: Vor einer Hauswand auf St. Pauli

WELT ONLINE: Was hat sich noch verändert auf St. Pauli?

Domenica: Es gibt nicht mehr diese tolle Herren und Freier, die wir früher hatten. Die haben noch wirklich etwas springen lassen. Heute kommen die Männer abgezählt hierhier mit Hartz IV. Es kommt die Masse, aber keine Klasse mehr. Und die Preise sind total verfallen. Hier wird schon mit 20 Euro gekobert. Außerdem macht das Internet viel kaputt, die vielen Fotos. Und man verabredet sich lieber im Chat.

WELT ONLINE: Wo wird der Kiez in einigen Jahren stehen, sozial gesehen?

Domenica: Eine neue Generation ist da. Und von den Älteren stirbt fast jeder Woche eine. Der Zusammenhalt wird, das glaube ich, geringer werden. Jeder will ein Stück Brosamen haben, alle wollen mit abkassieren auf der geilsten Meile.

WELT ONLINE: Viele, denen Sie zur Symbolfigur geworden sind, freuen sich, dass sie zurückgekehrt sind...

Domenica: Früher haben mich viele richtig zur Minna gemacht, weil ich in den Medien auf das Tabu-Thema Prostitution hingewiesen habe. Die gleichen Leute kommen nun zu mir und fragen mich, ob ich ihnen mit ein bisschen PR helfen kann. Weil sie meinen, dann ist mehr los in ihrem Laden.

WELT ONLINE: Wie sehen Sie heute Ihre Rolle als Symbolfigur?

Domenica: Ich will jeden Tag eine gute Tat vollbringen. Wenn zu mir ein Mädchen kommt, hole ich sie hoch in meine Wohnung. Ich gebe ihr etwas zu essen und koche immer frisch. Dabei kann man sich gut unterhalten. Bin ich überhaupt richtig geschminkt?

WELT ONLINE: Perfekt. Was haben Sie in all den Jahren als Deutschlands bekannteste Prostituierte erreicht?

Domenica
Foto: Reto Klar
Wer läuft denn da? Domenica greift nur zum Spaß auf ihrer Veranda zu einem Bundeswehrfernglas, um die Mädels auf der Straße zu beobachten.

Domenica: Ich habe erreicht, dass mehr über Prostitution geredet wird. Dass nicht mehr so darüber getuschelt wird. Dass sich Mädels trauen, zu sagen: Ich war im Milieu, aber jetzt will aussteigen. Wer dagegen früher hier gelandet war, der kam nicht wieder raus.

WELT ONLINE: Haben Sie sich selbst verändert?

Domenica: Ich habe nicht das Gefühl, mich verändert zu haben. Außer dass ich dicker geworden bin. Das hat sich verändert.

WELT ONLINE: Sie haben in ihrem Leben viele Männer gehabt...

Domenica: Gehabt weniger. Die sind hier so vorbeigezogen.

WELT ONLINE: Wie haben Sie die Freier erlebt?

Domenica: Es gab solche und solche und solche. Alle Schichten. Sie waren winselnd, bettelnd, fordernd, gemein. Brav, lieb, reich, arm, jung, alt. Ich hatte alles, ich hatte alles. Ich weiß gar nicht, was mir noch fehlt.

WELT ONLINE: Wieviele mögen das gewesen sein?

Domenica: Da möchte ich keine Zahl nennen.

WELT ONLINE: Bereuen Sie etwas in Ihrem Leben?

Domenica: Man bereut entweder alles oder gar nichts. Wenn, dann müsste ich alles bereuen. Da hätte ich einen ganz anderen Weg gehen müssen. Ich möchte aber nicht alles noch mal erleben. Doppelt gemoppelt ist doch langweilig. Mein erster Mann hat sich erschossen in meinem Beisein. Das hat dann dazu geführt, dass ich obdachlos wurde und das schnelle Geld machen wollte. Noch heute warte ich auf das schnelle Geld. Und es kommt immer noch nicht.

WELT ONLINE: Sie haben damals für die Rechte der Prostituierten gekämpft und ein Tabu gebrochen. Wofür lohnt es sich heute zu kämpfen?

Domenica: Es gibt noch immer Diskriminierung und Verachtung. Ich muß ich mich immer noch entschuldigen, dass ich das gemacht habe.
Die Verachtung den Frauen gegenüber ist aber nicht gerechtfertigt. Und die Scham bei den Frauen ist ebenfalls noch da. Es ist nicht so, dass sie mit dem Hintern wackeln: Ich bin eine Hure – ach, wie schön. Sie müssen hart arbeiten.

WELT ONLINE: Könnten Sie sich vorstellen, in einer festen Beziehung zu leben?

Domenica: Ich kann mir das vorstellen. Nur der Mann womöglich nicht.

