Premium Dokus zur Prostitution

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nina777
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Premium Dokus zur Prostitution

Beitrag von nina777 »

Themenabend

Sonntag, 28. Februar 2010 um 20.15 Uhr-ARTE

Kurtisanen, Dirnen, leichte Mädchen, Huren, Nutten oder Callgirls - ihre Namen sind so vielfältig wie die Dienste, die sie anbieten.

Für Prostituierte gibt es Dutzende von Bezeichnungen. Jede Epoche und jedes Land hat eigene. Der Themenabend erzählt die Geschichte der Prostitution und er erzählt Geschichten von Frauen, die sich aus unterschiedlichen Gründen als "Sexarbeiterinnen" betätigen.Den Auftakt bildet der Spielfilm "Pretty Baby", in dem Regisseur Louis Malle das Schicksal eines zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einem Bordell in New Orleans aufgewachsenen Mädchens schildert.

Ob in der Hamburger Herbertstraße, in der Pariser Rue Saint Denis oder in Amsterdam rund um die Oude Kerk, in allen Ländern Westeuropas - und nicht nur da - haben sogenannte Sexarbeiterinnen gut zu tun. Das ist heute so und war früher nicht anders. Nicht von ungefähr spricht man vom "ältesten Gewerbe der Welt". Sexarbeit war und ist universell und meist ist es finanzielle Not, die Frauen zur Prostitution zwingt.

Der Themenabend zeigt Geschichten von Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen der Prostitution nachgehen.

Den Anfang macht der Spielfilm "Pretty Baby" von Louis Malle. Im New Orleans des frühen 20. Jahrhunderts lebt die Prostituierte Hattie mit ihrer Tochter Violet im Rotlichtbezirk Storyville. Violet ist im Bordell aufgewachsen und wird im Alter von zwölf Jahren zum Objekt der Begierde unter den Freiern.

Die anschließende Doku-Fiktion beleuchtet die vielfältigen Facetten der Geschichte der Prostitution und untersucht das Verhältnis von Macht, Geld und Moral sowie die Stellung der Frau im Sexgewerbe. Sie schlägt einen Bogen vom sündigen Korinth über die Frauenhäuser im Mittelalter, die Edelkurtisanen im Venedig der Renaissance bis hin zu den deutschen Wehrmachtsbordellen und dem boomenden Sex-Business der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart.
Außerdem geben die Zeugnisse heutiger Sexarbeiterinnen aus Europa einen tiefen Einblick in das Leben von Frauen, die am Rande der Gesellschaft leben und dennoch ein nicht wegzudenkender Teil der Geschichte und Gegenwart sind.

http://www.arte.tv/de/programm/242,date=28/2/2010.html

http://www.abendblatt.de/kultur-live/ar ... etten.html





Sonntag, 28. Februar 2010 um 20.15 Uhr
Wiederholungen:
03.03.2010 um 01:05
11.03.2010 um 00:45

1.)
Pretty Baby

New Orleans im frühen 20. Jahrhundert: Die Prostituierte Hattie lebt mit ihrer Tochter Violet im Rotlichtbezirk Storyville...



Bild
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New Orleans im frühen 20. Jahrhundert: Die Prostituierte Hattie lebt mit ihrer Tochter Violet im Rotlichtbezirk Storyville. Violet ist im Bordell aufgewachsen und entwickelt sich mit ihren zwölf Jahren zum Objekt der Begierde unter den Freiern. Ihrer Wirkung auf die Männer wird sich Violet bald bewusst.

Die zwölfjährige Violet bewegt sich zwischen den Prostituierten und Freiern so natürlich wie in einer Großfamilie, deren Funktion das Bordell für die Kleine auch erfüllt. So ist es für Violet auch selbstverständlich, dass sie selbst schon früh in die Prostitution eingeführt wird. Als Violets Mutter Hattie einige Jahre später ein bürgerliches Leben beginnt, bleibt Violet im Bordell zurück. Erst als New Orleans' Sittenwächter auf die Barrikaden gehen und die Schließung des Freudenhauses fordern, verlässt Violet es. Sie wird die Geliebte eines Fotografen. Dann taucht eines Tages ihre Mutter wieder auf ...

