Trinken in Bordellbars

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nina777
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Trinken in Bordellbars

Beitrag von nina777 »

Trinken in Bordellbars kein Verstoß mehr gegen die guten Sitten

Die gute alte Sittlichkeit ist aus der Mode gekommen: Die Schankerlaubnis für eine Bordellbar kann eine Kommune jedenfalls nicht mit der Begründung-Das ist sittenwidrig-verweigern.



Rotlichtmilieu: Rotes Tuch für viele Gemeinden

Das Rotlichtmilieu ist meistens ein rotes Tuch für Gemeinden und Städte. Auch wenn die Nachfrage das Angebot bestimmt, will so mancher Amtsschimmel doch Bordelle und dazugehörige Bars und alles was es noch so gibt im Rotlichtsektor am liebsten aus der Stadt verbannen. Zumal Ärger mit den Anliegern und Sorge um sinkende Grundstückspreise oft vorprogrammiert sind. Dass das Fernhalten -zwielichtiger Etablissements-jedoch schwieriger ist, als es in früheren Zeiten war, musste man in Kempten erfahren:



Unsittlichkeit Vorschub geleistet

Dort hatte man den Antrag einer Bordellbetreiberin auf eine Schankerlaubnis für die Bar eines Bordells verweigert. Die Bar war dazu gedacht, Männern den Kontakt mit Prostituierten zu ermöglichen. Die Stadt argumentierte: Wer als Gastwirt solche Kontakte dulde oder sogar aktiv fördere, leiste der Unsittlichkeit Vorschub – so ein Verhalten sei daher sittenwidrig. Ergo: Der Betreiberin fehle somit die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit. Die Bordellbesitzerin klagte gegen die Stadt und bekam auf ganzer Linie Recht.



Veränderte sozialethischen Vorstellungen: Von Unsittlichkeit keine Rede mehr

Sowohl die Richter des Verwaltungsgerichts Augsburg als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof urteilten: Von Unsittlichkeit kann heutzutage bei einem Barbetrieb in einem Bordell nicht mehr die Rede sein. Leiten ließen sich die Richter von dem aus dem Prostitutionsgesetz folgenden Wandel der sozialethischen Vorstellungen. So sei die Ausnutzung sexueller Bedürfnisse zu Kommerzzwecken nicht grundsätzlich als sittenwidrig anzusehen.

Von Sittenwidrigkeit kann man erst sprechen, so die Richter im Einklang mit dem Bundesverwaltungsgericht, wenn das sexuelle Verhalten der Erwachsenen in so einem Etablissement

* nicht mehr mit dem Menschenbild des Grundgesetzes vereinbar ist und so auch die Arbeitsbedingungen der Prostituierten nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen,
* einen Straftatbestand oder eine Ordnungswidrigkeit erfüllt oder
* gegen jugendschutzrechtliche Bestimmungen verstößt.

(Bayer. VGH, Urteil v. 9. 9. 2008, 22 BV 06.3313).

(Haufe Online-Redaktion).

http://www.haufe.de/recht/newsDetails?n ... htsgebiete

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Marc of Frankfurt
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Gaststättengesetz (GastG)-Urteil

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Das ist ein epochales Urteil, noch dazu aus Bayern. Und nicht nur der BayVGH sondern schon das Augsburger VG habe im Sinne des ProstG sexworker.at/prostg geurteilt.

Damit wird den Behörden/Kommunen verboten ein Prostitutionsverbot aufgrund des damals nicht reformiert wordenen Gaststättengesetz auszusprechen. Somit wurde das Gaststättengesetz höchstrichterlich reformiert und die Ausstrahlwirkung des ProstG kann nicht mehr umgangen werden. BRAVO und danke die mutigen Kämpfer und Betreiber aus Kempten






Hier die PE des BayVGH:

München, 16.09.2008

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
- Pressemitteilung -

Gaststättenrechtliche Erlaubnis für den Betrieb einer Bordellbar


Mit heute bekannt gewordenem Urteil vom 9. September 2008 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für den Betrieb einer „Anbahnungsgaststätte“ in einem Bordell zu erteilen ist.

Die Geschäftsführerin eines Bordells begehrte die gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Ausschank von Getränken für einen Barbetrieb im Eingangsbereich. Die Bar dient der Anbahnung der Kontakte zwischen Freiern und Prostituierten und ist ausschließlich (potentiellen) erwachsenen Freiern zugänglich. Die Beklagte hatte den Antrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, dass ein Gastwirt, der in seinen Betriebsräumen Anbahnungshandlungen von Prostituierten dulde bzw. sogar aktiv fördere, der Unsittlichkeit Vorschub leiste. Damit besitze die Klägerin nicht die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit.

Wie zuvor bereits das Verwaltungsgericht Augsburg vertritt der BayVGH die Auffassung, der Klägerin könne nicht entgegengehalten werden, dass sie mit ihrem Barbetrieb in einem Bordell der Unsittlichkeit Vorschub leiste. Unter Berücksichtigung des im Prostitutionsgesetz zum Ausdruck kommenden Wandels der sozialethischen Vorstellungen sei die kommerzielle Ausnutzung sexueller Bedürfnisse oder Interessen nicht grundsätzlich als sittenwidrig anzusehen. Allein die Erzielung von Einkünften aus geschlechtsbezogenem Verhalten werde auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als sittenwidrig angesehen, solange das sexuelle Verhalten Erwachsener mit dem Menschenbild des Grundgesetzes vereinbar sei, keinen Straftatbestand erfülle und in einem abgeschirmten Bereich stattfinde, der eine ungewollte Einsichtnahme von Publikum ausschließe. Anhaltspunkte für die Verwirklichung straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlich relevanter Tatbestände lägen bei dem Bordell der Klägerin nicht vor. Die Arbeitsbedingungen der Prostituierten entsprächen den Zielen des Prostitutionsgesetzes und durch die Zugangskontrolle seien Dritte und Jugendliche vor einer ungewollten Konfrontation mit dem sexuellen Geschehen geschützt, insoweit sei also auch der Jugendschutz gewahrt.

Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zugelassen worden. Hiergegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erhoben werden.

Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 9. September 2008 Az. 22 BV 06.3313



Urteil im Volltext: 22 BV 06.3313
http://www.vgh.bayern.de/BayVGH/presse/06a03313u.pdf
(9 Seiten)




Weitere Meldungen:
http://www.juraforum.de/jura/news/news/id/255366/f/106/
http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?docid=266517





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