WELT ONLINE: Aber er kann noch in Ihr Leben kommen...

Domenica: Meinen Sie, der kommt noch in mein Leben? Ich hole mal das Fernglas (greift zu einem Bundeswehr-Fernglas und schaut durch das Fenster der Veranda). Vielleicht sehe ihn herumlaufen...

WELT ONLINE: Gab es einen besonderen Mann in Ihrem Leben, eine große Liebe?

Domenica: Ja, die gab es mal. Aber im Moment bin ich vogelfrei, und das ist schön so.

WELT ONLINE: Macht Ihnen das Altwerden Probleme?

Domenica: Ich hoffe nur nicht, dass es im Kopf losgeht. Auch möchte ich nicht bettlägerig sein. Ansonsten ist mir das Alter wegen einer Falte mehr oder weniger wirklich Wurscht.

http://www.welt.de/hamburg/article20580 ... erden.html





Interview gemeinsam mit Brigitte Obrist:
viewtopic.php?t=2271

TV-Auftritt bei Maischberger, hat nur wenigen gefallen:
viewtopic.php?p=17610

Statistenrolle im Kunstwerk zur Wollust (Luxuria):
viewtopic.php?p=28633#28633





.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Hier meine Schnellübersetzung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Regierungsbericht Neuseeland:

Exiting Prostitution:
Models of Best Practice
Prepared for the Ministry of Justice by
Pat Mayhew and Dr Elaine Mossman
Crime and Justice Research Centre
Victoria University of Wellington
October 2007


http://justice.govt.nz/prostitution-law ... report.pdf
(46 Seiten)

vgl. Länderberichte Neuseeland:
viewtopic.php?p=37403#37403





Aus der Zusammenfassung:


Es gibt mittelprächtig viele Untersuchungen und Veröffentlichungen über das Thema, mit der aktuellsten und umfassendsten aus England.

Der Schwerpunkt wird meist auf Prostitutionsverhinderung bzw. Einstiegsverbot gelegt.

Dieser Bericht versucht eine genauere Analyse.





Gruppen von SexarbeiterInnen // Categories of sex workers (Section 1)


Ausstiegshilfen wurden zumeist unterstützt am "unteren Ende" des Sexbiz, der Straßenprostitution. Generell wird wenig unterschieden und die Vielschichtigkeit der Sexarbeit oder wie und ob die verschiedenen Interventionen die und welche Sexworker erreichen. Hier wurden nur die ersten zwei Gruppen betrachtet:

1.) Sexarbeiter, die ihr Tun als Berufsweg ansehen, die sie zufrieden stellt. Dies ist eine wenig bekannte Gruppe auch in Ländern, wo Sexarbeit erlaubt ist. Sie mag klein sein, aber wir wissen es nicht genau.

2.) Sexarbeit als beste mögliche Erwerbstätigkeit. Dies ist möglicherweise die größte Gruppe. Sie ermöglicht Flexibilität bei gleichzeitig großen Verdienstmöglichkeiten.

3.) Sexarbeit, weil es nur wenige Alternativen gibt
(Drogen, Obdachlosigkeit, Minderjährige).

4.) Sexarbeit, weil es keine Alternativen gibt
(Zuhälterein, Menschenhandel).


Die Ansätze, wie sie in verschiedenen Rechtssystemen als Hilfe oder Zwang zum Ausstieg realisiert sind, reflektieren die vorherrschende gesellschaftliche Bewertung der Prostitution. Der rechtliche Status gestaltet Sexarbeit wird von dieser Grundeinstellung gestaltet. Er beeinflußt auch die Intensität und Richtung von Ausstiegsprogrammen.

Die vier Kategorien sind unabhängig von der Unterscheidung Arbeit auf der Straße oder in Betrieben/Wohnungen, obwohl es Korrelationen gibt.

Es gibt eine große Mobilität/Flexibilität der Sexarbeiter, die die Arbeitsstätten und -orte wechseln. Ausstiegsstrategien müssen die unterschiedlichen Karrierewege und -möglichkeiten in der Sexarbeit berücksichtigen.





Wir unterscheiden vier Grundpositionen, je nachdem ob Prostitution gesehen wird als

1.) eine illegale Tätigkeit
Ausstiegsprogramme basieren auf Zwang und gesetzliche Sanktionen, auch wenn Maßnahmen der sozialen Wohlfahrt nicht ausgeschlossen sind.

2.) eine unmoralische Tätigkeit
Ausstieg wird gefördert, weil Prostitution als moralisch 'ansteckende Krankheit' gewertet wird.

3.) eine Form der Gewalt gegen Frauen
Ausstiegsprogramme versuchen die 'Opfer zu reparieren' auf der Basis ihrer Verfehlungen. Sexarbeiter, die es als Karriere betreiben oder als beste Beschäftigungsoption verhalten sich dazu widerspenstig, was als Beleg ihres Opferdaseins interpretiert wird.