Regisseur Louis Malle behandelt das heikle Thema seines Films weder moralisch noch spektakulär. Vielmehr erreicht er durch seine zurückhaltende Erzählweise eine Ambivalenz, die mit der Erwartungshaltung des Zuschauers spielt.
"Pretty Baby" ist Louis Malles erster in den USA realisierter Spielfilm. Er inszenierte ihn nach authentischen Dokumenten, inspiriert durch die Fotografien von John Ernest Bellocq, dessen Figur im Film eine zentrale Rolle spielt.
Louis Malle wurde 1978 für "Pretty Baby" beim Filmfestival in Cannes mit dem "Grand Prix de la Commission Supérieure Technique du cinéma français" ausgezeichnet, für die Goldene Palme war er nominiert.





Sonntag, 28. Februar 2010 um 22.00
Wiederholungen:
10.03.2010 um 01:20
14.03.2010 um 01:20

2.)
Doku-Fiktion: Das älteste Gewerbe

Sexarbeit - vom antiken Griechenland bis heute



Bild


Das älteste Gewerbe
Prostituierte und Sexarbeit
Buch: Uta Kolano, Regie: Katja Esson www.katjaEsson.com


Noch immer bestimmt die Schlüssellochperspektive die Betrachtung der Prostitution, des ältesten Gewerbes der Welt. Die Doku-Fiktion schaut ohne moralische Vorbehalte auf eine Arbeit, die es seit über 2.000 Jahren gibt, Sexarbeit. Sie betrachtet das Leben von Prostituierten in Vergangenheit und Gegenwart und zeichnet die Geschichte von Sitte und Alltagskultur in der westlichen Welt nach. Dabei schlägt sie einen Bogen vom antiken Griechenland über das Mittelalter und die Zeit der Industriellen Revolution bis zur Nachkriegszeit sowie der von Wohlstand geprägten Gegenwart. Und sie erzählt von Frauen im Konflikt zwischen Überleben und Stigmatisierung, Lust und Laster.

In der Hamburger Herbertstraße, im Pariser Bois de Boulogne und in Amsterdam rund um die Oude Kerk - wer Geld gegen Sex tauschen will, weiß, wo er das tun kann. Überall in Europa haben Prostituierte gut zu tun. Allein in Deutschland gehen rund 400.000 Professionelle ihrem Gewerbe nach.
Prostitution gilt als ältestes Gewerbe der Welt. Früher wie heute zwingt oft finanzielle Not die Frauen zur Prostitution. Und über die Jahrhunderte hinweg ist Sexarbeit kein homogener Erwerbszweig.

Zu allen Zeiten gibt es alle Formen, von der zerstörerischen Elends- bis hin zur teuren Edelprostitution. Im Gegensatz zu den angesehenen Hetären und gebildeten Kurtisanen gibt es jedoch von den Hafen- und Straßenhuren kaum Zeugnisse. Prostituierte bewegen sich immer am Rand der Gesellschaft. Egal, ob Prostitution in einer Gesellschaft akzeptiert, toleriert oder verfolgt wird, die Mehrheit betrachtet Huren durch die Jahrhunderte als anstößig, unzüchtig, schmutzig und vulgär. Nicht die Kunden gelten als unmoralisch, sondern jene, die ihnen zu Willen sind. Auch im aufgeklärten Deutschland der Gegenwart, in dem seit 2002 Sexarbeit per Gesetz straffrei und sozialversicherungswürdig ist, halten sich die Vorurteile.
Die Dokumentation untersucht das Verhältnis von Macht, Geld und Moral und betrachtet die Stellung der Frau innerhalb dieses Spannungsverhältnisses im Verlauf der europäischen Geschichte. Sie schildert den Umgang der Freier mit Prostituierten, stellt Fragen nach Hygiene und Verhütung ebenso wie nach Entlohnung und Ausstiegsmöglichkeiten.