4.) ein soziales Problem
Sexarbeit wird als Symptom einer sozialen Ungerechtigkeit und unzureichender staatlicher Unterstützungssysteme gesehen, die versagt haben Sexarbeitern alternative Optionen zu eröffnen.
Anhaltspunkte dass viele Sexarbeiter zerstörte oder unbefriedigende soziale Hintergründe haben, begründet diese Perspektive.





Eintritt in die Sexarbeit // Entering sex work (Section 2)

Die Gründe für den Einstieg in Sexarbeit zu kennen mag bedeutsamer sein zur Prostitutionseindämmung als für Ausstiegshilfen, doch die Einstiegsgründe können bestehen bleiben, sodaß viele in der Sexindustrie verbleiben.

Die Literatur zeigt eine Kombination von push- und pull-Faktoren beim Einstieg in Sexarbeit.

Push-Faktoren
Insbesondere für junge Straßenprostituierte mögen sein:
Mißbrauch,
Versorgungsende,
Schulausschluß,
Obdachlosigkeit,
Geldnot

Pull-Faktoren
können sein:
Neugier,
Tipps von anderen SW,
Freiheit der Zeiteinteilung auch für andere Verpflichtungen. Doch das wichtigste ist der
höhere Verdienst im vergleich zu Regeltätigkeiten.





Verbleib in der Sexarbeit // Remaining (Section 2)

Die Verdienstmöglichkeiten sind eine unwiderstehliche Verlockung dabeizubleiben. Dies begründet warum die Jobzufriedenheit i.A. größer ist als es gängige Prostitutionsklischees zulassen. Eine bedeutende Breitbandstudie in London zeigte, daß viele Sexarbeiter im Job blieben, sogar als sich andere Möglichkeiten ergaben z.B. durch Praktika oder Studium.

Sexarbeit wird auch kombiniert mit anderen Tätigkeiten und ermöglicht Ausbildungen.

Hinweise gibt es auch, daß Sexarbeiter fühlen einen sozial sinnspendende Dienst zu erbringen, emotionale Unterstützungen zu bieten, Hilfen für sozial oder körperlich Behinderte darbringen und Unterstützung zu geben für solche Leute mit ehelichen Problemen.





Im Falle eines Ausstiegs // The case for exiting (Section 2)

...


Ausstieg // Exiting (Section 2)

Ausstieg wurde wesentlich weniger wissenschaftlich analysiert als Einstieg.

Es gibt drei prinzipielle Aspekte von Ausstiegsproblemen:
  • Viele, wenn auch längst nicht alle, wollen sexarbeit verlassen

    Das Anti-Prostitutionstigma mag hier eine entscheidende Rolle spielen. Straßenprostituierte wollen am häufigsten aufhören.
  • Es ist schwer aufzuhören

    Es gibt zahlreiche Barrieren die Sexarbeit zu beenden.
    Wirtschaftliche Gründe sind die größten.
    Drogen- oder Wohnungsprobleme sind häufig.
    Partner mögen auf einer Weiterarbeit bestehen.
    Sexworker mögen sich an den Lebensstil gewöhnt haben.
    Es liegt ein Verlust von sozialen Unterstützernetzwerken vor, der den Wechsel in die bürgerliche Gesellschaft erleichtern könnte.
    Viele Sexworker werden nur in ihrer Sexwork-Community unterstützt.
    Sexworker wollen keine bürgerlichen Hilfen in Anspruch nehmen, wo sie glauben beurteilt zu werden.
    Manche leben ein chaotischen Lebensstil, insbesondere die auf der Straße arbeiten, und finden es schwer sich an bürgerliche Hilfsinstitutionen zu binden.
  • Ausstieg ist in den seltensten Fällen eine einstufige Entscheidung

    Es gibt kaum einen einfachen Ausstiegsakt.
    Es ist vielmehr ein Prozess mit Unterbrechungen und Neustarts.
    Die Verlockungen dabei zu bleiben stehen in Konkurrenz zu den Ausstiegsschwierigkeiten
    und die unsicheren Vorteile weiterzumachen ohne Sicherheiten für formelle oder informelle Unterstützung.

    Viele Studien belegen die Häufigkeit der Ausstiegsversuche. In Neuseeland, England und Kanada haben zweidrittel versucht aufzuhören.
    Eine Studie zeigt, daß AussteigerInnen haben fünf bis sechs Anläufe starten müssen, bevor der Ausstieg gelang.



Ausstiegsrouten // Pathways to exiting (Section 2)

Die Literatur beschreibt es als Prozess und nicht als Ereignis, aber es gibt Hinweise wie Wandel in den Umständen als Sprungbrett zum Ausstieg dienen kann.
Während SexarbeiterInnen häufiger Arbeitspausen einlegen und dann wegen Geldproblemen zurückkehren, können sich Entscheidungspunkte herauskristallisieren.
Das können zufällige Ereignisse wie neue Bekanntschaften/Beziehungen sein oder Krisensituationen wie Gewalterlebnis, Wegnahme des eigenen Kindes.





Die Zeit danach // After exiting (Section 2)

Es gibt kaum Langzeitstudien. Die wenigen verfügbaren Studien beleuchten die negative Wirkung des Stigmas und der sozialen Ausgrenzung und der schlechte Gesundheitszustand und psychische Instabilität von Sexarbeitern.





Prinzipien von Vorbildlichen Ausstiegshilfen // Principles of best practice in exiting interventions (Section 3)

Literatustudie

Es gibt eine mäßige Anzahl zu Unterstützung und Ausstieg. Sie fällt in drei Kategorien:
  • Wissenschaftliche Studien, die die Wirkungsweise untersuchen.
  • Strategiepapiere von offiziellen Stellen, welche die Serviceansätze beschreiben.
  • Evaluierungen.
Es gibt mehr Studien in Systemen die Sexarbeit kriminalisieren. Hier scheint Ausstieg eine dringendere Notwendigkeit zu sein.





Unterstützungsangebote zu Ausstiegsangeboten // Support services versus exiting interventions (Section 3)

Ausstiegsangebote können nicht von allgemeinen Beratungsangeboten unterschieden werden. Das heißt andererseits Hilfen sind während des gesammten Vorwärts-Rückwärts-Prozess von einem Ausstiegssuchenden abrufbar.

Hilfsangebote variieren stark. Sie reichen von grundsätzlicher Prävention, Beratungsangeboten, Gesundheitstests, Sicherheits Aufklärung, Hilfe bei Wohnungsproblemen und Kinderbetreuung, Unterstützung von Kolleginnen. Ausstiegstrategien sind Teil des Angebotes.





Die hauptsächlichen Prinzipien für optimale Verfahren der Ausstiegs-Hilfen (Section 3)

Box A
  • Ganzheitliche Betreuung

    Es braucht viele Helfer und Berater mit unterschiedlichen sich ergänzenden Kompetenzen und Wissen, um die Ausstiegsprobleme eines Sexarbeiters lösen zu können:
    Seelische Stabilität und Gesundheit,
    körperliche Gesundheitsversorgung,
    Beratung über Möglichkeiten der Wohlfahrtsführsorgesysteme
    Hilfen bei Wohnungsproblemen
    Vorgeburtliche Hilfen/Mutterschaft
    Kinderversorgung und Elternhilfen
    Schule, Ausbildung und Fortbildungen
    Berufsberatung
  • Bewustseinswandel berücksichtigen

    Es ist ein langwieriger Prozess mit Rückschlagen zu akzeptieren.
  • Wahlfreiheiten ermöglichen

    Sexarbeiter brauchen Wahlmöglichkeiten, aber es muß ihre eigene Entscheidung bleiben
  • Spezielle Angebote und Vermittlungen z.B. von Schlüsselfiguren
  • Vertrauensbeziehungen aufbauen

    Aufsuchendes Streetwork bekommt eine Schlüsselfunktion. Auch Vertrauensbeziehungen zu Betreibern. Sexworker-Multiplikatoren und Ex-Sexworker sind notwendig als Kontaktpersonen für junge Sexarbeiter, die Autoritäten ablehnen.
  • Mittelversorgung

    Unerläßlich um gute Mitarbeiter zu haben.
  • Öffentlichkeitsarbeit

    Es muß gegen das Vorurteilangegangen werden, daß die in der Sexarbeit keine Unterstützung verdient haben. Über Prostitution ist viel Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit zu leisten. Projekte müßen von ihrer Ausstiegshilfen berichten. Gute Kommunikationsfähigkeiten sind erforderlich.
  • Aufsuchende Arbeit

    Sie maximiert die Chancen auch diejenigen zu erreichen, die Aussteigen wollen und besondere Unterstützung benötigen.
  • Standortfrage

    Die Beratungsstelle sollte nah, aber nicht zu nah am Ort der Prostitutionsausübung sein. Öffnungszeiten und Verabredungsmöglichkeiten sollten sich an den Bedürfnissen der Sexarbeiter orientieren.