Spielszenen versetzen den Zuschauer ins historische Geschehen. Im Mittelpunkt stehen der Alltag der Frauen und ihre rechtliche Situation im jeweiligen Land. Historisierende dokumentarische Sequenzen bilden Überleitungen zwischen Fiktion und Dokumentation. Und immer wieder sind die Stimmen von Frauen zu hören, die als Prostituierte arbeiten.

Zu den Beispielen für Prostitution im Verlauf der Geschichte gehören die Prostituierten:

- Neaira im antiken Griechenland und
- Messalina im antiken Rom,
- Anna von Ulm und die Regeln der mittelalterlichen Stadt,
- Veronica Franco als venezianische Kurtisane im Zeitalter der Renaissance,
- Madame Gourdan in einem Pariser Bordell am Vorabend der Französischen Revolution,
- Annie Chapman als Elendsprostituierte im England der Industriellen Revolution oder die
- Französin Suzy in einem deutschen Wehrmachtsbordell während des Zweiten Weltkrieges
[genauere Liste der portraitierten Sexworker siehe im Posting weiter unten].

http://www.arte.tv/de/programm/242,date=28/2/2010.html
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Marc of Frankfurt
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Das Leben einer Sexarbeiterin im Schaufenster Brüssel

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Tolle Filme. Und das lief auch noch:
Sonntag, 28. Februar 2010 um 23.30 Uhr
Wiederholungen:
05.03.2010 um 05:10
20.03.2010 um 05:00


3.)
Sonia

(Belgien, 2004, 46mn)



Bild


ARTE / RTBF
Regie: Nathalie Delaunoy
Original mit Untertitel Stereo

Prostitution - das sogenannte älteste Gewerbe der Welt - stellt immer noch ein gesellschaftliches Tabu dar. Doch für die 51-jährige Sonia ist es ein ganz normaler Beruf, den sie liebt. Entgegen der Meinung mancher Feministin steht für sie das Recht auf Lust an erster Stelle. Die Regisseurin Nathalie Delaunoy gibt einen Einblick in den Alltag der Prostituierten aus Brüssel und zeigt, wie leicht in diesem Gewerbe die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben verschwimmen.

Sonia lebt in Brüssel und stammt aus eher bürgerlichen Verhältnissen. Seit 30 Jahren bietet sie ihren Körper feil. Die heute 51-jährige Intellektuelle, die sagt, "ganz zufällig zur Prostitution gekommen zu sein", liebt ihren Beruf. Allerdings ist sie sich des schlechten gesellschaftlichen Ansehens ihres Gewerbes bewusst und kämpft deshalb für die Anerkennung der Prostitution als eigenen Berufsstand. Allmorgendlich kommt Sonia in ihr kleines, bewusst gemütlich eingerichtetes Zimmer wie in ein normales Büro. Sie schminkt sich, kleidet sich um und wartet auf die ersten Freier. Darunter sind einige Stammkunden: Pierre vom Ministerium, der Deutsche und Léon. Aber es gibt auch Männer, die sie zurückweist, weil sie "Spuren hinterlassen" würden, das heißt jene, bei denen sie sich wie eine Nutte fühlen würde. "Wenn ich mich nicht prostituiert hätte, wäre ich bei irgendeinem Idioten hängengeblieben und würde ein trauriges Leben führen", sagt Sonia, die sich wohlig im Sessel hinter ihrem Schaufenster räkelt. Sie fordert das Recht auf Liebe und lehnt die Reden der Feministinnen ab, die behaupten, Lust sei kein einforderbares Recht. Für sie ist die Lust nicht nur Recht, sondern Lebensnotwendigkeit. Die 30-jährige Regisseurin Nathalie Delaunoy wird sich im Laufe ihrer Arbeit mit Sonia immer mehr bewusst, wie fließend die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben sein können. Obwohl die Prostitution das sogenannte "älteste Gewerbe" der Welt ist, weiß man wenig darüber, weil sie nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu darstellt. "Dieser Beruf hat mich gelehrt, einem Mann gegenüber den Kopf oben zu behalten."