Idealanforderungen im Gegensatz zu funktionierenden Modellen (Section 3)

Es gibt noch weniger Untersuchungen zu funktionierenden Modellen als zu den idealen Anforderungsprofilen an Projekte. Schwierigkeiten sind: fehlende Basisdaten, keine Vergleichsgruppen, keine Langzeitkontakte, keine Erfolgskontrollmöglichkeit





Drei Typen von Austiegshilfen (Section 4)

Drogenbehandlung, Wohnprojekte und Training, Ausbildung und Berufseinstieg





Drogen-Problematik

Suchtbehandlung und Drogenenzug werden als ersten Schritt für unerläßlich angesehen. Zumal eine Sucht Sexarbeiter rückfällig werden läßt. Die Literatur schlägt viele optimale Verfahren vor:
  • Vorrangiger Entzug.

    Hier sind Kooperationen mit entsprechenden Einrichtungen erforderlich.
  • Krisenintervention als Chance Sexworker zum Drogenentzug zu motivieren
  • Freiwilliger Entzug ist erfolgreicher
  • Maßgeschneiderte Angebote sind erfolgsentscheidend
  • Alle Probleme müssen behandelt werden nicht nur die Drogenthematik.
  • Zuhälter/Partner mußen manchmal einbezogen werden



Wohnungsversorgung

Insbesondere für junge Sexarbeiter sind gesicherte Wohnverhältnisse notwendige Vorraussetzung um Aussteigen zu können, auch wenn Wohnungen oft knapp sind und Sexworker wenig sesshaft.

Krisenintervention. ...





Ausbildung, Praktika und Berufsanstellung

Nicht nur um Anstellungen zu finden, sondern auch um Selbstvertrauen aufzubauen sind Ausbildungen wichtig.
  • Schnelle Zugangsmöglichkeiten zu Ausbildungen und Beschäftigungen
  • Spezialisierte Unterstützungen und Beurteilung um helfen zu können, damit Sexarbeiter die Tätigkeit beibehalten.
  • Beratung, die Fähigkeiten und Interessen mit Beschäftigungsmöglichkeiten zusammenbringen zu können.
  • Zuerst die Probleme Drogen, Wohnung, Kinder, Gesundheit angehen.



Die fünf UK Verbrechens Bekämpfungs Programme (Section 5)

...





Ein Unterstützungsmodell (Section 5)

Es gibt ein Kreislauf mit 4 Phasen:

Verletzlichkeit -> Chaos -> Stabilisation -> Ausstieg/Handlungsfähigkeit ->





Beispielprojekte (Anhang 1)

...




_________________





Welche Einstiegs-Vorsichts-Regeln und welches Berufskompetenz-Wissen Sexwork lassen sich aus solchen Ausstiegs-Projekte-Erfahrungen ableiten?

Siehe auch diese TV-Doku "Endstation Sexbiz" und die vier praktischen Lebensregeln einer erfahrenen Sexarbeiterin:
viewtopic.php?p=37662#37662





.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Verschlungene Berufswege:

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ein Sprichwort sagt: "Wer Nichts wird, wird Wirt"
Oder Sexarbeiter, oder Betreiber und wenn das nichts mehr wird: Wirt? Oder besser doch nicht Wirt sondern besser doch Sexworker bleiben bis ins hohe Alter?

Hier ein update zur Lebensgeschichte der berühmten Berliner Kollegin Molly Luft von der BILD-Zeitung:



Deutschlands dickste Hure macht ihre Kneipe dicht
Bei Molly ist die Luft raus


Von HARTMUT KASCHA

Sie schien dick im Geschäft – doch am Ende war bei Molly die Luft raus!

Molly Luft in ihrer Kneipe

Molly Luft (64) in ihrer Kneipe „Molly“ in Kreuzberg im November 2004. Jetzt verkauft sie das Lokal, wird wieder Hure

Im November 2004 hatte Deutschlands dickste Hure Molly Luft (64, 130 kg) umgesattelt:
„Ich schiebe kein Nümmerchen mehr – ich werde Wirtin.“
Sie übernahm die Eckkneipe „Bully“ in der Blücherstraße (Kreuzberg), eröffnete das „Molly“.

Doch der Wechsel von Liebe & Lust zu Lokal & Likör wurde zur Luft-Nummer!

Jetzt sucht sie auf ihrer Internetseite www.mollyluft.de einen Käufer. Verhandlungsbasis 15.000 Euro. Dafür gibt‘s die Inneneinrichtung (Tresen, Kühlvorrichtung, Beamer, TV). Pacht: 1.070 Euro/Monat.

BILD fragte nach: Sind Sie pleite, Frau Luft?