http://www.arte.tv/de/programm/242,day= ... =2010.html
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 20.07.2010, 22:35, insgesamt 1-mal geändert.

rainman
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Hebammen sind älter

Beitrag von rainman »

Ein hochinteressanter Themenabend! Ich habe alle drei Beiträge gesehen.
Eine kleine Korrektur sei mir aber gestattet:
Prostitution ist das ZWEITälteste Gewerbe auf dieser Welt. Das älteste üben die Hebammen aus. Dazu ein Zitat von einem, der es wissen muss:
"Die Prostitution ist als Kulturerscheinung, dies gehört zu ihrem Wesen, relativ jung, denn sie ist, wie ein Blick in die Geschichte zeigt, an die Existenz der Städte gebunden. Und die gibt es frühestens seit dem Ende der Jungsteinzeit. Denn erst die Städte bieten jene Anonymität an, unter deren Schutz Kunde und Dirne zueinander finden..." (Girtler,R., Der Strich, Wien 5/2004, S.277)

Liebe Grüße

rainman

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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Danke für diese zwei Gedanken:

zu Hebammen und jungsteinzeitlicher Verstädterung
(dazu fallen mir auch noch ein die wichtigen Epochengrenzen: Gelderfindung und neolithische Wende/Sesshaftwerdung).





Ja ich fand den Fernsehabend auch gelungen und habe viele bekannten Gesichter wiedergesehen. Ein Muß für jeden Sexworker und Sexwork-Interessenvertreter (noch 7 Tage bei ARTE+).

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Beitrag von Zwerg »

Ich habe die Geschichten auf Platte - und stelle sie im Laufe der Woche ins Forum (wird aber 2 oder 3 Tage dauern)

Liebe Grüße

christian

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Beitrag von valerie »

@ Christian, find ich super von dir.
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Danke für den Link

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Foren-Themen-Vernetzung (Sexwork-Web):
http://www.mc-escort.de/forum/showthread.php?t=12428

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Sami
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Beitrag von Sami »

@rainman:

vielen Dank, denn wieder was dazugelernt!
Ich wußte nicht, daß der Beruf der Hebamme noch älter ist.

Gruß,

Sami
Wenn Du einen Buckel hast, streue einfach etwas Glitter drauf und gehe tanzen!
(James St. James)

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Das älteste Gewerbe: Prostitution

Beitrag von Marco_Do »


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Beitrag von Marco_Do »

sorry arte hat abgeschaltet




Hier ist die Information und unsere Diskussion:
viewtopic.php?t=6004

[nachgetragen Marc]

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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Auch der Beruf "Jäger" ist viel älter.





Hier ein moderner Fall "Pretty Baby":
viewtopic.php?p=82570#82570

rainman
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Beitrag von rainman »

Wie steht's mit dem Bauern?

Laut Girtler (s.o.) soll auch der Beruf des Töpfers, weil nicht an die Existenz größerer Städte gebunden, älter sein.

LG rainman

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Aoife
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Beitrag von Aoife »

          Bild
rainman hat geschrieben:Wie steht's mit dem Bauern?
Landwirtschaft ist die jungsteinzeitliche Entwicklung, die zur Seßhaftwerdung und zum Zusammenschluß in Städten geführt hat.
Allerdings bin ich noch nicht so überzeugt, dass Prostitution erst mit der zunehmenden Anonymität des Stadtlebens möglich wurde.
Diese Betrachtungsweise impliziert eine moralische Bewertung, die vor der Seßhaftwerdung so möglicherweise gar nicht gegeben war.

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Es muß nicht moralisch bewertet werden, sondern hat was mit Gelderfindung/Geldmenge/Finanzierbarkeit und größerer sozialer Freiheit/weniger Sozialkontrolle zu tun aufgrund größerer Bevölkerungsgruppen/Verdichtung.

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Aoife
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Beitrag von Aoife »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:..., sondern hat was mit ... größerer sozialer Freiheit/weniger Sozialkontrolle zu tun...
Hmmm - genau das meinte ich :017

Größere Freiheit/ weniger Kontrolle kann nur dann eine Vorraussetzung für die Entstehung von Prostitution sein, wenn
diese moralisch zumindest verpönt ist. Und mir ist kein Anhaltspunkt bekannt, dass das vor der Jungsteinzeit so war.
Wahrscheinlicher ist wohl, dass das Besitzdenken bezüglich der Frau erst mit der Seßhaftwerdung aufkam, weil ihre Arbeitskraft
überlebenswichtig wurde. Und letztlich ist es natürlich eine Frage der Definition, ob man erst dann bereit ist von Prostitution
zu sprechen, wenn außerhalb der Ehe Sex gegen Geld im heutigen Sinn getauscht wird. "Geldwerte Vorteile" gab es ja schon lange vor Erfindung des Geldes.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von rainman »

Die Diskussion hat sich ja an der Feststellung Roland Girtlers entzündet, dass Prostitution in der Form, wie wir sie heute verstehen, im geschichtlichen Kontext verhältnismäßig jung sei.
Er nennt dabei zwei wichtige Kriterien, nämlich die "Anonymität des Kunden" und die "Geschäftsmäßigkeit" (a.a.O. S. 277). Demzufolge zählt beispielsweise die "sexuelle Ausbeutung von Mägden oder Sklavinnen" (ebenda), obschon in frühen bäuerlichen Kulturen vertreten, nicht zur Prostitution im heutigen Sinne. "Es ist der Markt, auf dem seit frühester Zeit fahrendes Volk ..., aber auch Dirnen ihren Interessen nachgehen" (ebd. S. 278). Und dieser Markt befindet sich in der Stadt.

Allerdings ist Girtler m.E. in seiner Argumentation nicht genau genug, wenn es darum geht, andere Berufe mit der Prostitution in Beziehung zu setzen. Er hätte darauf hinweisen müssen, dass die Sozialstruktur in alter Zeit anders war als heute. Heutzutage kann eine Frau in fast allen Berufen "ihren Mann stehen". Das ging früher nicht. Die Berufe eines Jägers, Kriegers oder auch Bauern waren ganz eindeutig Männerberufe, auch wenn es die alte Mär von wilden, kriegslüsternen Amazonen gab, die die Männerwelt in Angst und Schrecken versetzt, aber auch ihre sexuellen Fantasien stimuliert hat.

Wenn wir nun alles - auch die bei Girtler erwähnten Töpfer - in diesem Sinne einer strengen Prüfung unterziehen, dann bleiben meines Erachtens nur zwei bis auf den heutigen Tag vorhandene Berufe übrig, die nahezu ausschließlich der weiblichen Lebenswelt zugeordnet werden können: die Hebamme und die Sexarbeiterin.

Liebe Grüße!

rainman

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Marc of Frankfurt
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WDR/arte-Doku wie oben 2.)

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Dokumentarfilm:

Ältestes Gewerbe
Prostituierte und Sexarbeit


Buch: Uta Kolano,
Regie: Katja Esson www.katjaEsson.com
WDR, 2010,
LE Vision Film- und Fernsehproduktion GmbH in Coproduction with WDR, RBB, ARTE in Cooperation with YLE and SBS-TV Australia
90 Min
Dienstag, 20. Juli 2010, 22.45 Uhr - im Ersten


Bild


http://www.daserste.de/doku/beitrag_dyn ... ft2~cm.asp
http://programm.daserste.de/pages/progr ... FRKw%3d%3d
http://mediathek.daserste.de/daserste/s ... eId=739072 (Trailer)
http://www.katjaesson.com/oldest_profession.php
http://www.telepool.de/%28S%2821olxpzao ... Extended=0
download.php?id=321 pdf Projektbeschreibung, Sexworker gesucht


Ob in der Hamburger Herbertstraße, im Pariser Bois de Boulogne oder in Amsterdam rund um die Oude Kerk - wer sich Sex kaufen will, weiß, wo er das tun kann. Das Geschäft mit der Prostitution blüht. Allein in Deutschland gehen nach neuesten Schätzungen rund 400.000 Frauen professionell dem ältesten Gewerbe der Welt nach.