„Ein bisschen kann man davon reden. Geld, das ich mit Sex verdiente, schluckte großenteils die Kneipe. Ich investierte 40.000 Euro, die nicht wieder reinkamen. Ich musste die Notbremse ziehen.“

Dazu Gesundheitsprobleme. „Bandscheibenvorfall! Ich kann nicht mehr hinterm Tresen stehen.“ Liegen aber geht noch... „Ich kehre zu meiner Profession zurück“, verkündet die Hure. „Ich mache wieder einen Puff auf.“

Mit Verlaub, Frau Luft, sind Sie dafür nicht ein wenig zu alt? „Mit 64 fängt das Puffleben erst richtig an. Außerdem lieben mich speziell junge Männer. Die können bei mir Nachhilfe bekommen...“

Original natürlich nicht ohne BILD:
http://www.bild.de/BILD/berlin/aktuell/ ... 51156.html





Nun macht es eine Nichtraucherschutzpolitik in Zeiten der Rezession den EckkneipenbetreiberInnen auch nicht gerade leicht, wirtschaftlich zu überleben.

Aber möglicherweise muß die ganze SW-Ausstiegsproblematik von einer anderen Seite betrachtet werden.

Einerseits gibt es riesige Hemmnisse die Sexarbeit verlassen zu können (Falle Prostitution).

Zusätzlich gibt es riesigen Druck die Sexarbeit verlassen zu müssen (Putophobie). Selbst die wirtschaftlichen Überlegungen gegen nachhaltige Sexarbeit (diese rentiere sich nur für Frischfleisch) scheinen einseitig und evt. sogar ideologisch zu sein, insbesondere bei präkarisierenden globalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Andererseits gibt es Menschen die eine große Kompetenz für Sexarbeit erworben haben.

Warum unterstützen wir Menschen nicht in der Sexarbeit eine befriedigende nachhaltige Karriere leben zu können?





.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Perspektivwechsel für 62 Euro?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Amsterdam hilft Prostituierten

Die niederländische Hauptstadt ist berüchtigt für ihr Rotlichtviertel. Den Frauen, die ihr Geld mit Prostitution verdienen will die Stadt nun helfen - indem sie sie vor kriminellen Banden schützt und sie beim Ausstieg aus der Szene unterstützt.

25.6.2008 12:52 Uhr


Amsterdam - Amsterdam will seinen rund 8000 Prostituierten mit fast 500.000 Euro unter die Arme greifen [62,50 Euro/Sexarbeiterin]. Das Geld solle die Frauen vor den Machenschaften von kriminellen Banden schützen und denjenigen helfen, die aus dem Milieu aussteigen wollten, kündigte die Stadtverwaltung der für ihr Rotlichtviertel berühmt-berüchtigten Metropole an. Für einen entsprechenden Aktionsplan würden bis 2010 insgesamt 475. 000 Euro bereitgestellt. Der Plan sieht unter anderem auch die Schließung von Bordellen vor, die von Kriminellen kontrolliert werden.

"Es ist wichtig, die Situation der Prostituierten zu verbessern", sagte die stellvertretende Gesundheitsdezernentin Marijke Vos. "Sie müssen die Freiheit der Wahl haben und dürfen nicht unter die Kontrolle von Menschenhändlern geraten." In Amsterdam arbeiten nach Schätzungen der Stadtverwaltung rund 8000 Prostituierte, ein Viertel von ihnen bietet sich in Schaufenstern an. In den Niederlanden ist Prostitution seit dem Jahr 2000 legal, die Frauen werden arbeits- und steuerrechtlich wie gewöhnliche Arbeitnehmerinnen oder Selbständige eingestuft.

(ut/AFP)
http://www.tagesspiegel.de/politik/inte ... 23,2558733





.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Studie: Qualität abhängiger Beschäftigungsverhältnisse

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Arbeitsbedingungen

Nur jeder 8. ist zufrieden




Sogenannte Zwangsprostituierte wüßten zwar oft, daß sie in der Prostituition arbeiten werden und seien damit einverstanden, aber allein ein Täuschen über die tatsächlichen schlechten Arbeitsbedingungen reicht nach aktueller aufgeweichten Rechtslage aus um Menschenhandel zu verurteilen.

Nicht wenige SexarbeiterInnen haben die Abwägung: stigmatisierte sexuelle Arbeit mit großen Zeitfreiheiten bei hohen Preisen vs. niedrigbezahlte Prekärbeschäftigungsverhältnisse zugunsten ersterer entschieden. Diese Entscheidungslage besteht auch als Ausstiegshindernis fort.




Arbeitsbedinungen nichtsexuelle Arbeit

in der DGB-Studie:

13 % gut
55 % mittelmäßig
32 % schlecht


43 % schlecht bei Prekärarbeitsverhältnissen

„prekär“ definiert als „befristete Vollzeitstelle und/oder in Zeitarbeit beschäftigt mit einem maximalen Brutto-Monatslohn von 2.000 Euro“.

Lediglich 47 Prozent der Beschäftigten arbeiten in einem nicht prekären Arbeitsverhältnis.