Beruf in rechtlichen Grauzonen und im Verborgenen

Spielszene: Die Prostituierte Suzanne (Henrike van Kuick) und ihr Zuhälter Alain (Jan Baake) im Zimmer des Wehrmachtsbordells in Pathenay während der deutschen Besatzung.

Was sind das für Frauen, die Sex gegen Geld anbieten? Was verkaufen sie: ihren Körper, eine Dienstleistung oder sogar Liebe? Und hat sich im Laufe der Jahrhunderte etwas an ihrem Ruf und ihrer Stellung in der Gesellschaft geändert, ist Sexarbeit nach Gesetzesreformen in einigen Ländern Europas ein ganz normalen Job geworden?

Katja Esson sprach mit Frauen in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien und Großbritannien und stellte fest: So unterschiedlich wie die Neigungen ihrer Kunden sind auch ihre jeweiligen Arbeitsbedingungen und persönlichen Einstellungen zu einem Beruf, der oft genug in rechtlichen Grauzonen und im Verborgenen ausgeübt werden muss.
Pure finanzielle Not

Spielszene: Madame Gourdan (Daniela Zanger) wird von ihrer Dienerin (Komparsin, rechts) angekleidet.

Früher wie heute zwingt meist pure finanzielle Not die Frauen zur Prostitution. Und über die Jahrhunderte hinweg präsentiert sich ihr Erwerbszweig in den verschiedensten Erscheinungsformen, von der zerstörerischen Elends- bis hin zur teuren Edelprostitution. Im Gegensatz zu den angesehenen Hetären im alten Griechenland und den gebildeten Kurtisanen der höfischen Gesellschaft Europas gibt es von den Hafen- und Straßenhuren vergangener Zeiten allerdings kaum Zeugnisse.


Am Rande der Gesellschaft

Prostituierte bewegen sich durchweg immer am Rande der Gesellschaft. Egal, ob Prostitution in einer Gesellschaft akzeptiert, toleriert oder verfolgt wird, die Mehrheit betrachtet Huren durch alle Jahrhunderte als anstößig, unzüchtig, schmutzig und vulgär. Nicht die Kunden gelten als unmoralisch, sondern die Prostituierten.

Auch im aufgeklärten Deutschland der Gegenwart, in dem seit dem Jahr 2002 Sexarbeit per Gesetz straffrei und sozialversicherungswürdig ist, halten sich die Vorurteile. Der Dokumentarfilm "Das Älteste Gewerbe - Prostituierte und Sexarbeit" untersucht das Verhältnis von Macht, Geld und Moral und betrachtet die Stellung der Frau innerhalb dieses Spannungsverhältnisses im Verlauf der europäischen Geschichte. Geschildert wird der Umgang der Freier mit Prostituierten, gestellt werden Fragen nach Hygiene und Verhütung ebenso wie nach Entlohnung und Ausstiegsmöglichkeiten für die Frauen.