Aktueller gemessener DGB Index "gute Arbeit" in Deutschland 2008 = 59
Index gemessen nur an der Frage Einkommen = 40
Unter 50 gilt als schlechte Arbiet
Über 80 gilt als gute Arbeit.

Alle Diagramme (pdf 14 Seiten)

www.dgb-index-gute-arbeit.de





.

Hanna
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 908
Registriert: 08.10.2007, 19:06
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Hanna »

dazu vielleicht doch einige differenziierende Anmerkungen:

1. das ist eine Studie des DGB, wie eine Studie des Arbeitgeberverbandes ausschaut darüber kann ich nur spekulieren

2. wir haben einen zu breiten Bauch von als "mittelmäßig" klassifizierter Arbeit. Den hätte man schon noch ein wenig mehr differenzieren können

3. trotz allem müssen sich die Arbeitsbedingungen verbessert haben. denn nicht nur die Anzahl der Krankheitstage hat sich jahrzehntelang immer mehr verringert (das könnte man ja noch mit der Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes begründen!) aber es sind z.B. auch die Zahl der Arbeitsunfälle und der Berufskrankheiten zurückgegangen.

4. die Geldgrenze von prekär scheint mir etwas zu weit nach oben gerutscht. 2000 Euro sind doch kein prekäres Arbeitsverhältnis! Das ist ein Stundenlohn von deutlich über zehn Euro, also wesentlich mehr als offiziell als "Mindestlohn" gefordert wird was IMHO auch schon überzogen ist.

Hanna
Augen gab uns Gott ein Paar / um zu schauen rein und klar / um zu GLAUBEN was wir lesen / wär ein Aug' genug gewesen (aus HH. zur Teleologie)

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

SexBiz verkaufen? Was kostet ein Einzelsexworkerunternehmen?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ausstieg,

oder wie man ein Einzelsexworkerbusiness verkauft




Jedes Unternehmen hat einen Wert = goodwill:
- Börsenwert
- Eigenkapital
- Kundenzahl
- Gewinn


Die Bestimmung dieses Geschäftswertes kann man betriebswirtschaftlich-wissenschaftlich ermitteln (due diligence) oder aus dem Bauch heraus aushandeln. Denn neben den oben aufgezählten inneren Firmen-Werten zählen auch die äußeren Marktverhältnisse aus Angebot und Nachfrage und die konkreten Eigenschaften und Interessen des pot. Käufers.

Für die inneren Werte gibt es mehrere Schätzmethoden (Faustformeln) und dazu kommt dann ein Aufschlag für die äußeren z.B. + 30 % bei hoher Marktnachfrage und + 40 % bei großen Interesse des Käufers. Doch das Sexbiz ist seit Fall des eisernen Vorhangs (verstärkte Globalisierung) ein Nachfragermarkt zugunsten der Paysexkunden mit Sexdienstleistungs-AnbieterInnen-Überangebot.





Faustformeln für den Firmenwert:
  • Für den Börsenwert multipliziert man den Aktienkurs x Anzahl der Aktien. Eine Methode, die man aber nur bei einem einzigen Bordell in Australien anwenden kann, welches das bisher einzige auf Aktien gebette SexBiz i.e.S. ist. Nachteil am Börsenwert ist, daß er nur etwas über die Spekulationen seitens der Börsianer über die zu erwartenden Gewinne des "Puffs auf Aktien" in der Zukunft aussagt. Und diese Wetten können bekanntlich daneben liegen und Verkaufsgerüchte beeinflussen sie zusätzlich.
  • Der Firmenwert aus dem Eigenkapital schätzt man mit einem Faktor, den Markt- und Branchenkenner aus ähnlichen Firmenverkäufen abgeleitet haben: Firmenwert = Eigenkapital x Faktor. Wenn hohes Eigenkapitat gut fürs Geschäft ist wie z.B. bei einer Bank kann der Faktor größer 1,5 ... 2 sein. etc.
  • Kommen wir zu dem heikelsten Geschäftsgeheimnis, dem Kunden-Adressbuch (Kundenstamm, Kundenzahl). Die Frankfurter Sexarbeiterin Rosemarie Nitribitt wurde angeblich wegen dem Besitz eines solch geführten Buches umgebracht (Mörder nie gefaßt). Andere Frauen versuchen solche Infos eher an die meistbietenden Medien zu verkaufen (s.o.) als an eine Nachfolgerin. Die US Agenturbetreiberin Palfrey benutzte es schließlich als Faustpfand zur eigenen Sicherheit gegen die Anklagebehörde im Zuhältereiprozess und habe letztlich Selbstmord begangen. Fakt ist, daß für jeden neuen Kunden Werbung gemacht und und somit Marketingkosten ausgegeben wurden. Das können je nach Geschäftsmodell 50 oder 500 Euro pro Kunde sein. Also z.B.: Kundenzahl x 100 Euro = Firmenwert. Aber kann eine Nachfolgerin wirklich die Adressliste 1:1 in ihre Kundenliste überführen, wo es doch um eine intime und höchstperönliche Dienstleistung geht und sie nicht einfach austauschbar einspringen kann?
  • Gibt es noch die Methode Firmenwertbestimmung aus dem Gewinn. Letztlich kauft man ein Geschäft ja nur, um etwas zu verdienen. Also werden die Gewinnerwartungsplanwerte für die kommenden 3 oder 5 Jahre abgezinst auf den Verkaufszeitpunkt (diskontieren). Man rechnet also wieviel Geld müßte ich bei marktüblichen Zins anlegen, um gleichviel Rendite zu haben. Faustformel: Firmenwert = Gewinn vor Steuern x Faktor. Faktor ist zwischen 5 und 10. Ist bekannt was die sog. Zuhälter und Menschenhändler hier für Ansätze haben?



Also als Hausaufgabe zum Wochenende mal den eigenen Firmenwert ausrechnen.

Wer hat eigendlich mal daran gedacht als Einsteigerin ein Geschäft oder Adressbuch zu kaufen?


Bsp. aus der BILD-Zeitung vom 22.8.2008:
viewtopic.php?p=41754#41754

Geschäftsaufgabe Lusty Ladies kostet 50.000$ im 9.2013:
viewtopic.php?p=134643#134643





.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 05.09.2013, 15:26, insgesamt 3-mal geändert.

Hanna
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 908
Registriert: 08.10.2007, 19:06
Ich bin: Keine Angabe

Dilemma und Fallen Sexarbeitseinzelbusiness

Beitrag von Hanna »

Hallo Marc,

Ausgangspunkt deiner Überlegung war ja der Verkauf eines Einzelgeschäftes, also wo nur eine Frau arbeitet.
Das halte ich eigentlich nicht für sehr realistisch. Man muß ja berücksichtigen:
- die meisten Neueinsteigerinnen haben ja kein Geld, denn das ist doch die Motivation für die meisten, der Sexarbeit nachzugehen. Sind sie Anfängerinnen liegt ja auch eine gewisse Wissensassymetrie vor.
- gerade als Anfängerin hast du kein Problem mit der Aquisition. Auf neue Telefonnummern hüpfen die Kerle doch immer...

Was anderes wäre der Kauf einer eingelaufenen Terminwohnung.

eine Methode fehlt aber nich bei deiner Aufzählung, die ich immer im Scherz die "to buy oder to make selber" Methode nenne. D.h. was würde mich die Etablierung einer Terminwohnung an Zeit und Aufwand kosten, anstelle des Kaufes. Zieht man das ins Kalkül, dann kann man so ne Wohnung nur für eine relativ geringe Ablöse (Abgeltung fürs Inventar) verkaufen.

Denn in einer Branche wo der Reiz für den Kunden ja vielfach im "Neuen" besteht haben Adresslisten nur einen geringen Wert.

lg, Hanna
Augen gab uns Gott ein Paar / um zu schauen rein und klar / um zu GLAUBEN was wir lesen / wär ein Aug' genug gewesen (aus HH. zur Teleologie)

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Medialer Ausstieg einer Gastarbeiterin als Madam

Beitrag von Marc of Frankfurt »

TV-Portrait: Bordell mit 14 Frauen zu verkaufen in Saarbrücken:
Patricia's World

Die Chefin will einen neuen Lebensabschnitt




Davon erfahrt die Ex-Viva-Moderatorin Sarah Kuttner und präsentiert den Puff,
besser: den Ort von Sexarbeit & Paysexkonsum,
in ihrer neuen Sendung "Kuttners Kleinanzeigen".


Bild


"Bordell mit 14 Frauen zu verkaufen", so lautet zumindest eine Kleinanzeige in der Tagespresse.
Die Kolumbianische Chefin will ihr Geschäft verkaufen.

Den Namen
Den guten Ruf,
bei den Kunden in Saarbrücken
bei den Sexarbeiterinnen in ganz Deutschland
und das Adressbuch...

Die Frauen und
das Haus sind nicht incl. im Kaufpreis, stellt Sarah durch Nachfragen fest.
Das Haus muß separat angemietet werden.
Die Frauen müssen selbst geworben werden...



Patricia und die Girls werden interviewt.

Die Chefin möchte das Sexbiz und Deutschland verlassen,
und zu ihrem Mann (aus der Politik) nach Kolumbien zurückkehren
und ein neues Leben beginnen.



Ein gutes Tauschgeschäft?
Die Medien haben etwas Sexbiz-Erotik-Vojeurismus und das Sexbiz etwas Medienpräsenz-Werbung.


http://www.daserste.de/kuttnerskleinanz ... e,1~cm.asp





.