Redaktion: Christiane Hinz





Buchtipps

Lea Ackermann, Inge Bell, Barbara Koelges: Verkauft, versklavt, zum Sex.
Das große Geschäft mit der Ware Frau
Kösel 2005, Preis: 14,95 Euro

Marcel Feige: Die Wa(h)re Lust.
Zuhälter, Prostituierte und Freier erzählen
Schwarzkopf & Schwarzkopf 2007, Preis: 9,90 Euro

Marcel Feige: Das Lexikon der Prostitution.
Das ganze ABC der Ware Lust - die käufliche Liebe in Kultur, Gesellschaft und Politik
Schwarzkopf & Schwarzkopf 2003 (vergriffen)

Sabine Grenz: (Un)heimliche Lust.
Über den Konsum sexueller Dienstleistungen
VS Verlag 2007, Preis: 34,90 Euro

Felix Ihlefeldt: Abenteuer Hure. Prostitution als heimliches Hobby.
Frauen erzählen über Lust, Selbstbestimmung und Geld
Schwarzkopf & Schwarzkopf 2009, Preis: 9,90 Euro

Silvia Kontos: Öffnung der Sperrbezirke.
Zum Wandel von Theorien und Politik der Prostitution
Helmer 2009, Preis: 32,90 Euro

Nils J. Ringdal: Die neue Weltgeschichte der Prostitution
piper 2006, Preis: 24,90 Euro

Sexarbeit - eine Welt für sich. Erzählstücke aus erster Hand
Hrsg. von Elisabeth von Dücker, Beate Leopold, Christiane Howe
Der Freitag Mediengesellschaft 2008, Preis: 24,80 Euro

Sexarbeit. Prostitution - Lebenswelten und Mythen
Hrsg. von Elisabeth von Dücker und dem Museum der Arbeit, Hamburg
Edition Themmen 2005, Preis: 24,90 Euro
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 15.09.2012, 14:53, insgesamt 11-mal geändert.

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Snickerman
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Beitrag von Snickerman »

Will nur mit meiner Antwort den Beitrag nach oben schieben,
damit er von möglichst vielen gesehen wird-
kommt ja auch selten genug vor, dass eine Doku über Prostitution in der ARD
zu einem relativ prominenten Termin gesendet wird (also vor Mitternacht)

Ob er gut ist, weiß ich allerdings nicht...
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

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Ariane
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Beitrag von Ariane »

Die bislang weithin medial zitierte und unbewiesene "Schätzung" von 400.000 SexarbeiterInnen, die Schlag-mich-tot-Betroffenheitslitanei und ihre Zwillingsschwester das Klischee und allmächtiger Opferdiskurs, Bsp. aus dem Programmtext "pure finanzielle Not" und "am Rande der Gesellschaft" verkünden nichts Hoffnungsvolles, sondern die gleiche graue Leberwurst, die auf sämtlichen Kanälen durch den Wolf gedreht wird und die Fernsehöffentlichkeit in der heimischen, keimfreien Wohnstube "erschaudern" läßt. Und das alles finanziert mit Zwangsabgaben über die GEZ, die mir zumindest in den letzten Jahren die Antwort schuldig geblieben ist, wohin sich der "Kulturauftrag" der Öffentlich-Rechtlichen zunehmend verabschiedet hat.
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Re: WDR/arte-Doku Prostitution

Beitrag von ehemaliger_User »

Der Dokumentarfilm: Ältestes Gewerbe (WDR)... Allein in Deutschland gehen nach neuesten Schätzungen rund 400.000 Frauen professionell dem ältesten Gewerbe der Welt nach.


Interessant. Da werden einfach wieder ungeprüfte Zahlen verwendet. Bin mal gespannt, wie gut die anderen Informationen recherchiert sind.

Emilija Mitrovic hat die Zahl schon am 1.12.2003 bei ihrem Gastvortrag "Aktueller Stand der Prostitution in Deutschland" an der Uni Köln erwähnt.
Quelle: ak 481

Und das Frauenministerium schreibt im Januar 2010:

Zur Anzahl der Prostituierten in Deutschland gibt es keine zuverlässigen Angaben aus einer Statistik oder auf wissenschaftlicher Grundlage. Eine häufig zitierte Schätzung, die auf die Berliner Prostituiertenberatungsstelle Hydra e.V. zurückgeht, geht von bis zu 400.000 Prostituierten in Deutschland aus. Andere Schätzungen oder Hochrechnungen gehen von niedrigeren Zahlen aus.


Quelle: BMFSFJ
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